1897 / 67 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Mar 1897 18:00:01 GMT) scan diff

nur mit dem Etat beschäftigen wolle. Der Referent und seine Freunde betrahteten den Etat unter : dem fel dieser Denkschrift. Wir haben das nicht gethan, sondern haben nur die Bedürfnisse der Marine im Auge gehabt. Der Reichstag hat die Ziele der Denk- fi ift von 1873 dur seine nahträglihen Bewilligun oll- dig anerkannt. Die Stellung der einzelnen Parteien if eine recht verschiedene. Die Herren von der Sozialdemokratie machen ih das Vergnügen, gegen alle Marineforderungen zu ftimmen. Wenn cs nah ihnen ginge, müßten die Arbeiter auf den Werften nit bloß, sondern auch in anderen Industrien, namentlich auf den Eisenwerken, entlaffen werden. Das kümmert die Sozialdemokratie niht, weil fie weiß, daß sie niht über die Mehrheit verfügt. Die Stimmung der Herren vom R erinnert an die platonische Liebe, welche die Herren auch für die deutshe Einigkeit hatten. Auf allen Schüßen- und Turnerfeften haben sie den Gedanken der Einheit hochgehalten. Als es darauf ankam, Opfer zu bringen, da waren die Herren nicht zu finden. erinnere Sie do nur an Ihre Stellung zur Armeeorganisation. Für die Flotte machen Sie au einige Bewilligungen, aber niht so viel, wie nothwendig ift. Man spriht von der Sn und dabei tilgt man Schulden. Wie man heute von Marinespielereien \prah, sprah man zur Zeit der Armeeorganisation von Soldatenspielereien. Die Sache wird fh eber.so wie damals entwickeln. Niemals hat Jemand daran gedacht, daß wir eine Marine wie die S oder Frankreihs haben fönnten, aber wir wollen eine Marine baben, welche die drei Forderungen erfüllen kann: tes Küstenschußes, der Durch- brehung einer Blockade und des Schuges des überseeischen Handels. Was man als ufeclose Flottenpläne charakterisiert hat, exiftiert nirgends im Reicétage und auh niht in der Marineverwaltung. Es liegt im Interesse des Landes, wenn wir den Ersaß der ab- gängig gewordenen Schiffe nicht zurückstellen, sondern so nell als möglich herstellen. Ih habe es sehr bedauert, daß die Kommission die Raten von 4 auf 3 Millionen herabgeseßt hat; dadurh wird die Fertiglieiluvg der Schiffe verzögert. Jh habe au bedauert, daß die orpedos abgelehnt sind. Unsere Marine hat manche Schicksale durch- maden gehabt, namentlih den Uebergang von Holzshiffen zu Eifen- \{iffen, von der einfahen zur befseren artilleristishen Auérüftung. Bezüglich der finanziellen Frage n:üfsen Sie mir einen Verglei mit Frankreih geftatten. Frankreich hat eine stärkere Armee wie wir und trägt außerdem die shwere Laft einer viel größeren Flotte. Nun sagt man: Frankreich ift ein reihes Land. Das ift rihtig in mancher Beziehung. Frankreihs Besiß an auëwärtigen Werthpapieren ift größer als der unsere und seine Zirkulation an Edelmetallen ift ebenfalls größer. Aber ich glaube, Deutschland ift das bei weitem reidere Land, weil Deutschlands Gesammtprotuktion größer ift als die Frankreichs an Getreide, Kartoffeln, Zulckerrüben. Der französische Weinexport wird dur deutschen Bierexport auf ehoben und unsere Bergwerképroduktion ift der französischen erheblich überlegen. Deutsch- lands Kohblenproduktion ist mehr als viermal größer als die Frank- reihs. Deutschland exportiert für 800 Millionen Märk mehr als Frankre, und die deutshe Handelsflotte ift doppelt so groß als die anzösishe. Wir haben aljo dafür zu forgen, daß diefe auf dem Meere \{wimmenden Güter des Schußes einer guten Flotte theil- haftig werden. Die Belasiurg Frankreihs durch Heer und Marine beträgt 19 „& pro Kopf. Wir bleiben um 4 bis 5 dahinter zurück. Ueber ein paar Kreuzer würde in Frankreih eine Diskussion über- haupt faum stattfinden. Die Ausgaben für die Marine sind zum theil auch nicht produktive, aber wir dürfen doch nicht ver- gefsen, daß alle diese Ausgaben in deutshe Arbeit umgeseßt werden. Dieser Standpunkt sollte uns williger machen, vatenige niht zu verweigern, was wir bewilligen müssen, wenn wir den Bedürf- nissen der Marine Rechnung tragen wollen. Wir haben in Preußen und im Reiche sehr umsichtige Leiter der Finanzen, denen man nicht Vershwendung vorwerfen fann. Aber diese Herren tragen kein Bedenken, cine dauernde Belastung des Budgets herbeizuführen für die Beamtenbesoldung, die für Preußen allein 40 Millionen Mark beträgt, also soviel, als wenn wir 14 Milliarden Reichsshulden machen. Wenn die Finanz-Minister die Finanzlaze für gut halten, dann sollten wir niht ängstlih sein. Was gefordert wird, ift die Mindeftforderung, die die Marine ftellen muß, wenn fie ihrer Auf- gabe gerccht werden soll. Jch lafse mih auf die nähften Jahre nicht ein. Ich würde es aber bedauern, auch wegen des Eindruckes auf das Autland, wenn diese billige Forderung verweigert werden würde. Eine Marine, die ibren Aufgaben nicht gerecht werden kann, müßte von Rechts wegen verkleinert werden, und es müßten ihr geringere Aufgaben auferlegt werden. Dafür können wir aber die Verantwortung dem Lande gegenüber niht übernehmen. Ich hoffe, daß die Mindest- enam der Marine bewilligt werden, wenn auch erft in dritter efung.

_ Abg. Müller - Fulda (Zentr.): Meine Freunde nehmen eine mittlere Haltung ein, und werden bei ihrer Haltung bleiben; sie wollen den Bedürfnissen der Marine gerecht werden, das beweisen die Beschlüsse zum Etat von 1894/95, Aber s{hließlich ift das Befsere der Feind des Guten. In der ersten Berathung haben fogar die Konservativen die Forderungen der Marine sehr bedenflich empfunden. Man hat auch die Finanzlage in Betraht gezogen und die Leistungsfähigkeit der Werfien. Auh Herr Paasche hat erklärt, daß seine Freunde niht daran denken, alles zu bewilligen, fondern fie werden ernsthaft abftreihen und nur das Dringendste bewilligen. Furfft Bismarck hat zwei Jahre nah dem Kriege 1870/71 ausdrüdck- ih erklärt, daß die Offensivkraft der Landarmee überlaffen bleiben müsse. Diese Worte des Fürsten Bismarck waren für uns ent- scheidend bei unserer Stellungnabme in der Kommission. Die jetzt gestellten Forderungen betragen allerdings nur 24 Millionen, aber damit verpflihten wir uns zu einer Ausgabe von 24 Millionen, denen noh weitere Forterungen hinzutreten werden. Nach der vor- jährigen Denkschrift sollte für den Schluß des Jahrhunderts nur ein einziger Hochseepanzer gefordert werden. Jett werden aber viel mehr o}cepanzer gefordert und außerdem 6 Kreuzer T. Klasse. Das ift eine ganz bedeutende Verschiebung, und wir müssen in Erwägung ziehen, ob die finanziellen Kräfte des Reiches aushalten. Der Staats- sekretär des Reichs - Marineamts ift immer offen uns gegenüber- etreten. Seine Grklärung vom Freitag voriger Woche hat uns die ugen geöffnet und uns endlih gezeigt, wohin wir treiben. Die tres der Marine betrugen im vocigen Jahre 28 Miklionen, sie nd jeßt 38 Millionen Mark höher, fo hoh wie niemals feit dem Beftehen des Reiches. Wir haben in den beiden legten Jahren die geforderten Kreuzer bewilligt, es ift also durhaus ungerehtfertigt, es jo darzustellen, als wenn in den legten Jahren keine Vermehrung der lotte ftaitgefunden bätte. Ueber den Ausfubrhandel, den wir besonders hüßen sollen, habe ih etwas fkeßerishe Anfichten. Der Ausfuhrhandel geht gerade dahin, wo feine deutschen Kriegéschiffe vorhanden sind; er geht nicht nach dem von Kriegsschiffen bewahten Neu-Guinea, sondern hauptsählich nach Nord-Amerika. Solche Aeußerungen, wie sie Herr von Eynern im Abgeordnetenhause gethan bat, sind daher geradezu unsinnig. Er hat ne: cs s{wimmen tägli für 6 Milliarden Mark Waaren auf dem Meere. Das ift durchaus unrichtig. Unsere fene Ausfuhr über See stellt sich höchstens auf 960 Millionen Mark ährlih. Einen inneren Zusammenhang zwishen den Kreuzern und dem Ausfuhrhandel kann ich deshalb niht finden. Unsere Stellung- nahme war gegeben dur die Rede des Abga. Fritzen bei der erften Lesung des Etats. Wir find nicht der Mcinung, daß wir erft tapfer streichen und nachher zurückweihen. Wir bleiben bei unserem Standpunkt. Die im Bau begriffenen Schiffe, die ihrer Vollendung entgegengebhen, bewilligen wir anstandélcs; bei den weiteren Raten, wo die Vollendung der Sch:ffe in diesem Etats- jahre noch niht in Ausficht steht, wollen wir Kürzungen ein- treten lafsen. Angesichts der Vermehrung der Flotte in den legten Jahren müssen wir in diesem Jahre mit den Neubauten Halt machen. Während sonst in zwei Jahren eine Torpedo-Division gebaut wurde, soll jezt der Bau in einem Jahre erfolgen. Darauf können wir nit eingehen. Daß die finanzielle e fo gut ift, i niht wahr. Die Anleihe beläuft fih troy der Ab auf 28 Millionen Mark, und es wird demnächft ein Nachtrags-Etat zur Vermehrung der Be- flände eingebraht werden, der 44 Millionen Mark umfassen wird.

G a in Ausficht olche nur genommen, wenn Ob das der Fall sein wird, ift mir aber un Summen können wir bei der Vermebrung der niht renen. Ohne die neue Denkschrift und die dadurh ge Aussicht auf die ne wäre die Abneigung gegen die forderungen wahrscheinli niht so stark gewesen. Der Plan ftelli eine Ausgabe von 328 Millionen Mark auf, sodaß man dabei an die Kreuzer 11. Klasse gedaht hat. Wir find uns unserer S keit wohl bewußt. Wir wollen aber unsere finanziellen Kräfte nicht allein für die Marine verwenden, sondern auh für die anderen , ea des M denen i) dadur ebenso zu dienen hoffen, wie enigen, welhe mehr e zuneigen.

4 Werner ligg: Wi Wir fönnen dem Staatssekretär der Marine dankbar sein, daß er dargelegt hat, was in der Zu- kunft gefordert wird. Aber dur die Denkschrift ift die Sachlage nicht erleichtert worden. Wir müssen eine Offensivflotte haben, denn in dem nächsten Kriege wird der tte eine große Aufgabe zufallen. Die Denkschrift ift von der Marineverwaltun 1 während doch die verbündeten Regierungen damit bâtten be- schäftigen müssen. Für uns ift die Geldfrage die Hauptsache. “Vom nationalen tépunkte aus würden wir für alle Forderungen stimmen müssen, aber von anderen Standpunkten aus kommt die Finanz- lage in Betracht. Wären die Handelsverträge niht zum Schaden der Landwirtbschaft abgeschlossen, hätte man die aner geschüßt, dann wäre man zur Bewilligung von Mitteln für die Marine gern bereit gewesen. Unsere Mannschaften leisten Vorzügliches; wir können hoffen, daß die Leute auf den Meeren ihre Pflicht ebenso erfüllen wie auf dem Lande. Aber wir wae ein gutes Material haben, wir können sie niht auf alte Kähne seßen! Die Denkschrift von 1873 fann für eine junge aufwachsende Marine nicht immer maß- gebend sein. Man / hat Erfahrungen gemacht im Laufe der Jahre. Die Deutschen im Auslande, die oft mehr deutsh find als die im Jnlande, verdienen den Schuß des Reichs. Bei einem Konflikt helfen diplomatishe Noten nichts, sondern nur Kriegsschiffe.

Darauf wird die Berathung vertagt.

Eingegangen is eine Jnterpellation der Polen wegen Auflófun politisher Versammlungen, in denen polnisch gesprohen wurde, und ein schleuniger Antrag der elsässishen Abgeordneten wegen Ausseßung des gegen den . Simonis s{hwebenden Strafverfahrens. Der leßtere wird mit auf die Tagesordnung der nächsten Sißung geseßt; auf die Jnterpellation will der Präsident nah Erledigung des Mari Gs L Ube Nächste Si Freitag 12 Uh

na 2 Uhr. e Sißung Freitag r. (Fortsezung der Berathung des Berine-Etats

S: E S

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

53. Sigung vom 18. März 1897.

Eingegangen ist eine Novelle zu den Gesegen von 1886 und 1888, betreffend den Bau neuer Schiffahrtskanäle und die Verbesserung vorhandener Wassersiraßen.

Eder den Beginn der Sißung is gestern berichtet worden.

Auf der Tagesordnung steht die Berathung des Antrags Le s Dr. von Heydebrand und der Lasa (konf) U. :

die Regierung aufzufordern, dem Landtage baldigst einen Geseßentwurf vorzulegen, dur den a. die bieher in Kap. 124 Tit. 2 des Éta1s des Ministeriums der geistlichen ¿c. Angelegenheiten zur

allein aufgeftellt,

Bestreitung eines ausreiheaden Einkommens der Geistlihen aus- -

geworfenen Staaismittel behufs Gewährung von Aufbesserungs- zulagen an bestehende Pfarreien und von Alterézulagen an Pfarrer wesentlich- erhöht werden, b. diese Staatsmittel in einer festen Summe den geordneten Organen der evangelishen Landeskirhen und der katholis n Kirche zur eigenen Verwendung nah besti:nmten, ftaatsgesezlih festzustellenden Grundsäßen überwiesen werden.

Nach der Vegründung desselben durch den Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa nimmt das Wort der

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten.D. Dr. Bosse:

Meine Herren! Die Königlihe Staatéregierung fteht dem Plane einer Aufbesserung der Pfarrgehälter durhaus wohlwollend gegenüber. Ih glaube, daß in dem nächsten Ziele und auch in den prinzipiellen Grundlagen wir uns mit dem Herrn Antragsteller in den allerwihtigften Punkten durchaus begegnen; viel weniger freilich in dem modus procedendi. Meine Herren, als hier in diesem hohen Hause an einen solchen Antrag, wie er jeßt vorliegt und auch von seiten des Herrn Abg. Hacke, nur nah einer anderen Richtuns, ge- ftelit worden is, noch garniht gedacht werden konnte, habe ih bereits aus meiner Initiative heraus mich mit dem Herrn Finanz-Minister in Verbindung geseßt und habe die Frage der Aufbesserung der Pfarr- gebälter ¿ur Sprache gebracht und bin dort auf das bereitwilligfte und freundlihfte Entgegenkommen gestoßen, wie ih ausdrüdcklih hervor- heben möchte. Die Sache hat zur Folge gehabt, daß wir beide uns darüber verständigt haben, daß, ehe man in dieser Sache spezielle Pläne der Ausführung machen kann, man vor allen Dingen wissen muß, um welchen Bedarf es stch handelt, Wir haben daher statistishe Er- mittelungen bei den Provinzialbehörden veranlaßt, die noh nicht eingegangen sind, und ehe wir die Resultate dieser Ermittelungen nit haben, meine Herren, wird es unmöglich sein, die Modalitäten der Ausführung dieses Planes einer weiteren Aufbesserung der Pfarrgehälter im einzelnen rihtig zu erwägen. So lange wir ein solches Bild auf zahlenmäßiger Grundlage nit haben, fann daber ein Antrag, wie der des Herrn von Heydebrand, namentlih in seinem zweiten Theil ganz außerordentlih unbequem werden und könnte uns doch auf Dinge feftlegen, die einzuführen wir garniht im ftande sein würden. Ih möchte auch glauben, daß der Antrag kaum so verftanden werden kann, daß, wenn wir auf Grund des Materials, mit dem wir demnächst unsere Vorlage begründen müssen, zu anderen Voraussezungen kämen, wir uns doch an diese Dinge, wie fie hier ausgesprochen sind, niht unbedingt gebunden erahten können. Ih glaube au, daß Herr von Heydebrand die Sahe mehr auf einen allgemeinen und prinzipiellen Gesichtépunkt durh den zweiten Theil seines Antrages hat bringen wollen. Er hat ausdrückiih gesagt, daß er den größten Werth dabei lege auf eine größere Selbständigkcit der evangelischen Kirhe, und hat mi daran erinnert, ih werde doch der evangelischen Kirhe das Maß von Selbständigkeit niht verweigern wollen, das einer meiner Herren Amtsvorgänger, der Staats-Minister Dr. Falk, ihr in Aussicht gestellt hat. Ja, meine Herren, ich bin absolut kein prinzipieller Gegner der Selbständigkeit der evangelischen Kirche; ith glaube das auch bereits bewiesen zu haben. - Jch habe ja, um mit einem Mitgliede dieses hohen Hauses zu reden, die Hand dazu geboten, daß die klirrenden Ketten der evangelischen Landeskirche in Preußen abgenommen sind. Sie klirren niht mehr! Also ih bin keineswegs ein Gegner der Selbständigkeit der evangelishen Kirche.

Volkskirhen bleiben sollen, wird immer diejenige die Reformaktionszeit die Kirchen mit dem Staat eingegangen sind die seiner Zeit ein Nothbebelf gewesen sein mag bis zu einem

zu hüten haben, da weiter zu gehen, als es nah der ganzen gestiä lichen Eniwickelung der evangelischen Kirche rathsam und rihtig is,

Ja, meine Herren, mit dieser Einschränkung bin ih ein warne Freund der Selbständigkeit der evangelischen Kirche; ih gebe

nichts darauf, mit sogenannten bureaukratischen und Staatsmaßregely die kirhlihen Behörden einzushränken. Ih will den

Synoden alles Gewicht beigemessen wissen, und ih gebe ihnen i au etwas zu beschließen und auszuführen, aber, meine Herren, nati, ] lih in bestimmten geseßlih festgelegten Formen; das hat aub de

Herr Abg. von Heydebrand in seinem Antrage ganz richtig zum Au, druck gebracht. Nur nach einer Seite hin \heint mir die Sade dez

nit der augenblicklihen Sachlage vollständig zu entsprehen. Mey

Herren, das versteht \sih ganz von selbst, daß wir diese Ai, besserung dec Pfarrgehälter und ihre Modalitäten nicht

ohne Einverständniß mit den kirhlihen Behörden. Das win

eine ganz thôrihte einseitige ftaatlihe Aktion, daran denken wir gar nicht ; ini Gegentheil, wir tehen {hon in Verbindung auch mit den

lihen Organen unserer Kirhe. Nun hat aber der Evangelische Obe,

Kirchenrath den Wursch, diese Sache auf kirhengeseßlichem Wege y machen, gewisse Bestimmungen, die shon im Jahre 1885 in dg damals von der Synode beshlossene Geseß aufgenommen waren, mit den Veränderungen, die im Laufe der Jahre sich als nothwendiz herausgestellt haben, da mit hineinzubringen. Nun erlaube ih wi darauf aufmerksam zu machen, wenn für die evangelische Kirche die Sache so gemacht wird, daß wir ein Kirchengeseß, das von de General-Synode im Herbst dieses Jabres beschlossen ift, hier vorlegen, und wenn wir in üblicher Weise dazu ein Staatsgeseß maden, se können wir in dieses Staatsgeses unmöglich die ftaatsgeseglihen Be ftimmungen bineinschreiben, die für die katholishe Kirche maßgebend sein sollen. Dann müßten wir für die katholishe Kirche ein be sonderes Staatsgeseß machen. Dagegen if auch an und für \ih gar- nichts zu sagen; es ift mögli, daß das nöthig ift, es ift ebenso mögli, daß man es durch den Gtat machen kann.

Meine Herren, über alle diese Dinge ift bis jeßt kein Beschluß gefaßt worden. Von der Königlihen Staatsregierung konnte ein folher Beschluß bisher nicht gefaßt werden, er kann auch beute no nicht gefaßt-werden, bis wir das nöthige zahlenmäßige Bild haben von den Zuständen, wie sie jeßt sind, und von dem Bedarf, um den es sich handelt. Nach dieser Richtung hin muß ih der Königlien Staatsregierung vollständig freie Hand vorbehalten. Im übriger aber, meine Herren, erfläre ih mi bereit, Hand in Hand mit Ihn zu gehen und alles zu thun, um die Frage einer ausreichenden Ver besserung der Pfarrgehälter auch unter Betheiligung der kirchlichen Organe in einer verständigen und der Kirche wie dem Staate heil- samen Weise zu lösen, und ich hoffe, daß uns das auch gelingen wird. (Bravo!)

Abg. Dr. Dittrich (Zentr.): Wir find mit der Tendenz de Antrages ganz einverftanden. Auch die evangelischen Geistlichen wollen nicht reine Staatsdiener sein. Wir wollen ihnen dieselbe Freibeit gr wahrt wissen, welche wir für die katholi‘hen Geistlichen in Anspru nebmen. Die Tage, wo man die Landpfarrer als sehr gut ansah, find vorüber, und es ift sogar ein gewisser Nothftand eingetreten. Wir erkennen ein Bedürfaiß zur Aufbesserung der Geistlichen an Der Staat nimmt für ih ein Schugreht und eine Schugpflidt über die Kirche in Anspru, deshalb muß er au der Kirche helfen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Der Antrag wird hoffentl eine Klarstelung der noh vielfah dunklen Verhältnisse ergeben; wir wissen z. B. noch nicht, welhe Theile des Fonds der evang& lischen, welche der fatholishen Kirche zufallen. Die Grundsäye, nas welchen der Fonds verwendet werden foll, dürfen nur im großen Ganzen staatögeseglich festgelegt werden, innerhalb defsen muß di Me Freiheit in der Vertbeilung der Mittel auf die einzelnen Be zirke é / :

Abg. Freiherr von Zedliß und Reukirch (fr. konf.): Ih bin mit Herrn von Heydebrand in dem Sinne einverstanden, daß wir einer festen Sittlichkeit auf dem Boden der christlichen Kirche bedürfen und

daß dazu die Geistlihkeit mithelfen und daher auéfömmlih gel!

werden muß, frei von materiellen Sorgen, damit sie voll ihres 2 walten könne. Die rechtlihe Parallele mit den Beamten will nicht untersuchen, aber dieselben Gründe, die uns zur Aufbesserung der Beamtengehälter bestimmen, gelten auh für die Gei Unser Antrag zum Etat löst die Frage am \hnellften und einfachften, der Antrag von Heydebrand ist nicht der rihtige Weg; denn er packt die Scage mit allerkand Nebenfragen von großer prinziple& Bedeutung und ershwert so die Lösung. Wir haben auch s{on 11 andern Fällen Etatépositionen erböbt, eine Ungebeuerlikci ift also unsec Antrag niht. Erhebungen über die Frage aben bereits, wenigstens in der evangelischen Kirche, stattgefunden, und dana fans man auch den Bedarf der fkatholishen Kirche ungefähr bere Wenn aber die Regierung diese Erhebungen noh nicht für hinreichen? hält, so shlagen wir eventuell vor, die Regierung aufzufordern, n einem Nahtrags-Etat die Mittel sih bewilligen zu lassen. Das könnt noch in dieser Session gesehen ; vor Mitte Mai wird diesmal der Etatd nicht fertig, und wir werden hier noch bis in den I oder sogar Juli hineiû sitzen. Die Gehaltsfrage mit einer firhen- rechtlihen Regelung der ganzen Stellung der Geistlichkeit in Ver bindung zu bringen, wäre äußerst bed Herr von Heydebrand hat fih auch nur in allgemeinen Redewendungen bewegt. Bedent® ift mir der Ausdruck „bestehende Pfarreien“. Soll damit L numerus clausus bestimmt werden? Die neu zu bildenden Pfarren dürften von den Fonds nicht ausges&lofsen werden.

spricht von einer „festen Summe“. Die Festlegung der Summe f dem aftuellen Bedürfniß wäre ein zweischneidiges , namen! für die fatholishe Kirhe. Eine Veränderung nah Bedürfnissen muß frei tehen. Die Vertheilung

Grundsätzen ift sehr shwierig; wird dafür

angenommen, so würde das alljährlich Klagen über

vorrufen. sollen „staatsgeseßlihe Grundsäße“

Staat muß s\ich dauernd eine Kontrole über die Verwendung S vorbehalten. Ein solher Geseyentwurf, wie ihn der 4 ordert, würde außerordentlich schwierig sein und in Jahren ? verabschiedet werden können. So gut gemeint der Antrag spannt die Pferde hinter den Wagen. an die Budgetkommission zu überweisen, aber zu bedenken: qui cito dat.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

m und wissen Grade aufreht zu erbalten sein, und wir werden ung bg /

ch beantrage, de 5 es

zum Deutschen Reichs-Auz

M 67.

(S@hluß aus der Ersten Beilage.)

Minister Dr. von Miquel: Herc Abg. Dr. von Heydebrand hat an mein Interefse für Frage appelliert- und erinnert an Auffassungen, die ih als dneter über diesen Gegenstand geäußert habe. Jch kann ihn darüber trösten, daß er \sich in beiden Beziehungen in keiner Weise irren wird. Jh erkenne in vollem Maße auch meinerseits an, daß offenbares Bedürfniß besteht, die materielle Lage der Geistlichen beider Konfessionen zu verbessern. Ih erkenne ferner an, daß nah der ganzen hbistorishen Entwickelung, wie diese Frage fih gestaltet hat, der Staat auch seinerseits sih niht entziehen kann, dabei nitzuwirken. Jh erkenne aber niht an, daß diese Aufgabe allein dem Staate obliegt. (Sehr richtig! links.) Jh betone, daß wir, wenn wir der Frage näher treten, uns nit entziehen können, Grund- jäge au über die Mitwirkung der Gemeinden aufzustellen (sehr cdtig! links) und der Kirche selbs. Meine Herren, ih halte dies ach im dringenden Interesse beider Kirchen liegend. Ih halte es für im firhlihen Interesse liegend, wenn die beiden großen

Kirchen aussließlich an den Staats\äkel appellieren.

Meine Herren, der Abg. Freiherr von Zedliy hat dem Antrage des Abg. von Heydebrand vorgeworfen, daß er die Hilfe, die hier nothwendig bald eintreten müsse, auf die lange Bank s{iebt. I fam dem Abg. Freiherrn von Zedliß darin in keiner Weise beitreten und bin sogar etwas erstaunt, muß ih sagen, bei seiner Kenntniß des (tats und der Finanzen ihn hier Grundsäße bedenklicher Art ent- wideln zu hôren. (Sehr gut! rechts.) Meine Herren, der Herr Ab- geordnete sagt: das ist hon oft dagewesen, daß das Abgeordnetenhaus in den Etat aus eigener Jnitiative Auszaben eingestellt und daß die

Staatsregierung sich damit einverstanden erklärt hat. Das ift aber,

glaube ih, noch niht dagewesen, sollte wenigstens niht wieder vor- fommen (Heiterkeit), daß Ausgaben in den Etat eingestellt werden gegen den Willen der Staatsregierung. (Sehr richtig! rechts.) Das führt zu einer fonstitutionell falshen Stellung beider Körper- haften. Meine Herren, das Beispiel, welhes der Herr Abg. von Zedliß angeführt hat in Betreff der Erhöhung der Dotationen für die Elementarlehrer, paßt hier deswegen durhaus nicht: dort stand die Summe ganz bestimmt fest, um die es sich handelt, die Grundlage und der Zweck der Verwendung fand fest, und die Staatsregierung stimmte zu und konnte zuftimmen. Diese Vorausseßungen, das glaube ih dem Herrn von Zedliß schon heute sagen zu können, werden gegenüber den von seiner Fraktion gestellten beiden Anträgen nit vorliegen; denn so reif und fo geklärt it die Frage noh keineswegs, daß man au nur entfernt die Gesammt- summe bestimmt übersehen kann, geshweige denn die Einzelheiten der Durhführung und der Vertheilung einer folhen Summe.

Er hat sich darauf berufen, daß der Ober-Kirchenrath {on seinerseits Ermittelungen angestellt hat. Diese Ermittelungen könnten aber nur gegangen sein auf die der preußischen Landeskirche ¡zugehörigen Provinzen; in Beziehung auf die übrigen Provinzen liegen derartige Ermittelungen m. V. überhaupt niht vor; sie könnten auh auf die katholische Kirhe und ihre Bedürfnisse sich niht erstreckt haben. Diese Ermittelungen sind also hon aus diesem Grunde durhaus keine genügende Unterlage für die Bewilligung bestimmter Summen in dem gegenwärtigen Etat.

Meine Herren, aber weiter ! Die Staatsregierung hat ihrerseits 6 für nothwendig gehalten, selbftändig Ermittelungen anzustellen, weil es ja darauf ankommt, nah welcher Richtung diese Ermittelungen geben sollen, ob das Ziel und die Zwecke, die der Ober-Kirchenrath im Auge gehabt hat, mit denjenigen des Kultus-Ministers und des Finanz- Ministers übereinstimmen. Wenn wir andere Thatsachen ermitteln müssen, um eine entsprehende Vorlage in unserem Sinne zu machen, so können uns natürlich die Ermittelungen einer anderen Behörde, von ganz anderen Gesichtzpunkten vielleiht ausgehend, in keiner Weise genügen. Wenn wir Ihnen nun sagen, daß wir die Grundlage noch niht kennen, auf der bestimmte Vorschläge in Bezug auf die Finanz- frage dem hohen Hause gemacht werden können, daß wir Ihnen gar keine bestimmte Summe angeben, die Gesammtsumme, um die es ih handelt, niht berehnen, keine Vorschläge wegen der Art der Ver- wendung solcher im Etat oder andersrvo vorgesehenen Summen machen können, so wird do, glaube ih, das hohe Haus uns nicht sazen wollen : wir drängen Euch das Geld auf; macht damit, was Ihr wollt, oder mat etwas Verkehrtes nah der Basis der einfachen mechanischen Duplierung der Summen, die heute im Etat stehen. Jch glaube also und hoffe, daß das hohe Haus auf diesen Antrag nicht eingeht, aber ih möchte ebenso davon abrathen, den Antrag von Heydebrand an- iunehmen; denn ih halte es niht für rihtig, daß in der gegen- wärtigen Situation, wo wir namentlich no gar kein Einvernehmen erzielt haben mit den kirhlihen Organen selbst, wo wir noch gar- nit wissen, was sie eigentlih wünschen, was sie im Prinzip, was sie im einzelnen wünschen, wo die Staatsregierung in dieser Beziehung also noh gar keine feste Stellung hat nehmen können, ob es eine etatèmäßige Bewilligung, oder ob es eine ein für allemal abgeshlofsene Dotation sein foll, oder eine Dotation auf bestimmte Zeit, an welche Modalitäten diese Dotation geknüpft werten soll, grundsäßlih Stellung zu nehmen. J kann mir doch denken, daß viele Abgeordnete hier in diesem hohen Hause sich befinden, welhe sich entschließen würden, unter bestimmten, ihnen genügend scheinenden Modalitäten und Vor- Ausfetzungen eine folhe Dotation der Kirche zur eigenen Verwendung W überlassen, die sh aber dazu nicht entschließen würden, wenn die Modalitäten und Vorausseßungen ihnen niht genügend erscheinen.

olange man also diese nicht kennt, wird es außerordentlih s{chwer, au für die Herren Abgeordneten sein, eine bestimmte Stellung zu dieser Sache zu_machen.

Meine Herren, in dem gegenwärtigen Stadium halte ih es für genügend für die Erreichung des Zieles, welches wir ja alle erreichen wollen, die Staatéregierung und die verschiedenen Parteien dieses hohen

ses: wenn uns ausgesprochen wird die Bereitwilligkeit des hohen Hauses, staatliche Mittel in erhöhtem Maße zu Gunsten der Auf-

Aweite Beilage eiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Freitag, den 19. März

besserung der Lage der Geistlichen beider Konfessionen zu bewilligen. J glaube, Sie bringen größere Schwierigkeiten in die Sache hinein, wenn Sie nun \{hon bestimmte konkrete Wege festlegen, auf denen wir uns vielleiht festrennen. Sie verlieren so nichts. Das Ziel wird nah meiner Meinung durch diese speziellen Anträge nicht allein nicht gefördert, sondern eher ershwert, und da eine wesentlihze Uebereinstimmung über die Erreichung des Hauptzwecks zwishen Staatsregierung und Landtag vorhanden ift, bedarf es nah meiner Meinung solcher Anträge garnicht , (sehr rihtig! links), und nach meiner parlamentarischen Erfahrung würde ih es so für rihtiger halten, wenn unter Anerkennung der Stellung der Staatsregierung, wie sie hier deutlich zum Vortrag gekommen ift, alle Anträge zurückgezogen würden, sowohl die des Herrn Freiberrn von Zedlitz als die des Herrn Dr. von Heydebrand.

Kann das nicht stattfinden, will das Haus sih hon über diese Anträge entscheiden, so muß ih sagen: die Regierung ist garnicht im stande, speziell zu den grundsäglichen Fragen, die in diefen Anträgen liegen, schon heute Stellung zu nehmen.

Abgesehen davon, daß das Staats-Ministerium in dieser Beziehung noch garniht in Berathung getreten is, würde ih au selbs mich scheuen, nur meine persönlihe Meinung auszusprechen. Ih möchte auh erst hôren, was der Ober-Kirchenrath, die bis{chöf- lihen Behörden u. \. w. über diese Sache sagen, ehe ih mi ent- scheide. Jch habe noh keine feste Meinung über das Einzelne. Ich stehe noch heute auf dem Standpunkt, den ih als Abgeordneter aus-

. gesprohen habe, daß ih ein Gegner jeder unnüyen, durch die Staats-

interessen niht unbedingt gebotenen Beschränkung der freien Bewegung der Kirche bin. Jch stehe aber auch auf dem Standpunkt, daß ih ebenso ein Gegner bin einer übermäßigen Zentralisation in der evangelischen Kirche selbs. Ich scheue mich davor, einzugreifen in die alte evangelishe Gemeindefreiheit. Ich habe diese Grundsäße auch {hon in der ersten General-Synode vertreten und stehe noch heute auf diesem Standpunkt. Um so mehr aber würde ich mih \{heuen, {hon jeßt hier von Staatswegen bestimmte Prinzipien festzulegen, die vielleicht mit den Anschauungen der verordneten Organe der Kirche garniht in Einklang stehen. Jh glaube, daß der An- trag, au des Herrn Freiberrn von Zedlig, zwar einzelnen Gelstlichen, die in besonders üblen materiellen Verhältnissen sich be- finden, angenehm sein wird. Ob diese Form aber der General- Synode und den Kircheörganen überhaupt paßt, darüber bin ih garniht unterrihtet; ih glaube sogar, daß es niht überall der Fall ist. Um fo weniger kann ih empfehlen, auf solche Anträge einzugehen. Lassen Sie in dieser Frage nah den erforderlichen Ermittelungen, nach den nothwendigen Verhandlungen mit den Organen der Kirche, nah einem hoffentlich zu erzielenden Einvernehmen, wo wir Ihnen sagen können: mit diesen Vorschlägen sind auch die Nähstbetheiligten einverstanden, überlassen Sie in dieser Frage die Initiative der Staatsregierung! Ich glaube, Sie werden damit am allerbesten

weiter kommen. (Bravo!)

Abg. Dr. Irmer (kons.): Wir erwarten noch gar keine bestimmte Stellungnahme der Regierung, wir wünschen aber die Meinung des Hauses zu hören, ob es höhere Mittel für diesen Zweck bewilligen will. An der Finanzierung allein wird die Sache niht scheitern, für uns hat die Sache aber die grundsäßlihe Bedeutung: sollen wir der Kirche ein größeres Maß von Autonomie geben? Deshalb ver- langen wir ein Geseß und nicht die Bewilligung im Etat, die das Abgeordnetenhaus jederzeit rückgängig machen fönnte. Die General- Synode hatte. hon einmal einen durhaus praktischen S ausgearbeitet. Der Antrag von Zedliß will eine erstaatlihung der Kirche insofern, als die Mindestgehälter der Geistlihen vom Staate garantiert werden. Im Oktober wird die General-Synode zusammen- treten, dann kann ihr ein Kirhengeseß über die Neuregelung der Ge- hälter vorgelegt werden, und es wäre daher angenehm, wenn \ich das Haus schon jeßt zur staatsgeseßlihen Bestätigung eines folhen Kirchen- geseßes bereit erklärte. Den Begriff der Freiheit der Kirhe zu überspannen, liegt uns fern, wir tasten die Staatshoheit nicht an; nur innerhalb derselben soll sih die Kirche frei bewegen können.

Abg. Dr. Sattler (nl.): Jch bin mit der Ueberweisung des Antrags an die tg Ce les einverstanden. Die Kommission tbâte am besten, mit Rücksicht auf die Erklärungen der Regierung für dieses Jahr über die Anträge zur Tagesordnung überzugehen. Jch will hier einen solchen Antrag nicht stellen, um nit ge enüber der guten NAbsidht der Anträge unfreundlih zun ersheinen, Wir erkennen das Bedürfniß der Aufbesserung an, damit die Geistlichen ihre Aufgaben, auh diejenige, mitzuwirken am sozialen Frieden, unbekümmert um materielle Sorgen, erfüllen können. Ich wundere mich, daß der Abg. von Zedliy seinen Antrag einbringen konnte, ohne die Regierung vorher zu befragen. (Ruf rets: Antrag Sattler!) Da handelte es sch um die Beamtenbefoldungen, die überhaupt neu geregelt werden. Der Staat muß eintreten, wenn die Geistlihen kein aus- fömmlihes Gehalt haben, aber wir können das Bedürfniß und die Leistungsfähigkeit der Gemeinden im einzelnen A nicht beur- theilen. Die grundsäßlihe Tendenz des Antrages von Heydebrand er- {wert die Löfung der materiellen Frage bedeutend und birgt den Keim ewiger Paritätsftreitigkeiten zwischen ten Konservativen und dem Zentrum. Wenn die Verwendungsgrundsäße gelegten lay 106 t werden, wo bleibt dann die Freiheit der Kirhe? Wer elder hergtebt, wird der E der Leute, die die Gelder bekommen. Der Staat wird bei der Verwendung nicht ausgeschlossen werden können. Das Haus ist bereit, höhere Mittel für die Geistlichen zu bewilligen ; ob wir aber einem Kircengeseßz zustimmen können, wissen wir nit, wenn wir es noch nicht kennen. Staat und Kirche können niht zum Frieden des Menschen zusammenarbeiten, wenn sie ganz von einander abge-

sondert werden. 8 N.

Abg. Schall (kons.) dankt im Namen aller Geistlichen für die warme R, die die Nothlage derselben im ganzen Hause ge- funden habe. In seinem idealen Berufe drücke es den Geistlichen fehr, wenn er mit materiellen Sorgen Je fämpfen habe. Katholische wie evangelische Geistliche hätten das Bestreben, versöhnend auf die Mensch- beit zu wirken. Es sei erfreulih, daß die soziale Aufgabe der Geist- lihkeit allgemein anerkannt werde. Ein Mißbrauch der Freiheit der Kirche sei nicht zu besorgen; die Träger des Amtes würden ihre Dankbarkeit gegen den Staat stets dadurch abtragen, daß sie mithelfen würden, die Fundamente des Staates zu schüßen. Aba. Schaffner (nl.) spricht si für den ersten, aber gegen den zweiten Theil des Antrags von Heydebrand aus. s

Abg. Stöcker: Der Nothstand der Geistlichen ist nicht be- stritten, es handelt sih_ nur um das Maß, nach welchem der Staat zu helfen hat. Zunächst wos aber die Kirche über die Sache befragt werden. eu zu bildende Pfarreien find nicht auszuschließen, Herr

von Heydebrand hat das ausdrüdlih gesagt. Herr von Zedlig will

1897.

schnell belfen, aber er verkennt den Charakter der Geistlihen, wenn er etwa meint, daß auch nur ein Geistlicher die So lbniändigkeit

der Kirchbe preisgeben möchte, um einige Monate früher ein paar hundert Mark mehr zu bekommen. Von jeher hat man immer nur von einer „Dotation“ der Kirche gesprochen, eine Verstaatlihun

kommt niht in Frage. Vor einigen Jahrzehnten if man vie

mehr bereit gewesen, der Kirche volle Freiheit und Selbständigkeit zu geben. Vie Kirchenverfafsung ist ein Schritt auf dem e zur Freiheit der Kirche ewésen. Warum soll man also nicht tal einen Schritt weiter gehen? Die Kirche hat nur einige Momente der Freiheit, nit volle Freiheit. Der Abfall von der Kirche zeigt uns, daß jeßt die Kräfte der Kirche nicht richtig funktionieren können. Wie sollen wir die Umsturzpärtei, die ja \chon die politishe Autorität ablehnt, wieder an die Kirche heranziehen? Je freier sih die Kire bewegen fann, desto befser wird sie dazu im stande sein. Den Geist- lien darf die Mitwirkung an den sozialen Fragen nicht verwehrt werden. Eine solhe Position können die Geistlichen niemals an- nehmen. Politik ift die Stärkung des nationalen Staates und daher meine liebste Beschäftigung. Auf die Gemeinschaft mit dem Staat und der christlihen Obrigkeit ist unsere Kirche angelegt.

Abg. von Eynern (nl.): Niemand von uns if gegen eine Besserstellung der Geistlichen ; eine eigentlihe Nothlage besteht im Westen aber im großen Ganzen niht, weil die Gemeinden aug- kömmlihe Gehälter zahlen. Ich zable in Berlin und in Barmen Kirhensteuer, hier 10 9/0 und dort 34 9/4. Die Gemeinden im Osten follten nur selbst soviel thun wie die im Westen. Es müssen also erst Ermittelungen stattfinden, wie die Gehaltsverbältnifse im Osten im Verhältniß zu denen im Westen sind. Wir können die Folgen des Antrags von Heydebrand nicht übersehen. Ein Theil meiner Freunde ist gegen die Ueberweisung des Antrags an die Kommission und lehnt ihn ab; wir begnügen uns mit dem Versprechen der Regierung, die Frage zu [ôsen. Der Antrag hâtte mindestens mit Zablen begründet werden müssen. Herr Stöcker will natürli eine Priesterkirhe haben. Im Westen besteht kein Wunsch zu einer hierarchis{en Gliederung der Kirche; nur einmal, als Herr von Hammerftein seine ganze Bered- samkeit aufwandte, maten \ih vorübergehend folhe Bestrebungen geltend, aber die Mehrheit unserer Geistlihen will nichts von einem evangelischen Papstthum wer Herr Schall und Herr Stöcker haben eigentli das Gegentheil gesagt ; erft wollen wir den beiden Herren überlassen, sih zu verständigen.

__ Abg- Dr. Por ch (Zentr.) stellt feft, na eine erfreulihe Ueberein- stimmung über die Nothwendigkeit der Aufbesserung der Geistlichen vorhanden ist, und stimmt dem Antrag von Heydebrand bezw. der Ueberweisung an die Kommission zu. Es hätte zur Zeit gar nihts Anderes beantragt werden können, der Antrag rege ja eine Erwägung der Verhältnisse an. Der Antrag sei weder unklar, noch lege er das O auf bestimmte Dinge fest. Wenn die Regierung das gewünschte

ese einbringe, habe man völlig freie Entschließung darüber. Die Klagen über Imparität könnten niht größer sein, wenn nah _dem Antrag verfahren werde, als bei dem jeßigen Zustand, wo der Staat ganz selbständig beschließe.

s wird die Diskussion geschlossen und der Antrag der Ms ommission überwiesen. Schluß gegen 41/2 Uhr. Nächste Sizung Freitag 12 Uhr. s Virhow auf Erlaß eines Komptabilitätsgeseßes ; ergetat.)

Die Kommission des Reichstages zur Vorberathung des Entwurfs eines Gesetzes über das Auswanderungswesen hat {ih konstituiert und den Abg. Dr. von Cuny zum Vorsitzenden, den Abg. von Kehler zum Stellvertreter des Vorsißenden und die Abgg. Cegielski und Hilgendorff zu Schriftführern gewählt.

Die Tagesordnung für die morgen, Sonnabend, den 20. d. M., Mittags 12 Uhr, stattfindende 13. Plenarsißung des Herren- hauses lautet, wie folgt: 1) Wahl eines Mitgliedes für die Staatsshulden-Kommission an Stelle des verstorbenen Herrn von Bue: 2) Antrag zu der Petition des Karl Paasch in Zürich, enthaltend

eshwerden in Rehts\achen (zur Erörterung im Plenum nicht geeianeh): 3) mündlicher Bericht der Kommission für Eisenbahn-Angelegenheiten über die übersichtlihe Darstellung der Ergebnisse der im Jahre 1896 stattgehabten Verhandlungen - des Landes-Eisenbahnrathes E erflatter : Herr Hammer. Antrag: Erledkgung durch Kenntnißnahme) ; 4) mündlicher Bericht der Kommission für Eisenbahn-Angel gen zu dem Bericht über die weitere Ausführung von Eisenbahn- erstaat- lihungsgeseßen (Berichterstatter: Herr Hammer. Antrag: Erledigung dur Kenntnißnahme); 5) einmalige Slußberathung über den von dem Hause der Abgeordneten in abgeänderter Fassung zurückgelangten Entwurf eines Geseßzes, betreffend die Ergänzung einiger jagdrechtlichen Bestimmungen (Berichterstatter : Herr Boie. Antrag: Unveränderte Annahme); 6) mündlicher Bericht der Kommission für den Staats- haushalts¿Etat und für Finanz-Angelegenheiten über den Antrag von Woyrsh, welcher dahin geht, die Königliche Staatsregierung zu er- suchen, im nächsten Etat die Regierungs-Assessoren soweit irgend möglih mit der Verbesserung des Gehalts, die unbesoldeten aber mit Gehalt beziehungsweise mit Diäten zu bedenken (Bericht- erstatter: Herr von Gerlah. Kommissionsantrag:_ Ablehnung); 7) mündlicher Bericht der Kommission für Agrar-Verhältnisse zu der Denkschrift übec die Entwikelung und den Stand der ländlichen Fort- bildungs\hulen in Preußen im Iahre 1896/97 (Berichterstatter: Herr von Reinersdorff-Paczensky und Tenczin. Antrag: Erledigung durch Kenntnißnahme); 8) mündlicher Bericht der Kommission für Petitionen über die Petition der Wittwe Anna Hansen in Schwabstedt, um Er- wirkung einer Entschädigung aus Staatsmitteln für eine ihrem Ehe- mann gehörig gewesene, inzwischen aufgehobene E (Bes richterstatter: Herr Dr. Kohli. Antrag: Ueberweisung zur Berük-

sichtigung).

Nr. 10 des „Centralblatts für das Deutsche Reich“ herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 12. März, hat folgenden Inhalt : 1) Eisenbahnwesen: Ermächtigung des Konsuls in Kairo zur U von Leichenpäfsen. N olonialwesen: Ge- \chäftsordnung der Diziplinarbehörden für ie Schutzgebiete. 3) Justizwesen: Aenderungen in dem Verzeichniß der zur Einziehung von Gerichtskosten bestimmten Stellen. 4) Konsu atwesen: Be- \tellung eines 0 ara en Entlafsung; Exequatur-Er- theilung. 95) Zoll- und Steuerwesen: Ergänzung der Vorschriften für bie steuerfreie Verwendung von underaturiertem Branntwein zu Heil- 2c. Zwecken, sowie der weiteren Bestimmungen zur Ausführung des Branntweinsteuergeseßes; Uebertragung der einem Hauptamt ertheilten Befugniß zur bfertigung von Waaren an die demselben untergebenen selbständigen Abfertigungsfstellen; Charaktererhöhung eines Stations-Kontroleurs. 6) Marine und Schiffahrt: Erscheinen des ersten Heftes zwölften Bandes der Entscheidungen des Ober-See- amts und der Seeämter und des Registers der ntsheidungen zum elften Bande. 7) Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. 8) Bankwesen : Status der deutshen Noten«

banken Ende Februar 1897.