1897 / 68 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 20 Mar 1897 18:00:01 GMT) scan diff

in allen Parlamenten, mit der Staatsregierung verständigen müssen. Ein gewisses Gewohnheitsreht, wie es fih in diesen Fragen in allen Parlamenten ausbildet, wird auch noch nothwendig bleiben, felbst wenn wir dieses Geseg zur Verabschiedung gebraht haben. Aber die Haupt- und Kardinalfragen werden ein- für allemal entshieden sein, und aus der Entscheidung dieser Kardinalfragen wird man Grundsäße zur Ent- \heidung anderer, neu auftauhender Fragen herleiten, und es wird soweit au in Zukunft das Ganze leichter marshieren als bisher.

Meine Herren, den Lobsprüchen, die man der Rehnungskommission ertheilt hat wegen ibres genauen und unermüdlihen Eindringens in die Fragen und doch immer mit der erforderlichen Rücksicht auf die Interessen der Verwaltung, kann ich mich nur in jeder Weise anshließen. Ich ‘glaube aber, daß der Vorsißende dieser Kommission seine Thätigkeit noch etwas zu pessimistisch aufgefaßt hat. Ich bin überzeugt: wenn die jahrelange Arbeit in der Rehnungskommission nicht gemacht wäre, so würde es zwar mögli sein ein Geseg aufzustellen, es würde aber sehr \{chwierig sein, einen Geseßentwurf zu verabschieden. Eine Mengé von Fragen sind doh in der Rechnungskommission in Bezug auf das Etatsreht. hon dur die langen Jahre hindurch außerordentli ge- Flärt, und wir werden bei unserem Geseßentwurf diese Ergebnisse der Berathungen der Rehnungskommission in ausgiebiger Weise benußen kIönnen. Das werden die Herren ja sehen, wenn Ihnen der Entwurf mal vorgelegt wird.

Meine Herren, ih glaube Sie können sich nach allem, was ich gesagt habe, wohl darauf verlassen, daß ih den Wunsch habe, möglichst bald mit dieser Gesezgebung zum Abschluß zu kommen, ebenso wie das hohe Haus, und daß ih also, auch wenn die Worte des Antrages nit so {rof gestellt sind, mich bemühen werde, Ihren Wünschen zu entsprehen, und ih möchte mit Rücksicht auf die große Einmüthig- keit, die sih in dem Ziele heute bei allen Parteien dieses Hauses, wie ih konstatiere, gezeigt hat, bitten, auch in der Formulierung des An- trages einen Ausdruck zu wählen, der dieser Einmüthigkeit keinen Ab- bruch thut. (Bravo !)

Abg. Dr. Virchow ändert seinen Antrag nah dem Vorschlag des Ministers.

Abg. Bode zieht seinen Antrag zurück, um nit die Deutung aufkommen zu lassen, als wolle er die Einmüthigkeit des Hauses ftôren und die Sache verzögern.

Der Antrag Virchow wird einstimmig angenommen.

Zur Geschäftsordnung bemerkt

Abg. von Eynern : In der gestrigen Reichstagssizung ist von einem Abgeordneten eine Kritik gusgelproGen worden, die das Maß dessen überschreitet, was zwischen gebildeten Leuten üblich ist. Der

err hat in Unkenntniß der Verhältnisse meine Aeußerung, daß täg- ih sechs Milliarden unseres Nationalvermögens auf dem Meere «cio p eine Zahl, die ih wahrsheinlich noch zu niedrig act abe, als , blôödsinnig* bezeichnet. frage den Herrn Präfi- denten, ob er mir gestattet, in einer persönlihen Bemerkung diesen unqualifizierten Ausdruck zurückzuweisen.

Präsident von Koeller: Nein! Das kann ih im Laufe der Tagesordnung nicht gestatten, muß aber sagen, daß, wenn dieser Ausdruck in diesem Hause gebraucht würde gegenüber einem Mit-

liede des Reichstages, ih das nit dulden würde ; denn ih bin der

einung, daß Deutschland bei den vershiedenen Parlamenten, die es hat, niht vorwärts kommen kann, wenn ih die Parlamente gegen- seitig niht die Achtung erweisen, daß sie folhe Ausdrücke vermeiden. So lange ih die Ehre haben werde, an dieser Stelle zu stehen, werde ih es niht ungeahndet geshehen lassen, wenn in diesem Hause über ein Mitglied des Reichstages oder des Herrenhauses ein folher Ausdruck gebraucht würde.

Darauf seßt das Haus die zweite Berathung des Staat s- haushalts-Etats für 1897/98 bei dem Etat der Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung fort.

Bei den Einnahmen aus den Bergwerken beklagt __ Abg. von Korn tons) daß die Rüdersdorfer Kalkwerke die Preise für Düngekalk höher hielten, als es den Interessen der Land- wirth\{haft entsprehe. Die Preise seien von 3 auf 6 4 erhöht worden.

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Ja, meiñe Herren, ih bin niht im stande zu sagen, wie \sih die Selbstkosten für den Düngekalk der Rüdersdorfer Kalkberge kalku- lieren werden; ich bin aber gern bereit, die Frage näher zu unter- suchen, und wenn sich thatsählih ergeben sollte, daß die. Selbstkosten unrihtig berechnet waren und die Möglichkeit vorläge, den Düngekalk niedriger abzugeben, dann cine Anordnung zu treffen; aber eine Zu-

sihherung bin ih nit in der Lage zu geben. (Bravo! rets.)

Abg. Gothein (fr. Vgg.) arent die Bitte um Ermäßigung der Preise für Düngekalk und bemängelt dann, daß der Bergetat zu pessimistisch veranschlagt sei. Die voraus\sichtlihe Cinnahmesteigerung aus den Kohlenbergwerken und der wirthschaftlihe Aufshwung seien niht genügend in Rehnung gezogen. Der Etat sei so überaus vor- sichtig aufgestellt, daß raan nit ängstlih zu sein brauche in der Auf- wendung von Mitteln für die Aufgaben des Staats, wie z. B. für die Beamtenbesoldung. Die Arbeitslöhne der Bergarbeiter in Ober- \{lesien seien noch sehr ungünstig. Die Konjunktur unserer Berg- werke sei sehr erfreulich und werde uns noch bedeutende Mehrein- nahmen verschaffen.

Abg. von Korn (kons.) bespriht die Frage des Kalisyndikats. Der Staat habe seinen Wiederbeitritt zu dem Syndikat in Aussicht gestellt. Wenn das Syndikat richtig geleitet werde, könne es wohl nügen. Die Hauptsache sei, daß die Kalipreise im Interesse der Landwirthschaft so niedrig wie möglih bemessen werden. Der Staat dürfe dem Syndikat nur beitreten, wenn er einen maßgebenden Ein- fluß auf die Preisbildung erhalte, was zur Zeit des Ministers Frei-

errn von Berlepsh nicht der Fall gewefen sei. Die Erhöhung des

Preises für Kali sei nicht gerechtfertigt. Redner bittet den Minister, niht das R Interesse walten zu lassen, sondern den natio- nalen Gesichtspunkt des Schußes unserer Landwirthschaft.

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Meine Herren! Wie der Herr Vorredner rihtig hervorgehoben hat, läuft der Vertrag, auf welhem das Kalisyndikat beruht, mit dem Ende des Jahres 1898 ab. Ich kann au hier nur wiederholen, was ih bereits in der Budgetkommission erklärt habe, daß die Regie- rung darauf bedacht sein wird, bei Erneuerung des Vertrages sich das Recht zu sichern, wie sie es bisher gehabt hat, auf die Preisftellung der Rohsalze für die Landwirthschaft einen maßgebenden Ginfluß aus- zuüben. Es beruht, wie der Herr Vorredner rihtig hervor- gehoben hat, auf einem Beschluß des Staats-Ministeriums, der seiner Zeit aus Anlaß eines Antrages, der hier im Hause gestellt war, gefaßt is, daß der preußische Staat,

der ja betheiligt ift bei diesem Syndikat, zwar die Preisfeststellung der Fabrikate und die Preisfeststellung für das Ausland nicht be- einflufsen will, dagegen die Preisfeststellung für Rohsalze für die Landwirthschaft direkt beeinflussen will, und zwar so, daß vorzugsweise mäßige Preise der deutshen Landwirthschaft bewilligt werden. Genau dasselbe wird denn auch die Grundlage bilden, auf die wir uns ftellen wollen bei der Erneuerung des Vertrages. (Bravo! rechts.) Natürlih \toßen wir dabei insofern auf S{(wierig-

keiten seitens der übrigen Interessenten, als sie den Wunsh haben, daß man jedenfalls bei der Preisfeftstellung niht unter die Selbstkosten geht, und darin liegt der springende Punkt ; denn die Frage if immer die: was sind die Selbstkosten? und wer hat festzustellen, was die Selbstkosten sind? Darin liegt die Shwierigkeit bei der Erneuerung des Vertrags. Jch hoffe aber, daß fih eine glinstige Lösung finden wird, und daß das Interesse der Landwirthschaft gewahrt bleibt. (Bravo! rets.)

Nun hat der Herr Vorredner die Behauptung ausgesprochen, daß der Preis für die Rohsalze für die Landwirthschaft in der legten Zeit erhöht worden sei. Jch habe seiner Kalkulation niht genau folgen können. Nah meiner Kenntniß der Dinge hat eine Erhöhung des Preises gegenüber der Landwirthschaftsgesellshaft, mit der das Syndikat allein kontrahiert hat, nit stattgefunden, ob aber die Landwirth- schaftsgesellshaft gegenüber den einzelnen Abnehmern ihrerseits die Preise erhöht hat, das ist eine Frage, die ich nicht beurtheilen kann; vielleicht liegt darin die Lösung. y

Was nun die weitere Frage anbetrifft, ob es niht richtiger sei, wenn man vom Ausland höhere Preise erhöbe als vom Inland, ja, meine Herren, das is ja auch thatsächlich der Fall. Die niedrigen Preise, die wir für einen großen Theil des Absatzes des Syndikats au die Landwirthschaftsgesell|chaft bewilligen können, würden wir garniht gewähren können, wenn wir niht die höheren Preise vom Auslande bekämen. Ich- habe mir hier die Werthe notiert, die ih ergeben für den Absaß im Jahre 1895 nah dem Inlande und nah dem Auslande. Im Inlande sind Rohsalze abgeseßt im Werthe von rund 6 Millionen Mark, im Auslande im Werthe von 3 Millionen Mark, Fabrikate im Inlande im Werthe von Millionen Mark, im Auslande im Werthe von 14 Millionen Mark, fodaß also der Gesammtbetrag, den das Inland zahlt, sih auf 14 Millionen Mark beläuft, der Gesammtbetrag, den das Ausland zahlt, auf 17 Millionen Mark. Sie sehen also daraus, daß es in der That nur dadurch möglich ist, die Preise so billig für das Inland zu stellen, daß wir vom Ausland die größere Einnahme haben. Würde man nun aber dazu übergehen, die Preise noch höher zu tellen, dann sf\tehen wir vor der Frage, ob nicht der Absay, den wir hisher in das Ausland haben, ent- sprehend leiden würde. Das muß man wohl berücksihhtigen, daß diese Kalisalze, wenn sie au als Düngemittel in ihrer Art einzig sind, doch für den Zweck der Düngung noch andere Konkurrenten haben. Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, daß der bedeutende Absaßt, den wir ‘jeßt nah tem Auslande haben, entsprehend zurückgeht. Es ist die Frage hon einmal angeregt, ob es niht angängig wäre, einen Ausfuhrzoll auf die Kalisalze zu legen. Das scheint auch der Auf- fassung des Herrn Vorredners nit zu entsprehen, und das möchte ih unbedingt widerrathen. Jch glaube, damit würden wir unseren Export auf die s{chwerste Weise schädigen, ganz abgesehen von der Frage, welche zollpolitishen Folgen eine solche Maßregel haben würde.

Abg. Freiherr von Erffa (kons.): Wir wünschen, daß es nicht dur Nichtbetheiligung des Staats an dem Syndikat zu einem wilden Abbau kommen kann. Das Kaligeseß if zu unserm großen Bedauern nicht zu stande gekommen. Der Staat muß möglichst viele Kalilager selbs übernehmen, um, wenn das Syndikat nicht zu stande kommt, doch durch seine eigene Produktion die E beein- lossen zu können. Es ist falsch, wenn der Staat die Bohrungen ein- tellt, wie es Herr Gothein in der Budgetkommission gewünscht hat.

Abg. Gothe in bestreitet, daß er die Regierung zur Einstellung der Bohrungen aufgefordert habe. Auch Konservative hätten gegen das Kaligesez gestimmt. (Rufe rechts: Wer denn?) Z. B. Herr von Köller, und au andere Konservative hätten sich über das Fallen des Gesetzes befriedigt erklärt. Es sei genug Kali für 4000 Jahre

vorhanden. Wenn das Syndikat nicht bestände, würden die Preise niedriger sein. Das Aufhören des Syndikats könnte der Landwirth-

chaft nur nügen.

Abg. Dr. Arendt (fr. konf.) maht darauf aufmerksam, daß in- folge des Uebergangs Japans E Goldroährung wiederum der Silber- di s erheblich gesunken sei. Nicht die Vermehrung der Produktion, ondern immer Akte der Gesetzgebung seien es gewesen, welche den Preisfturz des Silbers veranlaßten. Die Silberproduktion sei an ihrem Höhepunkt angelangt, ein Vermerk im Etat sage felbst, daß das An- ebot [remen er Erze noch weiter zurückgegangen sei. Deshalb ônne unser einheimisher Silberbergbau mit Zuversicht in die Zukunft blickden. Es würden bald wieder bessere Zeiten für das Silber da seien.

Die Einnahmen werden bewilligt.

Bei den dauernden Ausgaben kommt

Abg. Gothein auf seinen wiederholt geäußerten Wunsch zurü, feste Grundsäße für die Bebauung der Oberfläche der Erde über Bergwerken aufzustellen. Dur unpraktische Bebauung gingen dem Lande O bedeutende Werthe verloren. Durh Ortsstatuten müßten Bebauungspläne aufgestellt werden. Es komme vor, daß wegen eines einzigen, im freien Felde stehenden Hauses große Strecken des Bergwerks in einem großen Umkreis um das Haus herum nicht abgebaut werden können. Dcm Bergwerk müsse ein Einspruhsreht gegen die Errichtung solcher einzelnen Häuser gegeben werden, die oft n Ae würden, um nahher éine große AÄbfindungssfumme zu erhalten.

Geheimer Ober-Bergrath Dr. Fürst erwidert, daß . diese Frage \{on im Schooße der Verivaltung geprüft, aber do niht fo einfach sei, Pre fer Vorredner glaube; indessen werde die Regierung sie im Auge ehalten.

Abg. Dr. Glattfelter (Zentr.) bittet um Vorlegung eines Ge- seßes zum Schuße der Mineralquellen.

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Meine Herren! Ih kann bestätigen, was ih bereits in der Budgetkommission erklärt habe, daß die Regierung mit der von dem Herrn Vorredner berührten Frage beschäftigt ist. Sie ist bereits in Erörterungen eingetreten, um \ich darüber klar zu werden, inwieweit es angängig ift, für Mineralquellen einen geseßlihen Schuß zu ge- währen. Die bisher ftattgefundenen Erörterungen haben ergeben, daß die Frage mit großen Schwierigkeiten verbunden ift deswegen, weil es ih hier um Quellen handelt, die überall im Lande sich vor- finden, die durchshnittlich von einem verhältnißmäßig sehr geringen Werthe sind, während die Beschränkungen, die man zu ihrem Schuß einzuführen bätte, von sehr großer, einschneidender Bedeutung für die gesammte Bauthätigkeit sein würde. Vorauesichtlich wird das Er- gebniß sich deshalb darauf beshränken müfsen, daß man einen Schuß nur allenfalls in Aussfiht würde nehmen können für die eigentlichen Heilquellen, nit für alle Mineralquellen. Der Werth des Mineral- wassers ift jeßt ein zu geringer, als daß man das Bedürfniß einer geseßgeberishen Maßregel von solher Tragweite würde anerkennen fönnen. Die Erörterungen über diese Frage find indessen noch nit zum Abschluß gekommen, sodaß ih ein bestimmtes Ergebniß nah dieser Richtung Ihnen noch niht mittheilen känn.

Abg. Schulh-Bochum (nl.) bespricht d e der großen

geologif Landkarte für den efeuuen Staat; iesenwerk werde nah seiner Fertigstellung 3000 Blätter umfassen und werde, da jeßt erft

1 tommen fönnen, 1a 100 Jabre A sein. Die Provinzen sies nugiei mäßi ros Fahren erst Arbeitszeit würden si

Fer Ea e T t 1898/99 reichlihere Mittel fe die arolgtiche Landedunie zit si zustellen, Punkten aus c d,

damit diese rasher und von mehr als

im Interesse der Landwirthshaft und des Gewerbes vorans(hreit,

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld: f

Meine Herren! Es handelt sich hier in der That um ein er, und bedeutsames Werk, bedeutsam für die Wissenschaft sowohl wh auch für das praktishe Bedürfniß, insbesondere für die Landwirthsge und für das Gewerbe. Jh muß aber anerkennen, daß die Wsung de großen Aufgabe, die man sich hier gestellt hat, noch er K NRückstande ift, und es ist deskalb auch die Fürsorge der Regier seit langer Zeit darauf gerichtet, eine entsprehende Beshleuniqw der Arbeiten, um die es ih hier handelt, herbeizuführen. i hatte zunähst ins Auge gefaßt, eine Vereinfahung der Arbeit ib besondere dadur herbeizuführen, daß die Bohrungen im Fladlay

und bei der 2 olle man das Personal very A

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der Regel nach auf eine geringere Tiefe \sih beschränken ; man bats

ferner in Aus\iht genommen, eine Vereinfahung dadur

führen, daß man die agronomischèn Karten trennt von den geologisia Bohrkarten. Leider hat sih das Landes-Dekonomie-Kollegium in (4, lehnendem Sinne ausgesprochen; es hat diese Vereinfahung nit fir angängig erachtet. Unter diesen Umständen wird eine erhebliche Y,

\{leunigung der Arbeiten in der That nur dur eine entsprechende V, |

mehrung des Personals herbeigeführt werden können. Jn dieser Hins4t ist aber au mehreres hon geschehen. Das Personal, was gege wärtig an Landesgeologen, Bezirksgeologen und sonstigen Beamiz mit den Aufnahmen beschäftigt ist, beziffert sich gegenwärtig af 32 Personen. Im Jahre 1893 waren es 25; es ist also jeßt m 7 gestiegen. Davon werden 29 vom Staat gestellt, zwei von Ostpreuja und einer von Wesipreußen. Es ist auch in dem diesjährigen Ey eine neue Stelle noch für die Flachlandgebiete vorgesehen; es ky ferner die Provinz Westpreußen sh bereit erklärt, noch einen Zus zu leisten von 4500 Æ, unter der Vorausseßung, daß auch seitens dz Staats eine gleihe Zuschußleistung eintritt. Zu diesem leßteren ht sih das Ministerium der Landwirthschaft bereit gefunden, sodaß al anzunehmen ist, daß noch eine weitere Vermehrung des Personalt würde eintreten können.

Immerhin aber würde bei den jeßigen Dispositionen nur für de Flawlandvermefsung der vier öftlihen Provinzen noch ein Zeitraum von 38 Jahren erforderli sein, ehe sie vollendet ist. Das ift alle dings eine sehr geraume Zeit. Ih muß vollkommen zugeben, da, wenn {ih die Herstellung der Karten und Vermessungen über einen se weiien Zeitraum erstreckt, das ganze Werk dadurch verliert, daß t einzelnen Theile nicht gleihwerthig sein können, und es ift allr dings erforderli} nach meiner Ansicht, eine Vermehrm des Personals herbeizuführen. Jch habe mich darüber au mit dem Herrn Finanz - Minister benommen, und wir si bereit, für das nälhste Jahr eine Verstärkung dieser Font und des Personals vorzunehmen aber unter einer Bedingun, Wie ih bereits gesagt habe, haben sh die Provinzen Oft- und Wes preußen bereit gefunden, \sih an den Koften entsprechend zu betheiligen; von den Provinzen Posen- und Pommern is das abgelehnt. Vi gehen nun von der Ansicht aus, daß in dieser Beziehung doch eint gleihmäßige Behandlung der Provinzen stattfinden muß; was di einen thun, müssen die andern auch thun. Unter der Vorausseßuz also, daß eine gleihmäßige entsprechende Betheiligung der Provinje an den aufzubringenden Kosten, die niht ganz unerheblich sind, stät finden wird, würde also seitens der Regierung für das nächste Zah eine Verstärkung der betreffenden Fonds in Aussicht genomma werden können. (Bravo!)

Abg. S hult - Bochum zieht nach dieser wohlwollenden Eckläruz seinen Antrag zurück. i

Die dauernden Ausgaben werden bewilligt, ebenso die eiv maligen Ausgaben ohne Debatte.

Nächste Sizung Sonnabe

chluß gegen 4/4 Uhr. 11 Uhr. (Etats der direkten und der indirekten Steuern.)

atis

Parlamentarische Nachrichten.

Der dem Hause der Abgeordneten zugegangen? Erb wurf eines Gesehes, betreffend die Tagegelder und Reisekofiet der Staatsbeamten, lautet:

Artikel I.

Die S 1 und 4 des Gift vom 24. März 1873 (Gese Samml. S. 122), betreffend die Tagegelder und Reisekosten det Staatsbeamten, bezw. der Artikel 1 § 1 und § 4 des Gesehes vol 28. Juni 1875 (Geseÿ-Samml. S. 370), betreffend eine Abänderus des gedahten Gesezes vom 24. März 1873, sowie der Artikel 1 ÿ! und 4 der Verordnung vom 15. April 1876 (Gesez-Samml. S. 100) betreffend die Tagegelder und Reisekosten der Staatsbeamten, werde wie folgt abgeändert :

8 1. Die Staatsbeamten erhalten bei Dienstreisen Tagegelder nah den folgenden Säyen: E I. Aktive Staats-Minifter. . . IT. Beamte der ersten Rangklasse. . . . III. Beamte der zweiten und dritten Rangklafse . IV. Beamte der vierten und fünften Nangtlasse C V. Beamte, welhe nicht zu obigen Klassen gehören, soweit sie bisher zu dem Tagegeldersaße von 9 A be- eit Watt l e E 2 VI. Subalternbeamte der Provinzial-, Kreis- und Lokal- behörden und andere Beamte gleihea Ranges . - - 8 VII. Andere Beamte, welche niht zu den Unterbeamten zu 6 VIII. Unterbeamte . .

zählen find 4 Wird die Dienstreise an ein und demselben Tage aúgetreten beendet, so tritt eine Ermäßigung der Tagegelder bei I auf 27 bei II auf 21 4, bei III auf 17 M, bei 1V auf 12 4, bei V L VI auf 6 4, bei VII auf 4,50 «A und bei VIII N.

4.

An Reisekosten, einschließliÎ der Kosten der Gepädbeförderwb erhalten: : gifo I. bei Dienstreisen, welhe auf Eisenbahnen oder Dampfs

gemacht werden können: 1) die im meter 1

S und für jeden Zu- und Abgang 3

enommen, fo kann er für denselben 6 Z für das

anfpruhen ; : 2) die im § 1’ unter VI bis VIL genannten Beamten für w

Kilometer 8 4 und für jeden Zu- und Abgang 2 ;, 3) die im §1 unter VIII genannten Beamten für das Kilosd 6 4 und für jeden Zu- und Abgang 1 X;

1 unter I bis V bezeichneten Beamten für das gily | ) Ÿ M T Hat einer dieser Beamten einen Diener auf die Reis

N Dienstreisen, welhe niht auf Eisenbahnen, Kleinbahnen T1, bei : werden können : 1 unter 1 bis IV genannten Beamten . 60 S, 1 unter V bis VI genannten Beamten . .40 , 1 unter VII bis VIII genannten Beamten . 30 , lometer. für das bli höhere Reisekosten als die unter T und Il fest- fen aufgewendet werden müssen, fo werden diese erstattet. gele. Die Bestimmung darüber, unter welchen Umständen von den Beamten bei ibren Dienstreisen Kleinbahnen zu benußen, und welche Reisekoftenvergütun en in solhen Fällen zu gewähren sind, erfolgt das Staats- p

el IT. mte nah Maßgabe der für das betreffende Refsort E Sefititaiutgen Dienstreisen mit unentgeltlih geftellten Berkehrsmitteln ausführen, haben dieselben an Reisekosten nur die bestimmungsmäßigen Entschädigungen fuür Zu- und Abgang zu be-

anspruchen. Artikel 1II

Für Beamte, welhe durch die Art ihrer Dienstgeshäfte uy häufigen Dienstreisen innerhalb bestimmter Amtsbezirke oder zu n ndtig wiederkehrenden Dienstreisen zwischen bestimmten Orten

öthigt werden, ah den §8 1 und 4 des

seges vom 24. März 1873 bezw. Artikel T dieser Verordnung zu berehnenden Deren en nah Bestimmung des Verwaltungs- hefs und des Finanz-Mini “E D Ranges festgeseßt werden.

e ,

Für die Ansprüche der Beamten auf Grund der gefeßli Be-

mungen über die Reisekosten und Tagegelder der Staatébeamten fe die Ausführungsvorschriften maßgebend, die vom Staats- Ministerium oder, soweit ge|e lih die Zuständigkeit der Verwaltungs- hefs bezw. des Finanz »- Ministers begründet ist, von diesen getroffen

den. E Artikel V.

Die Bestimmungen im § 12 des Geseßes vom 24. März 1873 in der Fassung der Verordnung vom 15. April 1876 (Geseß-Samml. S. 107) finden auf die vor Erlaß des gegenwärtigen Gefeßes er- angenen geseßlihen oder sonstigen Vorschriften, welche für einzelne Dienstzweige oder Dienstgeshäfte bezüglich der den Beamten aus der Staatskasse zu gewährenden Tagegelder und Reisekosten ergangen find, mit der Maßgabe Anwendung, daß die_in Artikel T des gegenwärtigen Gelees bestimmten Sätze niht überschritten werden dürfen.

ie Bestimmungen im Artikel T §8 1 und 4 Nr. 1 und Il des gegenwärtigen g finden jedoh auf diejenigen Beamten, welche unter den § 2 des Geseßes, betreffend die den Medizinalbeamten für

fônnen an Stelle der n

die Besorgung Fee eter, medizinal- oder sanitätspolizeilicher

Geschäfte zu g renden Vergütungen, vom 9. März 1872 (Geseß- Samml. S. 265) fallen, so lange keine Anwendung, als die Bes soldungsverhältnisse derselben niht anderweitig geregelt sein werden. Artikel VI. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Juli 1897 in Kraft,

Dem Hause der Abgeordneten is der nachstehende Entwurf eines Gesetzes, betreffend das Charité-Krankenhaus und den Botanischen Garten in Berlin, zugegangen.

8 1.

Die Staatsregierung wird ermächtigt, zur Deckung eines Höchst- betrages von 16 000 0900 M der Kosten, welhe nah näherer Bestim- mung der Staatshaushalts-Etats oder dieses Gesetzes 3) aufge- wendet werden dürfen, um

1) für das Charité-Krankenhaus in Berlin und die mit dem- selben verbundenen Institute der Universität Berlin geeignete Gebäude herzustellen

9) das Grundftück Luisenstraße Nr. 2 hierselbst sowie das der Stadt Berlin gehörige, an dem Nordufer, der Buch- und Trifistraße hierselbft belegene Grundftück anzukaufen und auf leßteres das Institut für Infektionskrankheiten zu verlegen,

3) für das Hygiene-Institut der Universität Berlin ein neues Gebäude zu errichten,

4) den Botanischen Garten und das Botanishe Museum hierselbst nah der Domäne Dahlem zu verlegen und dort ein pharma- zeutishes Institut für die Universität Berlin zu erbauen,

5) für die vorbezeihneten Institute die Nebenanlagen und die innere Einrichtung zu beschaffen,

Staatsschuldverschreibungen auoinneren.

Wann, durch welche Stelle und in welhen Beträgen, zu welhem insfuße, zu welhen Bedingungen der Kündigung und zu welchen ursen die Schuldverschreibungen veräußert werden sollen 1), be-

stimmt der Finanz-Minister. |

Im übrigen kommen wegen Verwaltung der Anleihe und wegen Verjährung der Zinsen die Vorschriften des Geseßes vom 19. Duzember 1869 (Gesez-Samml. S. 1197) zur Anwendung.

Der Erlôs aus dem Verkauf des jeßt für den Botanischen Garten in Berlin benußten Grundstücks is mittels Anrehnung auf die der Staatsregierung bewilligten offen stehenden Kredite zur Tilgung von Staatss{ulden über das anderweit planmäßig oder dur bestehende Geseße bestimmte Maß hinaus zu verwenden und ist dem Landtage darüber Bericht zu erstatten.

& 3.

Die Staatsregierung wird ermächtigt,

1) für den Ankauf der in dem § 1 zu 2 bezeichneten Grundstüde 315 000 A und 245 000 Æ,

2) zum Neubau des Hauptgebäudes des Instituts für Infektions- krankheiten 475 000 ,

3) zum Neubau eines Kochküchengebäudes sowie eines Maschinen- und Werkstättengebäudes der Charité einshließlich der Einrichtung mit Kesseln und Maschinen 659 009 4,

4) für die Herstellung eines Sammlungsgebäudes des Patho- logischen Instituts den Restbetrag von 292 000 ,

a für den Neubau nachbenannter Gebäude der Charité, und

einer Kapelle 68 000 A,

eines Pförtner- und Stallgebäudes 14 500 M,

einer Baracke der Augenklinik 70 000 A und einer Baracke der geburtshilflih-gynäkologishen Klinik 69 700 #,_

6) zur Regulierung des Terrains und Herstellung der gärtneri- shen nlagen für den auf der Domäne Dahlem anzulegenden Bota- nischen Garten 915 800 A,

G 7) zur Errichtung eines Wirthschaftsgebäudes für den Botanischen arten (Nr. 6) 54 000 A,

Da 8) zur Herstellung von Ersaybauten, welhe für die Domäne

j blem durch die dortige Einrihtung eines Botanischen Gartens er- orderlih werden, 31996 M zu verwenden.

ditt

Festrede,

frhalten in der öffentlihen Siyung der Königlichen

d ademie der Künste zur Gedenkfeier für Kaiser Wilhelm

Si Großen am 2. März 1897, Mittags, im großen Saale der

ng-Akademie, von dem Staats-Minister und Ober-Präsidenten der

ovinz Westpreußen D. Dr. von ; 20 Ad Ehrenmitglied der Akadémie der Künste.

S Macte senex Imperator! Heil Dir, Kaiser im Silberhaar! ce es Dir aus nl Herzen entgegen. Vor unsern Augen den t fih wieder Deine ehrwürdige Gestalt, wie Du an dem leuhten- 4 Maientage des Jahres 1886 nnsere Jubiläums-Kunstausstellung qrineteft —, unser Ohr vernimmt wieder Deine Worte auf die Be- ung Deines in männliher Schöne strahlenden Sohnes: „Ih fühle Mich geehrt so schloß die Kaiserliche Ausprade —, daß unter Meiner Regierung dieses großartige Werk geschaffen

dem Antiquarium haben Hildesheim, Tanagra,

wurde, und dem Hecrn der Heerschaaren Mein Dank, daß es Mir vergönnt , an dem E R Ihrer Mitte zu sein, um dieses herrlihe Werk mit bewundern zu können.“

In unserer Mitte steht jeßt abermals der große Kaiser —, in der Mitte der Königlichen Akademie der Künste, eins ihr Ehrenmitglied, als Herrscher ihr Beshirmer voil Huld und Güte, heute ein Hop, der überwunden hat. E zu ihm blicken wir in Dank und Liebe, fein Bild wohnt in der e unseres Herzens, welche unsere theuersten und beiligsten Güter umschließt. Ihn würdig zu feiern, für unsere Ver- runs Men wahren Ausdruck zu finden, wie chwer fällt es den Männern

reue

„Die Zeit wird kommen, welche in Soran Erwägung zu- jsammenfaßt, was Deutschland dem Kaiser Wilhelm verdankt ; aber wir werden sie niht erleben.“ s

So sprach der Redner der Akademie der Wissenschaften bei der Trauer- feier. Diese Mahnung [al an uns nit verloren sein.

Wir wandeln den Weg, den unser Erlauchter Protektor an unserm Ehrentage selbst eins{lug, um den Kranz des Siegers in den Werken des Friedens, welhen mit uns das gesammte Vaterland ihm über- reihte, dem machtvollen Ahnherrn auf das Haupt zu seßen.

„Auf einem andern Boten, als wir es gewohnt sind so be- gann unser Schirmherr seine Rede —, begehen wir heute die Erinnerung an den großen König.“

Auch wir feiern heute unsern großen Kaiser niht als den ge- waltigen Kriegêherrn und den weltumfassenden Staatsmann; in ge- weihter Stunde versenken wir uns pietätvoll in seine Beziehungen zu dem Inhalt und zur Aufgabe unserer Akademie, zu der Kun}t und den Künstlern, und, bevorzugt durh das Glück, um welches uns die Nachwelt beneidet, unter ihm gewirkt und geschaffen zu haben, lassen wir seine hehre Persönlihkeit wieder vor unsern geistigen Augen emporsteigen.

Wiederholt hat sich im Laufe der Weltgeschichte bewahrheitet, daß, wenn eine Nation ihre leßten Kräfte einseßt, um ihre Freiheit und Unabhängigkeit zu \{chüßen, alle Gebiete des öffentlichen Lebens von der Bewegung ergriffen und befruhtet werden; au lehrt uns die Erfahrung, daß großangelegte, vorbildlich wirkende Herrscher selbst auf Richtungen einen beitimmenden Einfluß ausüben, welche ihrer un- mittelbaren Fürsorge entrückt zu sein scheinen.

Die Umgestaltung, welche die Kunst, ihre Ausdehnung und Be- thätigung, wie ihr Verständniß in unserm Staats- und Volkéleben während der Regierungszeit Wilhelm?s des Großen erfahren hat, liegen vor unserer Aller Augen, und doch ift es selbst denen unter uns, welche der Entwickelung nahe gestanden es wer, das Kunstleben von 1858 mit dem des Jahres 1888 in Vergleich zu stellen. Sicher- lih bat infolge der SrUndung des Deutschen Reiches die Fähigkeit und das Bedürfniß, \sih auszudehnen, das Kraftbewußtsein, welches unser Volk na den großen Siegen erfüllie, das Verlangen gesteigert, im Reiche des Schönen die uns bewegenden Gefüble des Dankes, der Freude durch Werke künstlerischen Schaffens zum Ausdruck zu bringen und dem Leben den früher oft vermißten Glanz zu verleihen. ei eingehender Betrachtung drängt sih indeß auch hier die Erkenntniß auf, daß nah dem Jahre 1870 nihts Bedeutendes in die Erscheinung trat, was nicht vorher in der Stille vorbereitet und innerlih erworben war, und die Früchte geerntet wurden, welche ruhiger organisatorischer Arbeit ihr Entstehen verdanken.

Unser erster Blick fällt auf die Königlihen Museen. Welche Vermehrung, aber auch welhe Bereicherung ihres Inhalts! Das egyptishe Museum zu einem assyrish-vorderasiatishen erweitert G Rhodus, Cypern ihre Schätze gespendet —, in den antiken Skulpturen hat sich durch die Pergamener, die Abgüsse von Olympia, die Erwerbungen aus der Sammlung Saburoff eine neue Welt ershlossen —, in der Renaissance- Plastik welche Fülle der Schönheit vom Jobannes Michel Angelo's bis zu den Terracotien und Porträtbüsten Italiens. Jn den .um- gestalteten Räumen der Gemälde-Galerie \strahlen uns die Meister- werke der Suermond-Sammlung, die Fra Angelico, Sebastian del Piombo, Velasquez, Rembrandt, Rubens, Dürer entgegen. Das Kupferstichkabinet hat durch die Handzeichnungen von Botticelli, Dürer, Rembrandt, durch Stiche und Radierungen deutscher und nieder- ländischer Künstler seine Bedeutung vervielfaht und das Münzkabinet bs auf einen der ersten Pläge aller gleihartigen Sammlungen er-

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Als im Jahre 1875 die Königliche Kunstkammer, die Quelle fast aller unserer Sammlungen, zur leßten Hus gelangte und ihre Schätze, wie früher dem ethnologischen und nordishen Museum, jeßt dem Hobenzollern-Museum, der Bau-Akademie, dem Zevghause und dem deutshen Gewerbe-Museum anvertraute, war damit die Noth- wendigkeit neuer Anlagen und Organisationen gegeben. In rascher Aufeinanderfolge erhoben sich die Prachtbauten des Kunstgewerbe- Museums und des Museums für Völkerkunde, Vorgeshichte und Scliemann-Sammlung, und gleichzeitig fand die neuere Kunst die er- sehnte Heimstätte in der National-Galerie. Sicherlich sind diese Er- folge nur erzielt dur Aufwendung bedeutender Mittel, welche in einer gegeu fruher ungeahnten Fülle zur Verfügung gestellt wurden, aber die Schätze sind do nicht nur erkauft, sondern au erworben. Be- fruhtend wirkte die innere Umgestaltung ‘unserer Museumsverwaltung seit dem Jahre 1868, welhe in dem Protektorate des Kronprinzen ihren hôchsten Abschluß fand, und das in der Kunstyerwaltung neu erwachte Leben trieb zu neuen Thaten. Staatliche und private Unter- nehmungen nach dem Auslande, seit Lepsius? egyptischer Reise in Ver- gessenheit gerathen, ershlossen der Wissenschaft und Kunst neue Ge- biete. Die Ausgrabungen von Olymp:a und Pergamon, die Fahrten nah Ancyra, Nemrud Dagh, dem Lanke der is s adl a Cypern, Japan und ungezählte ethnologishe Forshungsreisen in allen Theilen des Erdballes, die Arbeiten der Marine und der Kolonial- verwaltung erfüllten unsere Sammlungen mit unerwarteten Schäßen.

Aber au außerhalb des Rahmens dec Königlihen Museums- verwaltung b:thätigte sich die staatlihe Fürsorge für die Kunst in der Einrichtung des Rauch- und Beuth-Schinkel-Museums, des Denkmäler- Archivs, der Akademischen Hochschule für Musik, der historischen Samm- lung von Musikinstrumenten, in dem Neubau und dec Reorganisation der Akademie zu Doe, j

Die Baukunst fand eine stolze Unterkunft in dèn Technischen Hochschulen von BVerlin-Charlottenburg, Hannover und Aachen, und das Kunstgewerbe feierte in der niaRiciieien o ne, der Webeschule in A dem Institut für Glasmalerei und keramischen und textilen Fahshulen glänzende Triumphe.

Kein Staat ist so reich, wie der unsere, an provinziellen Kunst- und Kunstgewerbe-Sammlungen geworden. Von Königsberg bis Düsseldorf erstreckt sich eine reihe Kette von Museen, welche auh über ihre unmittelbare Umgebung hinaus das Kunstleben fördern.

Welche H der herrlihften Kirchen ragt seit Kaiser Wilhelms Tagen zum Himmel empor! j

Gemaltige Zeugen einer frommen, kunstsinnigen Vergangenheit [m zu neuem Glanze erstanden : der Kölner Dom, Maria zur Wiesen

Soest, Willibrordi in Wesel, die Kirhen in Schleswig, Erfurt, 0257 Wittenberg; ein neuer evangelischer Kirchenbaustil bra ahn.

Die Hohenzollernburg blickt in stolzer Pracht über die \chwäbischen Stammlande, die Marienburg spiegelt sich wieder in der Nogat.

Ungezählt sind die öffentlihen Bauten im Reich und in reußen; die Universitäten mit ihrer Fülle eigenartiger Anstalten haben ein neues Aussehen gewonnen, Provinzial- und Stadtverwaltungen haben fünstlerisch bedeutsame Landes- und Rathshäufer Filialen, Eine Fülle von Denkmälern aller Art, zur Ehrung von Kriegern, Statuen von Heerführern, Staatsmännern, Gelehrten, Dichtern, Brunnen- anlagen, von den Reiterstandbildern auf dem Lustgarten und vor der National-Galerie an bis zu dem gewaltigen Denkmal auf dem Nieder- wald bedeckt unser Land.

Auch die Privatgebäude haben nah Innen wie nah Auen eine vollständige Umwandlung erfahren und an Stein, Terrakotta, Mosaik, Farbe und Schmiedeeisen reihen Shmuck angelegt.

Das Kunstgewerbe ee schon bei der Hochzeit des regierenden Kaiserpaares und der Silberbo{zeit der Erlauhten Eltern reihe Be-

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weise seines Könnens wlegde, hat seine durhdringende Kraft bis tief

in das P gt. -

Wir halten an die Fülle des Stoffes erheisht es und die Frage legt sid auf unsere Lippen:

Welcher Antheil gebührt dem großen Kaiser an dieser Umgestaltung -

unseres Kunstlebens und äfthetishen Bedürfens? Leitete er au diesen Zweig der Staatsverwaltung oder ließ er seine Rathgeber und amten gewähren, befriedigt durch die Auswahl der rihtigen Männer ? Bewies er ein persönlihes Interesse an der Kunst oder begnügte er sich mit wohlwollender Betrachtung? Wiederholt ift darauf hingewiesen worden, in welches Dunkel das Werden und Wachsen unseres Kaisers gehüllt ist, vielleicht erklärbar dur den frühen Verlust der Königlichen Mutter, dur die Unruhe der Zeiten, feine Stellung als nachgeborener Prinz. Er ward zum Soldaten erzogen und als bedeutenter Fahmann dur seinen klaren Blick, die Sicherheit seines Urtheils und seine Pflichttreue befähigt, auch andere und größere Aufgaben als Regent zu lôfen so lautet vielfa die Erklärung der wunderbaren Erscheinung, o er, an der Schwelle des Greisenalters auf den Thron berufen, sofort mahtvoll die Zügel der Regierung ergriff und mit sicherer Hand bis zum leßten Athemzuge zum Segen seines Landes führte. Als militärisher Fahmann war der Kaiser indeß nicht allein Techniker, \fondern zuglei C or, der Träger der Scharnhorst’shen Ge- danken und {hon als solcher ein Staatsmann, der die materiellen und moralishen Kräfte des Volkes erkennen und abwägen mußte® Bei der Hingebung an seinen Vater, welchen er allezeit als den Wieder- erneuerer auh des geistigen Lebens Preußens pries, ersheint cs als ausgeshlossen, daß er von den Erwägungen, welche den König über den Wiederaufbau des Staats von Innen heraus zwishen Jena und Breslau dauernd bewegten, oder von der durch Wilhelm von Be boldt fortgeseyt betonten Bedeutung von Wiffenschaft und Kunst im Dasein einer Nation unberührt geblieben sein sollte. Als der König in Paris weilte und die aus allen Ländern zusammengetragenen Kunsft- \{hâte oftmals einsam durhwanderte, reifte in ihm der Entschluß, troß der Armuth des Staates ein öffentlihes Kunstmuseum zu gründen. Noch in Paris erwarb er die Sammlung Giustiniani, alle Gemälde und Statuen, welhe aus Königlichhem Besiy nah Memel gerettet oder nah Paris vershleppt waren, unterstellte er der staat- lihen Verwaltung, überwies über sechshundert Gemälde aus den Schlössern der öffentlihen Sammlung und ermöglihte durch Verzicht auf eine Forderung an die Staatskasse die Erwerbung der Sammlun Solly. Gleite Züge kehren bei unjerem Kaiser wieder. Als er tie bewegt von dem hochherzigen Vermächtniß des Konsuls Wagener die Sammlung der National-Galerie begründete, fügte er mit eigener Hand dem Allerhöchsten Erlasse den Saß hinzu, daß er es si angelegen lassen sein wolle, die Sammlung aus seinem eigenen Besiß zu vermehren, Der erste: Schenkung folgte bald eine zweite, unter ihnen Perlen der Kunst, wie Lessing’'s Hussitenpredigt und Gustav Richters ochter des Jairus. Die Zahl der Kunstsahen, welhe an das Kunstgewerbe- Museum und die älteren Kunstanstalten übergingen, entzieht sich der Schäßung, und die Auflösung der Kunstkammer krönte die dem Staatsinteresse gebrachten p:rsönlihen Opfer. ___ Als Regent und König war der Kaiser hon dur unsere staat- lihen Einrichtungen in den Stand geseßt, von allen Ausgaben zu Kunstzwecken, welche durch den Staatshaushalt gingen, Kenntniß zu nehmen, seine persönlihe Entschließung wurde éébortert, wenn es ih um Uebernahme von Kosten auf den Dispositionsfonds handelte. Rasche und bedeutende Erfolge sind bei der Erwerbung von Kunst- \chäuten fast nur dur das unmittelbare Eintreten des Kaisers erzielt worden, und bahnbrehende Unternehmungen, wie die Au3- La von Pergamon und die Gründung der Hochschule ür Musik, nur durch die vom Kaiser zur Verfügung gesteliten Mittel ermögliht. Mit welcher Regelmäßigkeit und Treue der Kaiser allen Regierungsgeschäften oblag, weiß jeder Preuße; bis zum leßten Tage seines ge segneten Lebens war er niht nur Kaiser und König, sondern er regierte. Aber selbst bei dem, welhem es vergönnt war, das Walten dieser außergewöhnlihen Arbeitskraft aus der Nähe zu betrachten, ruft es Erstaunen hervor, aus dem Arbeitsheiligthum des Kaisers, aus den Akten des Geheimen Zivilkabinets, zu enseben, mit welcher eindringenden Schärfe und unermüdlichen A er an allen bedeutenden Aufgaben der Kunstverwaltung mitgewirkt hat. Selten findet sih ein Immediatbericht, eine Denkschrift, ein künstlerisches Pro- gramm, welches nicht von eigenhändigen Randbemerkungen, zuweilen von selbständigen, bogenlangen Promemorien des Kaisers begleitet war. Der gleihbleibende Fleiß, mit welhem der Kaiser Kunstsachen erledigte, ermangelt sogar nicht eines politishen Interesses.

Sn tem Erlaß vom 25. Mai 1870 bezeihnete er ten 3. Augusft, den Tag der Centenarfeier für seinen Vater, als den Tag, an welchem die Enthüllung des Reiterstandbildes im Lustgarten erfolgen solUte, und traf umfassende Anordnungen für diese Feier. Auh in Ems be- \chäftigte sh der Kaiser unausgeseßt mit diesem Lieblingsplane, noch am 11, Juli O er Einladungen an die ehemals reihsunmittelbaren Fürsten und Grafen. Am 12. gingen die Einladungen ab, am 13. erfolgte die Begegnung mit Benedetti, am 16. die Mobilmachung, am 17. die Rückkehr nah Berlin, am 18. vollzog der Kaiser den Erlaß, turch welchen die etatsmäßigen Grundlagen des Archäologischen Instituts sicher gestellt wurden, am 29. s{hrieh er das Antwort schreiben eines Fürsten eigenhändig zu den Akten, bewilligte am 30. den Gießern des Denkmals ein Geldgeschenk und begab sih am 31. zur Armee.

Unterstüßt wurde der Kaiser bei seinen Arbeiten durch ein sel- tenes Gedächtniß, durch eine hervorragende Gabe der Konzentration, durch ein siheres Auge und eine bedeutende Fäbigkeit, rasch Pläne und Zeichnungen zu verstehen. Als ihm die Risse und Schnitte des Mu}eums für Naturkunde vorgelegt wurden, bemängelte er sofort die Belichtung der unteren Sammlungssäle. So sehr der Kaiser auch que t war, auf sahliche Darlegungen einzugehen, so fand seine

ahsiht eine Grenze, wenn Meinungsverschiedenheiten, Kompetenz- \treitigfeiten oder finanzielle Erörterungen das Fortschreiten eines Werkes zur Ungebühr verzögerten. Seine Bemerkungen über Verschleppungen zeichnen \sih dur eine niht mißzuverstehende Deutlichkeit aus und Aeußerungen, wie „man solle die Kommissare und die Künstler“ wechseln, wenn die Verschleppung nit aufhôre, oder „er könne nicht dulden, wenn zwei Ressorts sih zankten“, gehören niht zu den Seltenheiten. Als die Arbeiten an der Siegeésäule nicht nach seinem Wunsche vor- anschritten, seßte der Kaiser durh Erlaß vom 23. Oktober 1871 den 1. September 1873 als den Tag der Vollendung fest und nahm die Durchführung seiner Anordnungen im wesentlichen selbst in die Hand. Dank seines unausgeseßten persönlichen Eingreifens erreichte er die Erfüllung seines Wunsches, und am 2. September 1873 fiel die Hülle von dem Denkmal. Seine starke Jnitiative bewies der Kaiser aber nit allein bei der Förderung begonnener Werke, sonvern er gab au nit selten die unmittelbare Anregung. Die Errichtung des Reiterstandbildes Friedrih Wilhelms IIL1., die Erhöhung des Denk- mals auf dem Kreuzberge, die Ausführung des Siegesdenkmals ent- sprangen aus\cließlih der eigenen Bewegung des Kaisers, . und Ernst Curtius bezeugt, daß der Kaiser „aus eigenem Antriebe“ die Srage nah der Ausgrabung von Olympia aufgenommen und nah Einsicht der ihm bis dahin nicht bekannten Denkschrift von 1853 die ent- scheidenden Anordnungen selbst getroffen habe (1869). Oftmals, wie bei der Hochschule für Musik, genügte eine erite Anregung, um den Kaiser für ein Projekt zu gewinnen, und sobald er von der Bedeutung und Ausführbarkeit sich überzeugt hatte, hielten ihn Schwierigkeiten yon der Geredung des Zieles niht ab. Als der Kaiser die Arbeiten am Kölner Dom betrie und die Geldbeshaffung ihm Sorge machte, regte er selbst die Veranstaltung einer Gelblotterie an. Gegen die rechtlihe Zulässigkeit wurden Bedenken erhoben, der Kaiser überwand sie aber mit großer Entschlossenheit und sicherte hierdurh die über Erwarten rashe Vollendung dieses mächtigsten Bauwerkes unseres Vaterlandes (1880). :

Aus Prachtliebe hat der Kaiser kein Kunstwerk ins Leben ge- rufen; auf dem Gebiete der Architektur und Plastik O die geiseras Werke, welhe auf seine Initiative ne ühren find, wohl aus- shließlih aus Rücksichten der Pietät und Dankbarkeit entstanden. In eltenem Maße besaß der Kaiser das Bedürfniß, aber auch die Fäh1g- keit, den Männern, welche - unter ihm oder zu seines Vaters Zeit an der Größe Deutschlands und Erhebung Preußens mitgearbeit hatten,