1897 / 74 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 27 Mar 1897 18:00:01 GMT) scan diff

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Anlage Il. Zubereitungen, welche zu Heilzwecken aus undenaturiertem Brannt- wein steuerfrei nur für die Verwendung in Apotheken hergestellt werden dürfen.

*Acetum aromaticum . . Aromatischer Essig. *Extractum Calami . . Kalmusextrafkt. Ratanhiae spiri- Weingeiitiges Natanhiaextraft. tuOoSuImN *Mixtura oleo-balsamica , . . Hoffmann’ ser Lebensbalfam. Solutio Acidi salicylici . . . SalicylfäureIöfung. Spiritus Ammoniae aromati- Yromatischer (englischer) Ammoniak- cus (London) \piritus. Angelicae . . . Angelikaspiritus. Lavandulae , . Lavendelspiritué. Rosmarini . , Noszmarinspiritus. n saponatus , . _._, Seifenspiritus. Serpylli , . . ,. . . «. Quendelspiritus. Tinctura balsami tolutani . Tolubalsamtinktur. ° Benzoës . . . .. « Bêénzosötinktux. composita , Zusammengeseßzie Benzoëtinktur. Catechu .. , « « Ruine. Guajaci ligni . Guajafholztinktur. ino. 2 E Lavandulae simplex Einfache Lavendeltinftur. Z composita Zusammengeseßte Lavendeltinftur. Moschi . .. . . & ¿Mol@üstinttite. Myrrhae . . . . . . Myrrhbentinktur. Pyretbri . . . . . . Pyrethrumtinfktar. Quassías . « « « . « Qualsiatinfktur. Ratanhiae saccliaratae ZudÆerbaltige Ratanhbiatinktur. Sassafras . _. . Sassafrastinktüur. Sumbuli . . . . . . Sumbulwaurzeltinktur. Die mit * bezeichneten Zubereitungen find in das Arzneibuch für das Deuts(he Reich aufgenommen.

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Ministerium der geisilihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten. Königliche Friedrih-Wilhelms-Universität. Bekanntmachung.

Die Jmmatrikulationen bei der hiesigen URi= versität für das bevorstehende Sommer-Semester beginnen am 14. Apr:l und schließen mit dem 11. Mai d. J.

Jeder, der immatrikuliert zu werden wünscht, hat sich zuvor bei dem Pförtner der Universität mit einer Zu- lassungskarte zu verschen. Ort und Stunde der Imma- trikulation wird bei dieser Gelegenheit mitgetheilt werden.

Behufs der Jmmatrikulation haben vorzulegen, und zwar sämmtliche Zeugnisse im Original:

1) die Studierenden, welche die Universitätsstudien erst beginnen, und zwar Angehörige des Deutschen Reichs: dasjenige Reifezeugniß einer höheren Lehranstalt, welches für die Zulassung zu den ihrem Studienfach ent- sprehenden Berufeprüfungen in ihrem Heimathsstaat vor- geschrieben is, Ausländer: ausreichende Legitimations- papiere (Paß 2c.) und amtliche Zeugnisse über die erlangte Schulbildung ;

2) die Studierenden, welche von einer anderen Universität kommen: die zu 1 geforderten Zeugnisse und ein Abgangszeugniß von jeder der früher befuhten Uni- versitäten. i:

Angehörige des Deutschen Reichs, welhe ein Reifezeugniß nicht erworben, jedoh wenigstens dasjenige Maß der Schulbildung crreiht haben, welches für die Erlan- gung der Bercchligung zum Einjährig-Freiwilligen-Dienst vor- geschrieben ist, können mit besonderer Erlaubniß der unter- zeihneten Kommission auf vier Semester immatrikuliert und bei der philosophishen Fakultät eingetragen werden.

Die bezüglichen Gesuche sind unter Beifügung der Zeug- nisse persönlich an den Universitäts - Sekretär abzugeben. Formulare zu denselben können bei dem Ober - Pedell in Empfang genommen werden.

Berlin, den 19. März 1897.

Die Ammatrikulations Kommission. Brune. Daude.

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

‘Dem Domänenpächter Bernhard Seer zu Nischwit, Regierungsbezirk Bromberg, ist der Charakter als Königlicher Ober-Amtmann beigelegt worden.

Justiz-Ministerium. Der Senats-Präsident, Geheime Ober-Justiz-Rath John

in Breslau ist an das Ober-Landesgericht in Naumburg a. S. verseßt.

Ferner sind versezt: der Landgerichts-Rath Hasenclever in Elberfeld an das Landgericht in Aachen, der Amtsgerichts- Rath Shmuttier vom Amtsgericht T in Berün als Land- gerichts-Rath an das Landgericht T in Berlin, der Amts- geriht3-Rath Troplowiß in Ellrich als Landgerichts-Rath an das Landgericht in Halle a. S., der Amtsgerichts - Rath Neimer in Villkallen an das Am!sgericht in Gumbinnen, der Amtsrichter Reuter in Münstermaifeld an das Amtsgericht in Nhaunen und der Amtsrichter Fusbahn in Rhaunen an das Amtagerichi in Münstermaifeld.

Der Erfte Staatsanwalt Krobigsch in Saarbrücken ist an das Landgericht in Hannover und der Staatsanwalt Plaschke in Stettin an das Landgericht [ in Berlin verseßt.

Zum Notar ist ernannt: der Rechtsanwalt Dr. Folfkerts in Elens für den Bezirk des Ober - Landesgerichts zu Celle, mit Anweisung seines Wohnsizes in Esens.

Dem Notar, Justiz-Rath Trommer in Strasburg ¿. Westpr. ift der Wohnsig in Thorn angewiesen.

In der Liste der Rechtsanwalte sind gelöscht: der Nechts- anwalt Nang bei dem Amtsgericht in Gudensberg und der Rechtsanwalt Lossen bei dem Landgericht in Wiesbaden.

In die Liste der Rechtsanwalte sind eingetragen: der Rechiganwalt Anderseck aus Langensalza bei dem Amts- gericht und dem Landgericht in Erfurt, der Nechtsanwalt Lossen aus Wiesbaden bei dem Amtsgericht in Eltville, der Gerichts- Afessor Dr. Friedemann bei dem Landgericht T in Berlin, der Gerichts-Assessor Dr. Karl Fleck und der Gerichts- Assessor Dr. Paul Meyer bei dem Landgericht in Köln, der Gerichts-Assesor Son dheimer bei dem Amtsgericht in Geln- hausen, der Gerichts-Assessor Ehr lich bei dem Amtsgericht in Kammin, der frühere Gerihts-Assessor Dr. Wi ester bei dem Amlsgeriht ia Tarnowiß, mit dem Wohnsiß in Neudedck, der Direktor der Rheinisch-Westfälishen Kalkwerke, frühere

Gerichts-Assessor Kühnemann in Dornap bei dcm Amts- aeriht in Mettmann, mit dem Wohnfiß in Dornap, der Rechtsanwalt Heilbronn aus Haspe bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Elberfeld sowie der Kammer für Handelssachen in Barmen, der Rechtsanwalt Dr. Anhuth aus Kalbe a. S. bei dem Amtsgzericzt in Kupp, der Gerichts- Assessor Siegfried Jacoby bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Königberg i. Pr., der Gerichts-Assessor Georg Sternberg bei dem Landgericht T in Berlin und der Gerichts- Assessor Dr. Tobler bei dem Landgericht in Meiningen.

Der Landgerichts-Präsident Franz in Beuthen O.-Schlck., der Amtsgerichts-Nath Molinari vom Amtsgericht I in Berlin, der Rechtsanwalt und Notar, Geheime Justiz-Rath Humbert in Berlin und der Rechtsanwalt und Notar, Justiz- Rath Louis Müller in Verden sind gestorben.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Dem Bäckermeister Hermann Prussog in Breslau ist die Medaille für gewerbliche Leistungen in Silber, und

dem Königlichen Hoflieferanten, Zuker-, Chokoladen- und Marzipanwaaren-Fabrikanten Carl Mi cks\ch, sowie der Firma J. C. Auwand, Mühlenwerke in Breslau, diejelbe Medaille in Bronze verlichen worden.

Verfügung, betreffend den Anschluß der evangelischen Kirchen-

gemeinde Schöneberg bei Berlin an den Berliner Stadtsynodalverband.

E Die evangelische Kirhengemeinde Schöneberg bei Berlin wird nah Zustimmung ihrer Organe und mit Einwilligung der Berliner Stadisynode dem Verbande der leßteren an- geshlossen und zugleih in den Verband der Berliner Kreis- synode Friedrihs-Werder eingegliedert. T s Es Anordnung tritt mit dem 1. April 1897 in Kraft. Berlin, den 25. März 1897. Königliches Konsistorium der Provinz Brandenburg, Abtheilung Berlin. D. Faber.

Bertan n La Ga

Dem Marksheider Karl Fremdling aus Schönberg, Kreis Lauban, ist voa uns beute die Befugniß zur Verritung von Mark- \che:derarbeiten für den Umfang des preußishen Staats ertheilt worden.

Klausthakl, den 24. März 1897.

Königliches Ober-Bergamt. Nchenbach.

Abgereist : __ Seine Excellenz der Präsident des Evangelischen Ober- Kirchenraths, Wirkliche Geheime Rath D. Dr. Barkhausen, nah der Provinz Westfalen.

Nichtamtliczes. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 27. März. Ca Ma etat Der Kaiser und König empfingen heute Vormittag um 10 Uhr den Chef des Generalstabes, General Grafen von Schlieffen, sowie den Chef des Militär-

fabinets, General von Hahnke zum Vortrage und nahmen um 1 Uÿr militärishe Veldungen entgegen.

S Die vercinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, sowie der Aus\chuß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sizungen.

Die Nr. 3 der „Amtlichen Nachrichten des Nei chs- Versicherungsamts“ vom 1. März d. J. enthält aus dem Gebiete der Jnvaliditäts- und Altersversicherung folgende Revisions-Entscheidungen:

Das Fehlen einer formellen Krankheitsbescheinigung für den in die Kalenderwocße fallenden Sonn- oder Feiertag kann in der Regel nicht zum Ausschluß der betreffenden Kalender- (Krankheits-) Woche, in welche der Sonntag (Feier- tag) fällt, führen (547)

Militärische Dienstleistungen sind bei der Renten- festseßung nur nah vollen Kalenderwochen anzurehnen (548).

Die Versicherungspflicht eines als Lehrer in der Merkstäiten-Abtheilung einer Fachshule thätigen, mit einem Monatsgehalt von 160 f angestellten Werkmeisters ist verneint worden, da seine Thätigkeit vorzugsweise darin bestand, als Lehrer die Schüler der mechanish-tehnischen Ab- theilung prafktish zu unterweisen (549).

Die Versicherungspfliht eines Kreistaxators und Grundstücksverwalters ist verneint worden, da bei seiner Thätigkeit ein Abhängigkeitsverhältniß nicht in Frage fam, und auch seine Beschäftigung im Privatdienst nichts weiter als cin Ausfluß seiner amtlihen Wirksamkeit war, die ihn zu jeinen Arbeiten in erster Linie berufen und geeignet erscheinen ließ (550).

Der Aichmeister bei einem sächsishen Gemeinde- Aichamt ist nicht als versiherungspflihtig erachtet worden, da das Amt, bei dem er angestellt war, einen Betrieb der Gemeinde nit darstellte (551).

Bei der erncuten Prüfung eines gemäß § 84 des Jnva- liditäts- und Altersversicherungsgeseßes wiederholten Renten- anspruhs können neben den Umständen, welche seit dem von der rechtskräftigen Vorentscheidung umfaßten Beitpunkt eingetreten sind, auch die bereits früher beigebrachten

und gewürdigten Beweise cine abermalige Würdi fiaden; daraufhin ist sogar die Feststellung migung daß die Jnvalidität s\chon vor Fällun 018,

Vorentscheidung eingetreten sei. Die form P Rechtskraft der leßteren fommt alsdann insofern zur Geltu; / als ungeachtet des früheren Eintritts der dauernden Erwerb“: unfähigkeit die auf Grund der erneuten Prüfung etwa zuzu. erkennende Nente erst vom Tage noch jener rechtsfräftice, Vorentscheidung ab zu bewilligen ift (552). “an

_In den Fällen des S 84 des Jnvaliditäts- und Alters. versicherungsgescßes wird zwar der erneute Antrag auf Zn- validenrente auf Erfolg regelmäßig nur dann rechnen können, wenn der Eintritt von Umständen, welche für das Vorhanden.

sein der Juvalidität des Rentenbewerbers sprechen, seit R ersten abweisenden NRentenentscheidung nachgewiesen isi: b die erneute Prüfung kann von der Geltendmachung solcher Umstände, sofern die einjährige Frist verstrichen ist nicht abhängig gemacht werden; denn jede Abweisung des Jnvalidenrentenanspruchs wzgea Nichtvorliegens der Jnvalidität ist naturgemäß einc Abweisun zur Zeit, und die einjährige Frist stellt lediglih eine Ord: nunasvorschrift dar, von welcher die untere Verwaltungs- behörde nach ihrem Ermessen Gebrauch machen kann (553)

_Gemäß Z 31 Absaß 1 des Jnvaliditäts- und Alters- verficherungsgeseßes steht ein An}pruh auf Beitrags- erstattung nur der Wittwe eines verstorbenen männlichen

Versicherten, nicht aber auch dem nah dem Tode einer weib- lichen Versicherten hinterbliebenen Wittwer zu; beim Tode einec weiblihen Versicherten haben gemäß § 31 Absag 9 a. a. O. nur deren Kinder einen Anspruch auf Beitrags: erstattung, aber au diese nur dann, wenn sie „vaterlos“ sind d. h. zur Zeit des Todes ihrer Mutter keinen ehelihen Vater haben (554).

Vorausseßung für den Uebergang des Renten: anspruchs auf die Erben ist nicht, daß der bei der örtlichen Verwaltungsstelle angebrahte Antrag noch vor dem Ableben des Rentenanwärters auch bei der nah § 75 des Jnoaliditäts- und Altersversiherungsgeseßes zuständigen unteren Verwal: tungsbehörde eingegangen ist (555).

Darüber, ob cine zuerkannte Rente ruht, hat zunächst das im Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesez für die Feststellung des Rentenrechts selbst vorgesehene Streitver- fahren nah 88 77 ff. a. a. O. stattzufinden: hiervon ist aber die Frag®, von welchem Zeitpunkt ab das Ruhen eintritt niht zu trennen. /

Das Nükforderungsrecht bildet dagegen niht den Gegen- stand des Rentenfestitellungsverfahrens, und darum ist ordnungsmäßig die Aufforderung zur Nückzahlung der über- hobenen Beträge niht in den ertheilten förmlichen Bescheid aufzunehmen, sondern besonders etwa in der Form eines gewöhnlichen Schreibens zu erlafsen (556).

Weiter sind noch folgende Bescheide und Beschlüsse mitgetheilt :

Die Beeidigung der Beisizer in den auf Grund des Juvaliditäts- und Altersversicherungsgeseßes errichteten Schiedsgerichten gilt für die Dauer ihrer Wahlperiode (557).

Die im 8 50 des Jnvaliditäts- und Altersversicherungs- gesetzes bezeihneten Vorausseßungen der hlbar- feit müssen niht nur im Augénblick® der Wahl selbst, sondern während der ganzen Dauer der Unmts- zeit bei dem Vertreter vorhanden sein.

__ Jhr späterer Wegfall zieht dessen Unfähigkeit zur Fort- führung des Amtes von sclbst nah sih. Eine der Voraus- segungen der Wählbarkeit aber ift der Wohnsiy im Bezirk der Versicherungsanstalt; sobald dieser aufgegeben wird, kann es feinen Unterschied machen, ob der Gewählte seinen neuen Wohnsiß in größerer oder in geringerer Entfernung von jenem Bezirke nimmt, und ob seine versicherungspflichtige Beschäftigung innerhalb oder außerhalb des leßgteren stattfindet (558). i

Die Zurüccknahme des Antrages auf Beitrags-

erstattung ist nah bereits erfolgter Erstattung na § 30 des Jnvaliditäts- und Altereversicherungsgeseßes unzu- lässig (559). ; Bie neden den einzelnen Entscheidungen, Bescheiden und Beschlüssen stehenden eingekllammerten Zahlen geben die Ziffer an, unter der diese ia den „Amtlichen Nachrichten“ ver- öffentlicht sind.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich oldenburgishe Staats-Minister Jansen ist von hier abgereitt.

_Jnfolge Versegung des Negierungs-Raths Holzapfel nah Höxter ist vom 1. April d. J. ab der Gerichts5- Assessor Schiffler mit der Verwaltung der Kommission für die Güterfonsolidation in Limburg a. L. beauftragt.

Hefsen.

Die Erste Kammer hat gestern cbenfalls den Verkau] der Saline Karl-Theodorshalle an die Stadt Kreuznach 9: nehmigt.

Elsaß-Lothringen.

Der Kaiserlihe Statthalter Fürsi zu Hohenlohe- Langenburg hat, wie „W. T. B.“ meldet, das fernere Erscheinen der „Kolmarer Zeitung“ und des „Müi häuser Volksblatts“ verboten, weil beide Blätter zur Hundertjahrfeier unter der Ueberschrift „Wir machen nicht mit einen Artikel gebracht hatten, welcher das Andenken weiland Kaiser Wilhelm's des Großen in grober Weise beschimpltt und lediglih dem Zweck diente, die Bevölkerung von El\aß- Lothringen mit Haß gegen das deutsche Kaiserthum zu erfüllen.

Oesterreich-Ungarn.

Die außcerordentlihe persische Gesandtschaft une Führung des persishen Gesandten in Berlin Mirza R eza Khan ist zur Notifikatioa der Thronbesteigung des Schahs 11 Wien eingetroffen; der Gesandtschaft wurde ein Offizier als Ehrendien|t zugewiesen. : i;

Die „Wiener Zeitung“ veröffentliht den Beschluß der po! Kreta fommandierenden Offiziere der Großmächte, betreffend die Blokade der Jnsel Kreta. f

_ Zum Präsidenten des Herrenhauses ist, „Wiener Zta.“ meldet, der Fürst Alfred Windis zum Ersten Vize-Präsidenten ürst Karl Auersperg-

2weit:n Vize-Präjidentcn Graf Ernst Hoyos berufen worden

Das Abgeordnetenhaus hielt beute seine erste Sizung. Nahezu sämmtliche Mitglieder waren anwesend. Das Kabinet mit dem Grafen Baden i an der Spiye wurde von zahlreichen Abgeordneten begrüßt. Der Minister-Präsident ersuczte den Abg. Proskoweß, den Altersvorsiß zu über- nehmen und zur Konstituierung des Hauses zu schreiten.

Das ungarische Unterhaus begann gestern die Be- rathung des Budgetgeseßes. Der früzere Kultus-Minister Graf Albin Csafy ergriff dabei das Wort und führte aus: die Vergewaltigungen bei den Wahlen bildeten in Ungarn wie überall die Klagen der Minderheiten, doch hege die liberale Nartei zur Regierung volles Vertrauen und votiere ihr pereitwilligst das Budget, da die Partei überzeugt sei, daß die Negierung ihre Pflicht redlich erfülle. Der FRedner wurde von :aulreichen Abgeordneten beglückwünscht.

Großbritannien und Frland.

Das Oberhaus genehmigte gestern die erste Lesung der Schulvorlage. i L :

Im Unterhause erklärte der Parlaments-Sefkretär des Aeußern Curzon: Griechenland sei bereits von den Mägßten aufgefordert worden, die Truppen aus Kreta zurückzuziehen, sei aber der Aufforderung bisher nicht nachgekommen. Unter diesen Umständen sei es niht wahrscheinlich, daß die Mächte einen Vorschlag Griechenlands, betreffend einen gleichzeitigen Rück- ug der türkishen und griechischen Truppen, berüsichtigen würden. Die Frage des Rückzugs der türfishen Truppen werde besonders erwogen. Die britische Regierung befürworte die Zurückziehung, die sobald wie möglich zu erfolgen habe. Bei der dann folgenden Debatte über den a conto-Kredit ver- langte Morley Aufklärung über die Politik der Regierung hetreffs Kretas. Die Autonomie jei nur eine Phrase, da die Pforte sich die Erörterung der Form und der Einzelheiten der Autonomie vorbehalten habe. Die Mchrheit der Christen auf Kreta sei gegen die Autonomie. Es sei ein ungeheuerliches Paradoxon, die Autonomie ter Bevölkerung durch die Mittel der Aushungerung, der Blokade und Beschießung aufzuzwiögen. Das britische Nolk sei gegen eine folche Politik. Die gegenwärtige Lage )el nicht verheißend für die Freiheit Kretas, auch niht für den Frieden Europas. Der Erste Lord des S aßamts Balfour wies die Forderung Morley's als unzeitgemäß zurü. Die Mächte, führte er aus, hätten die Aufgabe übernommen, Kreta die Freiheit zu geben, und würden sich nur von ihren eigenen Arsichten bei der Durchführung der übernommenen Aufgabe bestimmen lasen. Die kretische Frage sei nur ein Bruchtheil der Politik der Großmächte in Bezug auf den Often Europas, sie könne nur als ein Theil von größeren wichtigen Fragen behandelt werden. Die großen E der Politik der Regierung scien dem Hause und dem Lande bekannt. Die Opposition sollte ihre leere Kritik und ihre fleinlichen Anfragen aufgeben, sie sollte vielmehr dem Hause Gelegenheit acben, sih über die Politik der Regierung auszujprechen. Wenn ein Tadelêvotum beantragt werde, so sei die Regierung bercit, sofort cinen Tag dafür anzusehen. Jm weitere : Verlaufe der Berathung beantragte Labouchère, von dem Gehalte des Premier-Ministers Lord Saliëbury 1600 Pfund zu streichen. Dieser Antrag wurde mit 128 gegen 44 Stimmen verworfen und sodann der a conto-Kredit angenommen.

Frankreich.

Der großbritannische Premier - Minister Marquis von Salisbury, welcher vorgestern Nbend in Paris eingetroffen war, begab sich gestern Vormittag mit dem großbritannischen Botschafter Sir E. Monson nah dem Elysée, wo cr seine Karte abgab, und fodann nah dem Ministerium des Auswärtigen, wo Sir E. Monson ihn dem Minister Hano- taux vorjtellte. Lord Salisbury verweilte ctwa eine Stunde bei Hanotaux. Nachmittags stattete der Minister Hanotaux Lord Salisbury einen Besuch in der britishen Botschaft ab und hatte mit diesem abermals eine längere Unterredung. Gestern Abend seßte Lord Salisbury seine Reise nach Nizza fort. ;

Die Deputirtenkammer berieth gesiern die Ab- änderungen, welche der Senat am Budget vorgenommen hatte; die meisten von diesen wurden genehmigt. Das Budget wird nun an den Senat zurückgehen.

Dcm „Matin“ zufolge wird der Geseßentwurf, be- treffend die Schiffsneubauten, bereits heute in der Deputirtenkammer eingebracht werden.

Schweiz.

Gestern ist eine Botschaft des Bundesraths über den Rütckauf der shweizerishen Eisenbahnen veröffentlicht worden.

Dieselbe giebt zunächst eine hbistorische Darstellung über die Ent- widelung des Eisenkahnwesens in der Schweiz und im Ansc{luß daran die grundsäßlihe Begründung der Nothwendiakeit der Ver- ftaatlihung. Die Vorlage entkâlt sodann eine Berechnung der zu bezahlenten Entschädigungen, gicbt eire Erörterung der Vrganisation der Staatébahnverwaltung 1nd stellt den Antrag auf Ankündigung des fonzessionsgemäßen Nückkaufs gegen- über den fünf Hauptbahuen, nômlich der Jura-Simplon- Babn, der Shweizer Zentralbahn cins{ließlich der Gemeinschaftsbahnen, der Nordostbahn einschließli der Gemeinschaftébahnen, der Bahnunter- nehmung Wohlen—Braugarten bezüglich des Antheils der Einwohner der Gemeinde Braugarten, den Vereinigten Schweize:bahnen und der Gotthardbahn. Wenn ter einheitliche Rückkauf der gesammten Nord- oflbahn auf Grund der für das Stammneßz gültigen Bestimmungen niht erreitbar ift, fo tollen diejenigen Linicn nit zurügekauft werden, teren Erwerb nur mit unverhältnißzmäßizen Opfern möglich und deren Besitz niht für den rationelen Babnbetrieb unentbehrlich ift. Als Beilage enthält die Vorlage einen Entwurf zu einem Bundes- gescß, betreffend den Erwerb und Betrieb von Eisenbahren für Rechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der \{weizeri\chen Bundesbahnen. Die konzessionsgemäßen NRückkaufs- entshädigungen am 1. Mai 1903 bezw. 1909 werten im Ganzen auf 964 384 769 Fr. bercchnet. (Im einzelnen werden die Ziffern beute unter „Gewerke «nd Handel“ mitgetheilt.) Die wirklichen Liquidationswerthe für die Aktien am 1. Mai 1903, bezw. 1909 für die Gotthardbahn, werten im Ganzen auf 283 951 150 Fr. be- rehnet, oter für die Jura-Simplon-Bahn auf 81518 866 Fr, für die Nordostbahn auf 54147 656 Fr., für die Zentralbahn auf 94 309 445 Fr., für die Vereinigten S weizerbabnen auf 31 703 834 Fr., für die Gotthardbahn auf 62 061 638 Fr. Auf 100 Fr. Nominal- werth der Aktie berecknen si die Liquidationswerthe für Prioritäté- Aktien der Jura-Simplon-Bahn und der Nereinigten Schweizerbahnen auf 1009/0, für Stamm-Aktien der Jura-Simplonbabn auf 61,10 Fr., für Aktien der Nordostbahn auf 67,68 Fr., ter Zentralbahn auf 108,62 Fr. der Vereinigten Schweizerbahnen auf 63,13 Fr, der Botthardbahn auf 124,12 Fr. Es berechnet si also der Liquidations8- getrag für die Stamm-Aktien der Jura-Simplonbahn auf 120,19 Gr, für die Aktien der Nordostbahn auf 338,42 Fr., der Zentralcahn auf 243,10 Fr, der Vereinigten Schweizerbahnen auf 315,64 Fr. M der Gotthardbahn auf 620,62 Fr. per Aktie. Die BVor- age hält die Verfafsungsrevision nicht für nethwendig, wohl

abcr bâlt sie es für geboten, die Frage des Rükkaufs aleih- zeitig mit der Organisation kter Staatébahnverwaltung dur Gefeß zu regeln. Es wird vorgesehen, daß mit Zustimmunz dec Bundet- versammlung der Bundesrath unter Festhaltung der angegebenen Grundlagen für den Rüdckkaufspreis die Erwerbung auch dur) freihändigen Kauf vornehmen fann; die Vorlage bält es auch für denkbar, def nach erfoleter Kündigung von den Gefell- schaften felbst Verhandlungen füc den freihändigen Kauf ein- geleitet werden. Bei Ausdehnung der BerstaailihunaLtaktion auf andere Labnen oder für den Bau neuer Linien find die bezüglihen Vorlagen jeweils dem Referendum zu unterstellen. Die Frage der Beschaffung der Geldmittel dur gewöhnliche Anleciben cder dur Ausgabe von Rententiteln wird ofen gelaßen, jedoch der Grundsatz der völligen Amortisation ter Eisenbahnshuld bis 1ärgstens 1960 festgeseßt. Das Re&rungswesen der Bundesbahnen soll ven der übrigen Staatsverwaltung abgelêst, und der Reinertrag soll aus\dließlich für die Verzinsung und Nmortisation der Bahnschuld, zur Ausgleichung der Schwankungen in den Jahre8erträgnissen sowie zur Hebung und Erleichterung des Verkehrs verwandt werden. Eine oußerdem vorgçesel,ene Bestinniung ist, daß die Pri atbahnen die ver- sickerungstechnischcn De fizite der Pensionéfasfsen zu deen haben. Sgließlich ladet fcr Bundesrath in der Botsckaft die Bundeéver- sammlung zu beshleunigter Behantlung ter Vorlagen ein, da vor dem 1. Mai 1898 der Enticheid arundfäßlich gefallen cin müsse, der Gesezentwurf daber vor Ende Siptember 1897 von der Bundes8per» fammlung endgültig festzusezen fei.

Türkei. Die persishe Gesandtschaft zur Notifizierung der

Thronbesteigung des Schahs ist, dem „W. T. B. zufolge, in Konstantinopel cingetroffen und hat dem Sultan ein Handschreiben und Geschenke des Schahs überreicht. i:

Die Erseßung dcs Vali von Adana durch Hussein Hilmi, den früheren Gouverneur von Maan, hat, wie das Wiener „Telegraphen-Korrespondenz-Bureau“ meldet, die Bot- schafter befriedigt. Das armenische Patriarchat entsandte den Verweser des B!:schofesißes in Siwas nach Tokat.

Das türkishe Geschwader is in der Besika-Bay eingetroffen, wo es vorläufig zu Uebungszwecken vereinigt bleiben wird.

Nach einer Meldung der „Agence Havas“ aus Kanea von gestern Nachmittag sind in Heraftleion Engländer und in Rethymon 400 Mann russischer Truppen gelandet worden. Der tiürkishe Kontre-Admiral Sami Pascha traf gestern Nachmittag auf einem türkischen Transportschiff in Kanea ein; zugleich wurde eine große Menge Munition und Pulver aus- geichift. Der Kampf begann ge}tern wieder und dauerte um die Dörfer Tsikalaria und Nevrokuru den ganzen Tag fort. Die Jnsurgenten in dem Fort Malaxa feuerten auf das türkishe Geshwader in der Suda-Vay.

Der „Kölnischen Zeitung“ wird aus Kanea von gestern gemeldet, daß das österreichishe Kanoncnboot Ol! gestern bei Kissamo von den Aufständischen beschossen worden sei: die „Elster“ have das Feuer aus Schnellfeuergeshüßen erwidert.

Eine Abordnung der vornehmsten Begs ersuchte den Kommandierenden der internationalen Truppen, Kapitän Joritti, ihr Eigenthum in der Umgegend von Kanea be-

wachen zu lassen.

Griechenland.

Die „Times“ meldet aus Athen von gestern, daß dort ein Erlaß veröffentlicht worden sei, durch welchen der Kronprinz zum Höchstkommandierenden der griehischen Armee ernannt wurde. Die Abreise des Kronprinzen nach Thessalien sei um einige Tage verschoben worden.

Gestern Nachmittag um 4 Uhr iee eie Havas“ berichtet, den Gesandten der Mächte die Note überreicht worden, in welcher Griechenland gegen die Blockade Kretas Widerspruch erhebt. Die Note ist vom 21. d. M. datiert und hat folgenden Wortlaut:

„Fc habe die Ehre gehabt, Ihre Note vom 18. d. M. zu empfangen, mit welcher Sie die Güte hatten, zu meiner Kenntniß zu bringen, daß die Insel Kreta von heute ab in Blockadezustand ver- sezt wird. Die Sciffabrt ist hiervon benacrichtigt worden. Da es indessen durch die Blockade in Zukunft unmwöglih sein wird, Getreide auf Kreta einzuführen, und da anderer- seits die Bevölkerung der Insel sich stes von aus- wärts verproviantieren läßt, ist s in Anbetracht der Bande, welche uns mit der kretishen Bevölkerung verknüyfen, meine Pflicht, Ihnen von diesen Erwägungen angesichts der Folgen, die daraus ent- stehen würden und die wohl den Gefühlen der Menschlichkeit nicht entsprehen könnten, von denen die Regierung (folgt der Name der betreffenden Macht) erfüllt ift, Mittheilung zu machen. Genehmigen Sie sv Stuses

Die Beschießung der Aufständischen im Fort Malaxa hat in Athen große Erregung hervorgerufen. Kretische Delegirte veröffentlichten in englisher Sprache cine Broshüre, worin sie Protest gegen die Autonomie einlegen, der sie, wie nah dem Aufstande von 1866, das ottomanishe Joch vorzögen. Europa, o Haß es E Der Broschüre, könne alles thun und werde es doh nie erreichen, das Nationalgesühl des fretishen Volks auszulöshen. Kreta habe immer für die Vereinigung mit Griechenland gekämpft und werde, fo lange au nur eine lebende Seele auf der Jnsel existiere, nur die Vereinigung mit Griechenland annehmen. Diese Broschüre ist, der „Agence Havas“ zufolge, fämmtlithen Gesandtschaften

überreiht worden.

Serbien. Im ganzen Lande haben, e O, D berichtet, die radikalen Kandidaten bei denGemeindewahien gesiegt.

Amerika.

Das Nepräsentantenhaus hat, nah ciner dem „W. T. B.“ aus Washington zugegangenen Meldung, alle Nbänderungsanträge der Kommission zur Tarifbill angenommen. Die meisten Amendements betreffen un- wichtigere Artikel aus dem Chemikalienverzeichniß. Dagegen verwarf das Haus neben mehreren anderen Anträgen der demokratishen Partei auch ein Amendement, wonach alle Artikel auf die Freiliste gesezt werden sollten, welche unter der Herrschaft von Trusts Manben:

Parlameutarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sißgungen des Reich s- tages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

Jn der heutigen (199.) Sißung des Reichstages, welcher der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, der Staats- sekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. von Boetticher,

der Staatssekretär des Azswärtigen Amts, Staats-Minister Freiherr von Marschall, der Staatssekretär des Reichs Marineamis, Admiral Hollmann, der Staatssekretär des Reichs-Justizamts Dr. Nieberd ing, der Staatssekretär des Neihs-Schaÿamts Dr. Graf von Posadowsky und der Kriegs-Minister, General-Lieutenant von Goßler beiwohnten, wurde die dritte Berathung des Reichshaushalts-Etats für 1897/98 bei den einmaligen Ausgaben des Militär-Etats fortge)eßt. Zur Debatte fommt zunächst folgende, von der Budget- Kommission beantragte Resolution: ; „Die Erwariung auszusprehen, daß bei Beï&affung der Kasernements für die zwei neuen württemktergiswen Infanteriec- Regimenter die in Weingarten vorhar denen Bauten verwendet und dadur eintretende Ersparnisse aa der hier geforderten Bedarfê- summe später zurückgerechnet werden.“

Württembergisher Kriegs-Minister, General der Infanterie Freiherr Schott von Swottenstein: Ich bitte Sie, die Nesolution nicht anzunehmen. Die württembergische Militärverwaltung bat aus Achtung vor dem vorjährigen Beschluß dieses Hauses für die Kasernierung des Negiments Nr. 127, um tas es sich hier han- delt, nichts gethan. Wir werden au ferner jedem auf Er- zielung von Ersparniß gerichteten Beschluß dieses Hauses ge- wissenhaft MNechnung tragen. Dieser Resolution aber eme Folge zu geben, würden wir nit in der Lage sein. Sie fnüpit mit ihren Wünschen für MWeingaricn an den Kostenp-unkt an. Für die Kasernierung des 127. Regiments steht uns in Ulm eine Kaserne für 14 Bataillone zur Verfügung. Wir beabsichtigen, die Halbbataillons-Kaserne dort für ein Bollbataiiion auszubauen mit einem Aufwand von 229000 6 Wenn wir das Bataillon nah Weingarten ver-

legen, fo müssen wir die dortige Halbbataillons- Kaserne autbauen mit einem Auswande ven 260 000 4 Wir kaben in Weingarten cin Lazareth mit 58 Betten, brauhen aber Raum für 93 Betten. Das jeßige Lazareth kann na Lage und Bauart nicht erweitert werden. Ein neues Lazareth für 93 Kranke würde ungefähr 400 000 4 Kosten verursachen. Wir könnten nun tie Kasernen des 4. Bataiilons aus laufenden Mitteln in ein Lazareth verwandeln und würden damit Ersparnisse machen. Dazu kominen militärisce Nücksichten, die uns veranlassen, die Vereinigung des Regiments in Ulm in Aussicht zu nehmen. Seit lancem is es ein Bestreben der gesammten Heeresverwaltung, die Regimenter in einer Kaserre zu vereinigen. Die Einwirkung des MNMegiments - Kommandeurs auf die Erziehung des Offizier-Korps, die Gestaltung des gesammten Dienstes, auf die Gleichmäßigfkeit der Ausbildung wird dur die Vereinigung gefördert, durch die Zerreißung geschädigt; dazu kommen Rücksichten auf die Mobilmachung. Es ist nicht an- gebracht, im Plenum des Hauses die Mobilmachung eines Regiments zu zergliedern. Nur soviel will i sagen, daß die Mobilmachung im wesentlichen darin besteht, aus den vorhandenen Friedens- formationen ungefähr ebenfoviel Gefchtsformationen zu bilden. Das würde dur die Zerreißung ershwert werden. Ich kann Sie nux dringend bitten, die Resolution nicht zu beschließen.

Bei Schluß des Blattes nahm der Abg. Freiherr von Gültlingen (Rp.) das W.rt.

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Jm Hause der Abgeordneten gelangte in der heutigen (58.) Sizung, welcher der Finanz - Minister Dr. von Miquel und der Justiz-Minister Schönstedt bei- wohnten, der Gesezentwurf, betreffend die Negelung der Richtergehälter, zur dritten Berathung. Der Abg. Beleites (nl.) hat gemäß seiner Ankündigung in der zweiten Lesung folgenden Antrag gestellt:

Dem § 4 folgenden neuen Absaß hinzuzusügen:

„Diczenigen Ober-Landesgerichts- Räthe und Landgerihts-Direk- toren, welche vor oder an dem 1. April 1897 in ihr gegenwärtiges Amt cingetreten sind, erhalten dasjenige Gehalt, welches der ihnen im Dienstalter als Gerichts-Assessor zunächst folgende Lande- oder Amtsrichter auf Grund des neuen Beso!ldungs-Etats zu beziehen hat, so lange, bis sie auf Grund ihres Dienstalters im neuen Amt in ein mindestens gleihes Gehalt einrücken.“

Abg. Beleites bezeichnet es in der Begründung des Antrages als eine wirthschaftliche Ungerechtigkeit, daß man bei der Beförderung eines Richters in ein höheres Amt sein bisheriges Gehalt verkürzt, und als eine Edhrenpfliht ausgleichender Gerechtigkeit, diesen Uebel- stand mit Hilfe seines Antrages zu vermeiden.

Justiz-Minister Shön stedt: Ich verfenne nit die wohlwollende Absicht des Antrages, und als Nessort-Minister könnte ih idm zu- stimmen; ater es ist dem Antragsteller nit gelungen, in der For- mulierung dcs Antrages die großen entgegenstehenden Schwierigkeiten einer soldhen Regelung zz überwinden. Die Formulierung geht weit über die Absicht des Antragstellers hinaus. Der Antrag giebt der neuen Gekbaltsregelung eine rückæœifende Kraft, wie sie von seiten der Negierung bei den Gehaltserhöhungen ftets als unzulässig er- achtet is. Die finanzielle Tragweite läßt sih garniht übersehen. Wenn der Antrag sich darauf beschränkt, nur den in Zukunft in ein höheres Amt beförderten Richtern ihr bisheriges hôheres Gehalt zu lassen, so könuten wir ihn annehmen. Nach der jeßigen Formulierung würden wir nur neue Beschwerden herbeiführen. Ich stelle Ihnen daher anheim, dem Antrag Ihre Zustimmung zu ver)agen, fo sehr ih mich freuen würde, wenn es mögli wäre, die Absicht des An- trages durzuführen. E E

Alg. Simon von Zastrow (konf.) spricht sich gleichfals gegen den Anfrag aus. Die bisher unter Verkürzung ihres Gehalts be- förderten Nichter seien mit dieser Verkürzung einverstanden gewe]en, man könne ihnen nun nachträglich nicht eine Entschädigung dafür geben. Volenti non fit injuria. E L

Abg. Kirsch (Zentr.) theilt die Bedenken des Justiz - Ministers gegen den Antrag und bemängelt die Formulierung des Antrags. Er möchte vorschlagen, den Gegenstand an die Kommisitoa zurücEzuver- weisen, wenn Aussicht vorhanden sei, daß dort eine entsprechende Fassung gefunden werden fönne, welche den guten Absichten des Antragstellers gerecht werde. :

Abg. Schmieding (nl.) macht darauf aufmerksam, daß nur \or- male Bedenken gegen den Antrag geltend gemacht seien, und führt als Beispiel an, daß ein Mitzlied dieses Hauses als Landrichter 5700 F Gehalt gehabt hätte, bei seiner Beförderung zum Landgerichts- Direktor aber auf 4800 A zurückgeseßt worden }ef. Ein solcher Zus stand sei auf die Dauer niht aufrecht zu erhalten. Der Antrag Beleitcs sei bescheiden genug, er wolle den beförderten Richtern rur dasfelbe Gehalt geben, das die mit ihnen im Dienstalier gleichstehen- den Richter erhalten. In der Instanz des Herrenhauses lass: fih immer noch eine bessere redaktionelle Fassung finden. E

Justiz-Minister Schönstedt: In dem angeführten Fall ift der betre sende Herr nur deshalb so spät befördert worden, weil ex vorher eine Beförderung immer abgelehnt hat. Der Herr ist {hon dreî Fahre Landgericht2-Direktor und ‘hat bereits ein solhes Gehalt, daß er dur diese Vorlage nicht geschädigt wird, Wenn ih mich wegen dieser Persönlichkeit im Irrthum befinde und es sich um einen anderen Herrn im Rheinland handelt, so liegt auch bei diesem die Sache ähnlich, denn auc) dieser is bereits zwei Jahre Landgerichts- Direkter. E :

Hierauf nimmt der Finanz-Minister Dr. von Miquel und nach diesem wiederum der Justiz - Minister Schönstedt das Wort. : : :

Nachdem dann Abg. Belcites nohmals für seinen Antrag eingetreten ist, wird leßterer abgelehnt und der Gesehs- entwurf unverändert angenommen.

(Schluß des Blattes.)

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