1897 / 77 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 31 Mar 1897 18:00:01 GMT) scan diff

E c E E E ea e L E Ea: A R E Ir: e R T E area R M LE E E E r E E i o L wae E L T cit p Pr e S “He i E, S, Cer] e: E p G E a p s S m - F E n

tem Me SAE N ar at eE l aba anm me E mitder U, anr gie abb M TD-- ma oi S Cir G T nte G Ct Bit R A T Vg E Ä Gm T G Ä E G G R S I I E T E v f - * E « N Z

des damaligen Dezernenten, wodurch dieser Herr in einer Weise charakterisiert wird, wie ih sie in seinem Interesse hier niht wieder- holen will. Ih kann noch hinzufügen, daß gerade Herr Geheimer Rath Horstmann jüngere Beamte des Ministeriums vor diesem Mann besonders gewarnt hat, der es mebr wie andere versteht, sich in zudringliher Weise Zugang zu höheren Amtsftellen zu ver- schaffen. Das ist also, meine Herren, die ganze Sachlage; und wenn der Herr Pfahl behauptet, daß er irgendwie durch einen persönlichen Einfluß im Justiz-Ministerium jemals einen Gnadenerweis, der sonst aus sachlihen Gründen niht geboten gewesen wäre, erzielt habe, so sagt er eine gröblihe Unwahrheit. Ich trete dafür ein , daß niemals derartige Dinge irgendwie vorgekommen find. Der Pfahl is empfangen, wie andere Personen auh, die man sich nit einzeln aussuchen kann, wie man will. Es kommen allerlei Leute; ih nehme selb Besuche zur Befürwortung von derartigen Gnadengesuchen entgegen. Den Pfahl habe ih niht empfangen, ih kenne ihn nit; er hat vielleiht niht darauf gerechnet, daß er von mir empfangen werden würde; jedenfalls habe ich nihcht den Vorzug gehabt, ihn kennen zu lernen. Ich glaube, wir müssen den Pfahl preisgeben, obgleich er von der Anschuldigung des Betruges frei» gesprochen ist aus wenigstens nach den Zeitungêéberihten nit erkennbaren Gründen.

Nun hat allerdings die Sache für die Presse auch dadurch ein eigenthümlihes Gesiht bekommen, daß nah - den vorliegenden Zeitungsberichten der Vertreter der Staatsanwaltschaft in den Ver- handlungen si in einer Weise ausgesprohen hat, die einigermaßen auffallend ist. Er hat gesagt: ja, der Mann hätte auffällige Be- gnadigungen herbeigeführt, und namentlich in diesem Falle müsse es in hohem Grade auffallen, daß die Begnadigung erfolgt sei, obgleich Ah die Staatsanwaltshaft dreimal gegen die Begnadigung geäußert habe; das sei mindestens frappant. Nun, meine Herren, der Staatéanwalt, der die Sache vertreten hat fein Name ist in den Zeitungen genannt —, ist noch ein junger Beamter; sonst würde ih ihm den Vorwurf nicht ersparen können, daß er Aeußerungen gethan hat in der Verhandlung, die uiht zur Sache gehörten, daß er Interna erwähnt hat, die in öffentliGer Verhandlung niht zur Sprache gebraht werden durften, daß er außerdem ein Urtheil über die Möglichkeit der Herbeiführung von Begnadigungen aus- gesprochen hat, das ‘er bei sorgfältiger Erwägung nicht ausgesprochen baben würde. Die Thatsachen waren ihm anscheinend nicht vollständig bekannt. Insbesondere hat er niht erwähnt, daß über das legte Gnaden- gesuch ein Bericht von der Staatsanwaltschast nicht erfordert war, und diese also auch nit in die Lage gekommen ist, eine abweichende Stellung einzunehmen. Meine Herren, auf diese Einzelheiten will ih niht näher eingehen; aber das Eine werden Sie mir be- stätigen, daß, wie ich hier den ganzen Verlauf der Dinge Ihnen dargelegt habe, jeder Schatten eines Ver- dahts weafällt, daß bei der Begnadigung dieser Leute andere als rein sahlihe Gesichtspunkte in Frage gekommen seien. :

Wenn in einigen Zeitungen die Behauptung aufgestellt worde ist, es wären noch einige andere auffällige Begnadigungen durch den Pfahl herbeigeführt worden, so fehlt mir zur Zeit das Material, um das nachprüfen zu können. Ich weiß niht, um welhe Fälle es sih hier handelt. Ich werde es aber festzustellen suchen und werde ‘auch diesen Dingen auf den Grund gehen. Jch bin überzeugt, daß sich dann dafür ebenso befriedigende Erklärungen finden werden, wie ih sie in diesem Fall nah meiner Meinung abgeben konnte.

Es sind noch andere Namen genannt. Es sind Beamte, ja es ist angeblih der Chef des Zivilkgbinets von dem Pfahl namentlich bezeihnet worden. Ih weiß nicht, welchen Zutritt der Mann dort gehabt hat; aber für meine Person habe ih die feste Uebezeugung, daß es dort init dem Manne nicht anders gegangen ist, wie in dem Justiz-Ministerium, daß er dort eben mit derjenigen Höflichkeit, die unseren preußishen Beamten eigen is (Heiterkeit), behandelt worden ist, und weiter nihts! (Bravo!)

Abg. Graf zu Limburg-Stirum (konj.): Daß bei der Gebalts- verbesserung ein solcher Fall vorgebraht worden, ist mir in hohem Grade bedenklih. Eine Erörterung ist mir daraus erklärlich, daß der Minister selbt Gelegenheit haben wollte, sich über die Sache aus- zusprehen. Er hatte wohl die Neigung, sich auf die Angriffe in den Zeitungen zu erklären. Meine Freunde meinen, daß man nicht so große Mittel ebrauchen darf, um gegen einen beliebigen as artifel vorzugehen. Wir sind überzeugt, daß es in unseren Behörden korrekt zugegangen ist. Welchen Eindruck muß es macher, wenn der Minister hier wegen eines folhen Artikels interpelliert wird ! Ich bin dagegen, daß der Minister die Gründe für eine Begnadigung dar- legt. Das kann dahin führen, daß in jedem Fall nah den Gründen geforsht wird.

Justiz-Minister Sch önstedt:

Meine Herren! Ich gebe dem Herrn Grafen zu Limburg-Stirum vollkommen zu, daß der erörterte Gegenstand an sich nicht hierher gehörte, und ich bin deshalb um so dankbarer gewesen, daß mir ge- stattet worden ift, ihn zur Sprache zu bringen, weil ih der Meinung bin, daß ein hohes politisches Interesse besteht, die Frage zu erörtern. (Widerspruch rets.)

Ich weiß nicht, ob Herr Graf zu Limburg-Stirum auf der Höhe der Preßäußerungen steht, die sh mit dem vorliegenden Falle be- \chäftigt haben.

Der gestrige Artikel der „National-Zeitung", eines Blattes, das doch zu den angesehenen Parteizeitungen gehört (Widerspruh und Heiterkeit rets), bringt unter der Ueberschrift „Gewerb8mäßige Be- schaffung von Begnadigungen“ eine Auslassung über diese Angelegen- heit, in der es heißt:

Für weitere Kreise ist die Frage, ob Pfahl \sich bei dem Be- triebe seines seltsamen Geschäfts Betrügereien gegen ein- zlne seiner Klienten hat zu \{chulden kommen lassen, ohne Interesse; von um so größerer Wichtigkeist aber ist, daß über diefen Geschäftsbetrieb Licht verbreitet, daß festgestellt werde, ob es in Preußen mögli ift, auf Hinter- treppen, durch ungerechtfertigte Einflüsse die Begnadigung von Leuten zu bewirken, die auf eine solche durhaus keinen Anspruch haben. Falls die Justizverwaltung nicht alsbald in der offizösen Prefse ausreihenden Aufshluß über die von der Hildesheimer Straf- kammer verhandelten Vorgänge giebt, wird die Angelegenheit wohl im Abgeordnetenhause zur Sprache gebraht werden.

Nuúün, meine Herren, ih habe es für wünshenswerther gehalten, die Frage hier fklarzustellen, als durch die offizióse Presse. Es liegt auch nicht nur dieser Zeitungsartikel vor, fondern auh der Bericht über die Strafkammerverhandlung, in dem die Namen genannt werden, die hier {hon erwähnt worden sind, Und

wenn - die - dritte Lesung des Jüstiz-Etats, wo die Angelegenheit ja zweifellos zur Sprache gekommen sein würde, hätte abgewartet werden sollen, wenn die Herren, die hier womöglih der Befstehlihkeit und noch \{chlimmerer Dinge beshuldigt werden, bis dahin hätten warten sollen, ohne daß ih für sie öffentlih eingetreten wäre, dann würde ih geglaubt haben, meine Pflicht zu verleßen. -

Nun bin ih mir sehr wohl bewußt, daß hier, wie ih {on früher ausgesprochen habe, niht über die Ausöbung des Begnadigungs- rechtes seitens der Krone zu diskutieren ist. Jh würde eine Diskussion jedes Mal ablehnen, wenn es sich darum handelte, zu rehtfertigen, warum Seine Majestät im Einzelfall einen Gnadenerlaß erlassen hat. Darum handelt es sih aber im vorliegenden Fall absolut niht (sehr richtig !), sondern hier sind Vorwürfe gegen die Justizverwaltung ge- macht, die, wie in den Zeitungsberihten gesagt ift, gegen dreifache Anträge der zuständigen Staatsanwaltschaft einen Gnadenertweis be- fürwortet hat. Der Justizverwaltung is der Vorwurf gemacht, daß sie aus unlauteren Beweggründen, die außerhalb der Sache lägen, Seiner Majestät ein Gnadengesuch vorgelegt und Seine Majestät getäusht habe, und meine Herren, da ist es die Pflicht des Chefs der Justizverwaltung, einem solchen Vorwurf - entgegenzutreten, sobald

er kann.

Vize - Präsident Dr. Krause erklärt, daß die Besprehung der Angelegenheit hier möglich sei, da es sich um den Etatstitel: „Unter- Staatssekretär“ handle.

Abg. Dr. Eckels: Ih würde die Erhöhung für den Unter- Staatssekretär des Justiz - Ministeriums abgelehnt haben, wenn mir niht Aufklärung über die Angelegenheit gegeben worden wäre. Es handelt sih niht um einen Zeitungsartikel, en um die Sache selbst, die noch immer weitere Kreise gezogen hätte, wenn ih sie nit heute zur Sprache gebracht hätte.

‘Die Gehaltserhöhung für den Unter-Staatssekretär des Justiz-Ministeriums wird gleichfalls bewilligt.

: ei dem Gehalt für den Staatskommissar bei der Ber- liner Börse erklärt

Abg. Im Walle, daß das Zentrum wohl für das Gehalt von 9900 M stimme, aber niht für die Funktionszulage bis zur Höhe von 5100 7

Das Haus beschließt gegen die Stimmen des Zentrums nah dem Kommissionsvorschlage.

Für den Direktor der Thierärztlihen Hochschule in Han- nover sind 6300 6 ausgeworfen.

Aba. Wallbrecht (nl.) beantragt , dafür 7500 4 einzusetzen, und begründet den Antrag mit der Bedeutung der Hochschule für die Landwirthschaft und damit, daß das beantragte Gehalt auch der Direktor der Landwirthschaftlichen Akademie in Poppelsdorf und der Direktor der Thierärztlihen HoWschule in Berlin beziehe.

Geheimer Ober-Finanz-Rath Belian bittet um Ablehnung des Antrags ; ter Direktor in Hannover beziehe noch einen Theil des Studiengeldes und habe freie Wohnung und Garten.

Der Antrag Wallbreht wird abgelehnt, der Kommissions- beshluß angenommen. Die Gehälter der Ober-Regierungs-Räthe, der Bergräthe,

Bauräthe u. \. w. sollen 4200 bis 7200, durchschnittlich

5700 é betragen. _Die Abgg. von der Acht (Zentr.) u. Gen. beantragen, dafür zu lagen 4200—6900, durchschnittlich 5550 M Abg. Gothein (fr. Vgg.) beantragt hierzu folgenden Vermerk :

„Der Berechnung der Besoldung der Regierungs-Räthe und der ihnen gleihstehenden Beamten anderer Kollegial- Verwaltungs8- behörden Ober-Bergämter, Eisenbahn-Direktionen, Provinzial- Steuerdirektionen, Konsistorien, General-Kommissionen, Ansiedlungs- Kommission wird ein Besoldungsdienstalter als Regierungs-Rath Ober-Bergrath, Konsistorial-Rath 2c. zu Grunde gelegt, das der Gesammtdienstdauer seit Ablegung des Staatseramens nah Abzug von zehn Jahren entspricht.“

__ Jn der Diskussion wird damit verbunden die Position für die Staatsanwalte, Landrichter und Amtsrichter, welche 3000 bis 6300, durhshnittlich 4650 M erhalten sollen.

Geheimer Ober-Finanz-Rath Belian erklärt sich gegen den zweiten Antrag, ebenso

_ Abg. Bart els (kons.), der auch den Antrag von der Acht be- kämpft und aus der historishen Entwickelung die Unterschiede ¿wischen den richterlihen und den Verwaltungsbeamten retfertigt.

Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Jch ergreife nur das Wort,“ um nohmals aus- drücklih zu betonen, daß wir hier vor ciner Kapitalfrage gegenüber der Stellung der Staatsregierung stehen, wie ich das im Auftrage des Staats-Ministeriums schon in der Kommission erklärt habe. Meine Herren, das würde an und für si, weil die Sache in der Kommission fo fehr auéführlih behandelt ist, der Bericht allen Herren vorliegt und Gründe und Gegengründe dort, möchte ih sagen, bis zum Uebermaß ausgetauscht sind, für mich genügen, wenn ih nicht den Wunsch hätte, verkehrten Auffassungen über die Stellung der Staatsregierung au hier ver der Oéffentlichkeit noch einmal bestimmt entgegenzutreten. Man hat hier ganz verkehrter Weise die Staatéregiezung lehnte das in vollem Maße mit der größten Enischiedenheit ab davon gesprochen, als wenn in der Stellung der Staatsregierung eine gewisse Begünstigung der Verwaltungébeamten auf Kosten der Justiz und der Justizbeamten liege. Dieser Gesichtspunkt liegt der Staatsregierung absolut fern. Sie hat die höchste A@tung und die tiefste Eirsicht an der großen Bedeutung des Richterstandes. Sie denkt gar r.iht daran, die eine oder die andere Beamtenklasse irgendwie vor den andern zu bevorzugen oder zurückzustellen. i

Ic muß nochmal mit zwei Worten darauf zurückkommen, daß die Haltung der Staatsregierung auh zu einer folhen Meinung in keiner Weise berechtigt. Es wäre das wirklich ein sehr s{chwerer Vorwurf, wenn er begründet wäre. Herr Abg. Bartels hat die Ge- chichte der Stellung der Provinzial- und Mittelbehörden in der Ver- waltung und in der Justiz, wie sie sich in Preußen historisch ent- wickelt hat, vollständig rihtig und zutreffend dargestellt. Jch kann mih darauf lediglich bezieben. Ich knüpfe an an das Jahr 1879. Damals kam eine neue Bebörden-Organisation der Justiz, welche den Charakter der Over-Landesgerihte als ‘einer Mittelbebörde in keiner Weise beseitigte. Die Justiz nahm dort den Verlauf und wurde gegenüber der Verwaltung in den Gehaltssäßen wesentlih begünstigt. Daß die Staatsregierung damals zustimmte, geschah wesentlich mit Rücksicht auf die Durchführung der neuen Justizordrung. Die Staatsregierung kat damals aber ausdrücklich von vorn- herein erklärt, daß sie diese Verschiedenheit in der Behandlung der Justizbeamten und der Verwaltungëbeamien nur als eine provisorishe ansehe, daß, sobald die Mittel vorhanden sein würden, auch die entsprehenden Konsequenzen für die Verwaltungsbeamten gezogen werden sollten. Meine Herren, seit der Zeit sind 18 Jahre verflossen und waren niemals die Mittel vorhanden, dies Versprechen zu erfüllen, Man muß den Verwaltungsbeamten rühmend nachsagen,

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daß sie diese lange Wartezeit geduldig ertragen haben. Endlich kommt nun die Zeit, wo dies Versprechen erfüllt werden kann, und da hält die Regierung sich geradezu für verpflihtet, nunmehr unter Fest, haltung der von jeher in Preußen bestehenden Organisation der Be, hôrden auh den Verwaltungsbeamten gerecht zu werden.

Meine Herren, daß es sih hiec niht um eine Finanzfrage han, delt, das liegt doch in den Anträgen. Im Gegentheil, die Staats, regierung fordert hier ja mehr, als die Anträge zugeftehen wollen, Es ift eine wichtige Frage der s\taatlihen Organisation unter An. knüpfung an die ganze Geschichte unserer Beamtenschaft. Meine Herren, niemand fordert für die Ober-Landesgerichts-Räthe mehr, Also materiell geshädigt werden diese Herren dadur, daß die Regierungs-Räthe ebensoviel bekommen, auch nicht.

Man hat si zurückgezogen auf den Idealië#mus, von dem vorher die beiden Herren Vorredner gesprohen haben. Kann diese Frage den Idealismus berühren ? Warum, nachdem wir die ganze lange Ges \hihte unserer Beamtenhierarhie vor uns haben, if es nun auf ein- mal eine Forderung des Idealismus und der Gerechtigkeit, daß die Ober-Landesgerichts:Räthe 300 4 mehr bekommen? Sie werden mir einwenden, daß die Ober-Landesgerihts-Rätbe avancierte Beamte sind, wenn sie in die Stellung kommen, daß sie meistens älter sind als eine Reihe von Mitgliedern der Regierung. Auf diese Verschiedenheit ift aber Rücksiht genommen. Das Minimalgehalt der Ober-Landes- gerihts-Räthe is ja erheblich höher als das Mirimalgehalt der Regierungs-Räthe. Die Ober-Landesgerihts-Räthe mit Rücksicht auf ihr höheres Alter, was vielleiht die Techniker, deren \ih Herr Gothein angenommen hat, ebenfogut für sih geltend machen könnten, rüdcken auf bis zum Maximum in 9 Jahren, während die Regierungs- Räthe in 15 Jahren erst aufrücken. Aljo diese Verschiedenheiten, die wirklih vorhanden sind, sind von der Staatsregierung in vollem Maße berüsihtigt; auch noch in anderer Beziehung. Meine Herren, wie könnten die Ober-Regierungs-Räthe sich beklagen in ihrer Ver- gleihung mit den Senats-Präsidenten ‘der Ober-Landes8gerihhte! Diese geben bis 11000 «A und die Ober-Regierungs-Räthe bis 7200 4 und bekommen nur eine Zulage von 900 (A als Funktionszulage. Da könnte man ebenso gut von der Zurückstellung der Verwaltung nun gegen die Justiz sprehen. . Wenn generell behauptet wird, daß die Staatsregierung die Justiz gegen die Verwaltung zurückstellt, so erinnere ih an das Verhältniß, wie es sich nunmehr gestaltet hat in der Stellung und dea Gehaltssäßen der Amtsrichter gegenüber den Landräthen. Meine Herren, es ist hier im Hause fast allgemein anerkannt, daß es berechtigt sein würde, mit Rücksicht auf die besonderen Ausgaben, die das Amt des Landraths mit \ich bringt, daß der Landraih etwas höher besoldet würde. Die Kommission hat aber nunmehr ten Landrichiern und Amtsrichtern ein Maximum von 6600 M zugestanden, und sie stehen nunmehr vellständig den Landräthen gleih. Da kann do also von einec Zurückseßung der Justiz nicht allein nicht gesprohen werden, viel eher mit viel größerem Rechte von einer Zurückstellung der Verwaltung. (Sehr rihtig! rechts.) Das läßt sich garnicht leugnen, daß der Landrath, der einen ganzen großen Kreis zu verwalten hat, in dieser Beziehung wirklih eine andere Stellung hat, wie der Amtêriter mit einem kleinen Bezirk bei allem Respekt vor der Bedeutung der richterlichen Thätigkeit. Diese Frage können Sie garniht auf eine ideale Frage, auf eine Frage der höheren Werthschäßung oder Geringshäßung der Verwaltung gegen die Justiz reduzieren, das ist vollständig unmöglich, und alle diese Versuche werden nit gelingen, au hoffentlich niht bei den Richtern.

Meine Herren, die Staatsregierung hat dem Beschluß der Kom- mission, das Maximalgehalt der Amtörichter auf 6600 #4 festzuseßen, zugestimmt, au aus parlamentarishen Gründen, nit aus zwingenden Gründen in der Sache, und obwohl sie sich bewußt war, daß daraus neue Schwierigkeiten entstehen fkönnten. Nun meine ich, wenn die Regierung hier den vielfah vorhandenen Wünschen des Landtags entgegengekommen ist, also um 300 mehr gegenüber der Regierungsvorlage, so könnte das Haus doch ebensowohl zufrieden sein und nicht eine Kapitalfrage aus der Frage machen, ob die Regierungs-Räthe das Maximum von 7200 # oder von 6900 A haben sollen. Einer der Herren Redner i glaube, es war der Herr Abg. Gothein hat das bayerishe „Gehaltssystem“ als von einem wahren Besten, von wahren Grundlagen ausgehend, gelobt. Ich halte ihn beim Wort. Meine Herren, da stehen die Meittelgerihte, die Ober-Landesgerihte und alle Mitglieder genau in demselben Rang und in demselben Gehalt wie die Mittelbehörden in der Verwaltung. (Hört! bört! rechts.) Ich habe nie gehört ih habe mi bei bayerishen Ministern erkundigt, und zwar bei sehr sahkundigen daß die Frage uur jemals dort aufgetaucht ist, ob darin eine Zurüstellung der Ober - Landesgerichts- Räthe läge; die Frage ecxistiert dort garniht. Die Frage ift hier ganz fünftlih hervorgeholt und entfianden aus dem eben bezeichneten biftorishen Vorgang, der dur besondere Umstände nit gleichzeitig die Verwaltungébeamten und die Richter aufgebessert wurden. Glauben Sie: wenn 1879 es möglih gewesen wäre, neben den Richtern auch die Verwaltungsbeamten gleichzeitig aufzubefsern, daß nur jemand daran gedacht hätte, die Regierungs-Räthe anders zu stellen als die Ober-Landesgerichts. Räthe? Der Gedanke würde gar- nit aufgetauht sein. Nur der Umstand, ‘daß die Verwaltungê- beamten haben auf diese Aufbesserung 18 Jahre warten müssen, der ihnen doch nicht zum Nachtheil gereichen darf, hat diese ganze Frage überhaupt erft erzeugt.

Meine Herren, ich bitte Sie dringend, im Interesse des Zustande- kommens dieser ganzen Vorlage, in diesem Punkte der Staats- regierung beizutreten und die entgegenstehenden Anträge ab- zulehnen. Mecine Herren, ih bin überzeugt, daß Sie au damit dem Richterstande ein sehr angenehmes Geschenk machen. Wenn die Vorlage fällt, so fällt auch die Aufbesserung der Gehalte der Richter, und daß das sehr bedauerlih sein würde, das brauche ih den Freunden der Richter in keiner Weise auseinanderzuseßeti. Die gute Meinung, das Verhältniß der Ober - Landesgerichts-Räthe zu den Regierungé-Räthen günstiger zu gestalten als die Regierungsvorlage, haben ja doch die Herren genügend bethätigt.

Fch kann daher nur sehr hoffen und dringend bitten, die Re- gierungsvorlage in diesem Punkte unverändert bestehen zu laffen. (Bravo! rets.)

Abg. Dr. Fartens (nl) erklärt sich für den Antrag Gothein.

Aba. Im Walle (Zentr.): Da wir die volle Gleichstellung der rihterlihen Beamten mit den Verwaltungsbeamten wegen des Wider-

spruhs der Regierung nicht erreichen können, wollen wir wenigstens Ém Vermittelungsvorshlag mit dem Antrag von der Acht machen,

e ehälter der Regierungsräthe herabseßen, um sie E wie e r zu nähern. Es En R

Justiz-Minister Schönstedt:

Meine Herren! Die Position 23 des Etats wird ja von keiner Seite angefohten. Ich habe mich meinerseits und vielleicht unterscheidet sich nur dadurch meine Auffassung von derjenigen des Herrn Finanz-Ministers außerordentlih gefreut, daß zwischen der Regierung und der Kommission des Abgeordnetenhauses eine Ver- ständigung dahin erzielt worden ist, daß das Höchstgehalt der Richter erster Instanz von den seitens der Regierung vorgeschlagenen 6300 M4 auf 6600 M erhöht worden is. Meine Herren, ich bin der Ansicht, daß durch diese Verständigung die billigerweise für die Justiz zu er- hebenden Ansprüche ihre Befriedigung gefunden haben, und ih bätte gewünsht und gehofft, daß der von dent Zentrum in die Plenar- berathung gebrachte Antrag, nunmehr das Höchstgehalt der Regierungs- Räthe auf 6900 A zu ermäßigen, gegenüber der Erklärung des Herrn Finanz-Ministers, daß ein solher Beschluß auf Annahme seitens der Königlichen Staatsregierung niht zu renen habe, zurückgezogen würde.

Meine Herren, ih erkenne ja vollständig an, daß dieser Antrag hervorgegangen ift aus einem Wohlwollen für die Richter und aus der angeblich idealen Auffassung, die die Herren Antragsteller vertreten wollen bezüglih des Verhältnisses zwischen Richtern und Verwaltungsbeamten. Nun , meine Herren, ich bin au. niht des Idealiêmus vollständig baar ; aber ich würde doch \{chon an und für sich Bedenken tragen, praktishen Idealismus zu treiben auf Kosten Anderer. Und darauf kommt es Hinaus, wenn die Ver- treter der rihterlihen Interessen jeßt vom idealen Standpunkt aus sagen wollen: gut, wir sind ja mit dem zufrieden, was uns bewilligt werden soll; aber unser Jdealismus erfordert, daß die Regierungs- Räthe dann \{lechter gestellt werden, als die Regierung sie stellen will.

Meine Herren, an und für sih widerstrebt es meiner Empfindung, irgend einer Kategorie von Beamten dasjenige zu entziehen oder zu beschränken, was jeitens der Staatsregierung für diese Kategorie angeboten worden ift.

Nun, meine Herren, wird ja immer wieder der Vergleich gezogen zwishen der Stellung der JIustiz-- und den Verwaltungsbehörden. Demgegenüber glaube ih, ohne neue Gründe vorbringen zu wollen denn die Sache ift ja hinlänglich ershöpft —, nur darauf himveisen zu sollen, daß ein solcher NVergleih immer mehr oder weniger hinkt. Unser Beamtenorganismus in Preußen ist ein sehr komplizierter. Nicht nah demselben Schema ist die Behördenordnuug eingerichtet in den verschiedenen Verwaltungszweigen, und es läßt sich absolut nicht der einen Behörde in der Justiz eine andere in der Verwaltung gegenüberstellen. Das Eine aber, glaube ih, wird auch von den Vertretern des Zentrums» antrags zugegeben werden müssen, daß die Regierungen, auch wenn sie für einzelne Geschäfte Behörden erster Instanz sind, doch in der Hauptsache, ebenso wie die Dber-Landesgerichte Behörden zweiter Instanz sind, Provinzialbehörden, und ih glaube nicht, daß es gelingen wird, in der sffentlihen Meinung für die Auffassung Propaganda zu machen, daß in der That die Regierungen nah ihrer ganzen Stellung in dem preußishen Behörden-Organismus eine niedrigere Stellung hätten als die Ober-Landesgerichte, ganz abgesehen von dem äußeren Gesichtspunkt, daß die Ober-Landesgerichte durchgehends einen größeren Bezirk umfassen. j

Nun, meine Herren, diejenigen von Ihnen, die sich von den idealen Gesichtspunkten leiten lassen wollen, haben zur Begründung ihres Standpunktes es doch niht vershmäht, . in der Kommission auf den nah ihrer Meinung zu großen Unterschied zwischen den Gehältern der Regierungs:-Räthe und der Richter erster Instanz hinzuweisen. Ich bin auf Seite 39 des Berichts einer Stelle begegnet, wo ein Ver- treter dieses Standpunkis gesagi hat, das Durchschnittsgehalt der Regierungs-Räthe übersteige das der Richter erster Instanz um mehr als 1000 4, und das sei zuviel. Ja, meine Herren, arithmetisch ist das garnicht zu bestreiten, aber für den Vergleich, den Sie ziehen, vollkommen werthlos. Denn wenn Sie einen Vergleich anstellen wollen, dann dürfen Sie nit den Umstand unberücksihtigt lassen, daß die Richter erster Instanz viel früßer in etatsmäßige Stellen hineinkommen, als die Mitglieder der Regierung. Wenn Sie also den maßgebenden Vergleich anstellen wollen, dann müssen Sie entweder bezüglich der richterlichen Beamten ausgehen von demjenigen Gehalt, was sie thatsählih be- ziehen zu dem Zeitpunkte, in dem ein gleichaltriger Assessor Ne- gierungs-Rath wird, oder aber, Sie müssen für die Regierungs-Räthe au diejenigen Jahre einbeziehen, in denen sie gehaltlos sind und nur mehr oder weniger erheblihe Diäten beziehen. Wenn Sie in dieser Weise den Vergleih anstellen, dann reduziert \sich bei dem Höchstgehalt der Richter von 6600 6 die Differenz des Durhschnittsgehalts auf etwa 550 bis 600 4; denn wir müssen nach den Erklärungen der Vertreter der allgemeinen Verwaltung, denen von keiner Seite wider- \prochen is, davon ausgeten und damit rechnen, daß in Zukunft die Ernennung von Regierungs-Räthen ers nah etwa zehnjährigem Affsessorat zu erreichen sein wird, während für unsere Richter die erste Anstellung nah etwa 5 Jahren erfolgt; die 5 dazwischen liegenden Jahre spielen aber eine ganz erheblihe Rolle.

Nun i} auch von Stimmungen gesprohen in den Richterkreisen, von einer großen Verbitterung, die in weiten Kreisen herrsche. Meine Herren, id bin doch nit auch so ohne alle Fühlung mit den juristishen Kreisen, und ich muß meinerseits sagen, was ih auch \{chon früher

mir ist von einer solhen Verbitterung nihts bekannt geworden, ih glaube vielmehr, daß der Herr Abg. Ehlers den rihtigen Standpunkt vertritt, der sch auf die ihm zugegangenen Briefe rihterliher Be- amten beruft, die dahin gehen: wir sind zufrieden mit der Regelung, nun laßt das Nörgeln. Ih glaube sogar, daß hier im Hause eine große Anzahl von Mitgliedern sich findet, die Briefe ähnlihen In- halts empfangen hat, aber niht damit herauskommen. (Dho!) Ih glaube, daß mündlich solhe Urtheile von - vielen Seiten gefällt werden, und wenn ich an die Möglichkeit denke, daß die sämmtlichen Betheiligten hier vereinigt werden könnten, um darüber ab- ¡ustimmen, was sie vorziehen: ob sie die Vorlage, so wie sie aus der Kommissionsvorlage hervorgegangen ist, annehmen, oder aber, falls niht die Gehälter der Regierungs-Räthe auf 6900 4A im Maximum herabgeseßt werden, sie ablehnen wollen, daß dann niht nur „die ESchwiegermutter“* des Herrn Abg. Rintelen (Heiterkeit), sondern auch dreiviertel sämmtlicher Richter sich für Annahme der Vorlage ent- heiden würden.

Aber in der einen Beziehung muß ih dem Herrn Finanz-

erklärt habe,

Minister durchaus zustimmen. Jh halte es für bedauerlih, daß der Frage bezüglih der Gehaltsdifferenz von 300 „A immer wieder eine so große Bedeutung hier beigelegt wird und daß dadurch vielleicht Unzu- friedenheit hervorgerufen wird. und Verstimmung in den Kreisen , die sonst kaum daran denken würden. Ih behaupte, und das ist meine feste Ueberzeugung, daß dem wahren Ansehen des Richterstandes die Ein- stellung dieser Agitation förderliher sein würde als ihre Fortseßung.

Aba. Gothein hält auch nah den Erklärungen der Minister seinen Antrag aufrecht, um die Ungleichheiten, die zu Ungunsten der

tehnischen Beamten beständen, zu beseitigen, und empfiehlt als Muster das bayerishe System.

Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Der Herr Abg. Gothein hat für sich und über mi einen großen Triumph gefeiert, indem er mir vorhielt, ih habe anerkannt, daß in Bayern ein wirklihes System herrshe. Es ist ja allerdings s{chwer, und deswegen durchaus verzeihlih, bei einem Redner Gâänsefüße herauszubören. (Heiterkeit.) Wenn ich von einem System in Bayern gesprochen, so habe ih von dem System in Anfühcungszeichen gesprochen und von nichts weiter. Wenn .nun aber der Herr Abg. Gothein, wie ich erfahre ih habe es nicht selbt gehört, es ift mir aber glaubwürdig berihtet —, gesagt hat, er kenne das bayerische System nicht gerade genau, so hat er wahrscheinlih etwas schr Wahres gesagt(Heiterkeit) ; denn wenn er es kennte, so würde er lange dazu gebrauchen, es genau zu erfassen (Heiterkeit) und, wenn er es erfaßt hätte, würde er si wahrscheinli überzeugen, daß viel größere Verschiedenartigkeiten, Ausnahmen, Regelwidrigkeiten in dem sogenannten bayerischen System vorhanden sind als in der gegenwärtigen Vorlage. Ich würde es mit Freuden begrüßen, wenn mir der Herr Abgeordnete einmal ge- legentlih darlegte, wenn auch nur privatim, was er unter- dem so- genannten bayerishen System versteht. (Heiterkeit.)

Der Vorschlag des Herrn Abg. Gothein ist ja gewiß für die Techniker sehr gut gemeint, er beruht aber rein auf einer Kasuistik. Es kann das mal für eine, es kann das mal gegen eine andere Beamtenkategorie ausshlagen. Derartige Differenzen und Verschicdenheiten ergeben si. in dem so verwidckelten System unserer Beamtenhiecarhie auch an vielen anderen Stellen. Nach Abschluß dieser Besoldungsverbesserungen wird es z. B. fast in allen Ressorts vorkommen können, daß ein jüngerer Beamter, -der vor der Ver- seßung die Besoldungszulage bekommt, mehr erhält, als ein älterer Beamter in derselben Kategorie; das läßt #ich niht ändern. Alle derartigen kasuistish mögliherweise vorkommenden Fälle kann man nicht treffen. Ist es nun richtig, den Kardinalgrundsaß unserer ganzen Besoldungsordnung, daß das Dienstalter datiert von dem Tage der Anstellung, hier in diesem einzigen Falle, weil möglicherweise eine Ungleihheit vorkommen kann, preiszugeben und an die Stelle desselben die zufällige Zeit, wo das Examen gemacht ist, zu seßen ? Wir haben ih habe das shon einmal hervorgehoben jede Härte, die aus der Einführung des Dienstalterszulage-Systems hervorgeht, mögli zu beseitigen gesucht. Wir haben namentli den Grundsaß angenommen, daß niemand beim Aufsteigen in eine höhere Katagorie infolge dieses Systems an seinem Gehalte etwas einbüßen darf. In der ersten Zeit, wo das Dienstalterssystem eingeführt wurde, bestand dieser Grundsay - niht. Da tröstete man die Beamten damit, daß sie, wenn sie in eine höhere Beamtenkategorie auf- steigen, die Aussicht hätten, demnächst ja ein höheres Gehalt zu bekommen als in der früheren Stellung. Heute haben wir vor- geschrieben: niemand darf durch Verseßung in eine höhere Kategorie zu irgend einer Zeit an seinem Gehalt einbüßen. Wenn nun hier die Gehälter gerade der technischen Beamten in ihrer, wenn ih den Aus- druck gebrauchen darf, Vorstellung vor ihrer Stellung in der Re- gierung bedeutend aufgebessert werden, so wird sih der ganze Zustand für die tehnishen Beamten in Zukunft weit günstiger stellen als bisher. Ich glaube also, wegen solcher kasuistishen Differenzen, die überhaupt nit zu vermeiden sind, diefe kardinalen Grundsäße unserer Verwaltung an einer so wichtigen Stelle zu durhbrehen, kann in keiner Weise rathsam sein. Ich bitte daher dringend, ten Antrag ab- zulehnen. (Bravo! rets.)

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Die historishen Reminiscenzen des Abg. Bartels sind nicht durchshlagend gegen die Gleichstellung der Richter mit den Verwaltungsbeamten; wir können nur nah Gründen urtheilen, die in der Gegenwart bestehen. Es handelt sih um zwei Beamtenklassen, die genau dieselbe Vorbildung haben. In der Kommission hat die Regierung überall da, wo eine organische Regelung vorgeschlagen wurde , versagt. Ein Theil meiner Freunde wird nach den Erklärungen der Minister, um nicht das Ganze zu gefährden, für die Kommissionsbeschlüsse stimmen, ein anderer Theil wird mit mir für den Antrag des Zentrums stimmen. Es handelt sich keineswegs um eine Dreihundert Mark-Frage, sondern um ein ideelles Opfer, das von den Richtern verlangt wird. Wir hoffén aber, daß später Gelegenheit sein wird, diese Ungerechtigkeit aus

der Welt zu \{chafen. i i Abg. Kirsch (Zentr.) will gerade nah den Erklärungen der

Regicrung an dem Prinzip der Gleichstelung der Richter mit den Verwaltungsbeamten festhalten.

Nach einigen weiteren Bemerkungen des Abg. Bartels wird die Debatte geschlossen.

Unter Ablehnung der Anträge von der Acht und Gothein werden die Kommissionsbeschlüsse durch das Haus angenommen ; es stimmen dafür die beiden konservativen Parteien und die Mehrheit der Nationalliberalen.

Um 41/5 Uhr wird die weitere Berathung auf Mittwoch 11 Uhr vertagt.

Verhandlungen des preuftischen Versicherungsbeiraths.

Der preußische Versicherungsbeirath trat vorgestern im Ministerium des Innern zu seiner ersten Sihung zusammen. Anwesend waren außer dem Vo1sißenden, Geheimen Ober-Regierungs-Rath und vor- tragenden Rath im Ministerium tes Innern von Knebel- Doeberig der Geheime Ober-Regierungs-Rath und vortragende Rath im Ministerium für are und Gewerbe Dr. Ullmann, der Geheime Ober-Regierungs-Rath und vortragende Rath im Ministerium für Landwirthschast u. f. w. Dr. Hermes und der Direktor des Statistishen Bureaus, Geheime Ober - Regierungs - Raxh Blenck. Von den 28 Mitgliedern des Beiraths fehlten nur vier.

Der Vorsizende begrüßte die Mitglieder im Namen der Ressort- Minister, dankte für zahlreiches Erscheinen und legte die Gründe dar, we!he zur Errichtung des V S E Era geführt haben. Die Geseßgebung habe weder in eutschland noch in Preußen mit der Entwickelung des Assekuranzwesens gleihen Schritt gehalten. Die preußishe Staatsregierung habe wiederholt in Erwägung gezogen, herrshende Mißstände durh eine entsprehende Gesep-

ebung zu beseitigen, habe aber von einem Vorgehen auf dem ege der Landesgeseßgebung einstweilen Abstand genommen, weil anzunehmen war, daß in nit zu langer Zeit die geseßliche Regelung

dieser Materie durch das Reich erfolgen werde. Reichsamt

Innern liege denn auch ein fertiger Entwurf zu n die Btl rechtlichen Fragen regelnden deutshen Reichs-Versicherungsgeset vor. Außerdem beabsichtige die Reichsregierung, auch die privatrehtliche Seite geseßlich zu regeln. Sollte troßdem ein Reichsgéseß nicht zu standekommen, fo würde Preußen nicht länger zögern, seinerseits mit dem Erlaß eines detaillierten Geseßes vorzugehen. Die preußishe Staatsregierung habe inzwishen auf dem Verwaltungswege Einrichtungen geschaffen, von denen sie hoffe, daß sie einer gedeihlihen Fortentwickelung des Versicherungswesens förderlih sein würden: die Anstellung von versiherungstechnisch gebildeten Beamten und die Eins seßung des Versiherungsbeiraths. Redner: legte sodann die Zwecke und Aufgaben des Versicherungsbeiraths näher dar, indem

. er zuglei der Hoffnung Ausdruck gab, daß die Berathungen dieser

Körperschaft von dauerndem Segen für das Versicherungswesen bes v er Direkt Gerkrath - Berl

eneral- Direktor Gerkrath - Berlin spra für die Direktoren der preußischen Versicherungsanstalten und r Dr. jur. Em- minghaus - Gotha für die Direktoren der außerpreußishen Ver- sicherungsanfstalten den Dank für die Errichtung des Versicherungs- beiraths und für das den Mitgliedern durch ihre Berufung erwiesene Beru e U, a4 inie E

ie Versammlung trat hierauf in die Berathung der Tagesordnun ein, stellte die im Entwurfe vorliegende Gesäftsordnang fest a s die Wahl von Ausschüssen für die vershiedenen Versicherungs- zweige vor. j

Es wurden sieben Ausschüsse gebildet und zwar:

1) für - Lebens-, Renten-, Militärdienst-, Aussteuer-, Arbeiter-, Volkê- und Kautionsversiherung, sowie für Sterbe-, Pensions-, Unter- \tüpungs-, Kranken- u. |. w. Kassen mit elf Mitgliedern;

2) für Unfall- und Haftpflichtversiherung mit vier Mitgliedern;

_3) für Feuerversiherung, sowie Verficherungen gegen Wasser- {äden und Einbruchsdiebstahl mit sieben Mitgliedern; __4) für Transport-, Glas-, Valoren- und Fahrradversiherung mit vier Mitgliedern;

5) für Viehversicherung mit zwei Mitgliedern;

6) für Hagelversichérung mit sechs Mitgliedern ;

7) für Rückversicherung mit. sechs Mitgliedern.

Gestern verhandelte der Versicherungébeiraih über die Frage der Zwelckmäßigkeit der Waldversicherung. Als Kommissar des Ministeriums für Landwirthschaft nahm an diesen Verhandlungen außer dem Geheimen Ober - Regierungs - Rath Dr. Hermes der Negierungs- und Forstrath Hausendorf theil. Direktor Springorum - Elberfeld erstattete über den Umfang, den das Waldversicherungsges{häft bereits angenommen hat, und über die bisher auf diesem Gebiet gemahten Erfahrungen eingehenden Bericht. Nah längerer D an der außer dem Vorsißenden der Geheime Ober - Regierungs - Rath Dr. Hermes, Geheime Ober-Regierungs-Rath Ble n ck, Regierungs- und rorstrath Hausendorf, Ober-Bürgermeister Brünin g und der Geheime Regierungs-Rath Kaßner sih betheiligten, kam man dahin überein, daß es verfrüht sein würde, über die vorliegende Frage be- stimmte Beschlüsse zu fassen. Direktor Springorum erklärte sich auf den Wunsch der Versammlung bereit, seinen heute erstatteten Be- richt zur Veröffentlihung zur Verfügung zu stellen.

Ueber die Frage der Zulässigkeit der Versicherung von Rohbauten nach steigendem Werth erstatteten Geheimer Re- gierungs-Rath Kaßner- Merseburg und General-Direktor Ribbeck- Breslau an der Hand der von ihnen ausgearbeiteten \{hriftlihen Gut- K Bericht. Der Beirath erklärte sich einstimmig für die Zu- lässigkeit der Versicherung von Rohbauten nah fteigendem Werth und hielt es nit für erforderli, für diese Versicherungsart bestimmte Modalitäten vorzuschreiben.

Sodann wurde über die Frage wegen Aenderung des Erlasses des Ministers des Innern vom 6. November 1893, betreffend die von den Lebens-Versiherungs-Gesellshaften aufzustellenden statistischen UVebersichten über die Versicherungen nah Provinzen, nah Höhe und Art, sowie über die Vertheilung nah Berufsgruppen berathen. Be- riht erstatteten Professor Dr. jur. Emminghaus- Gotha und General-Direktor Heyl - Berlin. Ersterer beantragte die Auf- hebung des Erlasses vom 6. November 1893 und Herr Heyl {loß ih dem an. Geheimer Ober-Regierungs-Rath Blen ck betonte den Nugzen dieser Statistik im Landeskulturinteresse und hielt sie au im eigenen Interesse der Gesellschaften für sehr praktis. Die Uebersicht der Vertheilung nah Provinzen müsse er dringend bitten beizubehalien, es wäre indessen zu erwägen, ob man diese Statistik stait alle 5 Jahre in Zwischenräumen von 10 Jahren einforden folle. Mit dem Wegfall der Uebersicht nach Berufsgruppen wolle er sich eventuell, wenn au ungern, einverstanden erklären. General-Direktor Gerfrath-Berlin, General-Direktor Dr. Amelung - Stettin und General-Direktor Sydow - Lübeck {lossen sich dem Antrage des Berichterstatters an. Nah einem Schlußwort der Berichterftatter beschloß dec Beirath einstimmig, si für eine gänzliche Aufhebung des Ministerial-Erlasses vom 6. November 1893 auszusprecen.

Kunst und Wissenschaft.

Die öffentliche Festsizung, welche die Königliche Akademie der Wissenschaften zur Feier des hundertjährigen Ge- burtstages Kaiser Wilhelms des Großen am 25. d. M. abhielt, wurde von dem vorsißenden Sekretar, Herrn Waldever, mit einer kurzen auf die Bedeutung des Tages hinweisenden Ansprache eröffnet. Die Festrede hielt L Len 3.

Der Redner hatte es sih zur Aufgabe gemacht, den Leben8gang des großen Kaisers im Zusammenhange mit der Entwickelung der deutshen Einheit im 19. Jahrhundert zu zeichnen. _Ausgebend von der Epoche des Baseler und des Tilsiter Friedens, in welcher Prinz Wilhelm zum Knaben und Jüngling heranwuchs, legte er dar, daß dieser von den Ideen, die in den Stürmen jener Zeiten und tin den Befreiungtkriegen ans Licht kamen, im wesentlichen unberührt gee blieben sei. Und so, führte Redner weiter aus, war der Prinz au in dem Zeitalter der Restauration bis zur Revolution bin nur von preußischen Traditionen geleitet. Diesen galt die unermüdliche ärbeit, welche er der Armce widmete, für die er aufwuhs und lebte; für fie trat er au seinem Königlichen Bruder entgegen, als dieser fih mit dein absoluten Staat in das stürmishe Meer der nationalen Politif hinauswagte. Die Revolution von 1848 hat dem Prinzen von Preußen zuerst - die Nothwendigkeit, sih den konstitutionellen Ideen zu nähern und die Hegemonie in Deutschland anzu- treben, fidtbar gemacht. Seitdem schieden sih die Wege der Brüder.

ber au dann noch hielt er au seiner Vergangenheit fest, an der spezifish preußischen Aufgabe, ein starkes Königthum und ein waffen» gewaltiges Heer zu behaupten. Auch in der liberalen Aera, die er mit ehrlihem Willen begann, behielt der Prinz-Regent und König dieses Hauptziel seiner Politik fest im Auge. Unter solchem Gesich:spunkt suchte der Redner die Armee-Reorganisation und den Konflikt mit der Kammer, den Kampf und die Verbindung mit der nationalen Idee, dem immer \türmisher einseßenden Verlangen der Nation nah ihrem Staate, sowie das Verhältniß des Königs zum Fürsten Bidmardck ver» tändlih zu machen. Daraus erklärte er ferner die Nöthigung für König

ilhelm, niht unter den liberalen Wortfühcern der deutschen Einheits- bewegung, sondern bei den altpreußischen Dres die Ratdgeder zu suhen, welhe mit ibm das neue Reich errichtet haben. Preußische Politik trieb er in der Frage um Sh eswig-Holstein und m Kriege von 1866; als preußisher König zog er no@ in den Krieg gegen Frankreich, und nur widerstrebend hat er die Kaiser« krone ea preußischen Citel juaelelt, Mit einem Hinblick auf die Kämpfe seit 1870 und auf die geistige Verbindung zwischen den

Arbeiten der Akademie und der Krone Hohenzollern |{loß die MNede.