1820 / 5 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 15 Jan 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Medicinshule zu Toulouse, die nur eine Lehranstalt des zweiten Ranges, keine Fakultät sey, nicht dur politische Ursachen , sondern durch die eigenmachiige Erhöhung des Honorars von Seiten der Profeßoren herbeigeführt worden.

Auch Büffons, Delilles und Winkelmanns Marmorbüsten läßt die Regierung verfertigen. Das Andenken des Kanzlers de l’Hopital, Boss uets und Pascals wird durch Bildséulen in Marmor

geehrt. :

Der neue Kriegsminister scheint auf die Waffe der Reiterei größere Aufmerksamkeit wenden zu olen, Ex bémüht sich die inländische Pferdezucht zu befördern.

Der Herzog von Bassano (Mare t) ist aus der Verbannung hieher zurückgekommen.

Herr Camille Jourdan, Abgeordneter zur Kam- mer, ist in Paris angekommen. Man hatte lange von diesem in allgemeiner Achtung stehenden Manne nichts gehört. /

Der Moniteur ist mit Reklamationen angefüllt. Herr von Argenson bestreitet die Erzählung des- selben, daß der Petitions - Aus\{chuß beschloßen habe, über die Kollektiv -Bittschriften keinen Bericht an die Kammer abzustatten; der Graf Beugnot berichtiget die Behauptung, als habe ein Bonapartischer Moment im Jahre 1814 ihm eine Bestellung aus Eiïiba über: bracht, und der Marquis de la Fayette nennt die Meinung, daß er an der Spie seiner Armee ausge: wandert und deshalb geächtet worden sey, Qu E digende Verwechselung des geächteten Pâtriotiomus mit der bewassneten Auswanderung, die er jederzeit für die Hauptursache des Unglückes der Revolution gehal:

ten habe. i Unter den vor einigen Tagen in der Kammer der Abgeordneten vorgetragenen Bittschriften pefand sich eine der Weinbauer zu Ay (einem der vorzüglichsten Champagnerwein- Orte), worin sie auf die Abschaffung der Tranksteuer antragen. Man sieht nicht eigentlich was fie wollen, weshalb die Kammer auch zur Tagesord- nung geschritten, doch scheint es, als ob sie die Steuer für eine Grundsteuer, nicht für eine Auflage auf den Ertrag gehalten, welches doch nur scheinbar.

Jn den Abhandlungen der Societät der Wißen- schaften zu Nancy von den Fahren 18i§ Meile ein Arzt, Herr v. Haldat, merkwürdige Nachrichten über die Behandlung gemüthsfkranker Personen in der Doórf: Gemeinde Bonnet im Maas - Departement an der Gränze der Champagne mit. Diese Gemeinde ist we- gen Heilung der Geisteskrankheiten \ chon seit dem uáten Fahrhunderte in Ruf; wahrscheinlich ist die Einrich- tung noch viel älter. Herr v. Haldat versichert zur Beschämung der meisten sehr wißenschaftlih geleites ten Jrranstalten, daß § der nach Bonnet gebrachten Kranken völlig geheilt zurückehren. Vieljähriger Wahn- wiz und ein hoher Grad von Wahnsinn werden in der Regel nicht behandelt. Nur ärztliche Hilfe und

der Gottesdienst, kein gewaltsames Mittel, werden an-.

gewendet. Auf die Theilnahme der Gemüthsfranken

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sen „ob das gelbe Fieber kontagiós sey?‘ Eine 15:

staltén zur Unterbrechung der Kommunikation , welche

am Gottesdienste scheint der vorzüglichste Werth gei |

legt zu werden. Benediktinermönche werden als die

Stifter der Anstalt genannt. Jn der Sitzung der hiefigen Akademie der Wißen: schaften hat Herr Devze eine Abhandlung vorgele:

jährige Praxis ‘zu St. Domingo, woselbst diese Krank: heit sporadish herrscht, und Erfahrungen , die er zu Philadelphia und an andern Orten der Vereinten Staaten während einiger Jahre gesammelt, haben ihn für die Meinung bestimmt, daß das gelbe Fieber zu seiner Entwickelung eigenthümlicher , flimatischer und lokaler Bedingungen bedürfe, und keinesweges kontas giós sey. Es entstehe niemals vermöge einer specifis shen Giftmaterie, die durch vermittelnve Körper wei: ter verbreitet werde, vielmehr fkönne es nur an dem eigentlichen Herde der Ansteckung und in Gegenden, wo ein solcher Herd seine schädlichen Ausdünstungen nach Art einer Epidemie verbreite , sich erzeugen, und fortpflanzen. Außerhalb dieser Derter theile es si | nicht mir; es vergehe an den Personen, die damit dez haftet sind, sie mögen sterben oder genesen. Jhre

Betten, Linnen, Kleider u. st. w. verbreiteten die Krank: |

heit nicht, woraus das Entbehrliche der großen Anz

die unglücklichen Kranken oft ihrem Schicksale hilflos

Preis gäben, folgen würde. (Jn Kadix kann man sich, | nah der Versicherung eines'inm Oppositionsblattenam- haft gemachten teutschen Arztes, schon dadurch vor } der Krankheit sichern, daß man das dritte Stockroerk |

des Hauses bezicht.) Kours der Renten 71 Fr. 55 Ct.

Washington, vom 10. November. Durch den Bericht , den der Ausschuß der Aftieninhaber der Na tionalbank über die Lage derselben erstattet hat, sind die Gemüther dieses Jnstitutes wegen wieder beruhic

get. Es ergiebt sich, baß die Bank durch Malversa-: tionen mehrer bei den Unterbanken angestellten Beam- |

ten Verluste erlitten, besonders sind hiedurch in Bal;

[4 j timore 1,700,000 Dollars verloren gegangen. Jndeß |

wird nah 14 Monaten, mit dem 1. Januar 1821, wie: derum eine Dividende von einem halbjährigen Zinsen- Belaufe bezahlt werden, und von da ab eine regel mäßige Vertheilung eintreten. Die Klagen der Spezial- Banken in den einzelnen Staaten, daß die Nationalbank ihnen das Geld entziehe, hat man grundlos befunden.

Warschau, vom 4. Januar. Unsre Zeitung vom H

25, v. M. enthält eine Bekanntmachung der Hypo: theken : Kommißion der Woywodschaft Masovien , wo0o:

durch fie die Termine zur Regulirung des Hypothe: | fenwesens der Grundstücke in den Kreisen Gostinin, Þ Orloro und Sochaczew im Laufe des Februars 1820}

zur Kenntnis der Jutereßenten bringt.

(Die Posensche Zeitung enthält die vollständige }

Bekanntmachung, und die specielle Anzeige der einzel»

nen Güter und einzelnen Tage, in welchen die Jn f

tereßenten sih melden müßen.)

Stuttgart, vom 5. Januar. Unter den für die Versammlung der Stände gewählten Repräsentan- ten bemerkt man den Stadtrath Zahn, den Dr. U hs land, den Dber-: Tribunalsrath Bolley, den Dr. Grisinger.

Der Staatsminister Graf v. Reisch a ch ist vom Ks-

nige zum lebenslänglihen Mitgliede der ersten Kammer ernannt worden.

S nlan-d.

Elberfelde, vom 5. Janüar. Ueber den Ein-

sturz der Brücke zu Herdekte enthält unsre Zeitung die amtliche Anzeige, daß die vier andern Bogen der Brücke und alle Pfeiler dem äuseren Ansehen nah unversehrt sind. Der Verlust würde daher von keinec großen Bedeutung seyn, wenn nicht der treffliche Bau- meistèr und seine braven 8 (nicht 12) Gehilfen auf so bedauernswerthe Weise mitten in ihrem Berufe den Æod gefunden. Den Baumeister trift kein Vorwurf ; feine Arbeiten sind vor der kundigsten Prüfung be- standen, wie die ganze Gegend Zeuge seiner außeror- dentlichen Thätigkeit und Sorgfalt war.

Et Gt Dir ria Dae V E S L E B S E S T I R 0A B S E G Et; E E E R V E E s H qs.) Ht v O INE As H R M A L R unt

Ueber die Entstehung der Tagegelder auf

den Jülih-Bergshen Landtagen. (Schluß.)

Wenn daher die Abgeordneten aus den reichsten Leuten der Nation bestehen, welche die Dinge nach ihrem persönlichen Juntereße, mithin zugleich im Jn- tereße der Nation beurtheilen , welches dasselbe ist, so fann man auch behaupten, daß jede Gegen-:Revolu- tion unmöglich sey, weil sie gegen das Întereße der reichen Leute if, die in- der Kammer sizen. Es müßte sich eine zweite Repräsentation bilden, und das ist unmöglich, weil jede bestehende organische Form die Bildung einer andern aus denselben Élementen verhin- dert. Man sagt deshalb nicht zuviel, wenn man be- hauptet , die Ruhe des Landes beruhe darauf, daß die Kammer aus den reichsten Leuten von Frankreich be- stehe. An diesen Grundsaß wird man auch keine Hand Tegen, indem man die Wahlvorschriften ändert. Es ist eben dasjenige, was Möser sagte „, daß der Staat eine Gesellschaft von Aktionairs sey, in der die größ- ten auch immer der Natur der Sache nach am mei- ften zu sagen haben.“ Diese sind dur die- Bande der Industrie des Eigenthums und der Familie an den Staat und die bürgerliche Ordnung am engsten geknüpft. Warum sollen aber die andern Blirger von dem Wahlrechte und der Wählbarkeit ausgeschloßen werden? Man verfällt in einen Jrrthum, wenn man daraus, daß jeder gleihe Ansprüche auf Sicherheit sei- ner Person und seines Eigenthumes habe, schließen wollte, daß jeder auch auf gleiche Weise an den ver: schiedenen Verrichtungen des gesellschaftlichen Lebens Untheil nehmen müße, und daß alle auf gleiche Weise hiezu berechtiget seyen. Durch die Frauen , Kinder, Gesinde werden von 30 Mill, schon § in Schushörige verwandelt, und nur unter 5 Mill. hat man die Aus- wahl für die Verrichtungen des bürgerlichen Lebens. Hiebei kommt nun alles darauf an, daß man die Li- sten der Auswählenden und die Listen der Auszuwäh- Lenden richtig verfertige, damit man überall zu den verschiedenen Aemtern die Tüchtigsten erlange. So hat man eine Liste von 120,000 Personen angefertigt, um die Abgeordneten in die Kammer zu wählen (elec- teurs), eine andre von 20,000 Wählbaren (eligzbles) um Abgeordneter zu werden. Behufs der Geschwor- uen wird wieder eine andre Liske verfertigt ; für die Wahlen der Gemeinderäthe noch eine andre, immer um die Tüchtigsten für das Geschäft zu finden, das die Leute vertvalten sollen.

Im Anfange der Revolution beging man, von dem misverstandenem Begriffe der Gleichheit geleitet, den unseligen Jrrthum, alle Bürger ohne Unterschied zu berufen, und es is leider erinnerlih, in welche schlechte und ungeschickte Hände die éffentlihen Geschäfte ge- spielt wurden. Was die politischen Talente betrift, welcher eine landständische Versammlung nicht entbehz ren fann, so sind sie in jedem Lande selten, unb werden eben deshalb von der Gesellschaft überall hoh bezahlt. Burke, Pitt, Fox, Sheridan waren nicht reich ; aber solche Talente kommen jederzeit in die Repráä- sentation, weil sie fein beßeres Geschäft treiben kön: nen. Die Opposition in England ließ den unvermsö- genden Sheridan, deßen politisches Talent sie feü- her erkannt hatte, in Oxford skudiren, und die Mi:

.Visterialparthei war es, die ihn nachmals ins Parla-

ment einführte, weil auch fie. sein großes. Talent in Erfahrung gebraht; woraus. wir nur haben herlei: ten wollen, daß wir bei dem Grundsatze: die Meistde-

güterten zu Abgeordneten des Landes zu wählen, nicht besorgen dürfen, der großen Talente verlustig zu gehn.

Allein viele Leute haben von ihren politischen Ta- lenten eine größere Meinung als billig, so wie andere sih deswegen irriger Weise für tapfere Republikaner halten, weil sie den Muth besißen, eine Zeitung zu lesen, in der auf die Regierung gescholten wird.

Da wird es nun freilih sehr zweifelhaft seyn, ob die Opposition oder das Ministerium sich sehr viel Mühe geben werden, diese in die Kammer der Ge- meinen einzuführen.

Kehren wir am Ende wieder zum Anfange zurü, so müßen wir gestehen, daß es in den Her;ogthümern Berg und Jülich noch viel shlehter würde hergegan- gen seyn, wenn die Landstände aus kleinen und schoas- chen Gutsbesigern bestanden hätten. Jun diesen wäre gar kein Nachhalt gewesen, und obgleich auch die gro- ßen zu shwach waren, der Macht zu widerstehen , die

| “ein kleiner Hof auf seine nächste Umgebung übt, wenn

ein Fürjt wie Johann Wilhelm regiert, der mit einem großen Talente einen festen und eigenwilligen Karakter und eine große Prachtliebe verbindet : so gelang es ihnen doch, daß ste bei seinem Tode die Abschaf- fung des indireîten Abgabesystemes durchsesten, #0 unter dem Namen von Accise und Licent von 1700 bis 1716 îin beiden Herzogthümern bestanden und deßen Säbe bei weitem höher waren, wie die des in:

direkten Steuersystems, so seit 1818 in diesen Ländern eingeführt worden.

Wißenschaftliche Nachrichten.

1. Friedrich Nifkolai’s Leben und litterarischer Nachlaß, herausgegeben von v. Göckingk. Berlin in der Nifkolaischen Buchhandlung.

2. Das Leben des Profeßor Christian Jakob Kraus, aus den Mittheilungen seiner Freunde und aus seinen Briefen dargestellt von Johannes Voigt, Profeßor und Direktor des geheimen Archives zu Königsberg. (In der Universitätsbuchhandlung daselbst.)

Biographische Nachrichten über zwei Männer, die beide wohl verdient um das Vaterland, beide, wiewol auf ganz verschiedenem Wege, und von ganz verschie- denem Wesen, zu demselben Ziele wirkend, ihrem Na- men ein dauerndes Denfkmal und den Nachkommen ehrwürdige Vorbilder der Nachahmung hinterlaßen ha- ben. Nikolai, ein wohlgeordneter, gründlicher Kopf, ein tüchtiger Geschäftsmann, ein guter Bürger, ein Sreund der Wahrheit, ein Beförderer alles Guten, sonach zwar ein Weltweiser, aber in der Gelehrsam- keit, wie Kraus es nannte, ein Freibeuter, tein Phi- losoph, der dem Metaphysiker in die Tiefe seiner Una- tersuchungen oder in die Höhe seiner Betrachtungen zu folgen vermocht hätte; daher sein vergeblicher Zwist mit Kant, der eigentlih nicht begreifen konnte, was Nikolai an ihm suche, und deshalb in das Misver-. ständnis gerieth, daß er blos, um Geld an den Ver: lagsartifeln zu gewinnen, Bücher schreibe. Kraus, einer der geist - und fenntnisreihsten Gelehrten un- serer Zeit, von Kant mit Kepler verglichen, ein un- üÜbertrefflicher Kopf, der zwar nur für die Wißenschaft und in der Wißenschaft, aber so praktisch lebte, daß er sie siets oder am liedsten auf die Erscheinungen dec Außenwelt bezogz daß er, wohin er seine Forschungen richtete, Land zu erobern sucte für die Kraft und den Fleiß seiner Mitbürger, daher auch in späteren Jahren eine Abneigung gegen die spekulative Philoso-