1820 / 9 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 29 Jan 1820 18:00:01 GMT) scan diff

€snigl. Rescript hat die Kammer zur Berathung über }

‘eine ‘provisorische ‘Geschästordnunmg ‘in ‘einein aus ‘€60: -nigl. Kommißgarien und Mitgliedern beider Kammern bestehenden Ausschuße ‘aufgefodert. In der heutigen ‘Sizuna mard die vom-Abgeordneten Uhland wverfaßsite Dank-Addreße genehmigt. Sie lautet fo: ¡e Ero #0: -nigl. Majestät ‘haben bei Eröfnung dec Siändever- ammlung Worte gesprochen, von Tenen des Herz ftch ergriffen fühlt. Das Wohl des Landes soll be: rathen werden zwischen dem Fürsten und den Vertre- térn des Volkes, ‘nach alter Sitte, traulih, freund: Lich in Vertrauen und Liebe, Liebe und Vertéauen, 4oahr-und unerschütterlich, das find die Grundsäte, mit denen ‘wir die Hand Ew. €önigl. Majestät berührt ha: hen. Kräftiger Eifer, strenger Ernst, das sind die Ver: vsichtungen, mit denen das Bolk uns entlaßen hat. Aus allen Theilen des Landes versammelt, tönnen wir Zeugnis geben, wie das Fest der hergesteuien Ber: faßung gefeiert wurde. Es ijt gefeiert wordên mit dankbarer Anerkennung der hohheczigen Enischiießun: gen Ew. königl. Majejikät, mit inuigster Freude Uder das neu ‘begründete Einverständnis, mit dem dängen- den Wunsche, daß diese Verfaßung Heilkraft bdewáäh- ren möge für die Leiden der Zeit. Sparsamfteit in allen Sweigen der Staatsverwaltung soll em Haupt- Grundfag der Regierung feynz auch ties find Worte, die wir aus dem Munde des Königes vernommen haben, der mit eigenem Beispiel voranging. Wir ver: trauen, daß diefer Grunbsas feine Wirkung nit ver: fehlen werde, wenn nur erf mit allseitiger Treue und Unbefangenheit die Gründe des Uebels und die Quel: len möglicher Heilung erforscht find. Die Gefegent- würfe und Anträge, die uns durch die Minister Eo. £öónigl. Majestät zukommen sollen, werden wir bera- then, eingeden® unseres auf das unzectrennliche Wohl von König und Vaterland geschwornen Eides. Unsere Geschäftordnung werden wir bearbeiten, als Mittel zum gemeinschaftlichen Zwecke. Ve itätigung deßen, was die Verfaßungsurkunde verhieß, ist uns Bürgschaft, daß die Focm der Verfaßung, wte ste vor uns liegt, zu wahrem und wirfliem Leben gedeihen solle. Mie solchen Vorsägen und Gesinnun: ‘gen begimzen roir unfer s{wieriges Tagewertk. Geru- hen Ew. königl. Maiestít den Ausdruck derselben huld: rei aufzunehmen.“

Braunschweig, vom t9. Januar. Man erfährt hier, daß die Stände des Herzogthums heut die neue Berfaßungs : Urkunde einmürhig angenommen und un- terschrieben haden. Der Entwurf wurde ihnen im Dkte-

ber des vorigen Jahres von der Regierung vorgelegt. 18 Mitglieder der in altherkömmlicher Weise zusammcen- getretenen Stände haben einÒn Ausschuß gebildet, um den Entwurf zu prüfen und über etwanige Abänderun- gen mit der Regierung zu unterhandeln. Jn det leh- ten Hälfte des vorigen Monates war diese, durch weh: selseitiges Zutrauen und Nachgeben gefördertè Arbeit der Kommißion vollendet, und die zur Annahme zu- sammengerufene Landschaft hat feine einzige Bemerkung dagegen aufzustellen gefunden. Die Publikation wird

nächstens erfolgen.

Die erneuerte WVe- ,

% nan d.

Potsdam, vom 27. Januar. Die Fortschritte, welche der Landbau unter der wohlthätigen Einwir: fung der Dienstaufhebungen und Eigenthumsverleis hungen in unserm Regierungs-Departement gemacht hat, erwect große Freude. Da wo die Eigenchümer durh Grundstüe entshädiget worden, set si an mehren Orten auch gegenwärtig schon die ganze Ge- meinde auseinander. Anfangs erwartete man diefes nur von den Luchdörfern, weil diese sich Hütungskop-

peln anlegen fónnenz jest wird man gewahr, daß die

Gemeinden in mehren Gegenden über dergleichen Ne- bensachen hinweg sind. Selbst die Meinung, daß bei einer speciellen Auseinandersezung die Grundftücke an- einanderhangend angewiesen werden müßten, ist wider: legtz denn an vielen Ortea macht man gar keine Schwierigkeit, das Land auf zwei abgesonderten Stel- len anzunehmen. Die Verbeßerungen durch Verle: gung der Wege, Ziehung und Vertiefung der Graben, Éntwäßerung, Reinigung der Aeccker von Steinen, Eins Hegung, besonders Vertauschung der Erdarten find fast allgemein. Mit Aufhebung ver Gemeinheiten vers schwindet auch schon das viele und shlechte Zugvieh 5 aa mehren Orten sieht man ftatt der kleinen Gras- Vferde starte Stallpferde.

Sehr wohlthätig auf den inneren Verkehr wirkt die neue Zoll - und Verbraucßsteuer- Ordnung. Der redliche Gewerbtreibende wünscht nur, daß es der Wachsamkeit der Behörden gelingen möge, den Schleich- handel, besonders an den Unhaltschen Gränzen zu zerstören, wozu indeß die im verfloßenen Jahre gèsame melten Erfahxungen gewiß werden benußt werden.

Merseburg, vom 25. Januar. Jn unserm Re- gierungs : Departement im Dorfe Groß - Thiemig lebt ein Einwohner, Lange, der, in seinem 11tien Lebens- jahre von Gichtschmerzen gelähmt, 18 Jahre das Bette nic verlagen fonnte, seitdem aber 25 Jahre lang in einem vierrádrigen Karren umherfährt, und die Dorftinder, die er durch eine freundliche und sromme Weise sehr an sich zieht, um sih versammelt und uns terrichtet. Auch den Erwachsenen theilt er gern seine Kenniniße mit, deren er mehr besi6t, als die meisten seines Standes. Ein Beinburh deim Umschlagen seis nès Karren hat seinen hiiflosen Zustand noch er- shwert. Er trägt ihn mit heitrer Ergebung, und sucht fich mehr und mehr geistig auszubilden, indeß èr durch den Unterricht der Jungen und ¿llten seinen lebendizèn Hang zu einer nüßlicben Thätigkeit befrie= digt. Die Wohlthätigkeit der Dorf: Einwohner und eine monatliche Pension von 2 Rthl., die sein voriger Landesherr ihm früher bewilligt hatte und auch nah der Trennung des Herzogthums Sachsen mit der Aeu- serung „, daß nicht der König, foadern der Christ ste gegeben ,"“ fortzahlen läst, haben ihn bisher unter- halten. Unseres Königs Majestät, durch die Re- gierung von ihm unterrichtet, haben durch die Be- willigung einer monatlichen Pension von 5 Nthl. sein zunehmendes Alter erleichtert.

E Ins

Statistishe Notizen vom Preußischen Staate. Aus amtlichen im Laufe des Fahres 1819 eingegangenen Naa ch:

richten. '

Gegen Ende des Jahres 1818 ward eine Uebersicht der Bodenflähe und Bevölkerung des Preußischén Staates aus amtlichen Nachrichten bekannt gelnacht, wonach derselbe, mit Ausschluß dés Fürstenthumes Neuburg, 5014155 geographishe Quadratmeilen odér 107,165,700 Morgen zu 180 Rheinländischeèn Quga- drarruthen, und mit Einschluß des sämmtlichen Mili: tairs 10,572,845 Einwohner enthielt.

Die Bodenfläche is seitdem unverändert geblieben, denn was in den Begränzungen, die erst im Jahre

¿818 und 1819 berichtigt wörden sind, noch Nerändec

rungen erlitt, war bei Berehnung derselden schon be- | wurde berücksichtigt. |

fannt oder vorherzusehen, und Génauer ermittelt is inzwischen der Flächeninhalt der großén stehenden Gewäßer. Zu dem furischen, fris ¡hen und großen Haf, und den übrigen Seen längs der Ostseetüste, deren Öberflächen s{chon auf 64x5s O uadratmeilen berechnet waren, treten noch hinzu die großen Landseen, sämmtliche große Staates 102755 2,202,441 Morgen, folglich wenig über 7s der ganzen Oberfläche desselben enthalten. i (C Fortsegung in der Beilage, ) Beilage.

stehende Gewäßer des Preußischen

7 | î

mit 3172; Quadratmeilen, so daß |

geographishè Quadratmeilen oder

S. t. 1.4. &4.f

zum 9ten Stücke der Allgemeinen Preußischen

Staats-Zeitung,

vom 29stten Januar 1820.

(Fortseßung.)

Statistishe Notizen 2c. : 10,572,845 Einw.

Die Bevölkerung von . . « ist durch eine polizeiliche Zählung zu Ende des Jahres 1817 ermittelt. Die Rückehr der Truppen aus Frankreich hat nichts daran verändert ; denn diese waren bereits mit in Zählung begrif- fen. Wohl aber ist die Volkszahl der Städte Peißern, Slupce und Volkmarsen noch davon abzuzie- hen, die erst im Laufe 1818 von dem Preußischen Staate wieder getrennt wurden. «Miê: Deträgt 7 e: ae

und es bleiben nah deren Abzug

Hiezu kommt dagegen die Bevölkerung der Aemter Heringen undKelbra, deren Verwaltung erst im April 1819, nachdem die Schwarzburgschen Rechte darauf erfauft worden, an Preußische Behörden überging, mit. . + + 9,652 -

wodurch die Volkszahl steigt auf . 10,575,575 Einw. Es find ferner im Laufe des Jahres 18218 im Preußischen Staate gebo- N e e O 069 dagegen nur gestorben . . 512,925

also eine Vermehrung von . . durch den Uebershuß der Geburten Über die Todesfälle entstanden. Endlich ergeben die polizeilichen Zäh- lungen, welche am Ende des Jahres 1818 angestellt worden, noch außer- dem einen Zuwachs von. + + + indem sie, mit Berücksichtigung der vorgedachten spätern Erwerbung, über-

haupt eine Volkszahl von « ch+ + nachweifen.

Dieser leßte Zuwachs kann nur durch einen Ue- berschuß der Einwanderungen über die Auswanderun- gen entstanden seyn. Zwar ist keine polizeiliche Zäh- lung eines großen Landes ohne Fehler, unter der Menge von Menschen, welche dabei mitwirken müßen, sind unvermeidlich auch Nachläßige und Tráge, und die sorgfältigsten Vorschriften sind unzureichend, alle Dop-: pelzählungen oder Auslaßungen einzelner Personen zu hindern. Verhütet angemeßne Aufsicht indeßen grobe Fehler, schont eine billige Verwaltung den guten Wil: len, der unter allzuängstlichen Kontrollen schwindet, und liegt in der Verfaßung selbst keine Versuchung zu absichtlich falschen Angaben: so ist mir hoher Wahr: scheinlichkeit anzunehmen , daß die zufälligen Fehler im Mehr und Minder sich ziemlih ausgleichen, und die Hauptsumraen doch nur wenig von der Wahr- heit abweichen. Auf jeden Fall können die Personen- Steuer, die Militairpflichtigkeit und die Neigung, stch der polizeilichen Aufsicht zu entziehn, nur allzunie- drige Angaben der Volkszahl veranlaßen.

Das Auswandern oder Zuziehn ganzer Familien mit ihrer häuslichen Einrichtung, so viel Aufsehn es auch mat, und so viel Beachtung es auch sonst ver: dienen mag, mindert oder mehrt die Volksmaße eines großen Staates im Ganzen kaum merklich. Tausend Emigrantenfamilien, deren Zug alle Zeitungen erfüllt, geben endlich einen Zuwachs oder eine Abnahme von fünftausend Menschen. Ganz anders aber verhält es fih mit den Wanderungen der jungen Leute, die ihren Geburtsort verlaßen, um Unterkommen und Erwerb zu fuchen.

Der junge Mann in den gebildeten Ständen ver- läßt das väterliche Haus, um im Staatsdienste, beim

7,120 - 10,565,725 Einw.

59,071 2

10,800,112 Einw.

Handel, bei der Landwirthschaft, oder auch durch Wißen- schaft und Kunst, erst Bildung, dann Erwerb, endlich eine feste Niederlaßung zu finden. Der Handwerker wandert. Der Kriegsdienst führt viele Bürger- und Bauern - Söhne in entfernte Länder. Selbst auf das zweite Geschlecht, so sehr es in häuslicher Eingezo- genheit lebt, wirken diese Wanderungen. Bald führt ein Fremder die auswärts gefundne Braut in seine Heimath, bald holt der Jnheimische seine Geliebte das fremde Land nach, worin er eine Nahrungstelle gefunden hät. Endlich ist in beiden Geschlechtern die Anzahl derer höchst beträchtlich, welche Gesindedienste auswärts, besonders in großen Städien suchen. Nur allein nah Berlin kamen im Jahre 1819 nicht wenis ger als 1042 männliche und 1728 weibliche Personen, um ihre Dienske als Hausgesinde anzubieten.

Allerdings kehren viele junge Leute in ihren Ge- burtsort zurück, nachdem sie einige Jahre sich in der Welt versucht haben ; andre verwe{seln nur den Wohn- ort, nicht das Vaterland: aber gering ist die Zahl des rer keinesweges, welche die Heimath gänzlich verlaßèn, und zwischen den verschiednen teutschen Staaten wer- den diese gegenseitigen Auswanderungen durch Gleichz- heit der Sprachs und Sitten, und durch den geringen Umfang der meisten Staatsgebiete noch sehr erleichtert.

Ein Neuntheil der Nation besteht aus jungen Leux- ten zwischen 18 und 24 Jahren, Die Maße, welche solchergestalt in Teutschland ihr Glück versucht, bez trägt also über drei Millionen; und wenn nur ein Zehntheil davon die Herrschaft wechselt : so entsteht dar- aus ein Ab- und Zuziehn ‘von dreimalhunderttausend Menschen. Alle Staaten verlieren und gewinnen durch diesen Wechsel ohne Aufsehn. Das Ab- und Zuziehn der jungen Leute ist zu alltäglich, um aufzu- fallen. "Der Fremdling ist schon unmerklih eingebürz gert durch lange Dienste, Gewohnheit und Vertrauen, wenn er endlich in der neuen Heimath sich niederläßt. Nur die Volks¿ählungen bekunden, welches Land in diesem Austausche der Jugend gewinnt oder verliert. Wird auch die Neigung des Einzelnen, sich hier oder dort niederzulaßen, fast immer nur durch anscheinend zufällige und rein persönliche Privatverhältniße bec stimmt: so kann man sich doch nicht verhehlen , daß im Allgemeinen ein Uebergewicht an Leichtigkeit des Erwerbes und Sicherheit des Genußes da vorhanden seyn müße, wo fortdauernd ein Uebergewicht dieser freiz willigsten und danfvarsien aller Einwanderungen statt findet. Und ein solches Uebergewicht besteht seit lanz ger Zeit zu Gunsten des Preußischen Staates.

Wo solche Thatsachen sprechen, kann mit großer Unbefangenheir der Uebersicht des öffentlichen Fonds an Land und Leuten auch eine Uebersicht der öffentlichen Lasten beigefügt werden. So lange neben dem be- trächtlichen Uebershuße der Geburten Über die Sterbe- fälle auch noch ein ansehnliches Uebergewicht der freien und unbegünstigten Einwanderung über die Auswan- derung erscheint, können die Vortheile, welche der Staatsverband gewährt, noch nicht unverhältnißmäßig theuer erkauft werden.

Alle größeren Europäischen Staaten sind jest mit dreierlei Lasten beschroert: mit Schulden, wodurch eine unglücliche Vergangenheit einen Theil ihzes Auf- wandes der Nachwelt aufgebürdet hat, mit dem Un- terhalte kostbarer Vertheidigungsmittel für die Tage künftiger Gefahr und mit den Kosten der Verwal- tung und aller Anstalten, welche das Leben in seiner jezigen Gestalt von der öffentlichen Fürsorge fodert. Die Allgemeinheit dieser Lasten erweist ißre Nothwen- digkeit. Kein größerer Staat, welche Verfaßung er auch habe, hat sich von Schulden frei halten, oder