1820 / 24 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 21 Mar 1820 18:00:01 GMT) scan diff

diese Willkür eingeräumt worden, nux zwei Personen

in Verhaft gerathen wären, ein Beweis , mit welcher

Vorsicht, nur im Falle der äußersten Noth, die Ne- gierung fich der anvertrauten Gewalt bedient habe. Die Rede des Ministers der auswärtigen Angelegen:

heiten zeichnete sih durch dea béstimmten Karàkter

aus, mit dem er den Angriffen der linken Seite Trob bot, indèm er einräumte, die Regierung wödlle nichts als Willkür in diese Maasregel legen; Willkür müße, wenn sie Nugzen stiften solle, von allem Gésebmäßigen entkleidet seyn, und, als Willkür, offen zur Schau ge: tragen werden. Nus versteckte Willkür sey Tyrannei.

Unter den Rednern der linken Seite schien dieses: mal, wider Gewdhnheit, Herr B, Constant vorzüg: lichèn Eindruck zu machen. Herr von Corcelles, auch von der linken Seite, sprach mit düsterem Ün- muthe in so wenig angemeßenen Ausdrücken, daß auf den Ruf: zur Ordnung! selbs seine Freunde nur mit dèm Gefühle einer bitteren Erinnëèèung an erlittene mehr: jährige Proscription ihn zu êntschüldigèn vermochten. Die Redner der rechten Seite richteten die Blicke Frankreichs auf die jüngste blutigè Begebenheit. Jhr gemeinsames Thema schien, daß, wenn der Meuthel- Mörder des Herzoges von Berry auch nicht Mit: \uldige seiner ruclosen That habe, doch Mitschuldigè seiner Gesinnungen in nicht geringer Zahl vorhanden wären. Deshalb sey es in eiñem so gefahrvollen Au: gènblickde die heiligste Pflicht der Kammer, durch ein Ausnahme - Geseh dieser Art eine Wagenburg um die Xönigliche Familie zu bildeù.

Mán hat die Diskußion übér das Ganze des Gez: sebes geschloßen und is zu den Erörtèrungen Über dit einzelnen Artikel übergegangen, Jn der gestrigen Sizgung blieb man noch beim ersten Artikel stehn. Es sey hiebei schwer, erinnerten Einige, nicht auf die Er: Srterungen des gänzen Gesezes zurückzufkommen, roeil der erste Artikel das Geseg sey. Herr B. Constäntk bemerkte, daß et, s0 misfällig auth die Meinungen 144 linken Seite über diesen Gegenstand aufgendmmen zu seyn schienen, dôch keine bestimmten Verbëßerungen vorschlagen und nur dahin zu wirken suchen wolle, daß das Geseg so wenig schädlich werdê, als mögli Für diefen Zweck legte er dem Minister der auswárti- gen Angelegenheiten die Frage vor: db die vorzuneh-: mendèn Verhaftungen bekannt, und öb die Familie und Vertheidiger zu den Gefangenen gelaßen, dder ob sie in einsamer Haft gehalten werden würden? Er trug besonders an, daß nah Ablauf -der drei Monate mit gatizer Strenge darauf gehalten werden müße, die Verhafteten vor Gericht zu stellen. Herr Daus nou trug an, daß, um die moralische Verantwort: lichkeit aufrecht zu halten, der Verhaftbefehl nur von einem Minister, statt dreien, unterzéichnet werde, wie dieses bei allen königlichen Verordnungen statt? finde, die nur Ein Minister kontrasignire; wel- chem der Minister der auswärtigen Angelegenheiten entgegensegte, daß hier die Rede nicht von einer Ver: ardnung,. sondern von einer Willkür sey, welche dreien

q Ministern anvertraut werden solle.

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Fn der nächsten Sizung wird Herr Courvoisier die von ihm vors geschlagene Verbeßerung vertheidigen. Uebrigens ha- ben auch diese Diskußionen bestätiget, was ein poli: tischer Schriftsteller in einer eben erschienenen Flug: Schrift von unsern Rednern sägt: „Wir verstehen nichr, eine tüchtige Meinung zu haben und sie in einer eins fachen und männlihen Sprache zu erörtern. Wir müßen auf der Rednerbühne schlehterdings Bücher schreiben. Wir sehen die Fragen unter tausend ver: schiedenen Gesihipunkten, wie durch ein Prisma. Je mannichfacher die Ansichten sind, die ein Redner seinem Gegenstande abzugewinnen weiß, für desto ge: schickter wird er gehalten. Das nennen wir die Sa: hen ergründen. Wir vershwenden unsere Kraft an den Einzelheiten, statt mit unverwandtem Auge nur den Hauptpunkt aufzufaßen, und uns von diesem nicht ¿u entfernen. Das macht uns unfähig, den Neuerern und den Ränkestiftern Widerstand zu leisten, die nur Einen Gegenstand im Gesichte haben und auf ihr Ziel gerade losgehn. Wir theilen und zertheilen,

und verlieren dacüber das Ganze aus dem Gesichte.““ |

Es ist zu fürchten, daß der vorliegende Gesegentrourf auch ein solches Schisal den Mitgliedern des Centrums zu danken haben wird, die es mit Niemand verderben

wollen und in der angeführten Schrift eden deshalb |

für den shlimmsten rnd shädlichsten Theil der Kam: mer gehal/en werden. Die Ausdcücke: prévenu, in- culpé, suspect, sind schon gehörig zergliedert worden.

Die Kammer der Pairs hat das Géeseß Über die Entbindung der Nationalgüterbesißzer von fiskalischen Ansprüchen mit 116 gegen 2 Stimmen angenommen.

Die Verhöre mit Louvel werden noch fortgeseßt. Nach einer Aeußerung des Ministers des Jnnern iu dex Kammer der Abgeordneten ist bis jeßt noch nichts êèrmittelt, was den Verdacht eines Komplottes begrün; den könnte.

Ueber den Herzog v- Otrantéè (Fouche) sind in diesen Tagen Memoires erschienen, die zwar von ei: nem sehr ergebenen Freunde und Diener, doch shwer- lich von ihm selber herrühren, obwoöl der Titel besagt; geschrieben zu L (Linz) im Januar 1820 von Herrn F— (Fou ché). Dec Hauptzweck dieser Schrift ist, die gröbsten Beschuldigungen von dem Helden der: selben abzuwenden. Die Abstimmung im Blutge: richte- des National - Konventes wider Ludwig XVI, wird mit der Jugend entschuldiget. Er war damals fast 30 Jahre alt. |

Unter die in Frankreih zurückgeläaßenen Freunde

dès Herzoges von Otrante zählt der Verfaßer}

hauptsächlich die Deputirten in der Kammer, die Herrn Manuel und Baron Meehin. (Zur Steuer der Wahrheit muß jedoch bemerkt werden, daß det le6tè als Práfekt des Roer-: Departements ein nic! unrühmliches Andenken seiner Verwaltung hinterlaßen.)

Unsre sogenánnt liberalen Zeitungen sind so hißig: böse Gerüchte über Spanien zu verbreiten, daß der Constitutionel sogar eine Korrespondenz vom 30, Ft

mittheilt. Sie ist theils aus unzuverläßigen Nachrich- " ten von Bayonne und Bourdeaux geschöpft, theils in Paris verfertigt. Dagegen scheint nicht bezweifelt ‘werden zu können, daß das Beispiel der Andalusishen ‘Truppen, deren Meuterei nicht schnell genug gedämpft ' worden, den Geist der Unruhe weiter verbreitet. Man darf jedoch hoffen, daß weise und kräftige Maasregeln der Regierung die Kalamität einer Revolution von “¡dem Lande abwenden werden. Was einige unsrer Zeitungen von der Unternehmung des Generals Mina melden, ist eine véllig unvexbürgte Muthmaßung, und die Nachrichten aus Gallizien find wenigstens sehr übertrieben.

Die Erzählung, daß sich die Korsaren der Süd- Amerikanischen Jusurgenten mit ven Rebellen auf dex Jnsel Leon in Verbindung gesezr hätten, widerlegi fich, abgesehen von der Lokalität, die es ohne den Bè- sis von Kadix nicht gestattet. hon dadur, daß die Súd-Amerikanischen Insurgenten feinè Korsaren häben.

London, vom 10, März. Fn Frland werden nach allen Distrikten, in denèn sich Unruhen géäußert; Truppen geschickt. Die Gewaltthätigkeiten des Pö: bels vermehcen fih. In Gallóway sind die Poli: zeibedienten auf dem Wege nach der Kirchè von einem Haufen, der mit allerhand Waffen versehen war, än: gegriffen und überwältigt worden. Einer von ihnen ward getödtet, 4 find tödtlih und. 7 Andere schwer verwundet. Der Pöbel ließ, außer méhren schwer Vek- wundeten, 19 Todte auf dem Plage. Man hät 25

Bandmänner verhaftet, den Rebellen au, wie ein Privatschreiben sagt, 6 Kanonen und 4 Kisten mit Pi- fiolen abgenommen. Von den Bandmännecn sind mehre zum Tode verurtheilt.

Jn der Grafschaft Rostommon sind 200 Band: Männer verhaftet und vor ein Geschrodrengericht ge: stellt, auch 6 unter ihnen bereits zuni Tode vetur?

theilt worden.

Au in der Grafschaft Ro f, bei Culrain, hat die Militairgewalt hinzutreten müßen, um einen Aufstand des Landvolkes gegen die Gutsherrn zu stillen. Von beiden Seiten sind Verwundungen vorgefallen. Das Volk zershlug die Wagen des Sherifs und anderer obrigkeitlicher Personen. Jndes scheint die Gährung hier nicht gehoben, vielmehr sollen fich die kleinen Land- pächter in noch größerer Anzahl zufammenrotten.

Wie in Jrland das Landvolk, so erregen in Schott- land die Fabrik - Arbeiter wieder Unruhen, naments lih in Glasgdv.

Sir Rob. Wilson is für Southroark wieder zum Parlamentsgliede gewählt worden.

Nach einer unserer Zeitungen hat män sogar den Hunt ín das Parlament gewählt. Auch Cobbett soil Aussichten haben.

Brüßel, vom 10. März. Am 7. d. verstarb hier, allgemein detrauert;, der Herzog LudwigEngelbert v. Arembe?rg, Arschott und Ecoy, geb. am 5. August 1770. Ee hinterläßt ein ehrenvoles Unden- ken seiner Privat ‘ugenden. Seit seinem 24sten Jahre des Gesichtes beraubt, trat er béreits im Jahre 1805 seinem mündig gewördenen ältesten Sohne die Regies rung ab. -

Man fähtt in unserem State fort, die Tagschrift- steller zu verhaften und unter Anklage zu segen, die durch Verbreitung politischer Flugblätter Misvergnü- gen und Zwieträcht zu erregen suchen.

Nord-Amerikanishe Freistaaten. Im Se- nâte der Vereinten Staaten is mit großer Mehrheit entschieden, daß der Kongres dem Staäte von Mis- sduri die Sulaßung in den Bundesstaât deshalb nicht verweigern könne, weil derselbe die Sélaverei nöch nicht äbgeschafft habe und nichk abschäffen wolle, Man er- rdartec nun die Erklätung des Hauses der Reprä- fentänten.

Ueber die Kurmärks\sche Landschâft. (Fortsezung.) ai Große benugte das landschaftliche anderer Art als seine Vorgängek in der Regierung, besonders Friedrich Lz wie es denn auch nicht möglich gewesen seyn rwoürde, für vie Be: dürfniße des Staates Kapitalien aus, der Ländschaft zu erheben, ohne die Auflagen zu erhöhen aus deken Belauf die Zinsen gezahlt werden mußten. So viel sich ergiebt, erhob er in den ersten Jahren seiner Re- gierung nur ein einziges Kapital von 230,000 Rthl. aus der Biergeld: Kaße, die jedo oagegen von der bis: herigen Verpflichtung befreit wurde, jährlich 12/000 Rthl. an die Königliche Hofstaats: Kaße ¿u bezahlen, einer Verpflichtung, die seit 1708 auf der BiergeldzKaße geruhet hatte. Jm Jahre 1770 trug die Städte- Kaße unter der Benennung eines Don gratuit zum Ersaße der großen Waßerschaden 100,000 Rrhlr. bei. Auch zur Schulverbeßerung hat sie bedeutende Summen her: gegeben, so wie einen Theil der Rußischen Kriegs: Kons tribution, die im siebenjährigen Kriege auf Berlin ge: legt wurde, Übernommen. Sobald der König ander- weit für irgend ein öffentliches Bedürfnis ein Dar- lehn dur die Landschaft negoziren ließ, übernahm

er jederzeit die Bezahlung der Zinsen auf die Staats:

NXriedrich der Kredit-Fnstitut in

Kaße, Man kann den Beweggrund des Königes, der dei dem Reichthume seines Sthaätes einer 0 unerheb- lichen Hiifé gar nicht bedurfte, nur in der gewohnten Ordnungsliede finden, die ihn höchst ungern an seinem Etat etwas ändern ließ; denn daß er die Binjon sparen konnte, wenn er die benöthigte, dur die Landschaft zu 5 Prôtent negozirte Summe aus seinem Uedèr- fluße hergab, eñtging ihm doch nicht. Im Jahre 1745 dildete sich eine vier:e landschaftliche Kaße unter der Benennung der Mahlzise: Kaße, indem der König der Landschaft zum neuen Biergelde die Mahlzise vom FriedrichBwerder, von der Deorotheéènstadt und vôn der Friedrichstadt zu Berlin Üüberwies, wogegen sie ein Kapical von 300,000 Rthle. an ihn einzahlen mußte. Doch ward festgesezt, daß der Ueberschuß der ise, nach Abzug der Zinsen des Kapitals zu 5 Procent, an diè Staatskaße adgeliefert werden sollte, Späterhin, in dems:lben Jahre, ward der Biergeld:-Kaße auch die Bier-ise jener Stäote, gegen ein Kapital von 100,000 Rehlr. überlaßen. Jm Fahre 1766 erlitt die Landschaft eine sehr wesentliche Veränderung , indem ihr durch die damalige neue Organisatión der Accise alle Abgaben von dem in die Kurmärkschen S:cdte (mit Zusnahrmne der sogenanuten Amts: und Ritter- Städte) zum Verhraucp eingehenden Getraide, Malz,