1820 / 28 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 04 Apr 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Truppen felbst, die ohne Unordnung, ohne die Ehr: |

sucht eines Befehlhabers , zuerst die Konstitution fo: dern die aus dem allgemeinen Willen des Volkes, wie der Monarch sih unlängst ausdrüte, fervorge- gangen, und die ganze Nation hat noch einmal de- riesen, daß es zur Erlangung ihrer Rechte hinreichend fey, sie erlangen zu wollen. Was Herr de la Fayette nur ahnen ließ, drückte Herr B. Bignon in einer an sih gehaltlosen Rede unverschleiert dahin aus : „Möget ihr immerhin durch Ausnahme: Geseße der Verfaßung entgegen handeln! Es giebt noch Ve- sege, welche die Erhaltung der Verfaßung in die Ob- hut der Bürger stellen. Umsonst macht ihr tyran- nische Gesetze: die Tyrannei kann faktisch nicht mehr bestehen, wenigstens nicht nach Euern Einrichtungen. Die Maße der Nation wehrt die außerordent: lichen Maasregeln als demüthigend, als beleidigend, von sich ab. Ja, wir bekennen es mit dem ganzen Franfreih, wir finden uns gedemüthiget, daß wir in diesem Augenblicke Über Verfolgungsgeseßze sprechen müßen; aber wir ershrecken davor nicht. Wir bieten ihnen Trotz wir verachten die empörende Drohung. ‘‘ Der Herr B. Constant redete in demselben Sinne, obwol bei vorzüglicherem Talente, mit einiger anschei- nenden Mäßigung seiner Worte. Der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten , B. Pasquier, der \{on am Tage zuvor für das Gese mit entshiedenem Beifalle der Mehrheit gesprochen hatte, antwortete den Herrn de la Fayette, Bignon und B. Constant, Er sagte: j, Diese Redner nöthigen mich zu sehr ernsten und schr traurigen Betrachtungen. Alle drei von einerlei Grundsägen beseelt, durchdrungen von ei- nerlei Gesinnung, haben sie eine Sprache geführt, die, bei aller Verschiedenheit der Form, ihrem Juhalte nah und in ihren Schlüßen dieselbe seyn mußte. Sie Haben uns nämlich Folgendes gesagt: Es sind uns drei Gesetze vorgelegt ; diese Gesete sind nach unserer Mei: nung den Principien der Freiheit zuwider. Mögen sie Indes immerhin durch die Mehrheit in dieser Kammer und in der Kammer der Pairs angenommen, mögen sie immerhin vom Könige bestätiget werden: wir be: Haupten nichts destoweniger , daß sie den Grundsägen der Freiheit zuwider, daß sie also gegenrevolutionair find, weil sie die Verfaßungs:Urkunde in Stücke reis ßen. Da nun eine Gegen:Revolution die Revolution herbeiführt und rechtfertigt, so weissagen wir Euch eine Revolution. Eine Revolution entsteht, wenn die grô- gere Zahl die kleinere überwältigt. Wir haben die größere Zahl für uns, also sind wir ie Stärkeren. Rathschlagt verfaßungsmäßig, so viel Jhr wollt ! Er- freut Euch dieses unbedeutenden Sieges! Uns erwarz- ‘tet ein weit vollständigerer Sieg, der uns gar nicht fehlschlagen kanu. Ju diesem Falle übrigens, lieben Freunde, versprechen wir Euch unsern brüderlichen und großmüthigen Schub.‘ Die Sprache ist deutlich, sollte ich meinen; es heißt: zur beliebigen Nachricht. Man fann es aber auch mit vollem Rechte eine Drohung nennen, Und welche Drohung? Keine andre, als

eine Empörung; keine andre, als die stärkere Zahl ge: gen eine Mehrheit, die verfaßungsmäßig berathschlagt. Auch hat man nichts gespart, diese Drohung oder diese beliebige Nachricht gehörig wirksam zu machen ; man hat seine Kräfte in unserem Beiseyn aufgezählt; man hat sie gleichsam vor unserea Augen gemustert. Wir dürfen zwar an die Zahl wirklich nicht glauben, aber wir sollen sie uns doch wenigstens merken, weil man uns in Ermangelung von Gründen Soldaten entgegensebt. Wir schn es also, man hat Bürger gegen Bürger, Soldaten gegen Soldaten in Reih und Glied gestellt, und beinahe hätte man uns gesagt: soviel haben wir in den Legionen, soviel in der Garde-, soviel in Meß,

soviel in Lille, soviel in Paris ; ja, das glückliche Ge: |

dächtnis eines unserer geehrten Kollegen hat uns die Tage von 1789, die Empörung die damáls ausbrach, und die Theilnahme der Soldaten zurückgerufen , um

die Erinnerung daran der öffentlichen Dankbarkeit zu |

empfehlen. Es läßt sich begreifen, daß es ux Geroohnheit

werden könne, unter den Tráumen seines Ruhmes |

einzushlummern, aber beim Erwachen sollie man si doch vor unvorsichtigen Reden hliten. Uebrigens täuscht sih unser geehrter Kollege sehr. Frankrei ver: langt gegenwärtig die Freiheit nicht, wie Er im Jahre

1789 sie verlangte und in Ausübung brachte. Es hat f

Es weiß, roohin der Aufsiand führt. Seine eigne Ge- schichte sagt ihm, daß vor allem der Aufstand der Soldaten am tödtlichsten für die Freiheit sey, Uni nur ihr Aufstand? Es bedarf sehr oft nur ihre! Einwirkung, um sie zu zerstören. Die Tage des 15. Vendemiaire, des 18. Fruftidor, des 18. Brümaire leben noch in unsern Jahrbüchern; sie sind mit bluti: gen Zügen hineingeschrieben. Und Bürger sind es;

Bürger, die sich die Freunde der Freiheit nennen, be:

haupten öffentlich , daß die Gewalt den Gesetzen Schwei: gen gebieten müße! Erblickt man nicht den Degen des Brennus in der Waagschale, der Alles mit ihr hinwegnimmt ? Aber zum Glücke für das Vaterland gesellt sih hier Ein Unrecht zu dem anderen. Diese vorgeblichen Freunde der Freiheit verleumden unsere Soldaten, welche weit mehr Bürger, weit beßere Bür: ger sind, als Diejenigen, die ihnen ihre eigenen Gesin: nungen zutrauen. Jch weiß nicht, ob gewiße politische Meinungen auch unter ihnen Eingang gefunden ha den : aber das weiß ih, daß nicht Einer unter ihnen ist, nicht Ein Soldat, Ein Officier, Ein General, det nicht davon durchdrungen seyn solltr, daß er nur zu! Vertheidigung des Vatexlandes die Wáffen trage ; daf

es sein heiligstes Amt sey, die Unabhängigkeit des Va: | terlandes zu achten und den Gesegen- zu gehorchen, |

und vor allen d em Gesege, welches ihn der höchsten Ge walt des Königes unterordnet, dem er geschworen, dem allein es gebührt, ihm zu befehlen oder befehlen zu laßen. j

Aber das is noch nicht Alles, daß man -den Wi: | derstand gegen die Geseteßpredigt, sobald diese Gesebt |

" gleichgiltig find.

dem Willen einer Parthei nicht gnügen, sobald sie das Unglück haben das Werk einer verfaßungsmäaäßigen Mehrheit zu seyn.

Das ist noh nicht Alles; daß man Bürger gegen Bürger, Soldaten gegen Soldaten zu den Waffen ruft ; man sucht noch dur ganz Europa umher, ob es nicht irgend einen Funken aufzublasen giebt, den man ge: hörig benußen könne, um den Brand zu entzünden, der uns ein prachtvolles Schauspiel gewähren soll.

Gegenwärtig giebt es einen Punkt in Europa, auf welchen sih ganz besonders die Augen aller Menschen richten, denen die großen Begebenheiten, die das Schick- sal der Geschlechter auf Jahrhunderte bestimmen, nicht Die Hoffnungen der geehrten Kol: legen, von denen ih spreche, scheinen ganz besonders auf diesem Punkte zu ruhen. Dort suchen sie ihre Beispiele; dort finden sie den Grund ihrer sehnlichjien Crwartungen.

Cine große Bewegung hat in Spanien statt ge- habt. Die Soldaten nahmen Theil daran; sie waren die ursprüngliche Triebfeder, Man erhebt ein Freu: dengeschrei, und einer unserer geehrten Kollegen denkt bereits, in seiner menshenfreundlichen Unschuld, auf eine Anklage wider den Minister der Auswärtigen An- gelegenhei:en, fals die Französische Regierung für diese neue Revolution nicht so günstig gestimmt seyn sollte als der Redner es fodert. Jch en:halie mich alles Urtheils über die Ursachen und über die Wirkungen dieser Revolution. És ist mein lebhafter Wunsch, daß sie das Glück des Spanischen Voikes begründen, daß sie den öffentlichen Freiheiten , wie den Rechten

der Krone alle nur erdenkliche Sicherheit verschaffen

möge. Wenn aber, ich scheue mich nicht es auszu;

sprechen, wenn aber nicht bei dem ersten Cer i o : i dieser Freiheit die Wasfen den Händen der Do daten die Früchte seiner Erfahrung noch nicht alle verloren, | eser Zrels fe H

entsinken, die einen Augenblick vergeßen konnten, daß ste solche nicht eher empfingen, als bis sie dem Könige Gehorsam geschworen; wenn diese Verircung fich über die ersten Augenblice ihres Entstehens hinaus verlän: gert : dann ist es um die Freiheit, um die Ruhe, um das Glück der Spanier geschehen. Die Römischen Le: gionen konnten freilich nach Gutbefinden über den Zepter der Cásaren verfügen ; ste konnten freilich, wech selweise, ihren Feldherrn als Kaiser begrüßen und ihren Kaiser ermorden : aber die Rémische Freiheit konnte niemals wieder im Schatten des Lagers der Prätoria- ner aufblühen.‘‘

Nach der Rede des Ministers nahm noch der Ge: neral Graf Fo y das Wort, doch nur um in allgemei- nen Bemerkungen gegen den Geseg-Entwurf zu spre- hen. Sehr richtig äußerte er, daß die Furcht vor der A der Zeitungschreiber dem Scharfblicke der

eseygeber des vorigen Jahres feine Ehre mache ; denn diese Folge hätten sie, als aus der Natur der Sache entspringend, bei der Herstellung der Presfreiheit im vorigen Jahre von selbst voraussehen sollen.

Paris, vom 28 März. Die Pairs haben das Geseh wegen der Beschränkung der persönlichen Frei- heit angenommen und der König hat es bereits sanftionirt.

Das Geseg wegen der Presfreiheit der Zeitungen wird noch immer in der Kammer der Abgeordneten er- örtert, doh hat man den ersten Artikel, nah welchem der freie Umlauf der politischen Tagblätter eine Zeits lang suspendirt wird, bereits angenommen,

Kours der Renten 75 Fr. 90 Et.

London, vom 24, März. Die Krönung des Kö- niges is auf den 12. August, den Geburtstag Sex. Maiestät bestimmt. i

Die Nachrichten aus den westlichen Grafschaften &rlands lauten beruhigender.

_ Wider Sir Francis Burdett, der wegen ges im August v. J. über die Manchester: Vorfälle an die Wähler von Westminster in aufrührischen Aus- drücken geschriebenen Briefes vor die Assisen zu Lei- «ester gestellt worden, hat nicht allein die große Jury

auf die stattfindende Anklage (true-bill) gestimmt, son: dern auch die kleine Jury das Schuldig autgespro-

chen. (Die Asfisen werden, London und Middlessex ausgenommen , in allen Grafschaften Englands nur zweimal im Jahre gehalten, die Lenz: Assisen im März und April, die Sommer - Assisen im Julius und Aus gust. Das richterliche Urtheil erfolgt nit, wie in SFranfreih, unmittelbar nah dem Ausspruche der Jury, sondern erst am Ende der ganzen Sibung.)

Uebrigens hatte Sir Francis Burdett heute noch die meisten Stimmen bei der Parlamentswahl von Westminster , die noch nicht beendigt ist.

Der Spanische Botschafter hat die hiesigen Spanischen Ausgewanderten eingeladen, ihre Päße zur Rückkehr in die Heimat von ihm zu empfangen.

Madrid, vom 19. März. Der König hat der provisorischen Junta am 17. d, M. befohlen, sich un- verzüglich mit der Enrwerfung des Reglements und der Znstcuktion zur Wahl der Abgeordneten. für die Verlan ver Cortes zu beschäftigen,

Der Prasident des vom Könige neu angeordneten Staatsrathes ist Don Joach, Blake. Unter den Mit- gliedern befinden sich Don P. Agoa, D, G. Ciscar, der Kardinal von Bourbon, D. J. Almanzae D. P. Cevallos.

Der Herzog von San Fernando, bisheriger erster Minister Staats:Sekretair, hat seine Entlaßung gegeben und geht als Gesandter nach Wien. An seine Srcelle tritt O. Evar. Perez von Castro, bishex Gesandter zu Hamburg.

Der General : Lieutenant de las Amarillas is zum Kriegsminister ernannt, an die Stelle des D. J, M. von Al08s, welcher seine Éntlaßung gesucht und erhalten. :

Auf ein Gutachten der Junta werden diejenigen Personen , 70 an der Zahl, entlaßen, die dem Kömge im Jahr 1814 die Auflösung der Cortes gerathen haben.

_ Moch einige ‘andere durcy die Annahme der Kon stitution herbei geführte Dekrete sind vom Konige erlaßen worden,

In Kadix war, bevor die Nachricht von der An- nahme der Kowstitution durch den König anlangte, ein Aufstand ausgebrochen , der etwa 60 Personen, uncer ihnen den Generalen Campana und Valdez, das Leben gekostet hat.

Die Konstitution wurde dajelbst schon am 9. in Gegenwart des Generals Frey re und der Armee be: schworen. Jn Sevilla geshah es am 10. In Va- lencia nicht eher, als bis die königlichen Befehle an: langten ; doch is daselbst noch Bewegung. Der Gen. El10 is auf der Citadeile vor der Wuth des Volkes in Sicherheit gebracht.

Jn Katalonien ward der General Castannos ver- haftet; doh ward ihm mit aller Achtung begegnet, die sein persönlicher Karafter verdient, Ec ist wieder frei und Mitglied des neuen Staatsrathes.

Jn Madrid ist alles beruhigt. Die Junta beschäf» tigt sich jegt vorzüglich mit den Finanzen.

Turin, vom 14. März. Die Prinzeßin Marie von Savoyen: Carignan ist heute von einem Prinzen entbunden worden.

(Jan der regierenden Linie des königlich Sardinischen Hauses sind keine Prinzen, Der König selbst, 60 Jahr alt, hat nur Töchter, und sein Bruder, der Herzog von Genevois, lebt seit 15 Jahren in einer kin- derlosen Ehe. Die Hoffnungen des Hauses beruhen daher jezt auf dem gzjährigèn Fürsten Karl von Savoyen: Carignan, der seit drittehalh Fur mit der jüngsten Tochter des Großherzoges von T08- kana vermáhlt ist, Die Linie der Fürsten von Ca- rignan wurde von dem Prinzen Thomas Franz von Savoyen, jüngerem Sohne des regierenden Het: zoges Karl Emanuel, bekannt gls Spanischer und nachmals als Französischer Feldherr im dreißigjährigen Kriege, gestifter. Auch der Prinz Guge7 v0 S gs voyen gehörte zu dieser Linie.)