1820 / 29 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 08 Apr 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Die wegen der Ungiltigkeit der Renuntiation des Königes erlaßene Verfügung erneuerten sie durch ein spáteres Defret vom 1. Jan. 1811, indem sie, die Zu- kunft glèichsam vorahnend, hinzufügten, daß jede Akte, welche der König entweder auf fremdem Boden vol: ziehe, oder zwar auf heimishem, doch aber unter der Umgebung feindlicher Soldaten oder fremden Einflußes unkräftig \ey, weil die Nation ihm nicht eher gehor: chen werde, als bis er sich wieder unter seinen treuen Unterthanen in der Versammlung des National: Kons greßes befinde.

Die Hauptbeschäftigung der Cortes war die Ent: werfung einer Verfaßungs-: Urkunde. Der zu dieser Arbeit ernannte Ausschus vollendete sie in der Mitte des Jahres 1811. Nach langer Berathung vollzogen die Cortes den Entwurf am 18. März 1812 und die Regentschaft machte ihn am: folgenden Tage im Na- men des Königes als Geseß bekannt.

Man kann einräumen, daß der größerè Theil der Männer, die an diéser Verfaßungs-Urkunde gearbei- tet haben (181 haben sie unterzeichner, unter denen 52 Amerikaner und 1 aus den Philippinischen Jnseln) zu den einsictvollen wahrhaften Freunden des Vaz terlandes und zu den treuen Dienern des Königes ge- hörten: aber während der Eine die seit Jahrhunder- ten untergegengene Gecoalt der ehemaligen Cortes herzustellen, die Verfaßung geschichtlich ¿u begründen ürebte, verlor sich der Andere in metaphyfise Träu- mereien, und so entstand, na dem Muster der Fran- zofischen vom Jahre 1791, diese sogenannte Konftitu- tion der Cortes, die sich nur dadurch von ihrem Mu- ser entfernt, daß sie der vollziehenden Gewalt noch

verschiedene Attribute mehr entzieht, und einige Gei- -

stesbeschränfungen voriger Jahrhunderte in das neun- zehnte herüber nimmt.

Weiche vaterländischer Sinn, welche Anhänglich-

Leit an den Thron und an den alten Regentenstamm den Mitgliedern dieser“ konstituirenden WVersainmlung'

jedoch zugestanden wérden möge, so darf die Geschichte auch nicht verschweigen, daß sie gegen dicjenigen Män: ner, welche theils ihren Beruf, im Namen des Köni- niges und der Nation die Landesverfaßung #0 gänz- Tih umzuändern, theils die Ausführbarkeit ihrer Grundsäße bezweifelten, mit heftiger Leidenschaft und einem Haße verfahren, der den erleuchteten Gesebge- bern ‘unserer Tage nicht zur Ehre gereiht. Einige Mitglieder der Regentschaft von 1811, unter ihnen der ehrwourdige Bischof v. ODrense, welhe mit Wider- syrüchen auftraten, deren Erheblichkeit vielleicht die nächste Zukunfr ans Licht bringen wird, wurden dafür, als des Spanischen Namens unwürdig, mit der Ver: bannung beftraft.

Durch das Dektet vom 22. Febk. 1815 schaften sie die JInquisition ab, die schon rach der Konstitution von Bayonne nicht mehr bestand. Die Regentschaft gerieth darüber mit dem päpstiihen Nuncius Gra: vina in harte Kontestation, doch ohne hierin nachzu- geben. Als die Herrschaft der Franzosen im Jahre 1815 endete, und ihre Heere durch den Herzog von Wellington aus Spanien vertrieben waren, ver» pflanzte sich die Regentschaft nebst den Cortes nach Madrid (im Januar 1814) und die Constitution ward überall bekannt gemaht. Um dieselbe Zeit erhielt die Regentschaft vom Könige den zu Valençay geschlofßes nen Vertrag vom 21. Debr. 1813, durch welchen B 0- naparte ihm Frelheit und Reich zurü@gab, mit dem Befehle, die gebräuchlihe Ratifikations : Urkunde zu entwerfen. Statt deßen sandte sie solchen, begleitet von dem vorhin erwähnten Dekrete der Cortes vom 21. Januar 1811 an den König zurück. Gleichzeitig, auf die Nachricht von der bald zu erwartenden An- kunft des Monarchen, foderten die Cortes ein Gut:

achten ‘es Staatsrathes, wie man sich gegen den Kö: nig zu betragen habe, wenn er vor dem Abschluße des aligemeinen Friedens zurückehren sollte. Der Staatss rath gab es dahin: daß der König, bevor ihm die Aus: übung der Königlichen Gewalt zu gestatten sey, den in der Konfkitution vorgeschriebenen Eid ableisten müße. Auf den Grund dieses Gutachtens erließen die Cortes am 2. Febr. 1814 eine Verfügung, worin sie fesisezten, daß der König nicht eher als frei betrachtet werden könne, und daß ihm der Huldigungseid nicht eher zu leisten sey, als bis er in einer Sizung der Cortes die Konstitution beschworen haben werde. Zugleich be: \chloßen sie in eben dieser Verfügung die Verbannung aller Spanier, welche den Brüdern Bonaparte in irgend einer Art Dienste geleistet, Pensionen oder Ch: renzeichen von ihnen angenommen und mit den Fran- zöfishen Truppen das Land verlaßen hätten. Jndem die Cortes durch diesen Beschlus den Vertrag des Kö- niges mit Bonaparte vom 11. Dcbr. 18153 vernich- teten, hielten sie es erfoderlih, über eine so tief ein: greifende Maasregel, durch welche fast jede Familie mehr oder weniger hart betroffen wurde, sich noch be:

sonders gegen die Nation zu rechtfertigen, welchee in |

einer Verfügung vom 14. Febr. geschah, worin sie den Vertrag von Valençay als ehrlos für das Spanische Volk schilderten.

…_ Dem Könige war durch die Regentschaft und die Cortes eine Deputation entgegengeschickt worden, an deren Spihe sich sein Onkel, der Kardinal Erzbischof von Toledo, Don Ludwig von Bourbon, Präs dent der Regentschaft, befand. Doch wählte der Kö: nig absichtlih einen andern Weg, als diese Deputa: tion, die ihren Zweck verfehlte, ihn unmittelbar an der Spanischen Gränze zu erreichen, und ihn mit den Beschlüßen der Cortes bekannt zu machen. Sie traf ihn in der Gegend von Valencia. Jun dieser Stadt erließ er am 4. Mai zwei Verfügungen, die dem bis: herigen Zustande der Dinge ein plöbliches Ende mac ten. Jun der ersten erklärte er ‘die Versammlung du

‘Cortes zu Kadix für unrechtmäßig, und die von ihnen

ausgegangene Konstitution, so wie alle ihre Verfügun- gen, für nichtig; er hob ihre Versammlung auf, und bedrohte Diejenigen mit der Todesstrafe, die zu Gun: sten der Cortes oder ihrer Konstitution in Worten over Handlungen sich vergeßen würden. Uebrigens gab er das Versprechen, eine rechtmäßige Versammlung der Cortes in Spanien und Amerika zu berufen, und eine Verfaßung zu gründen, durch welche die Willkür der Regierung, die seinen eignen Gesinnungen und der Aufklärung des Jahrhunderts entgegen fey, ausge- schloßen werde. Jn der zweiten Verfügung schaffe der König die durch die Cortes promulgirte Vresfrei- heit wieder ab und stellte für alle Schriften eine Cen- fur her, welche nur solchen Personen anvertraue! wer- den solle, die weder der Regierung der Cortes noch dem Zwischen-Könige angehangen. Diese Erklärungen erließ der König an der Spitze einer Armee von 40,008 Mann, die der General Elio zu seiner Verfügung gesiellt hatte. Das Volk, deßen Vertrauen weder die Regentschaft noch die Cortes besaßen, das vielmehr üher ihr Betragen gegen ihren Monarchen höchst auf- gebracht war, billigte die Maasregeln des Königes, der noch vor seinem Einzuge in Madrid den Präsi: denten der Regentschaft nach seinem Erzbisthume To-: ledo verbannte, und zwei andere Mitglicter derselben, Agar und Ciscar, so wie ihre Minister nebjt ver: schiedenen Mitgliedern der Cortes verhaften lies. Der Wagen des Königes ward bei seinem Einzuge dur das Volk von Aranjuez bis Madrid im Triumphe gezogen.

Redaktion in Aufsicht: von Stägemann, Reimersche Buchdruckerei,

Allgemeine

Preußishe Staats - Zeitung.

29 Stück. Berlin, den 8ten April 1820.

I Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Berlin, vom 8. April. Se. Mäjestät der König haben in der Armee zu General : Lieutenants, die General-Majors von Bose, Kommandanten in Schweidniß, von Ry ßel I, Kommandeur der 12ten Division, von llzogen, von der Ar: mee, und zu General : Majors die Obersten v. Ho ff: mann, Kommandanten in Koblenz und Ehrénbreit: stein, v. Rummel, im Kriegs?Ministerium, v. An- halt, Kommandèur der 10oten Jufantérié- Brigädè;, Rüchel v. Klèisk, Kommandeukx der zten Juf. Brig., v. Kv ckp u sch, Komnandänten in Silbexberg, v. Po h - da, Kommandeur der 11ten Landwehr: Brigade, Gr. v. Leh ndor ff, Kommándeur derx 15ten Kavalerie-Brigädè; Benkedorif v. Hindenburg, Kommandänten in Thorn, v. Schutter, Kömmändèur der isten Inf. Brig., v. Stéinwehr, Direktor der Ober. Militair: Examinatións: Kommißion, Gr. v. d. Shulénbüurg, Kommandeur der 4ten Kaval. Brig.;, Streit, Kom: mandanten in Kolberg, Rühle v. Lilienstern, im Kriegs-Ministérium, v. Sandrart, Kommandèur der Zten Kaval. Brig., v. Rudolphi, Kommandeur der 5ten Landro. Brig., v. Kemphen, Kommandanten in Stralsund, v. Lettow, Kommandeur der uten Juf. Brig. , v. Thile, Kommandeur der 12ten Landw. Brig. , v. flin g, Brigade-Kommandeur der Be:

sabung der Bundesfestungen, v. Block, Inspekteur der Garde- und Grenadier - Landwehr: Bataillons , zu befördern geruhet.

Se. Mäjestät der König haben dem Gutsbe- figer von Radonski im Größherzogthume Posen die Kammerhérruwürde zu ertheilen geruhet.

Des Königs Majestät häben mittels allerhöch- ster Kabinets :- Ordre vom 6. Januar d. J. im Mini: sterium der geistlihèn, Unterrichts und Medicinal- Angelegenheitèn ; die Geheimen expedirendèn Sekretas rien Auerswald und Credé, die Geheimen Regi- strätoren Beéccket und Pauli, und den Geheimen Kanzlei- Direktor Felgentreff} zu Hofräthen, den Geheimen Kalkulator Dânnemann aber zum Rech- nungsrathe allergnädigst zu ernennen und die darüber sprehenden Patente allerhöchsteigenhändig zu vollzie- hen gèruhét.

Se. Majestät déx König haben deñ bisherigen Ober: Landesgerichts: Referendacius Merkel zu Bres: lau zum Stadt-Justizrathe bei dem Land: und Stadt: Gerichtè zy Dänzig zu ernènnèn, und dein Justiz:Kom- mißarius Hacker zu Elbing den Katakter als Justkiz- Kommißionsräth beizulégen géruhet.

Sé. Majestät der König haben dem Prediger Müllex zu Lägehn dei rothen Adler-Dkden dritter Klaße zu verleihén geruhet.

Il. Zeitungs-Nachrichten.

Yaris, vom 29. März. Dex erste Artikel des Censurgeseßes gegen die Zeitungen ist dahin abgefaßt : „der freie Umlauf der Zeitungen und periodischèn Schrif: ten, wenn sie ganz oder zum Theil den Tages :Neuig: keiten oder póölitischèn Gegenständen gewidmet sind, sié mögen an einem bestimmten Tage öder unregelmäßig und in Liéferuitgen erscheinèn, ist eine Zeitlang bis

zu dem unten näher zu bestimmenden Zeitpunkte auf: - gehoben.“ Jn diefer Art hat diè Mehrheit ihn. an:

genomnièi.

Der Graf de Bourdónnayeé, bekanntlich zu den Häuptern der rechten Seite gehörend, hatte die Abänderung vorgeschlagen : „däß die Dauer des Geseces

bis auf das Endé der gégenwärtigen Sißzuüg der Käni- mer beschränkt werden möge.‘ Die ganze linké Seite und ein Theil des Céntrums, naméntlich Herx Ter- nâux, trat diesem Antrágé bei, weil ein Repkéßivge: seß wider dié Zügellösigkeit der Tagblätter nöthig, däs vorgéschlagene Präventivgéseß äber doch immer ein Ein- griff in dié Kartêé sey. Die Gegner mérkten ihrerseit án , daß sich die Kämmer drei Jahre lang mit einem Repreßzivgeseße béschäftiget, und zuleßt, in der vorjäh: rigéèn Sihung; dóch nux ein solches zu Stande ge- bracht habe, deßen Unzuläriglichkeit durch die Erfähz rung nunmehx anérkannt sey. Wie könne man er: warten ;- daß die Kammèr während der nus kurzen