1820 / 30 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 11 Apr 1820 18:00:01 GMT) scan diff

22. Ful. 1819: „Ja, durch eine freie Volksrepräsen:- tation und durch ein gemeinsames Oberhaupt.‘ Und der Student W......, Mitglied des engeren Verei: nes zu F., in einem Briefe vom 24. Mai 1819: „„Wohl bin ih überzeugt, daß mit allen unseren repräsentati- den Verfaßungen, Konstitutionen, Bundestagen 2c. noch immer wenig gethan ist; allein es ist doch der erste Schritt gethan, das Volk lernt seine Würde fühlen und wird um so eher den ‘gewaltigen Schriit zu sei- nem künftigen Glücke thun. Nur ein gänzlicher Um- urz kann uns retten. “‘

Daß dieser Gegenstand selbst auf Schulen und Gymnasien behandelt ward, geht aus den im 15ten und 26ten Stücke der Staats- Zeitung enthaltenen Aeußerungen hervor. Seitdem sind über die Lehran: stalt zu B. (einem Städtchen außerhalb der Preufßi- schen Staaten) und über das demagogische Treiben des bei derselben angestellten Lehrers W (Mit- glieds des engeren Vereines zu G.) intereßante That- sachen ermittel. So hat z. B. der Schüler dieser Lehranstalt S. ausgesagt : „es existiren in diesem Jn- stitute zwei Partheien Schwarzer, welche beide mit den Gesinnungen der Schwarzen zu G. Übereinstimmén und nur darin unter sich verschieden sind, daß die eine Parthei méht, dié andére weniger mit den gegenwärtigen Staatseinrichtungen unzufrieden ist. Der Konrektor W..... hat ihnen eröffnet, daß die Schwarzen zu G. beßere Staatseinrichtungen wünschen und beabsichtigen, und hat ihnen Gelegenheit gegeben, mehre dieser Scchwoarzen bei sich kennen zu lernen, der W..... ließ es aber dabei nicht bewenden, sondern. verschrieb für sie (seine kleinen Schwarzen) die bekannté Samm- lung frèier Stimmen, unterhielt sich über die Pflicht, für die gute Sache sih aufzuopfern u. s. w. Der Unterschied zwischen den hiesigen. Zöglin- gen, fügt S. hinzu, bestehet darin,.daß der eine Theil eine republikanische, die andere Parthei aber, wozu ih gehöre, eine monäàr- chisch-repräsentative Verfaßung wünscht. In den Lehrstunden ist Übrigens die demokratische als die beste dargestellt worden.‘ Ein anderer Zögling F. (17 Jahr alt) deponirte: „Es wêrde wöchentlich 2 bis 5 Stunden vom Konrektor W..... Demagogik gelehrt, wobei sich dieser über Staatsverfaßungen und namentlich auch Über die H (des Landes) und deren Mängel und Gebrechen sehr frei äußere, und ein Ideal von Staatsverfaßung darstelle, wonach die Un- terthanen regiert werden müßten ; ihm schiene es, der Konrektor möge wol in Aufstellung und Aeußerung dieser Grundsäße etwas zu weit gehen.“

Daher haben vorzüglich Mitglieder der Vereine und andere, denselben Grundsäßen anhangende Personen, mit an den bekannten Petitionen an den Bundestag, und an aufrührischen Schritten Theil genommen und fih bemühet, sowol das sogenannte Verfaßungswerfk, als Unruhen zu leiten. Als im G. H H die Wiederherstellung der Landstände beschloßen war, schrieb der Kandidat F.…...... unterm 2. May 1819 an den Privatdocenten Dr. S... „„Mit Erstaunen habe ih die Kabinetsordre wegen der H... Landstände gelesen. Ich will Euch nun kurz meine Meinuñg sagen. Wir alle müßen sogleich uns daran begeben, einen Entwurf gu einer Verfaßung auszuarbeiten, gründlich die Lan- deshilfmittel darstellen, und mit diesen Mitteln eine Verfaßung konstruiren, worin zwar dem Fürsten die

usÜbende Macht 2c. eingeräumt, aber feierlichst, als gegen den Wunsch des Volkes und gegen Gerechtig: eit anfämpfend, gegen eine Pair - Kammer, und ge- gen das adeliche Fett von der Suppe mit Entschie- denheit protestirt wird. Es müßen alle Kundige un- ter Uns zusammentreten und einen entscheidenden Wurf thun, fo daß entweder der hundertbeinige Kel- ler:Esel zermalmt wird, oder doh alles Volk einsieht, es wäre gut, wenn es so gekommen wäre. Es muß der Entwurf gedruckt und ia alle gute Blätter einge:

ruckdt werden, dafür schaffé ich Rath, H. B. W. un W. wären wol die wichtigsten Faktoren. Es muss populair geschrieben seyn, daß der Bauer merkt, dj| er auf diese Weise Fleisch auf die Raff bexommy könne. Es wäre vielleicht rathsam, den B. nach (, kommen zu laßen, damit er von einer Stadt oder j nem Amte als Repräsentant gewählt würde. Mi wählt man nicht, sonst wollte ih Alles thun, um q wählt zu werden. Geht jenes niht an, sucyt ein! tüchtigen Stellvertreter herbeizuführen. ““

Zur Beförderung dieses Zweckes ward eîne Va faßung des fünftigen teutschen Freistaates unter de Titel: Grundzüge für eine künftige teutsq Reichsvérfaßung ”) im engeren Vereine zu h entworfen und anderen Vereinen zur Berathung mj getheilt.‘

Es haben die deshalb vernommenen Mitglieder d; ses Vereines darüber folgende Geständniße abgelegt. Di Student R zum Protokolle vom 14. May 181 „Wir haben uns, und zwar zunächst in Bezug ai Teutschland vereinigt, was die beste Verfapung in Allgemeinen sey; das Resultat unserer Bemühung ist schriftli aufgesezt und ist seit meinem Hiersey daran geändert und darüber gesprochen. ““

Der Student K zum Protokolle vom 28. dei M. „„Wir haben auch bereits einen Entwurf fu eine künftige teutshe Staatsverfaßung ausgearbeite!, Diese wurde im Winter 1817 zur Berathung voi gelegt. Wir haben uns Über den Fnhalt in der dar über gepflogenen Berachung verstandigt, und es fin auch schon damals mehre Aendérutigen in dem Ver faßungsentrwourfe verabredet worden.

Der Student R... zum Protokolle vom 29. des}

beiwohne, ist ein solwer Entwurf daselbst nur eiß mal verlesen, aber nichcs darüber verhandelt. Uet}

gens finden sih die Jdeen von. Einheit der teuts(«}#

Kirche und d. t. Scaates demselben zum Grunde gelegt" womit begreiflich keine besondere Staatsverfaßung f ein ‘einzelnes Land bestehen konnte. Jch erinnere ui auch nichr, daß der teutschen Fürsten in jenem En wurfe gedacht worden wäre. ““

Der Student W..…..... zum Protokolle vom 2 Jul. 1819. „Es ist einmal auf einer Versamml!n ein Entwurf einer künftigen Rcichsverfaßung von 2B, verlesen norden. Dieser erklärte ohne rveitere Einleitung daß nun der Verfaßungsentwurf vorgelesen werden solle. Nach Ablesung eines jeden einzelnen Punkte! wurde etwas inne gehalten, und wer nun etwas dar: über zu bemerken hatte, brachte die Bemerkung vor, Ueber das Vorgebrachte wurde nun auch mirunte! hin und her gesprochen, Und darauf Einiges mir de Bleifeder an den Rand des Entwurfes geschrieden.“

Der Student L . zuni Prototolle vom 26} May 18319. „„Man hat sich darüber besprochen, ob wo! jedes Mittel gerechtfertigt werden fönne, welches zu Realisirung der im Entwurfe dargestellten Staats

Verfaßung anzuwenden sey? ‘“

Der “Kandidat F......... zum Protokolle von 12. Jul. 1819. „„Diesen Entwurf haben die sogenan" ten Schwarzen, oder vielmehr ich, aufgeseßt. Dies Gegenstand fam bei unseren Zusammenkünften j Spracdbe, und das veranlaßte mich, das Resultat 1 serer Berathschlagungen zu Papiere zu bringen. D

Zahl solcher Berathschlagungen kann ih nicht anz}

ben, es haben aber deren fehr viele stattgefunden." *) Das gefundene Exemplar dieses Entwurfes ist aus d? Papieren des O. C. F. und mit einer Menge von 2 säzen von seiner Hand versehen. Aus diesen Nachrid: ten ist die Wahrhaftigkeit der Erklärung über die]?

Gegenstand leiht zu würdigen, welche hierüber un}

29. Jul, in mehren Zeitungen eingerückt ward.

Redaktion in Aufsicht: von Stägemans Reimershe Buchdruckerëi,

- R S Ra 5g 3aur emer mmogrerrmmenck eme na0a,

Allgemeine

Preußische Staats - Zeitung,

g ilden

stes S

i ¿ ltietiats

es Stück. Berlin, den 11ten April 1820.

L Amtlihe Nachrichten.

Kronik? des Tages.

Berlin, vom 11. April. Der vormalige Advo- fat Uedinck ist zum Justizs Kommißarius bei den Land - und Stadtgerichten zu Werne und Lüdinghau- sen, und zum Notarius publicus im Departement des Oberlandesgerichtes zu Münster, mit Anweisung seines Wohnortes in Werne, bestellt worden.

Fn Verfolg deßen, wàs zur Ausführung der Ar-

mee:Eintheilung, in Ansehung des Oberbefehles Übe?

die Truppen 1c. heut von Mix erlaßen ist , ade O dem General: Lieutenant v. Borstell das TIte, Meí- nem Sohnè dem Kronprinzen das Illte, dem Gene-

f C 9 * M. „„Seit ich den gesellschaftlichen Zusammentünfc| ral der Jnfanterie Grafen v. M nin das IlIlIté,

lendorff das IVte, dem General -:Lieutenannt von

dem General der Jufanterie Grafen Kleist v. Nol- Röder das Vte, dem General-Lieutenant Grafen v, Zieten das Vite, und dem General-Lieutenännt Frei: her-n v. Thielmann das VIIIlte Armeekòrps und die Landestheile, welhe deßen Ergänzungshezirk bil: den, als fommandirenden Generalen untergeordnet, die Beseßung der Stelle des kommandirenden Generäls

des VIlten Armeekorps und deßen Ergänzungsbezirk

Mir aber noch vorbehalten. Da der Genéral-Lieute-

f nannt Freiherr v. Thielmann indes seinè nèuè Bé-

stimmung glei antreten wird: so soll der General Major v. Lu ck bis zur Ernennung des Nachfolgers, die Geschäfte des General - Kdömmandos einstweilen versehen. Pôtsdam, den 5. April 1820.

(gez.) Friedrich Wilhelm. An das Kriegs-Ministerium.

Heute wird das 5te StüE der Geseßsammlung ausgege-

ben, welches enthält :

No. 593. Die Allerhdchste Kabinetsordre vom 15. Novb- v. J., daß auf die, nah dem Tode eines Beamten gee \shehenen Gnaden-Bewilligungen, Gläubiger keine Anz

__ sprüche haben sollen. L

No. 594. Das Statut für díe Kaufmanaschaft în Bere

til} v0 L. UND

No. 595. Die Allerhôhste Kabinetsordre vom 5. März

_ d. J. wegen Bewaffnung der auf einjährige Dienstzeit eintreténden Freiwilligen.

Zuglei erinnert das Komtoir, daß mit dem 1. April

d. J. ein neuer Pránumerations-Términ eingetreten ist- und Geseßsammlüngs #? Exemplare von Entstehung an, für die vom 1. Januar d. J. ab bedeutend modérirten Preise noch fortwährend zua bekommen sind. Berlin, den 11. April 1820. | K. Pr. Debit:Komtoir f. d, AUgem, Gesessammlung.

I. Zeitungs-Nachrichten.

Parîs, vom 1. April. Der 5te Artikel des vom Könige gestern bestätigten Censurgesches ordnet die Stcafen an, in welche der Berleger oder der verant: wortliche Herausgeber einer Zeitung oder periodischen Schrift politischen Jnhaltes verfälit, wenn er die Cen- sur umgeht. Sie bestehen in eine Gefängnisstrafe von 1 bis 6 Monaten und in einer Geldbuße von 200 dis 1200 Franks.

Der bte Artikel seßt fest, daß die Regierung die Suspension eines Blattes verfügen könne, deßen Ver- leger oder Herausgeber zur Untersuchung gezogen ist.

Im. 7ten Artikel ist angeordnet, daß die Regierung auch nach erfolgtem Urtheile, wenn es eine Strafe wider den Beschuldigten ausspreche, das Blatt auf sechs Monate noch suependiren, im Wiederholungsfalle aber es ganz verbieten fönne.

Der 8te Artikel erstreckt das Geses auf Zeichnun- gen, Kupferstiche und Steindruck.

Der.gte Artikel bestätigt die drei Gesebe des vo-

tigen Jahres in Bezug auf die Presfreiheit in allen

durch das gegenwärtige Geseß nicht abgeänderten Punk- ten, und der 1ote Artikel beschränkt die Dauer dieses

_Veseves bis zum Schluße der nächsten Sitzung der

Urn (des Jahres 1820; die jeßige ist die Sißung on 1819.) (Die Gegner des von der Regierung vorgelegten

Tensurgesezes haben ihren Widerspruch durch den sten

Artikel der Karte zu begründen und die Cenfür als

eine Verlebung derselben darzustellen gésucht, indèm es heißt: ¿Die Franzosen haben das Recht, ihre Meiz nungen bekannt zu machen und drucken zu laßen, wenn sie sich den Geseßzen gemäß verhalten, welhe dèn Mis: brauch dieser Freiheit verhindern fan, (qui doivent primer les abus de cette liberté.)“ Sie ha: ben hiedurch einen Unterschied zwishen Präventív- Geseßen, der Censur, und Re preßiv- Gesezeùû, deë Bestrafung verleßter Presfreiheit, zu begründen ge: sucht, und behauptét, daß die Verfaßungs-Urkünde nux die Repreßiv- nicht die Präventiv- Geseze gestatte. Der Jrrthum liegt bier in dêér falschèn Deutung des Wortes réprimer, Dieses, wie das lateinischè repri- mere *), heißt : eine Kraft an der Aeußerung ihrèë Wirkungen hindern. Der Begriff: zurückhalten, den Ausbruch verhindern, liegt ganz eigentlich in dem Worte, daher auch das teutshe: Einhalt thun, nicht zu entsprechen scheint, weil dässelbe eine schon begonnene Handlung andeutet. Der Misbrauh der Preße soll aber gax nicht anfangen, dié {chädlihé Kraft foll gar nicht in Bewegung geseht werden. Die Meinung des Herrn Gr. Latjuinais, daß man sich den Gesegen, die den Misbrauh der Preße

verhindern follen, gemäs verhaltè, wenn auf dem Tis

*) Haec reipublicae pestis panulisper reprimi, non comprimi potesìt. Lic