1820 / 33 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 22 Apr 1820 18:00:01 GMT) scan diff

53. Auf einen Uebershus von mehr als 35,000 Seelen wird ein Abgeordneter mehr berehnet.

35. Hat eine Provinz unter 70,000, aber doch nicht unter 60,000 Seelen, so wählt sie einen Abge- ordneten, sonst muß sie sich an die benachbarte Pro- vinz anschließen. Ausgenommen is die Fusel St. Domingo, die einen Abgeordneten ernennt, wenn sie auch unter 60,000 Seelen zählt *).

34. Zur Ernennung der Abgeordneten werden MWahlversammlungen nah Kirchspielen, Kreisen (partido) und Provinzen gehalten.

55. Die Wahlversammlungen der Kirchspiele bestehen aus allen Bürgern, die im Vezirke des Kirch- spieles wohnen, mit Inbegrif der Weltgeistlichen.

38 58. Zwei Hundert Einwohner ernennen Ei nen Wähler, der 25 Jahr alr und Mitglied des Kirchspieles seyn muß. Die Ernennung dieses Wäh: lers geschieht durch 11 Obmänner, welche durch Stimmenmehrheit gewählt werden.

59 77. Die Wahlversammlungen der Kreise bestehen aus den Kirchspielswählern, die sich im Haupt- Orte des Kreises versammeln. Es müßen dreimal so viel Wähler vorhanden seyn, als Abgeordnete vom Kreise zu wählen sind (welches man nach der Zahl der von der Provinz zu ernennenden Abgeordneten ein für allemal weiß.)

18 105. Die Wahlversammlungen der Pro- vinz ‘bestehen aus den Wählern aller Kreise. Sie versammeln sih in der Hauptstadt der Provinz, und wählen sowol die verfaßungsmäßige Anzahl der Ab- geordneten als deren Stellvertreter, deren Zahl den dritken Theil der Abgeordneten ausmachen muß.

Der Abgeordnete muß im vollen Genuße des Bür- gerrehtes, volle 25 Jahre alt und in der Provinz ge- boren seyn, oder doch darin einen Wohnort und we- nigstens 7 Jahre daselbst gelebt haben, auch ange- meßene Einkünfte aus eigenem Vermögen beziehen.

Die Minister, Staatsräthe und Beamte des kö: niglichen Hauses können gar nit, andere offentliche Beamte jedoch nur nicht von der Provinz gewählt werden, worin sie ihr Amt verwalten, Fremde sind nicht wahlfähig, wenn sie auch das Bürgerrecht haben.

Die Abgeordneten erhalten Tagegelder, welche die Cortes bestimmen; den überseeischen werden noch außerdem die Costen der Hin - und Rücêreise vergütet.

10/4. 105. Die Cortes versammeln sich in der Hauptstadt des Königreiches, oder an einem Orte, der nicht über 12 Stunden von derselben entfernt ist,

106. Jhre Sigungen dauern, vom 1, März an,

jährlich 5 Monate ununterbroczen.

#*) Man rechnet die Bevölkerung der Europäischen Halbz Insel und der anliegenden Inseln auf etwa I0,400,00Ò des Kontinentes v. N. Amerika (ohne Florida) 8,750,000 der Insel Kuba mit den Floridas 700,000 Portoriko’s und St. Domingo's + » 500,000 Sb-Ameriläs .. e e os» +-6,000,000 der Kanarishen Inseln . « + + + 180,000 der Philippinen mit den Marianishen Inseln 1,750,000

28,280,000 Man wird also, da hierunter noch viele Niht-Spanier in Amerika begriffen sind, wol aufs hôchste Z50 Abgeord- nete zu den Cortes annehmen können, vorausgeseßt, daß die Amerikanischen Insurgenten sih fügen. Nach deë jest erfolgten Zusammenberufung werden für die Halh- Insel 149 Abgeordnete, als 755755 der vorangegebenen Bevölkerung zusammentreten ; für die überseeischen Proe vinzen sind vorläufig Zzo Stellvertreter bestimmt.

Es ist zu erwarten, daß es eine deè ersten Arbéîten der Cortes seyn werde, das Verhältnis der Abgeordne- ten andérweit zu bestimmen, da es sih praktisch sehr bedenklich gestalten würde, wenn die überseeishen Ab? geordneten die Europäischen überstimmen sollten. Viele leiht erôffnet dieser Gegenstand den Einsichten dèr künftigen Cortes ein reiches Feld für nothwendige und agngemeßene Abändèrungen in der Verfaßung überhaupt.

107. Diese Sibungen können sich auf Verlangen des Königes, oder wenn zwei Drittel der Versamm-: lung dafür stimmen, verlängern.

108. Die Abgeordneten werden alle 2 Jahre sämt: lich erneuert.

110. Die Ausscheidenden können von ihrer NVro: vinz nicht wieder gewählt werden, wohl aber von einer anderen.

111 118. Jn dem Jahre, in welchem eine Erneuerung der Abgeordneten geschieht, werden am 15. 20 und 25. Febr. drei vorbereitende Junten ge: halten, worin der Präsident des immerwährenden Ausschußes den Vorsiß führt. (Von diesem Ausschuße, welcher nah Auflösung der Cortes die Geschäfte bis zur neuen Versammlung führt, wird später-zehandelt.) In diesem werden die Vollmachten berichtigt, der Eid geleistet, der Präsident, Vicepräsident und vier Schrei: ber gewählt.

119. Die hienach erfolgte Einrichtung der Cortes wird dem Könige durch Abgeordnete angezeigt, und von ihm vernommen: ob ex der Erösfnung am 1, März beiwohnen wolle.

“121 125. Wohnt der König der Eröffnung nicht bei, so erfolgt solche vom Präsidenten, der die vom Könige etwa zugeschickte Rede verliesr.

124. In Gegenwart des Königes findet keine Be: rath{chlagung satt.

125. Die Minister wohnen den Berathungen über die von ihnen im Namen des Königes gemachten Vor« schläge bei, und können mitsprehen, dürfen aber bei der Abstimmung nit zugegen seyn.

126. Die Sigungen find öffentlich. Wo Ver- schwiegenheit nöthig, kann eine geheime Sißung ges halten werden.

128. Die Abgeordneten können wegen ihrer Mei- nungen nicht angetastet und verantwortlich gemacht

werden.

129. 130. Während ihrer Mitgliedschaft in dea Cortes fönnen die Abgeordneten kein Amt und feine Beförderung vom Könige annehmen oder für einen Dritten nachsuchenz auch während dieser Zeit und noch ein Jahr nachher keine von königl. Verleihung abhangige Besoldung und keine Auszeichnung erhalten oder für einen Dritten nachsuchen.

(Fortsebung folgt.)

Neal

Am 9. April d. J. verstarb hier der Legationsrath Wallmüller. Er war im Jahre 1774 zu Ansbach geboren, wurde son 17953 bei dem damaligen Frän= kischen Departement angestellt, und nah deßen Auf: lófung 1809 mit der Führung der Kaßen des fkonigl. Kabinetsministeriums beauftragt. Seitdem hat er dies Geschäft mit dem besonderen Vertrauen, welches die Eigenthümlichkeit desselben voraussebk, verwaltet, und den Ruf eines geschiéten und thätigen Staatsdieners hinterlaßen. Eine Wittwe und sieben Kinder beweiz nen den Verlust dieses auch in Privatverhältnißen sehr geachteten Mannes. t

Ám 2. d. starb hieselbst der Stadtrath Herr Jo- hann Ernst Friedrih Carow, einer der geachtetsten Mitbürger unserer Stadt, um deren Gemein - Wesen er sich -eine Reihe von Jahren hindurch, in gewißen- hafter und thätiger Erfüllung seines Berufes, wohl: verdient gemacht hat, wie er durch ein offenes, wohl: wollendes und redliches Gemüth seinen Freunden theuer war. Er war zu Berlin am 15. März 1766

geboren,

Redaktion in Aufsicht: von Stägemann. Neimersche Vuchdruckereë.

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Ä Ä E G M T ement

Aug gemeine

Preußische Staats - Zeitung.

33% Stick. Berlin, den 22ten April 1820.

GRRI E E I E,

l. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages. Berlin, vom 22. April. Se. Majestät der König haben dem Prinzen Maximilian zu Neu- ivied, den rothen Adler-Orden zweiter Klaße zu ver: leihen geruhet.

Se. Königliche Majestät haben den bisheri: gen Ober: Landesgerichts: Assessor Höpner in Köslin zum Rathe bei dem Ober: Landesgerichte zu Breslau allergnädigst zu ernennen geruhet.

Il. Zeitungs-Nachrichten.

Spanien. Der König hat verordnet, daß jeder Spanier, der sich weigre, die Konstitution zu beschwö- ren, oder Einschränkungen und Vorbehalte hinzufüge» die dem Geiste derselben niht gemäß find, des Spa: nischen Namens unwürdig und aller Ehten, Würden, Aemter u. s. w. verlustig erklärt werden folle.

“Um den Bedrängnißen des bffentlichen Einkowm- mens abzuhelfen, hat der König verschiedene Verfü: gungen erlaßen. Die zum Dienste entbehrlichen Sol: daten sind beurlaubt, und alle Diejenigen, deren Dienst: zeit mit dem Jahre 1317 bereits vollendet war, in ihre Heimat entlaßen. Die Einkünfte von unbeseßten Stellen der vier militaicishen Orden, San Jago, Alcantara, Calatrava und Montigo, so wie des Jo: hanniter-Ordens, das von der Herzogin von Alba hinterlaßene, der Krone heimgefallene Vermögen, und die Einkünfte der Seen und Wiesen von Alcudia und Albufera sind der Staatsschuld-nkaße überwiesen worden.

Die Verlegenheit in der Finanzverwaltung wird dadur vergrößert , daß diè Prôvinzen genug zu thun

glauben, wenn sie die bei ihnen einquartirten Solda- ten und die offentlichen Beamten unterhalten, ohné die Uebersüße der Einnahme an die Hauptkaße zu Madrid einzusenden. Aber auch in den Provinzen werden die Einkünfte durch die allgemein herrschenden ‘\nordnungen und durch den Überhand nehmenden | Shleichhandel, der besonders auf die Tabacksg-fälle " mdtheilig einwirft, höchst gefährdet.

Der Graf von Abisbal hat nunmehr in einem besonders verbreiteten Manifeste den Verrath selbs ‘eingeräumt, den er an dem Könige begangen, indem tr den früher gegen ihn gehegten Verdacht, als ob er selbst die Verschwörung der Officiere der Expedi- tionstruppen im Juli v. J. heimlich angesponnen und geleitet habe, unumwunden zugesteht, öbwol es (llerdings méglich is, daß er, um sih jeßt die herr: hende Parthei geneigt zu machen, und als ein Held für die Freiheit aufzutreten, einen neuen Betrug ausübt. Denn früher schon hat man von ihm ge- sgt, daß er, indem er einen Verrath begehe, wieder uf einen neuen sinne. Der Klubb Loren zin i, dem it sich sehr anschließt, scheint Über ihn noch vicht ntschieden, da zwar eine Lobrede auf ihn gehalten, ber auch vou einem zweiten Medner sein Kopf ge- ddert wörden ist. Dieser Klubb, der immer mehr and gewinnt, hat bereits in den Vorstädten Ma-

drids zwei Töchter:-Klubbs für die unteren Klaßen der Einwohner gebiide: Man nennt die Herrn Tar- rius, Obersten Sanchez und Grafen v. Taboada als die Häupter des Klubbs.

Man glaubt, daß Don Augustin Arguelles, bekannt unter den Cortes von 1812 wegen seiner Be- redsamkteir-und_ wegen seiner vorzüglichen Eigenschaf: ten hochgeachtet, in das Ministerium treten werde.

Don Pédro Aga r, Generak - Kapitain von Gal- lizien, warnt in einer Proklamation das Volk vor den Gefahren der Demokratie und des Jakobinismus; doch hat sich auh zu Corunna bereits ein Klubb organisirt. Eben so in Asturien zu Oviedo.

Bei dem besten Willen des größeren Theiles der General-Kapitaine, welchen die Gefahr der gegenwär: tigen Lage der Dinge lebendig vor den Augen schwebt, wird es schwer gelingen, allem Schrecken der Anarchie, die bereits in fast allen Provinzen sichtbar ist, zu entrinnen. Nur in den beiden Kastilien und in Estremadura werden die Befehle der Regierung noch geachtet und befolgt. Die Soldaten sind unter sich uneins. Die Truppen Quiroga's auf der Fn: sel Leon wollen sich nicht eher auflösen oder in ihre Standquartiere marschieren , als bis der König in der Mitte der Cortes die Konstitution beshworen und verkündet haben wird. Die Soldaten andrer Regi- menter sind mit ihren Kameraden, welche die Jnsur- reftion eingeleitet, nicht eins, und betrachten die ro: the und grüne Kokarde wenigstens niht mit Wohlge- gefallen. Es ist zu wünschen und zu hoffen, daß die Mäßigung und Klugheit der Befehlshaber den Auss- bruch offenbarer Feindseligkeiten unter ihnen verhüte.

Das allgemeine Verlangen des verständigern Theils der Nation is auf eine zweckmäßige Abänderung der Konstitution gerichtet, die dem Reiche statt einer un- gezügelten Demokratie eine gemäßig;e Monarchie vers schaffe. Auch zweifelt man nicht, daß die Cortes selbst hiezu die Hand bieten werden. Die Sorge der Re- gierung wird vorzüglich darauf gerichtet seyn müßen, die Ruhe und Ordnung in den Provinzen bis zur Versammlung der Cortes theils herzustellen, theils zu erhalten. Der Geist der aufrührischen Soldaten wird hier das größte Hindernis seyn, da diese, wie es scheint, ganz andere Preise ihrer Unternehmung erwarten, als eine geregelte, wohlgeordnete Staatsverwaltung ihnen

darbieten kann.