1820 / 39 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 13 May 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Rindviehes, der Pferde und Maulesel zu beschließen. Man konnte ch weder über die Grundsäße, noch über den Tarif verständigen. Der Herr von Saint Cricq erklärte, daß die Regierung bei der großen Er- eblichkeit der Sache für den Landbau und für die Sblifen sowol Über den zollfreien Ausgang inländischer und über den Eingangzoll ausländischer Wolle, „als auch über einen verhältnismäßigen Rückzoll, der den ausgehenden Woüfabrikaten bei stattfindenden Ein- gangrechten zu bewilligen, noch kein System aufge: stellt, vielmehr die Bildung einer besondern Kommis: gion beschloßen habe, um die verschiedenen Fnterepen der einzelnen Gewerbzweige näher zu erörtern, und alsdann erst gründlich darüber zu beschließen. És scheine daher das Rathsamste, die Disfußion zu ver: tagen. Einige Mitglieder, unter ihnen Herr Ter- neaux, traten dem Antrage bei ; die Mehrheit aber verwarf ihn, weil bei der Annäherung der Schur und bei der Nothwendigkeit, dem durch den harten Win: ter in große Verluste gerathenen Landmanne zeitig aufzuhelfen, so schnell als möglich darüber entschieden werden müße. Noch große Vorräthe inländischer Wolle lágen unabgeseßt oder unverarbeitet in den Speichern. Der Graf Bruyeres Chalabre be- merkte, daß diese Aufspeicherung nicht der zuweit ge? triebenen Schafzucht, sondern dem Mangel an Ab- saß für die Wollfabrikate beigemeßen werden müße. Die Tuche der mittäglihen Manufakturstädte hätten ihre Waaren von der Meße zu Beaucaire unverkauft zurück und mit großen Kosten auf die Märkte von Pezenas , Toulouse und Bordeaux führen müßen. Die Kasimicfabrik zu Rheims fange an sich zu heben; man werde se aber zum Stillstand bringen, wenn man ihr durch zu hohe Besteurung die Sächsische Wolle entziehe. Herr von Puymaurin âuxkerte dagegen, daß die Zucht der Merinos und der veredelten Schafe bei der Konkurrenz Spaniens, und bei der Verminde- rung des Verbrauches feiner Tücher in Frankreich aller- dings zu weit getrieben sey. Vor der Revolution habe Frankreich alle feine Wolle aus Spanien bezogen, ob: wohl 35 proc. Ausgangzoll darauf gehaftet und Vorausse Bezahlung hätte geleistet werden müßen. Aber 100,000 Sfück feine Tuche wären nach der Levante, 50,000 nach Ftalien, Spanien, Indien, Perfien ausgeführt worden. Im Lande selbst habe die zahlreiche begüterte Geist: lihfeit nebst den Mönchen und Nonnen viel feines Tuch verbraucht. Der Abgang dieser Konsumenten werde dur den häufigern Gebrauch des feinen Tuches in der arbeitenden Volksfklaße nicht erseßt, da deren Kleidung lange vorhalten müße. Die Spanische Wolle LXomme indeß so nah wie vor ins Land, woselbst ihr jest eine innere Konkurrenz von 1,600,000 Pfund ech: ter Merinos - und 8 Mill. Pfund veredelter Wolle begegne. Es sey also noch einmal soviel Wolle da, als sonst, und der Verbrauch um wenigstens die Hälfte geschmälert." Spanien habe den Ausgangzoll ‘aufge: hoben, und die dortige Wolle könne weit wohlfeiler ges stellt werden als die Französische, daher es von den Landeigenthümern Frankreichs vielleicht noch lange shmerzlich zu bedauern sey, sich der kostbaren Meri- noszucht aus\chließend hingegeben zu haden. Unter diesen Umständen würde die Maaßregel, auf den Ein- gang der Spanischen Wolle einen starken Zoll zu le: gen, zu billigen seyn, wenn nicht von Seiten Spa- niens Repreßalien zu besorgen wären. Spanien könne jest die Produkte, die es von grankceih beziehe, 300,000 Hammel, Maulesel, Tuche, Linnen u. s. w. nur mit seinen Produkten, hauptsächlich mit Wolle, bezahlen. Es liefere Wolle von 8 Franfs bis 15 Sous für das Pfund , und die gemeine Wolle könne Frank: reih gar nicht entbehren, da es bei eigner Produfk- tion von 66 Millionen Pfund noch aus der Levante, aus Afrikà und aus Neapel beziehen müße. Wie al- so das vorjährige Gesuch der Fabrikanten, den Aus: gang der inländishen Wolle zu verbieten, ganz ver: faßungswidrig gewesen sey , s sczeine man jeßt in den: selben Jerthum zu geräthen, wenn man einen hohen

Eingangzo!l auf ausländishe Wolle begehre. Gemeine Wolle müße auf jeden Fall ganz frei eingehen, wenn man auch die feineren Sorten einem mäßigen Zolle zu 10 bis 25 Franken p. 100 Kilograumaen uutcewerfe, Deni Antrage des General Demarçay, den freien Aus- gang der inländishen Wolle und der Merinos zu geÒ- statten, trat der Redner bei, worüber man stch auch wol geeinigt haben würde, wenn nicht die Frage Uber den Eingangzoll der Mehrheit zu verwickelt gefchienen. Herr Bastereche machte aufmerksam, daß der hohe Zoll auf Spanische Woüe die Industrie der Spanier auf die Anlegung eigner Tucbfäbriten ri@zien werde; man gehe schon damit um, in Leon eine herzust llen. _Die Herren von Villèle und Laine waren der Mei- nung, man müße L rauf gar nicht Rückficht nehmen was Spanien thun koune und moge, auD nicht ver: geßen , daß ‘Französisä e Waaren 5 Prozent hoHer als Englische daselbst besteuert würden. Der BDeschlus einer entschiéèdenen Mehrheit erfolgte dahin: daß alte BOr: schläge an den Ausschus zur Prüsun zurück zu weisen, um darüber zu l rathen und zu berichten.

Der Ausschus hat seinen Bericht erstattet, und seine Vorschläge sind -von der Kammer dahin ange- nommen tworden : daß die ausgehende Wolle mit el: nem Zoll von 25 bis 50 Cent. für 200 Pfund und die eingehende von 5 b1s8:60 Fr. zu belegen, daß der Ausgang der Merinos- und andern Schafe gegen el: nen Zoll von 50 Cts. bis zu 1 Fcanc für Jeves ZtUd zu gestatten, und zwei Monat nach Vollziehung dicses Geseßes ein Rückzoll bei der Uusfuhr von Wolienfa- brikaten zu bewilligen.

Verschiedene andere Artikel des Zollgesezes haben die Versammlung bes{ä!t:igr.

Ein Antrag des Herren Manuel „daß dem Könige in Bezug auf das politische System der Mi- nister eine Addreße überreicht werden möge‘ hat fei: nen Eingang gefunden. Eben so is das Begehren der linken Seite: daß der Bericht des Ausschußes über das Geses in Betresf der W hlen na cch den Diss kußionen über das Budjet vorge!ragen werden möge, durh Stimmenmehrheit verworfen worden. Er wird in der Sibung vom 6. Mai zur Sprache kommen.

Der General Tara yre ist in der Nieder - Charente und der Marquis von Causans in Baukl!use zum Abgeordneten erwählt. Von den 4 neugewählten Mitgliedern wird der leßte der rechten, die 5 andern werden der linfen Seite angehören.

Ein Garde du Corps des Grafen v. Artois ist in der Nacht vom 2. zum 3. Mai in der Straße von Bourbon, durch wele er aus dem Sch{loße der Tuil- lerien nah dem Wachhause der prinzlichen Garden mic Dienstpapieren ging, von zwei Meuchelmördern angefalea und ber Arm ihn zersc;oßen worden. Man hat das Pistol des entsprungenen Mörders gefunden, auf deßen einer Seite die Worte standen „, so soll der lebte Noyalist umkommen !‘* und auf der andern „Ja char —” Die Dienstpapiere hiben die Mörder mit sich hinweggenommei.

In einer Verord ung des Königs, die Bormund- schaft über die Kinder des Herzoas von Berry, den vormundshaftlihen Familienrath und dié Förm- lic feiten einer Versiegelung und Jnventur bei dem Ableben der Mitglieder des königliwen Hauses be: treffend, geschieh: der Scbwoangerschafr der Herzogin von Berry ausdrüclich Erwähnung.

Kours der Renten 75 Fr. 50 Cts.

des Zoligeseges

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Spanien. Der König hat verfügt, daß allé Beamte, die dur das Dekret voin 4. Mai 1814 ihre Stellen blos deshalb verloren haben, weil sie der Kon- sti ution der Cortes angehangen; nieder angestellt und diejenige Beförderung, die ihnen bei fortgeseßtem Dienste zu Theil geworden wäre, erhalten oder dafür entschädiget werden sollen. H

Behufs der verfaßungsmäßizgen Organisation der

Armee hat der König eine Juntà von Generalen nie: dergefebt.

Durch eine Verordnung des Königes vom 253. April ist den Spanischen Flüchtlingen in Frankreich nun- mehr die Rückkehr gestattet.

Der König hat sih zum Oker- Feldherrn der Na: tion erflärt und 8 General:Adjutanten gewählt, unter ihnen Ballasteros, den Marquis von Campo Verde, den Grafen Almedovar, Odonoju, Qui: roga und Riego.

Die vom Könige zu Generalmajors ernannten Ober: sten Quiroga, Riego, Arco- Aguero, O'’daly und Banos, vormalige Chefs der Jnsurgenten, ha: ben den König in einer von Arco Aguero Úber- brachten Bittschrift ersucht, ihren Verzicht auf den ihnen ertheilten Rang anzunehmen, damit es nicht den Anschein gewinne, als ob nur Chrgeiz oder Nei- gung zu sirafbaren Ráänken die Triebfeder ihrer Hand- lung gewesen sêy, und damit nicht durch ißre Beför- derung ein bóses Beispiel für Andere gegeben werde. Der König hat jedoch ihrer Entsagung keine Folge verstatter und sie dieserhalb durch den Kriegsminister bescheiden laßen.

Das Regiment Lealtad, das aus Kadix verlegt wurde und zu Ayamonte steht, hat den Eid auf die Konstitution geleistet, wodurch si das Gerücht von seiner Fnsurrektion widerlegt.

Neben dem Klub Lorenzini hat sih unter dem Vorsize des Domherrn Navas ein zweiter gebildet, der von gemäß igtecen Ansichten ausgehen soll.

Groß-Britannien. Die zum Tode verurtheil- ten 5 Hochverräther Thistleèwodd, Jngs, Brunkt, Davidson und Tidd, deren Urtheil, mit Aufhe- bung des Viertheilens ihrer Körper, der König bestä- tigt hatte, sind am 1. Mai Morgens um 8 Uhr vor dem Gefänrngniße von Newgate durh den Strang hingerichtet worden. Bis auf Davidson, der voll Reue den Zuspruch eines Geistlichen begehrte, find sié mit beispieloser Frechheit ihrem lezten Augenblicke entgegengegangen. - Die abgesclagenen Köpfe wurden der versammelten Menge durch den Henker mit dem Mufe gezeigt: „, dies ist der Kopf des Hochverräthers Arthur Thistlewood!“‘ u. s. w. Der Scharfrichter, der die Enthauptung vollzog, trug eine schwarze Maske. Beim Anblicke der Köpfe entstanden einige Unruhen in der Menge; man hörte rufen: „bringt die Mörder um! holt den Edwards her!‘ doch hatte dieser Aus- bruch einiger anwesenden Radikalen keine weiteren Folgen.

Die 6 Mitverfhwornen Wilson, Harrison, Bradburn, Strange, Cdoper und Gilchrist sind vom Gerichte zwar auch zum Tode verurtheilt, vom Könige jedoch dahin begnadiget worden, daß die 5 ersten auf ihre Lebenszeit deportirt werden solien, zu welchem Behufe sie bereits na Portsmouth abge- \chickt sind. Ueber das Schicksal des Gilchrist ist dié Entscheidung Sr. Majestät noch vorbehalten.

Der Aldermann Wood, vormals Lord-Mayóôr von London, ein bekanntes Mitglied der Opposition im Unter- hause, hat von Thistlewood im Befängniße noch ei- nige Aufschlüße über die Einwirkung des vorhingenänn- tenEdwards zu erhalten versucht, der nah den Op- positionsblättern in den Verdacht geräthen ist, die un- glücklichen Verschwörer angereizt und verführt zu haben. Sie sind aber sehr unbefriedigend erfolgt, obwol Herr Wood die weitere Verfolgung des Edwards be- shloßen und im Unterhause die Motion gemacht hat, denselben vor die Schranken zu fodern, und ihn über die Beschuldigung zu hören, die ihm von sieben Per: sonen dahin gemacht worden, dak er sie angereizr habe, im Unterhause während der Versammlung desselben töd: tende Werkzeuge (einige Zoll lange Flintenläufe mit Pulver und tödlichen Sachen geladen) unter die Mit- glieder zu werfen.

__ Die Schabkammer hat auf Begehren des Untethau- ses die Einkünfte, welche die Krone aus verschiedenen, nicht uncer der- Kontrolle des Parlamentes stehenden Fonds in den 60 Regierungsjahren des verstorbenen Kö- nigs bezogen , auf 12,705,451 Pfund und deren Ver- wendung nachgewiesen. Hievon sind 385,000 Pfund, aus besonderen Kolonial- Fonds herrührend, in die Schatoulle des Königs gefloßen. Eine weitläuftigere Untersuchung, die Herr Tierney verlangte, lehnte der Kanzler der Schaßkammer, doch mit dem Erhieten

ab , selbst einen zroeckmäßigeren Antrag über diesen Ge- genstand zu machen.

Auch die neusten Parlamentswahlèn rwoerden Un: tersauhungen wegen Bestechung veraniaßen.

Das Geld mangelt an der Börse zu London so wenig, däß zu 4 und auf kurze Zeit bis zu 2 Prozent disfontirt wird.

Der berühmte Arthux Young ist im sofsten Jahre verstorben.

Oestèrreichishe Stàäaten. Jhrè Masestäten der Kaiser und die Kaiserin, nebst Jhrer kaiserl. Ho- heit der Frau Erzherzogin Klementine, haben am 1. Mai eine Reise Über Brünn nach Böhmen angetreten und werden am 15. in Prág eintreffen. Sr. fkaiserl. Hoheit, dem Erzherzoge Ludwig, ist von des Kais-rs Majestät während Höchstihrer Aba esénheit die Leitung sämmtlicher Staats8geschäfte Übertragen.

Spanisches Amerikà, Nach Briefen aus Rio: Janeiro in Englischen Blättèrn ist Cochrane am 7. Februar mit 200 Mann zu Pisco ‘an dér Küste von Peru, einige Meilen füdlih von Lima) gelandet, hat 1200 Spanier zurückgeschlagen und sich der Stadt bemächtiget, woselbst er fi mit Rum für seine Flotte versehen hat.

Zu Buenos-Ayres war eine neue Veränderung in der Regierung eingetreten, indem in Abwesenheit des Direftors Rondeau. der sich geen Artigas ‘in Marsch befand, Don Juan Pedro de Agutrre vor- läufig bis zur Zusammenkunft der ges-ßzgebenden Ver- sammlung zum Direbeor der Republik ernannt worden. In Venezuela und Neu-Granáda finden die Insurgenten, wie es scheint, von den Königli-- en nochch lebhaften Widerstand. Nach einer Zeitung von Cora- cas, welcyer freilih fein unbedingter Glaube beige- meßen werden kann, habe der Bischof von Popayan, im Süden von Neu:Granadà, 7000 Mann gesammelt, mit denen er den Jnsurgenten die Spie biete. Paez, Generäl der Jnsurgenten, sey zwar in die Provinz Varinas eingerüct, habe sedoch gegen die Königli- chen 350 Mann verloren und sih in ite FJnseln zu- rückgezogèn die der Apure an dec Gränze der Ach a- cuas- Indianer bilde. (Die Jnseln gehören zur Pro: vinz Varinas.) Morillo sey nach seiner Vereini- gung mit Moöráles aus seinen Linien (bei Valens cia 2) aegen Calabozo vorgerückt, ohne Bölivar (der sich also von Ortiz wieder zerückgezogen hätte) fampflusiig gefunden zu haben. Der Spanische Ge- neral la Torre war in Merida (in der Provinz Ma- racaybo, an der Gränze von Varinas. Soulte er nicht ven Generál Paez verfolgt haben ?)

Nach Briefen aus Jäâmäikà, die bis zum 14. März gehen, war in Venezuela nichts Entscheiden- des vorgefalien. Eine Expéditiòón. der Royalisten von Carthagena untèr General Varletta zur Wieder: Einnahine von S. Fe di Antioquia war fehlge- \chlagen. :

Die fänf Spanischen Kriegschiffe, welche die. Jn- sel Margarita blokirr hatren, waren zu Puerto Cabello angekommen (welches mehr auf Fortschritte der Jnsurgen:en deutet ).

Auf der Jnsel Kuba soll ein Aufstand der Neger ausgebrochen seyn, von deßen Erfolgen noch keine när heren Nachrichten eingegangen sind.