1820 / 45 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Fri, 02 Jun 1820 18:00:01 GMT) scan diff

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dem §. 16. des neuen Ediftes über die standesherrli- chen Verhältniße. c) Aus dem Senior der Familie von Riedesel, welche bisher durch die ehrenvolle Würde des Erbmarschal : Amtes von Heßen geziert war. d) Aus dem Kaëzholischen Landesbischof. Jm Falle der Etledigung des Stuhles behalten Lir Uns vor, einem ausgezeichneten Katholishèn Geistlichen den Auftrag zu ertheilen, an der Stelle des Bischofs bei dem Landtage zu erscheinen. e) Aus einem Protestan- tischen Geistlichen, welchen Wir dazu auf Lebenszeit, mit der Würde eines Prälaten, ernennen wekden. f) Aus dem Kanzler der Landes-Universität, oder depen Stellvertreter. @) Aus denjenigen ausgezeichneten Staatsbürgern, welche Wir auf Lebenszeit dazu beru- fen werden. Wir toerden dice Ernennungen nit über die Zahl von 10 Mitgliedern ausdehnen. Art. 5. Die zweite Kammer wird gebildet: 1) Aus sechs Abgeord- neten, welche der gnügend in Unserm Großherzogthume mit Grundeigenthum angeseßene Adel aus seiner Mitte toählr. a) Aus 10 Abgeordneten derjenigen Städte, welchen Wir, um die Jutereßen des Handels oder alte achtbare Erinnerungen zu ehren, ein besonderes Wahl: recht hiermit ertheilen. Diese Städte sind: a) Unsere Residenz Darmstadt, b) Unsere Stadt Mainz, wclche jede g Abgeordnete zu wählen hat, c) Unsere Sradt Gießen, d) Unserè Stadt Offenbach, e) Unsere Stadt Friedberg, f) Unsere Stadt Alsfeld, g) Unsere Stadt Worms, b) Unsere Stadt Bingen, von welchen jede einen Abgeordneten wählt. 3, Uus 34 Abgeordnete", welche nah Wahldistrikten, gebildet von den nicht mit einem besonderen Wehliechte degabten Städten und den Landgemeinden gewählt werden. Die Bedtngun- gen zum Wahlrechte und die Urt der Uusübung des: selben werden, sowol für den Adel, als auch für die Städte und die Wahloistrikte, durch besondere Reglez ments bestimmt werden. Art. 4. Jn beiden Kam- mern haben die Mitglieder Unseres geheimen Staats- ‘Ministeriums und die von Uns etwa ernannt werden- den Landtags-Kommißarien, aub wenn sie den Kam: mein nicht Propositionen in Unferem Namen vorzule- gen haben, freien Zutritt ohne Stimmrecht. ärt. 5. Die geborne Mitglieder der ersten Kammer fönnen von ihrem Rechte nur dann Gebrauch machen, wénn fie das a5fie Lebensjahr zurückgelegt haben, und ihnen, in Bezug auf die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte kein gescbliches Hindernis entgegensteht. Art. 6. Die Abgeordneten zur zweiten Kammer müßen Staatsbür- ger seyn, welhe das Z6ste Lebensjahr zurücgelegt ha- ben und ein zur Sicherung einer unabhangigen Existenz gnügendes Einkommen besizen. Wie dieser Besitz erfannt werde, wird durch die Wahlreglements näher bestimmt. Art. 7. Wer als Mitglied der einen oder der andern Kammer auf Landtagen erscheinen will, darf nie wegen Verbrechen oder Vergehen , die nicht blos zur niederen Polizei gehören, vor Gericht gestan: den haben, ohne gänzlich freigesprochen worden zu seyn. Art. 8. Ein Mitglied der ersten Kammer kann nicht zur zweiten gewählt werden. Art. 9. Weder in der ersten, noh in der zweiten Kamïner darf man sein Stimmrecht durch einen Stellvertreter ausüben laßen, oder für seine Stimme Instruktionen annehmen. Art. 10. Alle Wahlen sollen auf 6 Jahre geschehen. Es if aber nicht verboten, nach dem blaufe dieser Zeitperiode den Gewählten wieder auf 6 Fahre zu wählen. Art. 12. Wir allein haben das Recht, die Stände zu berufea, und sobald Wir es für gut finden, die ständische Versammlung zu vertagen, aufzulösen und zu schließen. Eine willéürliche Vereinigung der: elben ohne Einberufung, oder nah dem Schluße der Vertagung oder der Auflösung ist strafbarer Eingriff in Unsere Hoheitrechte, wenn diese Vereinigung nicht

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durch den Zweck als strafbares Verbrechen erscheinen

sollte. Art. 12. Wir werden Unsere gétreuen Stände

wenigstens aue drei Jahre versammeln ; sollten Wir Uns aber veranlaßt finden, die Ständeversammlung vor dem Schluße ihrer Geschäfte aufzulösen, so wer: den Wir binnen Jahresfrist eine neue Ständerersamms lung berufen. Art. 13. Durch eine solge Aufls- sung erlósch:n alle Rechte aus den bisherigen Wahlen, und es müßen für die neu einberufene ständische Ver- sammlung neue Wahlen stattfinden. Art. 14. Uns

berschreitung dieser Befugnis ist eden fo zu betrach:

ten, wie nah §. 11. die willkürliche Vereinigung. | welches immer |

Art. 15. Das neue Fiaanz- Geses§, auf drei Jahre gegeven wird, werden 98ir, ohne Zustimmung Unserer ge:reuen Stánde, nichr in Boll- zug seyen. Dieses Geseh soll zuerjè ver zweiten Kam- mer vorgelegt werden und es kann, wenn es von die: ser Kammer genehmigt worden ist, von der erjten Kam- mer nur im Ganzen angenommen oder verworfen werden. Die Zustimmung da:f von keiner Kammer an die Bedingung der Erfüllunz bestimmter Deslde- rien geënüpfr wecden. VBeice Kammetn sind aber bes fugt, mcht nur eine voujtändige dcversiczr und Nach-

,

weisang der Staaisbedü:fniße, sonden gu eine guüs

gende A(uskunjc über die Verwendung früher vecivils liger Summen zu begedÿren. schiedenheit der änsthien beider Kaninzern wird das

Hinanzgeseß in einex Vers:mmiung der vercinizten |

veiden Kammern unter dem Vorslge des Präsidens ten der ersten Kaminer disfuiirt und der Becsetluß nah absoluter Stiaimèa- Mehrheit gefaßt. ürt. 16. Judem Wir dur die Bestimaungen des Art. 15. Unsercma Volte oie Gewisheit bereiten, daß ihm feine neue Lasten ohne die Ueberzeugung -er Stände

von der Notdwendigkeit und Erfoderlichkeit detfel- |

ben aufgelegt werden können, und indem Wir die weitere Versicherung hin„ufügen , daß Wir, was die verschiedenen Besteurungs: &lrten und die elrt und Weise ihrer Unilage und Vertheilung betrifft, gerne den Anträgen Unserer getreuen Stände Gehör gestat: ten, und denselben, in so ferne sie paßend und ausz führbar sind, Unsere Genehnigung nicht versagen wer: den: so können Wir doch auch auf der andern Seite die Existenz des Staates und die Erflilung rech!lich

bestehender Verbindlictkeiten nicht von einer wilfürs- |

lien sänzishen Verweigerung der Steuerbewiliigung

abhangig mathèn. Hinficht, jedo% mit dem sehnliven Wunsche, daß Wir

nie in den Fall kommen werden, hievon Gebrau ma- ; chen zu müßen, Folgendes: 1) Wenn keine Vereinbarung | mit den Ständen über das neue Steuergeseh zu Stande | kommt, fo dauert das alte Steueigeseb, in so ferne |

die darin festgesezten Steuern nicht für einen vorüberge- henden und bereits erreichten Zweck bestimmt waren, von selbst für das folgende Jahr fort, binnen deßen Laufe Wir eine neue ständishe Versammlung mit neuen

Wahlen ausschreiben werden. 2) Wenn die Stände die |

nothwendige Verwilligung für die Erfüllung neuer, durch Unsere Verpflichtungen gegen den teutschen

Bund begründeter Verbindlichkeiten, wie in dem Falle | eines Krieges, verweigern sollten, so bleiben Wir zu | der Ausschreibung der zu der Erfüllung dieser Ver- |

bindlichkeiten erfoderten Summen, worüber Wir eine öffentliche Rechenschaft werden ablegen laßen, be: rechtiget.' (Schluß folgt.) |

Redaktion in Aufsicht: von Stägéèmann, Reimershe Buchdruckeref,

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Im Falle einer Ver: |

Wir verordnen daher in dieser |

Allgemeine

45fe Stúd.

Preußishe Staats - Zeitung.

sere Stände find nur befugt, si mit denjenigen Ge: | genjèänden zu beschäf!igen, welche die nachfolgenden | Artikel zu ihrem Wirkungskreije verweisen. Die Ue-: |

M8 E G G E A R T E E D A

Berlin, den zten Junius 1820.

I. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Berlin, vom 5. Junius. Se. Majestät der König haben dem Gewehr - Fabriken : Kommißarius Denisel zu Potsdam das Allgemeine Ehrenzeichen erster Klaße zu verleihen geruhet.

| Der Advokat Hempel zu Heringen ist zum Justiz- K

ommißarius bei den Untergerichten und Notarius publicus im Departement des Ober - Landesgerichtes zu Naumburg bestellt worden.

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IL. Zeitungs-Nachrichten.

A usland.

Frankreich. Aus der Fortsezung der Debatten über die Veränderung des bestehenden Wahlgeseßes beben wir nur Folgendes heraus. Villèle, von dem man behaupiet, daß er mit Lainé den neuen Ent- tvurf ausgearbeitet, erklärte sich natürlicherweise für die Abänderung. Jusbesondere schien er sein Augen- merk auf die Rede des Royer-Collard gerichtet zu haben, weil diese nicht blos wegen ihres Inhaltes, sondern auch wegen des Anschens, in welchem der ge- dachte Redner steht, eine große Sensation gemacht hatte. Jm Wesentlichen suchte Herr von Villéle darzuthun, daß der bekannte 4oste Artikel der Charte, wegen der 300 Fr. Steuern, nur die Fähigkeit zur Wahl, nicht shlechterdings ein Recht dazu gebe, Jundem er auf diese Weise den von der Gegenparthei behaupteten Widerspruch des neuen Entwurfes mit dem Buchstaben und Sinn der Charte widerlegte, ging er tiefer in die Frage ein, wie eine Repräsenta- tion, wenn sie recht und wahrhaft sowol das Talent als das Eigenthum vertreten solle, organisirt seyn müße, und bezog sich hiebei auf Burkes Meinung in seinen Betrachtungen über die Französische Revo: lution. „Jn einem Staate, sagt Burke, wo gleid- mäßig das Talent, wie das Eigenthum vertreten werden soll, muß das Eigenthum vor dem Talente ein Uebergewicht dadurch erhalten, daß dem größeren Besige vor dem kleineren ein größerer Einfluß ge- stattet werde‘ Denn mit dem Talente sey in der Regel eine frischere Lebenswärme, ein uuternehmendes Feuer vereimgt, und dieses Princip würde zerstörend wirken, wenn nicht bei der Trägheit und Schwerfälligkeit, die mit dem Eigenthume in der Regel verbunden wären, durch die größere Masse des Besizes auch ein größeres Intereße nicht blos für diese größere Masse, sondern auch für die Erhaltung des Eigenthumes überhaupt,

auch des geringsten gegeben, und dadurch das noth: wendige Gegengewicht gewonnen werde.

Terneaux, der ihm auf der Rednerbühne folgte, sah dagegen nur Gefahren für den Thron und Verz- lesung der Charte in der mindesten Veränderung der bisherigen Wahlformen, und behauptete in vollem Ge- gensaye mit Villéle, (wie die Erfahrung lehre) daß die großen Eigenthümer, wenn ihnen ein Uebergewicht in der Repräsentation vor den geringeren, oder gar die Sorge für diese allein überlaßen werde, das Jntereße derselben vernachläßigten und dem ihrigen aufopferten.

Der Regierungs-Kommißair, Baron Capelle, bes mühte sich die Regierung gegen die Vorwürfe, daß durch die vorgeschlagene Veränderung des Wahlgesez- zes eine neue Aristokratie gebildet und den Freiheiten des Volkes ein Damm entgegengeseßt werdè, zu vers theidigen. Der König, sagte er, der die Charte gege- ben, ist eden darum Bürge für ihre Erhaltung, und gerade um sie ohn e Hindernis aufrecht erhalten zu könne, will er die Jnstitutionen, die zu ihrer Befe- stigung nothwendig sind, nicht wesentlich verändern, nur zweckgemäs modificiren Er der, seitdem er den Wünschen seines Volkes wiedergegeben, bei jeder Gez legenheit gezeigt hat, daß, wo irgend eine Kollision dex JFntereßen fich ergab, sein Wille für das Nationalz Jniereße. und für die Freiheiten des Volkes entschies den blieb. Eben so wenig könne die Minister der Vor- wurf treffen, daß sie mit der alten Aristokratie sich gegen die konstitutionellen Freiheiten verbinden wollten, und solchergestalt ganz und gar vergeßen könnten, in wels chem Jahrhunderte sie lebten, zu welcher Nation sie. ges hörten, und daß es eben so unmöglich sey, einem großem Volke die einmal gegebene Freiheit wieder zu entreißen, als die Zeit in ihrem Laufe aufzuhalten. |

Aus den Vortrágen der bekannten Deputirten Daus nou, Courvoisier und St- Aulaire, welche Alle