1820 / 49 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 17 Jun 1820 18:00:01 GMT) scan diff

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Die Verleugnung aller Begriffe der Religion , des Rechtes und der Moral, mit der einge Männer und Jünglinge, von denen man richtige Begriffe fodern könnte, sih über Sands Meuchelmord öffentlich ge- äußert haben, macht es zur angenehmen Pflicht, die nachstehende Erklärung iber diesen Gegenstand zur Ehre ihrer Verfaßer und zum erfreulichen Beweise, wie wenig solche Verkehrtheit unter den Studirenden allgemein sey, öffentlich befannt zu machen.

Sie is erst jet zu unsrer Kenntnis gekommen, wie denn das Schlehte immer am schnellsten und frechsten ist, sch vorzudrängen und das Gute, wenn gleich immer nur auf kurze Zeit, zu verdrängen. Auch jet fommt diese Bekanntma@ung. nicht zu spät, da so manche Nachrichten über die Hinrichtung des Meutelmörders eine Salbung affektiren, als sey von cinem Schlachtopfer für Religion und Tugend die Rede, und ihm als Beweis seiner Begeislerung und Faßung vor der Hinrichtung fogax ein Gedichr andichten, das längst in Gesangbüchern gedruckr steht.

Die nachstehende Erklärung, welche wir hier wört- lich mittheilen, wurde im April v. F. in Breslau, von 2214 dort Studirenden unterzeichnet und dem da: maligen Rektor der Universität überreicht.

Breslau, den 5, April 1819.

Ew. Magnificenz i erlauben uns, die Stimme laut werden zu laßen, die über den Meuchelmord des Herrn v. Kogebue

unter den hiesigen Studirenden herrscht. 2 Ohne über die moralischen Eigenschaften oder über den Werth der politischen Unsichten des Herrn von Kotzebue ein Urtheil fällen zu ‘wollen, können wir nicht umhin zu erklären, daß wir jene fanatische That levhaft verabseaen. Vor sechs Jahren, als die äUuf: foderung Sr. Majestät des Königes erging, haben s die hier Studirenden zuerst und freiwillig und ganz der Errettung des Vaterlandes gewidmet; sie haben nach Erreichung dieses erhabenen Zieles ihre ursprüng- lie Bestimmung keinen Augenblick verkannt, son: dern mit gleichem Eifer den Wigenschaften obgele: gen; sie haben nie voreilig in öffentliche Verhältniße eingreifen wollen, sondern sih lediglich zu ihrem fünf:

tigen Berufe vorbereitet. ; : Diese Erflärung Über ihre Gefinnungen und ihre Handlungsweise und über eine That, welche jeder wißenschaftlih Gebildete jeder echte Teutsche, Jeder wahre Christ gleich sehr verabscheuen muß, glaubten die hier Studirenden der Ehre der Universität \chul:

dig zu seyn. ; | j

N N Tnterschuisten unferer übrigen jeßt, in der Fe: rienzeit, verreisten Kommilitonen, werden wir nach Verlauf von vierzehn Tagen nachträglich einreichen.

i rharren mit s{uldiger Ehrfurcht _ a Sas D Toi Magnificenz

ganz gehorsame Studirende.

Diese Eingabe ist entworfen von dem Studenten Regenbrech t.

P T

Ueber die Hebekosten der verschiedenen Steuern von Frankreich. (Fortseßung.)

Von den 7 Procenten der Hebekosten der Grund: Steuer, der Thür - und Fenstersteuer und der Patente erhalten die Unter-Empfänger in den Gemeinden, welche monatlich ihren Empfang an den Haupt - Empfänger des Arrondißements s{chicken, 4 Procent. Dieser sen: det ihn an den General-Empfänger des Departements, der seine Gescdáfte mit dem Tresor, theils mit Baar: Sendungen, theils, mit Wechseln macht. Diese 7 Prs-

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cent werden sich in Zukunft noch vermindern; denn sobald das Kataster fertig ist, und die Steuerrollen jeder Gemeinde völlig in Ordnung sind, so bietet der Empfang weniger Schwierigkeiten dar, und einem Em: pfänger können dann 4 bis 5 Gemeinden zugewiesen werden, statt daß ste jest gewöhnlich nur 5 haben, wo also bei einem geringerea Procente ihre Einnahme doch dieselbe bleibt. Noch mehr wlirde sich an diesen 7 Procenten sparen laßen, wenn die General-Empfän- ger, bei der großen Centralisation des Französischen Geldverkehres in der Hauptstadt, nicht so sehr starke Einsendungen dahin zu machen hätten, woher sie im: mer einen naththeiligen Wechselkours haben. So wer- den z. B. die 200 Millionen Zinsen für die National-

Schuld fast ganz n Paris bezahlt und erhoben, und | müßen also aus den Departements dahin gesendet |

werden.

Nach der Französischen Einrichtung sind Enregistre: |

ment und Douanen in Linen Empfang vereingr, | und man kann daher nicht sagen, weicher von diejen

beiden so ganz verschiedenen Gegenständen die gro?en

Hebekosten von 25 Mill. verurfacht. Wahrscheinlich

aber das Enregistrement. Denn da diese Abgabe wick:

lih sehr hoch ijt, so sucht man fie auf alle Weise zu

umgehen, und sie fodert daher eine starfe Kontrolle,

um die verschiedenen dabci vorfailenden Arten vou

Betrügerei zu entdeEen und daan vor den Gericzten

zu verfolgen.

Was nun die Douane betrifft, so können die Ko: sten von dieser nicyr gering seyn, eden der 26,262 Un: gestellten wegen, die das ganze Jahr hindurch unter halten seyn wollen.

Bei der Französischen Douane liegen zwei leitende |

Principien zum Grunde. Das erste ist, daß sie eine groÿe Summe in den Schaß bringen soll, nämlich 120 Mill., von denen, nachdem die 25 Mill. Hebeto- sten abgezogen, noch 87 Mill. als Nein-Ertrag übrig biei- ben. Das zweite leitende Princip is, daß sie die inlän- dischen Fabriken gegen den Andrang der ausländischen shüten, und diesen ein künstliches Daseyn geben soli.

Was nun das erste betrifft, so würde ihre Ein: }

nahme wahrscheinlich größer seyn, wenn ihre Se niedriger und diese so geordnet wären, daß sie die Waas ren n:chè von den Land- und Waßerstraßen entfern- ten, an denen die königlichen Zolistäten erbaut sind. Der größte Theil der 26,262 Zolübeamten könnte daun

gespart werden; denn wenn feine hohe Zolisäße als }

Prámie auf die Kontrebande geseßt werden, - 0 hat man keine Kontrebande nnd keine Kontrebandiers, Der Kaufmann und der Spediteur macht nicht gerne

Geschäfte mit den Privat-Douanen, so sich neben den königlichen Douanen angeledelt, weil diese Geschäfte immer sehr lästig sind. Denn die Waaren müßen im- mer umgepackt werden, um ste in so kleine Pake zu | bringen, wie sie der Kontrebandier gebraucht sie lei: | den durch dieses Umpacen und kommen nicht zur ves | stimmten Zeit so regelmäßig an, als wenn sie in gro: | ßen Quantitäten mit Frahtwagen und Schiffen ver: sendet werden. Manche gehen auch verloren, und die Spediteurs und Versicherer müßen den Verlust er: seßen. Dieses führt denn zu einer-unangenehmen und fleinlichen Korrespondenz, wobei der Kaufmann beri einer Versendung von 1000 Nihl. Werth eben so viel Zeit aufwenden muß, als bei einer im gewöhnlichen | Wege von 10,000 Rthl. Werth. Alles dieses macht, | daß die Kaufleute zu Kontrebandegeschäften wenig ge: | neigt sind, wenn sie nicht durch einen sehr-hohen Zoll: Tarif hiezu aufgemuntert werden.

(Schluß folgt.)

Redaktion in Aufsicht: von Stägemann Reimersche Buchdruckerei,

r O R T G5"; C O G I: aaen a meren

Allgemeine

Yreußishe Staats - Zeitung,

491 Stick. Berlin, den 17ten Junius 1820.

l. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages. Berlin, vom 17. Juni. Vorgestern sind Se. Majestät der König, Se. Königliche Hoheit der

* Kronprinz, Se. Königliche Hoheit der Prinz Wi l:

helm (Sohn Sr. Maj. des Königs ), und Se. Königliche Hoheit der Prinz Karl hier wieder ein- getroffen.

Se. Königl. Hoheit der Prinz Friedrich, so wie Sre Königliche Hoheit die Prinzeßin Louise von Preußen, Gemahlin Sr. Durchlaucht des Fürsten Anton Nadziwil, und Se. Durchlaucht der Fürst nton Mabziwil, Statthalter des Großherzogthums Posen, höchsiwelche vor einigen Tagen nah Freien- walde abgegangen waren, sind von da hier wieder eingetrossen.

Der Königl. Hof legt heute den 16. d. die Trauer

für J. K. H. die verwitwete Prinzeßin Friederike Sophie Wilhelmine von Naßau-ODranien,

| Erbjiarthalterin von Holland, auf 14 Tage an.

v. Buch, Schloßhauptmann.

Se. Majestät der König haben dem bisgheri- gen Rentmeister Herb zu Schul-Pforte den Titel eines Komißionsrathes, und dem Domainen-Beamten Hein zu Subdkau den Karakter als Amtsrath zu ver:

leihen und die ausgefertigten Patente allerhöchsiselbst zu vollziehen geruhet.

Se. Königliche Majestät haben geruhet, den Architekten Liemann zum Profeßor bei der Bau- Akademie zu ernennen.

Einpaßirt: Der Generalmajor v. Wibleben, General-Adjutant Sr. Maj. des Königs, von Stet: tin. Der Oesterreichische Kammerherr Gr. v.. Kie f- stein, als Kourier von Wien. Der General: Lieute- nant und Chef des Jugenieur- Corps, von Rauch Excellenz, von Stettin. Der königl. Niederländische Kammerherr von Heertel als Kourier vom Haag.

Auspaßirt: Se. Excellenz der General-Lieutenant und Chef des Departements für die Invaliden, Graf v. Schlieffen, nah Wernigerode. Se. Excellenz der königl. Dänische Geheime Konferenzrath :c. Gr. v. Hacdenberg:Reventlow.— Se. Durchl. der Fürst Cabanoff v. Rostoff, kaiserl. Ruß. Garde - Dbecsk und Fiügel-Adjutant S. M. des Kaisers, nach Leipzig. Der General : Major v. Schmidt, Inspekteur der Garde-Artillerie-und der 1sten Artillerie-Brigade, nach

Stettin.

Durchgegangen: Der faiserl. Ruß. General- Major v. Fredro, als Kourier von Stuttgart kLom-

mend, nach St. Petersburg.

Il. Zeitungs-Nachrichten.

Ausland.

Frankreich. Die Scenen mit dem Marquis Chauvelin, deren das vorige Blatt érwähnte, sind von Unordnungen begleitet gewesen, die einige ernst: hafte und zum Theil blutige Folgen nah sich gezogen, und selbst in der Deputirtenkammer ist es darüber zu einer hochst lebhaften Diskußion gekommen. Der Mo- niteur berichtet davon Nach tehendes : Den T«g nachher, als Chauvelin bei seiner Rückkehr aus der Depu- tartenfammer von einer Anzahl junger-Leute mit dem Zurufe „es lebe Chauvelin, dieser treue Deputirte ‘“ begleitet worden war, hatte sich, ähnli he Auftritte erwartend , eine größere Anzahl nzugieriger Zuschauer eingefunden, und jene jungen Leute schienen auch mit der Absicht gekommen zu seyn, die Scene des vorigen Tages zu erneuen. Sobald sie Chauvelin erblick: ten, erhoben sie abermals jenen Zuruf, umgaben etwa 150 an der Zahl die Sänf!e, worin er getragen wurde, und begleiteten ihn nah seiner Wohnung. Niemand sons, gesellte fih zu ihuen, und dies ganze Schauspiel schien keine andere Wirkung hervorzubringen, als Ver- wunderung und Betrübnis bei denen, in deren Ge- müthe es s{merzhafte Erinnerungen an die Vergan- genheit zurückrief. Ordnung und Ruhe war auch bis dahin nicht gestört, und die öffentlichen Autoritäten hü- teten sich um so mehr mit Vorsichtmaasregeln dazwi- schen zu treten, als solche in dem gegenwärtigen Zeit:

punkte so leich falsch gedeutet werden konnten. Aber als die Zahl jener jungen Leute am nächsten Tage im- mer mehr anrouchs, als man sich nicht länger verhehlen konnte, daß ihr Verfahren Andere zur Opposition reiz- zen werde, und als dies nun in der That geschah, in: dem einige Zuschauer „es lebe der König “‘ riefen, andere darauf „es lebe der König und die Charte“ hören ließen, und jene jungen Leute darauf blos „es lebe die Charte‘ erwiderten: da war, niht nur eine verdoppelte Wachsamkeit der Autoritäten durchaus nô- thig, sondern man mußte auch den möglichen Fall größerer Exceße und Ruhestörungen beherzigen, und ihnen vorzubeugen suchen. Mehre Polizei-Kommißaire und eine große Anzahl von Friedensbeamten erhielten daher den Befehl, den Pallast Bourbon zu umzingeln und starêe Piquets Gens d’armerie wurden zu ihrer Disposition gestelt, um vornehmlih auch, wenn es erfoderlich sey, die Würde der Deputirtenkammer und der Deputirten selbst zu bewahren und zu beshüßen. Diese Maasr-geln rechtfertigte der Erfolg; denn als beim Anfange der Sibung am 5. Jun. die zahlreichen, auf der Brücke Ludwig des XVI. und am Eingange des Plages Ludwig des XV. versammelten Gruppen „es lebe der König “‘ riefen, und dies von Anderen mit dem Rufe „es lebe die Charte‘ beantwortet wurde ; als sich, wie behauptet wird, hierunter ein wahrhaft aufrührisches Geschrei mischte: da erfüllte die Gens- d’armecie ihre Pflicht, zerstreute die Gruppen und verz