1820 / 51 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 24 Jun 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Sorge fär die Herstellung der Ruhe anverttaue: eb halte zwar die ordentlichen Truppen ebenfalls vom besten Geiste beseelr, aber man habe sie durch falsche Vorspiegelungen gegen die Bürger eingenommen.

. In gleichem Sinne sprach Casimir Perrier. Er

fragte ausdrückcklich, ob nit die Kammer vor allen an- dern“erst beftimmt aussprechen müße, der Ruf „es lebe die Charte!‘/ sey ein Aufruhrgeschrei , bevor man den Truppen befehle, auf alle Diejenigen , die also rie- fen, einzuhauen, und bemerfte dabei, daß der Marschal Oudinot, Kommandant der Nationalgarde, in bür- e Kleidung ruhig spaziren gehend, durch den sndrang der Truppen zur Erde geworfen und von einem Säbelhiebe verleßt worden. Er unterstüßte mit diejem allen den Autrag Lafittes, daß die Ruhe der Stadt und mit ihr die Ruhe und Freiheit der Kammer gesichert werde.

Hierauf nahm der Justizminister de Serre das Wort, und wir müßen dabei anmerken, daß alle Pa- riser Zeitungen auf Anordnung des Polizeipräfektren einen kichtigen Abdruck seiner Rede in besonderen Bei- lagen haben aufnehmen müßen; sie lautet folgender- maßen; „Man sucht Euer Mitleiden und Euren Un- willen aufzuregen. Diese Gefühle sind gereht, und tief müpen sie wurzeln. Aber der Schmerz muß groß feyn, weil der Aufruhr, der uns diese Uebel herbei- führt, eine ganz systematishe und völlig organisirte Gestalt angenommen hat, und der Unwille muß sich gegen die Urheber dieses Aufruhrs, gegen Diejenigen, die ihn organisirt, die ihn hon seit langer Zeit vor- bereitet haben und jeßt ihn leiten, erheben; er muß auch das planvolle Gewebe treffen, das man eben jeßt vor Euren Augen entwickelt und das unverkennbar ein Werk einer Faftion ist, welche dahin: strebt, die Freiheit der Kammer und der gesezgebeuden Gewalt anzutasten. Dies System besteht darin, daß, nachdem man verge- bens gesucht: hat, Beschluße, welche der Faktion mis- fallen, zu hintertreiben, und durch allerlei Petitionen die Kammer aufzuhalten, man nunmehr durch Aufstand und Gewaltthätigkeit die Absichten durchseßen will. Ja wohl

muß mon einen durhdachten Plan annehmen, wenn man hôrt, daß alle diese Zusammenrottungen , diese Drohungen, diese Angriffe als unschuldig dargestellt wer- den, und man jede Misbilligung von ihnen ab und auf die Anstalten hinlenken will, die Jhr zur Abwendung

der Gefahr getroffen habe. Jch will die Kammer mit einigen nähern Umstäuden über die Bewegungen, welche die gestrigen beflagenswerthen Ereigniße herbeigeführt Haben, bekanut machen.

Ja die Rebellion is förmlich organisirt; sie hat ihre Häupter , ihre Signale, ihre Losungsworte, ihre. vor- geschriebenen Bewegungen, und gestern vornehmlich war sie auf zwei Punkte hingerichtet. Jn der Vor- stadt St. Marceau scheiterte der eine Versuch ; aber der andere wichtigere hatte auf den Boulevards Str. Martin und St. Denis seinen Fortgang. Dort wollte man durch eine bôsartige Berehnung zugleich von der Finsternis der Nacht und von dem größeren Zusammen- fluße von Menschen, der ‘beim Schluße der dortigen Schauspiele natärlicherweise statt findet , Vortheile ge- winnen. Dort erhob sich ein trobendes Geschrei, und nicht etwa blos „„es lebe die Charte !‘‘ sondern ein aus- drücflihes Aufruhrgeshrei gegen den König. Alle friedliche Versuche, die Versammlungen zu zerstreuen, waren vergebens; man hörte nicht auf die Polizeibe- amten, und selbst die Nationalgarde wurde von der Menge zurückgedrängt. Darn erst, als auch die dar- auf herbeigerufenen Gensd'armen ,„ die, den Säbel in der Scheide, den Unordnungen steuern wollten, mit Steinwürfen und Stocf[chlägen empfangen wurden, ließ man Linientruppen vorrücken, das heißt, eine ein- zige Escadron Kuiraßiere, mit dem Lieutcnant , der sie befehligte, an ihrer Spiße, Auf deßen Ordre mußten zuförderst ‘die gegenwärtigen Polizeibeamten ihre Er- mahnungen dreimal wiederholen; dann ließ derselbe noch dreimal durch Trompeter die Auffoderung zum Auseinandergeheu “verkünden: aber Steinwürfe, er- hobeue Stôcke mit aufrührischem Geschrei begleitet,

waren die Antwort darauf. So blieb denn nichts

übrig, als Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, dac

lebte Mittel, damit die schrecklichsten Drohungen dée;

Aufrührer mt wirklih erfüllt würden. Unter andery

schrien sie auch „„es leben unsere Brüder zu Manchester !“

Nach diesen Worten wendete der Minister sich bejou| ders gegen die linke Seite und sagte: „Angenommen,

dies alles wäre eíne freiwillige Bewegung misver| gnügter Bürger gewesen ; angenommen, daß diese Hand.

werker, die noch in ihrer Arbeitkleidung einhergingen,

die Gegenstände verstehen, die wir hier eben abgehandelt,

und daß gerade dieje Gegenstände es sind, die sie ent! flammen: föônnt Jhr anuehmen, daß das eben gedacht} Geschrei von selbst aus ihrem Munde ging? Uni

was bedeutet es vollends in dem wahren Zusammen;

hange der Sache, und im Geiste der orgauisirten Rebel, len? ‘/ Hier lajen der Minister die über die Unruhen aufgenommene Verhandlung vor, worin vermerkt war, dap man ,, nieder mit den Kammern, nieder ric dey Royalisten, mit den ÉEmigrircen , mit den Kuiraßieren, mit den Dragonern“‘‘ gerufen, und [chioß danu mit dey Worten: „¡„Offenbar verrathen diese Bewegungeu eine! obere Leitung; wir forschen ihren Urhebern nach, und wir hoffen bald Beweise beibringen zu können, Und nun, meine Herren, was deukec ZJhr jet von dey Anstrengungen , die man heute auf dieser Tribune g: macht, um die Gemüther zu entflammen und die aus: rührishen Handlungen zu rechtfertigen? Jch greise nicht die Personen an, ih nenne nur Das was ge: |chehen und gesprohen ist, mit seinem rechten Namen. Was werdet Jhr überhaupt zu allen den empörenden Reden , die in dieser. Kammer gegen die Regierung ausge}prochen worden, und zu denen, die sie geführt, sagen? Ohne Zweifel: auf Euer Haupc falle das vergoßene Dlut, wenn die Rebellion wirklich ausbricht, Was wäre jeßt das Schickjal des Königthums, des Vaterlandes, wenn die Regierung Uubewafsnet und wenn neben dem Feuergeschrei der Rebellion auch noch die Frechheit der Journale ihr Spiel triebe ?‘

Itach den neusten Pariser Zeitungen bis zum 17ten haben die unruhigen Voifsbewegungen nit weitern Fortgang gehabt. Am 13, früh um 2 Uhr sind feuerfangeude Materien in den Pf l'destall der Herzogin von Augouleme ‘geworfen worden „, und haben die Streu in Brand gescb4z aber das Feuer ist baid gelöscht worden. :

Das Journal des débats meldet, daß am 14ten | früh das Büreau der Deputirtenkammer, geführt von | dem Minister Simeon, das angenommene neu [ Wahlgeses dem Könige vorgelegte ;

Ju der Deputirteukammer wird jeßt das Budjet disfutirce. Das des Miuisters der Auswärtigen Ange

legenheiten, ein Theil desjenigen des Ministers des Juneren, welche die Wißeuschaften und Künste, die Gei(tlichkeit, den reformirten Kultus und die Brúf fen und Chaußeen betrift ist schon angenommen. |

Wie das Journal de VLaris melder, ist die Re-| nommee auf Einen Monat verboten worden; die]

neujten Blätter derselben sind auch nicht angekommen. Bekaunitlich steht dem Kaßatioushofe êin Urtheil eines Rechtshandels selbst mt |

über den Gegenstand

zu, sondern er erfennt nur, in wie weit die Form | beim Gange des Prozeßes, der bestehenden Vorschrift gemäß, beobachtet oder verlest worden. Hienach ijt die in der vorigen Nummer dieser Zeitung er:

wähnte, aus mehren Französischen Blättern entnom- mene achricht ,

des General - Profurators, gegen die Beförderer der sogenannten Ytational- Subskription abgewiejen, sei

nem Junhalte nach anertannt und bestätiget habe, zu N

berichrigen.

Großbritannien, Am gten soll die Königin

daß der Kaßationshof das Urtheil F des Gerichtshofes zu Lyon, wonach derselbe die Klage

gegen den Grafen Liverpool sich bereit erklärc ha-

ben, jeden mit ihrer Ehre verträglichen Vorschlag at: |

zunehmen, der ihr von Seiten der Regierung werde gemacht“ werden, Die Verhandlungen des geheimen

Ausschußes, welche den 13ten erdfnet werden sollten, }

sind bis zum 17ten vertagt worden,

Spanien. Die dem Erzbishof zu Saragoßa vor deßen Pallast gestellte Sicherheitwache ist bei völlig wiederhergestellter Ruhe zurückgenommen wor- den; in der Rechtfertigungs|chrift, die der Erzbischof in der Form eines Hirtenbriefes herausgegeben citirt er den Ausspruch des Apostels , nah welchem der Gott sih selbst widerseze, der seiner Obrigkeit Wi- derstand leiste.

Dresden. Der Bischof und Beichtvater Sr. Majestät des Königs, Dr. Mauermann , ist am 7. d.{M. zum Komthur des Cioilverdienstordens; zu Nit: tern aber sind der Hofrath Dr. Beek, der Kammer- Rath Frege zu Leipzig, und der Kreishauptmann Geheim. Finanzrath v. Zeschau zu Dresden (in der gelehrten Welt unter den Namen Willibald rühmlich befannt) ernannt worden. o

Das dem Grafen Heinrich XLVIII, jüng. Linie Neuß, zugehörige Palais zu Köstriß bei Gera, wird samt dazu geh¿rigem Garten auf dem Wege der Lot- terie ausgespielc.

Hamburg Der Blücher: Klubb hat in Emsbüt- tel unter dem Vorsige des Grafen Blücher:Altona das Erinnerungsfest des Schlachttages von Belle Al: liance abermals feierli begangen. Das Andenken an den vorangegangenen Helden jenes blutigen Ehren- Tages verseßte den Kreis in eine wehmüthige Stim- mung, die nur der Freude über das weichen konnte, was Er uns mit Gott und seinen Preußen errungen:

Frankfurt. Der zur Unterstüßung in der Schlacht bei Belle Alliance invalid gewordener teutscher Krieger hier bestehende Verein, an deßen Spiße Herr Morit v. Bethmann steht, fodert 8 Jnvaliden, welche am 18. Jun. 1815 unter- dem Over-Befehle des Fürsten Blücher v. Wahlstatt mitgefochten haben, und de: sondern Anspruch auf Uaterstübung maczen zu können glauben, auf, sich mit den erfoderlihen Zeugnißen zu meiden, um unter sie 400 Fl. zu vertheilen.

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Berlin. Zur Feier des 18. Jun. versammelten sich am vergangenen Sonntage abends im hiesigen Borsen: Lokale 120 junge Studirende zu einem fröhlichen Mahle ; während desselben ward eine auf das Fest der Erinne- rung an jenen denkwürdigen Tag Bezug habende Rede gehalten, und die darauf ausgebrahten Toasts galten Sr. Majestät dem Könige, den vier Fakultäten der hie: sigen Universität, und der akademischen Freiheit. Froh: sinn und muntere Lieder würzten den Genuß einex sehr wohl besezten Tafel; übrigens aber herrschte im Ganzen der geregelte Anstand vor, durch den sich unsere akademischen Mitbürger seit Begründung der hiesigen Universität rühmlich auegezeichnet haben. i

Von einem andern Theile der hiesigen Studiren- den war ein dem vorjährigen ähnliches Fest in Trep- tow wieder veranstaltet worden, an dem auch einige Nichtstudirende Theil nahmen. : i

Die etwa 9o Köpfe starke Gesellschaft schiffte sich größtentheils an der Stralauer Brücke auf 4 mit Eichen- Laub und farbigen, mit bezugsamen Aufschriften versehe- nen Wimpeln geschmückten Gondeln ein, und fuhr unter Musikbegleitung, zunächst nach einer bei Treptow gelege: nen fleinen Jnfsel, woselbst sie einen Kreis bildete und

nach angehörter Rede eines der Theilnehmer, einen Cho: | ral fang.

Von hier begab sie sich nach Treptow selbst, und nahm das dort für sie bereitete Mittagmahl ein, während deßen mehre, insbesondere Körnersche Lieder gesungen wurden. ega 2E y Nat§-Tische belustigte sie sich im Freien mit gesell: shaftiihen Spielen, und trat in der Mehrzahl, gegen 9 Uhr abends, zu Waßer den Rückweg nah Berlin wiedor an. Der zurückgebliebene Theil vereinigte sich

" zu Rundgesängen und folgte erst nach Mitternacht.

Auch diese Versammlung bestätigt übrigens den Er: fahrungssag, daß unsere hiesige sudirende Jugend die Regeln des Anstandes und der Ordnungsliede bei sol

Ï hen sffentlihen Festlichkeiten nie aus den Augen sett,

Swinemünde. Nachdem des Prinzen Wil- helm und Karl Königl. Hoheit bereits am 4. Jun. auf Ihrer Reise nah Stralsund hier eingetroffen wa- ren und folgenden Tages Dero Reise weiter fortge- sest hatten, kamen am Dienstage den 6. Se. Maje- stät der König in Begleitung des Kronprinzen Königl. Hoheit mit Dero Gefolge in ecwünshtem Wohlseyn zu Ost-Swine an, woselbst Allerhöchstdieselben, von dem Wirklichen Geheimenrathe und Ober-Präsidenten Herrn Sackck Excellenz bewilllommt wuücden, darauf die bez

‘reit gehaltenen Schaluppen bestiegen und nah dem

östlichen Mole hinausfuhren, um die zur Verbeßerung des hiesigen Hafens ‘angelegten Werke zu besichtigen, mit deren Baue und Konstruëtion Allerhöchstdieselben von dem Geheimen Ober: Baurathe Günther, als Direktor des Hafenbaues bekannt gemacht wurden, und Dero Allerhöchste Zufriedenheit darüber äußerten, daß die Werke bereit so weit vorgerückt wären ; hier- auf begaben Allerhöchstdieselben Sich nah der Stadt, und wurden auf dieser Fahrt von den im Hafen liegen- den, mit Flaggen gezierten Schiffen, mit Kanonensal- ven und dem freudigen Hurrah! der Schiffbesazune gen begrüßt. Beim Aussteigen wurden Allerhöch stdiesel- ben von den hiesigen Einwohnern, welche sich schon seit langer Zeit auf die Arkunft des heiß geliebten Köni- ges gefreuet, und zur Feier seiner ersehnten Anwesen- heit ihre Häuser mit Kränzen und Laubwerk geschmückt, und die Straßen mit Blumen und Laub bestreuet hatten, mit einem frohen dreifahen Hurrah! bewill- tommnet. Se. Majestät der Könia geruheten Dero Quartier îndem Hause des Kreis-Einnehmers- R ie- del, und Se. Königl. Hoheit der Kronprinz in dem Hause des Geheimen Kommerzien-Rathes Krause zu nehmen, ließen Sich von des Herrn Sack Excellenz die Chefs der Behörden und einige andere Personen vorstellen, und zeigten Sich gegen Jedermann äußerst gnädig und herablaßenb; sodann geschah auch die Vor- stellung bei des Kronprinzen Königl. Hoheit, welchè gleichfalls einen jeden: äußerst gnädig empfingen.

Am Abend wurde ein auf dem Hause des Gehei- men Kommercien Rarches Krau se befindliches Obser- vatorium mit einem Brillantfeuer erleuchtet, und mehr als 100 Bôre mit Lampen geschmülckt, bewegten sich in einer langen Reihe stromaufwärts und formicten, der Wohnung Sr. Maj. gegenüber, ‘einen Halbzirkel, welches bei dem' überaus s{öónen und stillen Abende, auf dem Waßer einen herrlichen Effekt machte. Am anderen. Morgen geruheten Se. Majestät Sich eine lange Zeit am offfenen Fenster dem Publikum nochmals zu zeigen, und sesten um 7 Uhr „neb| des Kronprin- zen Königl. Hoheit unter den heißesten Segenswün- schen der hiesigen Einwohner, welche entzückt über die Herablaßung und Milde Sr. Majestät und d-s Kron: Prinzen Königl. Hoheit, Denenselben noch ein dreifa: ches freudiges Hurrah! naghriefen, Dero Reise na Stralsund fort.

Greifswald, vom 9. Juni. Die gestrige hohe Anwesenheit Sr. Majeskät unseres allergnädigsten Kö- niges und Sr. Königl. Hoheit des Kronprinzen ge- reichte unserer Universität zur besonderen Auszeich- nung. Beide Alerhöþste Herrschaften geruheten im Universitäts: Gebäude und zwar in dem mit Blumen geshmüdckten Bibliotheksale abzutreten. Se. Königi. Majestät hatten die Gnade, sich daselb| zuerjt den Prorektor der Universität vorstellen zu laßen, indem der Rektor krankheithalber, an dem Glücke, den Al: lerhöchsten Herrschaften, die Ehrfurcht der Universitär in Unterthänigkeêt zu bezeigen, verhindert ward. Se. Majestät unterhielten sich mir dem Prorektor auf das huldreichste. Auch die Chefs der Übrigen Behörden genoßen die Gnade, ihre Ehrfurcht bezeigen zu dürfen. Die All:rhöchsten Herrschaften nahmen sodann einige im Universïtäts-Gedäude befindlide Institute in Au: genschein, und ertheilten sowol dem Prorektor, als den Vorstehern dieser Junstitute die gnädigsten Ver- sicherungen. Die- Segenswünsche der ganzen Univer- sität folgten den höchsten Reisenden.