1820 / 57 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 15 Jul 1820 18:00:01 GMT) scan diff

Danzig. Im Jun. war der Getraidepreis für den Waiben 105 bis 150 Thl. pro Last (564 Berliner Scheffel), für den Roggen 68 bis 753 Thl. Es ka: men 157 Schiffe zur See eín, 119 liefen aus. Auf der Weichsel trafen 502 Fahrzeuge mit Getraide ein. Seit Eröfnung der diesjährigen Sckiffahrt sind bei- nahe 4000 Matrosen, Schif - und Ruderknechte hier eingekommen ; zu Lande trafen über 700 Fremde blos im Monat Jun. ein. i

Der fast ganz beendigte Bau der sogenanten Rüde- wand, wodurch das Waker der Radaune über den Stadtgraben durch den Mall in die Stadt geleitet wird, is für den hicsigen Ort so merkwülirdig als wichtig. i

Marienwerder. Statt daß sonsk große Sum- men jährlich für die Ersakpferde der Kavalerie in das Ausland gingen, gewinnen jeßt die Pferdezüchter des Jnlandes diese Gelder. Jn hiesiger Gegend sind be- reits mehre Kavalerie - Kommandos eingetroffen, um die von einer besonders ernannten Kommißion, in

Ostpreußen, Westpreufen und Litthauen anzukaufen: den Remontepferde in Empfang zu nehmen.

Köln. Ueber die, bei jedem Gerichte in den Rheinpro- vinzen zu bestellenden Advokat-Anwalte is Folgendes be- stimmt.

1) Die Zahl der Advvokat-Anwalte in den Nheinischen Provinzen is einstweilen auf folgende Weise festgestellt :

a) Vei dem Rheinischen Appellationshofe auf 20 b) bei den Gerichten der ersten Instanz zU Köln auf 21, zu Düßeldorf 20, zu Aachen x7 , zU Trier 18, zu Koblenz 18, zu Kleve 7.

Sollte die Erfahrung lehren, daß diese Anzahl bei eini- gen Gérichten in Verhältnis zu den gewöhnlih dort vor- Fommenden Geschäften niht hinreiche oder zu groß sey, #o wird das Justiz-Ministerium sie im ersten Falle vermehren, und im zweiten dadurch vermindern, daß die zuerst erledig- ten Stellen, bis die erforderliche Zahl erreicht ist, unbeseßt bleiben.

2) Die Ernennung der Anwalte bleibt dem Justiz - Mi- nisterium vorbehalten. :

ueber die: Frage, wie groß die Anzahl seyn müße, wird der Rheinische Appellacionshof zu seiner Zeit nah eingehöl- tem Gutachten der Gerichte der ersten Instanz berichten.

3) Um gründlich hierüber urtheilen zu können, wird auf der Kanzlei eines jeden Gerichtes, den Appellationshof mit einaescloßen, ein besonderes Verzeichnis geführt, worin je- der Anwalt mit Bemerkung der Prozeßsachen, worin er im Laufe des Jahres vor und nach als Anwalt aufgetreten isi, angemerkt und weirer hinzugefügt wird, ob er allein oder unter dem Beistande eines Advokaten die Sache vorgetra- aen hat, und ob für oder widèr seinen Klienten erkannt worden :

) Wer in den Rheinprovinzen in die Matrikel der Ad- vokaten entwèder hon vor der gegenwärtigen Verordnung aufgenommen ist, oder fúnftig darin aufgenommen und zur Advokatur zugelaßen werden wird, hat hon dadurch, er sey zugleih Anwalt oder nicht, das Recht, bei dem Appel- lationshofe sowol, als bei den übrigen Gerichten als Advo-

kat aufzutreten. Er kann gleihwol, wenn er nicht beide Eigenschaften in fich vereinigt, nur in Beistand eines zur Sache gehörig bestellten und bei dem Gerichte in Eid und Pfl:cht stehenden Anwaltes zugelaßen werden.

5) Kein Advokat verliert dieses Recht dadurch, daß er zugleich bei einem anderen Gerichte oder bei dem Rheini- hen Appellationshofe als Anwalt angestellt ist; er is gleihwol verbunden, in den Sachen, die er als Auwalt zu besorgen hat, und für die Zeit, daß ex an einem anderen Gerichte beschäftiget ist, einen seiner Kollegen zu substitui- ren und sich durch ihn vertreten zu laßen,

6) Diejenigen, die bis zu der gegenwärtigen Einrihtung des Justizwesens aus Mangel an der erfoderlihen Quali- fikation nur als Anwalte auftreten Fonntèn, und auch der- malen in das Verzeichnis der Anwalte wieder aufgenommen worden, sind nur in dieser Eigenschaft wieder angestellt und behalten zwar die nach den bestehenden Geseßen ihnen- zuz Éommenden Rechte u. #. w., werden gleihwol aber da- durch den Advokaten nicht gleich geachtet,

) Wer an einem Gerichte, wo er niht {hon als Advo- kat persónlich bekannt ist , in dieser Eigenschaft auftreten

will, hat sich vor der Audienz, unter Vorzeigung semer |

Matrikel, bei dem Präsidenten zu legitimiren,

8) Die Matrikel aller Advokaten wird bei dem Rheini: |

schen Appellationshofe geführt und dem Justizminister eiñe

gesendet. Die dur Sterbefälle oder anderweite Beförde-

rung dabei vorfallenden Veränderungen hat das öffentliche

Ministerium am Schluße eincs jeden Jahres dem Jujtizmi-

nister ebenfalls anzuzeigen.

9) Ueber die Qualifikation zur Advokatux üúnd zum Amte eines Anwaltes wird eine besondere Verordnung vorbehal- ten. Vorläufig gelten deshalb folgende Bestimmungen :

a) Wer in der Matrikel der Advokaten aufgeäaomrmen zt werden verlangt, muß zwanzig Jahr alt scyn, und dur Zeugniße beweisen, daß er wenigstens drei Jahre lang auf einer Universität sich der Rechtsgelehrsamkeit gewidmet, und nachher zwei Jahre lang bei einem iminatrifulirten Advokaten oder Anwalte die Praxis erlernt hat.

b) Die Prüfung geschieht von einem Präsidenten und zwei Räthen des Appellationshofes über alle Theile der Recht s- Gelehrsamkeit, und endigt sich mit der Ahbfaßung einér Denkschrift und mit einem Vortrage aus Kriminal-Akten odex mit einer Defenstons schrift,

c) Ueber das Resultat der Prúfung entscheidet der erste Civil-Senak.

d) Niemand wird als Anwalt zugelaßen, ohne sich vorher einer bèsonderen Prüfung über die Prozeßorduung bei dem Gerichte, woLei er angestellt werden soll, unterworz fen zu haben. Die Prúfung geschieht dort ebenfalls von einem Präsidenten und zweien Richtern, und úber das Re- sultat wird in einer Plenar-Versammlung des Gerichtes

entschieden.

10) Wer als Richter, als Gerichtshreiber , oder als Notar oder in einer anderen Eigenschaft bei einer dfffentli- chen Verwaltung angestellt ist, fann nicht zugleih das Amt eines Advokaten versehen ; die Rechte durch die Annahme einer solhen Stelle nur suspendirt und gehen dadurch nicht verloren.

1x1) Jeder Anwalt ist schuldig, an dem Orte zu wohnen, wo das Gericht, bei dem er angestellt ist, seinen Siß hat.

Erfúllt er diese Bedingung nicht in den ersten neun Monae- F ten, nahdem ihm seine Anstellung bekannt gemacht worden, F

so 1 die Ernennung erloschen,

E R R P R I E E C I I E I Ia D Om zum

Resultat aus den Bevölkerungs-Listen des Regierungsbezirkes Kleve für das J. 1819.

1) Jn dem Regierungsbezirke Kleve beträgt die Zahl der im Jahre 1819 Gebornen 7690, die der Ges storbenen 5809; es sind also mehr geboren als ge- storben 1881.

2) Knaben sind geboren 4001. Mädchen 5689. Jene Zahl verhält sich zu dieser wie 15 zu 12.

3) Unter den oben angeführten 7690 Gebornen be- finden sich 285 außer der Che Erzeugte ; folglih wár unter 27 Kindern ein unceheliches.

4) Getrauet sind 15534 Ehepaare; darunter 39 Männer über 60 Jahr alt, wovón 8 sich mit Frauen unter 30 Jahren verheurathet haben.

5) Ueber 90 Jahre alt geworden find 14 Männer und 20 Frauen. i

6) Todtgeboren sind 75 Knaben und 51 Mädchen, zusammen 126. Diese Zahl verhält sich zu der gan- zen Summe der Gebornen wie 1 zu 60.

7) Bei der Niederkunft und im Kindbette sind 66 F

Frauen gestorben. 8) Von den Gestorbenen haben 706 das natürliche

Lebensziel erreiht und sind an Entkräftung gestorben. f

9) An den natürlichen Pocken find 15 gestorben. 10) Am stärksten ist die Mortalität bei Kindern gewesen, denn es starben: a) vor vollendetem 1sten Jahre « « + - « + 1025

b) nach dem 1. und vor vollendetem 7. Jahre 1089{ „611, |

c) nach dem 7. und vor vollendetem 14. Jahre 344 d) hiezu die Todtgebornen . « « ch . - + + 126 Hienächst die Erwachsenen bis gegen das 6oste Fahr 1751. Am s{chwächsten bei alten Leuten bis 90 Jahre

und drüber

R ae o ia 0 a0 Le e E S

Summa wie oben 5809,

Redaktion in Aufsicht: von Stägemann,. Reimershe Buchdxu®eref.

selbst sind gleihwol |

Allgemeine

Yreußishe Staats - Zeitung,

5s Stü. Berlin, den 15ken Julius 1820.

v

1. Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Berlin, vom 15. Julius Se. Majestät der König haben dem Großherzogl. Mecklenburgischen Staatsminister Freiherrn von Pleßen den Rothen Adler-Orden erster Klaße, und dem Fustizkommißarius Jacobi in Bochum, den Karakter als Justiz-Kom- mißions-Rath zu verleihen geruhet.

Das heute ausgegebene 13te Stúck der Gesessamm- lung enthält : No. 613. Die Verordnung über die Einführung der Vor- schriften des Allgemeinen Landrechtes Th. 11. Tit. 20. G. 2. bis 15. incl, und der Kriminal- Ordnung §. 96. bis 98. incl. wegen der von Preußischen Unterthanen im Auslande oder von Fremden im Inlande oder auch im Auslande begangenen Verbrechen oder Vergehen, in sämmtliche Provinzen der Monarchie, worin die Preu-

fischen Gesesbücher noch nicht. Geseskraft habenz vom 30, AUn, b. ch5,

No. 614. Die Deklaration des §. 3. der Verordnung vom 11, März 1818 über die Lehen und Fideikommiße in den jenseit der Elbe gelegenen Provinzen; vom 1, Jul: L De

Berlin, den 15. Jul. 1820. Königl. Pr. Debit-Komtoir f. d, Allgem. Geseßsammlung.

Einpaßirt: Der Königl. Handversche außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister an hiesigem Hofe, Baron v. Ompteda, von Dresden. Der Generals Major und BrigadeKommandeur Rüch el v. Kleist, von Stettin. —- Der Regierungs-Chef-Präsident v. M o 6, von Merseburg.

Auspaßirt: Se. Exc. der General - Lieutenant von Rauch, Chef des Ingenieur - Korps , nach Bromberg, Der General-Major Rühle v. Lilienstern, nah Stete— tin. Der- General - Intendant der Königl. Schauspiele und. Kammerherr, Graf v. Brühl, nah Wittenberg.

e O R E E I eere

IE. SZeitungs-

A usland.

Frankreich. Bekanntlich waren in der Sache der Subskription zum Besten der durch die Aus: nahme: Geseyze leidenden Personen, durch den Spruch des Gerichtshofes die verantwortlichen Herausge- ber mehrec Zeitungen, die Herrn Bidault, Comte, Dunoyer, Bert, Legracieux, Ge- vaudan u. a. m. zu fünfjähriger Haft und zu einer Geldstrafe von resp. 12000 und 6000 Fr. verurtheilt. Sie haben dagegen appellirt , und diese Sache wurde mit großem Eifer von Seiten des königl. Prokurators und der Anwalte der Angeklagten geführt. Die Entscheidung is nun also ausgefallen : Von der Be- shuldigung eines förmlichen Angriffs gegen die Auto- ritát des Königs und der Kammer twurden Alle frei- gesprochen, ausgenommen der Herausgeber der Bi- bliothèque hi-torique , Goffuin, welcher zu ein: jährigem Gefängniß und 4000 Franfen Geldstrafe ver: urcheilt ist. Jn Betreff der Beschuldigung, zum Un: gehorsam gegen die Gesehe aufgefordert zu haben, wurden die Herausgeber des Constitutionel u. st. w-, die Herru Bidault, Legracieux, Comte u. s. w. für \@uldig erflärt, und zu aht- und zwei: m0- natlichem Gefängniß und 2000 Franken Geldstrafe verurtheilt. Die Übrigen Unterzeichner , welche nicht Herausgeber von Zeitungen sind, als die Herrn G e- vaudan, Etienne, Marilhon, der General P a- jol u. s. w. sind auch von dieser zweiten Beschuldi- gung freigesprochen. :

Jn der Kammer der Deputirten kam ein interes: santer Gegenstand zur Sprache, nämlich die Ver- pachtung der Hazardspiele in der Hauptstadt Paris.

Der Inhalt der zur Prüfung einer Kommission verwiesenen Propofition is , daß die Stadt Paris für

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Nachrichten.

das ihr durch die Ordonnanz vom 5. August 1818 er- theilte Privilegium der ausübenden Gewalt über die dort geduldeten Spiele jährlih 5,500,000 Franken in monatlichen Terminen an den öffentlichen Schaß zahlen, und daß diese Summe in das Budget des Staates förmlich aufgenommen werden soll.

Das lebte empörte besonders den bekannten Lainé: „Muß ih michch (sagte er) auch entschließen zu schwei- gen über das Unglü, daß Hazardspiele in der Haupt- Fadt geduldet werden, #0 soll mih das doch nicht hin- dern, für die Ehre der Geseße das Wort zu neh- men; diese wird verleßt, wenn der Vortheil, welchen die Duldung der Spiele einbringt, in das Geseb über das bewilligte Budget aufgenommen wird; das heißt niht mehr die Spiele dulden, das heißt fe förmlihch genehmigen und ihnen gleichsam die Weihe geben. ““

Herr Casimir Perrier, bekanntlich Banquier und Deputirter von Paris, erwiderte dagegen: Jh wäre die Ehre der Geseze so werth wie Herrn Lain é, aber die Stadt Paris habe einen Kontrakt über die Spiele auf sehr lange Zeit abgeschloßen ; wollte man sie nun unterdrücken, so würde man der Stadt eine sehr beträchtliche Schadloshaltung bewilligen müßen. Und woher den Fond dazu nehmen? Ja diese Sums me, welche die Duldung der Spiele abwürfe, wäre- einmal zu bestimmten Ausgaben im Staatshaushalte angewiesen; womit wolle man die Ausfälle decken ? und wenn man dies nicht könne, so müße man des Gewinnes doch so oder anders in dem Budget erwähz nen: Er schlug deshalb eine gewiße Modifikation in der Art der Erwähnung vor. Herr Manuel meinte: Er begreife freilich wohl, daß ein edles Ge- müth, ergriffen von der Unsittlichkeit der Spiele, ihre Unterdrückung fodern könne, aber wenn es denn doch dur die Umstände gezwungen, ihrex Duldung nacþ-