1820 / 58 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 18 Jul 1820 18:00:01 GMT) scan diff

ten Professoren anvertraut. Um übrigens auf die dem Unterrichte selbst und dem Geiste desselben gemachten Vorwürfe zu kommen, so müße er sich darüber nicht wenig wundern; im vorigen Fahre habe man ge- rade die entgegengeseßten Vorwürfe gemacht. Auf den Vorwurf, daß man ‘die Jugend Griechisch lehre, shâme er sich fast zu antworten, aber grund- falsch fey es, daß man die vaterländische Sprache ver: nachläßige. Herr Leseigneur müße wol niemals diese Lehranstalten besucht haben, sonst habe er finden müßen, daß in allen Kiafen Französische Ausarbeitun- gen gemacht werden müßten, Uebersezungen aus dem Lateinischen und Griechischen ins Französische. Mög: lich sey es freilich, daß man die Jugend eben nicht viel Französische Verse machen laße, aber dergleichen würden ja in der Welt in solchem Ueberfluße geniacht, daß es eben niht nöthig schiene, die Jugend damit noch exp reß zu bemühen. Der Druck dieser Rede, die eine lebhafte Sensation erregte, wurde besc;loßen und der vorgedachte Geseß-Artikel angenommen. Uebrigens bringen die neusten Pariser Blätter bis zum 8, nichts Erheblicheres mir, als daß ein Ochse ein großes Aufsehen in Paris gemachr. Er war am 5. des abends gegen 6 Uhr entwischt ; im Augenblicke als er geshlachtet werden sollte, sprang er über die hól- zerne Barriere des Schlachihauses, lief durch die be: suchtesten Straßen von Paris und ward endlich erst getödtet zu Villiers bei Neuilly durch einen Flin: tenshuß des Aufsehers der Gärten des Herzoges von Orleans, nachdem er vorher s{on, als ex unter dem Jriumphbogen des Caroußel: Plaßes durchgelaufen war, acht Bayonetistöße von den Schildwachen, deren einer bis in die beiden Lungenflügel gedrungen war, empfan- gen hatte und in der Straße Caumariin über das Pferd eines Brauerwagens, der ihm in den Weg gestellt wurde, hinweggezprungen war. Der Moniteur selbst meldet diese Begebenheit und bemerkt dabei, daß man fich jeßt mit den Mitteln beschäftige, um der Wider» Lehr eines ähnlichen Vorfaälles, der leicht sehr traurige Felgen hätte haben können, vorzubeugen. . Die Bar- rieren vor den Schlachthäusern werden erhöht werden.

Madrid. Gegen Ferrer und Senofen ist der Prozeß eröffnet; sie sind beschuldigt, die Verfaßung Äbertreten , die Ehrfurcht gegen die geheiligte Person des Königs verlegt und den Kriegsminister verleum- det zu haben.

Die Nationalgarden kommen überall in bester Ord- nung zu Stande, nur in Madrid geht es mit deren Errichtung etwas langsam. :

Die Zusammenkunft der Cortes ist auf den 9. Jul.

bestimmt.

London. Die Königin hat für den Sommer eine

Privatwohnung in Barnes gemiethet. Am 5. Jul. ward die vom Lord Liverpool ein-

gebrachte Bill gegen die Königin verlesen. Aùs- zeihnende Begünstigungen des im Jahre 1814 zu hohen Ehrenstellen erhobenen Mailänders Bergami

und auffallendes, einer Frau ihres Ranges unwürdi- ges Betragen, welches Aergernis und Unehre auf Kö: nig und Reich zurückgeworfen, werden der Königin in dieser Klageschrift zu Last gelegt und auf Trennung der Ehe zwischen ihr und dem Könige und auf Ver- lust-Erklärung des Titels einer Königin, und aller ihr als solcher zustehenden Vorrechte, Rechte und Privi: legien angetragen.

Graf Grey bemerkte, daß ira vorliegenden Proz eße, das Haus, Ankläger, Gesehgeder und Nickter zugleich sey ; der Lordkanzler erwiderte indeßen darauf, daß der Generalanwalt des Königes, ein geseßliher Asgsistent des Hauses sey, und als solcher zur Prosckution auf- gefodert werden fönne.

Sir Tyrwhitt überbrac!e der Königin am 6. die erwähnte Bili; noch am nämlichen Tage reichte Lord |

Dacre im Oberhause deren Aniwort ein, die also lautet; Karoline R. Die Königin hat mit un; aussprechlichem Erstaunen vernommen, daß eine Vill, Anklagen enthaltend, und ih1e Herabwürdigung und die Auflösung ihrer Ehe mit dem Könige zum Zwédck babend, con dem ersien Minister des Königes dem Hause der Lorts vorgelegt worden, vor welchem die Königin feinen Rath oder andere Beamte hat, um ihre Rechte behaupten zu können. Der einzige Grund, welcher in der Bil angeführt wird, ist der Bericht eines geheimen Ausschußes, der bios nah Papieren, die ihm vorgelegi worden, zu Werke gegangen, und vor weld:em kein einziger Zeuge vernommen worden. Die Königin ist überdem benachrichtigt, daß es gestern verweigert aorden, ihre Räthe an der Barre des Hau- ses der Lords in dem Zeitpunkte des Verfahrens zu vernehmen wo es am allerwesentlichsten war, und daß eine Liste der Zeugen, deren Namen ihren Anklägern bekannt sind, ihr verweigert werden soll. Unxer die: sen Umständen zweifelt die Königin, daß ihr etwas an-

deres übrig bleibe, als auf die feierlich ste Weise gegen |

das ganze Verfahren zu pro'estiren; es liegt ihr aber am Herzen, noch eire Bestrebung zu machen, um Gerechtigkeit zu erlangen, und sie verlangt demnach, daß ihre Räthe vorgelaßen werden, um ihre Anfode- rungen an der Barre des Haus-:s darzulegen.“

Diés Verlangen ward bewilligt, jedoch nur unter dem Bedinge, daß die Räche ledigli über die For: men des Verfahrens und über die Dauer deëselben sich auszulaßen hätten.

Hierauf erschienen die Räthe der Königin, Brou g- ham und Denmann, behaupteten den gänzlichen Ungrund der in der Bill enthaltenen Verleumdungen, und trugen auf ein unverzügliches Verfahren, und auf die zweite Lesung binnen 24 Stunden an, um ihre Behauptung rechtlich erweisen zu können. Als sie sich verabschiedet hatten, ward die zweite Lesung der Bill auf dem 10. Jul. festgeseßt.

Stockholm. Die vor zwei Jahren eröffnete Un: terzeihnung der Beiträge zu Errichtung des Denk- males Karls XUI, ist von besonderem Erfolge nicht ge-

wesen; dasselbe wird daher nun auf landesherrliche Kosten aufgestellt werden. Die Grundlage der Starüe werden rertifal gestelite Kanonen bilden, die Karl X11. selbst erobert hat.

Aus dem Haag. - Die Wahl der neuen Abgeord: neten zu den Generalstaaten ist gegenwärtig in voller Wirksamkeit.

Der Udjutantendienst bei des Königs Person soll fünftig nur einem dec ältesten und im Range am höchsten stehenden Adjutanten Übertragen seyn, Und nicht länger als ein Fahr dauern. Ein solcher Adjus tant erhült auf dieses Jahr eine Zuiage von 1200 fl, Nach Ablauf desfeiben geht ér wiedrr in das Korps zurück, zu dem er gehêrr, auch trägt er dann deßen Uniform wieder.

5m September und Oktober wird auf der Rävel: schen Haide ein Theil der Truppen ein Uebungslager heziehen.

Karlsruhe. Unter den von der zweiten Kam: mer vorgeschlagenen Prásidentur - Kandidaten hat Se. Königl. Heheit den Dr. Kern gewählt. Prof. Thi: daur zu Heidelberg will, zum Besten seiner Vorle: sungen, seinen Plaß in der ersten Kammer foriwäh- rend nicht einnehmen ; bei wichtigen Vorfällen hat er sich indeßen gern bereit erklärt, erscheinen zu wollen. -

Seit dem 25. Jun. wird hier der Gottesdienst der Fsraeliten in teutsher Sprache gehalten.

Kaßel. Eingegangenen Nachrichten zufolge haben mehre hiesige Landeskmder in Hayti ihr Glück gemacht. Der ehemalige hiesige Oberstlieutenant Tro | ist Chef des dortigen Artilleriekorps ; Braun, eines Sattriers Sohn, is Ober-Aufseher des Marstalles auf Kap Henry, ein gewißer Neuber ist Schloßvaumeister auf Sans- souci, und Grünthal, ein armer JFudenknabe aus Wigenhausen, Junspekteur der Haustruppen und seit éurzem in den Grafenstand erhoben.

Hanover. Laut Verordnung vom 25. Jun. is der Betrag des Depositi, welczer bei der Cinfuhr von Spirituosen erlegt, und bei der Ablieferung im Lande, oder bei der Wieder - Ausführung zurückerstattet wird, für Kornbranntwein, Genevre und Spiritus, bis zum Betrag der Eingangsteuer, für Rum, Arak und Franz- Brantwein aber auf 10 bis 20 Rihle. erhöht worden.

Braunschweig. Der neuen Landschaft - Ord- nung gemäß, treten die bisherigen zwei Landschaften des Herzogthumes Braunschweig und des Fürstenthu- mes Blankenburg nächsten Oktober in eine zusammen, die aus zwei Sektionen bestehen wird; in der ersten befinden sich 6 Prälaten und die Besißer von 78 MRit- t-rgütern; in der zweiten 6 Prälaten, 19 städtische Deputirte und 19 begüterte der zur Ritterschaft nit gehörigen Grund-Eigenthümer. Die Vertheilung der Steuern wird mit Zuziehung der Stände organifirt ; das Kollegium, welches die Hebung, Verwaltung und Verwendung der Steuern besorgt, besteht aus 8 Steuer- Räthen, die zur Hälfte von den Ständen, zur Hälfte vom Landesfürsten angesteUt werden.

Koburg. Der Fürst Metternich traf am 1. Ful. in Koburg ein, und wohnte den folgenden Tag einem ländlichen Feste bei, was ihm zu Ehren der Hof auf dem Lustschloße Rosenau veranstaltet hatte.

Hamburg. Bei der Quarantaine-Anstalt zu Kux- haven is die Verfügung getrosfen, daß die von der Insel Majorka einlaufenden S@isfe, wegen der auf gedachter Junsel herrschenden pestartigen Krankheit, nicht zugelaßen, sondern an eine förmliche Reinigungs: Quarantaine zurücgewiesen werden sollen.

Warschau. Wie es heißt, : wird die Polnische Armee zu den gewöhnlihen Manoeuvers in hiesiger Gegend zusammengezogen werden, und dem aligemei- nen Wunsche nach werden alsdann des Kaisers von Rußland Majestät uns mit ihrer Gegenwart beehren.

3 n-l-9:n:d.

Frankfurt a. O. Die fast im ganzen Regie: rungebezirke, vornehmlich aber im Küstxiner Kreise, unter dem Horn:, Schwein- und Schaafvieh herr: schende Klauenseuche scheint eine Folge der naßkalten Junt: Witterung zu seyn.

Vor kurzem fiel der vierjährige Sohn der Witwe Nothinktk zu Spremberg, beim Aufziehen des Was- sershußes einer Walkmühle, in die Spree; die Gewalt des Stromes trieb den Knaben zu den Schaufeln es Mühlrades, von dem er eben eigrifsen werden so"'t y um den Martertod des Zerquet‘chzens zu sterben, alv der Tuchmachermeister Kohl si o ck, seiner eigenen zahl: reichen Familie in diesem furchtbaren Aug-:ncklicke der Gefahr nicht gedenkend, in die tosenden Fluthen nach: stürzte und den Sohn der Witwe glüclich rettete.

Im Städtchen Woldenberg siarb auf der Reise von Petersburg nah Paris die Gräfin Golowtkin am Schlagfluße;z ißr Leicznam ward einbdalsamirt, durch den dieserhalb von Berlin hinberufenen Nuß. fkaiserl. Gesandtschafts: Popen nach den Gebräuchen der Grie- chischen Kirche eingesegnet und nah Siettia age: führt, von wo er zur See nach St. Petersburg ge- bracht werden soll.

Die legte Strecke der Kunststraße von Grosdorf bis zur Schlesisccen Gränze wird in diesem Jahre noch vollendet; für das näczstkommende ist die Chaußi- rung des Berges bis Kcoßen und des Weges ourch die sogenannte Aue hinter Kroßen bestimmt.

Von Seiten der S-adt iff der Neubau der ihr zu- stehenden hiesigen Oderbrücke beschloßen worden ; se wird die Richtung bekommen, cie ste solche bis zum Jahre 1804 hatte. Hiemit wird die Anlage einer Sperr- Buhne zwischen der Gubener Vorstadt und dem Zie- genwerder in Verbindung gebracht werden, um dem verwilderten Strome durch Ableitung vom reten zum linken Ufer an die Stadtseite und an den sonst bei niedrigem Wasserstande den Schissgefäfien fast unzu- gänglichen Packhof eine zweckmäßigere Richtung zu geben. Ungeachtet daß die meisten Tuchfabrifken unseres Kreises, besonders die Kottbußer so viel zu thun haben daß sie die erhaltenen Bestellungen kaum be- friedigen können, sind die Wollpreise in hiesiger Gegend doch sehr niedrig geblieben.

Stettin. Se. Excellenz der Wirkliche Geheime- Rath und Ober-Präfident Herr Sack, trt am 13. Jul. seine Reise nah Magdeburg und Töplib an.

Bromberg. Am Tage der Jahresfeier der Schlacht bei Belle Aliiance wurden in den Kirchen zu Lobsens und Schönlanke die Gedächtnistafeln un- ter angemeßener Feierlichkeit aufgestellt. Eine große Anzahl von Bewohnern der umliegenden Gegend hatte sich zu diesem Denk - und Dankfeste versammelt.

Die Esfadron des zweiten Bataillons des vier- zehnten Landwehr - Regimentes erhielt vom Grafen v. Lochocki auf Barcin aus Patriotismus und aus Achtung vor dem Eskadron-Chef, Rittmeister Netvet, der durch sein ausgezeichneies Benehmen sch die Liebe der Einsaßen erworben hat, neue Trompeten zum Geschenke.

Am hiesigen Landwehrzeughause, wie an der Jn- standse6ung der Kaserne zu Jnowraclaw wird fleißig gearbeitet.