1820 / 86 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 17 Oct 1820 18:00:01 GMT) scan diff

G

daß seine Hauptstadt am 31. Aug. in die Hände der fiegreihen Türkischen Truppen fiel. Aly Pascha zog si mit 490 Personen in die Citadelle zurück, wo er nun, von allen Seiten eingeschloßen, sh entweder ergeben oder freiwillig in die Luft sprengen muß. Durch diesen unerwarteten Ausgang befindet sich die Pforte von neuem im Besize einer Menge von Pro- vinzen, über wêlche sie seit so vielen Jahren kaum mehr den Schatten einer Autorität ausgeübt hatte.

Warschau, vom 10. Okt. Des Kaisers von Rufß- land Majestät werden, heißt es, den 17. d. M. War- schau verlaßen, den 17. in Lübochnia, den 18. in Czen- stochau, den 19. in Gleiwiß Nachtquartier halten und von dort aus ihre Reise nah Troppau twveiter fortsegen.

Durch einen ‘am 10. (22) v. M. unterzeichneten Ufas hat Se. Maj. der Kaiser die Aushebung von 4 Mann auf 500 Seelen (männliche) für das Rüßische Reich ‘verordnet. Der General Graf Arafktschejerw, der berufen war, um seine Meinung Über diese Maas- regel mitzutheilen, wird morgen nach Skt. Petersburg zurückkehren. Das Resultat der Aushebung wird eine Vermehrung der Armee von 96000 Mann seyn, oder vielmehr nur von 56000, da man berechnet, daß dieselbe seit der lezten Rekrutirung durch Krankheit und Verabschiedung gegen 40000 Mann verloren hat.

Die Si6ung des Reichstages vom 16. Sept. dauerte nur zehn Minuten. ‘Bei Eröffnung derselven foderte ein Deputirter das Protokoll der vorhergehenden. Der Marschal verweigerte dasselbe, als eine Neuerung. Diese Aeußerung gab Anlaß zu einem lauten Tumulte. Der Marschal legte seinen Stab nieder, und so wurde die Sizung geschloßen, Die Herren Nowosilzofff, Ozarowsfki und Tscherniczeff, welche unter den Zuschauern in den Tribunen saßen, mischten sich nunmehr unter die Deputircen und sachten sie zu be: ruhigen; aber vergebens. Die Versammlung ging auseinander. Jm Laufe des Tages ließ der Monarch mehren Deputirten sagen, der Marschal sey vielleicht etwas zu Lebhaft gewesen; der Kaiser wünsche die Wahrheit zu hören; sie dürfe frei vorgetragen werden, aber mit Anstand und Mäßigung. Madame Kata: lani hat hier fein Konzert gegeben ; sie reist über Krakau nah Wiên. Madame Mariane Sessi, Hof: und Kammersärgerin des Königs von Portugal, gab ¿wei Konzerte init dem ausgezeihnetsten Beifalle, sîe geht ‘von hiér über Breslau nah Dresden. Madame Kamp i ‘vom Wiener Theater, eine geborne Polin, und daher der Polnischen Sprache vollkommen mächtig, gab ‘den Tankred ‘im Polnischen Theater.

Zu den vorzüglichsten Vershönerungen unferer Stadt “gehört die Alexander - Kirche, zu deren Bau die Kosten ‘großentheils aus den Beiträgen bestritten wörden sind, welche zu ‘einem Triumph - Bogen ge- Taïnmelt wurden, durch welchen das Andenken des

“ersen Einzuges unsers geliebten Monarchen in seine eue Hauptstidt ausgezeichnet werden sollte. Hérdem sind 45 Häuser bereits neu aufgebaut, 221 “angefangen, 206 wieder hergestellt 2c. und 40 Straßen

U?e-

gepflastert. Neben dem Polnischen National - Tbea- ter is ein Französisches errihtet. Zur Wiederherstel- lung Pragas und zur Entshädigung der Bewohner find 520,456 fl. als 4 der Gesaintbewilligung, be-

xeits gezahlt. Auch, Kalisch verschönert sih, und Lu-

blin ersteht aus seinen Trümmern. Die meisten unse- rer Städte haben dur die Kriegsunruhen bedeutend gelitten.

Die Zahl der Städte überhaupt im ganzen Reiche beträgt 482, nämlih 211 Jmmediat- Städte und 271 Mediat- Städte.

Pesth, vom 26. Sept. Auf die Anrede der De- putation des hiesigen Komitats, entgegnete des Kaisers Maj. „Es ist Mir erfreulih, Eure rühmlichen Aeu- ßerungen zu vernehmen. Durch Gottes Beistand ist es Mir gelungen, die Mir anvertrauten getreuen Völ«

E R E E P er A N E diE E L T

fer vor aller Gefahr zu hüten, und Meine bestän: |

dige Sorgfalt auf das, was zum Wohle der Monarchie gereihte, verwenden zu können. Die Welt ist heute überall in Wahnfinn verfallen, versmäht ißre alten Gesetze und strebt na eingebildeten Konstitu‘ionen, JFhr besißt eine von Euern Vätern ererbre Konstitu: tion ; Jhr liebt dieselbe; auz Jch liebe sie, werde sie erhalten und unsern Nachkommen üÜberliefern. J hege übrigens zu Euch das feste Vertrauen, daß Jhr im Falle der Noth (den Gott abwenden möge), Mith nicht verlaßen werdet, und ein Gleiches könnt Jhr von Mir mit voller Zuversicht erwarten.“'

Wien, vom 30. Sept. Mit dem 1. Oft. d. F, wird in den- Oesterreihschen Staaten die neue Haus: Steuer eingeführt. Jn Nieder - Ungern soll die Ge: traide:Ernte schlecht ausgefallen und deshalb das Ge: traide dort im Preise geftiegen seyn.

Gotha, vom 10. Oft.

gnor R i nazzi, ein angeschener Prälat des päpitchen S 1 YE j ;

Hofes, und der Kavalier Vi sconti, ein Verwandter F

des berühmten Arhäologen; beide {hät man hier als

wh

feine gebildete und gelehrte Männer. Da des Prin: F zen shwächliche Gesundheit von der Hähe des rauhen |

Im Gefolge des aus Fta: lien zurückgekehrten Prinzen Friedrich sind Mons: Þ

Thüringer Waldes schon einigemal gelitten hat, so L

wird er wahrscheinli den bevorstegenden Winter in

einem milderen Klima zubringen.

Gotha, wo Ekhof seine legten Jahre verlebte und |

starb (keine Aufschrift unterscheidet sein GS-5, aber sein Name, sich selbst Denkstein, lebt in den Annalen der teutschen Bühne), und wo zur Zeit des Hofthea: ters sich so viele Zierden des Schguspi-les, z. B. Jf: land, bildeten, hat jet Lein eigentlizes Theater mehr, wird aber «on * Zeit von fleinen wandernden

D Zor «1% 4

zu BYe Schauspiel: Truppen besucht, die dazu das Gesellschaft: Theater, im Lokale der zahlreichen Steinmühlen : Ge- sellschaft benußen , wo zwar Damen und Fremde, aber von dem männlichen Theile des Publikums nur die: jenigen bei Vorstellungen Zutritt haben, welche Glie- der jener Gesellschaft sind. Jn diesem Monate eröff: nete ein gewißer Krull daselbst mit dem „, Vielwißer seine Bühne.

Bremen, vom 9. Oktober. Jn dem heute er: schienenen Prokiam der Rathsversammlung, die Er- hebung des 18. Oktober zu einem beständigen Fetage für unseren Freistzat betr. heißt es unter andern: „Nach beendigtem Gottesdienste werden unsere bewa sf- neten Wehrmänner und unsere Kriegsmano{ aft feier: lich ih aufstellen, und indem fie in ihrer ehrenvo!len Wasfenrüskung sich öffentlich vereinigen, dadur ihren Mitbürgern die Erinnerung gercähren, daß durch den an diesem Tage von den teutschen Brüdern ert :mpf- ten glorreihen Sieg die Wehrföähigkeit der Teutschen allgemein gewe@ckt, und so die Ehre des teutschen Bolkes gerettet worden. Hiebei wird die Weise des Liedee : „„Nun danket Alle Gott 2c.“ von der Galerie des Rathhauses von Blase: Jnstrumentren angestimmt wer- den und den Gesang begleiten. Nach beendigten Ge- sange wird noch einmal eine halbe Stunde lang mit sämmtlichen Glocken der Stadt gelautet. Am Abend endlich follen auf den dazu geeigneten Anhöhen in dem Gebiete Feuer angezündet werden, um allgemein in unseren Marken und für unsere teutschen Nach- barn Zeugen der fröhlichen Feier dieses Danfkfestes abzugeben. Möge die alljährige Wiederkehr dieses denk: würdigen Tages sts unser Bremen in freier glüdck- licher Verfaßung, des teutshen Bundes Glieder von Eintracht umsclungen, das gemeinsame Vaterland vom Auslande geehrt, seine Fürsten und Völker dur Vertrauen und Liebe mehr und mehr genähert, und überall in Teutschland über Hohe und Niedere das Recht herrschend erblicken! Mögen die spätesten Enkel die Wehrhafrigkeit und Sitte bewahren, welche Teutsch: lands Völker zum Befreiungskriege gerufen und in Leipzigs Ebenen vereinigt hatten.

Beilage.

E

B44 a Cf zum 86sten Stücke der Allgemeinen Preußischen Staats-Zeitung,

vom 17ten Oktober 1820.

Inland.

Königsberg, I. J. K. K. Hoheiten der Groß- Fürst Nikolaus und Frau Gemahlin trafen auf Jhrer Reise nach Berlin am 7. d. bei erwünschtem Wohlseyn in Königsberg ein und traten auf dem Königl. Schloße ab. Die S'raßen vom Roßgärtner Thore bis zum Schloße waren allgemein erleuchtet, und am Thore so wie am Schloße waren Verzierun- gen angebracht. Den 8. früh war große Parade. Se. Kaiserl. Hoheit der Großfürst ließen die Trup- pen vor sich vorbeiziehen und dann dur das 2. Ba-: taillon des 1. Regimentes verschiedene Evolutionen ausführen.

Posen. Den 9. Oft. trafen Se. K. Hoheit der Priaz Karl von Preußen, Sohn Sr. Majestät, in höch stem Wohlseyn aus Moskau hier ein. Höchstdie: selven hatten den weiten Weg über Smolensk, Wil: na, Grodno, Lyck und Thorn ohne Nachtlager zurü: gelegt, und stiegen in die für Sie bereiteten Zimmer dec Wohnung Jhrer Königl. Hoheit der Prinzeßin Louise von Preußen, Gemahlin Sr. Durchiauchr des Herrn Fürsten Anton Radziwil ab. Am 10. nahmen Hochdieselben die hier garnisonirenden Trup- pen in Augenschein, und empfingen dann die Kour der hiesigen Militair - und Civil - Behörden. Dem Grafen Eßen, Obersten und Flügel-Adjutanten Sr. Maj. des Kaisers, ist der ehrenvolle Auftrag gewor: den, Se. Königl. Hoheit nach Berlin zu begleiten.

Stettin. Die Härings -: Salzerei is in diesem Jahre nicht so bedeutend gewesen als früherhin. Un Háringen har es nicht gefehlt, allein die Fischer ha- ben solche nicht absezen können, weil die Härings: Packer mit den nordischen Häringen nicht Preis hal- ten konnten. Der bedeutende Fang der Häringe an den nordischen Küsten und die erfolgte Verminderung des auf fremde Häringe früher gelegten Jmpostes, find die vorzüglichsten Gründe des Sinkens des Gewer- bes unserer Küstenhäringfischerei.

Die seit einigen Jahcen unternommenen Verbeße- rungen der Clementarschulen haben schon den Beifall und die regere Theilnahme der Kommunen zur Folge gehabt; und sind sowol von Städten als von Guts- Besizern und Landgemeinden nicht unbeträchtliche Zu- schüße zur Einrichtung beßerer Schulen bewilligt wor: den. Dieser löbliche Eifer wird erst dann seinen Lohn und ein noch regeres Leben erhalten, wenn dem ge: fühlten Mangel an brauchbaren Lehrern durch Errich: tung eines zweckmäßigen Schullehrer: Seminariums wird abgeholfen werden können.

Oppeln. Nachdem verlautet, daß der für alle Staaten, außer England, in Spanien seither bestan: dene Jmpost von 30 Procent auf fremde Linnen: Waa- ren auf 12-Procent herabgeseßt wörden, scheint der Leinwandhandel sih zu beleben, ünd es werden wieder Bestellungen. und Versendungen nah Spanien gemacht.

Der Landes -: Aelteste und Marsch - Kommißarius v. Aulock hat das in sehr schlechter Verfaßung befindlich

Antwort auf den Aufsaß in der Abend» Zeitung „Die Rückkehr aus Rußland.“ (Nr. 211. und 212.)

Da i von Seiten der Königl. Preußischen, Königl. Hanöbverschen und anderer teutschen Regierungen nah Rußland abgeordnet gewesen bin, um die daselbsk aus den legten Kriegen in Gefangenschaft sich befindenden diesseitigen Landes-Bewohner auBzzumitteln und sie in ihre Heimat zu befördern: so glaube ih unter diesen Umständen, mit den Verhältnifen ganz gen1u bekannt, kompetent zu seyn, die Wahrheit der in der Abend:

|

gewesene, Frisch: Feuer zu Tanina neu gebaut und dem- selben mit bedeutendem Kosten- Aufwande wesentliche Verbeßerungen gegeben. Er beschäftigt und ernährt bei seinen Hüttenwerken und Erzgruben über hundert Familien.

Ratibor. Am 2. v. M. kam der Landgraf von Heßen- Rotenburg mit seiner- Gemahlin (geb.

_HPrinzeßin Hohenlohe-Langenburg) und in Be-

gleitung des Fürsten Löw e nstein-Wertheim hier an.

Merseburg. Die Braunschweiger Laurentius- Meße ist für die Tuhmacher des hiesigen Regierungs- Bezirkes, welche dort sonst einen ziemlich beträchtlichen Ubsaz fanden, nicht von sonderliher Bedeutung gewe- sen. So wurden z. B. von 135 Scücken Tuch, welche aus einer unserer Fabrifstädte auf die Meße gebracht worden waren, nur 75 Srück zu leidlichen Preisen verfauft.

Die Tuchhandlung Giese und Bethge zu Wit- tenberg hat ihr bedeutendes Geschäft wegen Stockung des Verkehres aufgegeben, und ihre Firma ist, laut der Bekanntmachung in ösfentlichen Blättern, erloschen.

Der Bau der Saal - Schleusen und der Chaußee von Merseburg nach Halle hat seinen Fortgang. Wahr- scheinlid wird mit Ende Oftober die Schleuse bei der hiesigen Meuschmühle und zu Bellberg vollendet und sZiffbar werden. i

Um 20. Sept. ist das für den hiesigen Regierungs- Bezirk als Garnison bestimmte Zie Husaren-Regiment in Könnern eingetroffen und hat nunmehr seine Garni- son: Orte zu Düben, Kemberg, Schmiedederg und Tor- gau bezogen. Der Staab des Regimentes hat Düben zur Garnison erhalten.

Koblenz. Die jeßt ausbezahlten Entshädigungs- Gelder für die unter der Französischen Regierung zur neuen Rheinstraße weggenommenen Grundstücke betras gen allein für den Kreis St. Goar eine Summe von 20,000 Franfs.

Die hiesige Florins- Kirche, welche durch die Gnade Sr. Majestät des Königs der evangelischen Civil: und Gacnison-Gemeinde geschenkt wurde,- ist am 17. S(pt. feierlihsst eingereiht worden. Die innere Ein- epa A ist so geschmackvoll als zweckmäßig, und der eindde Wunsch bleibt nur noch Übrig, daß die Ans \%affuag eines anftändigen Geläutes recht bald er- möglicht werden möge.

Die Truppen der 16ten

Militair : Division sind nach Beendigung des Herbst Manövers in ihre neue

Garnison - Städte abmarschirr. Die Ort: Behörden geben ihnen das Zeugnis einer vor:resflichen Führung, welche das beste Einverständnis zwischen den Truppen und den Bewohnern unterhalten hat, so daß diese in dem Abmarsch derselben den Verlust braver und geachteter Freunde und Landsleute bedauert haben. Ein gleiches Berhältnis darf man mit Recht von den neu eingerücten Truppen erwarten.

Zeitung unter Nr. 211. und 212. von Frau Amalie Sch oppe, geb. Weise, aufgeführten Erzählung über die Begebenheit des aus der Rußischen Kriegsgefan: genschaft zurückgekehrt seyn sollenden vormaligen Schif- fers P. öffentlich widerlegen zu können.

Die von dem P. gemachte, von Seite# der Erzähe lerin als vollkommen wahr verbürgte Aussage „j daß eine Menge teutscher Gefangener s{ noch im In: neren Rußlands befinde, die dort als Leideigene gehal- ten, zu Wiederaufbauung der von den Franzosen zer: stórten Pläge (die schon im Jahre 1816 wieder herge-