1871 / 166 p. 17 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Nov 1871 18:00:01 GMT) scan diff

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dem Brande war kein Regen gefallen und Alles dürr und trocken. So beduifie es nur eines Funkens, der diesen aufgehäuften Brenn- stoff entzündete und die Stadt in Tcümmer legte. Es war in der Nacht des 8. Oftobers, in derselben Nacht, in welcher VYeshs- tego eine Beute der Flammen wurde, als eine Kuh beim Melken eine Petroleumlawpe umstieß, dadurch den Stall in Feuer seßte und somit dea Anlaß gab, daß 150,000 Leute obdahlos und arm wurden. Ein starker Wind, der sich mit der Zeit zum Sturm steigerte, trieb die Flammen poa einer Straße zur andern, über den breiten Fluß, ungefähr eine viertel en.lishe Meile hinüber. Die Flammen zünde- ten dort, und troß der Anstrengungen der Löshmannschaften gewann das Feuer immer mehr Boden.

Im nördlichen Theile ganz besonders war die entfesselte Wuth des Elements eine s{recklihe. Oie Lewe wurden in einigen Fällen buchstäblich von den F ammen gehegt. Während dieser Noth gab es rohe Banden, die dem Feuer vorauf in die Häuser brachen und sie art Dis sich in Spirituosen berauschten .und oft den Tod im Feuer anden.

Das unbeschreibliche Elend, das dur diesen Brand hervorgerufen wurde, hat zwar auch den Wohl1hätigfeitssinn des amerikanischen Volkes, sowie der europäishen Nationen erregt; aber es wird lange dauern, ehe Ch‘cago seine alte Blüthe erreicht.

Troßdem läßt man si nicht enimuthigen, und die leßten Berichte zeigen, wie rührig mit dem Aufräumen der Trümmer und den Vor- arbeiten zum Wiederbau der Stadt vorgeschritten wird, der man von allen Seiten, so weit mögli, aub Unterstüßung angedeihen läßt.

_ Rio Janeiro. Das bereits mehrfach erwähnte Gesetz, d'e Befreiung der Sklaven betreffend, hat folgenden

Wortlaut: Aft des legislativen Körpers. Geseß Nr. 2042 vom 28. September 1871.

Erklärt in freien Zustand die Kinder von Sklavinnen, welche vom Datum dieses Gescßes an geboren werden; erklärt als frei Sklaven der Nation und andere, und macht Bestimmungen über die eung und Verpflegung jener minorennen Kinder und Úber die lährlihe B fceiung von Sklaven,

Die Kaiserliche Prinzessin Regentin, im Namen Sr. Majestät des Kaisers, des Herrn D. Pedro Il ;/ wat allen Unterthanen des Reichs beka nt, daf die General - Kammern dekretirt haben und baß sie das folgende G ses sanfktionirt haben:

Art. l, Die Kinder von Sfklavinnen, welche im Kaiferreiche vom Datum dieses Gesezes an geboren werden , als im freien Zu- stande zu betrachten.

§ 1. Die besagten minorennen Kinder sollen in der Macht und Untec der Autorität der Herren ihrer Mutter bleiben, welche Herren die Verpflichtung baben, sie aufzubringen und zu verpflegen bis zum Ultec von vollen 8 Jahren.

Wenn das Kind der Sklavin dieses Jahr erreicht bat, so \oll der Herr der Mutter die Wahl haben 1 vom Staate entiveder eine Ent- s{ädigung von 600 Mille Reis a1! empfangen, oder sich der Dienste des Minorennen bis zum Alter von vollcn 21 J hren zu bedienen.

Im ersteren Falle wird die Regierung den Minorennen über- N und ihm die dem gegenwärtigen Geseß gemäße Bestimmung geben.

Die oben angeführte vekuniäre Entschädigung is in Rententiteln wit Zinsen von 6 pCt. per anno zu zahlen, welche nach Ablauf von 30 Jahren als erloschen zu beirochten sind. s

Die E klärung de* Herrn i} innerhalb 30 Tagen von jenem Tage an vere@net, an welchem der Minorenne das 8. Jahr erreicht, abzu- geben; und wern er es mt hut, so soll angen muzen werten, daß fd 29 der Dienste des betreffenden Weinorennen zu bedienen ent-

cle,

2. Ein jeder dieser Minorennen kann sich von der Last diess Dienstes losfkaufen durch vorgängige Geidentshädiyung, welche er selbst oder durch andere tem Hecrn sciner Mutter anbieiet, wobei zur Ah- \bößung der Diensizeit geschritten wirt, wilche er noch zu le'sten hat, falls feine Verständigung über den Betrag der besagten Entsädigung erreicht wird.

F. 3, Den Herren liegt au die Pflicht ob, die Kinder aufzu- ziehen Und zu ve: pflegen, welche die Töchter ihrer Sklavinnen gebären währe"d der eit, wo jene noch Dier.ste leisten.

Eine solLe Verpflichtung hört jedoch auf, sobald die Diensileistung der Bütier endet ; wenn diese innerhalb jenes Zeitraums sierben, so könn n die Kinder zur Verfügung der Negterung gestellt werden.

§ 4. Falls die Stlavenmutter ihre Freiheit erbält, so sollen ihr die Kinder, welche weniger als 8 Jahre alt find und welche fich im Besiß. ibres Herrn bifinden, cemáß des §. 1 übergebcn werden ; aues genommen, wenn sie vorzieht, sie ihm zu lassen und derx Herr ein- williat, sie zu beh (ten.

5 Im Falle der Entäußeruna ciner Sklavin soll sie von ibren freien Kindern, welche weniger als 12 Jahre alt sind, begl-itet wwer- den, w bei der neue Herr der besagten Sklavin in die Rechte und Verpfl'1ungen seines Vorgängers eintritt. *

§. 6. Die Diensileistang der Kinder von Sklavinnen endet vor dem iw: Ç 1 gestellten Termine, wenn sich dur Ur!heil des Krim'nal- Richters her us1ellt, daß die Herren de. Mütter sie mißhandeln, in- dem sie ihnen üb-rmäßize Strafen auferlegen

§ 7. Das den Hecren im §. 1 erthcilte Ret ist tn Fällen noth- wenduer Ecbf. ige übe tragbar, und hat das Kind der S'lavin jener Do Ne zu leisten, welcher es bei der Erbver:heilung an- g-hôrig wi d. l

Art, 1[l. Die Regierung darf von ihr autorisirten Gesellschaften jene Kinder von Sklavinnen nah dem Datum dieses Geseßes über- geben, welche von den Herren derselben Überlassen oder verlassen, oder Dia denselben in Folge des Art. 1, F. 6 abgenommen werden ollten. ;

__§. 1. Die besagten Gesell liche Dienstleistung der Min 21 Jahren, un sind verpflichtet 1) Diese Minorennen 2) Jedem derselben ein Quote zu bestehen hat, Statuten vorgesehen wor 3) Ibnen bei Ende dec zu verschaffen. . Die Ge handelt, sind hinsi richter unterworfen. Die Bestiminung dieses Artikels ist auf die Personen anwendbar, welche die esellschaften und Unterne

schaften haben Anrecht au orennen bis

um Alter y d fönuen diese Dienfileistunge E

en vermiethen; g

aufzuziehea und zu verpflegen. Peculium zu errichten, wel

: ches aus j die zu solchem Zivecke in de lener

n detreffenden Dienstzeit ein geeignetes Unterkommen

sellschaften , von denen der vor

j ara Minorennen den JTnspektionen Paragraph

der Waijen-

Finde! häuser richter, beim chem Zee ' agt haben,

die besagten Mino- lassen, ‘in welchem en, welche im F, 1

des Reis so viele mmen, die jährli fügbar ift,

chtlich der

und auf j Mangel an G gegründet, mit der Erziehung Der Regierung yvecbleibt das Anstalten aufnehmen zu ichtungen übergch ferlegt find. jeder Provinz Überein|ti etablirten F tionSfonds beste

bmungen zu sol diejer Minorennen beaustr rennen in öffentlichen Fallé auf den Staat d den autorisirten Gesellschaften au

Art. Ill. Sklaven freigegeben, ai zum Zwecke der Emanzipation aus Der Emanzipa

1) der Abgabe auf Sklaven,

2) den Generalah betreffend,

3) dem Erlös von seckchs jährlihen befreit sind, und dem 10 Theil des an zugestanden, um in der Hauptstadt Strafen, welche dicses Geseß aufer! Quoten, welche im Muntzipalbudgets

6) aus den Sub Zwecke gemacht.

: Sowoßl die iz din Provin flimmten Queten, als auc die Subskci mit lofaler 2'eftimmun Provinzen, Regierungs

mri, LV,

ie Verpfl

Jährlich werden in s mit der Quote onds ver ht aus:

gaben bei Eigenthums - Veränderung, Sklaven

Lotterien, welche vo

n Abgaben Erlöses jener, w i:

elche von jeßt ch8 g zogen zu werden,

] Allgemeinen in den festgeseßt werdch, skriptionez, Dotationen und Legaten, zu solckem

Provinzial- und

zial- als Munizipalbukdgets be- 1 Dotationen und Legaie rung in den angegeb-nen

g sollen zur Emanzipi d Gemeindebezirken verwendet

‘i, Munizipal- un

Es i dem Sklaven Dotation, Legate und Ecbschasten, sow niß seines Herrn dur Arveit und Die Regierung wird i und Sicherstellung eines solchen Pekuliu 1. Veim Ableben des Sfiavcn liume, Falls solches vorhanden, andere Hälfte gch

erlaubt, mit dem, was er durch ie mit dem, was cr mit Erlaub- Sparsamkeit erhätt, ein Pekulium gleuients über die Anlegung ms Maßregeln: treffen gehört die Hâlste seines Peku- dem überlebenden E t auf seine Erben über, de Sind keine Erben vorhanden, so zpird tionsfonds zugesprcchen, von dem , 2. Der Sklave, welcher mi erreict zu seiner Weithen1\chädigung, h der Beirag der Entschädigung dur Uchb so hat solche durch das E ied Bei gerichtlichen Verkäufe der Befreiung jener der Abshäzung sein, Es i} ebenfalls dem Sklaven eriqu Befreiung wit Dritten die Lei welche 7 Jahre nicht üt und mit Genehmigung d Der Sklave, welcher mehrecen von einem derselben freigegeben wird, indem er die anderen Herren für die Diese Ent châdigung fa

zu bilden.

hegaiten; die n Civilgeießen gemäß. das Pekuitum dem €man- Art. 111 handelt. :

seines Vekuliums die Mittel t auf Befreiung. Jst| festzuitellen,

at Anrechch creinfunfi nicht sgericht zu geschehen.

bei Juventaricn foll der Preis

bt, zu Gu*sten seiner stung zufünftiger Dienste auf erschreitet, unter Zushmmun-c es Waisenrichters zu kontrahbiren. Eigenthümern gehs:t und hat Anrecht auf seine Freiheit; Werthquote, die ihnen gehört, ann mit Diensten bezahlt werden, anger als 7 Jahre geleistet werden, angenen Paragraphen.

cine Ziit,

entschädigt. i welche in einem Termin niemals [ in Gemäßheit des vorbergeg Befreiung unter der zu leistender Dienste woird niht aufgehob Ausführung folcher Vedingngen , aber der werden, sie auszuführen durch oder durch Dienstkontrakie mit P ivatpersonen. Die Befcei'nzen, seien sie unentgeltlich, ung von V rpflichtungen , find befceit Sporteln und Spesen.

Bei rgend we!cher Ent Sflaven ist bei Strafe der Ungüiti; Kinder unter 12 Juhren von dem F. 8. Sollte die Gütervocrih das Vereintbieiben einer Familie nicht zula} selben vorziehen, die Familie in seinen Besi den Quotenantÿcil der anderen milie verfauft und ihr E . 9, Es ist die Ordonanz welcher die Befreiung wegen Un Art. V, Der JInspeftion der richteten Einanzipations- Gef: werden sollten, unterworfen. Einziger Paragraph. Die Vorrecht auf den Dienst der durch f den Preis des Ankaufs zu entf Urt. VI. E- sind als frei erklärt: : Die der Nation die ibnen gut scheinende Be , 2, Die der Krone zum Nießbrauche ). 3, Die zu nicht reklamirten Nachlaß\ch@

G 5 Dié ingung in gewisser Zeit i durch Unte:lassung der Befreite wird gezwungen

fentlichen Anstalten,

oder seien sie durch von jeder Abgabe von

Arbeit in den s

äußerung oder Uebertragung von ¡keit verboten , die Gatten und die Bater oder der Mutter zu trenn-n, rben oder Affsociés en, und sollte feiner der ß zu behalten, indem er" Betbeiligten auszahlt, so soll die rtrag vertheilt werden.

Buch Nr. 4 Titel 63 in dem Theile, arfeit annullirt, aufgehoben. Waisenrichter sind die \chon er- Ushaftcn und jene; welche noch) errichtet

besagten Gesellschaften haben cin e befreiten Skiaven, chädigen

eilung zwischen E

um fich für

gehörenden Sklaven, indem die Negierur g

\chäftigung giebt.

übergebenen Sflaven. aften gehörenden Sklaven,

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g. 4, Die von ihren Herrn abandonnirten Sklaven. Wenn diese

dieselben wegen Dienstunfähigkeit abandonniren , so sollen sie zu deren Ernährung verpflichtet sein, ausgenommen im Falle der Mittel-

losigkeit, und hat der Waisenrichter die Alimente fesizustellen.

. 9. Die in Folge des Geseßes befceiten Sklaven eiben im Allgemeinen während 5 Jahre der Jnspeftion der Regierung unter- worfen; sind verpflichtet, ihre Dienste zu vermiethen, unter der Strafe: zu Arbeiten in den öffenilichen Anstalten gezwungen zu werden falls sie sich dem Nichtsthun ergeben. Der Arbeitszwang hórt jedoch auf, sobald der Befreite cinen Arbeitskontrakt VorIweist.

A rt. VIl, Jn Prozessen zu Gunsten der Befreiung:

. 1 soll der Prozeß summarisch geführt werden ;

. 2 sell 0x officio appellirt werden, wenn ein Urtheil gegen die Befreiung gefält worden.

Art. VIl]. Die Regierung hat zur Anfertigung von Spezial- Matrikel aller im Reiche b:findlicher Sklaven zu \hreiten , wobei der Name, das Geschlecht, der Stand, Arbeitsfähigkeit und die Ange- hörigteit eines Jeden, soweit dieselbe bekannt, anzugeben ist.

F 1. Der Termin, binnen welchem die Matrikel eröffnet und ge‘chlossen werden sollen, ist so früh als möglih durch wiederholte Edifktale bekannt ze geben, a welchen die Bestimmung des nächsten

aaraphen anzuführen if. : H E G Die Sflaven, welche turch Schuld oder Veracßlichkeit der Betheiligten bis zu einem Jahre nach Schluß der Matrikel nit in dieselben eingetragen wotden, sollen ipso facto als frei betrachtet

en. e 3, Für die Matrifulirung jedes Sklaven soll der Herr, wenn er dieselbe in dem bestimmten Termine ausfüßrt, sür ein einziges Mal die Sportel von 500 Reis zahlen und 1000 Reis, wenn er den Termin überschreitet. Das Ergebniß dieser Sportel if zur Deckung der Matrifulirungsfosten besiimmt und der Uebershuß zur Vermeh- rung des Emanzip.tionsfonds. y /

F. 4. Auch die Kinder der Sfklavenmüiter, welche dur dieses Gesey frei werden, sind in cinem eigenen Regtster zu immatrikulircn. Diejenigen Herren, welche aus Nacblässfakeit Diesem nicht nachkommen, verfallen in eine Strafe von 100— 200 Mille Reis, welcke Strafe ebenfo viele Male zu wiederholen ist, wie die Anzahl der bei der Matrifu- lirung vergessenen Jnt ividuen beträgt. Diejenigen, welche wegen Be- trugs demselben nicht nachkommen, verfallen in den Art. 179 des Kriminal. Codex 4 j

Ç 5. Die Amtspfarrer sind zur Führung von Spezialbüchern, Behufs Registrirung der Geburten und Todesfälle der Kinder von Sklaven, welche nach diesem Gesey geboren werden, verpflichtet, bi jeder Unterl5\sung verfällt der Amtöpfarrer in eine Strafe von T ille Reis.

E p IX. Die Regierung darf in ihren Reglements Strafen von 100 Wille Reis und Gefängnißstrafe bis zu einem Monate vcr- Angen. ; Art. X. Alle, diesem entgegenstehende Bestimmungen find auf- choben. i f Es sei somit allen Behörden , denen die Kenxrtniß und die Aus- führung des angeführten Geseße8 zusteht, befohlen, daß sie dasselbe be- folgen und S und dasselbe so vollständig halten, wie arin bestimmt worden. j : C E A der Angelegenheiten der Agrikultur, des Han- dels und der offentlichen Bauten hat es drucken,; publiciren und cir- iren zu lassen. E n Palaste von Rio de Janeiro am 28 September 1871, dem 50. Jahre der Unabhängigkeit und des Kaiserreich. Kaiserliche Prinzessin-Regentin. i Theodoro Machado Freize Peretra da Silva,

Geseßbrief, durch welches Ew. Kaiserlibe Majeßät das Geseß der Generalversammlung, welches Sie zu fanktioniren geruhten , auszu- führen befiehlt und welhès die Kinder der Sklavinnen als frei erklärt, welhe vom Datum des Seseßes an geboren werden: welches die Sflaven dec Nation und andere befreit und welches über die Auf- ziehung und V-rpfleguag jener minorennen Kinder und Über die jähr- liche Befreiung von Sklaven Bestimmungen t1rifft, so wie in dem- elben angegeben worden. i M p Zur Vorlage an Ew. Kaiserlihe Majestät. S

Der Rath José Agostinho Moreira Guimaraes hat es also ge-

O Haupt-Kanzlei des Kaiserreichs. Francisco de Paula de Negreiros Sayav Sohaio. Passirte durch am 28, September. 1871. Andié Augusto de Padua Fleury. Publizirt im Staats-Sekretariat der Angelegenheiten der Agri- kultur, des Handels und der öffentlichen Bauten am 28 September 1871. Joss Agostindo Moreira Guimaraes.

Reichstags - Angelegenheiten.

ie V. Abtheilung hat über die Gültigfkeits8erflärung der t A Vit 7. oberbayerishen Wahlkreise Rosenheim Bericht erstattet, Aus diesem Wahifkreise waren von der Partei des Gewählten Proteste gegen die Wahl in zwei Orten Hirnsberg und Sachrang und von der unterlegenen Partei Protest gegen die ganze Wahl eingelaufen. Da durch die Proteste das R:sultat der Wahl in Frage gestellt wurde, beshloß der Reichstag in seiner Sißung vom 5, April, die Wabl zu beansianden und die Akten zur Ecmittelung der Wahiheit dem Reichskanzler zu überweisen. Das Resultat der vom Königlich tayerischen Bezirksamt Rosenheim

geführten Untersuchung liègt nun vor, und hat darnach die V, Abthei-

lung die Prüfung der Wahl wieder aufgenommen. A 1 Die Unie ang ber die Wahl in Hirnsberg ergiebt nach An-

sicht der Abtheilung: 1) Weder Beisißer noch Protokollführer wurden durch den Wahlvorsteher verpflihtet. 2) Während längerer Zeit blieb die Urne unverwahri in den Händen des Protokol!führers. 3) Zur Stimmabgabe wurden Personen zugelasscn, die nickt in die Me aufgenommen1|varen. 4) Esivurden Stimmzettel für abiwesente Personen angenommen. 5) Eswurden rvährend und am Schiusseder Wahlhandlung vom Wahÿlvorsteher Wablzeitel beseitigt, ohne Zustimmung der Beisißer und chne Vermak im Protokoll. 6; 22 Wähler deponiren auf Hand- gelübde, daß sie für Pfarrer Obermayer gestimmt haben, während sich in der Liste und bei den cingefordert:n Zetteln nur 16 Stimmen für Pfarrer Obermayer finden und doch die Zahl der abgegebenen Zettel der Zahl der überhaupt abgegebenen Stimmen aleich ist. 7) Die Stimmzettel wurden nicht in einem von den Mitgliedern des Wahl- auéëshusses überschriebenen Packct eingesiegelt. Die Unregelmäßig- keiten sind demnach der Art, daß nach Ansicht der Ubtheilung die ganze Wahl in Hirnsberg tassirt werden muß.

._ Für Saw@rang crgeben die Akten : 1) Es wurde kein Wahl[- auss{uß gebildet und daher au kein Beisißer verpflichtet. 2) Wäh- rend der Waßl wurde noch ein Nachtrag in die Wäblerliste gemacht. 3) Das Wakhliokal war Nachmittags von 1 oder 2 Uhr fas stets ge- {lossen 4) Nachmittaas wurden verschiedene Wähler zur Stimm- abgabe zugelassen, die Vormittags als viht in der Lifte stebend ab- gewiesen rourden; es scheint, daß für die zur Abstimmung zugelassenen, in die Liste nit cingetragenen Wähler der Vermerk bei den Namen von Wählern gemacht wurde, die nicht erschienen waren.

Diese Ungeseßlichkeiten müssen nach Ansicht der Abtheilung die Ungültigkeit der Wahl in Sachrang nah sich zicten.

Die Proteste der unterlegènen Partei bezogen sid theils auf eine Reihe von Formfedlern, die {on bei der e. sten B handlung der Wakhl in der leßten Session ceprüft und als unwesentlich abgelehnt wurden, ‘heils rügten sie grobe Berstöße, wegen deren die Untersuchung eingeleitet wurde, deren Resuitat jeßt mitgethciit wird:

In Hôöslwang hat der Pfarrer am Sonntag vor der Reichstagê- wahl vom Altare aus Herrn Obermayer als Kandidaten der patrio- tischen Partei bezeihnct und zuglei erklärt, daß Stimmzettel für ibn im Pfarrhause abgeholt werden könnten Eine ausdrüliche Empfeh- lung des Herrn Obermayer wird zwar von den ZYeugen in Abrede gestellt, diese liegt nach Ansicht ter Abtheilung aber jedenfalls darii, daß Herr Obermoyer als Kandidat der patriotishen Partei genannt wurde, welcher der Pfarrer slb} angehört, und daß min Stimmzettel für ihn im Pfarrhguse adholen fkönnte. Die Ab!heilung bielt den Fall den im sicbenten Düßeldorfer Wahl- kreise gerügten ganz analog, und beantragt deshalb auch den gleichen Bescheid, d. h. die in Höslwanzg für Pf-rrer Obermayer abgegebenen Stimmen für ungültig zu erklären.

Der Pfarrer von Endorf hat an den Bürgermeister von May er- kfirhen und an den Beigeordneten (Bürgermeister) der Gemeinde Hemhof Wakblzeitel zur Vertheilung geschick wogegen nichts zu erinnern ist. Die Aussage des Bürgerme: sters von Mauerkirchen ergiebt aver, daß dieser die Zettel durch den Beweindediener bei der Einladung zur Wahl herumtragen ließ. Ein derartiges Verfahren scheint der Abtheilung unstatthafe, zumal in Bayern der Bürger- meister zugleich Polizeibeamter is und also die Stimmzettel durch dasselbe Organ und auf dem gleichen Wege vertrieben werden, der sonst au für amtlihe Erlasse gewählt wird. Die Abtheilung bean- iragt daher, daß die in Mauerkirhen, abgegebenen Stimmen kossirt resp. dem Gewählten abgezogen werden, daf dagegen über einen ähn- lichen Vorgang in Hemhof keine weiteren Recherchen angestellt wer- den sollen 1nd diese Wahl für gültig zu crkären set,

Der Protest gegen die Wahl in Wiltenwarth is nah den amt- lien Erhebungen unrichtig und die Abtheilung beantragt, dieselbe für gültig zu erklären.

In Riedecing hatte in dem zum Wakhllofkale bestimmten Schul- zimmer der Protokollführer vor Beginn der Wahl Zettel für Pach- mayr aufgelegt, und Pfarr:-r Wurm brate Zettel für Herrn Obver- mayr mit, übergab sie im Wahllokale den Wählern, die sich ihrer be- dienen wollten, und falteie sle ihnen zusammen. Pfarrer Wurm blich etwa eine Stunde nah Beginn der Wahlhandlung im Lckal und ver- ließ dann dasselbe, nahdem er vorher die Zettel für Obermayr dem Wablyorstande übergeben hatte, der sie wicder im Wohilokale auf- legte. Durch dieses Verfahren wurde dat im Wahlgeseß und Regle- ment ganz besonders accentuirte Wahlgeheimniß nah Ansicht der Ah- theilung fo gröblich verleßt, daß ichon aus diesem Grunde allein di Wabl von Riederinz kassirt werden müßte. Weiter wurde gegen F 13 deò Reglements verstoßen, daß der Wahlvorstand eine etwa eine Viertelstunde dauernde Diskussion über den Abbruch eines zum Schulhause gehörigen Vacofens cinleitete.

Da im Wahllokale auG Stimmzettel für Pachmayr aufgelegt waren und also auch nach dieser Richtung hin das Wabhlgeheimniß verleßt wurde, #0 aue die Abtheilung, die ganze Wahl in Rie-

ür ungültig zu erflären.

E Na en die Wadt in Höhenmoos wird dur die Untersuhung im Allgemeinen bestätigt. Die Akten ergeben, daß 1) die Wahl {on vor 10 Uhr begonnen wurde; 2) der Beisißer und dér Protokoüführer vom Wahlvorsicher nicht verpflichtet wurden; 3) die Wählerlisten und die Gegenliste niht vom Wahlvorstande unterzeichnet wurden; 4) der in Höhenmoos nicht wahlberechtigte Coop:rator Glink, ohne Mitglied des Wablvorstandes zu sein, die Funktionen des Pro- tofkfollführers besorgt hat. : :

Von diesen Verößen muß nach Ansicht der Abtbeilung besonders die Nichtverpflihtung des Wablausschusses und des Protofollführers ge- rügt werden, da dadur die im Geseß vorg-sehene wichtigste Garantie für die Richtigkeit der Wabl wegfällt. Jn Verbindung mit den anderen Unregelmäßigkeiten mußte dieser Verstoß die Abiheilung zum

Antrag auf Kassicung der Wahl in Höhenmoos führen.