1871 / 172 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Nov 1871 18:00:01 GMT) scan diff

Neu i|ff endlich noch der Titel 21: »zu Pensionen und Warte- geldern« Das auswärtige Amt kat bereits mehrere Pensionäre, deren Penssoaen provisorisch aus dem Titel 16 »zu unrorhergesehenen Ausgaben« gezablt- werden. Die Gründung eines bésonderen Pensions- fonds läßt fich hiernach nickt länger umgehen. Derselbe ist nah ciner ungefähren Berecnung vorläufig auf 10,000 Thlr. ‘normirt, wird aber vcrauésihtlich ron Jahr zu Jahr erhöht werden müssen, bis er seine normale Höhe ‘erreicht hat. / 5

Es exübrigt mir \{ließlich nock, zu der Position B. »einmalige außerordentlite Ausgaben«, »zum Neubau hotels in Konstantinopcl, zweite Ra‘e 85,000 Thaler« , ein paar ‘Worte zu sagen. Die ersie Rate von gleicher Höhe ist durch den Nachtragsetat des laufenden Jahres bewilligt; auf Grund einer cingehenden Prüfung Jhrer Budgeikommission und ohne daß cin spezieller Kostenanshlag vorgelegen hätte. Dabei wurde Seitens der Budgetkommission die Erwartung ausgesprochen, daß in der nähsten Reichstagssession ein solcher spezieller Ki stenanschlag werde vorgelegt werden, und es" wurde regierungsscitiz in bona fide eine entsprechende Jufage ertkt eilt. Daß und wishalb dies troßdem bisher nicht mögl!ch gewesen, ist in einer Denkschrift des Näheren dargelegt, die sich gedruckr in Jhren Händen, meine Herren, befindet. Jh glaube, Sie werden daraus die Ueberzeugung entnommen haben, daß in der Sache Niemandem cin Verschulden zur Last fällt, die Verzögerung vielmebr auf unabwendbare äußere Verhältnisse zurüCzufüktren ist. Mit Rücksicht darauf darf ich der Hofsnung Ausdrrck geben, daß die Bewilligung der zweiten Rate von 85,000 Thlrn. Jhrers.its keinen Anstand finden wird.

In der Diskusfion ergriff der Reichskanzler Fürst

v. Bismark nach dem Abg. Dr. Löwe das Wort : | T bin den beiden Herren Vorrednern dankbar, daß sie das un- leugbare Betürfniß ciner Ertéhurg des auswärtigen Etats des Reiches auch ihrersei:s anerkannt haben, der erfiere mit metr Wärme und Entsctiedenheit wie der zweite. Es liegt in der That in den Geldverhältnissen sowohl wie in den politishen, daß der Etat des Deutschen Reiches für auswärtige Angelegenheiten seinen Höhepunkt biéher nicht erreickt hat; denn einmal verraindert s\{ch der Wer!h des Geldes, und die Wodbnungen, und das Andere, was für die Gehäiter von den Gesandten gefauft werden muß an verschiedenen Orten, wird theurer in einem Maßstave, der den Meisten unter Jhnen ja selbst bekannt sein wirt; aukferdem aber steigt der Anspruch auf würdige Vertretung mit der Größe und Be- deutung des veriretenen Reiches. Jh möchte bitten, ein für alle Mal die angeblicke Acußerung Friedrihs des Greßen, daß sein Gesandter si nur darauf berufen sollte, es ständen hunderttausend Mann hinter ihw, und darum brauche er nicht zu repräsentiren ih möchte Sie bitten, diese Aeußerung ein für alle Mal zu Grabe zu tragen; €s ift mir {wer glaublich, daß ein so geistvoller Herr eine Aeußerung im Ernste gethan haben sollte, die ih mit dem guten Geschmack so wenig in Einslang bringen kann. Bei diplomatishen Verhandlungen an den Degen zu schlagen oder zu saçen: i{ch erwiedere cine Ein- ladung zum Diner nit, aber wir haben hunderttausend Mann, das is in der That - zu wenig unseren Gewohnheiten entsprechend. Jch kann nicht behauptcn , daß der Einfluß eines Gc- sandten nothwendig mit der Höhe scines Gehelts steigt, der Einfluf, êen er in dem Lande, wo «r akkreditirt ist, sür das Land, welches ihn entscnde*, auszuüben veru:ag. Die Jdee, daß sein Gehalt dazu diene, iha Hilfêmittel zu verschaffen, um den diuiscken Eirfluß in dem Lande zu vermehren , beruht eigentlich mchr auf den Traditionen älterer Zeiten, wo &8 wöglih war, mit elnem guten Diner einen tiferen Eindruck zu machen als heut zu Tage. Heut zu. Tage cen sle Alle gut, und die Diplomaten nicht gerade am besten. Oer Luxus in Equipagen und Dienerschast erregt unter Umsfänden eher Neid als Wohlwollen. Abex ich möckte Sie bitten , diese Ausgaben mebr im Strle der Vertretung der Würde des Reiches als der Jnteressen auf- zufassen; die leßteren gehen dabei immer nicht leer aus. Aber aus denselben Gründen , aus denen Sie, wenn d32s8 Deutsche Reich ein Gebäude für ein Minißerium oder ein Parlament ecrich- tit , darauf halten, daß dasseibe nicht blos dem strengsten praktt- {hen Bedürfnisse angemessez sei, wie es der Mindesifordernde zu befriedigen bereit isl, fondein, daß es in würdig:r AuLftaltung Zeug- niß davon ablege, daß das Deutsche Reich ein großcs mäwtiges politishes Gebilde ist und {ch als cles fühlt, aus denselben Grün- den möchte ich Sie bitten; darauf zu halten, daß das Deutsche Reich im Autlande in ciner Weise verireten werte, die in den Augen des durws{nititl!chen Beobachters auch äußerlih ten Eindruck macht : hier siecken die Mittel und das Selbstgefühl eines großen Landes dahinter. Die Bedcuiung diescs Mcments wid in tem Maße gcringcr, in welhem die Bevyöifirung des Landes, in dem dér Gesandte affreditirt ist, durchgehends politisch gebildet is. Jn einem Lande hoher politischer Bildung wird das Gefühl, das sich bei Friedri dem Grißen mit den hunderttausend Mann aussprach, leichter Eingang finden, man wird leih!er von geringeren äuferen Eischcinungen und Umständen abstrahiren, wenn der Ge- sandte {licht auftriit; es get ört aber eben dazu das Abstrakticns- vermögen der feineren Bildung. Für die großen Massen dagegen ist es turhaus nicht glei{chgültig, ob der amilie Vertreter des Deutschen Neiches den Eindruck macht, doß er große Mitt:l vertritt oder fklcine. Wenn derx gemeine Mann auf der Sirafe einer Residenz, wenn der Matrose, der dorthin kommt, den deutshen Gesandten in kleinem Aufzuge fahren sicht, wenn er seinen unbedcutenden Hauvsstand sieht, taxirt er danach sekr leiht, und das Maß ron Höflichkeit und V@tung, das er dem Mitgliede dieser Nation entgegen- bringt, wenn er ihm an der Küste oder Grenze begegnet, ist bei mittlerem Durch{hschni:t der Bildung - unwilikürlich ein klein wenig gefärbt von der Art, wie er gefunden hat, daß das Land ver-

cines Gesandtschafts. «

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treten wird. Wer in weniger civilifirten Ländern gelebt hat, win die Geltung dieser Behaup!ung noch in höherem Maße für richti

halten; da ist das äußere Auftretén immerkin ein Theil der Förderun # der A e und selbst in den civilisirtesten Nationen ‘sind die große W Mossen, die sich mit unseren Schiffern in den Küstengegenden un) auf dem Lande, mit unseren A N Interess n berühren, dog r niht von solcher Bildung, daß E

a

der Residenz des Auslandes genießt,

thun, ih will auch darauf nicht ein so hohes Geroicht legen, es komnmit vie(, mehr auf die Bittel an ; die er zur Diëpositton hat, um äußcrli(ch würdig

aufzuireten. Ein Gesandter mit 40 000 Thlr. Gehalt in cincm imp,

santen Hotel und mit einem starken Privatvermögen ist mir bei gleithe Befähigung lieber, als cin Botschafter mit 30,000 Thlr. Gehalt , der

nicht im Stande ist, nicht seinem Ra ge gemäß, sondern der Größ gewäß sih äußerlih zu

und Wü1de des Deutschen Reiches bewegen und zu zeigen. Jh gehe niht darauf ein; wi peinlich es für ten Betheiligten ist, sich den kleinen Kränkungen der Rivalität und Eitelkeit persönlich vielfah ausgeseßt zu sehen; um so reinlicher, wenn diefe kleinen Empfindtlichkeiten zugleih mit dem Gefütl verbunden sind, daß er sie in Verireiung feines Lant es und

in amtlicker Eicenschaft erhält. Jh habe einen Gesandien mit Neckt sagen hren: als Privatmann nehme ih den untersten Plak gern ein, der mir bei Tafel gegeben wird/ als Gesandter meines Reiches, in tieser amtlichen Eigenschaft gehe ich binaus, sobald mir nid der Plaß gegeben wird, der mir gebührt, Und so ist cs auch mit der äußeren Vertretuog, wenn man nicht im Stande ist, es den Kollegen weniger mächliger Staaten gleich zu thun, ja ihnen niht einmal dieselben Höflickkei: ten in Ttemselben Maße wiedergeben zu können. Ein Botschafter bedarf oan- sich wegen seines Titels kein höheres Gehalt s ist eben nur ein Titel; ob Sie an die Spiße einer Vrigade cinen Obersten oder einen General stellen, er wird dech immer Brigadier bleiben, c wird immer diese Stelle ausfüllen müssen. Ein Botschafter hat viel: leiht, wenn er nur knapp dotirt sein soll, gegen cinen Gesondten an einem großen Hofe ein Mehrbedürfniß ron 1- bis 3009 Thalern

an Ausgaben, die ihm dadurch erwachsen, daß es üÜblig g ist, wenigstens in den meisten Ländern, daß die B.ischzfter gelegent:

[lich bei größeren Festen von den Souveränen besucht werden, daß als, dadur größere Feste in, möchte ih sagen, monarchishem Style her: gebracht sind, die eine Mehrausgabe in diesem Betrage jährlih mit

sih führen mögen. Daß dafür aber einem solchen Hause auch die Aut:

zeichnung des Besuches des Monarchen selbst zu Theil wird, bewirkt, daß daturch au die Stellung des Vertreters in den Augen det Untirthanen dieses Monarchen der Würde des vertretenen Reiches F mehr entsprickt. Darum handelt es sch aber bei diesen Erhöhungen nict. Wethalb, könnte man fragen, geben wir denn den Titcl eines Botschafter? Es geschieht das vieimehr wegen des Ranges der po: Es wird in den diplomatischen Corps ein immerhin unbilliger, aber doch bei den meisten in Kraft steherider

litischen Agenten unter si. Unterschied gemacht: es fommt zum Beispiel der Anspruch, das *

wenn der auswärtige Minister mit einem Gesandten in ciner verab- redeten Konferenz ist, und es wird ein Botschafter gemeldet, der aut- wärtige Minister für v.rpflihtet gehalten wird, die Konferenz sofort abzubrechen und den Botschafter zu (mpfangen. Wenn ein Gesandter eine F ugenblick, wo «c E

sten

vielleicht in dem Vorzimmer eines auswärtigen Ministers Stunde wartet, und es fommt in dem bercingerufen wird, ein Botschafter , so wird an den mei Höfen, so v’el mir bekannt ist, der Botschafter hereingelossen , der Gesandte

fann noch länger warten oder kommt vielleiht an dem Tage gar E ; Das Alles sind kleine Demüihigungen und Reibun- F gen, die einfach durch den Titel abgeändert werden. Man fann E

nihcht m:hr an.

sagen, wenn ein Gesandter das Gefühl feiner Würde hat, so läßt er sih das nicht gefallen, und ih bin selbs in der Lage gewcs.n , mir das mit Eifolg abzuwchren , aber dech nicht ohne schr erhebliche

Spannungzen , die mit der Sache selbst in gar feinem Verhäl!tniß stehen und nit ohne ein Einseßen der Person geschehen köanen, was F dicht an die Grenze desjenigen streift, was für einen amilichen Vet- F treter eincs großen Landes exlaubt ist. Aiso man erreicht den Zweckd F einfa@er dadurch, taß wan dissen Titel giebt, der außerdem durch die 4 Ehrenbezeugungen , die ißm dafür gezollt werden j eker etwas crspart, E

möchte ih sagen , als größere Ausgaben macht. Der Titel und die Rangansprüe, die damit gegeben werden, können eher als ein Acqui- valent, möchte ih sagen, wenn man cs in Geld absckäßen will, eini- ger tausend Thal:r angesehen werden.

eher Elwa®8, als daß der Titel uns nöthige, an sstch höher zu besolden, T würde im Gegentheil an dein Orte, wo ih einen Bolschafter nicht

ernenne, wünschen , daß ein Gesandter auch die erste Rolle unter den Gesandten spielen kann. und die Botschafter einigermaßen efffacire, F Ein solcker Gesandter wäre mir unter Umständen lieber als cin Bct- F

\chafter. Privilegium der Bolschaster lägen, mit dem Monarch-n direkt und unmittelbar jederzeit zu verkehren. Dies beruht auf einem

handelin.

st: eichen.

Der Fortschritt in der Dotirung der einzelnen Stellen, bis wir E das richtige Maß davon erlangt haben, kann meines Erachtens nur L

e frei blieben von dem Eindruck dez gesellshafilichen Ansebené, tas der Vertreter des Deutschen Reiches Die Frage, ob Jewand Bot, schafter oder Gesandter ist, bat mit ‘der'Sache an sh nit so viel y

Man fann sagen, die Vor: nehmheit, wenn man sie überhaupt in Geld ausdrücken kann , spart F

In öffentlicen Vlättern (und der leßte Herr Redner spielte darauf L an) habe ih einige Male gelesen von den Gefahren , welche in den F

rrthum. F Es hat cin Botschafter zum Monarchen nicht anders Zutriit , wie jeder Gesandte, und in keiner Weise das Recht in Anspruch zu nehmen F mit dem Menarchen dir.kt ohne Vermittelung seiner Minister zu ver 1 Die Berechtiguna, einen solckchen Verkehr zu regeln, ist ganz F auss{ließlich auf Seite des Monarchen, und. deshalb möchte ih bitten F diese Vorurtheile gegen die Botschafter fallen zu lassen oder uns doch F etivas mchr Gild zu bewilligen, wenn Sie uns den Titel, den Rang F

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n langsamer und allmählicher scin, und wenn wir nickt mehr und für (angia Stellen etwas g«fordert haben, so wollen Sie darin nur die Gewissenhaftigkeit sehen, mit der wir v.rfahren, Es würde auch den Zweck verfehlen, eine pléplihe groß: Erhöhung eintreten zu lassen. Es würden nicht in demsclven Jahre schon alle Eiarichtungen diescr Erböbung entsprechen fönnen; es würde mehr cine Enistädigung für die Vergangenheit, cls cine Sicherung für die Zukunft sein. Aber steigen werden die Bedürfaisse gewiß noch, naméenilich in den über- sceisen Stellea. Da isi die Theue:ung mit am größten für alles daê, was europiis{che B dürfnisse sind, und Ste müsscn nich: erstaunen und an NVershwendunz glauben, wenn antr msläiaden entfecnte Posten, die schr w. sentiiche Interessen, abcr doch nitt so s{chwere, wie die bei den nächstgelegenen großen Reitben zu vertreten haben, in ihrer Dotirung die leßteren erreichen Es ist an si recht wer, den Deutschen, der an seiner Häuslichkeit hängt, so lange er sich nit zur Ausroanderung änzl’ch entschließt, dcn Deutschen, dec die Fäden, die ihn nit der

eimath verbinden, niht zershn-idet zu bewegen, daß er längere Jahre auf der andern Seite der Hemisphäre lebt, in Entövehrung vom Umgang mit Landsleuten Es ist gerade bei diesem Posten sehr {wer den betreffenden Gesandten auf längere Zeit Urlaub zu geben, weil es dort {wer is, tie Brauchbarkeit, die Jemand- nur dur linzere

raxis erlanzen fann, auf andere zu übertracen. Man kann eben nichi eine interimistishe Vertretung \chicken und dadur die Möglich- feit geben, wieder ciunal ein halbes Jahr in der Heimath zu leben. JH bin der Ansicht (und ih ziehe now Ecfundigungen über die Zweck- máäßigfkeit ein); daß bei diefen Posten, wie in Cbina, Japan und âbn- [ichen eine Art von System von Atjunkten cum spo und auch cum obligatione succedendi werde eingeführt werden müssen, indem ich ungern jemand dort hinzushick:n Sr. Majesiät vorschiagen möte/ der niht wenigstens {hen 1 Jahr dort gewesen ist, ih auch nit cin- willigen könnte, den dortigen Gesandtea zur- Erholung auf einen an-

deren Posten zu rerschen, ehe er nit gewissermaßen den Nachfö!ger -

dort eingelernt hat. Dario wird av s{hon ein Grund liegen, der diese Posten theucr mat. Jn Europa find auch einige, die einer Aufbesserung noch bedü fen werden. Daß die Zahl der Posten, wie der leßte Herr Vorredner meint, wesentlih vermindert werden kann, ob einz:lne, wo die Geschäfte politisch weniger wichtig erscheinen, ganz eingehen können, möchte ih kaum annehmen.

Die politishe Wichtigkeit ist keine, die sich an die Oertlickfkcit bin- den läßt. Es entstehen in einem Lande plößlich Komplikationen cder cs fommt ein thä-iger Minister oder Monarch plößlich an die Spiß, der aus dem Land das Cen'rum. od:.r den Anknüpfungepunkt far eine Politik macht, die es wichtig ersckeinen läßt, dort poli:ish ver- t eten zu sein. Schickt man nun erst einen Vertreter hin, so fehlen ihm alle Fäden. der Verbindung, auf denen allein der Cinfluß und die Fähigkeit si zu orientiren- beruhen kann, und ih wüßte ia der der That nicht der Herr Vorredrer hat niht präzisirt, weiche Stell,n ihm vorscwebten wo in Europa iÿ es auf mi würde nehmen können, die diplema*ische Vertir:tung ganz eingehen zu lasscn. Danebcn die Konsularvertretung stärker zu accentuiren, wle biszer, liegt auch, wie sich {on in der Praxis erkennbar masht, in dem Bestreben des Au?wätctigen * Amtes. Unser Konsularetat ist ein ganz anderer geworden wie ktisher, und es ist mögli, daß in einigen Ländern, wo wir bisher nur Handelsb-:ziehungen und wenig politishe haben, s{ließlich das Kon- sulat zu ein-r Höhe heraus gebildet werden fann, welche die Gesandt- haft entbehrlich macht. Das wird aber bloß eine Verän erung des Titels sein und dem Konsul »werden mehr Etiqueitenfragen entzegen stehen, er wird nicht die Leichtigkeit des Verkehrs haben, wie der Ge- sandte in derselben Loge. Daß unferen Gcsandten die Aufgabe cb- liegen wicde sich mehr als in früheren Zeiten der Thätigkcit des- jenigen Geb!letes anzunehmen, welhes man gewöhnlich als den Konsulaten angehöriz betrachtet, liegt in der Natur der Dinge, und Sie können darauf rhnen, daß darauf gchastea werden wird. Jn- dessen cin Gesandter hat rascher Zutriit und mehr Einfluß bei cinem auswärtigen Minist:r als ein Konsul, so lange sich nicht die Tradi- tionen der meisten europFistea Staaten in ihrer gescäfil!chen Hierarchie wesentlih* ändern. Daß faufg ärnisch-n Konsuln, als Kanzler und Scfkretär Fachbeamte beigegeben werden, darüber ist das Auswärtize Amt n.it den Herren Vorrednern voliständiz derselben Ansicht. Es is auch mit diesem System bereits der Anfang gemachk, wie z. B. in Mesfau dem dortigen kaufmänniscten Konsul bereits ein dem Fach und Dienst angchöriger Kanz!er zu Gebote gestellt ist.

Der Herr Vorredner hat noch eine Frage, die er selbst als s{chwe- bend bezeichnet, berührt, nämlich die Frage der Gesandischaft in Rom. Die Frage der Zukunft, auf die er anspielt, habe ih her nickt zu be- rühren. Sie ist in der Entwicklung begriffen; und wir sind hier nicht in dcr Frage der Pelit'k im engeren S'nn, sondern in der Diskussion des auswärtigen Budgets begriffen. Als voraussichtiich ist anzunchmen, daß der Deutsche Gesandte bei Sr. M jestät dem König von Jtalien sich nah Rom begeben wird, sobald der König selbst seine Residenz dort auf- \{lägt und si daucrnad h:nbegiebt, was bis jeßt noch nickt geschehen. Der Geszndte ist bei dem-Monarchen und nicht dessen Ministern ak-

-freditirt, und so lange der König ron Jialicw nickcht selbst in Rom |

residirt , ist der bei Seiner Maj-stät' akfireditirte Gesandte an das bis- herize Amt* domizil der Krone Jtalien gebunden. Sobald sich dieses yerlezt, wird es seine Aufgabe sein, dem König, bei dem ec afkredi- tirt if7 zu folgen.

Auf eine Replik des Abg. Frhrn. v. Hoverbeck erwiderte der Fürst Reichskanzler:

Ich habe die Anekdote genau in der Form, wie sie der Herr Vor- redner voa Fciedrih dem Großen citirte, auch seit meiner Jugend häufig gehöri und au stets meine Freude daraa gehabt so lange ih nit auswärliger Minister war. Jch glaube, daß der große König

den

doch mehr im Sinne seines Finanz-Ministers, der ihm sehr am Herzen lag, dabei gesprochen hat , als im Sinne seiner auswärtigen Politik.

Dann möchte ich dem Mißverßändniß entgegentreten, wel- ches darn liegen würde, wenn man annähme, daß das Einverständniß, in dein ich mich reueidings mit dem Herrn Vorretner über die Botschaf ecfraze bifiade, von mir #9 auêgeslegt wird, daß nuñ bei den Gesandte, die man zu Botschaftern . machi, eine Gehalt8erhöhung nicht erforderli sei. Jch sag, cine Ge- halts8erböhung ift unter allen Umständen erforderlich und wenn ih den Botschaftertitel nicht dazu befäme, so würde i b, nah mcinem rehnis{cn Gutadt:n , das Jhrer Beshiuffassung ja unt1legt, noŸ etwas mehr Geld fordern.

Zu Tit. 10 des Etats ( Gesandtschaft in Lissabon ) inter- pellirte der Abg. Schmidt (Stettin) über die Lage der Sache in der bekannten Angelegenheit des Stettiner Barkscisfes »Ferdinand Nicß«, das von portugiesischen Behörden kondem- nirt worden war.

Der Bundeskommissar Geheime Legations - Rath von Bülow erklärte hierauf:

Auf die Anfrage des Herrn Vorretners erlaube ih mir Folgen- des: zu erwidern. Jn Folge der erneu en Anregung in Lissavon hat die poctugiesishe Negierung die Angeleze: hit einer wiederholten Er- wägung unterzogen und uns unlänzst eine um}assende Denfschrift neb t einer großen A“zahl poriugiesister Aktenstücke, als Belägen mit- getheilt. Diese Aktenstücke sind Überscßt, und es if, um für die weit -:re Behandl.:nz der Sache eine Unterlage zu gewinnen, angemess:n er- schienen, das Gutachten zweier ausgezeih"eten Juristen (feibitvcrständ- li h außerhalb d«s auéwär.igen Arntes stehend) einzuholin. Dicses Gutachten is augenblicklih noch in der Bearbeitung.

Der Reichskanzler Fürst v. Bismarck fügte hinzu:

T habe mich etwas zu spät gemeldet; ib wollte zu den Worten, die der Herr Kommissar äufierte, noch eine kurze Erläuterung geben, in welchem Sinne dieses Gutachten verlan.,.t wird. Es is an und für sich n‘cht wohl anzunehmen, daß. die G richte eines fcemden S aates anders als nach den Gesehen dieses «Staates geur- theilt haben. Etwas Weiteres fkönnen - wir niht ver'angen. Wäre ein Anspruch eines deatshen Bürgers aber nah Gesehen des fremden Landes nicht geseßmäßig be- bandelt , würden wir weitere Entshädigungsansprüche zu maten haben. Um nun festzustellen, ob diese Sache nah portugiesishem Rechte von portugiesischen Richtern unparteiisch erkannt worden ist, haben wir das Urth.il gewiegter und mit der Mate ie vertrauter Juristen eingebol*, und wir würden von deren Ansicht bei dem Wieder- vorfommen dieser Verhandlung auch dem. Hohen Hause Mitthäilurg machen. Wir können natürlich nicht so weit gehen, deu!she Gerichte als eine hóôbere Instanz über fremde Gerichte eines vnabhängigen Landes einzuscßea;. aber wir werden dur dieses Gutachten doch ein unpartelisdes Ur.heil darüber gewinnen, ob man so verfahren hat, wie Deutschland: entichlossen ist, es feinen Bürgern gegenüber in jedem fremden Staate zu verlangen, d. h auf eine gerechie, den Gesehen de3 betheiligten Landes entsprechende Weise.

Auf eine Anfrage des Abg. Frhrn. v. Hoverbeck, bei Tít 6 Nr. 10 (Gesandtschaft in London, Besoldung cines Botschaftspredigers), nah welchen Grundsäßen bei der Anstiel- lung solcher Prediger verfahren werde, und von welcher Kon- session dieselben scien, antwortete der Reichskanzler:

Ich bin nicht darauf vorbereitet, eine umfassende und überall zu- treff: nde Aniwort in diesem Falle zu geben. Im Ganzen find diese Einrichtungen älteren Datums, urd ich könnte nur dahin antworten: es sind in neuerer Zeit neue nicht eingericktet, sondern diejenigen bei- behalten, die wir S S habea. Als Kritetium triff: es im All zemeinen zu, daß- Gesandischafisprediger dort fungiren, wo der Gottesdienst für die Mitglieder e ner deutickcen Ge'andt'chaft, die bei der Majorität einer evangelishen Bevölkerung meist dicser angehören, nicht vorgesehen und nicht gesichert ist. Anglikanische Mitglieder hab:n wir gar nicht in unseren Gesandtschaften, und dcêhalb scheint es mir wohl gerehtfertig*, daß in England den Mitgliedern der Botschaft, und aleichzeitig den zahlreichen evangelischen Deutschen, die dort. leben, die Gelegenheit gegeben werde, den evanzelischen Gottesdienst in deut- {er Sprache b¿suchen zu können, der sih von dem anglifkanishen do wesentlich unterscheidet. Es würde, wenn wir beispielsiveise in cinem abzolut evangelischen Lande einen katholischen G sandten hätten, unter Umfßäaden auch das Bedürfniß eines katholishen Ge'andtschafts- Geifilichen eintreten fönnen. Indessen ist das ein Fall auf den wenig zu rechnen ist, da katholische Geisiliche fast über alle Länder der Welt verbr«itet sind, evangelische aber nit.

Auf eine Entgegnung des Abg. Frhrn. v. Hoverbeck erwiderte der Fürst v. Bißmarck: :

Die Ouldung wird da nicht helfen, wo kein Gebrauch von dieser freien Ausübung des Kultus gemacht wird. Die Vorausseßung eines Gesandtschaftszcistlihen i|t n cht blos die Nictd-ldunz cia:s (Kcist- lichen von der Konfession, wie man seiner bedarf, sondern da* N ckt- vorhandenscin eines soihen; und in Lendon werden andere deutsche evangelische Geisilihe wohl sein, aber London i| sehr groß, es ist sal cine Provinz, und es mag in entlegenen Stadtvierteln sein.

Jh will sehr gern bis zur nächflen Budgetderathung, den Wün- {en dis Herrn Vorcedners entspre@end, diese Materie näher erüiren. Für heute bin ich niht genug vorbereitet, um eine Nuskunst er- \{chöôpfend geben zu können.

Qu Tit, 8, General -Consulate, sprach der Abg- Thomas im IJnuteresse des deutscden Handels den Wunsch nach Errichtung cines General - Konsulats in Teheran aus. Dec

Reichskanzler erklärte hierauf: