1871 / 174 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 20 Nov 1871 18:00:01 GMT) scan diff

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Wie das »Journal de Paris« meldet, wird in der Na- tionaldruckerei das »Gelbbuch« jeßt geseht, welbes an die Depus- tirten gleich nach ihrer Rückkehr- vertheilt werden wird.

Die nun geschlossene Session hat gezeigt, daß die Ge- neralräthe die allgemeine militärishe Dienstpflicht, den Schulzwang und den Freihandel wollen. :

Der Assisenhof des Seine - Departements sprach gestern sein Urtheil in Sachen der Beamten, welche unter der Kom- mune im Gefängnisse Mazas gedient hatten. Die Zahl der Angeklagten betrug zehn. Die Verurtheilungen lauteten auf Quéthausstrafe von fünf bis zehn , auf Zwangsarbeit von fünf bis zehn und auf Gefängnißstrafe von zwei bis fünf

ahren. i I E Der »Bien Public« s{reibt: »Der General de Cissey legt die legte Hand an das Militärgeseß, Über dessen Ensemble und Details er mit dem Präsidenten der Republik vollkommen Übereinstinimt.« E

Nach einer von der Polizei gemachten dd lidadis be- finden si jet 54,000 leere O in Paris.

Der bekannte General Cluseret, der sich nach der Niederlage der Kommune nah Amerika begab , ist jeßt nah Mexico gegangen, um Juarez seine Dienste anzubieten. Cluseret war bekanntlich früher französischer Offizier, diente dann in Amerika und war später einer der Generale der Kommune.

Versailles, 19, November. Das sechste Kricg®8-

gericht hat heute das Urtheil in der Untersuhung§ssache gegen |

die der Ermordung der Generale Lecomte und Thomas An- geklagten publizirt. Gegen fieben der Beschuldigten wurde auf Todesstrafe erkannt. | Lyon, 19. November. Das Journal »La Décentralisa- tion« veröffentlicht einen Auszug aus einem Briefe deb Grafen Chambord, in welchem derselbe cs für unbegründet erklärt, daß er beabsichtige , seinen Ansprüchen auf den Thron zu ent-

sagen.

Spaniez. Madrid, 18. November. Jn der gestrigen

Sißung der Cortes legten alle karlistishen Mitglieder eine Proposition vor, betreffend die Wiederherstellung der religiösen Affsociationen und die Vernichtung verschiedener Dekrete der provisorischen Regierung, welche von den konstituirenden Cor- tes zu Geseßzen erhoben worden waren. Nach einer sehr langen Diskussion forderte die Regierung, daß diese Proposition, so wie jeder andere Gesehentwurf an die Abtheilungen verwiesen

werde und machte hieraus eine Kabinetsfrage.* Da sich die radikalen Republikaner und die Karlisten dieser Forderung widerseßten, wurde die Sizung permanent erklört und endete um 7 Uhr Morgens damit, daß die Forderung der Regierung, daß keine Berathung stattfinden sollte, mit 118 gegen 173 Stimmen eine Niederlage erlitt. Geich dgrauf verlas der Minister-Präsident ein Dekret, wonach der König von der Prärogative, welche thm die Konstitution verleiht , Gebrauch machend, die Session der Cortes vertagt. Es fiel keinc Störung vor; -die Sizung {loß mit einem Hoch auf den E

19, November. Am 30. d, Mts. wird ausCadix ein Dampfer mit neuen Truppen nah Cuba abgehen. Die Gesammtsumme der bis jeßt E zur Verstärkung abgesandten Mannschaften

1f 12,000 gestiegen.

v pi Aus Bibra ltar wird unterm 13. d. Mts. gemeldet, daß die belagernden Mauren die Feindseligkeiten gegen die Garnison von Melilla fortsegen und die kaiserlichen Hülfs- truppen bis jezt noch nicht erschienen find.

talien. Rom, 18, November. Der neu ernannte Bisczof von Vigevano hat einen Hirtenbrief erlassen, in weldem er seine Anhänglichkeit an die Königliche Familie be- tont und für den König zu beten empfichlt.

Zürkei, Konstantinopel, 11. November. Der älteste Soh:: des Sultans wurde zum Division8-General und Präsi- denten des Rathes der Frofberrliden Garde ernannt. Der italicnishe Konsul in Scutari und seine Frau wurden von türkischen Soldaten {wer mißhandelt.

Rumánien. Bukarest, 19. November. Jn der gestri- gen Sißung der Deputirtenkammer wurde die Antwort auf die Thronrede genehmigt. Dieselbe ist durchaus loyal ge- halten. Ferner wurde der Kammer der Entwurf einer Kon- vention vorgelegt , welche in der Eisenbahnfrage zwischen der Regierung und den durch die Häuser S. Bleichröder und der Diskontogesellschaft zu Berlin vertretenen Jnhabern von Eisen- bahn-Obligationen abgeshlossen worden ist.

Nußiand und Polen. St. Petersburg, 18. Novem- ber, Die Haupt-Intendanturverwaltung hat, wie der »Gol.« mittheilt, für die im Jahre 1872 bevorstehenden Aus- gaben einen Kredit von 18,038,000 R. beantragt. Davon ist der bei weitem größte Theil (14,176,290 R.) zur Beschaffung von Uniformirungs8- und Ausrüstung®Lgegenständen bestimmt.

Wilna, 12. November. Eine besondere Kommission ist von St. Petersburg hier angekommen und bereist die Grenze bis Bresc-Litewski, um Untersuchungen wegen Verstärkung der Be- festigungen anzustellen. Hervorragende Strategen haben näm- A die Behauptung ausfgesiellt, daß dur die Lage der Bahn- linie von Warschau - Terespol über Bresc nach Kiero. und der

weigbahn , die von hier aus in jene Linte projektirt ist , eine errückung des die westliche Grenze deckenden Festungsgürtels nothwendig geworden sei. Die Befestigungs8kommission hat

nun den Auftxag erhalten, jenes Terrain zu prüfen, um Vóör-

schläge über geeignete Veränderungen und über neue Anlagen in der betreffenden Fortifikationsbasis zu machen.

Schweden und Norwegen. Christiania, 13, No- vember. Vorgestern Abend um 10 Uhr ist der König in Be- gleitung des Prinzen August hier aus Stockholm angekommen, Während der Abwesenheit des Königs besteht die Regierung in Stockholm aus mehreren Mitgliedern des Staatsraths unter dem Vorsiße des Prinzen Oscar.

__ Amercri?a,. New-York, 17. November. (pr, Kabel.) Die russishe Korvette »Bogatyr« ist hier angekommen. Sie trennte sih von der »Svetland«, dem Schiffe des Großfürsten Alexis, am 6. November auf dem 25. Breiten- und 70. Längen- rade.

Y Der amerikanishe General Sherman wird, wie man aus Philadelphia s{recibt, in Kurzem an Bord des Staats- dampfers »Wabash« eine Reise nah Europa antreten. Jn seiner Begleitung wird sich Lieutenant Frederick Grant, der Sohn des Präsidenten, befinden.

Ein in Torónto veröffentlihter Auszug aus den cana- dischen Volkszählung8§ausweisen giebt die Gesammtbevölkerung von Canada, exkl. von British-Columbia und Manitoba, au 3,484,924 Einwohner an, was in runder Zahl einen Zuwachs von 12,79 pCt. zeigt. Der Distrikt Ontario zählt 1,600,000 Einwohnerc , der Distrikt Quebeck 1,200,000, Neubraunschweig 285,000 und Neuschottland 387,000.

Reichstags - Angelegenheiten.

Berlin, 20. November. Jn der Sißung des Reichstags am 18. d. M. wurde die zweite Berathung des Geseßentwurfs,

betreffend die Ausprägung von Reich8goldmünzen, fortgeseßt. Qu §. 6 nahm der Staats-Minisier Camphausen nach dem

Abg. Dr. Bamberger das Wort: “_

Meine Herrea! Jh möchte Sie bitten) bei dem §. 6 der Re- gierungsvorlage unverändert stehen zu bleiben und das eben erläuterte Amendement abzulehnen. Dieser § 6 der Regierungsvorlage gehört mit zu denjenigen Paragraphen, über deren Bestimmungen ein Kom- promiß zwischen den Regierungen stattgefunden hat, und {hon aus diesem Grunde haben wir Werth darauf zu legen, daß nicht ohne Noth , nicht ohne die dringendste Nöthigung von den Bestimmungen abgewichen wird, die vereinbart worden sind. Einc solche Nöthigung würde ih nun in keiner Weise anerkennen, ich würde sogar dem Vorschlage des Herrn Redners manche bedenkliche Seite abgewinnen müssen, und zwar is darunter nicht die unbedenklichste , daß hier theoretisch der Saß ausgesprochen wird, daß für alle Zukunft die Aus- prägung der Münzen auf Kosten des Reiches stattfinden soll. Der Herr Vorredner hat zwar in seinem Vortrage gleich eingeshoben: »soweit es nicht der Privatindustrie überlassen bleibt«, aber in den dispositiven Bestimmungen des von ihm vorgeschlagenen §. 6 steht davon fein Wort. Der Herr Vorredner hat darin nicht geirrt, daß die verbündeten Regierungen es vermieden haben, in dem gegenwär- tigen Stadium der Berathung die Frage zum Austrag zu bringen, ob den Privaten gestattet werden soll, die Ausprägung gegen Ver- gütung eines Schlagschaßes zu verlangen. Diese Frage ist von einer nicht geringen Tragweite; man nimmt durchaus Anstand, die Frage zu ver- neinen, man nimmt aber auch Anstand, fie in diesem Augenbli zu be- jahen. Wenn wir an die Entscheidung dieser Frage herantreten, dann wird genau ins Auge gefaßt w-rden müssen, ob das Deutsche Reich, ab- weichend von dem Verfahren mehrerer großen Staaten, nachher den Grundsaß festhalten wird, daß auch dann, wenn das Auz3prägen der Münzen von dem freien Belieben der Privatpersonen in einem ge- wissen Grade abhängig gemacht woird, das Reich die gs: 1 Áb p rad übernehmen soll, die Kosten der Einziehung niht mehr vollwichiiger Münzen zu tragen Diese Kosten können recht erheblih werden, und gerade der Umstand, daß bei der Feststellung des Geseßentwurfs dazu übergegangen wurde, das Prägen der Territorialhoheit zu über- lassen, führte dazu, daß nunmehr auch die Kosten, die aus diescm Verfahren entstehen, in Zukunft von dem betreffenden Lande getragen werden müssen. Wan vergegenwärtigte si, daß möglicherweise der Fall eintreten könnte, daß beispiel8weise die freie Reichsstadt Hamburg in die Lage käme, außerordentlich große Massen von Goldmünzen prägen zu lassen, Massen, die über ihre Betheiligung am Gesammt- Münzquantum des Reih? außerordentlich weit hinausgingen, und daß, da dem Reich die Last zuges{oben würde, für diese vor und nad niht mchr das Passiogewicht habenden Münzen mit Reichsmitteln einzutreten, anstatt mit den Mitteln desjenigen Staats, der diese Auspräguna vornehmen lassen wollte.

Jh möchte wiederholen: ih gebe in diesem Augenblick nur eine Andeutung, nur rationes dubitandi. Wir wünschen die Entschei

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dung jeßt niht zu treffen und weder nah der einen, noch na derx anderen Seite hin zu pcäjudiziren. Eben weil wir das niht wollen, haben wir den Saß: »die Ausprägung erfolge auf Kosten des Reichs«, nicht als eine permanente Einrichtung dur das gegenwärtige Geseh hinstellen wollen. : :

Das wäre die eine Aenderung. Die andere Aenderung im Absay 1 besteht darin, daß an Stelle des Ausdrucks: »auf den Münzßiätten derjenigen Bunde8Lstaaten, rwelhe fsich dazu bereit erklärt haben «, hier der Ausdruck gewählt werde: » auf den dazu ge- eigneten Münzstätten des Reich#e. Das geht nun weiter und geht nicht so, wit, wie der Vorschlag, deu wir Jhnen gemacht haben, Es geht weiter, weil gleichsam ein füx allemal, für alle Zeiten, ausge- \sprochen würde: die Prägung auf den und den Münzstäiten müssen wir uns gefallen lassen; unck es geht anch weit insofern, als das, was wir ins Belieben der Regterungen gestellt hatten (wobei selbs|- verständlich auch zugesehen werden wird, ob die Münzstätten, die man uns designirt, geeignet sind) ih sage also, daß das, was wir ins Be- lieben der Regierungen gestellt hatten, hiex in eine Znoangspfliht verwwan-

delt wird. Das Reich hatnun meines Ecachtens ein großes Interesse daran,

daß die Zahl der Münzstätten niht zu groß sein möge. Wir haben im §. 7 die bindendsten Betimmungen getroffen ‘(und ich möchte den Herrn Vorredner darauf aufmerksam machen, daß diese Bestimmungen dauernder Natur sind und daß sie wohlbedacht nicht im § 6 mit auf- genommen siand) um den Organen der Reich2gewalt die vollständige DeausiGagung der Ausprägung der Münzen zu vindiziren. J läugne aber nit, daß troy dieser Bestimmunzea Uns schr erwünscht sein wird, wenn nacher die Zahl der Münzfäcten , die von diesem Recht Gebrauch machen wollen , etwas zusammenshrumpfen möchte. Denn, wie sorgfältig auch der Versuch gemact werden möge, die ein- zelnen Münzstätten zu ?ontroliren, so wird dies, wenn wir an eine ferne Zukunft denken, nicht immer vollfäadig zu erreichen sein. Wenn es sich dagegen um eine transitorishe Maßregel handelt, so sind wir leb- haft überzeugt, daß c? deutschen Münzstätten mit einander wetteifern werden, um die be Münzen hergustellen. Die gleiche Garantie möchte ich für eine ige Zukunft nit übernehmen; für eine provi- sorishe Maßregel, wie fle der § 6 des Geseß-Entwurfs vorgesehen hat, alaube ih woohl, daß : aan mit Zuversi@t darauf rechnen kann. Jh möchte also die Bitte Jhnen vortragen, es bei dem §. 6 in derjenigen Fassung, wie sie die Regierungsvorlage enthält, bewenden zu lassen.

Zu §. 7 erklärte der Staats-Minister Delbr ück über das L R Amendement (»Bremische« vor » Thaler Gold« zu streichen):

Meine Herren! Jh muß Sie bitten, den Antrag des Herrn Ab- geordneten für Harburg abzulehnen, einen Antrag, welcher eine Trag- weite hat, die vielleiht dem Herrn Antragsteller selbst entgangen ift. Es bestehen nicht blos in Hannover, sondern auck@ in zahlreichen an- deren Staaten des nördlihea Deutschlands Verträge, die auf Thaler Gold lauten, Verträge, die lange, lange Zeit vor dem Wiener Münz- vertrage her datiren und die in absolut gar keiner Beziehung zu der durch den Wiener Vertrag geschaffenen Krone stehen. Dieses bitte ich zunädst im Auge zu behalten. Diese Verträge, die auf Thaler Gold lauten, lauten durchaus nicht auf denselben Thaler Gold. Es destanden, und ich rede jeßt zunächst von der Zeit vor dem Münzvertrage, von der Zeit na ch dem Müngvertrage werde ich später reden es bestanden in der Zeit vor dem Münzvertrage in Hannover Verträge auf Thaler Gold, ge- {lossen unzweifelhaft in Beziehung auf die hannövershe Pistole. Es sind in Preußen Verträge auf Thaler Gold geschlossen, unzweifel- haft nit in Beziehung auf die hannöversche Pistole, sondern auf den preußischen E verta Sie werden, wie ich vermuthe, auch im Königreich Sachsen auf Thaler Gold geschlossen sein, weder in Be- ziehung auf die hannöversche Pistole, noch auf den preußischen Fried- richsd’or, sondern auf den sächsischen Augustd’or. Wir haben also hier ich fönnte die Beispiele noch vervielfäliizen mit Verträ- gen aus der Zeit vor dem Jahre 1857 zu thun, die sämmilich verschiedene Thaler Gold im Auge haben. Wie es mit diesen Verträgen, mit deren Erfüllung zu halten ist, wenn die Münze, auf welche sie lauten, diese Thaler Gold, nicht mehr vor- handen, überhaupt niht mehr zu beschaffen is , das ist eine Frage, deren Lösung nach meiner Ansicht durchaus nicht die Aufgabe dieses Münzgesebes ist. Das ist eine Frage, die ihre Lösung findet nah dem Gemeinen Recht und zwar auf eine ganz unzweifelhaste Weise. S o- viel von den Thalern Gold aus der Zeit vor dem Jahre 1857,

Ich komme nun auf die Thaler Gold nach dem Münzvertrage von 1857. Jch glaube, daß, soweit die Thaler Gold in Relation zur Krone stehen, also zu der durch .den Verirag vom Jahre 1857 ge- shaffenen Münze, sie sich bes{chränken auf die Provinz Mater das Großherzogthum Oldenburg und die freie Stadt Bremen. Die Regierungen dieser Staaten sind meines Wissens die einzigen gewesen, welche von der Befugniß Gebrauch gemacht haben , den Kronen eine Relation zur Silbermünze beizulegen. Der Herr Vorredner irrt, wenn er untersielt, daß in dem Münzvertrage von 1857 von einer solchen Relation irgendwie die Rede sei. Dieser Vertrag hat es sehr absihtlih vermieden, von irgend einer solchen Relation zu sprechen, und er hat nur unter gewissen, sehr einshränkenden Be- dingungen den einzelnen Staaten es gestattet, eine solhe Relation her- zusiellen. So weit es sich nun um die Erfüllung von Verträgen handelt, die nah dem Jahre 1857 und in besonderer Beziehung auf die Krone in Thaler Gold lauten, so ist es nach meiner Ansicht ebenso überflüssig, irgend eiñe Bestimmung darübex zu treffen. Sind diese Verträge in Kronen nicht zu erfüllen und sie werden nit in

Kronen zu erfüllen si, so wird dasselbe eintreten; was ich vorhin

bemerkt habe: Es trii: das Gemeine Recht cin, und dessen Eintreten ist in diesen Fällen ¿emein leiht, weil man ja genau weiß, welches

Gewicht von Gold uan dem andern Gewichte von Gold gegenüber-

zustellen hat. Der bremische Thaler Gold, der, wie mir s{heint, den Herrn Abg. für Harburg allein dazu verführt hat, seinen Antrag zu stellen, ist in der Vorlage nur deshalb erwähnt; weil er in Bremen Lande8währung ist, und weil es bei der Vorlage darauf ankam, die Relation der neuen Goldmnünze zu den bestehenden Landeswährungen festzustellen. Tch muß Sie aus diesen Gründen bitten, den Antrag des Hrn. Abg. für Harbury abzulehnen. ,

Nach dem Abg, Dr. Wolffson erklärte der Staats-Minister Delbrü:

__ Meine Herren! Jch habe zunächst zu bemerken, daß es den ver- bündeten ‘Regierungen, als sie nah eingehender Erwägung der von dem Herrn Vorredner angeregten Frage der Meinung ¿varen , eine Tarifirung der Hamburger Bankvaluta nicht in den Eniwurf aufzu- nehmen dabei fehr fern gelegen hat, Banfkpolitik treivea zu wollen Und irgend eine Eiawirkung ausüben zu wollen auf dic künftige Ge- staltung der hamburger Bankverhältnisse. Die verbündeten Regierun- gen sind zu dem Jhnen gemachten Vorsclage; also dahin, die Ham- gurger Banfkvaluta nit zu tarifiren , rein durch objek:ive Erwägun- ben geführt worden , durch Erwägungen , die für meine Ueberzeu- gung wenigstens durch den Vortrag des Herrn Vorredners noch verstärkt worden sind. Die Aufgabe, die der §. 8 hat, is, wie ih vorher {on erwähnte, die, das Verhäliniß der neuen SiÜnze zu den vor- handenen Landes8währungen festzustellen.-Einesolche Währung ist die Ham- burger Bankvaluta niht; wenn man die Tarifirung der Hamburger Bank- valuta vornehmen wollte, so würde das im Grunde genommen nichts anderes sagen, als einen Paragraphen in das Geseß aufzunch- men, welcher lautet: ein Pfund Silber is gleich 90 Mark, und in dieser Form ausgedrüci woird, glaube ih, einleuchtend werden, wie ganz ungemein bedenfklich die Tarificung einer solhen Bankvaluta ist, die ir der That auf weiter gar nichts hinausläuft, als daß man in der gefährlichsten Form das Verhältniß des ungemünzten Silbers zu dem gemünzten SBolde feststellt. Es is bei der General-Diskussion ja wiederholt hervorgehoben ivorden, daß es absolut unmöglich ift, ein festes Verhältniß zwischen dieien beiden Metallen zu fixiren, weil dieses Verhältniß cen der Natur der Sache nah Schwankungen unterliegt. Sowcit man es fixirt in Bezie- hung auf umlaufende Münzen, so hat man als Korrektiv gegen die damit ganz unzweifelhaft verbundene Gefahr die Mittel in den Händen, welche den Regierungen überhaupt die Ein- wirkung auf das Münzwesen darbietet und insbesondere die Fähigkeit darbietet; na Zeit und Umständen die vorhandenen Silbermünzen einzuziehen, Wenn man aber ein Pfund Silber als \olches tarifirt, es tarifirt für den Verkehr einer einzelnen Bank, auf deren Verkehr ja natürlih nur ihr eigenes Jnteresse von Einfluß ist, so begiebt man sich, wie ih glaube, in ein für die ganze iy ay der Maßregel gefährliches Gebiet. Da nun außerdem, wie der Herr Vorredner aus- drücflih anerkannt bat, in Mark Banko wirklich nicht gezahlt wird d. h. gezablt, indem man Münzstücke hingiebt —, sondern das ganze Geschäft nur im Wege des Abschreibens abgewickelt wird, da in der That also von einer wirklichen Landeswährung nicht die Rede ist, \so fann ich nur bitten, daß Sie das Amendement der Herrea Abgeord- neten von Hamburg ablehnen.

Der Staats-Minister Camphausen fügte hinzu:

Ih möchte noch einige Worte hinzufügen zu dem Antrage wegen Hamburg. Jch glaube, daß die Verwaltang der Hamburger Bank gut thun wird, nicht allzu lange zu säumen, um dem jeßigen Ver- bâältniß, wonach in unbegrenzter Menge Silber deponirt und in Banco verwandelt werden kann, ein Ende zu machen. Wenn wir bei der heutigen Berathung {on ein solhes Geseß vor uns licgen hätten, wenn wir heute übersehen könnten, um wie viel Mark Banco es sih bei der ganzen Frage handeln würde, so würden wir in einer andern Lage sein, als in der wir uns gegenwärtig befinden. Jn der Lage, in der wir uns gegenwärtig befinden, sind wir aber meines Erachtens außer Stande, den Wünschen des geehrten Herrn Vor- redners zu entsprechen. Jh möchte ihn zunächst daran erinnern, daß unter den Anträgen, die uns vorliegen, unter andern sich auch einer befindet, der die Einziehung der Münzen der Territorialstaaten auf Reichs8rechnung erfolgen lassen will. Sollen wir etwa der Spekulation die Möglichkeit geben, jeßt Silber nah Hamburg hinzuziehen und in Banko zu verwandeln und dem Deutschen Reiche nachher die Ver- pflihtung aufzuerlegen, \' es aufs Reichskosten einzuziehen? Das if doch absolut unmöglich.

Und nun, was das Werthsverhältniß selbst betrifft, ich muß mich \chuldig bekennen, daß ih nicht genau nachgerehnet habe, wie die vorgeschlagene Tarifirung berechnet if. Jedenfalls aber handelt es sich um ungemünztes Silber, das man in ein bestimmtes Ver- hältniß zu geprägtem Golde seßen will. Alle anderen Silbermünzen, die wir in Verhältniß zu der Goldmüngze seßen, find eben geprägtes Silber, und gutes Silber if bekanntlich niht unerheblih theurer als ungeprägtes, Sie wissen, daß wir in Deutschland nicht einen feststehenden Schlagschaß in den verschiedenen Gebieten des Deutschen Reiches gehabt haben, noch haben; ich will aber unter anderm an- führen, daß in Preußen es üblih war, für das Pfund Silber, aus dem man 30 Thaler {lug, an der Münze 29 Thaler 23 Sgr. zu zahlen, das ist eine Differenz von 7 Sgr. ein sehr ansehnlicher, in- dessen die Kosten nicht Üübersteigender Schlagshaß. Soll nun eiwa Hamburg das Privilegium eingeräumt werden, daß, während es Münzen nicht ausprägt, ungeprägtes Silber daselbst doch be- handelt werden folle, als wäre es geprägte Münze? das \{eint mir doch ebenfalls nit billig zu sein. Mir \{heint aiso der ganze Antrag eigentlich auf einer nicht völlig richtigen Würdigung des ganzen Verhältnisses der Münzpolitik zu beruhen, und es {eint mir, daß der Handelsstand in Hamburz wohl thäte, unverweilt die Maß- regeln ins Auge zu fassen, die nothwendig sind, um \ich vor größeren Uebeln zu hüten. Da würde ih nun dem Herrn Vorredner zustim-