1871 / 180 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 Nov 1871 18:00:01 GMT) scan diff

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Staatsgeseßen gehorsam zu sein. Er mag es mir zu Gute halten, wenn ich der Civiltà cattolica eine erhebliche Autorität bei- messe, gewiß nicht in dem Sinne, daß sie eine offizielle Stimme wäre, aber die Civiltà cattolica sagt selbst von sich, daß sie die Anschauungen des römischen Stuhles darlege , daß sie niht die Grundsäße und Regierungsprinzipien Papst Pius des IX. erfinde, aber daß sie der genaue Jntcrpret derselben seî. Diese Zeit- \{rift hat an einem Hirtenbriefe des Bischofs von Passau, der schon öfter genannt war, und der zu jener Zeit sehr eindringlich den Gehor- fam ge enuber den weltlichen Geseßen empfohlen hat, si wie foigt ausgelassen :

Der Bischof ließt in größter Herzensbewegung mit einer Er- mahnung an seine Diözesanen, sich niemals untec irgend einem Vor- wande von dieser Sorte von Menschen verführen zu lassen, welchem Stande dieselben immer angehören mögen; vielmehr im Gegentheil durch That und Wort zu beweisen, daß die treucn und ergebenen Söhne der Kirche die treuesten und ergebensten Unterthanen des Lan- desherrn und der geseßmäßigen Regierung sind.« |

»Wenn in Bayernch, so fährt die »Civiltä« fort, »nicht Geseße be- sichen würden, welche ungerecht und offenbar unveräußerlichen Rechten der Kirche, ja sogar dem. Geiste des Christenthumes zuwider sind, o würde ein folher Hirtenbricf zwar mangelhaft in de Theorie, aber do nicht {ädlich in seiner praftishen Anweadung scin, Ec würde mangelhaft in der Theorie sein, weil der christli®e Gchorsom gegen die weltlichen Geseße immer durch die unerläßliche Bedingung einge- \{ränft sein müsse, daß dieselbe nicht ungerecht, d. h. daß sie nicht den Gescßen Gottes und nicht der Kirche zuwider sind. Wie viele Geseße und wie vicle Geseßentwürfe bestehen aker gegenwärtig in Bayern und fast in ganz Deutschland, welche offenbar ungerecht und feindlic gegen die Kirche sind? Das Verschweigen einer so nothwendigen Bedin- gung macht danach die Theorie nicht nur mangelhaft, sondern sogar

efährlih: denn während es auf d.r einen Seite den Gegnein des atholischen Glaubens eine mörderijhe Waffe verleiht, beraubt es auf der andern die Gläubigen eines jeden Nertheidigungsmittels « Der Herr Abg. Reichensperger hat mich an dieser Stelle in eincr an- dern Weise angegriffen; er sagte: »J|st es nicht ein götiliches Wort, glauben nicht au die Protestanten an den Saß: man muß Gott mehr gehorchen, als den Menschen?« Er führte aus, daß, wer si diesem Saß: nicht unterwerfe , eigentlih auf den Standpunkt des Hridenchums zurückgkehrt sei. Meine Herren! Der Ton, der in dieser Erividerung angeschlagen is, ist uns hin- reichend bekannt, wir haben ibn zu Hause recht oft gehört. Es ist im Grunde nichts andere, als eine Denunziation an die gläu- bigen Massen. Habe ich dena aber gesagt daß der Saß nicht richtig sei? und habe ih denn gesagt , daß wir uns demselben nicht untec- werfen wollten? Gewiß cht. Jch habe nur gesagt, daß dieser Saz gebraucht , daß er mißbraucht werde, um ein System Turdzuseßer/ rür welches dieser Saß , meiner Ueberzeugeng nach, nie gegeben ist. Gewiß glauben auch die Protestanten an den Saß; ih habe abt:r nie gehört , daß în protestantischen Ländern aus diesem Saße solche Folgerungen von Sciten des Kirchenregiments gezogen worden sind, roie man sie bei uns zicht.

Es fönnte sich weiter fragen, ob die Aufstellungen wahr sind, die ich mir zu machen erlaubt habe, daß die Regierung in dec von mir angegebenen Weise bekämpft worden sei. Nun, meine Herren, woll- ten wir einen Beweis mit Urkunden in der Hand über die von uns aufgestellten Thatsachen führen, tann hätten wir wohl {on seit lan- ger Zeit unsere Untersuchungsrichter und unsere Notare in Thätigkeit seßen müssen. Sie werden es aber begreiflih finden, daß dies in Bayirn bisher unterlassen worden is. Jh habe auc) wirkli die Meinung, daß es nicht allen Ansprus auf Glauben entbehrt, wern die Regierung Jhnen offiziell mittheilt, daß es sich bei uns verhält, wie ih JThnen zu sagen mir erlaubte. Jndessen Sie haben das Urtheil, mögen Sie wählen, wer mehr Glauben verdient, wir mit unseren Aufst:llungen oder die andere Seite, die Erklärungen, daß ein Bischof dieses oder jenes Blait sür cin Evangelium erflärt, damit beseitigen zu können gemeint hat, daß sie sagt, es habe fi vielleicht um einen Scherz gehandelt, freilich um einen Scherz, der sehr prafktijhe Folgen hatte, um einen Scherz, der dahin praftisch ge- macht ist, daß man diescs Blatt bis in die leßte Hütte zu verbreiten suchte. Die Regierung hat zu wiederholten Malen gegen die Aud- \chreitungen, von denen ich sprach, Abhülfe gesucht bei kirchlichen Oberen, fie aber nicht gefunden.

Ich wäre indeß auch in der Lage, eingehendere und s{lagendere Beispiele für die Behauptungen, die ich mir vorzukbtringen erlaubt habe, vorzutragen. Hätte der Herr Abg. v. Schauß heute die Predigt von Passau etwas eingchender Jhnen mitge!heilt, Sie würden einen wörtlihen Beleg für das gefunden haben, was ih sagte; daß man der Gescßgebung ein Schwanken von heute auf morgen und Unfähigkcit und Verkennung aller Jnteressen des Volkes vorgeworfen hat: Kurz, alle Behauptungen , die ih aufzustellen mir erlaubte, sind gerade in dieser Rede im Einzelnen belegt. Einen wei- teren Beleg Ihnen übrigens noch vorzuführen, kann ich mich nit enthalten. Es is das nicht etwa cin Zeitung8arti?el, e ist eine amt- liche Aeußerung von- der Kanzel.

Ich begehr, glaube ih, keine Anmaßung, wenn ih annehme, daß auch in diesem Hause in weiteren Kreisen meine Beantwortung der Jnter- pellation des Akg. Herz u. Gen. bekannt geworden ist. Diese Jnt«r- pellationsbeantwortung hatte den Zweck, ausreick@ende Motive für unser Verhalten darzulegen. Wir hatten den Zweck und den Willen, Jedermann davon zu überzeugen, daß wir in unserer Haltung gegen die Kirche den rechtea Weg, den Weg des Geseßes gewählt haben. Die Regierung hat Veranlassung genommen, diese Schrift in einer Anzahl von Exemplaren im Lande zu verbreiten. Was it darauf gesheben? Das Stadipfarramt von Deppendorf kat von der Kanzel, veranlaßt durch diese Mittheilungen, folgende

Warnung erlassen: »Es- ist dem Stadtpfarramt zur Kenntniß ge. kommen , daß als Beilage zu glaubensfeindlihen Zeitungen und auf anderen Wegen« die anderen Wege, das sind die amtlichen »Druckschriften vertheilt und versendet worden, welche mit einem Auf. wande vieler Unrichtigkeiten und Entstellungen gegen den Papst und die Bischöfe, insbesondere gegen das leßte vatikanishe Konzil gerittet sind. Die ‘Hläubigen werden aufmerksam gemacht, daß sie solche Schristen ohne Gefahr für das Seelenheil weder lesen yoch verbreiten dürfen, und daf, wer sie geflissentlih verbreitet, in die {were Kirchen- strafe der Exkommunikation verfällt.« a8

Meine Herren! Jh bin außerdem provozirt, man hat eine Aeußerung, die ih machte in Bezug auf die Verbindung zwischen Staat und Demokratie aufgegriffen, ih bin provozirt, die Gründe, die ih in dieser Beziehung eiwa noch anzufühceu hätte, mitzuthe:len, Ohne die Provokation hätte ich es unterlassen, von der Sache zu sprechen. Jh führe Jhnea einen Zeugen vor. Der Zeuge ist ein deutscher Bischof. Was ih mittheilte, stammt aus einer Unterredung, nich: aus einer privaten son| swürde [ih gewiß allezeit darüber \s{weigen sondern aus einer ganz En Unterredung. [Der Zeuge 1st der Hecr Bischof von Passau. Vor zwei Jahren ging ih in der Eigenschast als Justiz-Minister an mehrere Gerichtssiße in Bau- angelegenheiten und kam auch nach Passau. Den Herrn Bischof von Passau kannte ih bis dahin persönlich gar nicht. Persönliche Be- ziehungen bestanden zwischen uns nih:. Es is aber bei uns üblich und als Pflicht der Artigkeit erfanut, daß, wenn ein Mitglied der Regiecung an einen Bischofssiß fommt, es dem Bischof einen speziellen Bejuh macht. Der Herr Bischof er war damals etwas anderer Stimmung als jeßt hat mir damals einen eingehenden politischen Vortrag gehalten und in diesem Vortrage mic auseinandergesezt : Die Kirche strebe, man möge machen, was man wolle; nach der Herr- haft im Staate. Sie habe es bis jeßt mit allen Staatsformen probirt und ihren Zweek nicht erreiht. Mit dem Absolutiëmus sei obnehin in der jeßigen Zeit nichts mehr zu machen, der Konstitutiong- liémus habe sich auch nicht als ein cntsprehendes Mittel für Bc- gründung der firhlihen Herrschaft erwiesen, die Kirche strebe nun nach anderen Mitteln, sie werde sich demnächst mit der Demokratie und mit den Massen verbinden, um den angegebenen Zweck zu erreichen) und als ich vielleicht ihm gegenüber ein etwas ungläubiges Gesicht ma® bemerkte mir dexr Herr Bischof; nehmen sie es gar nicht so leit glauben sie es ja, was i sage; ich bin dessen Überzeugt, es verhält ch so. Warum sollen wir nit glauben, was in dieser Beziehung ein Bischof uns sagt? Es war von den Karlsbader Ves@lüssen die Rede. J lasse dahingestelit, ob wirklih der Zusammenhang besteht, von dem gesprochen worden ist, ob nit; thatsächlich kann i ver- fic ern, daß ih meinerseits jene Beschlüsse nicht zur Quelle genommen habe, aus der ih ges{chöpft habe.

Es wurde auch) beute viel von Freiheit gesprochen und davon, daß der Staat es vertragen müsse, wenn andere Meinungen geäußert würden, als diejenigen, die ihm oder dem Ministerium, in dessen Portefeuille es brennt, gefielen. Nun , meine Herren, diese Greiheit dem einzelnen Geisilihen als Privatmann, wie sie dem Einzelnen, oder den Affsoziationen, wie sie den Assoziationen im Staate zuge- standen ist, zu nehmen, das is uns niemals eingefallen; wir sind ganz darauf vorbereitet, selbst wenn der Artikel, den wir vors@lagen, zuin Gefeß wird, daß doch von den Geistlichen demnä Voltksver- sammlungen gehalten und politische Reden vorgctragen werden, und Niemand wird daran denfen, ihnen das zu verwchren; aber etwas ganz anderes ist «s, wie ih es neuli@ anzuführen mir erlaubte, ob i gs ciner organisirten Regierung dieses Recht einzuräumen dbe- ugt ift.

Wenn darauf hingewiesen wurde, daß man im Norddeuischen Bunde seinerzeit ein Bedürfniß für , eine strafrechtlihe Bestimmung, wie sie vorgeschlagen wird, nicht kannte, wenn gesagt wird, daß den Verfassern des Strafgeseßbuchs die Bestimmungen des fcanzösisen;, belgischen 2c. Strafgeseßbuches bekannt gewejen seien und deshalb die betreffende Unterlassung in dem deutschen Strafgeseßbuche eine absicht- liche sei, so lasse ich das dahingestellt; ih hab: ouch {on andere Aeußerungen aus der Mitte des Hauses vernommen, aber erfklärlih bliebe es , daß Sie ein Bedürfniß dafür niht empfanden und do bliebe au die Behauptung erkiärlick, daß sih cin solches Bedürsniß jeßt geltend gemacht hat, nachdem si das Reich erweitert hat,

Man hat auf das Beispiel von Württemberg verwiesen. J ergreife mit Vergnügen die Gelegenheit, urn mich über -die verschiedene Haltung der bayerischen und der württembergischen Regierung aus- zusprehen. Tch wünichte sehr, die bayerische Regierung wäre inder Lage gewesen, dieselbe Politik handhaben zu fönnen wie die württem- bergisde; ich muß JThnen ader doch bemerken: wir haben im Grunde gar nichts anderes gethan, als was die württembergishe Regierung auch gethan hat, nur mit dem Unterschiede, daß die faktischen Acrhältni}se die bayerische Regierung genöthigt haben, aus ihrer Erklärung Ernst zu machen, Thatsachen darauf folgen zu lassen, während die verständige Haltung des Bi{chofs, der mit der württembergischen Regierung zu verkehren hat, und der Unistand, daß die Katholiten dort in der Mi- norität {ih befinden, cs der württembergischen Regierung bisher mög- lich gemacht hat, es bis auf Weiteres bei einem theoretischen Saße zu belzssen. Hätte man bei uns nicht Exkommunikationen, und wa dergleichen Dinge mehr sind, gehandhabt, wer weiß, ob die bayerische Regierung Anlaß gehabt hätte, weiter zu gehen, als die württember- gishe Negierung es gethan hat. Wenn aber dort jemals ähnliche Ereignisse cintreten würden, dann wird die württembergische Regit- rung au in der Lage sein, entweder da 8 zu thun, was wir gf- than haben, oder das gegebene Wort zu brechen. :

Es ist auf England und Amerika vezwicsen. Woh, meine Her-

ren; geben Sie mir die amerikanischen Zustände, dann habe ih auch

gar fein Bedürfniß für einen Artikel, wie er hier vorgeschlagen ist. Und endlich nech einen Saß: Man sagie, wenn es bei uns

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prenne, hätte man zu lösen und das Reich im Uebrigen in Ruhe lassen. Meine Herren, die Frage, ob die bayrische Regierung für si allein staatsrehtlich noch befugt is, eine \olche Bestimmung wie die porgeshlagene mit Geseßesfcaft auszurüften, ist reiflih erwogen; und im Bundesrathe war die Ansicht fast unbesiritten di e, daß es dem Einelstaate nicht. mehr zusteht, die Bestimmungen zu erlassen; von denen wir heute sprechen.

Nach dem Abg. Dr. von Niegolewmski nahm das Wort der

| Bundesbevollmächtigte Geheime Ober-Justizrath Dr. Falk:

Meine Herren, es ist nit im entferntesten meine Abst@Ht, in die Erörterung der großen Gesichtspunkte einzutreten , welche diese zwei-

| ¡âzige Debatte entiwickeli hat; ih ergreife nur das Wort, weil ich

glaube, daß die Hohe Versammlung berechtigt ist, eine Acußerung von dieser Stelle zu vernehmen über die zu dem Vorschlage der verbünde- jen Regierungen gestellten Amendements. La dieselben ersi heute ge- {elt worden sind, hat selbstredend eine Beschlußfassung des Bunde®- raths über dieselben nicht Stati haben können; ich glaube indessen nicht zu irren, wenn ich meine, daß die Auffassung der verbündeten Regierungen die folgende sein dürfte.

Es in den verbündeten Regierungen crwüns{ht, wenn die Hohe Persaminlung dem Antrage des Herrn Abg. Kastner, welcher die Fesiungsstrafe neben die Gefängnißstrafe stellt , ihre Zustimmung er- (theilt; dic Verschicdenheit der S:rafarten j ja die Verschiedenheit der Mala O in Deutschland bestehenden Veryältnisse scheint. daßin zu drángen.

Es haben die verbündeten Regierungen , glaube ih, nichts zu er- innern, wenn Sie dem Antrage desselben Herrn Abzeordneten gemäß das Wort »erscheint« ersceß-n durch das Wort »ist«; denn sie meinen, das sei ia der Sache dasselbe. Jch glaube, der Herr Abgeordnete für Thorn hat mit Recht hervorgehoben, daß es sih nicht um ein Seinen, sondern um ein Erscheinen handelt, um dasjenige, was in die Wirklichkeit der Dinge tritt, was clso nah der Auffassung des entscheidenden Richters auch wirkli ift.

Ih wende mich endlich zu dem Antrage des Hrn. Abg. Windt- horsi, Jch habe, wenn die hohe Versammlung dem Hrn. Aëg. Meyer

| (Thorn) folgen wollte in seiner Argumentation y die, irce ich nicht,

| dahin ging, daß die Formel des Entwurfs, »den Frieden zu stören gezignet erscheint«, in der Sache nichts anderes sei, als ein »Gefähr- den des Friedens8«5 der hohen Versammlung anheimzustellen, über die Nr, 3 des Antrages des Hrn. Abg. Windthorst zu beschließen; ich habe aber alle Übrizen Vorschläge diescs Herrn Abgeordneten glaube ih für unanvehmbar-zu erk ären.

Dem Reichstage is folgender Gesebßentwurf, betreffend die Friedenspräsenzstärke des Deutschen Heeres und die Ausgaben für die Verwaltung desselben für die Jahre 1872, 1873 und 1874, vorgelegt worden:

Vir Wilhelm von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2c. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustim- mung des Bundesraths und_des Reichëtags, was folgt:

. 1. Für die Jahre 1872, 1873 und 1874 wird die Fciedens- präsenzstärke des Deutschen Heeres auf 401,659 Mann und der zur Devreitung des Aufwandes für dieses Heer und die zu demselben gc- hörigen Einrichtungen erforderliche Betrag, ausschließlich der im Reich8- haudhalts-Etat für 1872 unter Kap. 10 dec fortdauernden Ausgaben en Gehaltêäverbcsserungen, auf jährli 90,373,275 Thlr. fest- gestellt.

Von diesem Beirage sind jährlih 1) 79,518,375 Thlr., vorbehalt- lid der den einzelnen Bundesstaaten vertrag8mäßig zu gewährenden Nachlässe, dem Kaiser zur Verfügung zu stellen, und 2) 10,854,900 Thaler Bayern zu überweisen. Leßterer Summe wird der verhältniß- mäßige Betrag der für Militärbeamte vorgesehenen Gehaltsverbesserun- gen Pg age eh,

Ç 2, Auf die Etats über die Verausgabung des dem Kaiser nah der Bestimmung im §. 1 bis einschließlich 1874 jährlich zur Ver- fügung zu stellenden Betrages findet die im zweiten Absaß R Art. 71 der Verfassung des Deutschen Reiches enthaltene Vorschrift Anwen-

dung. Urkundlich 2c.

Gegeben 2c.

; Motive.

In der Denkschrift zu dem Geseh-Entwurf wegen Fesistellung des Reih8-Haushalts-Etats für das Jahr 1872 sind die Gründe räher | dargelegt, welche den, in dem Etats-Entwurf enthaltenen Vorschlag äiner Aukdehnung der bis zum 31. Dezember d. J. hinsihtlich des Etats dec Verwaltung des Deutschen Heeres - geltenden Ver- fassung bestimmungen auf das Jahr 1872 herbeigeführt haben. Es it dort namentlich auf die Analogie hingewiesen, welche wischen der jeßt zu vollziehenden Umformung des Heeres des Norddeutschen Vundes zu dem Deutschen Heere und der bei Feststellung der Verfassung des Norddeutshen Bundes ins Auge gefaßten Umformung des preußischen Heeres zu dem Heere des Norddeutschen Bundes besteht. Damals führten diese Ver- hältnisse zu der Fesistcllung der Periode des sogenannten Pausch- quantums auf 4 Jahre. Der vorgelegte Etats-Entwurf zieht für die segenwärtiig bestehenden analogen Verhältnisse jene Konsequenz nur

| jur ein Jahr. des Reicbs-Haushaltsetats mit den

Die über diesen Theil Reichstages gepflogenen Vorveihandlungen

| Kommissarien des aben den veèbündeten Regierungen die Erwägung der Frage auf- [drängt ob es sich-nicht, und zwar scwohl im Jutecresse der Sache,

als auch im Jntcresse der geseßgebenden Faktoren

gemeinsamen

Ne Reichs empfiehlt, die aus der gegenwärtigen Sachlage für den

ztat der Verwaltung des NeichEheeres si ergebende Folgerung, welche in dem Etats-En:wurse ihren Ausdruck findet, ebcnso für die Dauer

einiger Jahre fesizuhalten , wie es unter gleihen Verhätnissen 1867 geschehen. Die verbündeten Regierungen sind zu einer Bejahung die- ser Frage gelangt.

Jn der bezeichneten Denkschrift ist die Voriegung eines vollsän- digen Etats der Verwaltung des Reichsheeres für das Jahr 1873 in Aussicht gestellt, und hieran wird auch jeßt noch festgehalten, allein es ist zugleich darauf hingewiesen, daß in den Etats für die Verwaltung des Neichsheeres in den nächsien Jahren, in welchen den Schwiecig- keiten der Ueberleitung der bisherigen Verhältnisse in die neuen, noch die Unregelmäßigkeiten hinzutreten, welche aus dem in der Okkupation noch foctbestehenden Kriegszustande hervorgehen, die Ver- hältnisse niht von vornherein so figirt werden können, wie dies zur Auf- stellung eines die Verwaltung im Einzelnen bindenden Etats unerläßlich ist H erin finden die verbündeten R-gierungen das entscheidende Motiv dafür, daß cs ersprießlicher ist, diesem Sahverhalt sür eine. Periode von drei Jahren ; während welcher scine Fortdauer anzunehmen ift; in einer entsprehenden Ausdehnung der bis Ende d. J. für den Etat der Verwaltung des Reiches geltenden Verfassungöbestimu ungen fla- ren und zutreffenden Ausdruck zu geben. :

E vorliegende Geseßentwourf \oll dieser Auffassung gerecht

Ne s

Der §. 1 ordnet die durch Art. 60 der Reichsverfassung für die Zeit vom 31. Dezember 1871 ab der Gescßgebung La ry Fest- stellung der Friedens - Präsenzstärke des Deutschen Heeres für die nächsten drei Jahre in der Weise, daß es bei der na den gegenwärtig geltenden Bestimmungen sich ergebenden Ziffer sein Bewenden bedält. Die Ziffer von- 401,659 Mann liegt auch dem Etatsentwurf für 1872 zu, Gruade und in der Anlage 1V. zum Etat ist nachgewiesen ; daß dieselbe mit einem Prozent berechnet ist, und zwar für die zum deut- hen Zollgebiete gehörenden Bundesstaaten von der im Jahre 1867 ermiitelten Zollabrechnungs - Bevölkerung, und für Elsaß - Lothringen von derjenigen BevölkerungLzahl, welche durch die im Jahre 1866 in Frankreich stattgehabte Volkszählung für das abgetreiene Gebiet mit 1,588,905 ermittelt worden ist.

__ Na der Fassung des Art. 60 der Neichsverfassung unterliegt es feinem Zweifel , daß die Bestimmung, wonach die Feriedenêpräsenz- stärke pro rata der Berölkerung von den einzelnen Bundesstaaten gestellt wird, unverändert auf die durch den vorliegenden Entwurf für die nächsten 3 Jahre fixirte Friedenspräsenzstärke des Deutschen Heeres Anwendung findet.

_ Ebenso wie die Friedensprcäsenzstärke, it im §. 1 auch die mit 225 Thlrn. per Kopf derselben berehnete Nommalsumme des Miilitär- etats ziffermäßig festgestellt.

Der weitere Jnhalt dieses Paragraphen entspricht rücksichilich des dem Kaiser zur Verfügung zu stellendenz wie des Bayern zu überweisenden Betrages den Bestimmungen tim Art. 62 der Reichs- verfassung, sowie den in dem Bündnißverirage mit Bayern vom 23. November 1870 zu den Artikeln 57 bis 68 der Reichsverfassung getroffenen Abreden. Von dir dem Kaiser zur Verfügung zu fstellen- den Summe gehen die, einzelnen Bundesstaaten vertrags8mäßig zu gewährenden Nacdlässe ab, und erst nach Abrechnung dieser Nachlässe- welche für 1872 376,882 Thir. betragen, ergiebt sich die auf Grund der Bestimmung des Geseßentwurfs in den Etat einzurücende Ziffer. In E für 1872 aufgestellten Etatèentwourf wird biernach nichts geändert.

Dagegen hat daran f:figehalten werden müssen, daß die für Auf- besserung der Beamtenbesoldungen im Bereiche der Militärverwaltung erforderlichen Mittel neben der für den Etat der-Verwaltung des Reichéheeres festgestellten Summe in Anspruch zu nehmen find. Es ist daher in den §. 1 ein entsprechender Vorbehalt aufgenommen.

Die allgemeine Maßregel der Gehaltsaufbesserungen ist hervor- gegangen aus einem Bedürfniß der Civilverwaltung und erstreckt sich außer auf den Neichs- auch auf den preußischen Landes - Etat , auf welchem leßteren sie eine erheblich höhere Summe in Anspruch neh- men wird, als auf dem Reichdetat. Diese umfassende Maßregel kann jedoch nicht durhgeführt werden, ohne die entsprechenden Kategorien der Militärbeamten in gleicher Weise zu bedenken wie die Civilbeam- ten. Wenn der hierzu erforderliche Betrag nur einen Bru@iheil der- jenigen Summe bildet, welche. für die Besoldungsverbesserungen auf deu Reichvetat gebracht ist, so tritt sie ganz in den Hintergrund gegen den Betrag, den die Maßregel im Ganzen innerhalb und auferda2lb des Reichsetats in Anspruch nehmen wird.

Die verbündeten Regierungen glauben davon ausgehen zu dürfen daß aus dieser nothwendigen Uebernahme der für die Besoldungs®- Verbesserungen im Bereich der Militärverwaltung. für die näthsten drei Jahre erforderlichen Mittel auf die allgemeinen Fonds finanzielle Bedenken gegen die gesammte Maßregel nicht erwachen können.

Da Bayern uach Nr. Il. der besonderen Bestimmungen zu den Artikeln 61 bis 68 der Reichsverfassung verpflichtet ist, für scin Kon- tingent und die zu demselben gchörigen Einrichtungen einen gleichen Geldbetrag zu verwenden, wie nach Verdältniß der Kepfstärke dur den Militäretat für die übrigen Theile des deutschen Heercs festgeseßt wird, so mußte in dem §. 1 am S@hluß eine Bettiunmung dahin ge- troffen werden , daß der an Bavern zu Üüberweisenden Summe der verhältnifmäßige Betrag der für Militärbeamte vorgesehenen Gehalts- verbesserungen hinzuzufügen ist. Da die unter Kap. 10 des Etats zu Besoldungöverbesserungen für Militärbeamte der übrigen Tbeile des deutschen Heeres vorgesehene Summe nach Art. X1UV. 337,698% Thir. beträgt, so berechnet si der cntsprewende, für Bayern jährlich der PYauschsumme hinzuzufügende* Betrag auf 46,099 Thir. Dieser Be- irag wird in dem Etat für 1872 der unter Nr 10, der fortdauernden Ausgaben ausgelassenen (zuvor na) Anl. X1V. zu beri@tigenden) Summe hinzuzufügen sein, wodurch \fich dieselbe auf 1334319 erhöht. Um einen gleichen Betrag von 46 099 Thlrn. erhöht sih ia Folge dessen der Matrikularbeitrag Bayerns.