1882 / 38 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

* gegangenen Revifions-Entwurf die gutachtlichen Aeußerungen der

für A Unterrichtsverwaltung folgende

beurtbeilen, aber der fast durchweg eingetretene Rüdcgang der Ein- fuhr in den wichtigsten Erzeugnissen giebt die Gewähr, daß jedenfalls die ausländische Konkurrenz wieder ein gut Stü weiter vom deut- \{hen Markte verdrängt worden ist, Daß wir dies lediglich der Zoll- reform des Jahres 1879 zu verdanken haben, wird von Niemand be- stritten werden können, zumal aus den meisten gewerblichen Kreisen Berichte über eine erfreuliche Steigerung des Absatzes auch auf dem inneren Markte vorliegen und unter diesen Verhältnissen die aus- ländische Konkurrenz von Retswegen nicht hätte nalassen, sondern weiter erstarken müssen. Wenden wir uns nun zu den einzelnen Gewerbs- zweigen, so ist es allseitig bekannt, daß die Eisenindustrie im ver- gangenen Jahre wesentliche Fortschritte zum Besseren gemacht hat. Die Einfuhr fremder Cisenfabrikate ist gegen das Vorjahr, wenn wir von Roheisen absehen, wieder ein wenig zurückgegangen und zeigt jeßt nur noch minimale Ziffern, die gegenüber der fortgeseßt steigenden Ausfuhr gar nicht in Betracht kommen können. In Roheisen hat dies- mal wieder die Ausfuhr den Import um nabe an tausend Tonnen über- stiegen. Abgesehen *biervon habeu die bedeutendsten Exporte in Schienen, Draht, Schmiedeeisen und groben Eisenwaaren statt-

efunden; auc in feinen Eisenwaaren ist jedo troß der angeblichen Gefährdung der Kleineisenindustrie durch den Zolltarif eine Ver- mehrung der Ausfuhr nachgewiesen. Für die Textilindustrie ist zunächst zu fkonstatire, daß die Einfuhr von Rohstoffen gegen das Vorjahr in allen Branden beträchtlich zugenommen hat und somit auf eine entsprechende Steigerung der Produktion zu {ließen ist. Bei Baumwolle beträgt der rechnung8mäßige Mehrverbrauchß 5000 t, bei Flachs und Hanf 8000 i, bei Iute 1100 t, bei Seide 3000 Doppelcentner, bei Wolle 11000 t. Allerdings ist bierbei der Ausfall der heimischen Produktion in Flahs, Hanf und Wolle nicht bet doch dürfte au troß der vermeintlihen Verminderung derselben in 1881 ein Mehrverbrauch dieser Rohstoffe statigefunden haben, Die Garne zeigen im Allgemeinen eine Steigerung der Ein- fuhr und einen Rücgang der Ausfuhr. Wenn dies auc an und für sich nit bedauern8werth ift, da hieraus nur folgen kann, daß der innere Markt wieder mehr Tertilfabrikate konsumirt als früher, so wird do nicht zu bezweifeln sein, daß die Zollreform des Jahres 1879 gerade binsihtlich der Garne nit ausreihend gewesen n Geweben ist die Einfuhr im Allgemeinen hinter dem Vorjahre zurü- geblieben, während der Export fast durchgängig eine wesentliche Zu- nahme aufweist. Ausgenommen ist hierin jedo immer die Leinen- industrie, wo betanntli in Folge der unausfömmlichen Eingangszölle die Einfuhr von Monat zu Monat steigt und die Ausfuhr in ähn- lidem Verhältniß zurückgeht. Eine sehr erfreuliche Entwicke- lung haben nach den Handelsau8weisen die chemisden Industrien genommen. Der Export ihrer werthvollsten Fabrikate ist fortdauernd im Steigen begriffen. Wir erwähnen als die bedeutsamsten: Anilin- und andere Theerfarben, Chlorkalium, Knochenkohle, Weinsteinsäure, Schwefelsäure, Superpho8phate, Bleiweis, Zündhölzer, Alaun 2c., in allen diefen Produkten beträgt die Erxportsteigerung 20 und mehr Prozent. Aehnliche Ergebnisse lassen fih von der Glasindustrie, der

Bei den lateinlosen höheren Bürgerschulen ist hier und da das Streben nah einer Steigerung der Lehrziele ersichtlih ge- worden; diesen an sich aus \{äßbaren Motiven hervorgegangenen Bestrebungen muß vorgebeugt werden, wenn diesen Schulen die segens- reiche Wirksamkeit auf weite Kreise gesichert werden soll,

_ Die nah den vorbezeichneten Gesichtspunkten unternommene Re- vision der Lehrpläne führt an einigen Punkten zu dem Erforderniß einer mäßigen Erhöhung der für den Ünterrichtsbetrieb der höheren Schulen aufzuwendenden Kosten.

_An den preußischen höheren Schulen von neunjährigem Lehr- fursus ist es gestattet, daß în den drei obersten ‘Klassen je zwei, um einen Jahreskursus sich unterscheidende Schülergenerationen ungetrennt unterrichtet werden; eine Trennung dieser Klassen in je zwei auf- steigende Klassen (Untertertia, Obertertia 2c.) wird erst dann erfordert, wenn die Gesammtfrequenz einer derselben eine bestimmte Marimal- grenze überschreitet. Man kann nit verkennen, daß in der Ver- einigung von so erheblih unterschiedenen Schülern uiht allein eine Erschwerung der Aufgabe des Unterrichts liegt, sondern auc eine unvermeidliche Beeinträchtigung des Erfolges sowohl für die ältere, als für die jüngere Generation der Klasse, und man wird nicht anstehen dürfen, der in den süddeutschen Staaten bestehenden Ein- rihlung, welche solche Vereinigung unbedingt aus\{ließt, den Vorzug zuzuerkennen, aber die Rücksicht auf die Kostenersparung an minder frequenten - Anstalten macht es unmögli, die frag- lihe Einrichtung allgemein abzustellen. Unzulässig aber ist diese Vereinigung von zwei um einen Jahreskursus unter- schiedenen Schülergenerationen in solhen Lehrgängenständen, in welchen der Unterschied eines Lehrjahres einen so bedeutenden Unter- schied der Schüler begründet, daß ein gemeinsamer Unterricht nicht mit ausreihendem Erfolge ausführbar ist. Dies trifft nach der vor- bereiteten Revision der Lehrpläre die Tertia des Gymnasiums im griechischen Unterrichte, da derselbe in dieser Klasse erst begonnen wirdz es trifft aus etwas anderen Grunde die Sekunda der neunjährigen Realschulen mit oder ohne Latein im naturwissenscaftlichen Unter- rihte, da nur auf das erste Jahr der Sekunda der naturbescreibende Unterricht sich erstrecken, im zweiten dagegen der chemische beginnen soll. Schon nah den bisherigen Lehrplänen hälte aus demselben Grunde, wel{er sür das Griechische in der Gymnasialtertia jeßt zur Geltung kommt, die Vereißigung von zwei erheblich unterschiedenen Schülergenerationen nicht gestattet werden sollen für das Englische in der Tertia der Realschulen und für die Mathematik in der Tertia der Gymnasien und der Realschulen, und die Trennung ist jedenfalls jeßt zu erfordern, um dur die Ermöglichung eines größeren Erfolges der Lehrstunden die Errreichung des Lehrzieles zu fihern und zuglei jede ie ciner Ueberbürdung der Schüler mit häuslicher Arbeit fern zu

alten.

Die hiernach in Aussicht genommene Trennung der fraglichen

Klassen nur für bestimmte Gegenstände erfordert eine ungleich geringere Erhöhung der Kosten, als dur eine pollständige Trennung derselben

Papierindustrie und der Thonindustrie berichten. Ueberall, bei wenn au mäßigem Rükgange der Einfuhr, eine entschiedene Steigerung des Exports, die hin und wieder 50 und mehr Prozent erreicht. Au die anderen Metallindustrien, die Kupfer-, die Blei- und die Zink- industrie zeigen gleiche Resultate; und in der Lderindustrie ist neben größerer Exportsteigerung in sogenannten Portefeuille- und feinen Lederwaaren, eine starke Zunahme des Imports namentli in Halb- fabrikaten zu fonstatiren, auch mit eine- Folge davon, das man den Zoll auf Sobl- und anderes Leder zu gering be- messen hat. Was „\chlicßlich die Land- und Forstwirth\{aft anlangt, so gewähren die Handeltausweise hierin kein ganz so günstiges Vild. Der Getreideimport hat sih zwar im Gan- ¿en in den Grenzen des Vorjahres gebalten und ist sogar in Roggen glüdcklierweife betrählich z¿urüdgegangen, aber gleidzeitig hat auch die Kartoffelausfuhr wesentli nachgelassen und sehr bedenklich ist außerdem der fortgeseßte Rüdgang des Meblerports, dem man über Éurz oder lang durch Rüchöólle wird aufhelfen müssen. Bedauerns- werth ist au die Abnahme unserer Holzausfuhr bei steigendem Im- port curopäischec Hölzer. Hier dürfte cine Reform der Frattarife wohl am Plate sein.

Landtags- Augelegenteiten.

Die XIII. Kommission des Abgeordnetenhauses zur Vor- berathung des Entwurfs einer Kreisordnung für die Pro- vinz Hannover und des Entwurfs eines Geseßes über die Ein- führung der Provinzialordnung in der Provinz Han- nover hat si, wie folgt, konstituirt: R. v. Bennigsen, Landes- direftor, Vorsißender. v. Liebermann, Bezirksverwaltungsgerihts- direltor, Stellvertreter des Vorsitenden. Dr. Lieber, Privatmann, Sthriftführer. Ludowieg, Bürgermeister, Schriftführer. Born, Bür-

v. Rehdiger, Majoratsbesißer: v. Meyer,

germeifter, Schriftführer.

(Arnswalde), Landrath. v. Zibewiß, Rittergutsbesiter. Graf Har- ra, Landrath a, D. Dr. Brüel, Geheimer Regierungs-Rath a. D. Boediker, Landgerichts-Rath. Kaufmann , Ober-Bürgermeister a. D. Freiherr v. Drofte-Hülshoff, Landrath z. D. Freiherr v. Schorlemer- Vehr, Landrath a. D. Meyer (Hoya), Rittergutébesißer. Berling, Postmeister, Kammer-Rath. v. Dziembowsfi, Landrath a. D. Otto, Ober- Regierungs-Rath. Spangenberg, Landes - Oekonomie - Rath. Wegmann, Ritteczutsbesißzer. Dirichlet, Gutsbesitzer.

,_ Dem Hause der Abgeordneten sind Erläuterungen zu Kap. 120 Titel 6 b. des Entwurfes des Staatshaushaltéetats für 1882/83 vor- gelegt worden; dieselben lauten: Die Lehreinrichtung unserer Gymnasien beruht in ihren jeßt geltenden Bestimmungen auf der umfassenden Revision, welche in den fünfziger Jahren vorbereitet, dur die Zirkular-Verfügung vom 12. Januar 1856 zur Ausführung gebracht worden ist; die Lehreinrihtung der Realschulen ift durch die unter dem 6, Oktober 1859 erlassene Unterrihts- und Prüfungs- orduung festgestellt.

,_I19 den Crfahrungen, welche in dem seit dieser Zeit verflossenen Vierteljahrhundert gesammelt sind, findet sich die au?reihende Grund- age zu erneuter Erwägung der Frage, in wie weit die bestehenden fe rdlngen als bewährt zu erachten find und an welchen Stellen sie einer enderung bedürfen. Die Konferenz vom Oktober 1873, zu welcher der damalige Unterrihtsminister mit Männern, welche der Ünterritöverwaltung oder der unmittelbaren Lehrthätigkeit ange- hörten, Vertreter der verschiedensten Richtungen vereinigt hatte, hat jowohl durch ihre eigenen, der Oeffentlichkeit übergebenen Verhand- lungen, als insbesondere durch deren Verwerthung in den weiten Kreisen der an dieser Frage Betheiligten wesentlich dazu beigetragen, die allgemein gültigen Sifibäwigen von den zufälligen Beobachtungen besh1änkter Bedeutung zu unterscheiden und die Gesichtspunkte und Grundsäße Jerau8zuheben, welche bei einer Revision der in Rede stchenden Lehreinrihtung einzuhalten sind. Die Centralverwaltung des Unterrichts hat seitdem unausgeseßt der Erwägung der Revision ihre Aufmerksamkeit zugewendet. Im Hinblick darauf, daß die fort- shreitende Entwickelung der einzelnen Wissenschaften auf den Unter- riht an den höheren Schulen einen wesentlihen Einfluß ausübt, hat es die Centralverwaltung für eine ihrer wesentlichsten Aufgaben erachtet, zwischen dem an der Schule einzuhaltenden Maße und den Forderungen der Wissenschaft einen bestimmten Unterschied aufreht zl halten und darauf Bedacht zu nehmen, daß dur die Höhe der Lehrziele in- den einzelnen Gegenständen, die Verbindung der Lehr- objefte und dem Umfang der Lehraufgabe in den einzelnen Klassen ein Anlaß zu der Sorge vor einer Ueberbürdung unserer Jugend gegeben werde. Nachdem über den aus diesen Erwägungen hervor-

rovinzialbehörden „gehört und verwerthet worden sind, steht die Gentralverwaltung im Begriff, denselben zur Ausführung zu bringen. Bei dieser zur Einführung vorbereiteten Revision der Lehrpläne sind Gesichtspunkte maßgebend

. anstalten von geringerer Kursusdauer, als die“ der Gymnasien und

würde herbeigeführt werden ;* dieselbe trifft selbstverständlih nur die- jenigen Schulen, an welchen nit bereits in Folge der Frequenz Unter- und Obertertia, Unter- und Obersekunda durhgängig und bleibend untersciedene Klassen bilden.

Bei einer angestellten übershläglichen Berechnung der Kosten, welche an den mit ungetheilten Tertien (bezw. Sekunden) bestehenden höheren Schulen durch die erforderte partielleTrennung der Tertien (bezw. Sekun- den erwachsen würden, sind die für die einzelnen Anstalten in Betracht kommenden speziellen Umstände, insbesondere ob die vermehrte Anzahl der Lektiouen dur noch verfügbare Pflichtslunden der Lehrstellen ganz oder großentheils zu bestreiten“ ist, oder ob dur die hohe Frequenz- der fraglichen Klassen die gänzliche Trennung derselben nah den allgemeinen Grundsäßen erfordert wird, in genaue Erwägung genommen worden.

Hiernach hat sich ergeben, daß für die in dem Staatshaushalts- etat für 1881/82 Bd. 1L Nr. 17, Beilage 8 unter A. und C. ver-

zeichneten Schulen ein Mehraufwand überhaupt nit erfordert wird, daß ferner für die vom Staate zu unterhaltenden Anstalten unter B. da- selbst, der erforderliche Mehraufwand sih- auf ca. 12000 M belaufen wird, und daß die in dec Abtheilung P. aufgeführten, nichtstaatlichen Anstalten einen Mehraufwand von ca. 34500 M erfordern werden, welcher mit Rücksicht darauf, daß ec dur eine seitens der Staats- regierung getroffene Einrichtung veranlaßt wird, im Falle der Leistungs- unfähigkeit der unterhaltungspflichtigen Gemeinden und Fonds zum ec- heblihen Theile, und zwar, wie vorläufig anzunehmen ist, zum n O mit 170€0 f auf Staatsfonds zu übernehmen ein wird.

Aus diesem Grunde hat die Staatsregierung in den Entwurf des Staatshaushaltsetats für 1882/83 unter Kapitel 120 Titel 6b eine Position von 29000 #, im Sinne eines nah dem in jedem einzelnen Falle geprüften Bedarfs zu verwendenden Dispositionsfonds, aufgenommen.

1) Die Unterscheidung der Gymnasien und Real- schulen ist als sachlich begründet und durch die Erfahrung bewährt aufrecht zu halten. -Der von vereinzelten Stimmen befürwortete Gedanke, für alle diejenigen jungen Leute, deren Lebensbezuf wissen- schastlihe Facstudien auf einer Universität oder einer technischen Hochschule erfordert, eine einheitlic;e, die Aufgabe des Gymnasiums und der Realschule verschmelzende höhere Schule Herzustellen, ift, wenigstens Unter den gegenwärtigen Kulturverhältnifsen, mit denen allein gerechnet werden darf, nicht ausführbar, ohne daß dadurch die geistige Entwicklung der Jugend auf das \{chwerste gefährdet würde.

Dagegen hat die der Unterrichtêordnung von 1859 zu Grunde liegende Ueberzeugung, daß Realschulen ohne Latein nur als unvollständige, einer niederen Ordnung angehörige Lehranstalten zu betraten seien, durch die weitere Entwickelung nicht Bestätigung gefunden; vielmehr haben Realschulen, welche bei gleicher Dauer des Lehrkursus, wie die Realschulen 1. Ordnung, die sprahlihe Bildung ihrer Schüler auss{ließlich auf moderne Kultursprachen begründen, eine immer mehr steigende Anerkennung als Schulen allgemeiner Bildung fi erworben. Diese Erfahrung ist sowohl an preußischen als an außerpreußishen deutschen Lehranstalten diefer Art gemacht.

Ferner nicht bestätigt hat si der in der Unterrihtsordnung von 1859 zur Geltung gelangte Gesichtspunkt, daß alle realistiscen Lehr-

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Realschulen 1. Ordnung ist, im wesentlichen nur als die untere Ab- theilung von Realschulen 1. Ordnung betrachtet werden, denen der Abschluß dur die Prima fehlt, vielmehr hat es sich als zweifelloses Bedürfniß erwiesen, daß für eine höhere bürgerliche Bildung Schulen errihtet werden, welche in sech8jähriger Lehrdauer vom 9. Lebens- jahre der Schüler gerechnet unter Auës{luß des lateinischen Unterrichts zu einem bestimmten, nicht auf die Fortsetzung dur weiteren, allgemeinen Unterricht hinweisenden Ns ühren und den als reif entlassenen Schülern die Erwerbung des Militär- zeugnisses vermitteln. Lateinlose höhere Bürgerschulen der bezeih- neten Art bestehen in dem außerpreußishen Deutschland in großer Zahl (mehr als fünfzig), in Preußen vorläusig noch in geringer (neun), sind aber auf Grund ihrer Erfolge in unverkeunbarer Auf- nahme begriffen. \ \

Die Unterrichtsverwaltung hat sich hierdurch bestimmt gefunden, mit der Revision der Lehrpläne für die Gymnasien und die Real- \{ulen 1. Ordnung zugleich Normal-Lehrpläne für die lateinlosen Realschulen von reunjähriger Lehrdauer und für die lateinlojen höheren Bürgerschulen von sechsjähriger Lehrdauer zu entwerfen und dadurch die gesammten Verhältnisse der höheren Shulen zu klarer Uebersicht zu bringen.

2) An den Gymnasien ist es seit der im Jahre 1856 getroffenen Aenderung des Lehrplanes als ein Uebelstand empfunden worden, daß in den drei Jahreskursen der untersten Klassen je eine neue fremde Sprache in den Unterricht eingeführt wird; in Sexta die lateinische, in Quinta die französische, in Quarta die griehische. Indem überdies in Quarta der Beginn des mathematischen und des eigentlich historishen Unterrichts hinzutritt, so erklärt sich daraus, daß ein erheblicher Theil der Schüler einer längeren Dauer des Aufenthalts

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Ferner läßt sich von dem naturbeschreibenden Unterricht an Gymnasien ein befriedigender Erfolg nit erwarten, nahdem Mes die Lehreinrihtung von 1856 derselbe in Quarta unterbroben wird und selbst für Sexta und Quinta ein gänzliches Aufgeben dieses Unterrichts den Schulen gestattet ist.

Dazu kommt, daß überdies dem physikalishen Unterricht in Sekunda nur eîne wöchentliche Lehrstunde zugewtesen ist. Die hieraus i er- gebende Beeinträchtigung der naturwissenschaftlichen Elanaiactile trifft vielleicht diejenigen, welche dem naturwissenschaftlichen oder einem damit zusainmenhängenden Studium sich später widmen, noch nit einmal so nachtheilig, als alle die anderen, deren Berufs\tudium keinen Anlaß giebt zur Ausfüllung dieser Lüden. Í

Vem an erster Stelle bezeibneten Uebelstande läßt si nit da- dur abhelfen, daß der Unterribt im Französischen, wie dies vor 1856 der Fall war, auf die Klassen von Tertia aufwärts beschränkt werde. Das Gymnasium * ist allen seinen Schülern, nicht blos denen, welhe etwa s{hon aus den mittleren Klassen abgehen, die zeitigere Einführung in diese, für uisere gesammten bürgerlichen und wissenschaftlichen Verhältnisse wichtige Sprache unbedingt \{uldig.

Dagegen läßt sih der Beginn des griechischen Unterrichts, unter annähernder Beibehaltung der Gesammtzahl der ihm jeßt am Gym- nasium gewidmeten Lehrstunden, auf Tertia aufschieben, obne dadur den Erfolg desselben zu beeinträchtigen, sofern dafür gesorgt wird, daß in der grammatischen Seite des Unterrichts, gegenüber der Lektüre, das rihtige Maß eingehalten wird. G iz

Durch diese Aenderung wird nicht nur für die Entwickelung des naturbeschreibenden Unterrichts der erforderlihe Raum besafft, son- dern e8 werden zuglei die Lehrpläne der Gymnasien und der Real- \{ulen 1. Ordnung für die ‘drei untersten Jahreskurse so angenähert, daß bis zur Verseßung nah Untertertia der Uebergang von der cinen Kategorie der Schulen zu der anderen unbehindert ist. Die daraus sich ergebende Folge, daß erst nach dreijährigem Schulbesuche die Entscheidung für Gymnasium oder Realschule 1. Ordnung erforderli ist, wird um so beahtenswerther erscheinen, wenn man in Betracht zieht, daß an 150 Orten nur gymnafiale, an 81 Orten nur realistische Anstalten mit lateinishem Unterrichte bestehen. g

3) An den Realschulen 1. Drdnung entsprechen in der weit überwiegenden Mebrzahl der Fälle die Erfolge des lateinischen Unter- rihts weder dem Maße der auf denselben verwendeten Zeit noch in8- besondere der Bedeutung, welche diesem Unterrichte in der gesammten Lehreinrichtung dieser Anstalten zugewiesen ist. Der Mangel aus- reichenden Erfolges trifft vorzugsweise oder auss@ließlich die obersten Klassen und wird nach dem übereinstimmenden Urtheile der Fach- fammer dem Umstande zugeschrieben, daß in diesen Klassen die Zahl der lateinischen Lehrstunden auf ein zu geringes Ma herabgeseit ist. Andererseits hat auf dem naturwissenschaftlichen Gebiete die Aus- dehnung des naturbeschreibenden Unterrichts bis in die obersten Klassen den kaum zu vermeidenden Anlaß gegeben, die der Schule gestellte Aufgabe zu überschreiten und in theorctische Hypothefen ein- zugehen, deren Erwägung dem Fachstudium auf einer Hochschule über- lassen „bleiben muß. Dîe hiermit verbundene Zersplitterung des naturwissenschaftliben Interesses in den obersten Klassen auf drei Ge- biete, Naturbeschreibung, Phpsik und Chemie ift entschieden nach- theilig, fo daß der Erfolg nit dem Aufwande an Zeit entspricht. Durch eine veränderte Abgrenzung und Anordnung wird es mögli, dem naturwissenschafilihen Unterrichte bei einer nur wenig ver- minderten Stundenzahl die gebührende Bedeutung in vollem Maße zu erhalten und zuglei dem lateinischen Untecrihte die unerläßlihe Verstärkung zu verschaffen.

gewe]en,

in Quarta bedarf oder die Quarta überhaupt nicht überschreitet.

4) Die lateinlosen Realschulen von neunjähri- ger Lehrdauer haben sich im Wesentlichen selbstständig ent- widelt, ohne daß im Voraus ein Normalplan für die Stundenzahl und für die in den einzelnen G2genständen zu erreihenden Lehrziele vorgezeihnet war. Ju Folge hiervon sind fie niht frei von der Ge- fahr geblieben, durch eine überwiegende Hingebung an die mathe- matisch-naturwifsenschaftliche Seite des Unterrichts den Charakter von Fahschulen anzunehmen. Dieser Gefahr vorzubeugen liegt im dringenden Interesse dieser Schulen, denn nur infoweit dieselben den thatjächlihen Beweis liefern, daß auch unier Beschränkung auf moderne Sprachen der Aufgabe der Iprabli-formalen Und der ethishen Bildung vollständig Genüge geschieht, sind dieselben fähig, als Schulen allgemeiner Bildung neben den Gymnasien und dea Realschulen 1. Ordnung zu gelten.

Land- und Forstwirthschaft.

In der Sißung des Landes-Oekonomie-Kollegiums, vom 19. d. Mis. stand als erster Gegenstand auf der Tages- ordnung die Notirung der Schlachtviehpreise nah Lebend- gewicht an Stelle von Schlahtgewicht. Nach längerer Diskussion wurde besclossen, folgendes Gutachten abzugeben: I, „Die auf den bedeutenderen -preußishen Sclachtviehmärkten übliche Notirung der Preise nah „Schlachtgewicht“ entspriht dea Interessen der vieh- zühtenden Landwirthe nicht und wird von den Produzenten umsomehr als ein Uebelstand empfunden, je allgemeiner sich auf den Wirth- schaftshöfen der Handel nah Lebendgewiht eingebürgert hat. - Das Kollegium hält es daher für geboten, daß -in Zukunft 1) die Swlachtviehpreise auf. den preußischen Märkten allgemein nah Lebendgewiht notirt werden, 2) die Ermittelung und Veröffentlichung dieser Preise überall unter der Autorität amilichecr Organe geschehe. Gärtnereibesißer Schmidt (in Firma: Schmidt u. Harre in Erfurt) sprah hierauf über den jeßigen Stand der Reblausfrage in Deutschland und die neuerlich revidicte internationale Reblaus- Tonvention von Bern, s

In der Situng vom 11. d. M. bildete den ersten Gegenstand der Tagesordnung folgender Antrag des Frhrn. v. Hämmer- stein (Lorten bei Dsnabrück) und Genossen: Königliches Landes-Oeko- nomie-Kollegium hält es für richtig, daß die den Domänenpächtern auferlegte Bedingung: in drei Jahren auf demselben Felde nur ein- mal Zuckerrüben zu bauen, dahin abgeändert wird, daß zur Durch- führung einer rationellen Frubtwecselwirthschaft den Pächtern gestattet werde, in sechs Jahren zweimal Zuckerrüben auf demselben Felde zu bauen.

er Anirag gelangte mit dem Zusaßamendement, wonach es am Schlusse des Antrages heißt: „so jedo, daß niemals zwei Zuer- rübenernten unmittelbar aufeinander folgen“, einstimmig zur Annahme. Direktor Otterborg (Frankfurt a. M.) befürwortete hierauf fol- genden Antrag des Vereins nafsauisher Land- und Forftwirthe: „Das Landeë-Dekonomie-Kollegium beschließt, an den Herrn Minister für Landwirthschaft die Bitte zu richten, mit dem Königlichen Ministe- rium für öffentliche Arbeiten über die Herabseßung der Trans- portpreise bezw. der Bewilligung eines _Ausnahmetagrifs sür Stalldünger auf den öniglichen Staatseisenbahnen in Liquidation zu treten und die Herabminderung auf ähnliche Säße wie in Württemberg hocgeneigtest zu befürworten“, Der Antrag wurde mit Hinweglassung der Shlußworte: „und die Herabminderung“ u. \. w. angenommen. —- Rittergutsbesiver Frhr. von Hammerstein (Loxten b. Osnabrück) referirte hierauf über folgen- den Antrag des Vereins nassauischer Land- und S „Das Landes-Oekonomie-Kollegium wolle den Entwurf eines einheit- lihen Währschaftsgeseßes für den Viehhandel im Deut- schen Reiche nah dem neuesten Standpunkte der Thierheilkunde in den Kreis der Erwägung ziehen, respektive bei dem Fürsten Reichs- kanzler sich dahin verwenden, daß geeignete Schritte in dieser höchst wtchtigen Angelegenheit eingeleitet werden.“ Nach längerer De- batte gelangte folgende motivirte Tagesordnung zur Annahme: „In Erwägung, daß mit Einführung eines einheitlichen Privatrehtes im Gebiete des Deutschen Reiches auch das Ret der Gewährleistung beim Viehhandel einheitlich geregelt werden wird, sicherem Vernehmen zufolge, sogar hon ein Entwurf, welcher dies Rechtsgebiet ordnet, vorliegt, in Erwägung ferner, daß die Frage, nach welchen Grund- säßen dies Rechtsgebiet zweckmäßig zu ordnen sei, im Landes-Oeko- nomie-Kollegium bereits 1870, im deutschen Landwirthscaftsrath 1875 und zu gleicher Zeit im deutschen Veterinärrath eingehend be-