1882 / 47 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

welche dieser Verhandlung niht gefolgt seien. Der

e a sich niht nur gegen den Aufruf zu Agitationen für Petitionen erklärt, sondern gegen den Jnhalt einer Pe- fition selbst. Der Minister habe gesagt, sie enthielte einige aus, die über das erlaubte Maß hinausgingen. E3 heiße: Top dieses geringen Maximalsaßes suche die Eisen- {hsuverwaltung dennoch fort und fort dur Nichtbesezung dur etatsmäßigen Stellen und Nichtgewährung der fälligen Ge- haltszulagen Ersparnisse „lediglich auf Kosten der angestellten Geanten herbeizuführen.“ Die Petenten hätten vollständig rect, denn nah der leßten Uebersicht in Einnahme und Aus- ver Eisenbahnverwaltung von 1880/81 seien bei den

abe i i ißigen Stellen große Ersparnisse erzielt und in den e Mle Erklärung der Etatüberschreitungen bei den

Asztarien werde angeführt, daß jene Stellen nit vollständi M sten aus ErsparnißrüCsichten. Wenn sich E, die das treffe, in dieser Weise darüber beklagten, so über- ihrde das do nit das erlaubte Maß. ‘Durch Ablehnung dir Rigltion würde das Haus si geradezu der Ansihht des gis (s{ließen. Er glaube auc, daß die Privat- furrägenda zwischen Beamten und Abgeordneten nicht cinen Giudzur Disziplinirung abgeben könne. Heute habe ec Miet gejagt, diese Leute hätten {ih an ihn nicht gnt Nun heiße es in der an den betreffenden Herrn ge- lat Setjügung der Eisenbahndirektion : „Auf die von ¡nan den Minister sür öffentlihe Arbeiten gerichtete Ein- geht crófnen wir Jhnen im Austrage des Herrn Ministers 41,0, Wenn die Nechte es bei so aïtenmäßigen Wider- ¡iden ablehne, die Sache in einer Kommision zu unter- iden, s0 sei das für manche Kreise belehrend über die Auf- fisung, die Avgeordnete von der Wahrung des Verjassungs- dls hâtten, Denn darum handele es sich hier. Jn den File, die er vorgeführt, Habe der betreffende Beamté aller- tingó zu einer Kollektivpetition aufgefordert. Aber von ver- lenden Reden, von Benußung der Bahnbeamten, um Bei- tige zu sammeln, von Eninahne einer Liste aus dem Bureau, j eine Adresse festzustellen, liege hier nichts vor, sondern jr die einfache Thatsache, daß die Beamten in Bielefeld si y das Abgeordnetenhaus mit einer Petition gerichtet sten, Das werde an die Spige des Urtheils gestellt. f Bismarck werde in sciner Presse immer gefeiert als der nvalt des leinen Mannes. Nach dieser Seite hin würden Prsprehungen gemacht, die au der mältigste Minister nicht füllen fônne. Er würde zufrieden sein, wenn Fürst Bismarck “und die Minister sich einmal zu Anwälten des kleinen Beam- kin machen würden, sie nicht behindern wollten, Beschwerden an das Haus zu bringen. So lange dies nicht geschehe, halte t ganz ohne Rücksicht darauf, wie diese Veamten politisch stimmten, es für seine Pslicht, für dieselben einzutreten. Lehne die Nechte, was er nicht glaube, die Anträge ab, wolle sie nit einmal eine Kommission sür den zweiten Theil, so ge- hehe das auf ihre eigene Verantwortung. Demnächst nahm der Minister der öffentlihen Arbeiten

,_. Meine Herren! Ih habe bewiesen, so lange i die E diefcs Amt zu verwalten, daß ih r ee S li bin, jede nüßlide Anregung, die mir gegeben wird, für die Ver- besserung der Verwaltung, dankbar aufnehme, aber ih darf ebenso und gerade auc deshalb alle unbegründeten Vorwürfe, die mich in Me Gewissen nicht treffen können, mit vollem Ernste zurück- eisen. Der Abg. Dr. Hammacher (Essen) erklärte, dem Antrage als Ganzem fönne feine Partei ihre Zustimmung nicht geben obwohl sein Fnhalt seiner Partei zum Theil sympathisch sei; da derselbe in jeinem zweiten Theil nur im JZnteresse einer gewissen Agitation gestéllt zu sein heine. Von einem Bruch mit den früher geltend gemahten Anschauungen seiner Partei hätte daher bei einem ablehnenden Votum nit die Rede sein können. Nachdem aber der Antrag getheilt sei, erfläre er, daß seine Partei dem ersteren mit Rücksicht namentlich auf die Aufklärungen des Abg. Bachem zustimmen werde. Den zweiten werde seine Partei ablehnen. Es handele sich bei demselben um ein für die Ordnung in dem Staatsbaßnwesen durhaus gefährlizes Vorgehen. Aut \ci den Eisenbahn- beamten ihr Petitionsreht keineswegs in dem Maße vershränkt, wie die Fortschrittspartei es darzustellen beliebe. Die Kommission werde ihrerseits die eingegangenen Petitionen bei der Be- rathung des Eisenbahnetats zu prüfen haben.

Die Debaite {loß mit persönlichen Bemerkungen.

_ Der Abg. Frhr. von Minnigerode ersuchte den Abg. Nidert, sih doŸ erst dann als Minister beleidigt zu fühlen, wenn derselbe Minister geworden sei.

__Der Abg. von Tepper-Laski versicherte, daß er keinen Wiß gemacht, sondern mit der unerfreulizen Eventualität allen Ernstes rechne, den Aba. Nickert dereinst am Minister- tische zu ervliden.

__ Der Abg. Rickert erklärte, er werde die fortgeseßten An- spielungen auf seine Minisler-Nräsidentschaft in Zukunft ignoriren, ermahne aber die Herren, den Teufel nit zu oft an die Wand zu malen.

Der Abg. Richter erhielt als Antragsteller das Schluß- wort. Der Minister habe feine Ursache, mit übershäumender Entrüsiung, wie sein Kollege von Puttkamer es nenne, fih zu beflagen, daß die Linke unbeglaubigte Thalsacten vorgebraht habe. Er habe diese Thatsahen schon vor drei Wochen vor- gebrat, und der Minister habe auch heute nicht eine derselben widerlegen können. Jn dem einen Falle habe der Minister gesagt, der betressende Beamte habe sich nicht bes4werde- führend an ihn gewandt; er (Redner) habe sofort nat- gewiesen, daß dèr Mann sogar amtlihen Bescheid im Namen des Ministers erhalten habe, darauf habe der Minister gesagt, er (der Minister) könne nicht jede Einzelheit wissen. Wenn derjelbe die einzelnen Fälle nit kenne, dann möge derselbe au niht von unbeglaubigten Thatsachen \prehen. Um seine Behauptung von den 281 Berliner politisczen Blättern zu entschuldigen, berufe der Minister sich auf die Angaben einer ganz obsfuren Correspondenz und behaupte jeßt, es

Maybach, wie folgt, das Wort; Meine Herren! Ich hätte es Ihnen gern erspart, noch einmal auf die Gegenstände, die heute hier verhandelt sind, zurliczukormmen, aber cinige Bemerkungen des Hrn. Abg. Richter machen es mir zur Nothwendigkeit, etwas zu erwidern. Der Herr Abgeordnete bat mir vorgeworfen, daß id in einer früheren Rede von angebli 281 Berlin erscheinenden politisben Zeitungen gesprohen hätte, denen len man doch nicht Fahrplan - Gremplare beifügen könne. will Ihnen meine Quelle für diese Zahl nennen und Ihnen în, was an der Sade Wahres ist. Meine Quelle sind die Ber- E politischen Nachrichten, welhe am 2. d. M. mittheilten, daß im fre 1881 in Berlin 281 verschiedene Zeitungen polizeilich binter- l seien, welche also mehr oder minder politischen Inhalts. se Notiz ist nun in fo1tschrittliben Blättern in derselben Weise, Y heute von dem Herrn Abgeordneten geschehen, angefochten iden und deshalb von mir Veranlassung genommen, mich genauer Jerlundigen, wie die Sache liegt. Nah dem Berichte des Polizei- id find nun allerdings 281 verschiedene periodische Druck- \\nften polizeilih hinterlegt worden, von denselben aber nur 90 als litischen Inhalts bezeichnet worden ; der Herr Abgeordnete hat von nur B yesproen, diese Zahl ift also ni&t richtig. Der Herr Abgeordnete htdann weiter bemerkt: „es müssen doch wohl die Anweisungen in Bug auf die Auslegung von liberalen und konservativen Zeitungen nto bestimmt sein, daß die Verwaltung danach hin nicht die R empfunden hätte, die konservativen Blätter zu bevorzugen, delbulen zu beseitigen. Es muß doch wobl ein Direktiv gegeben m a in dieser Beziehung eine andere Auffassung ermöglicht.“ A e diese Supposition ganz bestimmt. Die Bestimmung, die V sen worden, lautet genau so, wie ich sie früher gegeben e mimlich neben liberalen und oppositionellen Zeitun- V Fandere aufgelegt werden follen und an dieser ist kein Jota geändert worden. Der Herr Abgeardnete kt esagt: in Bezug auf die Kolportage seinen die früheren dtr midt mehr aufrecht erhalten zu werden, denn es sind Ein- {funlmgen eingetreten in Pasewalk und Stralsund z. B. gegen die VAsisde Zeitung® und das „Berliner Tageblatt", die do sonst 4 mdf zu begreifen find. Allein es ist auch in dieser Beziehung la Aenderung der früher erlassenen Vorschriften eingetreten und nter Mann, von dem er diese Beshwerde zu haben behauptet, fd an die riGtige Stelle wendet, so wird sie uniersuht werden, ther ih rf doch verlangen, daß solche einseitige unbeglaubtigte That- en bier niht vorgebracht werden, um daraus Vorwürfe gegen die erung zu s{mieden, als wenn diese sh um jede Kleinigkeit, die \n Unte vorkommt, so genau bekümmern fönnte.

t E hat der Herr Abgeordnete angeführt, es sei doc riStig, wel

eamte ih glaube, er hat ihn Kovenberg genannt, ih f s nidt mit einer Petition an den Ministec sih gewandt h G und er sei darauf von der Direktion im Auf- e des Ministers beschieden. Nun, ih will bemerken, v ih mich dessen noch heutigen Tages nit erinnere; indessen das f ja sein, es ist aber nit zu verlangen, daß ih bei der großen l von Dingen, die täglich bei mir einlaufen, alle folde Sachen ln behalte, ih entsinne mich also dessen nicht, diese Beschwerde f an die Direktion als die zuständige Instanz zur Bescheidung en sein und das ist der Ordnung gemäß. Den Instanzenweg tuhalten, das ist ein Hauptpunkt, an dem wir festhalten müssen, sonst s Uns Disziplin und Ordnung in unserer Verwaltung verloren, und, tue Merten, i wiederhole es mit Nachdruck, bei allem Wohlwollen, as i die Disziplin mit vollem Ecnste aufrechterhalten, denn l beruht die Sicherheit unseres ganzen Dienstes im Staate und quheodere, bei den Eisenbahnen und keine Bemerkungen, die von bte Seiten fallen, werden mi in diesem meinem Streben und Htgefühl wankend machen. Ein Interesse für die kleinen Be- ben haben wir wahrlich au, und dies viel stärker wie Sie, wir lid nas bewiesen, und braußen Sie Uns wahr- ta A daran zu erinnern; und wollen Sie uns vorwerfen, i Bi unserer Pflicht in der Beziehung nit genügen, dann bitte

' ns einen Fall anzuführen, wo wir das nicht gethan haben. con Herr Abgeordnete hat dann darauf hingewiesen, daß in der Uin der Vorwurf enthalten sei, es würden die etatsmäßigen p70 Dftbéke Üngebühr niht beseßt. Es liegt mir hier ein Bericht

Si Direktion vor, wo es unter Anderm heißt: dürfniß ations-Assistentenstellen bleiben nur unbeseßzt, wenn ein Be- 6 R nit vorliegt. Gegenwärtiz sind von 399

ebt.

seien 90 Zeitungen, während sicher für die Beilegung der ¿Fahrpläne nicht mehr als 28 in Betracht kämen, Diese ganze Statistik werde aber künstlih von dem Minister in den Vor- dergrund geschoben, um die Hauptsache, auf die es ankomme, zu verdeden. Er habe ausdrüdlih dei Fall erwähnt, daß der Chef der Berliner Stadtbahn dem „Berliner Tageblatt“ die Beilegung des Fahrplans aus dem Grunde verweigert habe, A O die politishe Haltung der Zeitung unsym- pathish sei. Man wisse-auch noch nitt, ob den Bahnhofsrestaurateuren eine Liste der Zeitungen zugestellt worden sei, die sie auslegen dürsten (Minister Maybat rief: Nein !), dann begreife er nit, wie die Betriebsämter gewisse Zeitungen in ven Restaurationen verbieten könnten. Warum erkläre ferner der Minister nicht rund und nett, daß den Colporteuren der Verkauf des „Ber- liner Tageblaites“, des „Kladderadatsch“ und ähnlither Blätter auf den Bahnhöfen, 3. B. in Stralsund, niht verboten sei. Betreffs der heutigen Haltung der Nationalliberalen sei er wirkli in Verlegenheit, viermal habe si bei ihnen die Situation im Laufe der Berathung geändert. Ecst wollten sie zu seinem Erstaunen den Antrag ablehnen, um ihnen ent- gegenzukommen, habe er denselben getheilt und wolle selbst fr die Verweisung des zweiten Theils an die Kommission stimmen, womit er do klar bewcife, daß es ihm ledigli um die Sache und nit um ein Agitationsmanöver zu thun sei. Er weise diese durch nichts gerehtfertigte Jnsinuation ent- schieden zurück. Wenn man einen Theil des Antrages einer Partei annehme, so sollte man sich do htiten, denselben als ein Agitationsmanöver zu bezeihnen. Jeßt wollten die Na- tionalliberalen nicht einmal für die Verweisung an die Kom- mission stimmen. Er euthalte sich einer Kritik der Rede des Abg. Hammacher, dieses Hangen und Bangen, dieses Wanken und Schwanken kennzeichne die Herren besser, als er es ver- möge. Auch er wolle die Disziplin in der Eisenbahnverwal- tung aufrecht erhalten wissen, er wolle aber auch, was damit ganz vereinbar sei, daß die gere{htfertigten Beschwerden der Beamten stets gehört und geprüft würden, Und wex dacin mit seiner Partei einverstanden sei, der stimme wenigstens für die Verweisung des zweiten Theils des Antrages an die Kommission. (

In namentliher Absiimmung wurde darauf der erste Theil des Antrages mit 185 gegen 135 Stimmen angenom- uten. Die Ueberweisung des zweiten Theiles des Antrages an die Budgetkommission wurde mit_169 gegen 129 Stimmen abgelehnt, ebenso der zweite Theil des Antrages selbst.

Es folgte der zweite Bericht der Petitionskommission.

Der Abg. Schlichter referirte über eine Petition des Pro- vinzial-Steuer|ekretärs a. D. Brandenburg und Genossen in Stettin ; das Pensionsgesey vom 27. März 1872, welches in 88. 25 und 31 bestimmt, daß Pensionen monatlich ium Voraus gezahlt, und an die Wittwe oder eheliGen Nahkommen eines Pensionärs die Pension für den auf den Sterbemonat fol- genden Monat gezahlt werden solle, rahin abzuändern, daß die Pension in Quartalraten im Voraus zu zahlen, und den Kelikten der Pensionäre das Gnadenquartal zu gewähren sei.

Die Kommission empfahl Ueberweisung an die Staats- regierung zur Erwägung.

Dhne Diskussion beschloß das Haus demgemäß.

Hierauf vertagte sich das Haus um 41// Uhr auf Don- nerstag 11 Uhr. én

Die in der vorgestrigen (16.) Sißung des Hauses der Abgeordneten in der zweiten Berathung des Staats- haushalts-Etats für das Etatsjahr 1882/83 bei der Dis- kussion des Titel 1 des Kapitel 85 der dauernden Ausgaben (Gehalt des Ministers 36 000 /6) vom Vize-Präsidenten des Staats-Ministeriums von Puttkamer gehaltenen Neden haben folgenden Wortlaut:

Was den vom Herrn Vorredner zuerst erwähnten Speztalfg der Rheinprovinz betrifft, ein Fall, in welchem 106 Ties Mit theilung der überwachende Polizeibeamte in Bezug auf die Bescheini gung und die Leitung der betreffenden politishen Versammlung einen Veritoß begangen hat, s hat der Herr Abgeordnete selbst bereits er- wähnt, daß dieser Fall dur die Kreisinstanz bereits feine befrie- digende Erledigung gefunden hat; und ich glaube, es liegt für mi ïaum eine Veranlassung vor, auf ihn hier noch weiter einzugehen.

Ich will au konstatiren, daß die rechtlichen Anschaungen, welhe der Abgeordnete Majunke bezügliÞ dieses Falles so- eben vorgetragen hat und welche, wie er zu meiner Befrie- digung mitgetheili hat, auch von dem Kreislandrath als richtig. anerkannt sind, durchaus die meinigen sind. J bin auch der Mei- nung, daß es keineswegs nöthig ift, daß Derjenige, welcher twe Be- scheinigung abftrahirt hat, in Bezug auf die Abhaltung ciner öffent- lichen Versammlung auc) identisch sein muß mit der Person, welche die Versammlung in- der That eröffnet und beziehungsweise leitet. Es ist nur nôthig objektiv, daß die von der Ortépolizei ertheilte Be- scheinigung bei Sröffnung der Versammlung dem ÜüÜberwachenden Polizeibeamten E wird. Wenn der Herr Abgeordnete. bieran die Frage knüpfte, wer denn nun im Falle einer durch die Unkunde und Unkenntniß der betreffenden Bestim- mungen eines unteren Polizeibeamten hervorgerufenen Schädigung von Interessen das zu tragen hat, so muß ih sagen, daß i glaube, die Frage ist in diefem Augenblide gegenstandêlos, denn der Herr Abgeordnete felbst sien do davon auszugehen, daß es fi hier nit um materielle, sondern um politische, ideale Intereffen handelt und daß in einem solben Falle die Entshädigungsfrage in dem Sinne, wie ih fie von ihm habe bezeichnen hören, nicht in rage kommt. Wenn dann der Herr Abgeordnete aussprach, da id aus diesein vereinzelten Falle Gelegenheit nehmen möhte, eine generelle Verfügung zu erlassen, wodurch die unteren Polizeiorgane darauf hingewiesen werden, daß es zweckmäßig sein würde, sich mit den Vorschriften des Vereins- und Versammlungs8geseßes näher be- kannt zu machen, fo vermag ih diese Anregung doch nit als hin- reichend substantiirt anzunehmen. JIch glaube mich doc der Erwar- tung hingeben zu dürfen, daß die polizeiliben Organe, welche mit der Ueberwachung von öffentlichen Versammlungen betraut sind, si ihrer Verantwortli(keit bewußt sind, und daß es nicht nöthig ist, fie auf diese durch eine besondere Verfügung aufmerksam zu maten.

Der Herr Abgeordnete hat dann einen Gegenstand berührt, welcher allerdings in seiner öffentlihen Bedeutung. wie ih annehmen darf, böher steht als der von ihm zuerst berührte Gegenstand, nämlich die Frage der amtlichen Inserate. Der Staatsregierung ift nicht aus dem Gedächtniß ges{wunden. 0 in der vorigen Session das hohe Haus auf den Antrag des Hrn. Abg. Nickert den Beschïuß gefaßt hat, die Königliche Staatsregierung aufzufordern, bei Vertheilung und Zu- wendung amtliwer Inserate lediglih das Publikationsintere}se, also das der möglichst größten Verbreitung und in keiner Weise die politishe Tendenz und Richtung des betreffenden Blattes als maßgebend zu erachten. "Der Herr Abgeordnete hat, inden er die Nichtausführung dieses Beschlusses von Seiten der Staatsregierung in den Kreis seiner Erörterungen zog, zunächst gemeint, daß die Regierung wohl in erster Linie ihre amtliche Jnse- rate, diejenigen. Publikationen, welche die Behörden im Kreise ihrer Interessen zu machen haben, den amilien Kreisblättern und dann denjenigen Blättern zuwende, welce eine der Negierung \ympathische

Darauf habe der Minister nit geantwortet. |

Tendenz verfolgen. Meine Herren! Diese Unterstellung ist doc that- sächlich nit zutreffend. Die Regierung und ih greife da vielleicht den Verhandlungen dieses Hauses vor, aber da es cinmal angeregt ift, so kann ich mich vielleiht von meinem Standpunkt aus glei über die Sache aussprechen die Regierung hat den Antrag des Hrn. Abg. Riert und den auf Grund desselben gefaßten Beschluß des hohen Hauses, wie es ja ihre Pflicht ift, auf das Sorgfältigste erneut er- wogen und hat si sehr eruít die Frage vorgelegt, ob es den ihr an- vertrauten staatliben Interessen entspreche, diesen Antrag ganz allk- gemein und ohne eine Einschränkung zur Erfüllnng zu bringen, und muß ih allerdings erklären, daß die Regierung in dieser Allgemeinheit, die in dem Antrage Rickert und in dem darauf gefaßten Beschluß des Hauses liegt, nicht bejahend zu antworten in der Lage ist. Die Re- gierung geht nihi davon aus, daß sie aus\&ließlih oder auch nux vorzugsweise solche Privaiblätter mit Inseraten zu bedenken habe, welche eine ihr sympathiscbe Tendenz verfolgen. Die Regierung ift vollkfommen von der materiellen Wichtigkeit des Gesichtspunktes über=- zeugt, daß die möglichst größte Verbreitung von amtlichen Nachrichten im Staalsinteresse liege; aber, meine Herren, das, was die Regierun gegenüber und neben diesem Interesse für ihren Standpunkt zu beah= ten und demgemäß au geltend zu machen hat, ist dieses: sie hat eine negative, eine auss{ließende Richtung denjenigen Blättern gegen= über einzunehmen, weiche eine Haltung bekunden, die nah der Ansicht - der Regierung E oppositionell ist, daß es mit der Würde und der Stellung der Negierung und mit den der Regierung anvertrauten Interessen nit vereinbar sein würde, diese Blätter dur Zuwendung von Inseraten nit nur unmittelbar pekuniär zu unterstüßen, sondern auch mittelbar durch Zuwendung dieser Inserate ihnen einen größeren Verbreitungskreis zu geben, - A j

Damit, meine Herren, ist, glaube ih, eine der bere{tigten Inter= essen der Verwaltung in Bezug auf größtmögliche Publikation -einer- seits und der staatlichen Interessen anderseits entsprechende mittlere Provortionale auf diesem Gebiete gezogen. Ih muß für die be- treffenden Ressorts nicht nur, sondern für die Staatêregierung in ihrer Gesammtheit das Recvt wahren, in dieser Beziehung nat freier Entschließung zu handeln. Ich habe allerdings diejenigen Blätter, welche der Hr. Abg. Majunke eben als folche nannte, welche Ver- anlassung zu einer bezüglichen Beschwerde haben, nicht zur Hand, ih tann es also nit verfolgen, aber ich muß doch andererseits aus dem Kreise meiner Erfahrungen vas bekunden, daß die Regierung bei Aus- führung des ja {hon erwähnten angenommenen Staats-Ministerial=- beslusses vom Jahre 1874 im Großen und Ganzen eine keineswegs erÉlusive und {rofe Handhabung der betreffenden Bestimmung an den Tag legt; Sie werden cine große Anzahl von recht oppositionellen Blättern finden, in denen toto. die amtliche Bekanntmachungen und zwar bezahlte ersheinen. Was die Negierung wünscht und woran sie ih wiederhole es fefizuhalten in der Lage ist, ist nur, daß ihr die Fakultät verbleibe, in gewissen excessiven Fällen oppositionelle Blätter von der Zuwendung amtlicher Inserate auszuschließen. Das ifl ein Standpunkt, der ja prinzipiell offen ausgesprochen werden kann und dessen Ausführung im Einzelnen dem Ermessen des bes treffenden Ressorthefs und im Einzelnen dem Ermessen der Provinzial= behörden überlassen bleibt. Jch kann deshalb nur erklären, daß, wenæ : wir auch unter nöthiger Achtung vor den Beschlüssen dieses Hauses: die Frage erwogen haben, wir doch nicht in der Lage sind, den bezüg= lichen Beschluß der vorigen Session in seiner Allgemeinheit auszu= führen, es würde, wie uns scheint, unter Umständen doch von der Res gierung zu viel verlangt sein, wenn sie ganz ohne Distinktion jeden: Blatte, welches fih einer großen Verbreitung erfreut, lediglich qus. diesem Grunde E Ges diesem Gesicht8syunkte aus die amtlichen Ge wenden joll. e ; S S E Abg. Majunke stüßt sich auf Mittheilungen, die ihm auf biesein Gebiete zugegangen find. Ganz in demselhen Falle bin ic, mir sind zahlreiche Mittheilungen nah der Richtw1g zugegangen, mir wird beispielsweise ein Blatt vorgelegt, anonyw, ohne irgend welches Anschreiben, in welchem auf der ersten Seite in der maß- lofesten und jede Nückfiht verleugnenden Weise die Regierung ange- griffen wird, und auf der vierten Seite steht eine große Menge von amtlichen Anzeigen der Staatsregierung selbst; " daran reiht sich we- nigstens für das gewöhnliche natürliche Gefühl des Staatsbürgers doch der sehr nahe liegende Sluß, daß es wv.nderbar ist, daß die Staatsregierung, die doch auch ihrerseits mit der Wahrung der öffent- lichen Interessen betraut ist, ein folbes Blo.tt direkt oder indirekt durch Zuwendung der Inserate unterstüßt. / j

Also, meine Herren, ih resumire mi dahin, und ih glaube, die Verhandlungen des hohen Hauses über, diesen und jenen ähnlichen Gegenstand toecrden das auch für die anderen Herren Ressortefs

klar stellen, daß ih für dle mix anvertraute Verwaltung mir die