1882 / 47 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

ego ofen halten muß, unter gehöriger Wahrung und Berü- ichtigung des größtmöglidsten Verkehrsinteresses in gewissen Fällen Loi Blätter von der Zuwendung amtliher Inserate auszu-

{chließen.

Meine Herren! Jh muß sagen, daß ich von dem Hrn. Abg. Dirichlet auf Angriffe und Vorwürfe gefaßt war, aber daß er sie mir gerade auf dem von ihm vorzugsweise berührten Terrain nämlich auf dem des staatlichen Bestätiguugsrehtes über kommunale Instan- zen maden würde, darauf war ich allerdings nicht gefaßt; denn, meine Pte, ih kann Ihnen sagen, daß in dem ganzen Jahr, daß ih

inister des Innern bin es ist vielleiht bloß ein glückliher Zu- fall fast keine einzige SNNSHAUGD Ee sei es auf dem enge- ren oder weiteren kommunalen Gebiete, an mi gelangt ist.

J) will durchaus nicht sagen, Hr. Abg. Diriclet, daß ich im Nothfall und wenn ih das Staatsinteresse dabei betheiligt fände, von dem Rechte, die Dung zu versagen, nicht Gebrau machen würde; das ist mein Recht und meine Pflicht; aber thatsächlih und der Hr. Abg. Dirichlet muß doch auf dem thatsächlicben Boden argumentiren habe ih bisher das Glüûck gehabt, ‘mit allen fommunalen Selbstverwaltungskörpern gerade in diesem Punkt,

also in der Bestätigung von Wahlen, im tiefsten Frieden zu leben; und ich bin gnnz erstäunt, daß der Hr. Abg. Dirihlet mit einem Male eine ganze Fülle von Dingen

vorbringt, die beweisen sollen, daß seit drei Vierteljahren oder seit einem Jahre, denn \o lange ist es her, daß ich das Ministerium des Innern theils interimiftisd, theils definitiv verwalte, eine so ver- Hängnißvolle Umkehr auf diesem Gebiete stattgefunden habe. (Hört! hört! rets.) (Abg. Diriclet: Ja, hört !)

Haben Sie nur ein klein wenig Geduld, Hr. Abg. Dirichlet, dann wecden Sie {on alles hören. (Abg. Dirihlet: Jch habe Geduld, die Herren drüben scheinen keine zu haben!)

Ich acceptire zunächst mit Dank selbst aus seinem Munde die Anerkennung, daß, während ih Regierungs-Präsident in dem mir noch heute sehr werthen und theuren Lithauen und Masuren gewesen bin, ein gutes Einvernehmen zwishe der Verwaltung und den Einge- sessenen geherrscht hat. Jch bin auf dieses gute Einvernehmen noch beute stolz, und ich fann allerdings nit leugnen, daß die Zustände, in die ich damals dort eintrat, in hobem Grade gespannte und unbe- friediaende waren, und ih habe es mir damals zur speziellen Aufgabe gemacht, in die ftarke Erregung, welbe ich vorfand, das lindernde Oel eines guten Einvernehmens zu träufeln. Indefsen das nur bei-

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g. Der Herr Abgeordnete und ih muß ja da noch etwas auf die prinzipielle Seite der Sache eingehen sand meine in cinem von ihm citicten Bericht in den Vordergrund gehobene besondere Vorliebe für die Kreisauss{üsse unvereinbar mit dem Verhalten, welches in dem Bezirk Gumbinnen diesen Organen gegenüber jeßt von der Staatéregierung eingehalten würde, und er citirte dabei cinzelne Fälle. Ih will doch zunächst konstatiren, daß zwischen der Auffassung des Herrn Minister-Präsidenten in Beziehung auf die den Kreisaussc{Üüssen E Stellung und der meinizen die Verschiedenheit, die ehauptet worden ift, einfach nicht bestebt. Als ih dur die Gnade Sr. Majestät in das Ministerium des Innern berufen wurde, habe ih mir schr genau überlegt, ob meine Ueberzeugungen über Selbst- verwaltung und ihre weitere Entwickelung es mir gestatten würden, das Ministerium zu übernehmen, nachdem der Herr Minister-Präsi- dent die bekannte Aeußerung im Herrenbause hatte thun laffen. Fch kann hier feststellen, daß i mich mit ihm auf diesem Boden voll- kommen verständigt habe und daß wir Hand in Hand den Versuch maden werden, die Selbstverwaltung in der Nichtung weiter zu führen, die wir unter Festhaltung ihres politishen Grundgedankens für die erspricßliche allerdings erachten.

Meine Herren, ich will kein Hehl daraus maten, ich halte die Kreisausshüsse für den gesundeften politishen Gedanken, der seit Jahrzenten in der -preußishen Geseßgebung eingeführt worden ift, und meine Meinung ist die, daß wir nichts besseres thun können, als bei der weiteren Entwickelung der Selbstverwaltungs-Gesetzgebung dieses Organ so zu stärken und im nationalen Bewußtsein zu be- festigen, daß es den großen Aufgaben, die in der Gegenwart und Zukunft auf ihm lasten werden, noch in vollerem Maße wie jeyt zu genügen im Stande ist. Der Hr. Abg. Diricblet kann si also darüber vollkommen beruhigen, daß ih der leßte bin, der die in den Kreisausschüssen verkörperte SelbstverwaltungWin irgend einer Weise feindselig behandeln will und ibr keine Sympathie ENEE

Jch komme nun auf die einzelnen Fälle, die der Herr Abgeord- nete in Beziehung auf die Nichtbestätigung von kommunalen und Kreisauss{ußbeamten im Bezirk Gumbinnen zur Sprache gebracht hat. Er hat eine geographisch vollkommen korrekte Wanderung von dem äußersten Norden bis zum äußersten Süden unternommen. Jch möchte also ihm auf dicsem mir sehr„bekannten und in guter Erinne- rung befindliden Wege folgen.

unächst der Stadtrath Volckmann in _ Tilsit.

__ Dieser Herr ist und das ist das Einzige, was ih von dem Dilemma, in welches er mit dem Regierungs-Präsidenten Steinmann gerathen ift, weiß bis zum Herbste vorigen Jahres unbefoldetes Magistratsmitglied in Tilsit gewesen, und er ist, wie ih eben höre es ist das erste, was mir zu Ohren kommt nit wieder bestätigt worden. Wenn er si bei mir beshwert bätte und vorher die Ober- Präsidialinstanz ershöpft wäre, dann würde ih natürlih die Sache genau untersubt haben. So aber weiß ih von gar nichts, und ih laube do, es ist Pflicht, wenn man hier cine Beschwerde beim

aufe vorbringt, si erft zu vergewissern, ob auch der Jnftanzeñzug erschôpft ist, und davon hâtte Hr. Dirichlet sih überzeugen sollen.

Nun aber, meine Herren, die geschäftlihe Angelegenheit, welche

zu dieser Affaire Anlaß gegeben hat, ist mir aber zufälliz bekannt. Ich sage zufällig ich will mi aber lieber konkreter ausdrüden : Ich habe nämli die vielleicht niht ganz \{lechte Angewöhnung, daß ih gerade in fo kritischen Zeiten, wie es der Wablkampf und die ihm vorausgehenden Wochen sind, die ganze Presse genau perlustrire und alle Zeitungs8ausschnitte, welche etwa auf die Wahlbewegung oder ein inkorrcktes Verhalten von Behörden gegenüber dieser Bewegung Bezug haben, zum Gegenstand von acbfüridinaes mache. Nun ift in der „Vossischen Zeitung* diefe Angelegenheit mit dem Verbote des Regierungs-Präsidenten Steinmann an die Kommunalbehördet, in Verbindung gebracht, die Wahllisten für die Parteien herauszugeben, Abschriften davon aufertigen zu lassen. Jch habe damals aus der Mittheilung Veranlassung genommen, den Regierungs-Präfidenten Steinmann zu ersucen, über die Saclage zu berichten, ob er in der That eine solhe Verfügung erlassen hat. J habe seine Erwiderung zur Hand und sie lautet folgendermaßen:

Zur Vermeidung einer mißbräuclic(en resp. ungeseßlichen Ein- wirkung auf die bevorstehenden Reichstagtwahlen nehme i hier- durch Veranlassung, sämmtlichen Magistraten des Regierungs- bezirks die Verabfolgung der diesen Wahlen zu Grunde zu legenden VerzeiWnisse der Wähler im Original oder in Abschrift, die lehtere namentli auch nit gegen Entrichtung von Kopialien, an Privatpersonen, Wahlcomités, politische Vereine oder andere Gesuchsteller, welhe niht zu den öffentlihen Behörden, gehören, hiermit ausdrücklich zu untersagen; vielmehr sind alle nit von Behörden ausgehenden Anträge u Mittheilung dêr Wahl- verzeihnisse im Original oder in Abschrift ausnahmslos zurück-

zuweisen. 5 Der Regierungs-Präsident. gez. Steinmann.

Ich bin der Meinung, daß dies cine durchaus korrekte Behand- lung der Wählerlisten ift, und wenn, der Hr. Abg. Dirichlet darauf eremplifizirt, daß hier in Berlin die Sache ist hon im Neichs- tage zur Sprache gekommen die umgekehrte Praxis befolgt sei, so möge er sich doc gefälligst erinnern, daß damals {on durch den Staatssekretär Hrn. Boettiber ih war leider niht anwesend, jopst hätte ih die Sache selbft übernommen ausdrülih er- Zu Lde daß der Minister des Innern dem Polizei-Präsidenten a E anbeimgegeben hat, nidt mehr so zu verfahren,

egenfaße zu der Verfügung des Negierungs - Präsi«

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denten Steinmann verfahren ist. Es steht also heute als Verwal- tungspraxis fest, 20h die Behörden gut thun, allen Parteien die Mittheilung der Wahllisten gleibmäßig zu versagen. Es ist dann Licht und Schatten gleich vertheilt, und dabei werden Publikum und Parteien gleibmäßig gut si stehen. Nun hat aber der Stadtrath

olckmaun, wie i aus der Mittheilung des Regierungs-Präfidenten Steinmann entnehme, doch in dieser Angelegenheit etwas gefeblt. Durch seine Vermittelung sind nicht nur die Wahllisten gewissen Wählerkreisen in Tilsit zugänglih gemacht, sondern diese Listen sind aus dem amtlichen Lokale entfernt und behufs Abscbriftnahme eine Nacht hindur aus diesem Lokal entfernt gebliebeu. L

Es ist das entschieden ein Mißbrauch. Die Wahlliften sind öffentlihes Dokument, worauf si die wichtigsten politischen Recbte gründen. Nehmen Sie an; durch einen reinen Zufall gehen die Listen verloren, bei cinem Feuer gehen sie in Flammen auf, dann entsteht vielleicht die Unmöglichkeit, den anderen Tag zu wählen. Jedenfalls muß also die Entfernung der Wahllisten aus dem auit- lichen Lokal und daß sie cine Nacht daraus entfernt geblieben sind, als ein ganz entschieden zu mißbilligender und zu rügender Mißgriff bezeichnet werden, namentli, wenn der Beamte Stadtrath ist, der doch in der That wissen muß, um welche wichtigen Dinge es sich in dieser Beziehung handelt. Meine Herren, ih lege dieser Angelegenheit gar feinen verhängnißvollen fundamentalen Charakter bei. Ich will dem Hrn. Stadtrath a. D. Volckmann gar keinen \{weren Vorwurf daraus machen, aber wenn der Hr. Re- gierungs-Präsident Steinmann, was ih übrigens nit weiß, ich muß es unter allem Vorbehalt sagen, sich bewogen gefunden hat, aus diesem Vorgang eine ernste Prüfung der Frage eintreten zu lassen, ob der Hr. Volckmann bei der etwaigen Wiederwahl zu bestätigen fei, so will ih mir darüber in diesem Augenblick das Urtbeil vorbehalten, ih habe nitt die Verpflichtung, zu präjudiziren in ciner Sache, die ih ershöépfend nicht kenne. Das wird der Hr. Abg. Dirichlet wohl au anerkennen. A

Nun kommt der Herr Abgeordnete mit einem „ihm fehr nahe- stehenden Heren, der nicht zum Kreisdeputirten bestätigt ist. Die Sache hat au noch nit in der Ministcrialinftanz geschwebt, son- dern der Hr. Dber-Präsident von Horn hat si, wie ih annehme, aus zutreffenden Gründen, bewogen gefunden, die Nichtbestätigung des Herrn zum Kreisdeputirten auszusprechen. Es ist ja mögli, daß darüber noch künftige Verhandlungen stattfinden, einstweilen liegt mir dieser Gegenstand nit zur Beurtheilung vor. Ebenso muß ich mich auësspreden in Bezu1 auf die Goldaper Sache. Jh weiß von der Sache des Hrn. Mielke bis jeßt nichts, ih muß also“ abwarten, ob und welche Beschwerden an mich gelangen.

Nun komme ih zu dem leßten Fall und der, gestehe i, ist mir persönlich s{merzlid, denn Hr. Ahrens aus dem Kreise Lyck, dessen wiederholte Nichtbestätigung der Hr. Abg. Dirichlet zu einem sehr scharfen Angriff gegen mih gemacht hat, ist ein mir wohlbekannter und von mir in meiner früheren amtliben Stellung hochgeshäßter Mann; ich habe ihn, während ih Präsident in Gumbinnen war, nâher Tennen gelernt und in ihm einen jehr ges{äftsgewandten, üm die Verhältnisse des Kreises sehr eifrig bemühten Herrn gekannt, und würde mi sehr gefreut haben, wenn feine SeE Thâtigkeit den Selbstver- waltung2gescästen des Kreises hätte erhalten bleiben Töônnen. Das ist nun leider nit der Fall. Jh kann sogar noch an die von dem Hrn. Abg. Dirichlet gemahte Mittheilung die zweite knüpfen, daß Hr. Ahrens nah Ablauf der sechéjährigen Periode, für welche er zum Amtsvor- steher ernannt worden war, auch in diescs Amt von dem Herrn Ober- Prâsidenten nicht wieder eingesetzt ift, id muß hinzufügen: niht wieder hat eingeseßt werden können. Hr. Ahrens hat sich bei mir

darüber beschwert im September vorigen Jahres, nachdem die Ober- Präfidialinstanz ers{öpft war, und ih habe jelbstverständli das sehr umfangreide Beschwerdematerial dem Herrn Ober- Präsidenten zur Berichterstattung mitgetheill. Der Herr Ober- Präsident hat berictet, und der Bescheid an Hrn. Ahrens ift ergangen, von mir expedirt und abgegangen, und lautet allerdings ablehnend. Und, meine Herren, i fagte vorhin, es {merze mi, daß i das hier mittheilen müsse, und ic Mus daran die Mittheilung knüpfen, daß auf beiden Gekieten, sowobl auf dem engeren polizeilichen als Amtsvorsteher, als auf dem der Kreis-Kommunalverwaltung als Kreisdeputirter, die Bestätigung nicht hat erfolgen können, und daß die Gründe dafür derartige sind, daß ih fe hier aus Schonung für den bürgerliden Ruf des Hrn. Ahrens nicht mittheilen kann. Cs thut mir leid, daß der Hr. Abg. Diri@let nicht eiwas sorgfältiger diese für mih fehr peinlihe Sache vorher erwogen hat, bevor er sie hier zur öffentlichen Diskussion gestellt hat, er würde dem Hrn. Ahrens, glaube ih, damit einen sehr viel besseren Gefallen gethan haben, als durch die Art und Weise, mit welcher er in völlig unvorbereiteter und ih muß es sagen voreiliger Weise Angelegenheiten, die für einen Privat- mann von so großer Wichtigkeitésind, hier zur Sprache bringt. J habe als Minifter nur die Verpflibtung, die mir vorliegenden That- sachen zu prüfen und darnach zu entscheiden, und ih wiederhole, i habe sie so entscheiden müssen, weil ih im Interesse des öffentlichen Dienstes nicht anders entscheiden konnte. Ich bâtte gern dem be- treffenden Herrn die nidt angenehme Situation, in die er dur den Herrn Abgeordneten Dirichlet gebracht ist, erspart, indessen leßterer hat es nicht anders gewollt.

Meine Herren! So leid es mir auch thut, fo oft das Wort er- greifen zu müssen, aber der Abg. Richter hat es veranlaßt und. also muß ich noch einige Minuten um Ihre Geduld bitten. Er erwähnte eines Falles, der in der Gegend von Potsdam vorgekommen if ih glaube Nowaweß ist es gewesen wo eine Versammlung deshalb von dem überwachenden Polizeibeamten aufgelöst worden ift, weil die Bescheinigung der Anmcldung nur unterstempelt und niht mit der Unterschrift des Amtsvorstehers versehen gewesen ist. Jch babe diesen Fall zur Kenntniß genommen und babe allerdings ihn zum Gegenstand einer amtlichen Untersuchung deshalb nit gemacht, weil ih glaube der Abg. Richter hat dies au anerkannt vom formellen Stand- punkt aus es als korrekt zu betraten ist, daß die bloße Unterstem- pelung der Unterschrift des zuständigen Beamten nit gleich zu achten ist. Denn ih muß doch sagen, es würde dem Unters{leif Thür und Thor geöffnet sein, wenn man ein beliebiges Siegel unter allen Um- ständen als Acquivalent für eine amilie Unterschrift ausgäbe. Jch bin also der Meinung, daß der betreffende Beamte beffer gethan bätte, bei der wahrscheinlih ganz unverdäbtigen und zweifellos vor- liegenden Thatsache der wirkli erfolgten Anmeldung si zu berubigen und die Versammlung in Nube stattfinden zu lassen. Jch halte das für nidt gescidckt. i: i

Wenn sodann der Abg. Richter meinte, meine Ausführung über den Staats-Minifterialbeshluß gegenüber den Inseraten bätte ihm den Eindruck erweckt, als wäre der Staats-Ministerialbes{luß vom Jahre 1874 dur einen anderweitigen erseßt worden, dann bitte ih do, meine Worte noch einmal lesen zu wollen. Der Staats- Ministerialbes{luß vom Jahre 1874 besteht in voller Kraft und ih Beibk gas meine Verwaltung auf demselben Boden steht, wie dieser

eschluß.

Der Herr Abgeordnete hat dann zur Sprache gebraht das Ver- fahren des hiesigen Polizeipräsidiums mit Bezug auf die Behandlung politischer Versammlungen von Seiten des hiesigen Polizeipräsidiums, und hat erklärt, man könnte darüber Beschwerde führen, daß in dieser Beziehung obne bestimmtes Prinzip verfahren worden sei, und daß man namentli die Seite der Sache, welhe das Sozialistengesetz betrifft, nit gehörig beachtet habe. Meine Herren, in dieser Bezie- hung liegt mir ein so überaus reibes Material vor, daß ih aller- dings gewünscht hätte, wir hätten die Sache einmal abge- sondert ex profess80 behandelt. Aber da sie jeßt einmal zur Sprache gebracht ist, darf ih mir vielleicht erlauben, auf die- elbe mit einem Worte zurückzuklommen. Als die- Berliner

ahlbewegung begann, habe ih mit dem Hrn. Polizei-Präsidenten von Madai sehr sorgfältig in einer gemein|chaftlichen Konferenz er- wogen, wie das Verhalten der hiesigen Polizeibehörde gegenüber den ja wahrscheinlich zu einer wahren- Sturmfluth der Zahl nach an- wasenden politishen Versammlungen fich zu gestalten habe, und er

hat auf Verabredung mit mir die Exekutivorgane vak, daß die Heber ano ihre Aufme aki [8 wachung politisher Versammlungen nam auf zwei punkte richten sollten, daß sie einschreiten fon wenn sammlung einen derartig tumultuarishen Charakker h ein rubiger Verlauf derselben nit mehr garant da man besu A E s u s nisten, und zweitens, daß fie bejonders ihr Augen dar sollten, ob und welche sozialdemokratishen Äusshe

dem §. 9 des Sozialistengeseßes unterliegen, in derarti 0er, welde lungen vorkommen würden. Das ist der Inhalt w : struftionen, welhe der Hr. Polizei-Präsident von Mádai an L Organe der hiesigen Polizei erlassen hat. Nun ist es Ja rihtig, daß dessenungeachtet einzelne Fälle vorgekommen sud welhen man zweifelhaft sein kann, ob die Polizibeamien 11 widtigen Aufgabe, die ihnen hiermit überwiesen war, in vel Maße gewachsen gezeigt haben. Aber, meine Herren," d@ denn doch, für sehr starke mildernde Umstände dürfen. Bedenken Sie zunächst folgende Ziffer. | der Zeit vom 1. Oktober 1880 bis dahin 1881 iy nit weniger als 2228 politishe Versammlungen abgebalis und allein im Oktober des vorigen Jahres 645 dergleid L lungen, also dur(snittlich mehr als 20 täglih. Jede dis sammlungen, meine Herren, mußte durch Polizeibeamte, {rift ist, überwaht werden. Nun stechen der Berliner Po zahlreiche und geshulte Kräfte auf diesem Gebiete zur N Aber, mcine Herren, wenn fo außergewöhnliche Verhältn dann kann man es entshuldbar finden, daß im ceinzelnë Polizeibeamter einmal bei der Abmessung der Momente, Auflösung führen, sein Urtheil nit vollkommen beisam; ¿zur Auflösung schreitet, die vielleicht, wenn er in ganz * stande sih befunden hâtte, niht geschehen wäre. - Bedenken Sie, daß alle diese Beamten neben dis vergnügen noch ihren Tageêdienst hatten und dieser Tags nit gering; es hat Jeder da sein Revier zu verwal nah des Tages Last und Hiße um 8 Uhr Abends ei Versammlung von Tausenden von Menschen bis Mittern wahen, meine Herren, das ist eine Anspannung der körperlichen Kräfte, die, glaube ih, über das Mittelmaß hir und wenn da wirklich einmal cin gewiß nicht beabsictiater in dem Verhalten des betreffenden Beamten vorkommt, 0" ich ihm daraus noch keinen Vorwurf machen; und ih kannidid hier öffentlich aussprechen, daß im Großen und Ganzen w eine Polizeibehörde oder vielleicht nie mit ciner \olWen H und Humanität verfahren ift, wie die biesige Polizei, und der Polizei-Präsident Herr von Madai ift ja aus del Grun mit gutem Grunde in Berlin ein außergewöhnlich beliebter undi pulärer Mann. Nun will ich Jhnen, meine Herren, die Pte ziffffer der Auflösungen gegenüber den stattgefundenen Versamn mittbeilen, Es sind also im Ganzen von 2228 Versam aufgelöst 35, mithin 1,5%, und in den leßten Monaten v Wahl, wo die Wellen s{on sehr hoch gingen, sind aufg von 645 Versammlungen 11, also der Prozentsaß um ein Geringes gesteigert, von 1,5 zu 1,79%. Nun, der Abg. Richter hat es zwar nit ausgesprochen, ic glaube, es hat nit in feiner Absicht gelegen, aber man köunte, da doch der wurf aus seinem Munde kam, zu dem Gedanken gelangen, bei Auflösungen hätten politishe Momente mitgewirkt. Nein, Herren, ih habe die Liste der Versammlungen, die aufgelô por mir, und darunter finden si eine ganze Anzahl Versammlun die ausdrüdli als antifortscrittlih bezeihnet sind. Eine {wien Operation für den betreffenden Beamten ist es ja in den einzeln Dan ¿u beurtheilen, wenn in einer öffentliden Versammlung ü

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ozialdemokrat das Wort nimmt, wann der Zeitpunkt gekommen)

wo cer einzuschreiten hat. Das Oktobergeseb vom Fahre 1878

S. 9 des Geseyges fallen, es verabsäumen würde, einzuschreiten , würde er si andererseits einer weren Pflihtverlezung {{uldit machen. Ich glaube, wir roerden do gut thun, auf diesem Gebiet mit dem Urtheil über die Beamten einigermaßen na{sibtig zu seit und anzunehmen, daß das biesige Polizei-Präsidium in der sehr wit rigen Lage, in der es \ih befand, allen den Ansprüchen gereckcht werden, îm Großen und Ganzen das Richtige getroffen hat. Jh bi übrigens durhaus nicht in dem Mißverständniß befangen, vel der Hr. Abg. Richter vorauszusezen s{eint in Bezug die Thätigkeit des Polizei-Präfidiums , anlangend die Wihler listen. Mir ist es wohlbekannt, daß der Magistrat und nit d Polizei-Präsidium es ist, dem die Anfertigung der Wählerlisten ob liegt, also auch die Ausgabe von Extrakten daraus zusallen wirkt Ich habe sehr wohl den Fall im Gedächtniß; er- bezieht sich dau daß das Polizei-Präsidium, nachdem nach der Wabl ihm Mittheilungen zugegangen waren, daß unbereGtigte Personen Wäblerliste st{ befinden, die auf diese Thatsache bezügliWen G die es hatte anfertigen lassen, Privatpersonen ausgehändigt h es ift meine Meinung, daß es gut daran thun würde, zu unterlassen. Ô : Sließlih erwähne ich nun die Beschwerde de Richter wegen der Flora. Jh habe darüber Erk gezogen und ich muß mi beute hier auf die Erkl daß die Resultate derselben allerdings anders ausg die Mittheilung des Abg. Richter bezügli der 6 Polizei-Direktors von Saldern auf eine în der Flora aj politishe Versammlung. Die Thatsache selbst wird a1 Beschluß des Reichstags Gegenstand einer, ih weiß nit, ot lier oder allgemein amtliher Erörterung sein, und wird denn ‘der wahre Thatbestand ergeben. In diesem Augenblick nur in der Sage zu erklären, daß nach den bis jeßt v iden Me ormationen die Sache in wesentlichen Punkten anders lie bg. Richter es voraussfeßt. M0

Daten

Kunst, Wissenschaft und Literatur. Die in Leipzig, am 2B. d. M. erscheinende Nr. Al

der „Illustrirten Zeitung" enthält folgende Abbildungen: De Eröffnung der Berliner Stadtbahn dur eine Umfahrt des

paares am 6. Februar: Besichtigung des Bahnhofs

Originalzeihnung von H. Lüders. Uebersicht der Berliner Stadb! und Ringbahn. Die Berliner Stadtbahn : Der Gentralbabnl) in der Friedrichstraße. Originalzeichnung von H. Lüders. Po 2 aus dem deutshen Reichstag: 12. Rudolf Virchow. fs Theils von Merw in Gentralasien. Nach einer Skizze von novan, dem Reporter der „Daily News“. Aus dem lige gut : Ausblick von der Hütteneckalpe bei Is{l auf den a den Hallstädter See. Nah einer Zeichnung von L. ändig. Mme Gdmond Adam. Die Investitur des Königs Albert 7 Sawbfen mit dem Königl. érofbrtlanni [Ge Hosenbandorden im Œ paradesaal des Königl. Schlosses zu Dreéden am 7, Februat Originalzeihnung von F. W. Heine. Die Infignien des Hos bandordens. Vom dalmatinis-herzegowinischen, Aufstand, alt bildungen. Na Skizzen von unserm Spezialzeichner : 1) Ca Gu Terra zu Castelnuovo, 2) Castel Spagnuolo zu Ca : bringung gefangener Jusurgenten dur die Ns Terra zu | nuovo. Am Leuchtthurm von Mumbles bei Swansea, in wales. Aus dem illustrirten Werk „Nordlandfahrken F. Hirt u. Sohn). Das Riesenmädchen Marian, Na0 Zeihnung von E. Hofang. Polytechnisde \Mitthelu Waznersce Anzündelzterne. 2 Figuren. |

do nun einmal den Behörden eine {were und ernfte Verantwo| lichkeit auf, und wenn ein überwacender Beamter, der, troßdem, d Bestrebungen in solchen Versammlungen hervortreten, die unter den

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