1871 / 192 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 11 Dec 1871 18:00:01 GMT) scan diff

3878

von diesem Gesammtbetrage von 11,600,000 Thalern 2,600,000 Thlr. noch im Anschluß an die Maßregel, die wegen Auflöjung des Staats- \haßes. dem hohen Hause Vorgelegt i|ff, zu reserviren, um Renten, die mit dem L20fahen Betrage abgelöst werden können, zu tilgen. Wir \{chlagen Jhnen ferner vor, die restirenden 9 Millionen Thaler dazu zu verwenden, um eincn Kredit à Conto der Eisenbahn Anleihe von 40 Millionen Thaler, der uns im vorigen Jahre auf Hôhe von 10-Millionen Thaler eröffnet worden, auf Höhe von 9 Millionen Thaler zu annulliren. Wir haben uns nämli \o eingerichtet, daß, obschon die Bauten a Conto der 40 Millionen- Anleihe den früher: realisirten Betcag von 20 Millionen Thalern be- reits um einen Effektivbetrag von mehr. als 10 Millionen Thaler weiter überschritten haben, wir zur Deckung dieses Postens bis jeßt mit der Realisirung der Anleihe niht vorgegangen sind. Jn Folge dessen haben wir erzielt, daß wir einmal in- der Lage wären, sie heute zu bedeutend höherem Course zu verwerthen, als dies früher ihunlih gewesen wäre, und zweitens, daß wir die darauf haftenden Zin‘en für das Jahr 1871 erspart haben. Wir wünschen nun für das Jahr 1872 die am 1. April und 1, Ofcober fälligen Coupons nicht einlôsen zu dürfen, wodurch dem Jahre 1872 eine Er- \sparniß von 405,000 Thalern zu Theil werden wiro. Ich môtte vorschlagen, diese Vorlage, die si ja an die früher genannte wegen des Staatsschaßes sehr genau anschließt; ebenfalls ter udgetkommission zu überweisen, und erlaube mir, die Vorlage, die Allerbôöhste Ermächtigung und die Motive zu der Vorlage hiermit zu Überreichen.

Der zwoeite Geseßentwurf, den ich vorzulegen habe, bildet eine Er- gänzung des Geseßes über die Ober-Rehnungskammer, welches ih unlängst vorgel-gt habe. In dem Geseße Über die Ober- Rechnungskammer findet sih eine Bestimmung, dak der Präsident und die Mitglieder der Ober-Rechnungskammer nicht Mitgli: der eines der beiden Häuser des Landtages sein sollen. Es bedingt dies eine Zusaz- bestimmung zu dem betreffenden Artikel der Verfassung, und ich beehre mich, einen bezüglichen Geseßentwurf nebst den Motiven und der Allerhöchsten Ermächtigung, diesen Gesehentwurf vorzulegen, hiermit zu Überreichen.

Es dürfte diese Vorlage an diesclde Kommission gehen, der wie ich glaube nach dem später zu fassenden Eatschluß das Gescß Über die Ober-Rehnungskammer vorgelegt werden wird.

Dem Herrn Minister des Jnnern und mir is die Allerbsch{ste Er- mächtigung zu Theil geworden, oen Entwurf eines Geseßes dem Landtage zu un'ecbreiten, betreffend die Aufhebung der Abgaben von Ge- sindebüchern. Es handelt sih dabei um einea Ausfa? für die Staatskasse um etwa 50000 Thlr. ; es kommt aber dabei wesentlich in Betracht, die Gleiwheit des Rechtes im ganzen Gebiete des Staates berzustellen. Jh glaube mich im Uebrigen auf die sehr eingehenden Morive b-ziehen zu dürfen, die dem Geseßentwourfe beigefügt siad, und

erlaube mir, leptere und die Allerhöchste Ermächtigung zu Überreichen.

Meine Hercen! Nachdem ich so eben und {on in der neulichen Sißung Jhnen zwei Geseßeniwürfe vorgelegt habe, die einen Erlaß bei einzelnen Steuern bezwecken, gehe ih jeßt dazu Über, der Ihnen in der Sißung vom 29, Nooember gemachten Añkündigung entiprecbend, die Frage der Steuerreform näher ins Auge zu fen und Ihnen eine darauf bezügliche umfassende Vorlage zu machen.

Gestatten Sie mir, bevor ich auf die Vorlage selbst näher einaehe, mit einem Worte das Vecbältniß zu berühren, in dem der preußische Staat zu den noch zu erwarienden Eingängen an Kontribution?geldein steht. Obwohl viele Mitglieder dieses Hauses zugleih Mitglieder des Reichstages sind, und obwohl die Verhandlungen des Reichstages ja allgemein bekannt geworden sind, dürfte es doch vielleicht rathsam sein, die Beziehungen, in denen der Partikularstaat Preußen in dieser Beziehung stebt; in der Kürze hervorzuheben.

Es ist, glaube ich, ziemli allgemein befannt, daß die französische Regierung auf die 5 Milliarden Kriegskontribut on, die sie nah dem &riedensvertrag zu entrichten haben wird, jeßt ers eine mäßige Quote entrichtet hat. Die gesammten Zahlungen , die bis jeßt erfolgt sind,

bestehen :

1) in der Anrechnung der Eisaß-Lothringenschen Eisenbahnen in einem Betrage von 325 Millionen Franks und

2) in der theils baar , theils durch Wechsel erfolgten Auszahlung von 1,175 Millionen Franks.

Eine weitere Zahlung hat bis jeßt nit stattgefunden, und eine weitere Zahlung wird nah den eingegangenen Vertcägen überhaupt erst zu beginnen haben von Mitte Januar an bis gegen Ende April und zwar in der Weise, daß die französishe Regierung si verpflichtet hat, in halbmonatlichen Raten die Summe von 50 Millionen 5ranks à Conto der {huldigen Milliarden, und die Summe von 150 Mil- lionen Franfs à Conto der am 2. März 1872 fällig werdenden Zinsen der rückîtändigen drei Milliarden zu entrichten.

Wenn diese Zahlungen erfolgt scin werden, wozu noch ein KZeit- raum von ungefähr fünf Monaten gehören wird, dann wird das Deutsche Reich sich im Besiß von zwei Milliarden der Kriegscon- tribution befinden. Ueber diese zwei Milliarden ist nun Seitens des Reichs bereits vollständig disponirt. Es i} Jhnen Allen bekannt, wie- daraus auf Anregung der Preußischen Regierung Beträge ent- nommen sind, um die Finanzverwaltung des Reich-s auf eigene Füße zu stellen. Es soll daraus, wie Jhnen bekannt ift, ein Reichskriegsschaß entnommen tverden; es sollen daraus die Mittel genommen werden, die erforderli sind, um die eben erwähnte Sache zur Ausführung zun bringen, nämli die Einrichtung aufzu- heben, daß die kceditirten Steuern für Rechnung der Partifkularstaaten kreditirt werden, und endlich zur Verstärkung der Betriebsmittel, aus

welchem Unistande dann Preußen auch bei dem Betriebsfonds wWw'ederum einen Kapitalzufluß haben wird.

Bei allen diesen Dispositionen is| nun eine Vertheilung an die Partifularstaaten des chemaligen Norddeutschen Bundes nicht in Aus- siht genommen worden. Der Staat Preußen wird aus diesen Kon- tributionsgeldern vor der Hand irgend eine direëte Einnahme nicht beziehen. Wir sind nur dadurch in die Lage gebracht worden, die früheren Ecsparnisse, die im Staats\haß angesammelt waren, und respektive die Einrichtung, welche uns in den Stand seßte, die Steuern früher für eigene Rehnung zu fkreditiren, aufzulösen , und die da» durch disponibel werdenden 41,600,000 Thlr. zur Schuldentilgung zu verwenden.

Die nächstfällize Zahlung hat, wenn Frankreich seinen vertrags- mäßigen Verpflichtungen genügen wird wie es sich faktis{ gestalten wird, ist ja eine andere Frage er| im März 1873 iliattzufinden, und die Hauptzahlung fällt in das Jahr 1874.

Bei der Reformvorlage, die Thnen gemacht wird, rechnet nun die -

Staatsregierung durchaus niht mit denjenigen Beträgen, die ers in Zukunft fällig werden. Sie hegt die Erwartung, die zuversichtliche Erwartung, daß unsere Verhältnisse zu Frankreich friedlich ausein- andergeseßt werden, daß ein Friedensbruh nicht eintreten, und daß Franfreih die eingegangenen Verpflichtungen erfüllen wird. Aber, meine Herren, so zuversichtlich auch cine solche Erwartung sein mag die Finanzverwaltung hat die Gewißheit der Erfüllung doch noch der Erwartung vorzuziehen; sie macht ihre neuen Rechnungen erst, ivenn sie die Gewißheit der Erfüllung hat, nicht so lange sie nur die Erwartung hat. :

Immerhin ; meine Herren ; giebt diese Erwartung , die doch als eine wohlbezründete zu betcaten is , uns einen Rückhalt, wenn es sih davon handelt, ob neven den Aufgaben, deren Lösung wir in die- sem Augenbli hon unternehmen können, uns die Zukunft in Aus- sicht stellt, daß in einem späteren Momente noch neue; noch umfassen- dere Aufgaben werden gelöst werden können.

Ich möchte nun ferner darauf hinweisen, daß das Gebiet, auf dem sich vor diesem Hause zu vechandelude Reformen in der Steuergeseßgebung bewegen können, wesentlich durch die Reichsgeseßgebung eingeengt ist, daß sehr viele Fragen, die mözlider-, die wahrscheinlicherweise vor dem Reichstage werden zur Erörterung gestelli werden müssen, vor diesem Hause nicht zu erörtern sind. Es gehört dahin ein ganz großes Gebiet von indirekten Steuern, bei dem sowohl das Bedürfniß sich geltend machen kann, einzelne aufzuheben, solchche welche die unentbehrlichsten Leben8bedürf- nisse treffen, ais andere zu erhöhen, solche, die einen gewähßlteren Genuß treffen. Jh habe hier an dieser Stelle mich mit diesen Fragen der Zukunft für die Reichs-Finanz-Geseßgebung nicht zu beschäftigen; daß sie meiner Aufmerksamkeit nicht entgehen, werden Sie mir s{chon (lauben. Jh habe also bei der Au'igabe, an deren Lö&ung wir treten wollen, nur das Gebiet der preußischen, der dem Pait:fularstaat Preußen verbleibenden Steuern ins Auge zu fassen.

Die Staatsregterung ist nun bei der Erörterung der Frage, w0

eine Reform einzutreten haben möchte, von dem Gedanken geleitet worden, daß wir Sorge dafür zu tragen bätten, die untersten S(@ ichten der Bevölkerung in der Steuerlast zu erleicht rn, daß wir Sorge da- für zu tragen hätten, unter Aufhebung voa solchen indirekten Steuern, die nicht als dauernd halibar erscheinen, zugleich dem direften Steuer- e einen weiteren Geltungsbereich zu verschaffen, und es zu' ver- bessern. In diesem Sinne sind wir au die Behandlung der Frage heran- gegangen, und wir haben uns bei dieser Behandlung nichi beschränkt erachtet durch die in dem Staatshaushaltsetat angefündigte Bestim- mung, daß eine Million Thaler für Steuernachlässe reservirt sei.

Wir find vielmehr davon ausgegangen, daß die Lage des pyreu- ßishen Finanzhaushalts es gestatte, sehr viel weiter greifende Maß- regeln zu treffen. | i;

Wir haben, wie Jhnen Allen bekonnt is, einen Staatsvoran- {lag aufgetellt, der besonnen und nüchtern gehalten ist, der die Ein- nahmen nit zu hoch veranschlagt, der Jhnen aber auch kein Element der Veranschlagung verheimliht. Wir haben insbesondere Jhnen an- gekündigt, daß bei den Maßregeln, die wir in Vorschlag biuingen für die Schuldentisgvung des Staats, wir auf eine dauernde Ersparniß von mehr alé 25 Million Thalern rechnen. Wir haben dann gleich- zeitig angeführt, daß derjenige Zinsenbetrag, der in dem Etat selbst 1ebt, sobald Sie unsere Geseßentwürfe annehmen, gleich definitiv ab- geseßt werden kann, sich für das Jahr 1872 auf 1,634,000 Tblr. be- laufen wird. Wir beabsichtigen dabei, durch frühere Ankäufe auch noch weiter gehende KZinsersparnisse zu machen, deren Summe sich im Voraus in keiner Weise bestimmen läßt; aber, meine Herren, wir wissen im Voraus mit Bestimmtheit, daß wir auf Gru:-d der jeßt vorgeschlagenen Maßregel für das Jahr 1873 vns einer Minderaus- gabe für die gedahten Zw: cke von 25 Million Thaler erfreuen werden.

Diese Minderauégabe wird, um das Haus auch in dieser Be- ziehung au fait zu seßen, noch wesentlih gesteigert werden dur die Ersparnisse, die kraft der bestehenden Einrichtung durh den Etat Ur die Staateschuldscheine eintreten werden. Mit dem 1. Januar 1873 beginnt nämlich eine neue zehnjährige Tilgungsperiode, wonach die Tilgungèquanta, die vor und nah sich gesteigert haben, in Abgang treten; der Etat des Jahres 1872 is außerdem nat einer nur einmal alle zehn Jahre eintretenden Ausgabe belastet, und wir wissen also mit Bestimmtheit im Voraus , daß da neue Ersparnisse eintreten werden.

Unter diesen Umständen glaubt die Staatsregierung, daß wir die Vorsicht, die unsere Finanzverwaltung leiten muß, nicht hintanseßen, wenn wir Jhnen cine Maßregel vorschlagen, die einen dauernden Uusfall für die Staatskasse von mehr a!s 25 Millionen Thaler t Folge haben wird, und diese Maßregel, meine Herren, sell nun N L bestehen, daß wir unter Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer die

3079

Klassensteuer in der untersten Stufe 1a in Wegfall bringen, daß wir also mit anderen Worten die Klassensteuer uf die balite nom rbis ausdehnen, daß wir von dieser Klassensieuer die unterste Stufe 1a in Abgang bringen, und daß wir gleichzeitig die Mahl und Schlacht- E e AG D i

eitalien Sie mir, etwas näher auf die Frage der Klassensteuer einzugehen. Den Motiven , die wir Ihnen Gras dem Soidinteue, vorlegen werden, is eine Uebersicht des Aufkommens an der Kiassen- euer Und der Art ihrer Veranlagung beigefügt Diese Ucbersicht eistreckt si auf die Nesultate von drei Jahren, und zwar cinzeln spezifizirt, damit sie genau verglihen werden fêönnen auf die Jahre 1869, 1870 und 1871. Nehme ich diesen dreijährigen Durchschnitt zum Mat stab an, fo sind zur Klassensteuer Überhaupt veranlagt 7,760,570 Steuerpflichlige; von diesen Steuerpflichtigen fallen auf die dritte Hauptklasse, welche die Stufen von 9—12 umfaßt, nur 193,160 Per- jonen; auf die zweite Hauptklasse nur 734,000; auf die erste Haupt- flass: allein 6,833 237 Steuerpflichtige, und davon wiederum auf die Unterstufe la, von welcher die Rede ist, 5,061,171 Steuerpflichtige: Unser Borschlag hat nun zum Zwecke, vom 1. Juli künftigen Jahres ab diese 5,061,171 Steuerpflichtige mit cinem Schlage von der Ver- pflichtung, diese direfte Sreuer zu bezahlen, in Zukunft zu befreien. Sie twerden erm-ssen, meine Herren, daß es si bei dieser Steuerfrage feine8wegs lediglch um den Geld- betrag handeli, der in die Staatskasse fließt, und der den Steuer- pfl'chtigen abzenommen wird ; die Erleichterung, die wir den Steuer- pflichtigen geben, ist eine unverhältnifmäßig größere: Nach den beste- henden Einrichtungen muß der Steuerb-:trag monatlich mit 1 Sgr. 3 Bf. gezahit werden; zwölfmal im Jahre muß der Steuerpflicbtige fich zum Steuererbeber begeben und Zeitverlufle tragen; die Behörden müssen große Listen führen, beim Wohnungêwechsel der Steuerpflichtigen, der gerade in diesen Sichten der Bevölkerung schr häufig eintritt, wüssen die Ab- und Zugangslistea geführt werden, es muß eine aus8gedebnte Korresp-ndenz unter den Bèéhörden eintreten, und das Alles, um zus l §t im Laufe des Jahres von dem Betheiligten einen Steuerbetrag von 15 Sgr. zu erheben. Das entspricht nich: mehr den Verbältnissen, die heute bestehen, das entspricht nit mehr der rihtigen Benußung der Zeit, und roir giauben daher, eine in der That wichtige Reform anzubahnen, indem wir Jhnen den Vorschlag machen , diese Art der Bisteuerunza in Zukunft fortfallen zu lassen f

Aber, meine Herren! Der Voxschlag hat seine wichtige Bedeutung nidt ollein nach der Richtung bin, daß diese direkte Steuer in Weg- fall gebracht wird, sondern sehr wesentlich auch nach’ der Richtung hin, daß er das von dem Abgeordnetenhause so häufig und o drin- gend anempf- hleae Ziel der Beseitigung der Mahl- und Schlacht- feuer erst eigenilich möglich mat. Wir wünscen jeßt zu einer gänz- liden Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer zu gelangen mit einem Vorbehalte jedoch, den ih hinsihtlih der Shlachtsteuer na&#ber ma®ven werde. Und nun vergezennärtigen Sie sid, mit welchen Müden es in den größten Städten verknüpft sein würde, die Klassen- steuer zu erheben! Es if srit den Dezennien, wo diese Frage die Geaüther beshäftiat, immer eines der wesentlichsten Hindecnisse ge- wesen, um dieser großen Maßregel, der Beseitigung der gedachten in- direkten Steuern, näbex zu treten.

Wir {lagen Jhnen, was die indirekten Steuern betrifft, nun- mehr vor, die Mahlsteuer vom 1. Januar 1873 ab gänlih aufzu- heben. Einen früheren Termin würden wir {on deéhalb nickt in Aussicht nehmen können, weil zie Kommunen der seither mahl- und shlachtsteuer pflihtigen Städte eine gewisse Zeit haben müssen, um ihren Kommunal-Hauëhalt anderroeit ordnen zu können, und die Rücisit auf die Verhältnisse der Kommune bestimmt uns ferner dazu, Jhnen hisidtlih dec Schlach!steuer den Vorschlag zu machen, daß sie zwar für Btaatsrechnung vollständig aufgehoben, daß es aber unter ge- issen Bedingungen und Voraussezungen den Kommunen gestattet werden solle, die S(lachtsteuer für Kommunalzwecke beizubehalten.

T darf Jhnen, meine Herren, wohl kaum darlegen wollen, daß vom Standpunkte der Finanzverwaltung aus das Bequemste sein würde, au die Shlachtsteuer gänzlich fallen zu lassen. Wir haben aber die Verpflichtung, nicht allein das Interesse des Staates ins Auge zu fassen, sondern auch die praktishen Bedürfnisse der Kom- munen, und wir glauben daher, Jhnen vorschlagen zu dürfen, doß den Kommunen diese Fakultät gewährt werde versteht si: nur unter gewissen Bedingungen und Vorausseßungen, ferner nur an Orten, wo die Erhebung der Schlachtsteuer mit verhältnißmäßig geringen Belästigungen eintreten kann und nur bei Kommunen, wo die Nothwendigkeit dargethan wird, auf diesem Wege eine Deckung it Kommunalbedürfnisse zu gewinnen. Wir haben aber auch diese

atultät der Kommunen noch verflausulirt; wir haben sie für die Städte von ganz überwiegend großer Bevölkerung, für Städte von 100.000 Einwohnern und mehr, noch dadur eingeengt, daß wir den Kommunen, sofern sie die Schlachtsteuer beibehalten wollen, die Ver-

ihtung auferlegen, statt der direkten Heranziehung der Steuerpflich- ligen zur Klassensteuer in den Stufen [. B., II. und III. ein Aversum an die Staatskasse zu zahlen und auch diesen Theil der Bevölkerung von der direkten Besteuerung freizulassen.

Dies, meine Herren, slnd die wesentlichen Grundzüge der Mafß- lein, die wir Jhnen vorschlagen. JTch darf Sie bitten, sie einer orgfältigen und unbefangenen Prüfung zu unterwerfen, und ich darf S; Ueberzeugung auesprechen, daß, wenn Sie die Vorlage annehmen, s è damit einen großen Schritt zur zwemäßigen Umgestaltung un- tres Steuerwesens thun werden. bda ch übergebe hiermit die Vorlage nebst Motiven und die Aller- ste Ermächtigung.

Die betreffende Vorlage lautet:

Geseß, betreffend Befreiungen von der Klassensteuer und die Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer. Wir Wilhelm , von Gottes Gnaden König von Preußen 2c.

verordnen mit Zustimmung beider Häuser des Landtages für den Umfang der Monarchie, was folgt:

F. 1. Alle nach den bestehenden Vorschriften in der Unterstufe a der ersten Stufe in der erften Hauptklasse der Klassensteuer (§. 9 des Geseßes vom 1. Mai 1851) zu besteuernden Personen, werden vcm 1. Juli 1872 ab von der Klassensteuer befreit.

Die den Jnhabern des Eisernen Kreuzeê, soweit sie zur ersten Hauvptklasse der Klassensteuer gehören, zustebende Befreiung von der Kiassensteuer (F. 6 @ dess. Ges.) mird vom 1. Juli 1872 ab auf die Inhaber des auf G und der Urkunde vom 19 Juli 1870 (G. S. S. 437) verlichenen Eisernen Kreuzes ausgedebnt. j

__§. 2. Jn allen mahbl- und \{chlachtsteuerpflichtigen Städten wird

mit dem 1. Januar 1873 die Klassensteuer an Stelle der Mahl- und

Schlacbtsteuec eingeführt.

wae Forterhebung der Mahl steuer als Gemeindesteuer is un- itig.

F. 3 Die Sch{lachtsteuer kann in bisher maÿhl- und \{lacht- steuerpflihtigen Städten vom 1. Januar 1873 ab a8 Gem A ys steuer forterhoben werden, wenn die Lage des ftädtishen Haushaltes es erfordert und die ôrtlihen Verhältnisse dazu geeignet befunden wer- den. Die desfallsigen Gcmeindebeschlüsse ; die zur Ausfübrung der- selben zu erlassenden örtlichen Schlachtüeuer-Regulative, und die zum Zwecke der Erhebung und Verwaitung der Schlacitsteuer durch städtishe B: hörden und Beamt!e zu treffenden Einrichtur gen, unter- liegen der Genebmigung durch die’ Minister des Jnnern und der Finanzen. Umfaßt der bei der bitreffenden Stadt be- stehende Mahl- und Schlactsteuer Bezirk andere Ortschaften oder Theile von anderen Ortschaften und wird deren Ausschließung durch anderwei!e Regelung des Schlachtsteuer-Bezirkes nit zulässig befun- den, \o ist solchen Ortschaften nach Verbäliniß ihres Beitrages zu dem Ertrage der Schlachtsteuer ein entsprehender Antheil des leßteren zu gewähren, dessen Höhe dur Vereinbarung bestimmt, andernfalls aber ellt R I Ministern vorbehaltlich des Rechi8weges festge- ellt wird,

§. 4. - Eine Erhöbung der bestehenden StHhlachtsteuersäße (mit Ein- {luß des biéh-:rigen Kommunalzu|h!ages) kann nur durch Gefeß an- geordnet werden.

Eimáäßigungen der bisherigen Steuersäße , Befreiungen gewisser Gegenstände von der Schlactsteuer und andere den \hlach!steuerpflich- tigen Verkehr erleichternde oder die Zuständigkeit der städtiichen Be- hôrden betr: ffende Aendcrungen der wegen der Schlacdtsteuer bcstehn- den Vorschriften können durch die örtlichen Schlachtsteuec - Regulative

eingcführt werden. Im Uebrigen finden dir wegen oder Sch(la@htsileuer des Staates be-

stehenden Vorschriîiten auch auf die vom 1. Januar 1873 ab als Ge- meindesteuer zu erhebende Schlachtsteuer Anwendung.

§. 5. Auf Antrag der betreffenden Stadt wird gegen Vergütung des von dem Finanz-Minister festzuseßenden Kostenbetrages die Er- hebung und Verwaltung der Schlachtsteuer durch die Behörden und Beamten der Verwaltung der indirekten Steuern des Staates für Rechnung der Stadt fortgeseßt.

Die in diesem Falle den städtischen Behörden zukommenden Be- fugnisse binsichtlich der Kenntnißnahme und Einwirkung in Schlacht C T werden in der bezüglichen Uebereinkunft gc- regelt.

À: 6. Jn Städten von mehr als 100,000 Civil-Einwohnern, wo die Schlachisteuer als Gemeitindesteuer forterhoben wird, sind die zur ersten Hauptklasse der Klassensteuer gehörigen Personen im engeren Schlachtsteuerbezirke niht zur Klassensteuer heranzuziiehea, und ist die betreffende Stadt verpflichtet, ein dem muthmaßlichen Ertrage der Klassensteuer der ersten Hauptklasse entsprechendes Aversum zur Staatt- fasse zu entrichten.

Das Aversum wird durch den Finanz-Minister bestimmt und im Staatshaushalts-Etat ersichtlid gemackt. :

ÿ. 7. Die in Bezug auf die Klassensteuer den Bezirksregierungen zuïommenden Befugnisse und Obliegenheiten, werden, für die S1adt Berlin der Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern in Berlin übertragen. : L i

F. 8. Der Finanz-Minisier ist ermächtigt, die direkten Staats- steuern, soweit dieselben in monatlichen Raten zu entrichten sind, nach seinem Ermessen in dem auf den Monat der Fäligkeit folgen- den nächsten oder zweiten Monate zugleich mit den für leßtere fälligen Raten einziehen zu lassen. i :

§. 9. Die zur Ausführung dieses Geseßes erforderlihen An- weisungen sind von dem Finanz-Minister hinsichtlih der F. 3 bis 5 in Lemeinschaft mit dem Minister des Jnnern zu erlassen.

Gegeben 2c.

Denkschrift.

Die dur den Staatshauthalts-Etat für das Jahr 1872 nack- gewiesene günstige Gestaltung der Finanzlage des preußischen Staates hat es gestattet, in dem Ordinarium des Staatöshauthalts-Etats eine Million Thaler für Steuererleihterungen zu reserviren und läßt es unbedenklih erscheinen, für das Jahr 1873 eine weitere Steuererleich- terung in Aussicht zu nehmen. Die Staatsregierung erachtet de8halb den Zeitpunkt für gekommen, um- durehgreifende Reformen in der Steuergeseßgebung in Angriff zu nehmen und {hon für das nächste r einen wichtigen Theil dieser Aufgabe der Lösung entgegen zu

ren.

Wenngleih das Gebiet der Steuerreform, über welches die preußische Regierung im Verein mit der Landesvertretung allein zu verfügen hat, durch die Verfassung des Deutschen Reichs beschränkt ist,