1919 / 176 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Aug 1919 18:00:01 GMT) scan diff

rals a ar E Mat

gj

R E E R

E 408,

Dke Steuerstelle schi die Steuer “fest - und erteilt dem: Steuer- yflihtigen einen Besch: id.

Im Falle des § 37 Abs. 2 Say 2- kann nah Abschluß eites Kalenderjaÿßrs für den gesamten Umsa: g des abgelaufenen Jahres oder bei vorheriger Ginstellung des Unternehmens nach der Einstellung für den Umfang des verflossenen Teiles des Jahres eine Nachveran- lagung vorgenommen werden.

41

S 41,

Die Steuer ist innerhalb zweier Wochen nach der Bekanntgabe des Bescheids zu entrihten. In den Fällen des § 37 Abs. 2 Say 1 und Say 3 ift auf Antrag die Zahlung in gleichen Halbjahrs- oder Vierteljahrsteilen zu gestatten,

Wird die Skleuer nicht innerhalb dreier Monate nah Schluß des Steuerabschnitts gezahlt, fo sind neben der Steuer Zinsen in Hóôhe von fünf vom Hundert, vom Ablauf dieser Frist gereWnet, zu entrichten; diese Veryflichtung tritt nicht ein, wenn der ge\chuldete Steuerbetrag eintausend Mark nicht überschrettet.

: e 8 42.

“n den Fallen des §/16:Nr. 3, §22 Nr. 4.8.28 Abs. 1 Nr. 4 läuft die Frist des § 39 von dem Eintritt der Steuerpfliht ab. In der Erklärung ist die Art des Gegenstandes und die Höhe des Cntg-1ts anzugeben.

_Kann dec Erwiurber über die Höhe des Entgelts keine aus- reihenden Aufklärungen geben, so findet § 40 Abs. 2 und 3 An- wendung; der Schäßung ist der gemeine Wert des Gegenstandes zu- grundezulegen. Unter der gleiheu Vorausfezunz kann der Neichs- fisfus nah näherer Bestimmung des Staatenausschusses den Gegen- stand zu dem vom Euwerber angegebenen Entgelt oder, wenn dr Erwerber die Angabe verweigert, zum gemeinen Werte ubernehmen. Mit Grlaß des Bescheids, in dem die SteuersteUe dite Uebernahme erklärt, in der Gezenstand für den Neichsfisfus beschlagnahmt ; die Beschlagna! me hat die Wirkung eines Veräußerungésverbo!s. Das Eigèn'um geht auf den Neichefiskus über, sobald der Besd;eid un- anfechtbar geworden ist.

__ Ist die Steuerstelle nicht gleichzeitig für die Zollabfertigung zu- ständig, so hat die Zollstelle, welhe die Gegenstände zum freien Ber- lehre des Inlandes abfertigt, der Steuecstelle von dem Eingang der Gezyenstände unverzüglich Kenntnis zu geben ; sie kann von demjenigen, d-r den Gegenstand tns Inland einbringt, Sicherstellung des Steuer- betr:gs in seiner vorauésihtlihen Höhe verlangen. In dite Zoll- quittung ist cin Hinweis auszunehmen, daß der Gegenstand unifaßz- fteuerpflihtig ist und die Steuerstelle zur Ueberwachung der Steuer- entrihtung benachrichtigt wird.

j 8 43.

In den Fällen des § 28 Abs. 1 Nr. 3 und des § 30 Abs. 2 ist die Stever vom Liefcrer oder sonstigen Leistungsveryflichteten zu dem (Fminpfangsbekenntnis über die Zahlung zu entrihten. Er ist ver- pflichtet, ein schriftliches Emptangébekenn1nis binnen zwei Wochen nach dem Empfange der Zahlung zu erteilen. Bei Teilzablungen ist für jede Teilzahlung ein Cmpfangsbekenntuis zu erteilen und dazu die ent!prehende Steuer zu entrichten. Das Emyvfangsbekenntnis muß den Namen des Lieferers oder sonstigen Leistungsverpflichteten, den Gegenstand nach seiner handelsüblihen Bezeichnung, den Betrag des (Entgelts, der Lag der Zahlung und den Steuerbectrag enthalten.

Die Steuer wird entrichtet, indem zu der Bescheinigung Vor- drude, die vor tem Gebrauch abgestempelt sind, oder Stenipel- naifen nach näberer Anordnung des Staatenaus\{hufses verwendet werden. Das Neichsfinanzministerium bestimmt, ob und unter weldheck Voraussetzungen die Steuer ohne Verwendung von Stempel- zeichen entiidtet werden Tann. /

Ist die Steuer von dem Lieferer oder dem sonstigen Leistungs- verpflichteten nicht entzichtet worden, so hat der Empfänger des Gmpfangsbekenntnisses binnen zwei Wochen nah dem Tage des ESnpfanges und jedenfalls vor der wetteren Aushändigung des Gmpfangsbekenntnisses die Steuer ‘durch Verstempelung (Abs. 2) des (Empfangsbetenntnisses zu entrihten. Erhält detjenige, der das Eatgelt entrichtet hat, fein Emvfangsbekenntnis, so hat er der Steuerstelle innerhalb eines Monats nah der Zahlung dés Entgelts hiervo1 Mitteilung zu machen. Die Mitteilung muß die im Abs. 1 für das Empfsangsbelenntnis vorgeschriebenen Angaben enthalten ; zu ihr ist die Steuer in der 1m Abs. 2 bezeid)neten Art zu entrichten.

Nimmt im Falle des § 28 Abs. 1 Nr. 3 der Erwerber St1euer- befreiung nah § 28 Ab). 2 für fich in Anspruch, so hat er die im 8 15 Abf. 2 in Verbindung mit § 27 Abs#. 2 vorgeschriebene Be- tceinigung dem Lieferer vorzuleaen ; dieser har auf dem (Xmpfangs- bekfeuntnisse Namen und Wohnort des Erwerbers unter Angabe der Bescheinigung zu vermeikcn und eine Abschrift des Empfangsbekennt- nisses als Ausweis gegenüber der Steuerstelle zurückzubehalten.

Wer aus einem unter § 28 Abs. 1 Nr. 3 oder auch § 30 Abs. 2 fallenden Umsaßzgeschäfie zahlungepflihtig- ist, kann gegenüber der Klage auf Cntrichtung des Entgelts den (Finwand der Tilgung nur geltend machen, wenn er nachweist, daß die Steuer für die Lieferung oder die soustige Leistung entrihtet worden ist oder die Lieferung nach § 28 Abs. 2 in Verbindung mit der Vorschrift des Abs. 4 \teuer}rei war.

Die Vorschriften der §8 12, 40 bis 42 finden auf die Be- steverung gemäß Abs. 1 bis 3 keine Anwendung. An ihre Stelle treten die eatsprechenden Vorschriftcn des Neichsstempelgeießes vom 5, Juli 1913 (Meichs-Geseybl. S. 639).

8 44,

Wer in einer Druckschrift, die zur Verbreitung bestimmt ist, Verkaufsangebote von Ge,ensländen der im § 28 Abs. 1 Nr. 3 be- zeichneten Ärt macht, ohne in dem Angebote seinen Namen und seine Wohnung anzugeben, hat Namen und Wohnung tem V-rleger der Drukschrift gleichzeitig mit der Erteilung des Auftrags mitzuteilen.

Der Verleger der Druckschrift darf Versffentiihungsaufiräge der im Abs. 1 genannten Art nur annehmen, wenn ihm von dem Auf- traggeber Name und Wohnung mitgeteilt werden.

J\t ein Verleger niht vo: handen, so tr.tt an seine Stelle der Drucker der Druckschzift.

Der Verleger der Drucks{hrift oder im Falle des Abs. 3 der Drucker hat nah näherer Bestimmung des Staatenausschusses der Steuerstelle, in deren Bezirke die Druckschrift e1scheint, das Ver- faufsangebote ohne Namens- und Wohnungsangabe enthaltende Stück der Druckschuift unmittelbar nach seiner Ausgabe abzu- Len und dabei Namen und Wohnung der Auftraggeber zu be- acichnen.

Die Steuerstele hat unverzüglich diejenigen Steuerstellen zu benachrichtigen, die für den Wohnort ter Auftrag zebcr zuständig sind.

8 45,

Auf die Entrichtung der Steuer im Falle des § 28 Abs. 1 Nr. 5 finden, wenn der Steuerpflichtige kein Unternehmer ist, die Vor- )ezuiften des § 42 entsprehende Anwendung.

42 Abs. 2 gilt auch, wenn der Steuerpflichtige ein Unter- nehmer ist.

8 46. Zuständig für die Veranlagung der Steuer ist diejenige Steuer- stelle, in deren Bezirk das Unternehmen betrieben wird. In den Fällen des § 1_Nr. 3, wenn der Versteigerer kein Unternehmer ift, der §16 Nr. 3, § 22 Nr. 4. 8 28 Abs. 1 Nr. 3 Lis 5, § 30 Abs. 2 ift die Steuerstelle des Wohnsißes oder Aufent-

Ealts des Steuerpflichtigen zuständig. VIII. Straf-, Vebergangs- und Shlußvorschriften.

S 47. /

Die Hinterziehurg der Umjatßsteuer wird mit einer Geldstrafe nts zum „zwanziafachen Betrage dec hinterzogenen Steuer oder mit Gefängnis bestraft. i ; i a

Die gleiche Strafê hat verwirkt, wer dic im § 15 bezeichnete Bescheinigung vorlegt, obgleich er die Gegenstände niht zur gewerb- lichen Wiederveräußerung zu benußen beabsitigt oder, wenn er die

na: wissen mußte, daß dke Gegenstände nicht zur gewerbliGen Weiter- VORE I bestimmt waren. i

er den Vorschriften des § 45 Abs. 1- bis -4 zuwiderhandelt, wird mit einer Geldstrafe bis zu fünfhundert Mark bestraft.

Die Fesiseßung einer Ordnungsstcafe unterbleibt bei Unterlassung der Aufzeibnungen 35) und bej nicht ord ungsmäßiger Aufzeichhnung, wenn die Zuwiderhandlungen aus Gründen, die in der Person des Verpflichteten oder in der Art seines Geschäftsbetriebs liegen, ent- shulidbar erscheinen. A

Bundesftaaten, Gemeinden und Gemeindeverbände „dürfen von Unternehmen, die vorwiegend notwendige Lebensmittel vertreiben, Steuern vom Umfaßz dieser Gegenstände nicht erheben.

8 49,

S 5 des Weinsteuergesezes am 26. Jult 1918 (Neichs-Geseßzbl.

S. 831) enthält folgenden Abs. 4: j Wird Wein an einen Verbraucher abgegeben und ift der Lieferer nad § 14 des Umsaßsteuergeseßes erhöht umsaßsteuerpflihtig, so ermäßigt sih der fsteuerpflichtige Wert des Weins um fünf vom Hundert. Q: DU:

Die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetze erläßt das

Neichsfinanzministerium mit Zustimmung des Neichsrats. & 1:

Dieses Geseß tritt am 1. Januar 1920 in Kraft. Als erstes Kalenderjahr im Sinne des § 37 gilt das Kalenderjahr 1920.

Mit Ablauf des 31. Dezember 1919 tritt das Umsaßsteuergeseßz vom 26. Juli 1918 (Netchs-Ge}jeyzbl. S. 779)" außer Kraft, un- beschadet der Duchführung des Erhebungsverfahrens für die Zeit bis zum 31. Dezember 1919.

Sin, für Leistungen aus Verträgen, die vor dem Inkrafttreten des Geseßes abgeschlossen sind, Entgelte nach „diesem Zeitpunkt zu entrichten, so ist der Abnehmer mangels abweihender Vereinbaruug verpflichtet, dem Lieferer einen Zuschlag zum Entgelt in Höbe der auf die Leistung entfallenden Steuer zu leisten. Dabei ist jedo der Betrag abzuziehen, der bei einer Weitergeltung des Umsat:steuergeseßes vom 26. Juli 1918 auf das Entgelt entfallen wäre, es sei denn, daß der Vertrag unter § 42 Abs. 6 des genannten Geseßes fällt. Der Preiszu\chlag btldet keinen Grund zur Vertragsaufhebung.

Statistik nud Volkswirtschaft. Arbeitsstreitigkeiten.

Der Ausstand der Hotel- und Gasthausange- stellten in Frankfurt a. M. wurde „W. T. B." zufolge estern auf Beschluß einer Massenversammlung der Streilenden für eendet erklärt. Es fam zwischen Arbeitnehmern und Gastwirten zu einer Eintgung. Für das reisende Publikum bestehen also in bezug auf Verpflegung und Unterkunft in rankfurt a. M. keinerlei Shwierig- reiten mehr. Jede Streikgefahr ist durch die neuen Abmachungen

MGNgE

__ Nach einer von „W. T. B,“ twiedergegebenen Meldung der „Kasseler Allgemeinen Zeitung“ waren am Montag bei vielen großen Gütern des Casseler Bezirks die Landarbeiter in den Ausstand eingetreten, weil nicht alle ihre Forderungen bewilligt worden waren. Neue Verhandlungen über gewisse Forde-

worden und weren fortgeseßt. Soweit das genannte Vlatt unter- richtet ist, wurde gestern die Arbeit überall wieder auf- genommen.

Laut von „W. T. B,“ übermittelter Meldung des „Nieuwe Notterdamshe Co@frant“ ‘aus London befinden sich dort gegen- wärtig 1054 P ofizisten im Ausstand. Ihre Zahl vermehrt ih jedoch von Tag zu Tag. Der Ausstand der WVa- \chinisten und Hetzer- auf der Londoner Süd- west -Bahn hatte zur Folge, daß auf dem Bahnhof Nine Elms von 500 Lokomotiven nur 30 im Dienst gemeldet 1rerden konnten. Es liegen Anzeichen für eine Ausdehnung des Streiks vor, der fon auf die City- uud Süd-Londoner Elektrische Cisen- bahn übergegriffen bat. Dies bedeu!et eine große Verlegenheit für die Leute, die von den Borslädten nah der City u gelangen wünschen. In Liverposo! ist der Montag rubig verlaufen. Jm Mersey sind ein Schlachtschiff und zwei Zerstörer angekommen, um die Funkstationen und andere wichtige Punkie zu {üßen. An ter Stadt find weitere 60 000 Mann Militär eingetroffen, und d1e Be- hörden heffen, die Ordrung aufrechterhalten zu tönnen. Wie die „Times“ aus Liverpool meldet, ist in dem Streik der Poli- zisten eine Wendung eingetreten. Zahlreihe Ausständige hätten die Behörden er)ucht, sie wieder einzustellen, und erfiärt, bas ie dur Einschüchterung zuni Ausstand gezwungen worden seten. Anderer- ¡08 drobe in Liverpool ein Ausstand des CEisen-

ahnpersonals, der 20000 Mitalieder des Eiscnbahner- verbandes umfasse und zur Folge haben dürfte, daß Liverpool von ter übrigen Welt vollkommen abgeschnitten würde. Der Straßenbahnverkehr in Liverpool liegt stil. Das Schlacßtschiff „Valiant* liegt dicht beim Zentrum der Stadt vor Anker. Während der Plünderungen wurden Klaviere aus den Häujern gesdbleppt und wurde auf den Straßen getanzt, Nach einer Reutermeldung wurde auf einer Versammlung der Cisenbahner in Liverpool eine Entichließung angenommen, den Voll, ugsauss{uß des Natio- nalen Verbandes der Eisenbahner aufzufordern, die a.usständigen Polizisten zu unterstüßen. Die Versammlung erklärte sich zugunsten der direkten Aktion im Falle, daß die Antwort des Vollzugs- auós{Gusses nicht befriedigend auefallen follte. In Manchest-r haben sich die Schußleute gegen die Dienstverweigerung aus,efprohen. Nach einer weiteren Reutermeldung hat der nördliche Berg- arbeiterverband bishiossen, in den Bezirken Midlorhian und Castlothian in Schottland wegen Lobnforterungen den allge- meinen Ausstand zu erklären. In Staffordshire fiud einige Schächte unter Wasser.

Der Ausstand im Hafen von le Havre is, wie „W. T. B.“ erfährt, beendet. Die Arbeit wurde am Montag wieder aufgenommen. j

Nach einer Meldurg der „Schveizeri*chen Dep-sckenagentur“ aus Zürich hat eine weitere Delegiertenversjammiung der Arbeiter- union Zürich mit 193 gegen 58 Stimmen beschlcsseng den Generalausstand abzubrechen. Die Arbeit solite gestern vormittay wieder aufgenommen werden. L

G.ner M. ldung der „Agence Havas" aus Lissabon zufolge, ist der Ausstand der Eisenbahner vollständig gescheitert. Die Fiige verkehren wieder.

ine von „W. T. B.“ übermittelte Neutermeldung aus Washington bkbe'‘agt, daß die organisterte Arbeiter- \chaft in einer Adresse erklärt, das am-rikanische Volk fordere, daß de Arbeiter în der Leitung der Eisenbahnen vertreten seten, und taß das puvate Kapital aus den Eisenbahnen berausgezogen werde. Sie s{lügen jcdeoch vor, daß jeder berèéhtigten Verpflichtung gegenüber dem Kapital nacbgekommen werde. Der stellvertretende Prôfident der Abteilung „Eisenbahner“ des amertka- nischen Arbeiterbundes Jewell erklärte, die Äblehnung dieser Forde- rung bedeute den Generalstreik der Eisenbahner.

' ‘Manreigfaltiges.- - j Der ukratinisGe Oberleutnant Nikolaus, ter am

26. Juli aus dem polntschenBarackenlagerStralkowo

Gegenstände für fremde Nechnurg erxarb, wußte oder den Umständen ; bei Wreschen (Prov. Posen) entflohen ist, teilt dem „W. T. B,"

C E

derungen, auf denen die Arkeiter Pen find aufgenommen .

nber die: Zustände m: Lager und--über dic Behandlung b? deutschen Gefangenen folgendes mit: Das Lager- beherbergk egenwärtig etwa 10-000 Insassen, außer deutschen und ukrainischen Offizieren und Mannschaften - auch internierte Zivilbevölkerung; darunter Frauen und Kinder, Lehrer, Geistliche aus ‘der Provinz Posen und Schlesien, Ukrainer, Weißrussen, Litauer usw. Am 23. Juni ist der Oberleutnant N. mit einem Ttanspo!k von über 600 ufrainishen Gefangenen aus Ostgalizien von Lemberg ins Lager gekommen. Schon unterwegs find 62 infolge von Entfkräftung und Mißhandlungen gestorben, 240 mußten beim Eintreffen am Bestimmungsort ins Krankenhaus übergeführt werden. An dem Tage, als er ins Lager kam, fah der Oberleutnant, wie ein Soldat vom Gren;shuß eingebraht wurde, auf den ctwa 15 Bewachungsmannschaften mit ihren aus Telephondraht geflochtenen Peitschen einschlugen. Am nächsten Tage erfubr N., daß der Soldat infolge der Mißhandlungen gestorben sei. Gin deutscher Husarenoffizier wurde geohrfeigt und geprügelt, so daß sein ganzer Körper Wunden aufwies. Der Ätjutant des Lagerklommandanten, der Þpol- nische Leutnant Malinowski, entblödet sich nit, bei der Mißhandlung der deutschen Gefangenen hilfreihe Hand zu ‘leisten, indem er diesen, während sie blutig geschlag-n werden, den Fuß auf den Nacken sezt oder ihnen den Revoloer vorhält. Die schon stark ab- genüßzten Baracken des Lagers bieten geaen die Einflüfse der MBitierung nur mangelhaften Schuß. Die Verpflegung der Insassen ist völlig unzureichend. Früh und Abends erhalten fie shwarzen Kaffee und einmal täglih einen Gerstenbrei mit kleinen Fleischslüden. Die Bekleidung der Gefangenen, die man schon auf dem Transport ausraubt, so daß sie nur das Notwendigste mittringen, ist sebr - \chlecht. Unter diesen Umständen leiden im Lager etwa 3009 Personen an Unterle/'b81yphus, Hungertyphus, Grippe und anderen Krankheiten; dabet fehlt es zumeist an ärztlicher Behandlung. Die Wachtyosten schießen, besonders Nachts, in die Baracken, jo daß durchsGnittlih in jeder Nacht 5 bis 6 Perfonen verwundet werden, die bei dem Mangel an ärztliher Behandlung und Pflege ste: ben. Offiziere und Mannschaften sind im allgemeinen imt Lager getrennt untergebracht, nur die deutshen Gefangenen nicht. Die Ukrainer werden \chon \&lecht hebandelt, aber die Deutschen noch)- viel s{chlechter, so faßte N. fein Urteil in wenige Worte z'1s sammen. Vie polnische sozialistishe Zeitung „Robotnik®“ vom 16. “Juli bat über die Zustände im Lager unter der Ueberschrift „Die Hölle von Stralkowo" berichtet.

Das neue Verkebrsflugzeug der A. -E. - G. erreichte, wie „W. T, B.* berichtet, am 30 Juli bei einem offiziellen A b - nahmeflug mit acht Personen an Bord die Höhe von 6100 Meter und stellte ramit einen ueuen Weltcekord auf. Die Führung des Flugzeugs hatle der bekannte Flug- zeugführer Ingenieur Paul Schwandt. Den internationalen Ver- einbarungen und Vorschriften entsprechend, wirkten als Flugprüferx Oßerstleutnant Siegert, Geschäftsführer des deutschen Luftfahrerverbands, Professor Sühbring, Observator an der Sternwarte Potsdam, Dr. Hoff, Mitarbeiter an der Deutschen Versuchsarstalt tür Luftfahrt. Das neue A. E. G.-Verkehrs-Flugzeug ist mit ¿wei 260 PS.-Mercedes8o motoren und Koupressoranlage autgerüstet. Die Maschine hat eine Spannweite von 27 Meter und gleicht im allgemeinen den be- reits bei der Deutschen Luft-NRecderei im Betrieb befindlichen Groß- flugzeugen. Die Bedeutung der großen Steigfähigkeit legt in der dadurch gegebenen Mözlichkeit, auf weiten Luftreisen große Gebirgs- züge in Luftlinie ohne Uniwvege und Zeitverlust zu überfliegen.

Laut Mitteilungen russis{cr Zeitungen gehen die großen Städte Nußlands dem Winter volkommen ohne He c 2 mittelvorräte entgegen. Moskau soll über keinen Kubik- meter Holz mehr vertügen. Eine Zeitung empfieblt, die Waldungen am Moskwaflusse abzuholzen und wah Vioëkau zu flößen“ und alle Forsten in der Umgebung Moskaus zu Brennholz zu tmachen. In Petersburg werden as Mangel an Heizmaterial die Holzhäuser niedergerissen und das Material an die Bevölkerung verkauf. Im Mat sollten auf dem Wasserwege 41 090 Kubikfaden Holz in Peters- burg eintreffen, do sind nur 7509 Faden eingetroffen. Der Preis für Holz beträgt zurzeit 421 Rubel für 14 Faden, das ist die gegene-. wärtige Norm für eine Wohnung auf den Zeitraum von 3 Monaten.

(W. T. B.)

Mailand, 5. August. (W. T. B) Nach Meldung des „Secolo" kam es in Triest zu schwerenZusammenstößen ¿wischen Carabinieri und einer Volksmenge, wobet infolge von Schüssen auf beiden Seiten mehrere Opfer fielen. Ur- fache und Zusammenhañg gehen aus der Meldung nicht lar hervor. Die Arbeiterschaft sezre zum Einspruch cinen «intägigen Generalstreik ins Werk. Die Schule und die Bereinélokale der Slopenen sowie die Nedaktionsräume des \lovenischen und italienischen Sozialisten- blattcs wurden während der Unruhen angegriffen.

Notterdam, 5. August. (W. T. B.) Heute ift der Dampfer „Sic1ilian“ aus Montreal mit 841 aus Kanada aus8gewicsenen Deutschen an Boro in Notterdam eine getroffen.

Amsterdam, 5. August. (W. T. B.) Laut „Telegraaf“ meldet der Korrespondent der „Times“ in Warichau furchtbare Cinzel- heiten über große Judenprogrome in der Ukraine. Die gegen die kommunistishen Komnifs2are Erdbitterten nahmen den Umstand, daß cine Anzahl Kommissare Juden sinv, zum Anlaß, unter der jüdischen Bevölkerurg za morden und zu plündern. Sie tragea Vinden mit der Aufschrift „Tod den Juden“, „NRettet Rußland“. In Schitomir sollen 1200 Juten, in Kajatin 600, in Felsztin (2) 900, in Fastow und Berditshew 2000 Juden ermordet worden sein.

London, 5. August. (W. T. B.) Das „Neutershe Büro“ meldet aus Raritan (New JI-xf y), daß bei einer Explosion im dortigen Arsenal der Vereinigten Staaten 12 Personen getötet und zahlreihe verleßt worden sind.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Familiennachrichten,.

Verlobt: Frl, Margarete Kanzow mit Hrn. Oberarzt Dr. Emik Heymann (Chaclottenburg-Berlin).

Verehelicht: Hr. Pastor Paul Brutschke mit Frl. Lotte Klee (Berli1 -Ob-rshöneweide). 4

Ge g En Frau Margarete von Eschwege, geb. Kammerich(Baden= Baden).

Verantwortlicher Shriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Chärlottenburx,

Veraniwortlih für den Anzeigenteil: Det Vorsteher der Geschäftsstelle Rechnungsrat Menager.ina in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Menaerinag) in Berlin. &ch Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32. H éd Drei Beilagen

(eins{leßlih Börscnbeilage) E U E - und Erste und Zweite Kentral-Handelsregister-Beilas „e

sowie die Juhaltsangabe Nr. #4 za Lir. 5 des öffeutlichcu Anzeigers.

P N N P 7 N O , h [) h #4 l E [) Í A E a L a f N N 1 4 E at f Me 5 S ) R E E E E E E E E

Ersie Veilagéê

zum Deutschen Reich8anzeiger uud Preußischen Staatsanzeiger.

M 126,

Er: T I R A T E NE RPEIEI

AicGlamklicßes.

Bayern.

Der Schiffekoch und Mezger Alois Lindner, der unter dom Verdacht verfolgt wird, den Abgeordneten Osel und den Major Jahrein im bayerischen Landtag erschossen und den ehemaligen Séaatsminister Auer schwer verleßt zu haben, ist nah einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ am Abead des 4. Angus beim Ueberschreiten der Grenze aus Ungarn in Sommetein verhaftet worden. Lindner, der bei der Fes nalme einen Selbstmordversuch unternahm, ist ge- fländig, auch auf den Abgeordneten Auer, in dem er einen Gegenrevolutionär vermutete, einen Revolvershuß abgefeuert zu haben. Ec hat în den leßten Zeiten in Budapest bei der Rolen Gardés gedient. Nach dem Zusammenbruch der Räte- regierung hfielt er die Zeit für gekommen, sich in Sicherheit zu bringen.

Ungarn,

__ Nach eer Meldung des „Ungarischen Korrespondenz- büros“ hat der Ehef der Budapester Mission, Oberstleutnant Romanelli, anï 3. August eine Note an die ungarische Re- gierung gerichtet, in der er mit Rüclsiht darauf, daß der neuen ungarishen Régierung zur Sicherung der Ruhe und öffentlichen Drdnung jeßt tie rvmänishen Truppen zur Ver- Plguna ständén, verlangt: 1) Die ungarische Armee auf die m Waffenstillstand#verirag vom 183. November 1918 fest- gesezte Stärke zu bringen und in entsprechenden Friedensstand- orten unterzubringen, 2) die Zivilbevölkerung der Hauptstadt und des ganzen Landes zur Abgabe aller Schußwaffen, außer vGagdgewehren, von Munition, Handgranaten und Spreng- milteln aufzufordeva, und 3) die Umgestaltung und Entwaffnung der Noten Armee éhestens in Angriff zu nehmen.

Eine Vekördnung der Regierung hebt alle Ein- schränkungen der Preßfreiheit seit dem 21. März 1919 auf und führt wieder volle Preßfreiheit ein. Eine weitere Verordnung beseitigt alle Verfügungen über Staatsanwalt-

» schaften und Gerichte seit dem 21. März 1919 und seßt deren fcühere Organisation und Personal igieder ein.

Der „Ungarischen Post“ zufolge bewahrheiten sich die Gerüchte über Ausschreitungen des rumänishen Mi- litärs. Die rumänische# Soldaten verübten in Vororten von Budapest viele Gewoltiaten. Sie gebrauchen beim geringsten pra Schußwaffen. Jn Zuglo, einem von Arbeitern ewohnten- Viertel, Fperrte rumünisches Militär um 8 Uhr abends die- Hauptstraße ab. Die Arbeiter, die um diese Zeit aus den Fabriken nach Hause gehen wollten, wurden nicht durchgelassen. Als einige Arbeiter versuchten, die Hauptstraße zu überschreiten, wurden sie durh Gewehrschüsse getötet. Die Zahl der Toten konnte nicht festgestellt werden, da die Ru- mänen niemanden zu den Leichen ließen.

Großbritannien und Frland.

Im Unterhaus wurden gestern drei Anfragen an die Regierung gerichtet. Jn Erwiderung auf die erste Anfrage e der Minisler Bonar Law dem „Reuterschen Büro“ gufolge:

Jeder Versu, die Entscheidung über politische Fragen, die das ganze Land angehen, durch Mittel, wie den Generalstreik der Kohlenbergleute, Eisenbahner und Transport- arbeiter, zu erzwin en, würde im Falle des Gelingens das Ende der demckratischen fon titutionéllen Regierung in England bedeuten. Deshalb werde es Pflicht der Regierung sein, folhem Versu mit n ihr zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln Widerstand entgegen-

en.

Auf die beiden ‘anderen Anfragen sagte der Unte1staats- sekretär im Auswärtigen Amt Harmsworth: , Die Erklärungen Erzbergers in Weimar, betreffend ein Friedens8angebot, das die Alliierten Deutschland im August 1917 gema@t haben o seien keire genaue Darstellurg der Tatsachen. Harm worth \cilderte die Vorgänge im einzelnen und fagte, es sei klar, daß die britische Negierung zu jener Zeit keine Angebote gemacht hahe.

Es werde feine Blockade gegen irgend einen Teil von Rußland ausgeübt. Die tatsählihen Zustände aber, die durch die aggressiven Maßnahmen der Sowjetpartei in Nuß- Iand gegen die Teile des früheren tussishen Reiches, die die Sowjet- berrsáà aft nit anerkennen wollten, verursacht seten, maten es trog- dem tatsählich unmögli, das Warensendungen daß Innere Nuß lands erreichten.

Frankreich,

, Der Obersle Nat der Alliierten hat bestimmt, daß die interalliierte Militärmissien in Berlin bei den beginnenden deutsh-polnishen Verhandlungen die allierten Regierungen vertrete. Vorgestern beschäftigte sih der Oberste Nat in Anwesenheit des Marschalls Jod eingehend mit der ungarischen Frage und im Anschluß aran mit der Frage der Aalandsinseln. Anwesend waren von s{hwedisher Seite die schwedishen Gesandten in Paris und London.

_— Nach dem „Temps“ hielten gestern vormittag die alliierlen und die deutishen Delegierten eine Sizung ab, um über die Lieferung von Vieh zu verhandeln. Am Nachmittag hatlen die deulshen und die alliierten Delegierten über den Wiederaufbau verhandelt und alle Fragen hinsichtlich des Baumaterials und des Barackensystems durcgesprochen.

Der deuisch-österreichishe Staatssekretär Dr. Renner Üüberreiht heute der Friedenskonferenz die österreichische Antwort auf den Friedensvertragsentwurf und ver- läßt dann auf aht Tage St. Germain, mit ihm der größte Teil der Delegation.

Der Minuisterpräsident Clemenceau, der zuerst auf sofortiger Durchbe@zatung des Friedensvertrags im Plenum der Kammer bestand, hat in einer Unterredung mit dem Vor- sißeoden und dem Generalberichterstatter des Friedensaus- schusses der Kammer, Viviani und Barthou, erklärt, daß er sich dem Beschluß der Kammer fügen. wolle, die Erörterurg erst nah einer kurzen Ferienpause zu beginnen.

4 u T 0 b C E

4 Berlin, Mittwoch, den | 6. August

Jn der Kammer begann gestern die Aussprahe über das Geseß, betreffend Verwertung und Nugbarmachung sequestrierter Güter feindlicher Untertanen. Ein- gegangen ift ein Gesezeniwurf, der einen Kredit von 185 Millionen Francs für den Wiederaufbau der fran- zösischen Handelsflotte fordert.

Der FriedensausschGuß der Kammer trat gestern nachmittag zusammen und hörte den Bericht des General- berichterstatters Barthou. Nah dem „Temps“ umfaßt der Bericht etwa fünfzig Druckseiten und empfiehlt, obzwar ‘mit einigen Vorbehaliea, die Ratifizierung des Friedensvertrages. Der Berichterstatter habe sih bemüht, die Ausführungs garantien zu benennen, die nach seiner Ansicht die Regierung verlangen müsse. Jn besonders interessanter Weise habe er \sich über die Schuldfrage geäußert und die Verantworilichkeiten für den Krieg festgestellt.

Nuf;land.

Nach sowjet - russishen Zeitungen stehen die Sowjet- truppen 20 Werst südlih von Pleskau, 10 Werst nördlich von Jamburg, 16 Werst östlich von Wileika, 30 Werst westlich von Charkow. Onega ist von ihnen erobert, Werchne-Uralsk? bedroht. Wie die „Times“ meldet, wurde nach einem draht- losen bolschewistishen Communiqué Onega von den englischen Truppen zurückerobert.

_ Laut Mitteilungen der Petersburger „Prawda“ hat die die Neichskonirolle der Scwjetrepublik eine Versügung getroffen, wonach die Bezirksowjets verpflichlet sind, alle bei ihnen be- findlihea Wertpapiere und Gegenstände aus Edel- metall unverzüglich in der Volktbank bezw. deren Abteilungen abzuliefern. Am 1. Juli läuft der Termin für Eingaben end Klagen, beireffend die jür ungültig erklärten Wertpapiere, ab. Alle Ablteilungen der Volksbank und die Spa1kasscn haben die Weisung erhalten, alle bei ißnen hinterlegten Weripapiere zu vernichten. Ftalien.

Auf eine Anfrage im parlamentarischen Friedens- aus\chuß, ob ein bereits abgeschlossenes oder gevlantes poli- tisches Bündnis mit Frankreich, England oder Amerika die foforlige Ratifizierung des Versailler Vertrages notwendig mache, erklärte der Ministerpräsident Nitti, es gäbe keine derartige R Die baldige Natifizierung bedeute nur einen freundschaftlichen Akt gegenüber den Verbündeten. Nitti spra den Wunsch aus, daß Deutschland, Deu!sch-Oesterreih und Bulgarien bald in den Völkerbund aufgenommen werden. Nur noch die Sozialisien stellten sih der Nalifizierung entgegen.

Dänemark,

Nachdew die dänische Negiecung ebenso wie die Regierungen von Schweden und Norwegen vor kurzem die Regierung Eberts inDeutschland anerkannt haben, ist, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, der bisherige deutsche Gesandte Freiherr von Ne urath vorgestern vom König zur Ueberreichung seines Beglaubigungsschreibens empfangen worden.

Der Finanzminister hat gestern im Folkething eine

Vorlage, betreffend Aufnahme einer 5prozentigen in-

ländischen Anleihe von 120 Millionen Kronen eingebracht. Zwe der Anleihe ist, die mit der Wiedervereinigung Nord- \hleswigs ve1bundenen Ausgaben zu decken. Die Anleihe trägt den Namen „Wiedervereinigungsanleihe“.

Schweiz,

Die zur Beratung der allgemeinen internationalen Politik von der JnternationalenSozialistenkonferenz in_ Luzern ernannte erste Kommission besprach laut Bericht der „Schweizerischen Depeschenagentur“ vorgestern zunächst die Lage der Kriegs gefangenen.

Der deutsche Mehrheits\ozialist Wels gab eine ausführliche Darstellung der Lage der deutschen. Kriegsgefangenen in Frankreich und beklagte \ch darüber, daß deren Lage fich mit dem Waffen- stilstand verschlehtert habe. Er bat die französishen Sozialisten, alles zu tun, um die Rückkehr der Gefangenen zu beschleunigen, und dafür zu sorgen, daß ihr Los erleichtert werde, sobald einmal der érrtedensvertrag ratifiziert sci und sie als freie Arbeiter bei den Wiederherstellungsarbeiten in den zerstörten Gebieten Nord- frankreihs tätig seien. Wels s\prach auch von den russischen Gefangenen, die fich noch in Deutschland befinden, und betonte, daß es die Entente sei, die Deutschland verhindere, die Ge- fangenen 1ach Rußland zurüdckebren zu lassen. Man müsse sogar befürchten, daß die Entente die Gefangenen den reakttonären Generalen Denikin und Koltschak in die Arme treiben wolle. Jn langer Aus- sprache, an der Vertreter fast aller anwesenden Nationen teilnahmen, brachten die französishen Sozialisten Renaudel und Longuet zuïn Ausdruck, daß die französishen Sozialisten in diefer Hinsicht alles tun würden, was in “ihrer Macht stebe. Es wurde \chließlich eine Untcrkommission ernannt, die die Lage der Kriegsgefangenen in den vershiedenen Ländern untersuhen und der Vollversammlung cirie Entschließung unterbreiten sol. Die erste Kommission ernannte cinen siebengliedrigen Auss{chuß, der eine Entschließung, betreffend den eFrteden8vertrag, den Völkerbund und alle vamit zusammenhäng-nden Fragen, ausarbeiten foll.

. Darauf wurde über die Stellungnahme der zweiten Jnter- nationale zur’ Revolution und der Methode des Bolsche- wismus beraten. Jn ausführlihen Reden seßten Hilfer- ding, Wels, Eduard Bernstein und Vandervelde ihre Ansichten auseinander. Die Kommission wird in einer Nacht- sißuna die Aussprache zu Ende sühren.

Die zweite Kommission, die sich mit dem Wiederaufbau der Jnternatió nale zu beschäftigen hat, nahm eine Er- klärung über die Grundsäße an, genehmigte die neuen Statuten, die dem großen im Februar 1920 stattfindenden allgemeinen Sozialistenkongreß in Genf unterbreitet werden sollen, und stimmte einer Entschließung Henderjon zu, die verlangt, daß zu gleicher Zeit mit dem Kongreß im Februar auch eine Ver- einigung von parlamentarischen Vertretern der Arbeiter-undSozia- listenparteien einberufen werden soll. Die Kommission beschloß ferner, in jedem Land vom 1. September ab periodische Ver- öffentlihung zu veranstalten zu dem Zweck, über die Parteien der anderen Länder zu unterrichten, und den großen inter- nationalen Kongreß in Genf auf Grund der in Luzern auf- gestellten provisorischen Statuten e: öffaen, und zwar mit folgen-

1949.

der Tagesordnung: 1) Statuten. 2) Frage der Verantwort- lihkeiten. 3) Jnternatiorale Politik (Demokratie und Diktatur, Sezialifierung und Arbeitergeseßgebung). 4) Organijation der

Presse. Türkei,

__- Dex Mivister des Jnnern hat die Verhastung und Ueber- führung von Mustafa Kemal Pascha und Neuf Bei angeordnet, die besuldiat werden, die )eparatistishen Strömungen begünstigt und separatistishe Kongresse einberufen, ferner im Gebicte von Syrien und Erzerum bewaffnete Banden organi- siert zu haben.

Amerika,

Nach einer Meldung des „Reutlerschen Büros“ hat der amerifanishe Kriegssefretär Baker dem Kongreß einen Geseßentwurf unterbreitei, dec ein Friedensheerx von 510000 Mann und eine dreimonatige militärische Uebungspflicht für alle 19 Jahre alten Männer vorsieht.

Verkehrswesen.

Zur Ausreise in das von den Polen besegzte Gebiet ist die Genehmigung des für den Wohnsiß oder siändigen Uufenthaltsort des Antragstellers zuständigen Genera!- rommandos notwendig. Die polnische Einreiseerlaubnis myß sich jeder selbst durch Vermittlung des polnischen Konsulats Berlin, Potsdamer Straße 62, beschaffen. Die Bestimmung, doß Wehrpflichtigen die Ausreise nicht gestattet if, ist auf- gegoden worden.

Die dänischen Vertretungen in Oesierreih, in der Schweiz und in“ den Niederlanden sind angewiesen, Pässe mit Durchreisesichtoermerk nah Dänemark nur dann zu visieren, wenn eine Bescheinigung der zuständigen deutschen Behörde in dem Paß aufgenommen warden ist, daß einer späteren Wiederdurchreise dur Deutschland keine Bedenken entgegenstehen. Dieser Vermerk gilt nur für die deutsche Paß- stelle in Dänemark, damit diese ohne weitere Rückfragen einen Durchreisesichtvermerk? zur Rückkehr in das Herkunstsland aus- stellen kann. Als Sichtvermerk ist dieser Vermérk nicht anzusehen. Er berechtligt also niht zur Uebecschreitung der Grenze bei einer späteren Wiedereinreise, vielmehr muß der Reisende vor der Abreise sih einen neuen ordnungsmäßigen Durchreisesichtvermerk von der zuständigen deutshen Paßstelle verschaffen.

Bezüglich der Wiederaufnahme der Postverbindung mit Deutschland wird in einer Note an die Pariser Blätter mitgeteilt, daß die von Frankreich nah Deutsch- land aufgegebenen Korrespondenzen eine beträchtliche Verzögerung erleiden werden, da die Hue außerordentlich scharf gehandhabt wird. Geld- oder Geldsendungen irgend- welcher Att sind verboien. Dagegen is} völlige Freiheit für Sendungen von Zeitungen und Propagandaschriften gewähr- leistet. Die Positarife sind dieselben wie vor dem Kriege.

__ Pakete aus England, die von dortigen Bewohnern an ihre Verwandten und Freunde in Deutschland gesandt und diesen bereits angemeldet worben sind, habtn vielfach ihren Be- stimmungsort noch nich! erreicht. Die Folge davon ist, daß beim Deutschen Roten Kreuz die Anfragen nah dem Ver- bleib dieser Sendungen sich häufen. Dazu ist zu bemerken, daß die Pakete in dec Regel waggonweise an die in Berlin tätige Abteilung des Britischen Roten Kreuzes gerichiet sind uno daß das Deutsche Rote Kreuz mit derer. Uebermittlung nicht befaßt ist. Anfragen sind zu richten an die Deutsche Wohl- fahrisstelle, Ntonbijou-P'ay 3.

pre r

_ Fortan werden gewöhnlihe Briefe und Postkarten geshäftliher und persönlicher Natur nach allen Ländern außer Rußland, den Balkaunstaaten und der asiati\chen Türkei auf Gefahr des Absenders zur Beförderung angenommen. Wo schon ein Postverkehr in wetterem Umfange besteht, wie mit den benahbarten neutralen Staaten und Jtalien, tritt selbstverständlich eine Beschränkung niht ein. Sendungen nach Elsaß - Lothringen unterliegen den Gebührensäßen des Weltpestvertrags.

__ Von jeyt an sind auf Gefahr des Absenders gewöhnliche und eingesGriebene Briefsendungen jeder Art und Zeitungen nah ganz Lettland zugelassen.

Vom 10. August an wird der Verkaufspreis der Antwort- cheine für das Ausland auf 8 & für das Stück erhöht.

J:

Handel und Gewebe,

Der 'Reich8wirtschaftsminister“" Schmidt hat im Zu- sammenhange mit der bevorstehenden amtlichen Notierung der festverzinslihen Wertpapiere, wie „W. T. B meldet, nunmehr die noch bestehenden. Beschränkungen der Notierung von Wertpapierpreisen mit Wirkung vom 10. August ab aufgehoben. Somit sind die während des Krieges verord- neten Beschränkungen in der Mitteilung von Wertpapierpreisen und Devisenkursen aufgehoben, ohne Unterschicd, ob es fich vm Kurse handelt, die an der Börse amtlich festgestellt werden,

oder ¡um nicht zugelassene Wertpapiere. Für diese fome Frage sind von jegt ab also wieder aus hliezlich die Bestimmungen des Börsengeseßes maß-

gebend. Um Mißverständnisse zu vermeiden, wiro in diesem Pa neang darauf hingewiesen, daß die Vorschriften des NReichsfinanzministeriuums über die Ueberlassung «aus- ländisher Wertpapiere an das Reich hiervon nicht berührt werden. Durch diese Vorschriften ist bekanntlich der Handel mit den vom Neichsfinanzministerium damals im einzelnen bein Wertpapieren verbot:-n. Dieses Verbot bleibt estehen.