1919 / 221 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 27 Sep 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Tchaffen werden; so geht es nit mehr, wir fönnen für viels Dinge das Geld niht mehr {afen und müssen das Celd, tas wir ncch auf- bringen können, für diejenigen Aufgaben zurückhalten und verm}enden, dié die. wirlschaftlide Kraft des Landes stärken und einen mögl:ck}t chnellen Erfolg versprechen.

Was Her Dr. von Richter vorhin ausçcefükrt bat, ist aub metne Auffassung: wir wollen“ nit verzweifeln, wir wcllen n:ckt sagen, daß wir gar nichts mebr fönnen; wir merden ncch manderlei können. Aber wir müssen unsere Kraft konzentrieren auf dz Aufgaben, die am deinglidsten. sind, von. denen wir eine baldice und möglist kräftige Wirkung für die Stärkung unseres Landes erwarten" können.

Dem móödhte ih allerdings ne eines hinzufügen: wir mèrden aub in- der Lage sein müssen, inétesondere für unfere gefährdeten Provinzen, das aufzubringen, was notwendig ist. (Lebhasies Bravo.) Jch habe mib Dankbarkeit gehört, daß ter Herr Abçceordnete Rebehnw meiner Anwesenheit in Nordschbleêwig und Ostpreußen und meinen ‘Plänen für diese Gebiete zugestimmt hat. Jch habe die Empfindung, Preußen kann nie so. arm werden und darf ne so sck&mwah werden, daß es jene unsere gefährdeten Provinzen im Stich lossen müßte, sondern für sie müssen wir unter allen Umständen eiwas Be- sonderes tun. Wir dürfen unsere Freundsck-aft und unsere Zuneigung nit nur in Reten bekunden, sondern müssen sie dur friscke Taten befunden, greifbar in Ersckeinung treten lcssen. (Bravc:!)

Von diesem 'Gesickfspunkte- aus bin ich in Nordscleswig und in (Dftpreußen gewesen, um an Drt und Stelle die wibtigsten Aufgaben, die meiner Verwaltung obliegen, zu untersucken, und habe die nötigen ‘Arbeiten angeordnet, vor allém auch deshalb, weil i in’ ter erfreu lichen Lage war, daß Kredite dafür von dem ‘hobew Hause {on vorden bewilligt worden waren.

Meine ‘Damèn und Herren, es ist ganz selbstverständlick, daß wir so verfahren müssen, und wit sind mit unserem Herzen in jenen ges fähtdeten Landesteilen und werden in unserm Herzen auch} ‘heiß die Liebe für jene Volksgenossen bewahren, die auf Grund dieses grau- samen, unerfüllbaren und unerträgliden Friedens von uns abeetrennt werden. Jch bin dêr Meinung, daß uns kein Friedensvertrag und ein Völkerbundi verwehréèn kann, diese Empfindungen nicht nur ¿m Herzen zu haken, sondern auch frei und offen auszusprecken, (Brayo!) und daß wir don einem wahren Völkerbund und von einen wahren (Selbbstbestirmmungsrecht, das kein Zerrbild der Gerechtigkeit sein darf, alles das zurücferwarten dürfen, was im Herzen uns gehörb und au in [Zukunft uns gehören muß, (Lebhafter Beifall.)

Meine Dämen und Herren, es ist dann au von ter Forderung Ler Elektrizität gesprocken worden. Auch hier haben wir Schwierigkeiten, die zunächst aus der Unklarhezit der Rechtslage ent- stehen, weil das- Reichsgeseß über die Elekirizilät noch nit verab- \chiedet ist. Aker auch das it eins der Gebiete, teren Förderung troy «ller finangiellen Ençe uns obliegt, obliegt sck2n aus dem hier dar- gelegten Gesichtspunkte beraus, daß wir einén erheblihen Teil der fckmwarzen Kohlen an die Entente hingeben müssen, und taß wir deê- halb mehr als in ter Vergangenheit auf die weiße Kohle angewiesen find. Daraus ergibt si, daß wir, ‘Reich und Länter gemeinsam, die ‘Aufgabe haben, die Wasserkräfte auszubilden und auszubeuten, und es kst ganz selbstverständlich, daß wir das Krastrerk Hannever #0 fördern, vie es die Zeitumstände, die Not an Bausteffen und die Arbeitêver- hältnisse zulassen, und es ist ebenso selbstverständlich, daß wir die 'Leitungsanlagen für die Mainkraftwerke, nun si die Möglichkeit bietet, durckführen werden. Daß für Ostprevßen aub in diéser Hin- ficht etwas Besonderés zu geschehen hat, da es ja von dem Körper des Reichs abgetrennt witd, ist ebenso selbstverständlik, und ich nehme un, daß Reich und Préußenw dabei freund nacibarlico Hand in Hand arbeiten werden, damit die wirtshaftlihe Zukunft Ostpreußens mög- lich gesichert ist und Leben und Gedeihen dort verbleiben fann.

Meine Damen und Herren, die Ausbildung der Elekir'gilät bieteb uns starke Zukl'unftshoffnungen, nit allein die Auësnußung der Wasserkräfte, sondern auh die Umschaltung unserer ge- amten Brennsstoffversorgung. Ic habe bereits mit- geteilt, daß ich mich aus diesem Gesichtspunkte heraus veranlaßt sch, fin meinem Ministerium eine neue Abteilung 6A zu errichten; die diese Frage ganz besonders bearbeiten soll. Es handelt si darum, daß wir Kohle mögli} wenig befördern wollen; wir wollen unsere Kraft nicht erst von einem Ort zum andern mit der Eisenbahn

\chaffen, sondern wir wollen die Kraft anders gewinnen als bisher, rpirtschaftlicker, als es durch die Verfeuerung der Kohle in den Loko- motiven gesckchehen kann, also auf dem Wege der Umbildung der Brenn- stoffe -in elektrische Kraft. Dem standen ja bisher erheblide Schwierig- Feiton im Wege, Schwierigkeiten aud aus Rücksichten auf die Landes- erteidigung. Ich nehme an, daß si diese Schwierigkeiten jeßt be- heben lassen. Wir haben verschiedene Versucksftrecken teils im Bau, “teils bereits im Betriebe und werden da die Erfahrungen sammelr, biè wir brauchen. Es handelb si darum, daß wir nichb nur Stein- Fóhle zu verwerten gedenken, sondern daß wir auf minderwertige Brennstoffe zurückgreifen, nicht nur auf die Braunkohle, die bier am nätsten liegt, sondern vor allen Dingen au auf den Torf. Es Fbeéinen sih die techbnischen Möglichkeiten zu bieten, den Torf so zu berarbeiten, daß wir aus ihm einen erbeblid2n 'Teib der lünfligen eleftrisden Energie cköpfen können und daneben bei dér Vergasung ein gróßes Quantum bedeutungêvoller Wertstoffe gewinnen, zum Teil Düngemittel, zum Teil aber leite und ckwere Dele, Paraffin usw. In der Fernsichb dieser Arbeiten ergibt si die Moöglickeit, daß vir nicht nur unsere Landwirtschaft mit künstlichem Dünger sozusagen übershütten können, sondern aud den größten Teil ter Dele, die wir gebrauchen, selbst erzeugen, chne daß die Brennstoffverwertung an sich dadurch beeinträchtigt würde. Das sind Zukunftsaussihbken und Mög- lichkeiten, an denen wir arbeiten, und mit denen wir, wie ih hoffe, in vérhältniémäßig kurzer Zeit an die Deffentlidkeit treten können. Es bietet sich dann die- Möglichkeit, in dem Zusommcenwirken unserer Téistungsfähigen Industrie mit der Staatsregierung oder mit ter Tünftigen Reitseisenbahnverwaltung ein großes Werk, die Elektrisic- rüng der Gisenbahnen, wirtsaftlich, unter Ersparung von Brenn- stoffen und Arbeitskräften durchzuführen und so wieder unser Land hu Träftigen und. gu stärken und eine reie Arbeitösgelegenbeit zu bieten. Das wird. natürli erbeblihe Summen kosten, aber Sum- men, die wirtshaftlih angelegt sind, ihre Früchte tragen, und die oh ehvas méhr geben. Denn indem wir solcke Zukunftsaufgaben in bie Hand nehmen, indem wir ihnen näher treten, und indem wir wver- suchen, sie mit frischem Mut zu lösen, zeigen wir doch au, daß wir icht untetgehen wollen und. nicht untergehen können. (Bravo!)

Darin liegt eine. Zukunft für. uns. Jch habe in diesen Tagen immer denken müssen, wie es anderen Ländern {on ergangen ift, die vielleit auch in einer so grausamen Lage waren, wie die, in welcer sich Deutschland gegenwärtig befirtei. Wenn ih an den Sezessionskrieg in den Vereinigten Staaten denke, so waren die Valutaverhältnisse für Amerika damals keinate fo \ckleckt wie für uns. Und do ift Amerika in die Löbe gekommen und ein großes, mätbtiges Land ge- Gewiß ist das nicht ganz zu vergleicken; aber man sieht do, daß sclcke Dinge aud zu überwinden sind. (Sehr richtig!) Jst es nit au Frarfrei in ciner verhältniZmäßig furzen Zeit na 1871 [ungen wieder emporzukommen? Und wi \chnell hat Rußland die Wunden des japanischen Krieges überwunden! Allerdings sind das im Verbältnië klcine Affären gewesen, urd es ist für uns schwieriger, uns wieder gu erbeben. Aker nur dann ist es mögli, wenn wir den Mut und das. Vertrauen. in die eigene Zukunft finden. (Sehr ritig!) Das ist es, was uns am meisten nottut, daß wir an die Zukunft denken, deß mir nidt verzacen und seben, daß neck, Möthlichkeiten für uns verbanden sind. Diese führen immer wieder zum Verkehr zurück. ‘Denn wenn die Wiederertolung der Länder sib in neuerer. Zeit sckchneller gestaltete als na dem Dreißigjährigen Krieg, wo die Lage unseres atmen Vaterlardes ähnli wie die cegenwärtige war, so war die Ursacke hiervon der moderne Verkehr, der es ermoglickte, daß das Volk eine Cinkeit mar und einer wie dec andere empfand, daß einer. dem andern zu Hilfe kommen konnte. Gegenüber der Berreißung, die uin der Gegenwart in unserem Volke vorhanden ift, und! die wir alle ‘bedauern, auf welder Seite des Baues wir auc sien mögen, brauen irir wieder. cine Konzéntration, die nur aus starken nationalen Zielen ‘hervorgehen kann. (Sehr gut!) Und deshalb liegt au in dem wirt- chaftliden Ziel und ‘auch in den anderen Zielen, die auf einem, (Wiederzusammensckluß alles dessen bestehen, was deuts i}, die Mög- Tickkeit einer Kenzentraticn, ciner Wiedervereinigung. Aber die Vor- auéseßunga i}, und das ist es, was i als Arbeitsminister immer wieder zu betcnen babe eben die, daß wir es fertig btingen, auch wieder zu arbeiten, mit Energie einem Ziele zuzustreber (Sehr gui! bei dén Demokraten.), und üns nicht gegenseitig zu befehden, während wir uns gegenseitig zu Hilfe kommen müßten. (Bravo!)

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99. Sißung vom 26. September 1919. (Bericht von „Wolffs Telegraphenbüro“.)

Am Miinistertisch: Der Finanzminister Dr. Südek um.

Präsident LeineLt * eröffnet die Sipung 1214 Uhr

Mittags. ___ Hut Beratung steht der Haushaltsplan für das Flnanzmetnisterium und für dié allgemeine Finanzverw altung mit den dazu gestellten Anträgen des Paushaltsausschusses, einer Anzahl von Uranträgen und der förmlichen Anfrage der Demokraten über die Spekulation mit fisfalischem Gelände. i

Der Haushaltsauss\chuß beantraot die Genehmi- aung der Einahme und die Bewilligung der dauernden Aus- gaben mit cinigen formalèn Aenderungen. Ferner empfiehlt er, die Verordnung der preußischen Regierung vom 10. März 1918 über die Versorgung der Hofbeamten und ihrer Hinterbliebenen zu genehmigen. |

Dem Ausschuß war eine Reihe von Anträgen verschiedener Parteien auf Verbessérung der Diensteinkünste der Beamten, Ausbau der /Teuerungszulagen usw. zur Vorberatung über- wiesen worden. Der Au 8schußantrag geht dahin, die Re- gierung zu ersuchen, mit möglichster Beschleunigung Vorberei- zungen zu treffen, die eine zeitgemäßeAenderungdes Beamtenbesoldungsgeseßes vorsehen, über ihre Vorschläge vorweg die größeren Beamtenverbünde und Vertreter der Fraktionen zu hören, den seit dem 1. April 1919 in den Nuhestand getretenen Beamten die Kriegsbeihilfen möglichst bis zuin Höchstsaß zu gewähren, ferner eine Revision der Ortsklassen- einteilung mit Nücksicht auf die Teuerungsverhältnisse eintreten zu lassen, eine einmalige Entschuldungs- und Beschaffunas- zulage, sobald es die Finanzverhältnisse irgendwie gestatten, zu gewähren, bei Bewilligung der Kriegsbeihlifen an Nuhegehalts- empfänger oder deren Hinterbliebene die Prüfung des Bedürf- nisses weitgehend schonungsvoll zu erleichtern, eine sinngemäße Anwendung aller dieser Grundsäße auch für die Volksschullehrer und -lehrerinnen herbeizuführen, endlich dahin zu wirken, daß auh die Beamtenschaft der Selbstverwaltung nach diesen Grundsäßen behandelt ird.

Soweit diese Anträge sih auf die Neuregelung der Nechtsverhältnisse und auf die Sicherstellung dererworbenenRechteder Beamten beziehen, stellt der Haushaltsausschuß den Antrag,

1) in die Verfassungsurkunde Bestimmungen aufzunehmen, durch welche die von den Beamten erworbenen Rechte auf Gehalt, Nuhegehalt und Hinierbliebenenversorgung gewährleistet werden, 2) mit müglickster Beschleunigung der Landesversammlung den Entwurf eines Beamten! geseßes zu unterbreiten, der den Staatsbeamten ausreichend Schuß gegen Entziehung von Amt und Einkommen gewährt, die Anstellung auf Lebenszeit nah möglickst kurzer Probezeit zusicert, di: Bildung von Beamienauéschüsson und Beamtenkammern vorsieht, das Necht auf Beurlaubung regeit, den Bêamten den Eintritt in eine öffentliche Körperschaft gestatb.t, ohne daß er eines Urlaubs bedarf und Stellver- {retungskosten zu tragen hat, und den Beamten Koalitions- und Preß- freiheit sowie freie politishe Betätigung genährlcistet. Ferner soll möglichst bald eine zeitgemäße Aenderung des Disziplinargeseßes er- folgen, al8bald auch eine Vorlage eingebracht werden, die den Beamten die Kriegszeit anderthalbfah anreckchnet, den 1infolae des Krieges be- sonders anaestrengten Beamten, Angestellten und Arbeitern des Staates sell in diesem Jahre ein längerer als der bisher üblice Grhelungsurlaub gewährt werden. Weiter“ wird die Staaisregierung ersucht, den aus dem ‘Arbeiterverhältnis hervoraegangenen Unterbeamten die Hilfsbecmtändienstzeit miñdestens zur Hälfte auf das Besoldungs- dienstalier amzurechnen, außerdem nacbdrüdcklidst dahin zu wirken, daß alle friegsbeshädigten Beamten in Staat, Gemeinden und Kreisen wieder angestellt werden, und die Rechtsverhältnisse der Selbstver- wallungsbeamten und der Lehrerschaft ebenfalls nah diesen Grund- säßen neu zu ordnen.

Diese Ausfchußanträae werden vom Abg. Scchubert (Soz.) ausführlih begründet und zur einstimmigen Annahme empfohlen. Insbesondere legt der Aus\{huß Wert auf eine {onungsvolle Be- handlung der Prüfung des Bedürfnisses sowie auf die Abkürzung der Pilfsbeamtendienstzeit. Es gebe heute noch zahlreihe Beamte, die nah 20 und mehr Jahren noch immer auf feste Anstellung warten. Von den zu fassenden Beschlüssen erwartet der Aus\{uß die Einkehr einer größeren Stabilität und Ruhe in der preußischen Beamten- \{aft. Die dem Hause aus Beamtenkreisen in außerordentlich großer Anzabl zugegangenen Petitionen sollen für erledigt erklärt werden. Abg. Dr. Tewes' (Zentr.) berihtet namens des Ausschusses über. den Antrag Tewes betreffs Steuerfreiheit der

Teuerungszulagen der Privatangestellten und den

Antrag Frahm (dnat.) auf Steuererleichterung für die Privatangestellten. Der Ausshußantrag geht dahin, diese Anträge mit Rücksicht auf die Erklärung des Finanz- ministers, nah der die Steuerfreiheit der Vamten bezüglih der Teuerungszulagen in Wegfall kommen soll, mit Rücksicht auf die finanzielle Tragweite der Antkäge, die allein nah dem Antrage Frahm einen Steuerausfall von 160 Millionen Mark nach sich ziehen würden, und mit Nücksiht darauf, daß die Verwaltung der direkten Steuern in Kürze in die Zuständigkeit des Reichs übergehen wird, für er- ledigt zu erklären. Zum Antrage Tewes wegen Gewäh - rung von Notstandsdarlehen an Privatange- stellte hat der Aus} cu ß einstimmig vorgeschlagen, die Negie- rung zu ersuchen, die Kriegsbilffassen zu veranlassen, ihre Tätigkeit allaemein auh auf nichtselbständige erwerbstätige Personen auszu- dehnen und big dahin solchen aus dem Heeresdienst entla}jenen Per- sonen zur Beseitigung einer nachweislih durch den Krieg entstandenen Verschuldung auf Antrag Darlehén aus öffentlichen Mitteln bis zum Höchstbetrag von 1000 Mark ‘zu gewähren, die mit höchstens 3 Prozent verzinst und innerhalb fünf Jahren zurückgezahlt werden sollen.

Abg. Schü mer (Dem.) beftagt die Regierung namens seiner Partei, welhe Vorkehrungen sie “treffen werde, “um freiwerdendes fisfalishes Gelände der Bodenspekulation zu entziéhen. Es werde insbesondere an Truppenübungspläßen viel Gelände frei werden. Wenn dies der privaten Spekulätion anheimfalle, l werde das um so bedenklicher sein, als dann ‘die Nachbargrundstüke auch in

ungemessener Weise im Preise steigen würden. Das beste Mittel, solchen Spekulationen im Falle des Verkaufs zu begegnen, werde sein, daß der Staat dem neuen Eigentümer zwar die freie Verfügung über den Grund und Boden einräumt, sih aber den Wertzuwachs selbst vorbehält. | j :

Ein Negierungsvertreter- erwidert, die Regierung habe von Anbeginn an Bedacht darauf genommen, freiwerdendes Gelände der Spekulation zu entziehen. Bei- den Verkäufen werden gemein- nüßige Siedlungsgesellshaften bevorzugt. Die Domänenverwaltuñg legt den Käufern Verkaufsbeshränkungen auf oder behält sich ein Wiederkaufsreht vor; in manchen P verpflichtet sie auch den Käufer, im Falle des Weiterverkaufs den Gewinn an den Fiékus herauszuzahlen.

Finanzminister Dr. dek um: Bevor ih aus dem Gang dèr Erörterungen in diesem Hause die Nichtung erkennen kann, in der ih die Wünsche der Landesversammlung bewegen, um danach (Erklärungen abzugeben, bitte ib um die Erlaubnis, ein Preßangelegenheit behan- deln zu dürfen, ' |

Als vor einiger Zeit in Berlin eine&Beratung über die Ab- grenzung der Gebiete der Landesfinanzämtêet stattfand, traten die Finanzminister von Bayern und Württemberg an mich mit dem Er- suchen heran, eine Zusammenkunft -der.Finanzminister der größeren Länder einzuberufen, damit wir gemeinsam über Fragen uns beraten könnten, die mit der N eichsabgabemord- nung und anderen Reichsgeseßen zusammenhängen. Die Tagung der Finanzminister der größten Ländetthat am 22. und 23. dieses Monats in [Bamberg stattgefunden. “Der Herr bayerische Finanzminister ‘hat übernommen, über die ihrer: Natur nah vertrau- liche, im übrigen aber keinerlei der Oeffentlichkeit vorzuenthaltende Dinge behandelnde (Auësprache einen kurzen, ¡¿usammenfassenden Bericht durch die „Korrespondenz \Hoffmann“, die in, Bayern an Stelle des „Wolffshen Bureaus" amtiert, zu veröffentlihen. Vas ist auch geschehen. Jndessen, gestern hat eine Reibe von Berliner Vlättern, allen voran die „Post“, einen Bericht über die angeblichen Verhand- lungen in Bamberg veröffentlicht, der mich nötigt, äuf die Sache ein- zugehen und eine bewußte |Jrreführung der üffentlichen Meinung niedriger zu hängen. f

In der „Post“, und zwar in großer Aufmachung auf der ersten Seite, fand sib gestern folgende Notiz, Überschrieben! „Deutslands Finanzsorgen":

Zu der vertraulihen Konferena der Finanzmikister erfahren wir, daß Maßnahmen zur Verhütung des Staatéthankerotts be- \prochen wurden. Da die Neichsbank außerstande sei, die aus gegebenen Banknoten mangels geeigneter Deckung einzulösen, bliebe als einzige Viloglichkeit zur Beschaffung wvollwertiger Zahl- mittel, an Stelle der für das Reich unmöglichen Goldwährung eine Güterdeckung einzuführen. Dadurch würde der Markkurs auf die normale Höhe gebracht werden können. Der Kurssturz der gegen- wärtigen Banknoten sei nicht aufzuhalten, auch niht durch eine Hilfe des Auslands, die nur gegen hypothekarishe Sicherheiten erfolgen würde, wodurch leßten Endes der ganz deutsche Besiß dem Auslande ausgeliefert werden müßte. Es soll auch eine Kon- vertierung der Kciegsanletihen zwecks einer Entshuldung im Innern in Erwägung gezogen sein. Jedenfalls trat die Erkenntnis zutage, daß mit halben Maßnahmen nichts zu erreichen sei, sondern daß nur eine radikale Neuordnung unseres Finanzwesens den Untergang Deutschlands verhüten kann.

Meine Damen und Herren, diese Notiz ist von A bis Z erlegen! (Lebhaftes Héört, hört! links.) Nichts von dem, was in der Notiz steht, ist in Bamberg verhandelt worden, und von dem, was in Bamberg verhandelt wurde, steht nichts in dieser Notiz! (Erneutes lebhaftes Gört, hört! links.) Es handelt ih hier, wie die Planmäßigkeit der Verbreitung deutli beweist, um einen ganz nichtswürdigen journa- listishen Schurkeastreih (Wiederholtes lebhaftes Hört, hört! links), offenbar zu dem Zweck, um der Regierung des Neis und den Regierungen der Länder Schwierigkeiten zu bereiten, und unbekümmkrt darum, was die Folgen. solher nictswürdigew Lügen. auf wvolkswirtsckaftlichen und politishem Gebiet sein könnten. (Sehr richtig! links.)

Ich habe gestern morgen, «s mir diese Notiz vor Augen kanr, sofort den Herrn (Chefredakteur der „Post“ telephonisch angerufen und ihm genau dasselbe gesagt, was ih |Jhnen eben sagte, nämlich, daß diese Notiz von A bis Z erlogen sei, daß er also das Opfer einer nichi8würdigen 'Jrreführung geworden sei, vorausgeseßt, daß die Notiz nicht in seinem eigenen Büro entstanden sei. Jck habe ihn gebeten, ven déeser meiner entschbiedenen Widerlegung den Lesern der „Post“ Kenntnis zu geben. Das ist au geschehen, nämlich gestern im Abend- blatt der „Post“, das secksfeitig erschien, und das id natürli eifrig daraufhin durchsah, allerdings fand ich zunächst gar nichts. Endlich entdeckte ich auf der vierten und leßten Seite des Hauptblattes eine ganz Flcine, unauffällige, dem gewöhnlichen Leser, der durch die Sensationsmeldung vom Morgen natürli in eine bestimmte geistige Nichtung gedrängt war, kaum erkennbare Notiz, worin es heißt, daß zu der in unserer heutigen Morgennummer unter dem gleichen Titel gebradten Meldung vom Finanzministerium mitgeteilt werde, daß sich die gestrige vertrauliche Konferenz wessen, wird nit gesagt lediglich mit finanzorganisatorischen [Fragen beschäftigt habe.

So waren die Fragen der Gehälter im Reich, des Modus, nah welchem die Eisenbahnen vom Reich übernommen werden usw., auf der Tagesordnung. Eine Erörterung zur Verhütung des angeblichèn Staatsbankerotts fand nicht statt,

Das isf baë ganze, was die „Post” auf den nihléwürdigen Streit vom frühen Morgen zu fagen hat. (Hört, hört! links.)

HDochgeehrte Versammlung! Vielleiht noch grotcéker ist die Sache in der „Täglichen Rundschau“ aufgemacht, die ja seit Wocen einen vor keinem Mittel zurückshreckenden Kampf gegen die Neu- ordnung der Dinge führt. und dabei allmählich auf eim Niveau herunter- gesunken ist, das die Polemik mit diesem Blatt sehr erschwert. (Sehr richtig! links.) Jn der „Täglichen Rundschau“ steht gestern morgen die Sache mit folgender Einleitung:

Es wird von einer hiesigen Korrespondenz über vie ver - trauliche Konferenz der deutschen Finanzminister in Bamberg berihtet . ,

Nun bitte ih jeden unbefangenen Menschen: eine Berliner Korrespondenz berichtet über cine verträuliche Sißung, die in Bamberg stattgefunden hat; eine siherere Quelle kann man sih allerdings nicht denken! (Heiterkeit und sehr gut! links.) Bei der „Täglichen Rundschau“, die diese Auslassungen der Korrespondenz dann mit sehr bissigen Arabesken verziert, kommt dann noch hinzu, daß dasselbe Blatt schon im Februar dieses Jahres einmal einen ganz ähnlihen Streih geübt hat. Damals brachte es in ebenfalls sensationeller Aufmachung die Nachricht, ih hatte in Weimar erklärt,

Fans F P . ,” . , . der Staatsbankérott des Neiches unddér Länder sei unvermeidlich. Ich habe auch diese Nachricht, die ebeñfo erlogen war, wie die jebige, damals widerlegt und dem Herrn Herausgeber der „Täglichen Rund- schau“ sofort einen perfönlihen Brief geschrieben, in dem ich ihm einoringli& vor Augen gestellt habê, was solche Notizen unserem deutshen Volke nicht etwa mir kosten können. Den Erfolg sehen wir in dieser neuen Attalke. Jch habe natürlih nicht verfehlt, gestern die Börse rechtzeitig davon in Kenntnis zu seßen, daß die Nachricht erlogen war, und habe wohl durch diese rechtzeitige In- fenntniéseßung der Börse verhindert, daß Spekulationsabsichten, die vielleicht auch noch damit verbunden waren (hört, hört! links), ver- hindert worden find.

Ich kann nur sagen: Wehe dèm Volk, das eine solche ihre Ver- antwortung vor ihrem eigenen Volk mit Füßen tretende Presse sein eigen nennt! (Lebhafter Beifall links.)

__ Abg. Hergt (D. Nat.): &Wenn si das bestätigt, was der Minister sagt, so halten wik das Vorgehen der „Post“ nicht für rihtig. (Lachen links.) Wenn wir unsere (Eisénbahnen 1921 an das MNeich übergeben, \o müssen si&in einem Zustande sein, daß wir das Reich nicht schädigen und daß wir zugleich auch ein annehmbares Aequivalent verlangen könnte Das 1 um so nolwendiger, als uns steigerungsfähige Einlagen der Betriebsverwaltung nicht mehr zur Versügung tehen. Selbst von-den Bergwerken, die doch unser Sorgen- kind waren, hatte mir der Obeérberghauptmann gesagt, daß er nur noch Tur:er Zeit bedürfen werde, um fie zu einer sicheren großen Œinnahme- quelle auszugestalten. Jeßt, nah dem Kriege, wissen wir, daß davon niht mehr die Rede sein kann, daß die Bergwerke für absehbare Zeit niht nur nichts einbringen, fonderw erhebliche Kosten verursachen werden. [Um so wichtiger wäre es, wenn wir die Steuerquellen, die in der Vergangenheit bei weitém nicht ausgescöpft waren, uns als beweglichen Faktor erhielten. Aber wie sieht es damit aus? Nicht nur die materielle, sondern auch die formelle Steuerhoheit geht auf das Meich über. WDasö?hedeutet für uns die Unmöglichkeit, die kulturellen und wirtschaftlichen Bedürfnisse unferes Landes voll zu be- friedigen. Das MReichsaotopfer war die unglückseligste aller geseß- geperischen Maßnahmen.! Wir sind durchaus der Meinung, daß der lFrtrag dieses Notopfers von den bestßenden Klassen aufgebracht egeben muß, aber nit‘zur unrihtigen Zeit. (Sehr richtig! rechts.) Mean darf uns nicht das Betriebskapital nehmen, mit dem wir arbeiten sollen. Das ist ein leihtfertiges Vorgehen. s ist auch nicht dafür ‘gesorgt, täß den Einzelstaaten und den Kommunen ein solher Grtrag an den Steuern werbleibt, daß sie die Gewähr des Lebens haben. Da bie \Kommunen an die indirekten Steuern nicht mehr herankönnen, #0 müssen thnen bestimmte Erträge zugewiesen werden, uno es wird auch bei der Kapitalrentensteuer geschehen müssen. Veberall, wo es sich um die Erzielung wirtschaftlicher Erfolge handelt, wird der Minister finanzielle Opfer bringen müssen, insbesondere auch für die technishe Vorbildung, deren Hebung es großenteils mitermög- licht, daß wir mit dem Auslande in \siheren Wettbewerb treten können. Der Tiefstand unserer Valuta im Auslande rührt daher, daß wir unseren Import aus dem Auslande nicht mit Waren, sondern Tediglih mit unserer unglücflichen Mearknote bezahlen müssen, von der kein Mensch in der Welt mehr etwcs wissen will. Mit der öôster- reichishen Krone ist es schon so weit, daß sie im Auslande überhaupt nicht mehr genommen wird; fo wird es auh mit der Mark werden, wenn wir nicht Mittel und Wege finden, ihren Sturz aufzuhalten. Die Hoffnung des Eisenbahnministers auf den Akfordlohn als Meiter in der Not ist hinfällig; seine eigene Verwaltung hat ihm schon die Antwort darauf gegeben. Wer ernsthaft Ordnung schaffen will, kann es nit mit solhen Mitteln, sondern es gehört dazu ein geschlossenes Ordnungsprogramm, hinter dem der Wille ur Ordnung steht, und die Macht, diesen Willen durchzuführen. (Unruhe links.) Nach einem solhen Ordnungsprogramm ruft alle Welt in Deutschland bis weit in die Reihen der Linken hinein. Jch habe mir die Mühe ge- macht, Bausteine zu dem Gebäude eines solchen Programms der Ordnung zusammenzustellen, das für eine gewisse Zeit Geltung haben müßte, so daß während dieser Zeit alle politischen und wirtschaftlichen Gegensäße in den Hintergrund zu treten hätten, ein Kompromiß- vrogramm, dem alle Parteien bis zur Linken ohne weiteres beitreten können. Es handelt sich dabei um ein ges{lossenes Gesamtgebäude; nehmen Sie einen Baustein heraus, \o fällt das ganze zusammen, Der erste Baustein ist die Herstellung geregelter Arbeitsbedingungen. Die Erwerbslosenfürsorge, ist ein unbedingtes Erfordernis und muß bleiben. Sie muß aber so geregélt sein, daß die Leute niht der produktiven Arbeit entzogen, sondern ihr zugeführt werden, und das hak durch eine aewisse Befristung und Staffelung zu gescheben. Zu produktiver Arbeit bieten die Wasserstraßen, der Mittellandkanal usw. die beste Geleaenheit., Der zweite Baustein ist die Förderung der Tarifverträge. (Viclfaches Hört, hört! links und“ Heiterkeit.) Sie sind heute das acgebene Mittel zur Beruhigung im Volke. " (Beifall. Rufe links: Pommern!) Allerdings, sie dürfen nicht in so einseitiger Richlung gefördert werden, wie dur den Landwirtschaftéminister. (Rufe links: Aha! und erneute Heiterkeit.) Weiter gehört zu meinem Ordnungs- programm der Schuß der Arbeitswilligen. Das wesentliche ist die (Fin- führung ciner Arbeitspflicht ohne Zwang; auch wir verurteilen das Ver- langen, den Arbeiter durch qgeseßlihe Vorschriften zur Arbeit zu zwingen. Ein weiterer Baustein ist der Ausbau der fozialen Ver- fassung, die Lösung der Frage, wie der Arbeiter in dem Produktions- vrozeß eingeschaltet, an der Leitung und am Gewinn der Betriebe beiciligt werden kann. Das darf nicht auf ‘die Tange Bank geschoben werden; man könnte dem Reichswirtschaftsrat nah Artikel 165 der Verf«ssuna alsbald zusammenberufen und so die Stimme der Arbeiter- {aft darüber in die Erscheinung treten lassen. Weiter Zurückstellung oder, Unterlassung aller gewaltsamen und deshalb gefährlichen Soziali- sierungs- und Kommunalisierungsmaßnahmen; sodann Abbau ‘der Zwangéwirtschaft durch geeignete Maßnahmen während einer Ueber- oanaëzeit. Daß es damit nit auf dem Wege geht, hier und da einen Artikel herauszuareifen, das hat die unalüdfeliae Hafersacbe bewiesen. Hier muß endlih einmal ein mannhafter Entschluß gefaßt werden, Und der ist um so notwendiaer, „als wir das Novum der neuen reiben Ernte vor uns haben. Diese darf nicht dur die Löcher an der Westgrenze oder sonst wo ins Ausland verschwinden. Zu diesen Bausteinen kommt als ein weiterer ein geshlossenes Finanz- system, das bisher in dem Neichsfinanzplan nicht zu entdecken ist,

und endli die [Stärkung und, wonn erforderli, rü{sichteloseste Aus- nußung der Exekutive durch Mititär, Polizei und -Beamtenschaft. Das Militär muß wioder für uns ein Kleinod werden, das Velk muß das Vertrauen zum Väßlitär . wiedergewinnen. (Große Unruhe links.) BVásjelbe gilt* von der Scküßmännschaft' und von der Gendarmerie. Den Schlußstein des Gebäudes bildet unser Verhältnis zum Auslande. Gewiß müssen wir die- Regierung unterstüßen in der Michtung, daß »0 da UN

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n |Staatsbankerott unter keinen Umständen die Rede sein darf, aber nn müssen wir auch dafür sorgen, daß er wirkli nickt eintritt, d das geht nicht ohne Verhandlungen mit der Entente. Die waren ‘beute nóch nicht möglick, weil wir für die Eñtente ein fauler Schuldner, direktionslos und ohne Ordnung sind, deshalb verbleibt die Entente bei hren \Höchstforderungen, mögen sie Deutschland zum Ruin führen oder nicht. Ein solchés Ordnungspvogramm und seine Durchführung muß und wird das Vertrauen ‘des Auslandes zu uns stärken und es wird uns wieder Kredite und Neohstoffe geben, und das

bedeutet die Wiederherstellung unserer Valuta. Die gegenwärtige

Mehrheit bringt ein foldes ODrdnungsprogramm nicht fertig. Die \Sozialdemokratie ist belastet mit ihrer ergangenheit. (Andauernder

Lärm links.) Die Regierung hängt dech ganz wesentlih von sozia- Tistischen Einflüssen ab, besonders nahdem das Zentrum unter der Führung von Erzberger eine so radikale Politik mitgemacht hat, ist sie pon einer ganz sozialistiscken so gut wir gar mcht mehr zu unterscheiden. Die Mehrheitsregierung vermag ein solches Programm nicht durh- zuführen, auch deshalb nicht, weil sie dem Volke dur die Revolution eine Üeberfreiheit gebracht hat, die fie ihm heute niht nehmen fann, obne daß 1hr der Nuf: Verräter! entgegenshalt. Sie ist auch be- lastet durch das Mißtrauensverhältnis zu der Entente, die von der Mehrheitsregierung mchts wissen will. (Großer Lärm auf der Linken und în der Mitte.) Es würde au nichts gebessert sein, wenn die Demokratie in die Negierung wieder einträte; auth diese Dreiheit würde ein solbes Ordnungsprogramm micht aufstellen können, son aus innerlicem |Widerspruh heraus. Wenn nun die gegenwärtige ‘Regierung nicht dazu imstande ist, wie Tommen wir aus dem Dilemma herauëé? [Wir müssen das Volk selbst rufen, das Volk wird die. Ent- sceidung haben, und das Volk wird die rihtige Entsceidung geben. (Große Unrube und Lärm links.) Darum {ließe ich mit dem Nufe: Nun hat das Volk das Wort! (Lebhafter Beifall. rechts; stürmische Zurufe links. Abg. Ad. Hoffmann: Der moderne Rattenfänger ven Hameln!)

Abg. Heilmann (Soz): Jch kann dem Abg. Dr. Hergt nur mein Kompliment machen für die außerordentliche geistige Bewedälich- feit und Belehrbarkeit, die er und feine Partei kurch die Aufstellung eines folhen Ordnungsprogramms an den Tag gelegt haben.“ In allen seinen Grundsäßen enthalt dieses Programm mit vershwindenden Ausnahmen alte liebe Bekannte aus dem Programm, welches die kleine Toztaldemekratisde Fraktion im Dreiflassenpazlament vertreten hat, (Zuruf v. d. Soz.: Unter dem Geheul von Hergt. u. Genossen! Stürmishe Heiterkeit links.) Eine gewisse persönlihe Ehrlichkeit hätte doc erfordert, das Urheberreht zu achten und offen zu bekennen: wir Deutschnationalen haben uns jeßt ein urdemokratisches Programm zueigen gemacht und wollen jeßt für unsere Wahblpropaganda alle demofkratishen Forderungen des Erfurter Programms durchführen. (Erneute Heiterkeit links.) Statt dessen sagt Herr Hergt am Sch{luß, die Mehrheitsparteien in der Negierung seien kompromittiert durch uns, die wir mit unserer Vergangenheit belastet seien. Und gerade Herr Hergt spricht diesen Vorwurf aus, Herr Hergt, der üns hier zu der Zeit, als er als preußischer Finanzminister an verantwortiister Stelle stand, - zugerufew hat: Sie--kTönnen

mckcht s{chwimmen, fte fönnen nit fliegen, fte werden nichb kommen nämlich die Ameri- kaner. (Stürmishe Heiterkeit.) Herr Hergt kritisiert die Art, wte jeßt Finanzpläne aufgestellt werden. Niemand war darin leichtfertiger wahrend“ des Krieges als Herr Helfferich, der uns gesagt hat, die Last der Milliatden würden unsere Feinde tragen. Mit der Ver- gangenheit dieses Herrn ist die Mechte belastet. (Lärmender Wider- spruch rechts.) Andererseits ist es eine Tatsache und muß endli einmal festgestellt werden, daß sofort na dem 9. November die sechs Volksbeauftragten übereingekommen sind, die großen Kriegsgewinne zu beshlagnahmen, damit sie Deutschland nicht verloren géhen, und daß diese Absicht gescheitert 1 an dem Widerspruch zweier einzelstaatlicher Finanzminister, des Herrn- Geyer in Sachsen-und des Herrn ¿Jaffe in München, zweier Mitalieder der U. Soz. (Große UnruhE b. d. U. Soz. Heiterkeit.) Ueber die Nichtlinien unserer Politik hoffen wir zuversihilih das Volk so aufzuklären, daß das Verrätergeschret feinen Widerhall findet. Daß Verhandlungen der Entente mit den U, Soz. zu einem besseren Frieden geführt hätten, ist inzwischen als Irrtum erkannt worden. Die Entente hat auch- über Oesterreich niht mit Otto Bauer, der jenen nahestand, verhandeln wollen, sondern fie zog die Verbandlung mit dem Gemäßigten Menner vorz; sie hätte auch Haase und Cohn als zu bolschewififreundli abgelehnt. Den Aufruf an das Volk zur Entscheidung für die Deutschnationalen muß ih geradezu für grotesf! erflären. Noch dieser Lage hat Wilson erklärt, wenn das deuishe Volk jemals die Hohenzollern zurück- holte, müßte man an ihm wverzweifeln und es für immer aus den MNeihen des Völkerbundes eren, Das war gufällig an dem- selben Tage, wo Herr Hergt auf dem Deutschnationalen Partei- tag verkündete, sie würden die Hohenzollermonarbie in Preußen- Deutschland wieder aufrichten, und sie zweifelten nicht daran, die überaroße Mehrheit des Volkes dabei auf ihrer Seite zu haben. Solche verantwortungslose Rederei schadet in den Augen des Aus- landes dem deutschen Volke. - Wir müssen mit aller Klarheit und Skhärfe in die Welt hinausrufen, daß daran gar kein Gedanke ist. Daß ein Ordnungsprogramm, wie das Kompromißprogramm des Herrn Hergt, auf das eine künftige Regierung sich stüßen könnte, mit der Monarchie vereinbar wäre, das zu glauben is doch auch Herr Hergt viel zu klug. Sein Finanzprogramm können wir uns nicht zu eigen machen. Auch wenn ein souveranes Preußen im Laufe der Ent- widWlung zu bestehen aufhören sollte, werden in Deutscbland die Kulturaufgaben nicht leiden. Zurzeit läßt fich bei der trostlosen Finanzlage Deutschlands ein großes politishes Programm gar nicht aufstellen und noch weniger durchführen; auf dem Papier und in Worten i} es ja allerdings sehr s{ön zu machen. So nimmt si auch das Verlangen, daß dafür gesorgt wird, daß die diesjährige Ernte nicht außer Lande geht, daß die Grenzkontrolle auf das \trengste ge- handhabt werden muß, auf dem Papier sehr \chön aus, stimmt aber sehr \{leckcht zu den unendlichen Schwierigkeiten, auf die die Regierung stößt angesichts der Zustände 1m beseßten Gebiet, dur \tete Verhand- lungen mit dex Entente zu erreichen, daß ‘dem Skhieberunwesen ent- gegengetreten und die Moral des deutschen Grenzwachtdienstes wieder hergestellt wird. Gleiche Erwägungen treffen auf alle anderen Pro- grammpunkte des Abgeordneten Hergt zu. Von dem, was Herr Hergt gesagt hat, mag vieles fehr {ön sein, aber alles ist Luft. Wenn die Deutschnationalen immer wieder mit dem Gedanken der Wiederher- stellung der Monarchie kommen, wenn fie immer wieder mit der Gegenrevolution spielen, nah dem starken Müann rufen, der mit eisernem Besen Auskehr hält, wenn die deutshnationalen Blätter mit der Verheßung fortfahren, wenn in Offizierskreisen die deutshe Fahne als Judenfahne hingestellt, die Regierung als Gesindel bezeichnet wird, wenn die passive Resistenz der Landwirtschaft fortdauert, dann ist es nicht verwunderlich, daß wir niht zur Ruhe kommen. Die Slozialdemokratie hat alle Parteiinteressen zurüdgestellt, als das Vaterland in Not war. Aub jetzt is das Volk in höchster Not, aber Süe hindern den Wiederaufbau durch Ihre dämagogische, bloß auf den Wahlerfolg und das Parteiinteresse zugespibte Agitationspolitik. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) Aba. Dr. Friedberg (Dem.): Wir erkennen an, daß die Steuerreform im |Reicbe arcße Opfer von den Einzelstaaten auch bezüglich der Steuerhobeit fordert; aber im eingelnen hat diese Reform doch ihre aroßen Mängel. Das Dpfer muß seinen Zweck erreichen. ÎÁm Hinblick darauf aber it der Zeitpunkt für die Vermösenéabaabe so unaünstia wie rur mogslib gewählt. (Sehr ridtig!) Es ist die politiscbe Pflickt den Nationalversammluno, genan zu prüfen, wie es sich mit der Bebauptung, Erzbergers verhält, daß die Entente nicht ihre Hand auf das Notopfer legen könnte, Jch halte diese Dar-

tellung für dur®aus ünrihtig und irreführend, und wenn das ¡W trifft,’ dann wäre das unerbörte Opfer nußlos. Wir weisen die bauptung des Reicbsfinanzninisters, daß es unpatriotisb sei, solche Erwägungen anzustellen, mit Entrüstung ven uns. Aucb der preußisce Finangminister hat sih ja sckchon einmal in meinem Sinne ausge- \prochen. Nur die Gewißheit, daß die Entente nicht zugre;fen kann, würde das Opfer rechtfertigen. Sönsk wäre es leicsinnig, der deut- schen Wirtschaft das Kapital zw threm Betriebe zu entziehen. Jh weiß nit, ob der Reicksfinatzminister jemals ein nationalsfono- miscbes Lehrbuch in der Hand gehabt kat, sonst müßie er wissen, taß das Ziel der Volkswirtschaft nicht die Satte, -sondezn der Mensch ift. Wie kann er mit einer Handbewegung sacen: Die Objekte sind ja da! Eine solhe Steuerpolitik ift blutiger Dilettantismus. (Sehr richtig!) Ich bin nicht gegen die Vermogensabgabe, wohl aber gegen ten Leichtsinn, mit dem man hier vorgeht. Daß man sich seines Ver- mögens entäußert, mag die Politik eines Bettelmönchordens fein, aber die Politik eines Landes muß auf den nationalen Wehblstand gerichtet sein. (Sehr richtig!) Die Herren, die diefe Entäußerung vom Luxus predigen, follten vor allem mit gutem Beispiel felbst vorangehen. (Sehr ricktig!) Mit der Seozialisterung soll man nur bei solden Be- trieben vorgehen, die dafür reif find, eine zu weitgebende unwirtschaft- liche Sogialisierung wäre ein verhängniévoller Febler, dew meina Freunde nicht mitma#ben. Von dem Programm des Herrn Hergt war mir manches sympathisch. Der Arkeitslosenfürsorae muß als Korrelat die allgemeine Arbeitspfliht gegenüberstehen. (Sehr ridtig!) Die Deutschnationalen lind aber von dem Programm, das Herr Hergt ents widelte, selbst nocz weit entfernt. Wo sind denn die Tarifverträge, zu denen Sie sich entsckließen wollen? Vor einem Abbau dev ¿wangséwirtschaft ohe Uebergangezeit muß i entschieden warnen. Die Deutschnationalêèn tun sehr wenig, um der ‘Regierung die Erekutive zu erleihtern. Die! Exekutivbeamten müssen als Stadts4 beamte geachtet weden, gargz glei, ob fie sogtaldemofratisbe Rartet sind oder nicht. Was it denn Jhrerseits aesckehen, um Rube und Ordnung wieder berzustellen? Zählen Sie dazu die Rede aus Anlaß der Fahnenverbrennung? Mit. solben [Reden können Sie nibts anderes prewvogieren, als den Büroerkrieg im éigenen Lande. Jck bin Monarcbist gewesen, aber das Vaterland steht mir böber als dia Monarcie, ih will keinen Bürgerkrieg. Wir müßten alles tun für tas Vaterland, um es wieder aufzubauen. Wenn ib an Jhrer, Stella wäre, wäre für mih die Verlockung, zu \chweigen aus patriotischen Gründen, viel größer als die, zu reden. (Lebhafter Beifall links.)

Abg. Lei d (U. Soz.): Wir wünschen, daß die Beamten \ih freï nah allen Richtungen betätigen können. . Erst seitdem die Beamten den. Wert der Organisation erkannt haben, sind sie in ihrem Recbt sichergestellt. Die Beamten müssen die Mittel an der Hand haben, um sih gegen ungerechtfertigte Verabschiedungen zu wehren. Dis Steuern gehen noch nihk weit genug in der Heranziehung der Leute, die sih im Kriege bereihert und während des Krieges zu seiner Fort= seßung geheßt haben. Die Besorgnis des Vorredners, daß zuviel sozialisiert werden könnte, ist hinfällig. Das Gegenteil ift richtig. Die Regierung verkündet zwar auf großen Plakaten „Die Sozializ sierung märschiert", aber von Taten haben wir noch nichts gesehen. Hinter dem Ordnungsprogramm des Herrn Hergt blickt sein Jdeal: Wöederaufrichtung der Herrschaft des Funkertums und des Militaris- mus nur zu ‘deutlich hervor. Die bürgerliche Gesellschaft kommt aus dem Sumpf, in den sie Militarismus und Kapitalismus hineingeführk haben, nicht mehr heraus; sie i dem Untergang geweiht. Nur wenn der Sozialismus die Herrschaft erringt, ist das deutsche Volk zu retten. Nicht das Zentrum treibt sozialistishe Politik, sondern die Sozialdemokraten in der MNegierung haben sich den bürgerlichen Parteien verschrieben. Schon wird ungescheut dem Volke die Wieder=a aufrichtung der Monarchie gepredigt, ein Betwoeis, wie sehr die Reaktion wieder erstarkt ist. Bald wird die Militärdiktatur da sein; wir haben sie ja eigentlich bereits. :

__ Darauf wicd nah 5 Uhr die Fortseßung der Beratung auf Dienstag, 12 Uhr, vertagt (vorher zwölf kleine Anfragen und Geseßentwurf, betreffend die Errichtung einer Provinz Ober- chlefien).

Statistik und Volkstvirtschaft.

Die Eifendbahnen des Deutschen Reichs 1915—1917.

Auf Grund der die Nehuungsjfabre 1915, 1916 und 1917 be- handelnden Bände XXXVI1 bis XXXVT!1 der im Neichseisenbahn- amt nah den Angaben der Eisenbabnverwaltungen bearbeiteten „Statistik der im Betriebe befindlichen Eisen- bah nen D euts chlands* sei im folgenden etne vergleibende Vebrsiht über die Entwicklung der deutshen Eisenbahnen in diesen drei Betrtiebsjahren gegeben.

1915 1916

1917 I. Eisenbahnen in Deut sch- land. Hauptbahnen ®. . . . . « km] 34 864,39 | 34 938,19 | 34 991,26 vollspurige Nebenbahnen . . ,„ 1 27226,18 | 27 408,01 | 27 451,60 zusammea . « | 62090,57 | 62 346,80 | 62 442,76 davon kommen : auf 100 qkm Grundflähe , 11,48 11,53 11,66 azit : \hmalspurige Nebenbahnen , 2230,76 | 2205,79 | 2191,69 nebenbahnähnlide Klein. Pa E E S I 11 O a 115490 Stubben 530261 | 531317| 5342,08 Gesamtnes . . 1 80839,32 | 81 308,48 | 81 526,48 davon kommen auf 100 gkm Grundfläße , 14,95 15,08 15,07, ITL. Deutshe Haupt- und Nebenbahnen. 1. Eigentumslänge. Hauvtbahnen : eingleisig ee km) 10839 33 | 10 826,26 | 10 744,18 zweigleisig. v 423794, | 23 811,17 | 28 903,68 I E s a S W 74,18 102,18 102,18 D A C A 420,49 463,12 504,96

A L 5,36 H,36 5,36

zusammen . . ,„ | 35 133,63 | 35 208,03 | 35 260,60 davon mehrgleisig . . « 9/0 69,16 69,26 69,68 vollspur'ae Nebenbahnen : j eingleisia «Km | 26 527,07 | 26 713,36 | 26 759,16 Me L 674,4 670,38 668,07 zusammen . . 1 27201,o91 | 27 383,74 | 27 427 23 \{chmalspurige Nebenbahnen. . , 2 230,76 | 2205,79 | 2 191,69 im ganzen Haupt- und Neben- ahnen... x 164566, | 64 797,66 | 64 979,49 davon im Staatsbesiß. . . ,„ 159867, | 60 077,22 | 60.178,14 = 09/9 92,173 92,72 92,753 2) Betriebslänge: a. am Ende des Nechnungséjahres überbaupt. . . ... , . km] 64637,12| 64867,95 | 64 949,51 b. im Jahresdurhschnitt i überbaupt... 164457,6 | 64 800,80 | 64 892,17 für Personenverkehr... 1 62435,46 | 62 705,24 | 62 774,30 für Güterverkehr . «. © y 1 64039,78 | 64 382,19 | 64 459,00