1919 / 226 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 03 Oct 1919 18:00:01 GMT) scan diff

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Aus Duisburg wird dem „Ber!. Lok.-Anz.“ gemeldet, daß auf der‘ Hütte „Vulkan“ die Arbeîter troß Abratens der Ge- werktshafisführer in den Ausstand getreien find, weil die Ver- waltung die Zahlung einer außertariflißen Entshuldungsfumme von 100 Æ abgelehnt hatte.

Die Verhandlungen in Halle über den Abs{chluß eines neuen Lohntarifs im mitteldeushen Braunkohlen- bergbau sind nah demselben Blatte ergebnislos verlaufen, weil sowohl die Arbeitgeber als auch die Gewerkschaftsführer es ab- lehnten, mit den ungeladen erschtenenen Mitgliedern des Bezirks- arbeiterrats in Halle zu verhandeln.

Aus Wien meldet „W. T. B.“, daß seit Mitternahßt der Nacht zum Donnerstag das Personal der städtischen Fuhr- werksbetriebe sowie die städtischen Straßenarbeiter und -arbetiterinnen sh im Ausstand befinden, um ihren Forderungen, deren Erfüllung ihnen bereits zugesagt wurde, Nach- druck zu verleihen. Der Ausftand umfaßt 4400 Personen.

Zum Ausstand der englischen Eisenbahner teilt ?

„W. T. B.“ nach einem vorgestern früh in London ausgegebenen Bericht mit,. daß im Zu gden eine weitere Be#sßer ung eine etreten fel. Es s\cien mehr Eisenbahner zur Arbeit zurükgekehrt. für die Ausftändigen sollen Ersaßmänner vom Londoner

mnibusdienft eingestellt werden. Ferner wird mitgeteilt, daß die Lebens8mittelverteilung, in den leßten 24 Stunden befriedigend vonstatien gegangen sei. „Central News“ melden, daß die Vorstände des Tranportarbetter- verbandes und des Etsenbahnerverbaunudes ein Uebereinkommon getroffen Haben, wona Tranéportarbeiterverbandes, bei den 36 Transportarbettecver- einigungen, die zu dem Verbande gehören, darauf dringen wird, daß der Generalausftand verkündet wtrd. Der Londoner Berichterstatter des „Nieuwe Courant“ meldet, daß ein gewisser Teil der englishen Presse trahte, den Ernft der Lage zu verklletnern und das Publikum glauben zu magen, daß man nunmehr alle Schwierigkeiten überwinden werde. Jeder ver- ständige Mensh sche aber ein, daß das der reinste Selbst- betrug sei, da dic Folgen des Ausftands troß der Be- mühungen der Negierung täglich größer würden. L {lteßen wegen Mangel an Steinkohlen und Nehstoffen. Die Streikführer, die jeßt sehen, wie fest entschlossen Regierung und Publikum. ihnen gegenüberstehen, rafen die ganze Gewerk\chafts- bewegung, zu Hilfe. Dadurch werde bald der größte Teil der briti}hen Indujtrie-in den Streik hineingezogen und das Wirtschafts- leben lahmgelegt werden. Aus New York meldet dasselbe Blatt, daß man “inamertkantischen Handelskretfen die Verluste, die den Vereinigten Staæten dur dos Stillegen der Aus- {Bot nach Englan derwachsen, auf 10 Millionen Dollar täglich

aßt.

Literatur.

Von -dem-Kircchlichen Handbuch für das katho- lis. che DeutschTand, das in Verbindung mit einer Nethe anderer Fachmänner H.-A. Kro fe, S. J. herausgibt, liegt der 8. Band für 1918—-1919’»yor (Verlag von Herder in Freiburg i. Br.). Das Jahrbuch ift in der bewährten Einteilung der früheren Jahrgänge angeordnet und konnte troß der Ungunst der Zeitverhältnifse bis auf die 5. Abteilung (Konfession und Unterrichtswesen), die niht rechtzeitig fertiggestellt wurde, vollständig erscheinen. Fn der leßten- Abteilung, den Mitteilungen der amthchen Zentralstelle für kfirhlihe Statistik, mußten. die Tabellen über die Diözefen Gnesen- Posen, Mey und Sträßburg infolge der politischen Greignisse ausfallen; au die-Statistik über die Dibzese Speyer konnte nicht geliefert werden ,weghalb-auf- eine Gesamttabelle übec das Jahr 1918 für das anze Reich'verzichtet wurde. Bezüglich des sonstigen Inhalts set Lertieraeoben, daß die 2. Abteilung eine Bereicherung durch eine Zusammenstellung der wichtigsten Bestimmungen des neuen Codex

der Borstand des ?

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Die Fabriken ; p } stellter Antrag lbastet:

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10. Neiße 4050 4, ab 11. Neiße 3050 IIT. Rang 10,50 4, IV. Rang 4,50 4, Stebplaß 2,50 4.

Im Schaufpielhause werden morgen „Die Näubcr“ mit eder, Rraußned, Clewing, BVesper- maun, von Ledebur, Ehrle, Pobl besetzt, gegeben. Spielleiter ist

Fräulein Neff und den Herxen B

Dr. Reinhardt Bruck. Anfang 61/z Uhr.

Im Theater in der Königgräter Straße is die erfte S EOS von August Strindbergs phantastisGhem Drama “, von Nudolf Bernauer neu in Szene geseßt, für

den 10. Dktober bestimmt worden. Die musalischr Leitung der be- leitenden Musik von E. N. von Reznicek hat Hugo Moesgen. Die

„Ein Traumspie

ekorationen sind nach Entwürfen von Svend Gade angefertigt.

Der früher unter der Leitung von Professor Walter Fischer Wilhelm-Ge- dächtntskirche, der wegen des Krieges einige Jahre feine Tätig- keit ausgefeßt hat, wird nunmehr zur Pflege Bachscher Musik seine Damen und Herren, die sich zu be- teiligen wünschen, werden gebeten, fi bis zum 10. Dktober sch{riftlich bei dem neuen Dirigenten Friß Heitmann, Organist der Kaifer Wilhelm-Gedächtniskirhe, Charlottenburg 2, Uhlandstraße 187, zu

slehende „Bach-Verein“ der Kaiser

Uebungen wteder füfnehmen.

melden.

Maunigfaltiges.

Die Kohlen stelle Groß Berlin hat unter dem 2. Ofï-

tober 1919 folgende Bekanntmachung erlaffen:

Auf Grund des § 2 der Bzanntmahung des Kohlenverbands Gtoß Berlin vom 3. Mai 1919 (F.-Nr. L. 2835/19) wird biermit un... Aufhebung der Bekanntmachung der Kohlenstelle Groß Berlin

vom 10. Mai 1919 (I.-Nr. L. 2915/19) der Betrieb der Sammel- heizungen vom 15. Oktober 1919 ab gestaitet.

In der gestrigen Sißzung der Berliner Stadt- verordneten wurde in der Erörterung des Antrags Koch

und Genoffen, betreffend Obst, Gemüse und sonstige

Lebens3mitte!k, die den Großhänblern niht abgenommen würden, fortgefahren (vgL Nr. 220 d. Bl=.). Ein hierzu von den Stadt- verordneten Caffel, Breitkopf, Braun und Genossen ge- „Die Versammlung wolle den Magistrat er- suchen, dasjenige Gemüse, Obst und sonstige Lebensmittel, die von den Großhändlern bezw. deren Einkaufsgenossenschaften nicht abgenommen werdrn, zum Verkauf an die zu überweisen und Tagespreise durch eine Kommission von Klein- händlern, Verbrau®ern und Vertretern des Magistrats festzusegen.“ Nach längerer erregter Grörterung, an der sich auch der Oberbürgermeister

Wermuth beteiliagte, wurde bei der Abstimmung der Antrag Koch mit

dem Antrag Cassel vereinigt und in dieser Form einstimmig an- genommen. Nach einem weiteren Antrage der Stadtv. Ko ch und Genossen follte das Vormundschaftsamt der Stadt Berlin erfucht werden, bei der Auswahl der Berufs- streng auf die geseßliche Bestimmung des § 1801 BGB. uud die Kammergerichtsentscheidung vom 20. De- zember 1912 zu achten, und einer fjüdischen Berufs- vormünderin, entsprechend dem Willen des Gescßgebers, die mehr als 400 Vormundschaften über evangelische Kinder zu entziehen. In längerer Aussprache wurden materielle und formelle Bedenken gegen den Antrag geltend gemacht und diefer {ließlich abgelehnt.

Die vom Metallarbefterverband auf gestern vormittag 11 Uhr einberufenen Versammlungen der Fndustricarbeiter Groß Berlins find nacheiner von, W. T. B.“ verbreiteten amtlichen Mitteilung von gestern nahmittag nit zustande gekommen, dasieniht polizeilich angemeldet waren und ihre Abhaltung darnm gegen das edie über den Belagerungszustand verstoßen Hätte. Die metsten Versammkungslokale waren beretts vor 10 Uhr besetzt. Die zur Teilnahme an den Versammlungen a»kommenden Leute

juris eanonici über Standesrechte und Standespflihten der Geist- | sammelten fich vor den Lokalen auf den Straßen an und lihen,. über Rechte und Pflichten der Laien und über Ver- | wurden zerstreut. Die Verlegung der Versamm- löbnis und Gheschließung erfahren hat. Erweitert wurde ! lungen nah anderen Orten wurde, wie z. B. in

auch * die 3. Abteilung über Zeitlage uny kirGliclhes Leben im Berichtsjahre. Die 4. Abteilung unterrichtet in etner großen Tabelle über die Schicksale der katbolishen deutsdhen Missionen’ im. Weltkriege, meiner zweiten über die Personalverluste der deutschen katholisc@en Missions8gesellshaften in der Kriegszeit. Die 5, Ableilung wuite dur). Angaben über die Karitaspflege auf dem Lande und über die Kriegstätigkeit der fkatholishen Karitas- organisationen im: Kriege erweitert. In der 7. Abteilung ift zum ersien Male der Versuch. gemacht worden, die Folgen des Weltkrieges in bebölkerungsstatistisher Hinsicht im Zusammenhang darzustellen.

Theater uud Mufik,

Schillertheater.

In einer jener sauberen, sorgfältig vorbereiteten Aufführungen, wie man sie am S@illertheater von jeher gewöhnt ist, ist jeßt Shake- speares lange nicht mehr gegebene Komödie „Viel Lärm um nichts“ neueinfstudiert in Szenegegangen und hat, wie schon in früheren Jahren, das volle -Versländnis und den Beifall der Besucher dieser Volksbühne gefunden. Jn Else Wasa und Georg Paeschke besißt das Schiller- theater für die Gestalten des Benedikt und der Beatrice besonders

ut: geeignete Darsteller, die sowohl für den goldenen Humor wie fir. den Grnstihrer ollen die erforderlichen Eigenschaften mitbringen.

Creignisse der Komödie bildet, war in hohem Grade unterhalt- sam. Aber auch die anderen, durchaus nicht uebensäclichen Auf- gaben wurden von den übrigen Mitwirkendeu gut gelöst. Hervor- zuheben wäre besonders Karl Elzer, der den s{hwaßhaft: einfältigen, mit dem Fremdwörtern auf dem Kriegsfuß stehenden Gerichts diener Holzapfel in einer an die gentiale Art Arthur Vollmers gemahnenden Weife gestaltete. Elfriede Nofsing, die Herren Braun, Eberhardt, Kaufmann, Förfter, Krüger seten noch in der großen MRelhe der anderen durchweg tüchtigen Darsteller, die sich unter Franz Bonnos Spielleitung zu flottem Zusammenspiel vereinigten, aner- kennend- erwähnt.

Im Opernhause werden morgen, Sonnabend, „Die lustigen Weiber von Windsor“ mit den Damen von Catopo!l, Gerhart und den Herren Hutt, vom Scheidt als Gast, Knüpfer, Stock, Henke, | Krasa und Lüdke in den Hauptrollen aufgeführt. Dirigent ist der Generalmusfikdirektor Leo Anfang 7 Uhr. Mit Nücksicht auf den kaum zu bewältigenden Andrang zur Erst-

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î Barrikaden !“ A U S, Be N

: i á ; bei c Mi f s munifti\cGen tretithezer Tar hervor. Der’ Liebeskrieg zroishen diesen beiden, der den Mittelpunkt der l Dvbatee wirs aus Didec Enthôliung dée Vitue ber Stvaliter- ere

| kennen, daß es si bei der jeßigen

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aufführung von „Palestrina“ steht sich die Jntendanz der Oper veranlaßt, die ursprünglich vorgesehenen Preise anderweit festzuseßen. Di Pläye zu dieser Voistellung werden zu folgenden Preisen abgegeben: Fremdenloge Mitte 100,50 Æ, Fremdenloge Seite 75,50 4, Orchesterloge 60,50 4, 1. Rang Loge Vorderplay 60,50 #, I. Nang Loge Hinter- play 950,50 Æ& 1. Rang Balkon 1. Neiße 60,50 , | I. Rang 2, Rothe 50,50 4, Parkett 1.—-10. Reihe 60,50 46, ab | 11. Reihe 50,50 4, Il. Rang 25,50 #, 111. Rang 15,50 4, IV. Rang _ 5,50 4, Stehplaß 2,50 4. Entgegen der ursprünglichen j Absicht läßt fih das Vorkaufsrecht der Dauerbezieher | für die 1. Vorstellung nihtausrechterhalten ; dagegen ! wird die 2. Vorftellung am Sountag, den 12. d. M., nit, wie beabsichtigt, aue dem Dauerbezuge, sondern im Dauerbezuge stait- finden. Die Preise für die freiverkäuflichen Pläße am Sonntag sind folgende: Fremdenloge Mitte 60,50 4, Fremdenloge Seite terlogé 40,50 M, I. Nang Loge Vordervlaßz 40,50 46, I. Rang Loge Hintervlaß 30,50 4, 1. Rang Ba!kon 1. Reihe 40,50 4, T. Rang Balkon 2. Reihe 80,50 #&, Parkett 1, bis i

vormals feindlichen : amtlichen

land,

*Moabit in der Turmstraße,

ebenfo verhindert wie der Umzug ges{lofsener Trupps dur die Straßen, z. B. im Humboldt- hain, Friedrichshain und Treptower Park. Die Verhinderung, Auf-

löfung und Zerstreuung der Versammlungen und geschlofsenen Züge

erfolgte im allgemeinen ohne ZwtschenfälTe. Nur am Schtllerpark wurde nach Auflösung der Ansammlung die

Sächerheitspolizei von der erregten Menge tätlih ange-“ griffen und bedr&ngt. Bei der Abwehr wurden eintge-

der Angreifenden durch Schüsse verwundet, ein Tot er wurde festgeftelit. Gestern uahmittag herrschte in B erl in Ruhe. In den Ansammlungen, die fi ] Bersammlungen anf den Straßen Berlins gebildet hatten, wurde vielsach das Blatt „Der revolntionäre Arbeiter“ ver-

trieben, das vom K. K. z. F. d. D. d. P. (Kommunistishes Komitee-

zur Förderung der Diktatur des Proletariats) herausgegeben wird. Das Blatt trägt an seiner Spiße einen Aufruf mit der Ueberschrift : „Auf die Barrikaden! “’, in dem es heißt: „Wann endli

{ werdet Ihr begreifen, daß Euch solhe wirtschaftliße Streiks nie zum j Ziele führen können.

Seht die Zeichen von Mailand, denkt an die Tieinen Möchtegern-Bonzen unter Euch. Schlagt sie zusammen, daß die Feten fliegen. Reißt herunter die Maske vom „wirtschaftlichen

!| Streit“. WVisset, daß alles Politik ist, und daß nur der politische

Massenstceik Euch retten kann. Streilt! Neißt ein! Sabotiert! Nichts mehr habt Ihr zu verlieren, aber alles zu gewinnen. Auf die Aus diefem spartakistishen Aufcuf zum blutigen wahren Absichten der kom- Der Berliner

treilbewegung nur um eine Maskierung der Lommunistishen Ziele handelt.

Deutscher Volksbildungstag Die öffentliße Haupt- versammlung der Gefellschaft für Volksbildung findet am Sonntag, den 5. d. M., Vormittags 11 Uhr, im großen Theatersaale der „Urania“, Taubenstraße 48, statt. Verhandlungs-

\ gegenstände sind: „Die freie BVolksbildungsarbeit im Volksftaal“,

Dr. Hermann Pachuidke, Mitglied der Nationalversammlung, Berlin ; „Die Volkshoch{s{hule in Stadt und Land“, Professor Dr. Otto Gramzow, Vorsißender der Lehrerschaft der Humboldt-Hochschule, Berlin, und Schulrat Hermann Dtto, Stade. Nach der Bericht- erstattung sindet eine freie Aussprache statt. Freunde der freien Volksbildungsarbeit haben Zutritt zu der Versammlung.

Der Fremdenverkehr Groß Berlins ist ,W.T. B.“ zufolge im abgelaufenen September mit 133810 Gästen der

* Hôchstziffer des einunddreißigtägigen August (137 925) seßr nahe-

gekommen. Befouders kennzeihnend für den Charakter dieses Fremden- verkehrs ist die Zunahme und die Erweiterung des Besuchs aus dem Ausland. Nach der Zusammenstellung der Angaben dur die Ne uaea stelle für den Fremdenverkehr Groß erfins lamen aus Ruß- einshließlich der NRandstaaten, 1745, aus Polen 1393, aus Frankreih 203, aus England 187, aus Ftalien 124, aus Belgien

! 105, aus den Vereinigten Staaten 304, aus Portugal 16 Fremde. Von den vormals verbündeten Ländern trafen aus Oesterreid

1402,

aus Ungarn 234, aus der Türkei 65 Fremde ein. Die Balkanstaaten

sind mit 152 vertreten.

An der Spitze der neutralen Staaten er-

scheint SWweden mit 1062, Dänemark mit 924, Holland mit 753, die Schweiz mit 557, Andien mit 64. Zum ersten Male erscheinen

wieder mit verhältnismäß Aegypten, Persien, Argentinien, Brasilien,

bemertenswerten Ziffern Japan, Australien, ile, Peru, Java auf den

Fremdenlisten.

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ich nach der Auflösung der

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In der am 1. d. M. abgehaltenen Sißung des Vor- standes des Bezirksverbandes Berlin-Brandenburg im Reichs- verband der Deutschen Presse lag der von iner ge“ wählten Kommission ausgearbeitete Entwurf eines Tarif- vertrages für SSriftlelter und Mitarbeiter innerhalb des Bezirkes Groß Berlin vor. Der Vorstand beauftragte, wie W. T. B.“ mitteilt, die Kommission, nach der Vornahme einiger redaktioneller Abänderungen unvzrzüglich in Verhandlungen über diesen Tarif mit dem Verein Großdeut!]cher Zeitungsverleger und dem Verein Deutscher Zeitungsverleger, Orts gruppe Berlin, einzutreten. Der Entwurf des Tarifvertrages wird dem Verlegerverein im Laufe dieser Woche eingereiht werden.

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Die Hauptversammlung des Reihs8verbandes der Privatversicherung, die vorige Wohe in Bad Nau- heim tagte, nahm, wie „W. B.“ berichtet, u. a. zu den Fragen Stellung, vor die die privaten Versicherungsgesellschaften durch die Ausführung ves Friedensvertrages gestellt worden find. _Die Versammlung beschäftigte fic -weiter mit dem Entwurf des Ges- seßes über Betriebsräte, der gegenwärtig im 7. Auss{chuß der Nationalversammlung beraten wird, und war einmütig der Ansicht, daß der Entwurf in der gegenwärtigen Form nicht Geseß werden dürfe, wenn ein völliger Zusammenbr1ch unserer Volkswirtschaft, ver- mieden werden foll. Der ständige Kursrückgang der Kriegs8anleihen gab Veranlassung zu der Forderung einer Notverordnuna, die in Erweiterung des § 261 H. G. B., wie

{hon für Sparkassen, Genossenschaften u. a. vorgesehen, auch für

Bersicherungsgesellshaften eine allmählihe Abschreibung des Kurs- verlustes in den Bilanzen der nächsten Jahre zu Cts hätte. Diese Forderung ersheine umso berechtigter, als die ungeheure Steige rung der gesamten Verwaltungskoften schon eine überaus {were Be- lastung der Versicherungégesellshaften darstellt, die zu tragen ihnen niht durch formale Bestimmungen erschwert werden dürfte, zumal die Zeichnung der Kriegsanleiße ja im öffentlichen Interesse erfolgt sei. Die Versammlung verurtcilte u. a. auf das schärfste die Auf- nahme von sogenannten Schleichhandels-Versicherungen, wie sie kürzlich durh- eine Mitteilung des „Berliner Tageblattes“ be« kannt geworden ist.

__ Mannheim, 2. Oktober. (W. T. B.) Ein Augenzeuge des lezten LudwigshafenerVorfalls teilt der „Neuen Badischen Landes8zeitung“ mit, es habe bei dem Zusammenstoß zwischen deutschen Arbeitern und französishen Soldaten glücklicherweise Tei nen Toten , fondern nur Verleßte gegeben.

Braunschwetg, 2. Oktober. (W. T. B.) Wie die „Braunschweiger Neuesten Nachrichten" melden, ist es am Mittwoch im Braunschweiger Kreisgefängnis zu einer Meuteret der Gefangenen gekommen. Eine mit Holz- spalten beschäftigte Notte von 15 Mann drang, mit Beilen be- wafsfnet, nah dem Hauptausgang des Gefängnisses vor. Die zu Hilfe gerufene Reihswehr ging gegen die Meuterer vor, von denen zehn entkommen find. Die eingeleitete Untersuhung hat er- geben, daß die Meuterei von langer Hand vorbereitet war. Zwci der entflohenen Meuterer kennten inzwischen wieder eins- gefangen -werden.

Hambuxg, 2. Oltober. (W. T. B.) Wie die Marine - \chiffs8bestchtigungskommisfion mitteilt, ist das englische Verbot des Auslaufens der deutschen Getfangenœentransportdampfer heute zunächst für vier Dampfer aufgehoben worden, und zwar werden „Ocrotawa“ rah Harwich, „Mélilla®“ nah Jersey, „Villarea“ nach Southampton und Jersev und der Dampfer „Bagdad“ nah Newcastle gehen. Fn diesen Häfen warten bereits Kriegsgefangene, die vor Ausbruch des englishen Eisenbahnerstreiks dorthin geschGickt worden waren, auf den Abtransport. Wann weitere Dampfer auslaufen Éönnen, wird von dem Verlauf des englischen Eisenbahnerstreiks abhängen.

Haag, 2. Oktober. .(W. T. B) „Nieuwe Courant“ meldet aus Ner York, daß das Lynchen eines Neger3 in Omaha einen allgemeinen Ausbruch von Rassen ha § zur Folge gehabt hat. Aus verschiedenen Städten werden neue Fälle vou Lynchju st i z- gemeldet.

(Fortfezung des Nichtamtlichen în der Ersten Beilage.)

Theater,

Opernhaus. (Unter-den Linden.) Sonnabend: 200. Dauer- bezitgS8vorstelung. ODienst- und Freipläße find aufgehoben. Die lustigen Weiber vou Windsor. Komisch-phantastishe Oper in vier Akten nach Shakespeares gleihnamigem Lustspiel von H. S. Mosenthal. Musik von Otto Nicolai. Musikalishe Leitung: E Leo Blech. Spitelleitung: Karl Holy. Anfang

r.

Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Sonnab. : 212. Dauer- Oa ortan, Dienst- und Freipläße sind aufgehoben. Die Räuber. Spielleitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 64 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 201. Dauerbezugsvorstellung. tenft- und Freipläße find aufgehoben. Tristan und Jsolde in drei Akten von Richard Wagner. Anfang 5F Uhr.

Schauspielhaus. Nachmittags: 30a. Kartenreservesaß. Der Dauecbezug, die ständig vorbehaltenen sowie die Dienst- und Frei- pläße find aufgehoben. 5. Volksvorstellung zu ermäßigten Preisen: Die Räuber. Anfang 2 Uhr. Abends: 213. Dauer- ezugsvorstellung. Dienst- und Freipläße sind aufgehoben. Die Journalisten, Lustspiel in vier Aufzügen von Gustav Freytag. Spielleitung: Albert Patry. Anfang 7 Uhr.

Familiennacchrichten, Verlobt: Frl. Editha BoE von Wülfingen mit Hrn. Kapitän- " ami Hans-Justus Oldekop (Häinovéw- mit Hrn. Kapitän

Gestorben: Frau Marie von Siephant, geb. Mensing (Schön- waldau).

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, Ii:

Rechnungsrat Rey hex in Berlin. Verlag der Geschäftsstelle (J. V.: Ney hex) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, i Berlin, Wilhelmstraße 32.

Sechs Beilagen (einschließli Börsenbeilage und Warenzeichenbeilage Nr. 76) und Erste und Zweite Zentral-Handelsregister-Beilage

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soivie vie Inhaltsangabe Nr. 39 zu Nr. 5 des öffeutlicheu Nuzeigers.

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Ein Schaufpiel in fünf Aufzügen von Friedrih Schiller. (

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Nicztamtliczes.

Deutsche Nationalversantmlung in Berlin.

89. Sißung vom 2. Oktober 1919, 1 Uhr Nacmittags. (Bericht von Wolffs Telegraphenbüro.) Am Regierungstische: Reichsfinanzministec Erzberge c.

Die Aussprache über die Jnterpellation der Abgeordneten Dr. Heinze und Genossen, betreffend die deutscheValuta, wird fortgesetzt.

Abg. Dr. Heim (Zentr., Bayr. Bauernbund): Die fallende Tendenz bei der Valuta ist auch bei den siegreihen Ländern ?u ver- geichnen, sie ist zurückzuführen auf den enorm gesteigerten Noten- umlguf. Geldsurrogate finden wir auh in den fiegreidenm Ländern, so hat Fiankreich einen Notenumlauf von mehr als 34 Milliarden Mcak. Die gegenwärtige Debatte i} bisher nur zwishen der Re- gerung und der Opposition geführt worden, indem beite Teile si gegen- seitig die Schuld zugeshoben haben. Die Wahrheit liegt in der Mitte. Die Erörterung der Schuldfrage führt uns nicht zum Ziele und zeigt nur, daß wir politisch noch ncht reif sind, das Land wird cußerordenilih geschädigt und unsere Valuts, dadurh «eh mehr ver- shlechtert. Uns fehlen die grcßen Einnahmen an Zinsen für das 1m Ausland angelegte deuishe Kapital, mit denen wir im Frieden rechnen Tonnten; dieses Kapital ist aber dur Beschlagnahme ver- schwunden oder verbrauht worden. Hinzu kommt der vollständige Ausfall des Transitverkehrs. Jeden Monat haben wir jeßt seit der Nevolulion viermal fo viel Noten gedruckt als während des Krieges. (Hört, hört! rech!s.) Das ist ein Zeichen dafür, daß mit der Revolution im November der Wagen ins Scbleutern gekommen ijt. Es gibt nur eine Möalichkeit, unsere Verhältnisse wieder in Ordnung zu bringen: das ist Sparsamkeit. Das Wort Sparsamkeit darf man aber in der Oeffentlichkeit nit aussprechen, will man nicht unpopulär werden. (Sehr gut! rech1s.) Sparsamkeit ist auch nolwendig bei den Behörden; die Stellcniagd, die nlchis mit dem Wort gemein hat „Freie Bahn dem Tüchligen“, muß aufhören; as ist Korruption. Wenn bei der Eisenbahn die Schädigung durch Diebstahl jeyt 100 Millionen gegen 5 Millionen im Frieden beträgt, fo ist das eine gewaltige Korruption. Damit will ih nicht unserem ganzen Beamtenstande den Vorwurf machen; ihm i} zu verdanken, daß der Wagen in den Monaten vom Nevember bis März nicht in die Brüche gegangen i}. (Sehr Hn) Die heutigen Zustände aber bedeuten eine Abkehr von ter allen, guten deutshen Sitte. Die Regierung muß endlich das Wort des Ministerpräsidenten Bauer roahr machen, daß mit den fortwährenden Slreiks Schluß gemacht und der Arbeils wang eingesührt wird. Will man warten, bis sich les wieder von selbft einrenkt, so wird das ganze Land bald :erstört sein. Wir brauchen keine Streiks mehr, die politisben Streiks sind tur das allgemeine Wahlrecht überflüssig geworden, die Arbeit- nehmer haben keine Ursache zu wirtscbaftlihen Streiks mehr, allen- falls die Arbeitaeber. gegeneinarder. Wir in Oberbayern haben einen guten, arbeitswilligen “Arbeiterstamm, bald kommt aber ein Geweikschcflssekretär, dann eine «tommission der Arbeilslesen per Automobil aus München, dann das Demodbilmachunasamt, alle wellen sid lieb Kind bei tem Arbeitor machen und sorgen für die nötige Unruhe. (Bewegung bei den Soz. Lebhafle Zustinunung rechts.) Die Arbeiter mußten aus den ge- funden Bauernwohnüngen heraus und in Baracken untergebracht werden. Bald darauf kam eine andere Behörde und eifklärte die XBaracken für menschenunwürdige Aufenthaltsräume, {ließli mußten die Arbeiler in den besten Hotels untergebraht werden. (Große Deilerkeit. Präsident Fchrenbach ersucht den Rednerck nur die finanz- politische Fraçe der Voluta zu erörtern.) Die Frage ter Valuta Hängt Hiermit eng zusammen. Wir müssen den Finger auf diese woirtschaftlihe Wunde legen. Heute lautet die Formel einfa: Arbeit ist mehr als Kapital. Den chmer;liGsten Einfluß hat der Umsturz auf die Verhältnisse der kleinen Rentner auêégeübt, die 1hre (§rsparnisse gemacht haben, um ein paar sorglose Lebensjahre \ich zu fichern. Auf sie muß" auc die Steuergeseßgebung Nüksiht nebmen. Der Irrtum vom Preisabbau muß ausgeräumt werden. Es gibt Teinen Preisabbau, als dadur, daß die Kaufkraft des Geldes wieder iteigt, und dazu gibt es keinen anderen Weg, als daß wir neue Güter erzeugen. Ein Preisabtau nur für die landwi1lschaftlichen Produkte wäre eine ganz einseitice Sache, Wenn wir die Gütererzeugung bctaern, kommt der Abbau von selbst. Eine Valutaanleibe ist kein Hilfsmittel, bei unserer Verschuldung hilft sie auch niht. Eine fckchwere IlUusion, die nit frei v Naivität, ist es, wenn der Minister Schmidt meint, das Juteresse Englands und Amerikas würde uns \ckon Hinchtlich unserer Valuta schüßen. Die Kapitalisten sind für so‘ce Sentimentolität gar nicht zu. haben, fie renen nur nah dem Maßstab: je meter Deutschlands Valuta beruntergeht, desto eher kommt der Beitpunkt, wo wir ihnèn unsere wirt\ckaftlicen Kräfte verpfänden müssen. (Sehr richtig! im Zentrum.) Alles andere ist Jllusion. ( Nuf im enim: Mancer Ternls nie!) Eine qroße Scbuld an der Naluta- senkung bat die Spekulation. Wenn die österreihise Presse mit- teilt, Ameriïa werde Orsterreid mit einer Valutaan”eihe helfen, fo tann man sier sein, daß ein Jobber vornehmster Art dies lanciert bat, um üver Nacht Millionengewinne an Devisen zu maden. An der Verscbleppung unseres Geldes ins Ausland ist aud die Revolution {chuld! lange Zeit maren die Grenzen nicht beaufsihtigt, und man tonnte kofferweise (Seld hinübersdleppen. Jn Deutschland, besonders in Sachsen, besteht eine Spekulation in unacahntem Umfange in thchedw-f'omwaktischen Krenen. Besteht denn keine Möglichkeit, den Dankel in auêländisten Geldsorten tinfad zu «verbieten und streng zu bestrafen? Aber nicht mit 10000 #6 Geldstrafe, sondern mit dem ganzen. (Sehr richtia! im Zenirum.) Diese Löcher müssen verstopft worden. (Nuf: Todeéstrafe! Heilerkeit.) Ganze Möbelwacen voll ven Möbeln, Sc{muksacten, Teppichen usw. werden von [Berlin ky bayeriscke Landhäuter verschlcppt. Die ungeseßlite Geltversbleppung ins Aus- land vellzieht sih foaar unter den Augen der Negierung. Unsere Dandelsbeziehungen mit der Wet können sid nit mehr so abwideln wie in Friedenszeit. Es i ein Unsinn, taß wir noch Lupxusgegenstände vom Auslande beziehen. (Sehr richiia! im Zentrum.) Wir sind aber dagrgen machtlos, fo lançe wie die offene Wunde im Wirtshaftéleben an der Westqrenze haben. Unsere Valuta kann \ih nit erholen, denn wir werfen ja das Geld zum [Fenster hinaus. Das Ausland abt uns niht Kokao, sondern Schokolade, nit Baumwolle, sondern Gespinste, olso Fabrikate, nicht Nokbstoffe. Unsere Einfuhr muß auf das" Not- wendiaste beshränkt werden. Jst es -nickt himmelcketend, Laß die deutsche Regierung im Ausland Zement zuin zwanzigfachen Friedens- - preis fauft, während wir Zement mm so!\ckchen Massen erzeugt haben, Daß die Zementindustrie fih zum Syndikat zusammenschließen konnte? Das i}t ein Zeicken, daß wir wirtsMhaftlih nicht gesund sind. Wir erzeugen Zement nur aus Nohstoffen, die wir im [Inland haben. (Sohr richtig!) Das ift nur ein Beispiel von Dukenten. Wir be- nötioen einen \trenæœn Maßstab für alles, wxs hereinkommt, wir müssen unsere |Linfuhr katalegisieren. Auf einen Zwischenruf"antwortet der Nedner: Herr Kolleoe, wenn Sie nit wissen. was Fronte i}, dann kaufen Sie si ein Wörterbuch. (Große Heiterkeit.) Der Zu- \ammenhang zwischen der Ankündigung der Notenabstempelung und dem Valutasturz ist nicht zu leugnen. Jeßt ist die Tendenz dauernd:

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Erfte Beilage zum Deutschen Reich8anzeiger und Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Freitag, den 3. Oftober

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(Sehr gut!) Die Behörden arbeiten vielfach *

S wärts, abwärts. Wir müssen uns frei halten von allen wirtschaft- lichen Grperimenten. Eine große Rolle bei dem Valutasturz spielt auch die Menschenfrage. Können wir! in unseren jeßigen Grenzen und unter den jeßigen wirtsckaftlicen Vorausseßungen noch unsere Be- vökerung ernähren, oder müssen wir nicht vielmehr eine große Aus- wandterungspolitik treiben? UÜebers{chuß an Menswten ist Ueberschuß an Verbrauch, und Ueberschuß an Verbrauch nötigt uns, im Ausland zu kaufen und Geld dafür ans Ausland abzuliefern. {[Abg. Behrens (D. Nat.): Einwanderung zu hindern, ist nötiger!]] |Gewiß, die Ein- wanderung, die rir jébt erleben, ist pernizios: Sie sen nit, sie ernten nit und sind do besser genährt als die Lilien auf dem Felde. (Heiterteit.) Die Zwangsmwirtschaft ist kein Ideal, sondern ein Hecnt. len, das wir anziehen mußten; wenn wir es mit einem Nuck herunterrteißen, geht die Haut mit. Die ganze Anvbaustatistik in Deutschland hat si verschoben, aber macken Sie den Bauer nit shu'dig. Wenn Sie einen Baustein herausreißen, - stürzt das Ganze gusammen. In unseren Marktpreisen herrscht wahre Anarchie. Ueber die Schwierigk. iten der Ernährungslage sollte si die Regierung keiner Täuschung hingeben, Der Bauer leidet unter den heutigen Verhält- nissen am meisten. Auf dem Gebiete der Lederwirtshaft müssen unge- sunde Verhältnisse bestehen, so lange der Bauer für cinen Ochsen kaum mehr befommt als für die Haut. Einen Vergleih mit dem Aus- lafide hält die deutsde Finanzwirtschaft noch aus, in manchen Be- ziehungen sind die Verhältnisse bei uns scgar noch tesser als im Auslande. B. obacktungen der Zerseßung in der Arbeit \püren wir selbst in Amerika. Mir egt ein Brief eines amerikanischen Professors vor, in dem er mir mitteilt, daß sein Milchmann und der Straßen- kehrer mehr verdienten als er, alles also -genau so mie bei uns. Das Wort „Das Volk wird siegen, das bis zur lebten Stunde diz Nerven behält" fêmnen wir jeßt andern in: „Das Volk wird zuerst wieder genesen, das zuerst jene Nerven wieder gewinnt“. Unseren Arbeitern kann man niht laut genug zurufen, wie gut unsere Chancen wären, wenn wir im Sinne d.r Arbeit alle wieder zusammen anpackten. Es gibt keine Wiedergenesung ohne Arbeit, aber es ist hche Zeit, damit anzufangen. (Beifall.)

Abg. Wurm (U. Soz.): Es gibt keine Wiedergenesung ohne Arbeit, das Wort ist rihtia. Ib have in Weimar sck{on dem hinzu- gefügt: „Es muß aber au Freude an der Arb.it vorhanden seim“. Diese Arbeitsfreudigkeit is nur vorhanden, wenn die Arbeiterklasse sieht, daß sie nit mehr für einen Fremden, für ten Kavitalisten arbeitet, sondern für sih selbst. Arbeiten wir für die Sozia!isierung, dann brauen wir nicht zw verzw: ifeln, (Sehr richtig! links.) Wir werden nicht eber zu geordneten mwirtsdaftépolitishen Verhältnissen kommen, als bis die Arbeiterklasse erkannt hat, doß die Sogialisierung wirklich marscbiert, Die Negierung muß eine Konferenz von Sach- verständigen, nit allein von Interessenten, zusammenberufen, um die Ursachen der Valutaschwicrigkeit und die Möglichkeit ihrer Beseitigung zu vespredben. Das Ergebnis dieser Konferenz muß in einer nicht- zgensierten Denkschrift der Oeffentlichkeit, besonders der Nationaver-

sammlung, __unketrbreitet werden. Wenn es nmch den s{önen Worten des Neichsfinanzministers ginge, dann könnten wir alle Hoffnung haben, daß es wieter bergauf acht, Jn erster

Linie muß er für billige Nahrungsmiitel forgen, er daf niht durd die Umsaßsteuer wieder den Konsum belasten. Ein Einfuhrverbot von Kaffee und Apfelsinen storft das Loh nicht zu, es handelt fich um bedeutend arößere Werte. Mit diesem Verbot allein würde unsere sonstige Einsuhr noch nicht die nötiaen Mittel

zur Verfügung bekommen. Wollen wir genügend NMNokbsstoffe be- kommen, so gehört dazu eine Politik nach außen und innen, die das

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Berirauen des Auslandes erweckt, daß wir wirklih wieder in tie Höbe Tommen werden. Wir bekommen nit eber ein arbeitendes Deu!sctiland wieder, als bis die arbeitenden Massen die Arbeit regeln und bestimmen und für sich den vollen Ertrag verwerten können. Hat die Revolution au) nur wenig die Wünsche der Arbeiter erfüllt, so hat sie ihnen doch zum Bewußisein gebracht, daß sie, wenn sie wollen, das Heft in die Hände bekommen können. Wie sollen wir zu einer Gesundung Tommen, wenn, wie in der Berliner Metallindustrie, die Unternehmer jede Verhandlung verweigern und durch Ablehnung der Lobnerhöhung gercdezu cinen Streik provozieren. Diese Verhältnisse führen bazu, daß wir jeßt wieder erleben, in dicsen Slunden, daß die Regierung sich als Beschüßer der Unternehmer wie in den Putt- famerschen Zeiten fühlt. Dies beweist, daß ivor einer Stunde in einer Versammlung unser Fraktionskollege Abg. Brühl verhaftet worde" ist, Verlangen Sie da, daß die Arbeiter ruhig sind und Vertrauen u æiner ruhigen CEntwidllung haben? Oberbürgermeister Wermuth at mit seinem Vermittlungsversuch nur feine Pflicht erfüllt; er hätte hier niht von demokratischer Seite angegriffen werden sollen. Eine sol Verständiaung wirkt besser auf unsere Valuta als eine Schicßerei. Er hat ich den Dank der Arbeiter verdient. Aus dem einanzdilemma kommen wir nicht heraus, wenn wix nicht "sangfristige Kredite bom Auéland ekommen. Wir müssen wieder Verbindung mit dem Ausland suchen, und solange Nußland uns nicht das E Tann, was wir brauchen, müssen wir uns an das andere Ausland wenden. Es wäre ein Febler, von der Soztalisierung cine plöhliche völlige Veränderung unserer Arbeitsbedinaungen gu emvarten. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Da kenuen Sie Ihre Agitatoren nicht.) Der Ansang muß gemacht werten. Die Sozialisierung ist nur ein Mittel zu dem Zweck, die Produftiviiät im ganzen zu tebeben, ste bedeutet tic vellendelste Produktion und beste Ausnußung der Arbeits- kraft, aber nit Ausdehnung der Arbeitszeit ins Unendliche. Gerade die Verkürzung der Arbeitszeit bebt die intensive Arbeit. Die innere Politï muß umgestalten, was umgestaltet werden muß, damit wir zur höchsten Stufe der Preduktion kommen. Wir brauchen cine Konferenz won Volkswirt\{aftlern, Finang- und sonstigen Sachver- slündigen, die die Frage beraten, aber wir brauden vor allem eine Negterung, die die Nechte ver Arbeiter achtet. Haben wir eine gute innere Politik, so werden auch unsere auêéwärtigen Bezichungen kesser werden. (Beifall bei den Unabhängigen Swozialldemokraten.) i MNeichsfinanzminister E rzberger: Eine old Konferenz ist bereits heute vpormittag 1m Finanzministerium zusammengetreten, wir werden sie fortseßen. Ich sehe es als die höchste Ausgabe der Negierung an, die Rechte der Arbeiter zu achlen. Ich bitte nur den Abg. Wurm und seine (Freunde, uns dabei zu helfen, daß die Arbeiter ihrem Geweube nactgeben können. (Sehr rihtig!)) Daß die Megierung im Metallarbeiterstre? sich auf die Unternehmerseite estellt bcbe, ist eine beweislose Behauptung. Die Negierung hat fic in diesen Streik nicht gemisht. (Widerspru bei den UÜnab- bängigen Sogziclldemekraten.) Versammllungen, die niht angemeldet sind, dürsen unter dem Belagekungézustand nit algehalten werden, ob es si um Arbeiter oder andere handelt. Nach der Verfassung ist jeder Bürger vor dem Gesche gleich; wir können die Freunde des Herrn Wurm nicht privilegieren. Die Negierung achtet die Nechte der Arbeiler, aber gegenüber jedermann. Wer die Geseße nicht beadbtet, muß nah den Geseßen bestraft werden. Ih bin also vollflommen in Uebereinstimmung mit dem Abgeordneten Wurm (Heiterkeit) auch darin, daß, wenn wir die Valuta heben wollen, wir die Arbeiiskraft des Volkes stählen müssen. Die Hebung der Arbeits- kraft Fann allerdings durch ausreitende Ernährung erfolaen. Aber wir machen nicht nur Worie, sondern haben für das nächste halbe Jahr wieder 3% Milliarden Mork für die Verbilligung der Lebens- mittel in einem Nachtragsetat zur Verfüguna gestellt, also in einem Jahre rund 7 Milliarden Mark, um die Prese fir Brot und Fleisch

ab- ¿ mehr als die

usw. auf angemessener Höhe zu halten. Die jebige Regierung tat also egierung, der seinerzeit der Abgeordneie Wurm an-

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gehörte, Das wird die Regierung \ystematisch fortseßen zur Lösung der jeßigen Konflikte. Die große Kalamität ist, daß die Mark im Inland viel höher bewertet wird als im Ausland. Für den Weltbürger ist Deutschland jeßt das billigste Land der Welt. Wir müssen darin einen Ausgleich \ckaffen. Eine weitere Mogaßnahme is die Regelung -der Einfuhr und Ausfuhr. Uédvereinstimmung herrs{t in der Nattonal- versammlung darin, daß der heutige planloje wilde Einkauf chne NRük- sicht auf die Bedürfnisse des deutshen Wirtschaftslebens nicht aufrecht erhalter weiden Tann. In der heutigen Valutakonferenz, die in erster Linie 048 Bankdirektoren bestand, die keine Freunde der Zwangêwirt- chaft sind, war doch. Uebereinstimmung darin, daß jeßt eine Lockerung der Zroangswirtschast unmöglich ist. Das Reich muß in irgend einer Form. eine Negelung treffen. Die Meinungen gingen nur über die Form auéeinander. Im jebigen Augenblick ist eine radikale Aenderung der Zwangóswirtsch«aft niht moglich, wenn nit alles kaputt werden soll, Bei der Regelung der Ausfuhr und Einfuhr kann man erwägen, eine Dringlichkfeitéliste für die verschiedenen Artikel aufzustellen, Ferner brauchen wir eine stärkere Förderung unserer Eigenwirtschaft. Jedêr Doppelzentner Weizen, den wix mehr wachsen lassen, ist eine Maß- nahme zur Hebung der Valuta; ebenso die Förderung der Tertilvoït- stoffe. (Ruf rechts: Aufhebung der Zwangsrwoirischaft!)) Die Meinung der Reglerung ist, daß augenblicklih die Aufhebung der Zwangswirt- schaft unmögli ist. Mit staatlichen Mitteln müssen wir die Eigen- wirtschaft fördern, um uns vom Ausland unabhängig zu machen, Dazu muß die Allgemeinheit beitragen. Gegen die Möglichkeit ter Berschleppung unseres Geldes in das Ausland haben wir Abwehrmaß- nahmen getrcffen; w:r konnen jede Kapitalverschiebung restlos bei der Steuer erfassen. Daß tscbheckcho-slowatische Noten in Deutschland gehandelt werden, ist uns bekannt. Es herrscht eine wahre Jagd nach fremden Cou- pons und fremden Banknoten. Es kommt ein Verbot des Handels in fremden Papieren in Frage, oder es können einige Banken für diesen Ver- fehr fonzessioniert- werden, doch will ih darüber jeßt nit prechen. Die Valutaanleißhe macht es allerdings nicht, das Sbuldenmacen ordnet nicht die Finanzen, aber es gibt, wie im Privatleben, auch im staatlichen Leben Momente, wo man ohne fremde Hilfe sein Geschäft nicht weiterfübren kann. In diesem Augenblick braucht Deutschland eine Hilfe von außen. Darum ist die Valutaanleihe jeßt ein wirk- sames Mittel zur Verbesserung der Valuta. Dem Gedanken der Auswanderungspolitik kann ich nicht folgen. Das Deutsche Reich ift nicht zu klein, um 60 Millionen Mtensccen zu ernähren, wenn alle ibre Pflicht tun. Vor dem Kriege hatten wir eine Million fremde Arbeitskräfte, die wir jeßt nicht brauen. Dazu kommt der Verluft durch den Krieg und durch die Verminderung der Geburten. Die deulsbe Crnte i groß genug, um das Volk zu erhalten. Voraus- scbung ift nur, daß in allen Teilen des Reiches gearbeitet wird. Eine großzügige Auêrwanderungspolitik wäxe ein wirtschaftli®es und natio- nales Unglück. Das deutsche Volk {eint mir zu gut zu sein, um seinen Vebershuß an das Ausland abzugeben.

Abg. Dr. NRießer (D. Vp.): Die deutsche Arbe'tskraft- soll im nationalen Jnteresse, nicht im Parteiinteuesse vernendet werden. Die Revolution hat ein gewisses Herrenbewußtsein in die Arbeiterschaft hineingebracht: alle Räder stehen ill, wenn dein starker Arm es will. Aber nicht auf das Süillstehen der Räder kommt es an, sondern aüf ihre Bewegung. Cs get ört mehr Verstaud dazu, die, Näder in Bké- wegung zu \cßen, als fie stillstehen zu lassen. Herr Noske ift und bleibt ein Mehrheitsfozialist und daher unfer Gegner. Die Achtur.g der Rechte der Arbeiter ift selbstverständlich, aber nit nur der Rette, sondern au der Pflichten. Und es bedarf nicht nur der Achtung der Nechte der Arbeiter, sondern auch der übrigen Volksgenossen. (Sehr richtig! rechts.) Ob eine Katalogisierung der Einfuhr wirklich nüßlich sein würde, möchte ich doch bezweifeln. Die Behandlung der Intere pellation hai das (Gute gehabt, daß sie die Wirkung unserer inneren politishen Verhaltnisse auf vie Bewertung unsexer Valuta im Aus- land gezzigt hat. Jedes wirtscaftlih arbeitende Volk hat die Valuta, die es nah seinen wirts{haftlicen Verhältnissen verdient. Wenn Herr Abeeordneter Bo'z es für richtia hielt, hier roteder die Schuld ám Kriege zu betonen, so wird dies jeßt zu einer ständig wiederkehrenden Gepflogenheit. Darin stimme ih aber mit ihm überein, daß der niedrige Stand der Valuta nicht allein auf das Konto der Finanz- verwaltung zu schieben ist. Die Valuta ist von einer Fülle wirt\chafts- politischer, finanzicller Ursachen abhängig, dann aber auch namentli von dem unglücklichen Wasffenstillstandsvertrag und dem sogenannten Friedensvertrag, den man richtiger Kriegsverlängerungsvertrag nennen sollte. (Sehr richtig!) Die Erholung der Valuta bâängt nicht allein von dem Stande uaserer Zahlungsbilanz ab, der:n Besserung allerdings unbedingt notwendig, aber nicht allein entscheizend ist; enlscheidend ist das Vertrauen, das man in neutralen Ländern unserer Finanz- entwicklung und Finanzerholunasmöglihkeit entgegenbringen muß. Das Vertrauen zu unserer Finanzverwaltung muß vor allen Dingen im Auslande vorhanden sein. Die Vernichtung unseres Heeres urd die demütigenden Friedensbedingungen rauben uüns den Atem. Aus dem Westen werden wir mit Waren aller Art überslüttet, die Banknoten fließen ¿n das Ausland und drücken furchtbar auf unsere Valuta. Alles, was aus und über Elsaß« Lothringen zu uns kommt, muß auf Verlangen der Entente zollfrei eingeführt werden. Jch bin der Ueberzeugung, daß wir durcd Ver- handlungen mit der Entente, wie sie jèbt in Aussicht gestellt sind eine feste Zollgrenze erreichen können und müssen, da die Dinge nicht so weitergehen können. Wenn der MNeichsfinanzminister, der noch bor kurzem scharf betonte, daß er die Zwangswirtschaft beseitigen werde, jeßt porlieptiger bei der Milderung der Zwangswirtschaft vor- gehen will, so find wir im Prinzip damit einverstanden. Wir haben nicht verlangt, daß mit dem Friedens\{luß alles abgeschafft werden soll, wir verlangen nur eine baldmöglichste Aufhebung der Zwangs- wirischaft. Leider ist ¡n Deutschland die Me aas zur einzig blühenden Industrie geworden. Die kleine Besserung Es Valuta in der leßten Zeit ist. wie die ausländischen Käufe an unseren Börsen zeigen, nicht ein Zeichen des wachsenden Vertrauens in unsere Wiriscaft, tas müssen wir uns erst dur unsere Arbeit ver- dienen. Solange die Industrie und der Handel in der heutigen Lage ist, ponoe unsere Valuta nicht besser ist, muß mit der Sozialisierung ¡inhalt getan werden, wo nit zwingende Gründe, die ich. nur in Ausnahmefällen annehmen könnte, bo TeacA. Maßnahmen gegen die E RS end müssen unbedingt getroffen werden, bei den Steuer- maßnahmen muß immer geprüft werden, ob nicht der Nachteil für die Allgemeinheit größer ist als der Vorteil für die Finanzverwaltung. Wenn wir das Vertrauen des Auslandes erreichen wollen, so muß béi uns das Verirzuc:1 auf unsere eigene Kraft und auf eine glüdliche Zukunft des Vaterland s erst recht vorhanden sein. Verwahrung lege ih ein gc;en das Wort eines hohen Beamten, das dieser kürzlich in einer Versammlung gebrauchte, Deutschland sei nur ein M * haufen. Wir brauchen eine friedliche Verständigung wischen Aibeit- gebern und Arbeitern, und dezu mag auh das Betrie! A ogeNeD rem wir durchaus nicht prinzipiell ablehnend gegenüberstehen, dienen. Wir I Uns nur den Bestimmungen, aus denen der Herren- standpunkt der Arbeiterschaft hervortritt. Wenn diese Inter- pellationsdebatte zu einer solden Verständigung die Wege ebnet, dann haben wir ein gutes Biel erreid,t. (Beifall.) N

Damit ließt die Besprechung. d Es folgt die erste Beratung des Entwurfs eines Gesebße zur Abänderung der Verordnung über“ die

Arbeitszeit im den Bäckereien und Kon-

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ditoreien vom 23, November 1918, A S

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