1897 / 118 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 May 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Oesterreich-Ungarn.

Der Minister-Präfident Graf Badeni begiebt sih heute nah Budapest. : i

Die großen Herbstmanöver, denen der Kaiser beizu- wohnen beab tigt, werden, wie die „Reihswehr“ meldet, zunächst zwischen dem I. Korps (Krakau) und dem TI. (Wien) stattfinden; das Allerhöchste Hoflager wird sich während dieser Manöver in Bistriz unterm Hostein befinden. So- dann wird der Kaiser sich an Bord der Yacht „Miramar“ nach Süd-Dalmatien (Neum) begeben, um den kombinierten Manövern der 94. und 9%. Jnfanterie - Brigade und eines Geschwaders beizuwohnen. Den Schluß wird die Theil- nahme an ‘den für Ungarn angeordnetéèn Uebungen bilden, während deren ein Aufenthalt in Totis beabsichtigt wird.

Der Wiener Gemeinderath hat nah einem Referat des Bürgermeisters Dr. Lueger beschlossen, an den Kaiser eine Abordnung zu entsenden und Allerhöchstdemselben eine Adresse zu überreichen mit der Bitte, der Kaiser möge unter Aufhebung der Sprachenverordnungen die A der Sprachenfrage in Oesterreich ' auf ‘dem Wege der Geseß- gebung anordnen.

Rußland.

Der Großfürst-Thronfolger ist, wie dem „W. T. B.“ aus St. Petérsburg gemeldet wird, gestern in Batum ein- getroffen. :

estern Abend ist die Prinzessin Heinrich von Preußen von S E Kiel abgereist. Der Kaiser und die Kaiserin, der Großfürst und die Groß- fürstin Sergius, fowie der Großfürst Paul geleiteten Ihre Königliche Hoheit nah dem Bahnhofe.

Ftalien.

Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer verlas der räsident eine Depeshe, worin Ricciotti Garibaldi mittheilt, daß der italienische Deputirte Fratti in Griechenland gefallen sei. Den ehrenden Worten des Prä- sidenten, welher ausführie, Fratti sei für die große Sache nationaler Unabhängigkeit gefallen, {lossen si viele Deputirte sowie namens der Regierung der Minister der öffentlihen Arbeiten Prinetti an. Du seßte das Haus die Berathung der Anträge, betreffend Afrika, fort.

er Deputirte Dal Vernte (ehemaliger Unter-Staatssekretär in dem früheren Ministerium Ricotit) brachte eine Tages- ordnung ein, worin beantragt wird, die ganze Berathung über die Zukunft Erythräas zu vertagen, bis der Erfolg der Misston des Majors Nerazzini nah Schoa und der englisch- egyptischen Operationen am Nil bekannt sein werde; inzwischen móge die Regierung die militärishen Ausgaben für Erythräa soviel wie mögli beshränken.

Niederlande.

Die Erste Kammer hat, wie „W. T. B.“ meldet, gestern den zwischen dem Deutschen Reich für Preußen einerseits und den Niederlanden andererseits abgeschlossenen Vertrag, betreffend die Unterhaltung des Seefeuers auf Borkum, sowie der Beleuchtung, Betonnung und Bebakung der Unter-Ems, ferner den Nachtrags-Etat, betreffend die Erstattung von Ausgaben, die früher von Preußen e die bezeichneten Zweckcke gemacht, aber dur den früheren festen Beitrag der Nieder- lande niht gedeckt waren, genehmigt.

Türkei.

Der Sultan hat, der „Times“ zufolge, von dem Kaiser von Nußland ein Telegramm erhalten, worin der Kaiser dem Sultan für die Einstellung der Feindseligkeiten dankt. Wie das Wiener „Telegr.-Korresp.-Bureau“ meldet, hätte diese Depesche, welche auch eine Berufung auf das zwischen beiden Reichen bestehende gute, [Ee Verhältniß enthält, den Sultan besonders dadurch freudig überrascht, daß sie ihm in seiner friedlihen Absicht entgegengekommen sei.

Eine in Konstantinopel veröffentlihte amtliche Kundgebung hebi, dem „W. T. B.“ zufolge, die Friedens- liebe der Pforte als allbekannt hervor und betont, die Pläne der Pforte, ihre Aktionen sowie ihre Beziehungen zu den Mächten dienten der Sache des Friedens. Griechenland habe ohne Grund den Angriff gegen die Türkei entgegen dem Völkerrecht und den Verträgen begonnen. AlleMächtehätten die Haltung Griechen- lánds ungereht gefunden: die Pforte sei gezwungen gewesen, den Krieg zu erklären, und die türkishen Truppen hätten die Griechen überall besiegt. Griechenland habe die Vermittelung der Mächte nahsuhen müssen. Die Pforte wünsche ihre friedlichen Jn- tentionen in dem mit der Waffe eroberten Lande zu beweisen. Der Ministerrath habe nah zu vereinbarenden Bedingungen die Einstellung der Feindseligkeiten beschlossen; dieser Beschluß habe die Sanktion des Sultans erhalten. An die Befehlshaber der Armee in Thessalien und Epirus seien bezügliche Jn- struktionen ergangen. Die Friedensbedingungen, welche aus dem Waffenstillstande hervorgehen würden, würden auf den Rechten und Jnteressen der Pforte basieren, um für die Zu- kunft das Ansehen der Pforte an der türkishen Grenze und die Erhaltung des allgemeinen Friedens zu fichern.

Laut amtlicher Mittheilung hat Edhem Pascha an den Kriegs-Minister telegraphiert, daß über Domoko die türkische

ahne wehe und daß das Hauptquartier dorthin verlegt sei.

8 Fi dort drei Gebirgs:Geshüße, ein Zwölfzentimeter- Geschüß und große Vorräthe von Jufanterie- und Artillerie- munition erbeutet worden. Nach einèêèm Bericht Hakki Paschas sei auch Almyro genommen worden.

Die „Agence Havas“ meldet, daß eine griehische Ab- ordnung gestern mit Seifulläh Pascha zusammengetroffen sei. Diejer habe erklärt, er werde den Waffenstillstands- vorschlag Edhem Pascha übermitteln, und habe in Erwartung weiterer Anweisungen in die Einstellung der Feindseligkeiten für 24 Stunden eingewilligt.

__Das vom Schwarzen Meere nach Marseille gehende e H Händels\chi}ff „Artemisia“ ist als Kompensation ür das von den Griechen ‘gekaperte türkishe Handels\chiff in den Dardanellen zurückgehalten worden.

Griechenland.

_Die „Agence Havas“ meldet aus Athen, daß der Minister - Präsident Ralli im Namen der Minister dem Kronprinzen die Bedingungen des Waffenstillstandes mit-

theilt habe, der in ‘Arta abgeschlossen worden ist; die

rundlage dieses Waffenstillstandes sei die Besezung der von den beiden Gegnern vor ‘dem Kriege innegehabten Stellungen. Gleichzeitig hat Ralli den Kronprinzen er- suht, dem Kommandanten der türkishen Streitkräfte die Bedingungen mitzutheilen und demselben zu erklären, daß er der Kronprinz von demselben Augenblick ab die

Feindseligkeiten einstelle, dieselben nur im Fall eines Angriffs

wieder aufnehmen und jede Verantw feit für eine Ver-

Leo des N dem Kommandanten der türkischen äfte zuschieben werde, L E A

Aus Lamia ift in Athen die Nachricht eingetroffen, daß gestern Vormittag um 10 Uhr seitens der beiden I E die weiße Flagge gehißt worden sei. Jn

tadt war eine Panik entstanden, weil sich das Gerücht verbreitet hatte, die Strafgefangenen seien freigelassen worden. Das Einrücken einer Truppenabtheilung in Lamia während der Nacht diente nur dazu, die Panik zu erhöhen. Die Bewohner von Lamia verließen in aller Eile die Stadt, welche indessen von der griechishen Armee t worden ist. Die gestern erfolgte Ankunft des zum ‘General beförderten Obersten Smolenski in Lamia wirkie beruhigend.

Das Ministerium hat beschlossen, daß der Minister des

s Theotokis und der Minister für den Unterricht utaxias nah Stylis abreisen sollen, um zur Hebung des Geistes der Armee beizutragen und bei der E mierung derselben vor den Thermopylen mitzuwirken. er größte Theil der griechischen Armee, welche durch die Brigade Smolenski und durh ein weiteres Korps unter dem Obersten Vassos verstärkt wird, soll den Phurka-Paß beseßen. Der Kron- prinz befindet fich in Taratsa, in der Nähe von Lamia. Das Ost-Geshwader hat den Befehl erhalten, nah dem Hafen von Stylis An gehen. __ Der „Agence Havas“ wird aus Lamia berichtet, daß sich die Gtieden in der Schlacht bei Domoko troß der beträchtlichen Streitkräfte der Türken, die auf 60 000 Mann eshäßzt wurden, tapfer geschlagen hätten. Die Griechen hätten nah Beendigung des Kampfes ihre Stellungen be- hauptet und daran gedacht, am folgenden Tage mit Sonnenaufgang den Kampf wieder aufzunehmen. - Allein der Kronprinz habe s{limme Nachrichten Pu vom rechten, wie vom linken Flügel erhalten und nah Athen tele- graphiert, von wo er die Weisung erhalten de, von Domoko aufzubrehen, da er Gefahr laufe, eingeschlossen zu werden. Gleih Morgens habe nun der Kronprinz seinen Abmarsch angetreten, dann hätten die Offiziere und Soldaten den Ort verlassen und die Richtung nach Phurka eingeschlagen. Der Kronprinz traf Mittags in Lamia ein. Vor dem Ge- feht hätten die Türken mehrere Dörfer und große Gehöfte im Süden von Pharsala in Brand gesteckt. An mehreren Stellen sei die türkishe Jnfanterie bis auf kurze Entfernung an die MIGeR Linien vorgedrungen, welhe jedoch standgehalten ätten.

Der Präfekt Phthiadides und pur bere Gee find beauftragt worden, den in Epirus abgeschlossenen ee, stillstand bekannt zu geben. Eine Abordnung türkischer Offiziere hat denselben Auftrag erhalten.

Der Agent von „Lloyd's Agency“ in Athen ta estern Abend telegraphisch gemeldet, daß der Ee he Post - dampfer „Minerva“, der sih auf der Fahrt von Kon- stantinopel nach Volo befunden habe, durch das Schiff der griehishen Regierung „Kanaris“ gekapert und nach Oreos auf Euböa geschleppt worden sei.

Rumänien. Das Befinden des Prinzen Ferdinand hat sih ge- bessert und war gestern durhaus zufriedenstellend.

Afrika.

Den „Daily News“ wird aus Kapstadt gemeldet, daß die Regierung des Oranje- Freistaats gestern im Volksraad ein Gesez über Fremdeneinwanderung eingebraht habe, dessen Bestimmungen mit denen des jüngst in Transvaal aufg h eren Einwanderungsgeseßzes identish seien. Die erste Lesung sei durch die den Ausschlag gebende Stimme des Präsidenten angenommen worden. Der Volksraad sei mit der Einbringung dieser Bill überrascht worden, als nur 22 Mitglieder anwesend gewesen seien. Man sei der Ansicht, daß das Gese einen nicht wünschens8werthen Durchzug von Einwanderern nach Trans- vaal durch den Freistaat verhindern solle.

Der Volksraad der Südafrikanischen Republik hat gestern eine geheime Sißung abgehalten.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sißungen des Reichs- tages und des Hauses der Abgeordneten befinden fi in der Ersten und Zweiten Beilage.

Jn der heutigen (225.) Sißung des Reichstages, welher der Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. von Boetticher, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats - Minister Freiherr von Marschall und der Staatssekretär des Reichs-Schaßzamts Dr. Graf von Posa- dowsky beiwohnten, wurde der Gesezgentwurf, betreffend die Feststellung eines dritten Nachtrags zum Reichshaus- halts8-Etat für 1897/98, ohne Debatte der Budgetkommission Überwiesen. /

Es folgte die dritte Berathung des von den Abgg. Rickert (fr. Vag.), Ehni (fr. Volkêp.), Dr. von Jazdzewski (Pole), Dr. Sieber (Zentr.), Richter (fr. Volksp.)/! Singer (Soz.) und Werner (Reformp.) eingebrahten Geseßentwurfs, be- treffend das Vereinswesen. Jn der Generaldisfkussion er- hielt zunächst der Abg. Ahlwardt (b. k. F.) das Wort.

(Schluß des Blattes.)

Dem Neichstage ist der nachstehende Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung und des Krankenversiherungsgeseßes, zugegangen :

: Artikel T. _ Die Gewerbeordnung wird durch nathstehende Vorschriften abge- ändert und ergänzt: f 1) Hinter § 114 wird E timmung eingeschaltet : J A.

F Für bestimmte Gewerbe kann der Bundesrath Lohnbüher oder Arbeitszettel vorshreiben, in denen Art und Umfang der übertragenen Arbeit, bei Accordarbeit die Stückzasl, ferner die Lohnsäße und die Bedingungen für die Lieferung von Werk- zeugen und Stoffen zu den übertragenen Arbeiten von dem Arbeitgeber oder dem dazu Bevollmächtiaten zu bérrkunden find. _ Auf ‘die-Eintragungen finden ‘die: Vorjchriften des § 111 Bs bis 4 entspréchende Anwendung.

as Lohnbuch oder der Arbeitszettel is von dem Arbeit- e seine Koften zu beschaffen und dem Arbeiter nah Vollziehung der vorgeschriebenen Eintragungen vor oder bei

der Uebergabe der Arbeit kostenfrei auszuhändigen.

Die E der Lohnb und Ps üher Arbeitszettel wird

durch den D ita i Bundesrath getroffenen Anordnungen sind

Die vid lichen und dem

das j blatt“ zu veröffent d tage be féinein Ersevtl Busammenteilt zur Kenntnißnahme orz

v en. 2) Im S 119 b ist ftatt „S§S 115 bis 119 a* zu seßen:

„«SS 114a bis 119 a“. 3) Hinter § 137 wird folgende Bestimmung eingeschaltet :

8 137 a. Für bestimmte Gewerbe kann durch Beschluß des Bundes, raths angeordnet werden, daß den Arbeiterinnen und jugend. lichen Arbeitern, sofern ihre Ee Beschäftigung in der „Fabrik sechs. Stunden übersteigt, Arbeit nicht mit nah Hause gegeben werden darf. # Die von dem Bundesrath getroffenen Anordnungen sind durch das „Reihs-Gefeßblatt“ zu veröffentliien und dem Reichs tage bei seinem näthften Zusammentritt zur Kenntnißnahme

vorzulegen. & Im § 146 Absatz 1 Ziffer 2 ist statt „§8 139 und 139g“ zu setzen :

s A 1378, 139; 139a*.

5) Am Schlusse des § 146 Absay 1 Ziffer 3 ift beizufügen : „Oder die Eintragungen in die Lohnbücher oder Arbeitszettel (8 114a) mit einem Merkmal versehen, welhes den Inhaber des Lohnbuchs oder des Arbeitszettels günstig oder nachtheilig zu kennzeichnen bezwedt ;“

6) Im § 150 Absatz 1 ist einzuschalten:

„6) wer außer den im § 146 Absfaß 1 Ziffer 3 vorge- sehenen Fällen den Bestimmungen über die Lohnbücher und Arbeitszettel 114 a) zuwiderhandelt.“

7) Hinter § 154a wird folgende Bestimmung eingeschaltet : S 154b.

Die Bestimmungen des § 137 a finden auf die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Werkstätten 154 Absatz 3 bis 5) entsprechende Anwendung.

Artikel IT. Das Krankenversihherungs8geseß wird durch nachstehende Vor- schriften abgeändert und ergänzt: 1) Der § 2 erbält als vierten Absaß folgenden Zusahß:

Auf die im Absay 1 Ziffer 4 bezeichneten Gewerbe- treibenden kann die Anwerdung der Vorschriften des § 1 auh durch Beschluß des Bundesraths erstreckt werden. Die An- ordnung kann auch für bestimmte Gewerbszweige und für ört- liche Bezirke erfolgen.

2) Der § 54 erhâlt als Ziffer 3 des zweiten Absaßes und als dritten Absatz folgende Zusätze: Z 3) daß und inwieweit in Fällen, in welchen die Beschäf- tigung der im § 2 Absatz 1 Ziffer 4 bezeichneten Hausgewerbe- treibenden durch Zwischenpersonen (Ausgeber, Faktoren, Zwischen- meister u. \. w.) vermittelt wird, diejenigen Gewerbetreibenden, in deren Auftrag die Zwischenpersonen die Waaren herstellen oder bearbeiten laffen, den auf die Arbeitgeber entfallenden Theil der Beiträge für die Hausgewerbetreibenden sowie für deren Gesellen (Gehilfen) und Lehrlinge aus eigenen Mitteln zu entrihten haben.

Die den Bestimmungen der Absäge 1 und 2 entsprechenden Anordnungen können in den Fällen des § 2 Absatz 4 ‘auch durch

Beschluß des Bundesraths getroffen worden,

Artikel ITL. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft.

Für die morgen Nachmittag 1 Ubr stattfindende 14. Plenar- sfibung des Herrenhauses lautet die Tagesordnung, wie folgt: Mündlicher Bericht der Kommisfion für Eisenbahn- Angelegenheiten zu dem Bericht über die Ergebnisse des Betriebes der Preußischen Staatseisenbahnen im Betriebsjahre 1895/96; Berichterstatter :

Küper. Antrag: Erledigung durch Kenntnißnahme. Mündlicer Bericht der Kommission für Eisenbabn-Angelegenheiten zu dem Bericht über die Bauausführungen und Beschaffungen der Eisenbahnverwaltung während des Zeitraumes vom 1. Oktober 1895 bis dabin 1896; Berichterstatter: Herr Küper. Antrag: Erledigung durch Kenntnißnahme. Mündlicher Bericht der Kommission für R über die Petition der Wittwe Anna Hansen in Schwab- tedt um Erwirkung einer Entschädigung aus Staatsmitteln für inzwischen aufgehobene Kohli. An-

eine ihrem Ehemann gebörig gewesene, Fährgerechtigkeit; Berichterstatter: Herr Dr. trag: Ueberweisung zur Berücksichtigung. Mündlicher Berit der Kommission für Petitionen über die Petition des Bürgermeisters Beuder in Worringen um fofortige Ausbaggerung der Nheinuferbucht in Worringen auf Staatskoften; Berichterstatter :

Veltman. Antrag: Ueberweisung zur theilweisen Berücksichti- gung. Einmalige S{lußberathung über den Antrag Dr. Udo Graf zu Stolberg-Wernigerode, betreffend die Aufbebung von Zoll- krediten bei der Einfuhr von Getreide 2c.; Berichterstatter: Herr von aae 220 P Antrag des Berichterftatters: Unveränderte An- nahme.

Die Kommission des Hauses der Abgeord neten zur Vor- berathung des Gesetzentwurfs zur Ergänzung und Abänderung von Bestimmungen über Versammlungen und Vereine hat fi konstituiert und den Abg. von Kröcher zum Vorsitzenden, den Abg. Dr. Rintelen zum Stellvertreter des Vorsitzenden und die Abgg. v. d. Groeben, Kraufe (Waldenburg), Dr. Lohmann (Hagen) und von Hagen zu Shriftführern gewählt.

Nr. 20 der „Veröffentlihungen des Kaiserlihen Ge“ fundheitsamts“ vom 19. Mai hat folgenden Inhalt: Perfonal- Nachrichten. Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. Desgl. gegen Cholera. Aus dem Statistishen Jahrbuch von Berlin, 1894. Bevölkerungs- statiftik von Halle, 1889/95. Geseggebung u. f. w. (Deutsches Reich.) Arzneitaxe. (Preußen.) Lepra. Impfwesen. (Berlin.) Nahrungsmittel. (Reg.-Bez. Posen.) Schweineseuchen. (Rea.-Bez- Minden.) Ziegeleien. (Anbalt.) SchlaWhtviehbeshauer. (Oefter- reich.) Sanitäre Berichterstattung. Zulafsung von Frauen bei den philosopbischen Fakultäten. (Schweiz. Kanton Basel-Stadt.) Fleisch 2c. (Brafilien.) Gesundheitsordnung. (Neu-Süd-Wales.) Gesundheits- \chädlihe Gewerbe 2c. Gang der Thierseuchen in Oefterreich, 1, Viertel- jahr. Desgl. in Ungarn. Desgl. in Serbien. Zeitweilige Maß- regeln gegen Thierseuchen. (Preuß. Reg.-Bezirke Koblenz, Düfsel- dorf. Bayern, Oesterreih, Schweiz, Argentinien). Vermischtes. (Preußen. Berlin) Mannheimer Pflaumenmus. Sterblichkeit in Berlin, Breslau, Köln, Nürnberg, 1896. Geschenklifte. Wohen- tabelle über die Sterbefälle in deutshen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Glgjihengen in Krankenhäusern deutsher Großftädte. Desgl. in deutshen Stadt- und Landbezirken. Witterung.

Nr. 16 des „Eisenbahn-Verordnungsblatts“, herauë- egeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 15. Mali, Le folgenden Inhalt: Großherzoglih hessishes Geseß, die ges ehaltsverhältnifse und die Versorgung der Hinterbliebenen der im effsish-preußishen Gemeinschaftsdienft angestellten Staatseisenbahn- beamten betreffend, vom 26. März 1897. Großherzogli hessisches Gesey, die Fürsorge für Beamte infolge von Betriebsunfällen hes treffend, vom 26, März 1897. Nachrichten.

Aus Breslau berichtet die Berliner „Volks-Ztg.“ zum Tischler- ausftande: Die Gesammtzahl der entlafenen ilfen betrug am î 300. Gestecn haben diejenigen Gehilfen, welhe in Accord- arbeit noch 3 bis 4 Wochen B g gehabt hätten, die Arbeit niedergelegt. Die Zahl der F den beträgt nunmehr gegen 1000. In Magdeburg haben, der O Ztg.“ zufolge, die Tishlergesellen durch Beschluß einer ö entlihen A efellen- A EUMGINAI die Forderung an die Meister gerihtet, die Ar auf 94 Stunden herabzuseyen. Ferner wird ein allgemeiner Lohn- aufschlag verlangt. Diese Forderungen sollten den M am L Montag vorgelegt und da, wo sie nicht durch Unter- anerkannt wurden, die Arbeit eingestellt werden. Dies au zum tbeil geshehen, während eine Anzahl Merkstätten 22 mit 126 Gesellen die Forderungen der Gesellen bewilligt haben sollen. Jn den Werkstätten, wo die Gesellen mit den Telgei Arbeits- und Lohnverhältnifsen im allge- meinen zufrieden waren und deshalb den Arbeitgebern die Forderungen niht unterbreitet wurden, ift dies troßdem von der Lohnkommission gesehen, die eine bestimmte Frist zur Abgabe einer Annahme- erklärung festgeseßt hat, widrigenfalls die Arbeit niedergelegt werden würde.

In Mühlhausen i. Thür. stellten nah demselben Blatt alle Arbeiter der Shuhfabrik von Müller u. Schreiber die Arbeit ein, weil den Accordarbeitern am Sonnabend gekündigt worden war.

In München stellten einer Mittheilung des „Vorwärts“ zu- folge 25 Gehilfen der Schuhmacherei von I. Wanninger wegen Lohnstreits die Arbeit ein. i

Aus Paris meldet ,W. T. B.*: Der Mechaniker Delahaye, der als ‘Delegirter Frankreihs an dem Berliner Arbeitershußz- Kongreß theilnabm, is im Alter von 49 Jahren gestorben. Die Geschäftslage der \ozialistishen Glasfabrik Albi hat sih so ungünstig gestaltet, daß zur Fortführung des Unternehmens neue Antheilsheine ausgegeben werden müssen.

Aus Antwerpen wird dem „W. T. B.® gemeldet: Etwa 1000 M etallarbeiter find in den Ausstand eingetreten. Sämmt- liche Metallwaaren- Fabriken, mit Ausnahme von einer, sind geschlossen.

Kunft und Wissenschaft.

Unter dem Titel „Thüringische historishe Kommission“ hat sich eine freie Dereeigung ex historishen Vereine der Thüringi- shen Staaten und einiger Archivvorstände zu gemeinsamer Arbeit zusammengethan. Durch Zusammenfassung aller in Thüringen vor- handenen Kräfte soll eine Reihe allgemeiner historischer Aufgaben gelöst werden. Die Geschäfte werden durch eine von dem „Verein für thüringishe Geschihte" ernannte Kommission von vier Mitgliedern und je einen Vertreter der dem Verbande beigetretenen Vereine geführt. Vorsißender und Stell- vertreter werden von dem genannten Verein bestimmt. Die Kom- mission hat das Recht, weitere Mitglieder zu wählen. Der Kommission gehören eine Anzahl thüringisher Archivare an, desgleichen

istorifer und Rechtshistoriker, sowie der Germanist der Universität ena. Die Publikationen follen vorwiegend Materialsammlungen fein. pur Förderung der im Arbeitsprogramm verzeihneten Arbeiten, esonders dec in Angriff genommenen FInventarisierung der Bestände kleiner Archive, find Bezirke gebildet worden, in deren jedem ein der Kommission angehöriger Hauptpfleger die Arbeiten leitet. Unter ihm arbeiten Pfleger in den einzelnen Amts8gerichtsbezirken und Ortspfleger in den Ortschaften. Die Ernennung der Pfleger und Ortspfleger muß der Kommission angezeigt werden. Die auptpfleger tragen Sorge, das überall die Archivalien verzeichnet werden, und unterbreiten der Kommission ihre Anträge bezw. Veröffentlichungen. Für die Zwette der Inventarisierung ift eine Anweisung für die Pfleger und ein Inventarisierungsvorbild ausgearbeitet worden. Neben der JIn- ventarisierung is die Vorarbeit für Herausgabe eines Corpus juris municipalis Thuringiae begonnen worden. Nicht berührt werden ven der Thätigkeit der Kommission die besonderen Arbeiten des „Vereins für thüringishe Geschichte“ u. a., wie Urkundenbücher, die Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae und die geplanten Publikationen aus thüringishen Archiven zuk neueren

Geschichte.

Die „Gesellshaft für die Erhaltung der geshichtlichen Denkmäler im Elsaß* hat einen Preis ausgeseßt für eine Untersuchung: „Ueber die archäologishen Ergebnisse der vorrômischen Grabhügelfunde des Elsasses*. Für die Vorgeschichte des Elsasses haben Faudel und Bleicher eine Zusammenstellung der bis- herigen Funde begonnen, sind aber über die Steingeräthe wenig hinausgekommen. Aus den folgenden Perioden fehlt nicht nur eine brauchbare Uebersicht, sondern auch eine erste wissenshaftliße Durch- arbeitung des vorhandenen Materials. Ueber die älteste Metallzeit läßt der Stand der Ausgrabungen ein befriedigendes Resultat auch faum erwarten. Dagegen ist die spätere Bronzeperiode mit den sogenannten Hallstatt-Funden und die sich anshließende vorrömische La-Tène-Zeit in den Grabhügeln des-Elfaß reihlich vertreten und besonders dur die im Unter-Elsaß vorzenommenen forgfältigen Aus- grabungen bestens zu illustrieren. Die Gesellschaft wünscht nun eine arhäologishe Gesammtdarstelung der elsäfsischen Grabhügelfunde beider Perioden, in der die sih gleihbleibenden und die abweichenden Merkmale, sowie die GWRges UVebergangstypen möglichst vollständig erörtert werden sollen. uch die Keramik wird dabei besonders zu berüdcksihtigen sein. Diese Darstelung soll auf den Ori- ginalfunden beruhen, deren Provenienz und Aufbewahrungsort genau angeben und die vorhandene Literatur sorgfältig ver- zeichnen. Die Beigabe illustrierender Abbildungen und eine kartographishe Ueberfiht der Fundorte wird erwartet. Der Preis beträgt 600 #4, do behält die Gesellschaft sich vor, wenn keine Ge- sammtbehandlung eingegangen ist, auch brauchbare Theilarbeiten ent- sprechend zu honorieren. Durch die Preisertheilung erwirbt die Gefell- \haft den Besiy des Manuskripts. Die Arbeiten können in deutscher oder französischer Sprache abgefaßt werden und sind, mit einem Motto ver-

sehen, zugleich mit dem in versiegeltem Kuvert enthaltenen Namen"

des Verfassers bis zum 1. April 1898 an den Präsidenten der Gefell- haft einzureichen.

Aus Paris meldet „W. T. B.*, daß die Akademie der Wissenschaften daselbst ven Profesor der Mathematik F. Klein in Göttingen zum auswärtigen Mitgliede gewählt hat.

Bauten.

Für Entwürfe zu einem neuen Kurhause in Wies- baden shreibt der Magistrat dieser Stadt eine öffentlihe Preis- bewerbung aus. An Preisen sind ausgeseßt ein erster zu 6000 4, ein zweiter zu 4000 Æ, zwei dritte zu je 2000 (A und zwei vierte zu je 1000 A Außerdem sind 4000 4 zum Ankauf weiterer Entwürfe ausgeworfen. Preisrichter sind die Herren Geheimer Regierungs-Rath

rof. H. Ende in Berlin, Geheimer Baurath Prof. Dr. P. Wallot n Dresden und Prof. Fr. Thiersch in München. Einlieferungstag ist der 30, November d. J. Die Unterlagen sind gegen Einsendung von 5 M4 zu beziehen, die bei ZCbeliguag oder nah Rücksendung der unterlagen, falls diese innerhalb vier Wochen erfolgt, zurückerstattet erden,

Land- und Forstwirthschaft.

Saatenstand in Syrien.

Die frishe Witterung, welhe während des vergangenen Monats in ganz Syrien Derr ste, und die Regen, welche im April von Zeit zu Zeit fielen und dem Boden ausr de Feuchtigkeit zuführten, haben auf den Stand der Saaten in Syrien sehr vortheilhaft ein- gewirkt. Die Nachrichten aus dem Innern lauten gleihmäßig günstig, und man rechnet überall auf eine gute Ernte.

Ernteergebnisse Dänemarks im Jahre 1896. Ueber die Anbauflähe und das Ernteergebniß Dänemarks im Jahre 1896 liegt folgende Ueberfiht vor: .

Ernteertra Anbaufläche Getreideart in 1000 ha auf 1 ha in kg e 1000

48 2917 140

280 1793 502

E A 297 1805 536 E a oen A 425 1562 664 S s a 4e 52 9386 488

Saatenstand in Dänemark.

Roagen und Weizen haben den Winter gut überftanden. Jhr jeßiger Stand wird durhshnittlich als ein recht befriedigender be- zeichnet. Die kalten Witterungsverhältnisse der leßten Wochen haben ¡war bier und da, namentlih im nördlihen Jütland, die Entwickelung der Wintersaaten etwas beeinträchtigt, indeß verlautet nichts von durh Nachtfröfte verursachten nennenswerthen Beschädigungen.

Die Frablahrsondlaas ist sehsreihige Gerste ausgenommen nunmehr fast überall beendet. Ihr Stand wird als befriedigend bezeihnet. Die Bestellung der Felder zur Aufnahme der Kartoffeln und anderer Wurzelgewächse ist im Gange. / i

Die in den Gemen Tagen eingetretenen wärmeren Witterungs- verhältnisse dürften in Bälde ihren Einfluß auf eine kräftigere Ent- widckelung der Saaten und Weiden geltend machen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeïn.

Aus den „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ Nr. 20 vom 19. Mai.

est.

British-Oftindien. Îag amtlicher Feststellung („Papers relating to the outbreak of bubonic plague in India. Presented to Parliament by command of Her a uo F betrug die

ahl der Erkrankungen (und Todesfälle) in der Stadt Bombay im

ftober 1896 389 (276), im November 333 (268), im Dezember 1655 (1160), im Januar 1897 2374 (1825), vom 1. bis 8. Februar 835 (810), in Karachi (Kurachee) im Dezember 1896 47 (59), im Ja- nuar 1897 808 (743), vom 1. bis 8. Februar 364 (340), in 38 andern indishen Ortschaften und Distrikten vom 18. Dezember 1896 bis 8. Februar 1897 1515, darunter in Thana 630, in Puna 390, in Ratnagiri und Ahmedabad je 74, in Satara 70. Einer Nachriht vom 23. April zufolge lassen die gesundheitlichen Verhältnisse in Bombay nunmehr unzweideutig eine stetig fort- shreitende Besserung erkennen. Die Gesammtzahl der Todesfälle an allen Krankheiten in der am 20. April beendigten Woche betrug 836 gegen 949, 997, 1120, 1115, 1242, 1311, 1467, 1634, 1710, 1891 in den zehn Wochen vorher.

Cholera.

Britisch - Ostindien. Kalkutta. Vom 28. März bis 3. April ftarven 118 Personen an der Cholera, 16 an Pocken und 215 an Fiebern. Gelbfieber.

In den beiden Wochen vom 2. bis 15. April zählte man, den „Public health reports“ zufolge, in Havanna 20 bezw. 19 Todes- fälle, darunter 17 bezw. 19 unter spanischen Soldaten im Militär- lazareth und 80 bezw. 82 Neuerkrankungen, ferner vom 4. bis 11. April in Cienfuegos und vom 1. bis 7. April in Matanzas je 1 Todesfall, vom 7. bis 13. März in Rio de. Janeiro

5 Todesfälle. Verschiedene Erkrankungen. _

Pocken: Madrid und New-York je 3, Moskau 2 Todesfälle; London (Krankenhäuser) 3, Paris 8, Sk. Petersburg 9 Erkrankungen; Rüdfallfieber: Moskau 2 Todesfälle; Genickstarre: Regierungs- bezirk Arnsberg 3, New-York 7 Todesfälle; Regierungsbezirk Arns- berg 8 Erkrankungen; Influenza: Berlin, Danzig je 2, London 29, Moskau 3, New-York 11, Paris 4, St. P 6 Todesfälle; Nürnberg 15, Kopenhagen 32, Stock&holm 26 Erkrankungen ; K e uch- hvsten: London 35 Todesfälle; Milzbrand: Altona 2 Todes- fälle; Tollwuth: Moskau 1 Todesfall; Roß: St. Peters- burg 1 Todesfall. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Masern (Durchschnitt aller deutshen Berichtsorte 1881/90: 1,30%): in Edinburg Erkrankungen sind angemeldet in Berlin und Breslau je 23, in den Regierungsbezirken N 264, Posfen 222, in München 194, Nürnberg 23, Hamburg 43, Budapest 167, Edinburg 397, Kopenhagen 27, St. Petersburg 276, Prag 73, Stock- holm 20, Wien 643 desgl. an Scharlach in Budapest 42, Edinburg 34, London (Krankenhäuser) 231, Paris 33, St. Peters- burg 80, Wien 95 desgl. an Diphtherie und Croup in Berlin 50, im Regierungsbezirk Arnsberg 125, in München 70, Hamburg 37, Budapest 25, Kopenhagen 31, London (Krankenhäuser) 107, Paris 51, St. Petersburg 111, Wien 58 desgl. an Unter- leibstyphus in St. Petersburg 73.

Die Minister der geistlichen, Unterrichhts- und Medizinal-Angelegenheiten und des Innern haben mittels eines an die Königlichen Regierungs-Präsidenten und den Königlichen D Dra tenten zu Berlin gerichteten Runderlasses vom

1. März 1897 die nachstehenden Anweifungen zur Nach- achtung bei dem diesjährigen"Impfgeshäft , wie überhaupt bis auf weitere Bestimmung für die Folge“, gegeben:

„Da der Bedarf an thierishem Impfstoff nach Errichtung einer ausreihenden Zahl von staatlichen Anstalten zur Gewinnung thierischen Impfstoffs leiht und in genügender Menge jederzeit gedeckt werden kann, so bestimmen wir, daß in Zukunft für die offentlihen Impfungen im allgemeinen ausschließlich thierisher Impfstoff aus den Landes- anstalten zu verwenden ist. Sollte in einem einzelnen Falle si die Benutzung von Menschenlymphe als nothwendig erweisen, so ist dies von dem Impfarzte besonders zu begründen.

Durch die Untersuchungen über den thierishen Impfstoff, welche von der von mir, dem Minister der geistlichen, Unterrihts- und Medi- zinal-Angelegenheiten, eingeseßten Kommission ausgeführt und in dem durch Verfügung vom 29. Oktober v. J. M. 16346 über- sandten Druckbericht niedergelegt sind, ist erwiesen, daß lange und nahe bei einander gelegte Smpfscnitte, bei welhen ein Zusammen- fließen des um jede Impfpustel der Regel nah entstehenden Ent- zündungshofes eintritt, je nach der Individualität des Impflings stärkere Reiz- und Entzündungsersheinungen veranlassen können. Behufs Vermeidung solcher Folgen is deshalb darauf zu achten, daß die Anweisung, wona die Länge der Schnitte höchstens 1 ecm und ihre Entfernung von einander mindestens je 2 cm betragen foll, von den Impfärzten befolgt wird. Kreuz- und Gittershnitte, welche nach den Berichten noh vereinzelt angewandt werden, find zu unter- sagen. Bei der Wirksamkeit des thierischen Impfstoffs erscheint in den meisten Fällen ein einmaliges Einstreichen in die klaffend ge-

haltenen Schnitte anstatt der bisher vielfah geübten wiederholten -

Einreibung des Impfstoffs ausreichend.

Erwielen ist ferner, daß die wirklichen erysipelatösen und phlegmonösen Entzündungen (Erysipelas Phlegmone) durch die in der Thierlymphe vorhandenen bekannten Keime, wie auch die Unter- suchungen über den Keimgehalt des von den preußischen Anstalten er- zeugten Impfstoffes neuerdings wieder festgestellt haben, A erzeugt werden, sondern daß dieselben, wenn sie auftreten, accidentelle Wund- infektionskrankheiten sind. Es wird deshalb die Aufmerksamkeit der Impfärzte ganz besonders darauf zu richten fein, da eine Uebertragung spezifisher Jnfektionserreger in die Impf- wunde nicht stattfindet. Zu diesem Zweckè müssen die Impfinstrumente durchaus rein sein und, so lange feine weitergehenden Vorschriften er- gangen sind, mindestens den Bestimmungen im § 17 der Vorschriften, welche von den Aerzten bei der Ausführung des Impfgeschäfts zu be- folgen sind (Anlage I des Runderlasses vom 6. April 1886, M. 8745 1), enispte end behandelt werden. Darüber hinaus empfiehlt es ih, daß

der ein fteriles Instrument zu jeder Impfung verwendet und vor Beglun des I Be Bie und Arme, “inte vor jeder

Hirurgi eit desin m gleichen Sinne ift ihl darauf zu legen, daß die Be- stimmungen im § 2 der Verhaltungsvorschriften für die Angehörigen der Smpfringe nlage M und im § 6 der Vorschriften, welhe von den Orts-Polizeibehörden bei der Ausführung des Impf| esbäftes zu befolgen find (Anlage Ill des erwähnten Runderlasses), arie die L Ziffer 19 dieses Runderlasses zu leßterem Paragraphen gegebene Erläu- terung innegehalten werden, wonach die Impfpflichtigen oder andere zur Impfung Felgnaende Personen mit reingewashenem Körper und mit reinen Kleidern zur Impfung gestellt und für den Fall, daß dies nicht zutrifft, zurückgewiefen werden müssen. Um eine Störung der ordnungsm ßigen Abwickelung des Impfgeschäfts durch solhe Zurük- Engen thunlichst zu vermeiden, ist zweckmäßig ‘bei Abhaltung eines öffentlihen Impftermins Vorsorge zu treffen, pes eine noch erforder- lih erscheinende Reinigung des Armes mit Wasser und Seife dabei ausgeführt werden kann. : j

Behufs Vermeidung einer Ueberfüllung der Impfräume und zur möglihsten Sicherung einer rashen und ungestörten Ausführung der Impfungen sind die Vorladungen an der Hand der Erfahrungen so zu gestalten, daß bei Erstimpflingen die Zahl 50, bei Wiederimpslingen die Zahl 80 im einzelnen Impftermine voraussihtlich niht über- schritten wird. Es ift dabei niht ausgeschlossen, daß mehrere Impf- termine an demselben Tage und in demselben Impflokale mit an- gemessenen zeitlihen Zwischenräumen angeseßt werden.

ie Schwierigkeit, mit welcher die Feststelungen über behauptete

Impfschädigungen nah Ablauf einer längeren Zeit verknüpft zu sein pflegen, macht es erwünscht, daß die Behörden thunlihst alsbald Kenntniß von den Fällen erhalten, bei denen ein abnormer Verlauf der Impfung beobachtet wird und vermuthet werden kann, daß die- selben zur Behauptung einer Impfshädigung früher oder später Anlaß geben können. Die Impfärzte sind deshalb anzuweisen, daß sie von derartigen Fällen, welhe aus eigener Anshauung im Naclhschautermine oder anderweit zu ihrer Kenntniß gelangen, der zuständigen Behörde Mittheilung machen, damit die nah dem Runderlaß vom 22. Mai 1895 M. d. g. A. M. 3941 M. d. I. T1. 6480 angeordneten that-

\ählihen Ermittelungen rehtzeitig vorgenommen werden können. Zur Cs einer ordnungsmäßigen Durchführung des Impf- ivi ba wollen Euere Hohwohlgeboren den

hnen unterstellten NRegierungs- und Medizinal-Rath beauftragen, daß derselbe einzelnen Impfterminen in der jeweiligen Impfperiode beiwohnt. Dies würde unvermuthet zu gesehen haben Sofern die Anzeige der Impftermine seitens der Ortsbehörden an die Regierungs- Präsidenten noch nicht überall vorgeshrieben worden, ist dies zu vor- stehendem Zweck noch anzuordnen.“

Verkehrs-Anstalten.

Laut Telegramm aus Goch ist die erste englijche Post über Vlissingen vom 19. Mai ausgeblieben. Grund: Sturm auf See. P

Bremen, 20. Mai. (W. T. B) Norddeutscher Lloyd. PD. „Havel“, v. New-York kommend, 19. Mai Nahm. Dover passiert, überbringt 494 Passagiere und volle Ladung. „Saale“ 18. Mai Mittags v. New-York n. d. Weser abgeg. „Roland“, v. Galveston kommend, 18. Mai Nm. Lizard passiert. „München“, v. Baltimore kommend, 18. Mai Nm. Dover passiert. „Wart- burg“, v. Brasilien kommend, 18. Mai Mrgs. in Antwerpen angek. „Heimburg* 18. Mai v. Santos abgeg. „Lahn“, n. New-York best, 19. Mai Mrgs. Dover passiert. „Werra“ 19. Mai Mrgs. in New - York angek. „Roland“, v. Galveston fommend, 19. Mai Mittags Dover passiert. „Coblenz“, n. Brasilien best., 19. Mai Mrgs. in Oporto angek. „Habsburg“, v. Brasilien kommend, 19. Mai Vm. Las Palmas passiert. „Stuttgart“, n. Australien best., 19. Mai tim in Neapel angek. „Barbarossa“ hat 19. Mai Nm. die Reise v. Ant- werpen n. Bremen fortgeseßt. :

London, 19. Mai. (W. T. B.) Castle-Linie. „NRoslin Castle* hat heute auf der Ausreise Madeira passiert.

Union-Linie. „Tartar“ is heute auf der Heimreise in Madeira angekommen.

Notterdam, 19. Mai. (W. T. B.) Holland-Amerika - Linie. D. „Spaarndam“, von New-York nah Notterdam, hat gestern Nachmittag Lizard passiert. D. „P. Caland“ von News York heute Vormittag in Amsterdam angekommen. D. „Obdam“ von Rotterdam heute Nachmittag nah New-York abgegangen.

Bukarest, 19. Mai. Die Bahnverbindung mit dem Auslande auf der Linie Verciorova—Bukarest, welche infolge Ein- sturzes einer Brücke bei Slatina unterbrohen war, ist wieder- hergestellt. An zwei Stellen müssen die Reisenden umsteigen,

Theater und Musik.

Königlihes Schauspielhaus.

Zwei klassishe Werke heiteren Charakters gingen am Dienstag in neuer Einstudierung wieder in Scene: ein deutsches und ein französisches. Den Anfang machte Heinrich von Kleist’ s köstliches einaktiges Lust- spiel „Der zerbrochene Kru g“, welches seit dem Tode des Hof- \chauspielers Krause, der den Dorfrichter Adam zu seinen besten Rollen zählte, in Ermangelung eines geeigneten Darstellers nicht mehr zur Aufführung gekommen war. Auch die vorgestrige Wiederaufnahme des Werks war nur durch einen Kompromiß ermöglicht, indem Herr Ober- Regisseur Grube muthig in die Bresche sprang und den \{chwierigen Part des Dorfrichters selbst übernahm. Was er bot, war eine kluge und bis ins kleinste Detail fleißig ausgearbeitete Leistung, wie das bei dem eindringenden Verstande des künstlerishen Leiters des Schauspiel- hauses wohl vorauszuseßen war; nur der Humor kam dabei ein wenig zu kurz. Der Dorfrichter Adam is nun einmal ein komisher Schelm, der sich in sein eigenes Lügengewebe verstrickt ; seine mit viel Ver- shmitßtheit gepaarte Dummheit muß mehr zum Lachen reizen, als seine Bosheit zur Entrüstung Anlaß geben. Herr Grube betonte, wie bereits bemerkt, den Bösewicht ein wenig zu stark. Herr Heine spielte den Schreiber Liht mit anerkennenswerther Charakteristik, blieb aber au der Rolle manchen kleinen, feinen Zug shuldig, den seinVor- gänger Herr Vollmer so meisterlih wirksam werden ließ. Ganz am Plaße war hingegen Frau Schramm als resolute Klägerin, Frau Martha Rull, welche die einstigen Schönheiten ihres zerbrohenen Kruges mit großer Lebendigkeit zu schildern und ihr Neht tapfer zu verfehten wußte. Das von Fräulein Hausner und Herrn Krüger verkörperte Liebespaar konnte befriedigen, ebenso die Leistungen der übrigen, das Ensemble vervollständigenden Mitwirkenden. Ganz im Stil der Dichtung gehalten war die Aufführung des nahfolgenden Moli ère’shen Lustspiels „Die gelehrten Frauen“ in der forgfältigen

ereimten Uebertragung Ludwig Fulda’s. Auch hier stand frau Schramm als die schöngeistige, alternde fkofkette Belise mit ihrem unershöpflihen Humor und ihrem fein schattierenden Darstellungsvermögen im Vordergrunde. Das Gleiche gilt von Herrn Vollmer, welcher den unter den Blicken feiner willens\tarken, gelehrten Gattin Philaminte bebenden Ghemann Chryfal vollendet zur Anschauung brachte. Die Philaminte selbst wurde von Fräulein Haverland überaus wirksam verkörpert. Die beiden fo ver- chieden gearteten Töchter Hs Ehepaares fanden in en Abich und Fräulein Lindner die geeignetsten Vertreterinnen. Ein besonderes Lob verdient ferner Herr Herßer für seine Wiedergabe des shmaroßenden Dichterlings Trifsotin. Unter den übrigen Mit- wirkenden sind noch die Herren Keßler, Arndt, Purschian und Link, sowie Frau Conrad mit Anerkennung zu nennen. Das Werk felbst wirkte fast aktuell wie eine Satire auf gewisse Aus- artungen der modernen Frauenbewegung. Einige Kürzungen an Stellen, die Hes ihre Wiederholung von bereits Gesagtem zu sehr in die Breite gehen, wären vielleiht rathsam. Das Publikum folgte mit sichtlihem Behagen den lustigen Vorgängen und gab feine Be- friedigung mehrfach durch Beifall kund.