1897 / 119 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 May 1897 18:00:01 GMT) scan diff

berichtliher Antrag der Rechnunas - Prüfungs - Kommission, ein Bericht der Rentenbank-Kommission sowie achtzehn Berichte und Anträge des Petitions-Ausschusses. Endlich sind folgende Wahlen vorgenommen worden: die eines Mitgliedes und zweier stellvertretenden Mitglieder des Provinzial-Ausschufes sowie des stellvertretenden Vorsißenden des Ausschusses, ferner eines bürgerlihen Mitgliedes der Ober-Ersaßkommission Il im Bezirk der 36. Jnfanterie-Brigade und von drei Mitgliedern der Provinzial-Kommission zur Prüfung der leßten Jahres- rechnungen. Als Mitglied und stellvertretender Vorsißender des Provinzial-Ausshusses hatte seit vielen Jahren der Landespfennigmeister Niemand in Heide fungiert. Der Provinzial-Landtag gab in einem Schreiben an denselven seinem Bedauern über den durch sein hohes Alter gerecht- fertigten Nücktritt unter dankbarster Anerkennung seiner be- deutenden Verdienste um das Wohl der Provinz besonderen Ausdruck und wählte an seiner Stelle den Ober-Bürgermeister Dr. Giese zum stellvertretenden Vorfißenden des Provinzial-

A : ain Sachsen.

Jhre Majestät die Königin traf gestern Mittag von Karlsbad in Villa Strehlen cin und seßte um 4 Uhr 30 Mi- nuten Nachmittags die Reise nah Sibyllenort fort, wo die Ankunft um 10 Uhr Abends erfolgte. Der Aufenthalt Jhrer Majestäten des Königs und der Königin in Sibyllenort wird sih, dem „Dresdner Journal“ zufolge, bis ungefähr Mitte Juni erstrecken.

Baden.

Jhre Königliche Hoheit die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen trifft, wie die „Karlsr. Ztg.“ meldet, heute Nachmittag von Venedig in Karlsruhe ein.

Hessen.

Die Ueberreichung der von Seiner Majestät dem Kaiser von Rußland für das 2. Großherzoglihe Dragoner-Regi- ment (Leib-Dragoner-Regiment) Nr. 24 gestifteten Standarten- bänder fand heute auf dem Griesheimer Uebungsplaß durch den Obersten von Nepokoitshißky in Gegenwart Jhrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs und der Groß- herzogin statt.

Oesterreich-Ungarn.

Der ésterreichishe Minister-Präsident Graf Badeni sowie der Mere QUee Finanz-Minister Dr. von Bilinski sind heute in Budapest eingetroffen.

Im österreichishen Herrenhause begann gestern die Adreß-Debatte. ‘ra von Chlumecky besprach die Thronrede und drücte jeine Anerkennung für den Dreibund aus, welcher währènd des griechish-türkishen Krieges sich als Hort des Friedens erwiesen habe: er gedachte der Kaiser- begegnung, hob das freundschaftlihe Verhältniß zu Rußland hervor, welches eine Gewähr für die Erhaltung des Friedens bedeute, und dankte dem Kaiser, dessen personlihem Eingreifen dieser Erfolg zuzuschreiben sei. Freiherr von Chlumecky besprach fodann die auf den Ausgleich bezüglichen Stellen der Thronrede, die freudig zu begrüßen seien. Gleich darauf seien die Sprachenverordnungen erschienen, welche bei seiner Partei \{chwere Bedenken erweck hätten, so- wohl hinsihtlich des Zustandekommens eines modus procedendi der Regierung als auch hinsihtliÞG des Jnhalts. Die Sprachenverordnung habe den Waffenstillstand, der nah dem Scheitern des 1889er Ausgleichs nah dem Grundsaße „uti possidetis“ geherrscht habe, unterbrohen. Seine Partei bedauere die Verordnung, weil sie den Schein erwecke, als ob sie die Staatsrechtsforderung unterstüße. Die Frage sei im Geseßgebungswege zu regeln; er bitte um die Annahme des von der Minorität vorgeschlagenen Absatzes der Adresse. Graf Franz von Falkenhayn erklärte namens der Rechten, daß er den Adreßentwurf in der vorliegenden Fassung an- nehme. Der Minister - Präfident Graf Badeni besprah sodann die Sprachenverordnungen in Böhmen und in Mähren und bemerkte :

Er ftelle diesen Gegenftand voran, weil er der einzige und jeden- falls witigfie Differenzpunkt sei, der die Parteien des Hauses bezüglih des Adreß-Entwurfs trenne. Die Erfahruzgen außerhalb des Hauses bâtten bewiesen, daß in diesem beispiellos leidens(aft- lichen Parteikampfe Klagen gegen diese Verordnungen erhoben würden, welck: an dem wahren Inhalt derselben nit den geringsten Anbalt bätten. Man spreche von einer Beeinträchtigung und Vergewaltigung des Deutshthums. Er wifffse niht, welhe konkrete Bestimmung diese Befür@tung erwecken könnte. Die Verordnungen enthielten zwei Kategorien von Bestimmungen : die erfte bezüglich des Parteienverkebrs, die zweite be- zügli des inneren Dienstes sowie der Qualifikation zu demselben. Hinsichtlich der erften Kategorie werde der bereits durch die Ver- orduung vom Jahre 1880 geschaffene Zustand eigentlih aufreht er-

Mas die zweite Kategorie anbetreffe, so babe jeßt die zweite Landessprathe in allen Amtshardlungen obne Unterschied zur An- wendung zu fommen. Der Eirwand der Antragsieller des Minoritätz2- votums, daf die Verordnung über das thatsädhlib: Bedürfniß hinaus- reibe, ici nit bearünbet. Der Beariff des thatsählichen Bedürfnisses Tei fehr debnbar. Er gebe aber zv, taf die Verordnungen in ibrer Aus-

hrung grwifsen Schwicrigfeiten unterlägen, wie diese bei jed weitouSsgreifenden Aktion vorfämen. inorit ; weiter, daß diese Verortnungen au den ftaatsre

gelterden Verfaffung unvercinbaren Anfprüchen gegentämen. Tonne nur wiederholen, das dieser Mechtszustand beretts

die Verordnung vom Jak geidafen worden fei:

daher g vcsrdhtunges gehegt werden sollten, mien fe ihne Ableitung wes dieser Verordnung

Setther fien 17 Soahre verstrihen, zud er glaube f

Eónnen, daf tirscGcabhren fih alé ilusori& erwiden bätten.

Legung ber Devtithen sei unvereinbar zit seinen Gefühlen und seiner amten Stellung. Den Gebarfen ciner Regelung der Sprathen- frage îm Wege ver Gesetzgebung weise die Regierung unter Wohrung ihres prinzipiellen Staritpunficé urrd Rede nit ab. Sélic#li@ empicyl der Minifier-Profivert als Rithtichnur tindrtnglih dir Shlr5- säße ber Nbrefie: cine warme Pflege des vfterzzidisden Staatégeda

und ine Versöhnung ber GSegersüuge.

Grof Kuefsstein begrüßte das Wiedererwahen des chrisi- iden Simnes der Bepôöllerung. Freiherr von Scharschmäüidt erflürie, bie Deutiéhen hätien die Sprachenverordnung pon 18809 nädi ancianmi. Die neuen Spraenperorbnungen seien mur eine Eioppe auf dem Wege zum böhmäsdhen StiactreWt. Na den Séhlußworien des Berithtersiatiers Freiherrn von Czedif nuhm dos Hous în der Spejialberathung oÿyne Debatie die Mbresie der Mojorität zum theil einstimmig, zum theil gegen die Stimmen Per Linken in zweiter u britier Lesung an.

Bei den froatischen Landtiagswehler f es iw Bezir? von Petrimzj o zu größeren Ausschreitungen gekommen Die Seriburmen mußien von ber Shußwaofe Gebrau maten : éin Bouer wurde gebiet.

Großbritannien und Frland.

Im Unterhause erklärte gestern der Parlaments- Sekretär des Curzon: die italienishe Regierun habe die britische ala davon benachrichtigt, da sie die Besezung Kassalas nicht aufrecht zu erhalten wünsche, sie möchte sich aber hinfihtlich des Zeit- punktes des Rückzugs über die Ansichten der britischen und der egyptishen Regierung unterrichten. Die Regenten werde zwischen der italienishen und der britishen Regierung erörtert. Der Erste Lord des Schazamts Balfour theilte mit, er hoffe, die Pfingstferien des Hauses für die Zeit vom 4. bis 14. Juni anseßen zu können. Das Haus nahm sodann die dritte Lesung der Vorlage an, durch welche den Volks- schulen Staatszushüsse gewährt werden. Ds eines An- trags zur zweiten Lesung der Finanzbill stellte James Lowther einen Unterantrag, worin erklärt wird, daß das gegenwärtige Finanzsystem gegenüber den stetig steigenden An- orderungen des Staatsdienstes unzureihend und daß die Zeit zur Erschließung verschiedener neuer Steuerquellen gekommen sei. Der Kanzler der Schaßkammer Sir M. Hicks Beach, der den Antrag bekämpfte, meinte, derselbe ziele auf Schußzölle ab. Lowther glaube, daß es mit England rapid herunter gehe, während andere Länder infolge des Schußzolls unter Zinsüigerèn Bedingungen mit England konkurrieren könnten. Die enormen Einkünfte Englands unter dem gegenwärtigen Steuersystem, fuhr Sir M. Hicks Beach fort, bildeten hierauf die beste Antwort. Großbritannien habe ein enormes Uebergewicht im Welthandel. Jm Falle des Eintretens einer ernsten Handelsnoth oder eines großen Krieges könnten allerdings neue Steuerquellen nothwendig werden, aber für die augen- blicklihen Bedürfnisse reihe das jeßige Finanzsystem aus. Lowther zog sodann seinen Unterantrag zurück, worauf die zweite Lesung der Finanzbill ohne besondere Abstimmung an- genommen wurde.

Frankreich.

Der Staatssekretär der Südafrikanishen Republik Dr. Leyds ist gestern in Paris eingetroffen.

Rußland.

Der Großfürst Paul Alexandrowitsch is, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, unter Belassung in dem Kommando als Führer der 1. Garde-Kavallerie-Division zum General-Adjutanten ernannt worden.

Jtalien.

In der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer er- klärte der Minister des Aeußern Visconti Venosta in Be- antwortung einer Anfrage des Deputirten de Cesare: Die Regierung schenke dem neuen Zolltarif der Vereinigten Staaten von Nord - Amerika die größte Beachtung und habe nicht verfehlt, die Aufmerksamkeit der Vereinigten Staaten auf die Schädigung hinzulenken, welche den italienishen Jateressen aus diesem Tarif erwachsen könne. Jtalien gedenke nicht, eine Politik der Repressalien einzuschlagen; aber wenn die Vereinigten Staaten auf ihren Absichten beharren sollten, werde die italienische Regierung sih genöthigt sehen, zu prüfen, ob gewisse amerika- nische Einfuhrartikel und einige amerikanishe Geschäfte us Versicherungsgesellschaften 2c.) den Gegenstand analoger Maß- nahmen aus Gründen der nothwendigen Vertheidigung bilden könnten. Hierauf nahm die Kammer die Berathung der An- träge, betreffend Afrika, wieder auf. Der Kriegs-Minister, General Pelloux bestätigte, daß die Aufrechierhaltung einer wirksamen Beseßung der erythräischen Kolonie bei einer Be- willigung von nur 7 Millionen Lire unmöglich sei. Zu diesem Zwecke würde, wie der Minister-Präsident di Rudini am 15. d. M. bereits erklärt habe, ein Aufwand von ungefähr 30 Millionen erforderlich fein. Es sei daher ausgeschlossen, außer Massowah einen größeren Plaß der Hochebene zu halten oder gar wieder in das frühere Dreieck Massowah-Asmara:Keren einzurücken. Der Minister erklärte, daß man Kassala bisher hauptsächlih aus moralishen Gründen beseßt gehalten habe, daß es aber bei einer Neuorganisation der Kolonie angebraht erscheinen dürfte, dasselbe aufzugeben. Die beste Lösung der Frage sei, die Kolonie wieder in ähnliher Ausdehnung wie in den Jahren 1892/94 abzugrenzen, wobei es vortheilhafter sein dürfte, dieselbe einem Zivil-Gouverneur zu unterstellen, dem man eine gewisse Aktionsfreiheit einräumen fönnte. Der Minister kam zu dem Schluß, daß eine Bewilligung von 7 Millionen Lire ausreichend sei, falls man auf eine militärishe Beseßung der Hochebene verzichte. Alsdann ver- theidigte der Minister-Präfident di Rudini das afrifkanische Programm der Regierung, indem er die gegnerishen Redner widerlegte und, nach dem Bericht des „W. T. B.“, sih folgendermaßen äußerte:

Er glaube, daß der Augenblick gekommen sei, um zu einem Abs(luß zu gelangen. Er fei erftaunt über das Einbringen mehrerer TageZordnungen, welche einen Aufshub beantragten, und wiederhole autdrüdÆli, daß feineriei geheime Verträge, noch mündlihe oder iriftliche Verpflihiungen erxistierten, welhe das Haus nicht kenne. Die Kammer wisse ebeusoviel von der Angelegenheit wie die Regierung. Er sei immer für die Bestellung eines Zizil-Gouverneurs in Erythräa grm-sen. Er begreife fehr wobl, daß die enzrgishen und radi- falen Maßnahmen, welche er vorsdflage, Widerspru hervor- riefen. Er müfse aber nohmals betonen, daß die Regierung Lestrebt sei, eine Politik zu verfolgen, welhe die Abgrenzung der militärischen Besetzung möglihft auf Mafsowah zu beschränken suhe. „Was die Mittel zur Erreibung dieses Zieles betrifft, so find dieselben von der Gesammtbeit der Umilände abbängio, die zum großen Theile mäh- tiger find als unser Wollen und Können.“ Die von verschiedenen Seiten beantragte sofortige Räumung von Erythräa halte er für unmögli, bemann mans bedürfe zunächst einer Zeit der Ruhe und Sammlung, bevor man zu einem endgültigen Ent- idlu6 gelangen fönne, was in dieser Sah2 am besten zu thun s. Er verstehe nicht, warum der Abg. Dal Verme diz Aufrehterbaltung der Beseßung von Kassala für noth- wendig erade. Œs fei zwar rihtig, daß, falls Sgypten sih in Om- durman festsee, Italien Kafsala ohne Geiahr behalten könne, do würde es einerlei Nutzen daraus ziehen. Es habe nihts in Kafsala zu hon, uxd wens 8 dort bleibe, würden ih die s{hweren diplo- motishen urbd militäriien Fehler wiederholen. Er mae nochmals darauxí aufmerfiam, daß tie Occupation der OXhebene cinen Auf- wand von 19 Miliionen Lire erfordere. Die Regierung kenne sehr wohl die Stimmung des Landes, die von einer tiefen Unzufriedeaheit mit den wiribdaoftlihen Chwierrigtziten und ben Härten ber Besteuerung zeuge. Dáese Unzrfricdenbit föune rit dur leihtfinnige und unüberlegte Un- ternébmunger, sordern vur tur ernsthafte Sorgfalt beseitigt werden, bie

| man bem titalienisden, midt aber tem ervthräisden Bolte juwende.

Ex werde zwer nit die Bertrauentfrage stellen, doch werde er nit im Amte bleiben, falls vie Kammer fich nicht mit seinen Plänen cin- verstorben erflice. Crines Freuxten T\owobl, wie seinen Gegnern rufe er zu, fie sollten bei Abgabe ihrer Stimmwmes nit an das Ministerium, onbers an bat VDaterlaxt bextes.

Húerauf wurde die Debatie geschlossen und zur Begrlin-

j dung der beontragien Tagesorbnungen übergegangen,

è Spanien.

Die Cortes sind gestern ohne Thronrede erö worden. Im Senat brahte die Regierung den E wurf einer Reform des Militär - Strafgeseßbuchs eine Vorlage, betreffend die Vermehcung der höheren Marine-Offizierstellen nah Maßgabe der Flottenvergrö erung, ein. Der Deputirtenkammer legte der Minister des Innern Cos -Gayon einen Gesegentwurf vor, durch welchen der Regierung für alle während der Parlamentsferien ge- troffenen Maltiadinei Jndemnität ertheilt wird. ur Breiung des Geseßentwurfs wird eine Kommission gebildet werden.

Gegenüber einer Meldung des „Standard“, daß der Präsident Mac Kinley seine Vermittelung bezüglih Cubas an- bieten und verlangen werde, daß Spanien Cuba an die Aufständi- schen verkaufe, erklärt die „Agenzia Fabra“ : die spanische Regierung werde niemals einem Verkaufe zustimmen und auch in einer Angelegenheit, die Spanien allein angehe, keine auswärtige Vermittelung annehmen.

Luxemburg.

Nach einer drei Tage währenden Debatte hat, wie „W. T. B.“ meldet, die Deputirtenkammer gestern einen An- trag der Deputirten Servais und Genossen auf Herahb- seßung des Wahlzensus von 15 auf 10 Fr. mit 23 gegen 8 Stimmen verworfen und einstimmig eine Vorlage, betreffend die Abschaffung der Kopfsteuer, angenommen.

: Türkei.

Jn Thessalien ist nunmehr gestern, wie die „Agence Havas“ berichtet, definitiv ein Waffenstillstand von 17 Tagen abgeschlossen worden, nahdem es noch am Dienstag und Mittwoch zu einem Kampfe gekommen war, über welchen „W. T. V.“ aus Chalkis vom gestrigen Tage meldet: 15000 Türken verfolgten am Dienstag Mittag die Griehen von Domoko aus und eröffneten das Feuer mit s{chweren Geschüßen. Der Phurka - Paß war nur von 10000 Mann griechisher Jnfanterie bewacht. Die übrigen Truppen der griechishen Armee befanden si bereits auf dem Rückzuge nah Lamia. Der Kampf endete um 8 Uhr Abends. Die Griechen behaupteten ihre Stellungen und zogen sich dann am Mittwoch früh nah Taraßza einem Orte zwishen Phurka und Lamia, zurück. Die Türken verfolgten sie. Um 10 Uhr Vormitiags kam es zu einem neuen Gefecht. Etwa zwanzig Schwadronen türkisher Kavallerie machten eine Umgehungsbewegung und versuhten den Rückzug der Griechen zu hindern. Es wurde ein lebhaftes Feuer seitens der Griechen unterhalten, durch welches den Türken größere Verluste beigebraht wurden. Der Kampf wurde dann plößlich infolge der Vorbereitungen für den Abschluß eines Waffen- stillstandes abgebrohen. Die Griechen zogen sich auf Lamia zurück. Gestern, Donnerstag, gingen die türkishen Truppen hinter den Phurka-Paß bis jenseits der alten Grenze zurü.

Auch in Epirus is der Waffenstillstand zu stande gekommen, nachdem ein Versuh der dortigen türkishen Be- fehlshaber, mit den griehishen Führern wegen Herstellung der Waffenruhe in Verbindung zu treten, an der Haltung der Griechen gescheitert war, die von dem türkishen Parlamentär keine Notiz nahmen. Die Griechen versuhten noch am Mitt- woh mit 2 Bataillonen von Arta aus einen neucn Vorstoß auf türkishes Gebiet *zu machen und beschossen die Stellungen der Türken mit Artillerie.

Nach ciner Meldung der „Agence Havas“ wird eine Kommission höherer Offiziere beider Heere eine neu- trale Zone zwishen den Armeen feststellen.

Aus Kanea meldet die „Agenzia Stefani“/, daß die Ein- chiffung der griechishen Truppen ihren Fortgang nehme. Die Admirale beständen darauf, daß auch die Kriegsmunition und die Waffen eingeschifft würden. Die Jnsurgenten be- gönnen fsich zugängliher und versöhnliher zu zeigen, mit Ausnahme jedoch derjenigen bei Kandia und an einzelnen anderen Punkten.

Griechenland.

Der Kronprinz hat, wie aus Athen gemeldet wird, sein Hauptquartier bei den Thermopylen aufgeschlagen; bei ihm befinden sich General Smolenski und Oberst Vassos. Die Armee steht bei Lamia und bei Molo.

Der chemalige griechishe General- Konsul in Kanea ist nah dem Abgang der leßten Abtheilung der grie- chischen Truppen von Kreta in Athen eingetroffen.

Cipriani, der in dem leßten Gefeht bei Domoko eine \{hwere Verwundung am Knie erhalten hat, ist nach Athen gebracht worden.

Dänemark.

Dem „W. T. B.“ wird aus Kopenhagen gemeldet, daß das Folkething, nahdem es sich als unmöglih erwiesen habe, ein neucs Ministerium mit Unterstüßung des Lands- things zu bilden, dessen Abstimmung über die Finanzvorlage am 8. d. M. die Demission des Kabinets Rheedgz-Thott ver- anlaßte, auf nächsten Montag zu einer Sißzung einberufen worden sei. Gerüchtweise verlaute, man werde versuchen, das jezige, bis zum 1. Juni geltende interimistishe Finanzgeseß auf zwei Monate, also bis zum 31. Juli, zu verlängern, da bis dahin die Ministerkrisis wahrscheinlich beendet sein werde.

Amerika,

Der Staatssekretär Sherman hat, wie „W. T. B.“ meldet, dem Senat eine Zuschrift des deutshen Botschafters rc von Thielmann unterbreitet, welhe nah den Instruktionen der deutschen Regierung abgefaßt ist und gegen die geplanten amerifanischen Differentialzöólle auf Zudcker aus Ländern, welhe Exportprämien zahlen, Ver- wahrung einlcgt. Das Schreiben führt aus, daß, wenn diese Zölle eingeführt würden, Deutschland vor die Frage gestellt werde, ob die nah dem Gegenseitigkeitsvertrage von Saratoga vom Zahre 1891 auf Waaren aus den Vereinigten Staaten, insbesondere auf Ackterbau-Erzeugnisse, ausgedehnten Vortheile der Minimaltarife, wie fie in èen Verträgen Deutschlands mit mehreren anderen Staaten festgesest wurden, au fernerhin gewährt werden könnten. | : :

Gestern hat der Senat gegen 14 Stimmen eine Resolution des Senators Morgan aagenommen, worin erklärt wird, daß auf Cuba der Kriegszustand herrshe. Die Vereinigten Staaten würden strenge Neutralität beobachten, indem sie beiden Theilen die Nechte kriegführender Parteien zugeständen.

ein sowie

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sizung des Reichstages befindet fich in der Ersten Beilage.

—. is Dex e Ben (226.) Sißung des Reichstages, der Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. von Boetticher und der Minister für Handel und Gewerbe Brefeld beiwohnten, wurde die zweite Be- rathung des Gesezentwurfs wegen Aenderungen der Gewerbeordnung (Handwerkervorlage) fortgeseßt, und war bei dem § 100. Nah diesem können Zwangs - Innungen auf Antrag ae ale für Handwerke leicher oder verwandter Art dur die höheren Verwaltungs- hehörden gebildet werden, 1) wenn die Mehrheit der betheiligten Gewerbetreibenden dem Zwange zustimmt, 2) wenn der Bézirk der Jnnung so abgegrenzt ist, daß die Mitglieder an dem Genofssenschaftsleben theilzunehmen in der Lage sind, L wenn die Zahl der vorhandenen Handwerker zur ildung einer E gen JFnnung ausreicht. Diese Vorausseßung ist jedenfalls dann gegeben, wenn zwanzig Handwerker bei- tragspflichtig sind. ad

In besonderen Fällen, so beantragt ein Zusaß der Kow- mission, kann auch ohne Zustimmung der Mehrheit die Zwangs- innung eingerihtet werden; auch kann der Antrag darauf gerichtet werden, daß die Zwangsinnung beschränkt wird auf diejenigen Hand- werker, welche in der Regel Lehrlinge und Gesellen halten.

Ein Antrag des Abg. Metzner (Zentr.) will in diesem Falle nur die Handwerker mitstimmen lassen, welhe Lehrlinge und Gesellen halten; ein Antrag des Abg. Bassermann (nl.) will für die Bildung der Zwangs-Innungen eine Zweidrittel- Mehrheit vor- geschrieben wifffsen.

Abg. Dr. Schneider (fr. Volksp.) beantragt die Wieder- herstellung der Vorlage mit der Beschränkung, daß Zwangs-Innungen nur für diejenigen Handwerkir gebildet werden, welche Lehrlinge und Gesellen halten.

Ab E er (Zentr.) empfiehlt seinen Antrag, der eigentli selbstverständlich fei.

Abg. Bassermann (nl.): Gegen die Zwangs-Innung walten in den Handwerkerkreisen Süddeutshlands und auch erheblicher Theile Mitteldeutshlands aroße Bedenken ob. Das geht deutlich bervor aus den Zuschriften der Meistervereine, welhe nicht auf Grund der Innungen, sondern in frcien Vereinigungen zusammengetreten sind. In diesen Kreisen is kein Wunsch vorhanden nach dem großen Maß bureaufkfratisher WBevormundung, welhes mit jeder Innung verbunden is. Wir können daber über die Regierungsvorlage nicht hinausgehen, {hon weil dieselbe der Regierung immer noch die Mög- lichkeit bietet, einer beantragten Zwangs-Innung aus besonderen Gründen die Genehmigung zu versagen. Die Kommisjionsbeshlüsse gehen aber über das zulässige Maß hinaus, namentlih bezüglih des von Herrn Gamp beantragten Zusaßzes, daß auch ohne Zustimmung der Mehrheit der Betheiligten eine Zwangs-Innung gebildet werden fann. Zur Bildung der Zwangs-Innungen müssen zwei Drittel der Betheiligten zustimmen, weil nur die freudige Mitarbeit der großen Mehrzahl der Mitglieder ein reges und gedeihlihes Innungsleben sichert. Die Zahl von zwanzig Mitgliedern iff durchaus nicht immer genügend; denn diese zwanzig können gerade sehr wenig leistungsfähig sein. Eine genaue Prüfung der Verhältnisse is dringend nothwendig. Man jollte auch nicht zwei Kategorien von Handweikern \{hafen, die mit Gefellen und die ohne Gefellen. |

Abg. Dr. Freiherr von Hertling (Zentr.): Jh habe es bisher unterlassen, meinen von der Mehrheit meiner Freunde abweichenden Standpunkt darzulegen. Ich hätte das auch unterlassen, wenn nicht der § 100 fo gestaltet worden wäre, daß ih ihm unmöglich zu- timmen Tann. Das lebhafte Interesse meiner politischen Freunde für die Hebung des Handwerks theile ih durhaus. Ich ge- hôre auch nicht zu denen, welche immer wieder von dem Unter- gange des Handwerks zu erzählen wissen. Diez Entwickelung der Verhältnisse bat diese Prophezeiung ebenso Lügen gestraft, wie die andere Behauptung von der wachsenden Verelendung der Massen. Man wird wie die leßtere auch die erstere Theorie aufgeben müssen. Ich weise darauf hin, wie alles, was sich an die Gas- und Wasserinstallation und an die Elektrizität ans{ließt, dem Hand- werk neu gewonnen ist. Auch für bie Förderung korporativer Ver- bânde trete ih wie vor 20 Jahren ein. Es handelt sich lediglih um die Frage der Durchführung der Organisation, die meiner Meinung nach niht auf dem Boden eines allgemeinen Zwanges erfolgen foll. Gegen die obligatorische Innung habe ich mich daher stets ausgesprohen. Was mir über die Erfahrungen in Oesterreich mitgetheilt ist, hält mich von ähnlihen Einrichtungen zurü. In Oesterreich stehen die Zwangsorganisationen zum größten Theil nur auf dem Papier. Jh kann deshalb nur auf den Boden treten, den die Regierungsvorlage bietet. Es handelt sih dabei um einen Kom- promiß, und ih bin bereit, meine Bedenken gegen die Zwangs-Innung theilweise zu unterdrücken, weil die Vorlage sie zum theil beteitigt hat. Es ift die Gefahr nit beseitigt worden, daß die Mehr: heit, welche die Zwangs - Innung will, aus «den tehnisch und wirthschaftlichz Zurücgebliebenen besteht, welhe den fort- geschrittenen Elementen die Innung aufzwingt. Aber das wird niht immer der Fall sein, es ift vielfach bestritten worden, daß die Mehrheit der Handwerker die Innungen will. Die Vor- lage giebt die Möglichkeit, die ps auf das Exempel zu machen, ob “‘wirklich die ehrheit der Handrwoerker Innungsfreunde sind. Aber ich kann nicht für die- Beschlüsse der Kommission stimmen, weil dadur die Möglichkeit gegeben ist, die Initiative in die Hände der Behörden zu legen. Wir haben gar keine Veranlassung, die diskretionären Befugnisse der Verwaltungsbehörden zu erweitern. Wir haben auch allen Anlaß, die Verwaltangs- behörden gegen Agitationen zu s{chüßen, die in dieser Bestimmung nur neue Nahrung finden würden. - Das Maß von Arbeit, welches bisher nußlos für Agitationen verwendet wurde, soll jeyt auf die eigentlide Jnnungsarbeit fkonzentriert werden. Der FInitiative der Betheiligten will ih aber keine zu großen Hindernisse bereiten, des- halb werde ih gegen den Antrag Bassermann stimmen.

j ai Schluß des Blattes nahm der Abg. Dr. Schneider as Wort. :

__— Das Herrenhaus nahm heute seine Plenarsißungen wieder auf. Verstorben sind seit der legten Sißung des Loe die Mitglieder Staatssekretär Dr. von Stephan und

raf von Rothkirch-Tra ch. Der Präsident Fürst zu Wied widmete den Verstorbenen einen Nachruf und gedachte besonders anerkennend der großen Verdienste des verstorbenen Organisators und Leiters des deutshen Postwesens. Das Haus ehrte das Andenken an die apa! chiedenen Mitglieder in der üblichen Weise,

Neu berufen sind: Christian e M Qi Stolberg- Wernigerode auf Grund erblihen Nets, Graf von der Recke-Volmarstein, präsentiert vom Landschaftsbezirke Fürstenthum Oels.

Auf den schriftlihen Glückwunsch, welhen der Präsident auf Beschluß des Hauses an das Mitglied Fürsten von Bis- mardck an dessen Geburtstage gerichtet hat, ist von demselben ein Dankschreiben eingegangen. Das Haus nahm von dem- selben Kenntniß. |

Darauf machte der Präsident gg rfe von den ein- gegangenen Vorlagen und von den seinerseits getroffenen einstweiligen Verfügungen.

Zur Verhandlung stand zunächst der Bericht über die Er- gebnisse des Betriebes der preußishen Staatsbahnen im Be- triebsjahre 1895/96,

Der Referent - der Eisenbahn-Kommission, Ober-Bürger- meister Küper beantragte, den Bericht durch Écantnisnalme für erledigt zu erklären. Das Wort nahm zunächst der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen. - f: (Schluß des Blattes.)

Arbeiterbewegung.

Aus Barmen wird der „Rhein.-Westf. Ztg.“ berichtet: Am Mittwoch haben in der Eisengießerei von Opterbeck u. Ziegler 50 Former und Hilfsarbeiter die Arbeit eingestellt. Der S des Ausstandes foll in „Maßregelung“ einiger Arbeiter zu uchen fein.

In Stettin hielt der neu gegründete Arbeitgeberbund aus den Holzbearbeitungsbetrieben am Dienstag eine Ver- sammlung ab, in der, wie die „Ostsee-Ztg." meldet, eine aus ses Mitgliedern bestehende Schied8gerihts-Kommission gewählt wurde zur S(lichtung von Streitigkeiten zwishen Arbeitgebern und Arbeit- nehmern. Die Lobnkommission der ausftändigen Gesellen hat an sämmilihe Meister ein Rundschreiben gerihtet, in dem die Forde- rungen der Ausftändigen nohmals unterbreitet werden. Die Ver- sammlung lehnte es ab, sh überhaupt auf das Schreiben einzulassen. (Val. Nr. 115 d. Bl.) j

Aus Oberschlesien wird dem „Vorwärts* geschrieben: Auf der Leogru be bei Czernowiß und auf der Neu-Przemsa-Grube bei Myslowiy sind die Bergarbeiter-Ausstände mit geringem Erfolge für die Arbeiter beendigt worden. Ein neuer Ausstand i auf der Wanda-Grube bei Myslowiß ausgebrochen. |

Aus Triest meldet ,W. T. B.“: Sämmtliche Arbeiter des Oesterreihishen Lloyd haben wegen Unzufriedenheit mit dem disziplinaren Vorgehen der Direktion und mit den Dienstverhältnissen gestern Vormittag die Arbeit eingestellt.

Aus New-York berichtet die „Vos. Ztg.“ unter dem 17. d. M.: 24 000 New - Yorker Schneider, die für die Konfektionsgeschäste New-Yorks und der Umgegend arbeiten, haben die Arbeit niedergelegt. Viele von den Ausständigen sind arme polnishe Juden. Die Noth hat sie zum Ausstand getrieben.

Kunst und Wifsenfchaft.

4+ Ein sehr nüßlihes Nachshlagewerk is unlängst im Verlage von W. Spemann von der Generalverwaltung der Könige lihen Museen zu Berlin unter dem Titel „Kunsthandbuch für Deutschland* herausgegeben worden. Es stellt eine wesentlich vermehrte, in allen Theilen ergänzte und berihtigte Neuau8gabe des von Rudolf Springer bearbeiteten und im Jahre 1880 zuerst erschienenen „Statistishen Handbuhs für Kunst und Kunstgewerbe im Deutschen Reiche“ dar. Der Bibliothekar der Königlichen Museen Dr. Ferdinand Laban hat die mühevolle Neugestaltung des überreihen und fort- währender Veränderung unterworfenen Stoffs in gewissenhafter und übersichtliher Weise durchgeführt. Der Inhalt des auf nahezu siebenhundert Oktavseiten angewahsenen Buches gliedert fi in folgende Rubriken: Behörden der Kunjtverwaltung, denen sich die Reichsanstalten und die Inventare der Kunstdenkmäler einzelner Staaten und Provinzen anschließen, Sammlungen, deren Bestand dur Einbeziehung der bedeutenderen Privatsammlungen eine wesentliche Bereicherung gegen früher erhalten hat, und Kirchenshäße. Dann folgen die Lehranstalten für Kunst und Kunstwissenschaft, Universitäten, Tech- nischen Hochshulen, Kunst-Akademien, Kunste und Ae Ne, technishe Bildungsanstalten. Die Besetzung der einzelnen Lehrstühle und Fächer, die Studienpläne, Lehrmittelsammlüungen und Stipendien sind auf Grund forgsamer direkter Informationen ausführlich verzeichnet. Die Gruppe der Vereine, die künstlerische oder kunstwissenshaftliche Inter- effsen vertreten, zerfälit in Alterthumsvereine, Künstlervereine, Kunst- vereine, funstgewerbliche Vereine, Architektenvereine und photographische Vereine. In einem Anhang werden die wichtigsten in Deutschland er- \cheinenden Kunstzeitshriften sowie die Institute für Kunstauktionen zusammengestellt, Den Beschluß bilden die mit Gewissenhaftig- feit gearbeiteten Register von Personen- und Ortsnamen. In der Gruppierung des uen wie in den Einzelangaben verräth si ein bewunderungéwürdiger Fleiß und kluge Beherrshung des oft {wer zu übersehenden Materials, sodaß mit der Zahl der gemachten Stichproben das Vertrauen zu der Zuverlässigkeit des so vielen Be- bôrden und Cinzelperfonen unentbehrlihßen Handbuhs wächst. Für eine Beurtheilung der Kunstpflege im Deutschen Reiche ist hier ein werthvolles s\tatistishes Material aufgehäuft, "dessen Benutzung ficherlih nah mancher Richtung Nutzen stiften wird. Der heraus- gebenden Behörde wie dem umsihtigen Verfasser sind daher Alle zu Dank verpflihtet, deren Beruf oder Lebensstellung sie mit den künst- lerishen Verhältnissen und Zuständen des engeren oder weiteren Vaterlandes in Berührung bringt. Die Ausstattung des Werks zeugt von gediegener Vornehmheit, sodaß der Ladenpreis von 10 A mäßig genannt werden darf. Hoffentlich ermögliht der starke Absaß eine periodische Fortführung des nüßlihen Unternehmens; jede Neu- auflage bedeutet für ein solches Werk begreifliherweise eine Be- reihzrung und Steigerung der Zuverlässigkeit der Angaben.

Die diesjährige Versammlung der Internationalen krimi- nalistish en Vereinigung, Landesgruppe Deutsches Reich, findet am 9. und 10. Juni (Mittwoch und Donnerstag nah Pfingsten) in Heidelberg statt. Am Dienstag, den 8. Juni, findet Begrüßung und gesellige Vereinigung in der Museumswirthschaft statt; für Head, den 11. Juni, ist der Besuch der Strafanstalten Bruchsal und

islau in Aussicht genommen. Den Hauptgegenstand der Berathungen wird die Frage des Strafensystems unter dem Gesichtspunkte der Durchführung grundsäßlicher Reformen auf dem Gebiete des Strafvollzugs im Rahmen der bestehenden Gesehgebung bilden. Berichterstatter hierüber sind Geheimer Justiz - Rath, Professor Dr. Seuffert-Bonn und Geheimer Regierungs-Rath Dr. Krohne-Berlin. Die Seuffert’shen Vorschläge bestehen aus acht Thesen nebst eingehender Darlegung und werden der Versammlung gedruckt vorliegen. Als weiterer Berathungsgegenstand ift in Aussicht genommen die Frage der sogenannten Unschuldsftrafen, d. i. der straf- rechtlihen Hastbarkeit ohne jeglihes oder wenigstens ohne volles Verschulden. Auch ist ein Antrag des Geheimen Fustiz-Raths, Professors Dr. von Liszt auf Berathung von Satzungen für die Landesgruppe angemeldet. Bemerkt sei noch, daß sich in Heidelberg ein Ortsaus su gebildet hat, bestehend aus den Herren Rechtsanwalt Dr. Helm, rofelor Jellinek, Professor von Lilienthal, Gener Hofrath, Professor G. Meyer, Privatdozent Dr. Mittermaier, Geheimer Regierungs-Rath Pfister, Staatsanwalt Sebold, Oberamtsrihter Süpfle, Ober-Bürgermeister Wilkens. Anfragen über die Tagesordnung und Anmeldungen nimmt Privat- dozent Dr. W. Mittermaier in Heidelberg, Karlstraße 8, entgegen. Anmeldungen werden möglichst bis zum 31. Mai erbeten.

Schulwesen.

Hinsichtlib des Turnunterrichts in den Schulen, ins besondere der Pflege der sogenannten volksthümlichen Uebungen, hat der Minister der geistlichen 2c. Angete enheiten unter dem 15. März d. I, eine Verfügung an die Provinztal-Schulkollegien und die König- lichen Regierungen erlassen, in welcher es beißt: Sowohl bei den Set yigungen des Turnunterrihts in den Schulen als auch bei den Turnlehrerprüfungen ist wiederholt wahrgenommen worden, daß die

E volköthümlichen Uebungen, namentli das Stabspringen und die Sur eungen nit nach Gebühr gepflegt worden shaldigun kann für diefen Uebelstand

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nur in den Einflüssen ge

unserem Klima unvermeidlihe Hallenturnen auf den Turns-. betrieb überhaupt leiht ausübt. Der Minister sieht sih deshalb veranlaßt, tür das Turnen im Freien während des Sommer-

Halbjahres die Pflege der genannten Uebungen noch besonders zu -

empfehlen. Auch der s{hulgerechte Lauf (vergl. § 22 im Leitfaden für den Turnunterriht in den preußischen Volksschulen) und der Lauf und Sprung über Hindernisse ist auf den Turnpläßen eifrig zu üben. Gleichzeitig maht der Minister auf die unerfreulihe Erscheinung aufmerksam, daß oft gerade die leistungsfähigstea Turner, denen einzelne \{chwierigere, bei Schauturnen besonders beliebte Uebungen trefflich gelingen, bei der Ausführung grundlegender ein- facher Üebungen die rechte Sauberkeit vermissen laffen. Er sieht hierin die Folge davon, daß bier und da die unerläßlihen, zum Schulturnen gehörenden Uebungen unter dem einseitigen Streben nah kunsft- turnerishen, in die Augen fallenden Leistungen verna(lässigt werden. Es werde gleihmäßig darauf zu halten sein, daß im Turnunterrit der Schulen überall den Gesichtépunkten gebührend Rechnung getragen werde, welche in dem Leitfaden für Turnunterricht in den preußischen Volksshulen von 1895 und in den Lehrplänen für die böheren Schulen von 1892 dargelegt worden sind. Die Behörden haben das danach Erforderliche zu veranlassen.

Bauten.

Dem Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten hat der ohne Genehmigung des Ministeriums zur Ausführung gebrahte Umbau einer Kirche Veranlassung zu einem Runderlaß (vom 6. März 1897) an die Regierungs-Präfidenten gegeben, worin zur Wahrung der Interessen der Denkmalkpflege für künftige ähnliche Fälle darauf auf- merksam gemacht wird, daß nach der Zirkular-Verfügung vom 24. Januar 1844 (Zentrbl. der Unterrihts-Verwaltung für 1888, S. 153) der Regierungs - Präsident unzweifelhaft berehtigt is, die Ortspolizei- behörden int ed daß alle Bauprojekte, welhe auf Um- und Erweiterungsbauten, auf theilweisen oder gänzlihen Abbruch, überhaupt auf irgend eine Veränderung sich beziehen, vor Er- theilung des Baukonsenses ihm zar Kenntnißnahme eingereiht werden. Der MNegierungs- Präsident hat daun, soweit ihm die Entscheidung nit Bos des Ministeriums allgemein überlassen ist, an dasselbe zu berichten, und es darf vor erfolgtem Besch:zide zur Ausführung der beabsihtigten Maßnahmen nicht geschritten werden.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Wien, 21. Mai. (W. T. B.) In der gestrigen Sißung der Akademie der en ain berichteten die von der Akademie zum Studium der Beulenpest nah Indien entsandten Aerzte mündlich über ihre Thätigkeit im Pestgebiet. Sie hoben hervor, daß weder die Serum-Injektionen des Dr. VYersin noch die Präventiv- Impfungen des Dr. Hafffin erfolgreid seien. Die Gefahr der Ein- \{leppung der Pest in Europa sei relativ recht gering. Ein aus- Ee schriftliher Bericht wird später der Akademie vorgelegt werden.

Bombay, Donnerstag, 20. Mai. (W. T. B.) Seit Ausbruch der P eft sind insgesammt 12 324 Personen an der Pest erkrankt und 10 507 Personen der Seuche erlegen. Die Gesammtzahl der in den lezten 15 Tagen gestorbenen Personen beträgt 1105.

Verdingungen im Auslande.

Oesterreich-Ungarn.

31. Mai, 12 Uhr. Baudirektioa für die Wiener Stadtbahn: Ausführung von Hochbauten. Bauloose 17 und 18. Näheres bei der K. K. Baudirektion für die Wiener Stadtbahn (VIl Mariahilfer- straße 126), für die Station Hütteldorf-Hacking bei der K. K. Bau- leitung der Wiener Stadtbahn, Sekticn Wienthal- und Donaukanal- linie (IX Waisenhausgasse Nr. 16), für die Haltestelle Breitensce und für die Station Penzing bei der K. K. Bauleitung der Wiener Stadtbahn, Sektion Vororte- und Donaustadtlinie (XV Gersten- gasse 1) und beim „Reichs-Anzeiger“.

Niederlande.

9. Juni, 11 Uhr. Departement für Waterstaat, Handel & Nyverheid im Haag: Lieferung von Steinkohlen für den Bedarf der Dampffahrzeuge an der Capelschen und Drongelenshen Fähre, Provinz Nordbrabant. (Schäßung 7,50 fl. für die Schiffstonne.) Bédingungsheft Nr. 135 liegt nah 26. Mai zur Einsicht im Gebäude des Departements und bei den Provinzial-Verwaltungen auf und ist ferner gegen Kostenerstattung erhäitlich bei Gebrüder van Cleef, Spui 28 a im Haag; nähere Aufschlüsse ertheilt der Hoofdingenieur vor rivieren im Haag, Fluweclen Burgwal 16 b, sowie das Bureau der Arbeiten zur Verlegung der Maaßmündung zu Hertogenbosch.

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 21. Mai. (W. T. B) Norddeutscher Lloyd. PD. „Lahn“ 19. Mai Nm. Reise von Southampton n. New- Vork fortges. „München“, v. Baltimore kommend, 19. Mai Abds. a. d. Weser angek. „Wartburg“ 19, Mai Nm. Reise von Ant- werpen n. Bremen fortges. „Havel*, v. New-York kommend, 20. Mai Mrgs. a. d. Weser angek. „Aachen“, 19. Mai Nm. v. Baltimore n. d. Weser abgeg. „Bayern“, v. Ost-Asien kommend, 19. Mai Nm. in Suez angek. „Karlsrube“, n. Australien be- stimmt, 20. Mai Vin. in Albany angek. „Trave“ 20. Mai Mrgs. in New-York angek. „Sachsen“, n. Ost-Asien bestimmt, 20. Mai Nm. a. d. Weser angek. „Barbarossa“, v. Australien kommend, 20, Mai Nm. a. dv. Weser angek. „Roland“, v. Galveston kommend, 20. Mai Nm. a. d. Weser angek. „Willehad“ 20. Mai Mrgs. in Baltimore angekommen.

Hamburg, 20. Mai. (W. T. B.) Hamburg -Amerika- Linie. PD. „Pennsylvania“, von Hamburg kommend, ist gestern Abend in New - V ork eingetroffen. „Andaluslia“, von New: York kommend, hat heute Morgen Scilly passiert. „Columbia“ ift heute Nachmittag von Cherbourg abgegangen. i

London, 20. Mai. (W. T. B.) Union-Linie. „Moor* ist auf der Heimreise gestern von Kapstadt abgegangen.

Rotterdam, 21. Mai. (W. T. B.) Holland-Amerika - Linie. Dampfer „Spaarndam“ ist von New-York gestern Nach- mittag in Rotterdam angekommen. D. „Obdam“, von Notterdam nach New-York, hat heute Vormittag Lizard passiert.

Theatex und Musik,

Im Königlichen Opernbause gehen am morgigen Geburts- tage Richard Wagner?'s „Die Meistersinger von Nürnberg“ uuter Kapellmeister Dr. Mucks Leitung in Scene. Herc Emil Göße L den Stolzing, Herr Theodor Neihmann den

ans Sachs als Gast, die Eva Fräulein Hiedler, die Magdalene Frau Göße, den De Herr Mödlinger, den Beckmesser Herr Schmidt, den David Herr Sommer. Herr Francesco Tamagno tritt nur einmal, und zwar am Montag, den 24. Mat, in Meyz2rbeer's Oper „Der Prophet" auf.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Shake- speare’s Lustspiel „Viel Lärmen um nihts* gegeben. Den Benedict spielt Herr Matkowsky, die Beatrice Fräulein Poppe.

Oie Opernsaison im Theater des Westens teginnt am

)fingstsonntag, den 6. k. M., mit Meyerbeer's Oper „Die Hugenotten“. Am zweiten Feiertag wird „Der Trompeter von Säkkingen“ (von Neßler), am nafolgenden Dienstag „Das Glöckchen des Eremiten“ gegeben ; das gelie Personal soll in diesen drei Vorstellungen abwehfelnd vor- geführt werden. Die Eintrittspreise variieren für numerierte Sißpläge zwischen 1 und 5 4; von allen Abonnements oder sonstigen Preis- ermäßigungen ift G worden. Eine Vorverkaufsgebühr wird weder an der heaterkasse, noch im Billetverkauf bei Kübling u. Güttner, Theater - Buchhandlung, Markgrafen- straße 52, erhoben. In der knapp bemessenen Zeit bis zum 29. August gelangen ferner noch zur Aufführung: „Figaro's Hochzeit“, „Von

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