1897 / 122 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 25 May 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Berichte von veutscheu Fruchtmärkten.

R Außerdem Qualität E

gering

mittel

- Durch- gut Mer \hnitts-

Z s

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

Markttage h See \{lägliher

Ung

kaufte Ver- preis Menge für

werth 1 Doppel-

e

preis

5

nie- hôh- drigster | fter

M h.

nie- drigster

M

verkauft Doppel-

s, s Dop [- nie éi zentner

drigfter | ster zentner M M t A

zentner

H Durchschnitts- af

böch- ster M

unbekannt)

Breslau Neuß

Liffa .

Neuß

. | Breslau

Breslau

; Liffa . : Neuß

Breslau

14,80 (15,10

14,30 15,10

4 10,00 | 1100

12,

|

10,80 | 11,00 |

H i)

j il il l I

15,30 15,60

10,80 11,10 10,80

12,90 |

12,30 12,60

We iz en.

15,60 | 16,00 16,30 Z | é ; | z | ¿ 16,10 | 16,10 | 16,60 375 6 086 16,23 16,17 | 24.5. 15 oggen.

10,90 | 10,95 | 10,95 9 98 11,20 | 11,40 | 11,60 : ; 1130] 11907 FL90 150 1751 Gerste. :

12,80 | 13,10 | 14,00 | A F a4 f DAUTeL

13,00 | 13,40 | 13,50 5 ¿ 12,80 2 24

|| 11,80 Bemerkungen.

10,87 E 91. 4 6 11,67 | 11,35 | 24.5. 15

12,40 | 12,44 | 21. “| 9 12,00 1193| 24. 5. 20

Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Durch-

\chnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen Ein liegender Strich C in den Spa Punkt ( . ) in den leßten sechs Sp

berechnet. lten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen is; ein alten, daß entsprehender Bericht fehlt.

230. Sigzung vom 24. Mai 1897, 12 Uhr. Ueber den Anfang der Sißzung wurde in der gestrigen

Deutscher Reichstag.

Nummer d. Bl. berichtet.

Die zweite Berathung des Crtes den Servistarif und die Kla Orte, wird fortgeseßt, und zwar, nahdem .am Sonnabend die

\

entwurfs, betreffend eneintheilung der

Klasseneintheilung erledigt is, beim Servistarif.

Die von der Regierung vor Magen Aenderungen der Servissäße beziehen sich hauptsäch!

Quartiergewährung für Unteroffiziere und Gemeine, Stallungen von Dienstpferden und für Geschäftszimmer. Vorlage will den Servis für Unteroffiziere um 25, für Ge- meine um 331/z, für Dienstpferde um 50, für Geshäftszimmer . in den einzelnen Servisklassen erhöhen. Budgetkommission beantragt ferner, die fünfte Servisklasse in

um 75 v. H

ih auf die vorübergehende

dieser Beziehung der vierten gleichzustellen.

Die Aenderungen des Servistarifs werden ohne Debatte

genehmigt.

n Stelle des 8 3, welcher die Mittel zur Gewährung des erhöhten Servis und Wohnungsgeldzuschusses gewähren sollte, hat die Kommission einen anderen 8

wonach

5 Jahren statifinden solle.

Auf eine Anregung des Abg. Dr. Hammacher (nl.) erklärt Staatssekretär des Reichs - Shaßamts Dr. Graf von

Posadowsky-Wehner:

Meine Herren !

sagt habe.

Ich bin bereit, auf den Wunsch des Herrn Abg. Dr. Hammacher das zu wiederholen, was ich in der Kommission ge- Ich habe in der Kommission erklärt: {hon bei den Vor- verhandlungen über diesen Geseßentwurf sei man von vielen Seiten innerhalb der verbündeten Regierungen zu der Ueberzeugung gekommen, daß allerdings der Wohnungsgeldzus{uß und der Personalservis der Offiziere nah anderen Grundsäßen fh werde rihten müssen, wie die

Entschädigangen für das militärische Naturalquartier.

geberisch ausgestaltet worden.

Ich habe ferner erklärt, daß der Herr Reichskanzler fofort, falls die Resolution des Herrn Abg. Dr. Hammacher angenommen werden sollte, Erhebungen darüber anstellen würde in sämmtlichen Orten, wo Beamte oder Offiziere ihre dienstlihen Wohnsitze haben, wie hoh für jede einzelne Kategorie die Wohnung8miethen ih thatsächlich belaufen, und wie sich bei Erfüllung eines legitimen Wohnungs- bedürfnifses der Durhschnitts\aß des Mieths8aufwands für jede einzelne

Klafse stellt.

Und ih habe endli gesagt, daß je nah dem Auétfall dieser fehr langwierigen Aufstellung dazu gehören mehrere Jahre, Herren, um das gewissenhaft zu machen, es wird dies ein außerordent- lih interessantes Material werden —, die verbündeten Regierungen jedenfalls in die Erwägung eintreten werden, ob dem Antrag des Herrn Abg. Dr. Hammacher bei der nächsten Revision des Servis- tarifs au ein geseßgeberisher Ausdruck zu geben sein wird.

Die von der Kommission vorgeschlagene Resolution: daß für die Bemessung der Höhe des Wohnungsgeldzushusses und die entspreWende Ortsklafsen- Einthei- lung nit aus\chließlich die Servisklassen als maßgebend betrachtet

werden, und daß demgemäß das Reichsgeseß vom 30. Juni 1873 geändert roird“,

„dahin zu wirken,

wird ohne Debatte angenommen.

Darauf wird die zweite Berathung des Gesehentwurfs, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung, fort-

t ein Antrag des Abg. Richter Vol ildung einer Bar Innuos außer der ortsüblihen Bekanntmachung auch eine persönliche

gesetzt.

u S 100A. (fr. Buitar) vor: „bei

liegt

den Betheiligten zukommen zu lassen.“

Der Ántrag wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, : Nationalliberalen mitglieder abgelehnt und Î 100 a unverändert genehmigt.

4 sollen die bestehenden Jnnungen eschlossen werden, wenn für das betreffende Gewerbe eine

Freisinnigen ,

Nach § 100 b Abf.

Zwangs-Jnnung gebildet wird. Abg, gg

i Richter beantragt, diese Bestimmung zu streichen, da ja die Zreangs-Innung ih blo Gesellen und Lehrlinge hielten. ohne Gesellen und Lehrlinge arbeiteten, nicht ohne weiteres aus der Innung ausweisen, während die Innung vielleiht manhe Ein- rihtungen babe, welche die Zwangs-Innungen nicht fortführen dürften. Redner weist auf die Preßhefefabrik der Bäcker-Jnnung „Concordia“

Man

und

einiger

auf engen beshränken könne, welhe öônne doch die Meister, die i

j 3 vorgeschlagen, die Klasseneintheilung der Orte ausnahmsweise nah

Eine Beschluß- fassung der verbündeten Regierungen in diesem Sinne hat aber bisher nit vorgelegen; denn hätte eine solche vorgelegen, wäre wahrschein- lih dieser Gedanke {hon bei dem vorliegenden Gefeßentwurf gesetz-

in Berlin und deren arge Einrichtungen, die in kostspieligen Ge bäuden untergebracht seien, bin.

Abg. Gamp (Rp.): Die Meister, welche keine Gesellen und Lehrlinge halten, können der Innung beitreten; die bisherigen Mit- glieder einer freien Innung können auch derartige gewerblihe Unter- p eungen in der Form ciner Gesellshaft mit beschränkter Haftung

ühren.

Abg. Richter: Eine Innung kann doch nit bei der Auflösung so ohne weiteres ihre Aktiva und Passiva auf eine Genossenschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung übertragen. Das Vermögen der aufgelösten Innung geht ja auf die Zwangs-Innung über.

Abg. Bassermann (nl.) weist auf die §8 100k und 100 n, welche die Ausscheidung folcher Gewerbebetriebe sicherstellen, hin.

Abg. Richter: Die Vermögensobjekte können aber nit so leiht auêgesondert werden, und jedenfalls wird dadurch der ganze Hypo- thekarkredit für dic Innungshäuser erschüttert. Große Vermögen der bestehenden freien Innungen werden dann den Zwangs-Innungen in den Schoß geworfen. :

___ Der Antrag Richter wird abgelehnt und § 100þ unver- ändert genehmigt.

__ Die Sozialdemokraten beantragen, einen § 100cc einzuschieben, wonach die P ingen an die YHandwerks- kammern ihres Bezirks einen Bericht über alle jene Vorkomm- nisse innerhalb der Jnnung zu erstatten haben, welche für die Gewerbestatistik von Bedeutung sind. Diese Jahresberichte sind von den Handelskammern dem Bundesrath und dem Reichstage vorzulegen. E E

Abg. Reißhaus (Soz.) hält es für* nothwendig, diesen Antrag anzunehmen, da font der Reichstag von den Berichten der Innungen und Handwerkskammern kaum Kenntniß erhalten würde.

Abg. Dr. Kropatschek (d. konf.) glaubt, daß dur § 103 e dem wirklihen Bedürfniß nach Berichterstattung an die Behörden genügt werde. Ein eigenes Bureau für statistische Arbeiten könnten die Handwerkskammern nicht einrichten. Besonders zweifelhaft aber 8 es, ob ein Bedürfniß vorliege, dem Reichstage die Berichte vorzulegen.

Abg. Reißhaus hält die Schwierigkeiten der Berichterstattung

für niht groß.

Abg. Richter: Ih lege auf die Berichterstattung an den Reichstag und ben Bundeérath weniger Werth. Aber etwas mehr Licht über die Innungen müßte doch geshaffen werden; denn bisher war sehr wenig Material vorhanden, eigentliÞh nur der Bericht der

Gewerbedeputation des Berliner Magistrats.

Der Antrag wird abgelehnt.

Bei 8 100f wendet sich

Abg. Richter dagegen, daß die Gutshandwerker, die in Fabriken beschäftigten Handwerksmeister und die Hausgewerbetreibenden dur Statut mit Genehmigung der Regierung in die Zwangs-Innungen ein- bezogen werden könnten, ohne daß sie vorher befragt seien. Die Gutéhandwerker müßten dann Beiträge bezahlen, ohne an deuse,Ein- rihtungen der Innung theilnehmen zu können. Die Böttcher in den Brauereien, die Tischler, welche Kisten zum Verpacken von Fabriks- waaren, die Klewpner, welche Dosen für Konfervenfabriken herstellten, könnten in die Innungen eingeschlofsen werden, und ihre Werkstätten, die sh in den Fabriken befänden, unterlägen dann der Beaufsichtigung der Innungen. Diefen Punkt halte er für fo wichtig, daß er darüber namentlihe Abstimmung verlange.

Abg. Gamp hält diese Bedenken niht für durhschhlagend, zumal von der Vorschrift wobl nur in solchen Fällen Anwendung

emacht werden würde, wo die Betheiligung an den Arbeiten der nnung möglich sein werde. /

Nach Schluß der Debatte bittet

Abg. Dr. Bachem (Zentr.), die Namen derjenigen Abgeordneten zu verlesen, welWe den Antrag auf namentlihe Abstimmung unter- stüßt hätten, damit man ersehen könne, ob im Hause niht anwesende Personen denselben unterzeichnet hätten.

Abg. Richter: Nur bei namentlichen Abstimmungen über Ver- tagungs- und Schlußanträge muß die Unterstüßung von gegenwärtigen Mitgliedern erfolgen. Bei anderen namentlichen Abstimmungen ist die Unterstüßung auch abwefender Mitglieder zulässig. Wir haben uns, als die Vorlage auf die Tagesordnung kam, auf der Linken dahin vereinbart, daß wir bei wichtigen Fragen namentliche Abstimmung beantragen, damit nit ein bes{lußunfähiges Haus darüber entscheidet.

Abg. Singer (Sez.): Wir balten es für ein Reht au eines abwesenden Mitgliedes, namentliche Abstimmung über materielle Fragen zu arren und zu unterstüßen. Die Herren, welche die Gesetze haben wollen, haben sich hier einzufinden.

Abg. Gamp: Bei dieser Vorlage handelt es sich darum, daß Zweidrittel-Majorität vorhanden ift ; troßdem wurde am Sonnabend ein Zweifel laut, und es erfolgte die Auszählung.

„Abg. Dr. von Cuny (nl.) weist darauf hin, daß durch die Be- \{hränkung der Unterftüßung namentlicher Abstimmungen nur durch Anwesende auf Anträge wegen Schluß oder Vertagung nit gefolgert werden könne, daß bei anderen namentlichen Abstimmungen die Unter- nag durch Abwesende zugelassen fei.

Abg. Dr. Bachem {ließt sich dieser Bemerkung an; gegen die namentlihe Abstimmung habe er nichts einzuwenden; es müsse fest- estellt werden, wer si der Arbeit entziehe. Was weiter daraus folge, iege in der Hand des Reichstages.

. Richter: Was daraus folgt, liegt durhaus nicht in der

NEE des Abg. Bachem. (Zuruf des Abg. Dr. Bachem: Des ganzen eihêtages!) Welches Neht haben Sie denn, Herr Bachem, im Namen des Reichstages zu sprechen? Unser Antrag kommt zum Pro-

für Die

Die

meine

ittheilung

Zentrums-

tokoll, das Jeder einsehen und abschreiben kaun. Jm Lante unseren den, dankt man uns, daß wir jedes Mittel l \chäftsordnung ergreifen, um eine {äd Gesetzgebung ved e

Präside reiherr von Buol verliest darauf die Nara: der unterstüßenden Abgeordneten. An der namentlichen Ah- stimmung betheiligen t) 205 Mitglieder, von denen 143 mit „Ja“ und 62 mit „Nein“ stimmen. § 100f wird also unver- ändert angenommen.

Nach § 1001 kann eine Jnnungs-Krankenkasse, wenn eine

Zwangs-Jnnung eingerichtet wird, geschlossen werden, falls dadur die Leistungsfähigkeit einer Örtskrankenkasse gefährdet wird.

Die Sozialdemokraten beantragen, diesen von der Kommission gestrihenen Saß wieder aufzunehmen.

Unter-Staatssekretär im Minifterium für Handel und Gewerbe Lohmann empfiehlt diesen Antrag, der von den Abgg. Reißhaus und Richter ebenfalls empfohlen wird, während ihn Abg. Gamp

bekämpft.

Nachdem auch Abg. Schmidt-Berlin (Soz.) den Antrag S hat, wird ein Antrag auf namentliche Abstimmung estellt. G Abg. Dr. Bachem empfiehlt auch hier die Verlesung der Namen der Unterstüzenden, was geschieht. : :

Die namentliche Abstimmung ergiebt die Anwesenheit von N 193 Mitgliedern, von denen 62 mit „Ja“, 131 mit „Nein“ timmen.

Die Sigzung wird daher um 4 Uhr 8 Minuten ab- gebrochen.

231. Sigung. 41/4 Uhr.

Auf der Tagesordnung pp die erste und ev. zweite Berathung des Gesegentwurfs wegen Aenderung der Bemer e Lao und des Krankenversicherun gs- geseßzes (desd gs er Konfektionsarbeiter).

Abg. Merbah (Rp.): Die Vorlage is bedingt durch die Arbeiten der Kommission für Arbeiterstatistik über die Verhältnisse der Konfektionearbeiter. Diese Verhältnisse sind niht so {lecht, als man nah den Vorkommnissen in Berlin annehmen sollte, Allerdings besteht eine lange Arbeitszeit und unsichere Lohn- verhältnisse für diese Arbeiter; die Gesundheitsverbältnisse lassen bei der sitzenden Arbeitsweise in engen Räumlich- feiten au manches zu wünschen übrig. Die Löhne der gesckickten Arbeiter und Arbeiterinnen sind auskömmlih, ja wanchmal fehr gut; aber die \{chlechten Löhne werden für die billigsten Waaren bezahlt. Bei dieser Arbeit bherrs{cht ein Ueberangebot von Arbeitern und dem gegenüber ist jede Maßregel ein Schlag ins Wasser, wenn nit der Zuzug nach den großen Städten ferngehalten wird. Daher sollten die

rren von der Sozialdemokratie ihren Einfluß aufbieten, den

rbeitern flar zu machen, daß in den Städten ihr Heil niht blüht. Wenn die Vorlage aber dem Bundesrath die Befugniß geben will, für „bestimmte Gewerbe“ Lohnzettel u. \. w. vorzvschreiben, so geht das zu weit; es handelt sich nur um tie Konfektions- und Wäsche- branhe. Wir können daber ter Vorlage in dieser Form unsere Zu- stimmung nit geben. Bei anderer Geschäftslage würden wir die Beberweisung an eine Kommission beantragen.

Abg. Quentin (nl.): Die Vorlage verdankt ihren Ursprung den Verhältnissen, welde damals Anlaß zu einem Antrage der national- liberalen Partei gegeben haben. Wir können aber die Vorlage nicht im Plenum prüfen und wünschen daher die Ueberweisung an eine Kom- mission. Es will uns seinen, als ob die Maßregeln in kleinen Städten nit durchführbar wären. Wir haben noch nicht die ge- nügende Fühlung mit dem Lande nehmen können. Die Lohnzettel und Lohnbücher würden ja - wohl durchführbar fein, aber den Ge- \ckchäftsleuten selbst würde dadurch eine erheblihe Mehrarbeit zu- gewiesen. Die Vorlage soll ja wohl nur auf die Konfektions- und Wäschebranche angewendet werden, aber sie läßt einen fehr weiten Spielraum und erleichtert auch die Umgehung des Geseßes, w1s man verhüten sollte. Daß die Hausgewerbetreibenden in die Kranken- versicherung einbezogen werden, ift ein durchaus rihtiger Gedanke ; aber wel{er Unternehmer soll zu Beiträgen herangezogen werden, wenn die Hausgewerbetreibenden bei mehreren Unternehmern be- [Q sind? : :

Abg. Molkenbuhr (Soz.): Dieselben Mißstände wie bei der Konfektion bestehen auch bei anderen Hausindustrien; deshalb kann die Vorlage niht auf die Konfektions- oder Wäschefabrikation beschränkt werden. Die Vorlage geht uns nicht weit genug; die Unternehmer können sih nit darüber beklagen, daß fie ihnen zu viel Opfer auf- eclegt. Die Vorlage ist eine fehr bescheidene, aber keine Beseitigung der damals zu Tage getretenen Mißstände.

Abg. Roesicke (b. k. F.): Ich stehe auf dem Standpunkt der Vorlage, aber ich mag dieselbe, welche tief einshneidet in die ver- \chiedensten Verhältnisse, niht ohne weiteres im Plenum erledigt wissen. Mit der Beseitigung der Mißstände find ale Parteien einverstanden, es bandelt sch nur um die Wege, die dazu eingesdlagen werden follen. So lange die Konfektionsarkbeiter niht organisiert sind, werden sie {werlich zu besseren Ver- hältnifsen kommen. Die Vorlage geht immer noch nicht weit genug. Die Tarife sollten nicht bloß in die Lohnbücher einge- tragen, sondern au durch Aushang bekannt gegeben werden. Ferner muß die Beaufsichtigung der Betriebe unter Zuziehung weiblicher Perfonen erfolgen und zwar sollte nit alles in die Hände des Bundes- raths gelegt, fondern gelegt vorgef{rieben werden. Jh beantrage die Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission, damit die s aat und weitere Kreife Gelegenheit haben, sich darüber zu äußzrn.

Abg. Dr. Hitze (Zentr.): Die Vorlage entfpriht allerdings nicht dem, was man damals, als die Mißstände hier besprochen wurden, wünschte. Es soll ja aber noch eine Verordnung bevorstehen, wie die Begründung andeutet. Hoffentlih entspriht fie den gehegten Er- wartungen. Ich würde die Vorlage im Plenum erledigen, aber dem Wunsche anderer Parteien auf Kommissionsberathung will ih mi nicht widerseßen in der Hoffnung, daß die Vorlage troßdem noch in dieser Sefsion zur Verabschiedung fommt, besonders wenn die Linke nit solche Obstruktion macht wie beute.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Die seiner Zeit gehaltene Rede des Herrn von Heyl unter!chied sich fehr wesentlich von der heutigen Stellung- nahme der nationalliberalen Partei. Die Regierung hat 13 Monate Zeit zur Vorlage gebraucht; man sollte uns au etwas Zeit lassen zur Prüfung der Vorlage. Wir sind niht so leiht geneigt zum Erlaß von Zwangsbestimmungen, wir machen - lieber gar kein Gefeß als ein \hlechtes. Deshalb bin ich auch für eine Kommissionsberathung. Wozu wird denn s{ließlich der Reichstag gewählt, wenn man in |o einshneidenden Fragen alles dem Bundesrath überträgt? Wenn man die eine Betriebeform beshränkt, treibt man die Arbeiter in eine andere Betriebsform. Gegen die Hausindustrie glaubt man allerdings einschreiten zu sollen. Aber dort werden doch viele Leute beschäftigt, die niht gerade auf diese Arbeit für ihren Lebensunterbalt unbedingt und allein angewiesen sind. Was foll denn aus diesen Leuten werden ? Die Hauptursache der Auéftände liegt in der beshränkten Erwerbs- möglihkeit für das weiblide Geshlecht; alles drängt sich hier zu- sammen, und durch das Ueberangebot von Arbeitskräften wird der Lohn herabgedrüdckt.

_ Abg. Bassermann (nl.): Daß wir an unserem Standpunkt festhalten, beweist der Umstand, daß Freiherr von Heyl bei der zweiten Ang E Etats auf die Frage zurückgekommen ift und die ver- bündeten Regierungen gefragt hat, wann die in Ausficht gestellte Vorlage eingebracht werde. Wir halten unsere Anträge noch aufrecht und erwarten, daß uns Gelegenheit gegeben wird, entsprehende Ab- änderungen der Vorlage zu beantragen, was aber wohl in einer zweiten Lesung im Plenum nicht mögli sein wird. Mein Fraktionskollege hat einzelne praktishe Zweifel hervorgehoben, aber keinen -grund|aß-

lien Widerspruch gegen die Vorlage geltend gemagt. Wenn die gon Arbeiterstatistik sich Monate lang mit diefer beschä ek noten wir E LS Tage auf die T, berathun iti

Na _“Molkenbuhr (Soz.) darauf bingewiesen, daf bei laxer

e allerdings eine Umgehung der Vorschriften möglich sei, auch

¡egt in Fabriken häufig statifiade, schließt die Debatte. ; x ;

Die Vorlage wird einer Kommission überwiesen.

Schluß 5% Uhr. Nächste Sißung Dienstag 12 Uhr. (Handwerkervorlage, Besoldungsvorlage.)

Preußischer Landtag. Herrenhaus.

16. Sißzung vom 24. Mai 1897. Ueber den ersten Theil der Sißung if gestern berichtet word

rden. : : ; Den Gesezgentwurf, betreffend die L der Ufereigenthümer und die oppelfisherei in der Provinz Hannover, beantragt der Referent Herr von Rheden in der Fassung des anderen Hauses zu genehmigen. raf von Frankenberg hält die Minimallänge eines selbftän- s LAAA (500 m Uferlänge) und eines gemeinschaftlichen Bezirks (3 km) für durhaus ungenügend und ersucht den Minifter, in dem für Schlesien beabsichtigten analogen Gefeß größere Bezirke festzuseßen, da nur auf diesem Wege eine Hebung der Fischzucht herbeigeführt werden könne. : Die Vorlage wird en bloc angenommen. S Den Bericht über die Verwendung des Erlöses für verkaufte Berliner Stadibahnparzellen nimmt das Haus zur Kenntniß. __— : Ueber die Nachforderung von 14/ Millionen für den Bau des Dortmund-Ems- Kanals berihtet namens der Etats- und Finanzkommission Staats-Minister Dr. Freiherr Lucius von Ballhausen. Er empfiehlt die Annahme der Vorlage in der Fassung des Abgeordnetenhauses und er- suht ferner um die Zustimmung zur nachfolgenden Resfo-

lution: .

die Regierung zu ersuhen, durch zweckentsprech-nde Tarifierung

der Kanalgebühren der die einheimishe Produktion \chädigenden Konkurrenz entgegenzuwirken.

Freiherr von Durant bemerkt, daß die mit diesem Kanalbau wie mit der Verzinsung des Kapitals für den Nord-Ostsee-Kanal erag Erfahrungen die Begeisterung für Kanäle s{werlich zu er öhen ge- eignet seien. Große Summen aus dem allgemeinen Steuersäckel sollten bier einer kleinen Zahl von Industriellen zugewendet werden. Bei dem heutigen Aufs{wung der Kohlenindustrie hätte es doch wohl den Versuch gelohnt, die Betheiligten zu einem Zuschuß zu den Mehr- fosten heranzuziehen. Schon 1888 habe man im Hause auf eine Erhöhung der Kanalgebühren als eine ee Maßnahme bin- gewiesen. Mit weiteren Kanalbauten fei jedenfalls niht vorzugehen, bevor nit umfassende Erfahrungen bezüglich des Dortmund-Ems-Kanals E oi ft füt Umständen dürfe der Kanal zur Schädigung der Landwirthschafi führen.

Freiherr von Manteuffel kann nit ermefsen, ob die Mehr- belastung niht von den Interessenten übernommen werden könne; nur darüber sei er si klar, daß sie es niht thun würden. Von der Res solution, auf die der Vorredner den Hauptwerth zu legen seine, fönne er fi, wie von Resolutionen überhaupt, nit das Geringste versprechen ; sie sei au viel zu unbestimmt formuliert. Er habe son 1888 die Nalforderung von 4 Millionen bekämpft; j-t komme eine Nachforderung von fast 15 Millionen. Da au heute nicht einmal der Nahweis des Bedürfnisses geführt, geschweige denn die Rentabi- lität nahzewiesen sei, könne er die Summe niht bewilligen. Lieber wolle er an dem Kanal 58 als 75 Millionen fortgeworfen haben. Er wäre zur Bewilligung noch bereit, wenn das Land dadur vor einem größeren Uebel, dem Mittelland-Kanal, bewahrt ¡würde; aber dafür habe er keine Garantie.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Ich glaube, daß dieses hohe Haus ebensowenig wie das Abgeordnetenhaus eine Verkehrsanlage von der Bedeutung des Dortmund-Ems-Kanals vernihten könnte durch ein Votum, welhes dem Antrage des Herrn Freiherrn von Manteuffel entspricht.

Meine Herten, es is ja richtig, daß die Verkebrsaus\sichten des Dortmund-Ems-Kanals zur Zeit nicht so rosig sind, wie zu der Zeit, wo dieser Kanal von dem Landtage der Monarchie bewilligt wurde, und auc, wie ih freimüthig zugestehe, so, wie sie auch noch im Jahre 1886 bei der zweiten Bewilligung für diesen Kanal bestanden. Es war damals immer noch die Auffassung vorhaaden, daß, ehe der Kanal Dortmund—Ems fertiggestellt würde, eine Verbindung nah dem Rhein hin gesichert sein würde. Es ift ja in diefer Beziehung auch eine Vorlage seitens der Staatsregierung dem Landtage der Monarchie gemaht worden, aber ohne Erfolg. Troß alledem, daß der Kanal Dortmund—Ems alfo zunächst und wahrscheinlich für eine ziemli lange Zeit ein Rumpf bleiben wird, ist immerhin noch ein erbebliher Verkehr für den Kanal zu erhofen. Wir hoffen immer noch auf einen Verkehr vonetwa einer Million Tonnen und haben für diefe Hoffnung thatsächliche Unterlagen Unterlagen, die sich im wesentlichen beziehen auf den Export von Kohlen, auf den Import von s{chwedis{chen Erzen, von Hölzern und von Getreide. (Hört ! hôrt !) Ja wobl, gewiß ! auf den Import von Getreide und von Holz, die jeßt über den Rhein von Rotterdam und Amsterdam in dieselben Konsumtionsgebiete ge- braht werden, denen sie künftig vielleicht zum theil durch den Dort- mund-Ems-Kanal werden zugeführt werden. Ih habe im Abgeordneten- hause bereits zifernmäßig mitgetheilt, wie gering die Verkehre dec östlihen Provinzen nah dem großen rheinisch-westfälishen Indufirie- gebiet in Bezug auf Getreide bisher gewesen sind, daß die Breslauer Landwirthschaftskammer, die ja den Sturm gegen den vorläufigen Tarif zunächst inauguriert hat, selbst ein materielles Interesse für ihren Bezirk an dieser Frage über- haupt garniht hat. Ich glaube, es sind 10 oder 15 t Getreide gewesen, die der ganze Bezirk der Landwirthschaftskammer Breslau im vorigen Jahre überhaupt-nah ten Revieren gebraht hat, und nicht viel anders liegt es für Ost- und Westpreußen, Pommern und Posen. Von einer Gefährdung der Absaßgebiete der ostelbishen Undwirthschaft kann also niht wobl die Rede sein. Dagegen ift ja andererseits unzweifelßaft, daß dieses große dihtbevölferte Revier in Rheinland und Westfalen einen sehr erheblichen Zushuß zum Brot- getreide nothwendig hat (Widerspruch), einen sehr erheblichen Zuschuß, und daß dieser Zushuß zum Brotgetreide im wesentlihen aus über- seeishen Produktion8gebieten zugeführt ist. (Zuruf : Leider!) Leider, gewiß! Wir haben ja versucht, mit den Staffeltarifen die Sache ¿u ändern; aber auf das Schicksal der Staffeltarife brauche ih hier wohl niht weiter einzugehen.

Nun, meine Herren, hat aber, glaube ih, doch der preußische

Staat, die preußische Staatäregierung und bie Landesvertretung Preußens ein hohes Interesse daran, daß dieser Zuschuß zum Brot- getreide nicht dur die ausländishen Häfen vermittelt wird, sondern dur unsere einheimishen Häfen, und dazu sind gerade die Emshäfen in erster Linie berufen. Das war die Grundlage für die wirthschaft- lihe Berechtigung des Dortmund-Ems-Kanals. Es ift die Hoffnung vorhanden, daß ein, wenn auch im Anfang nit sehr erheblicher, doch allmählich steigender Theil des Getreideverkehrs, der jeßt über Rotter- dam, Arxsterdam, Antwerpen nah der Ruhr geht und in Ruhrort und Duisburg auf dieEisenbahnzurVersorgung des betreffendenReviers, künftig den deutschen Hafen aufsucht und durch den Dortmund-Ems-Kanal diesem Revier , diesem Konsumtionsgebiet zugeführt werden wird. Meine Herren, das if aber nur mögli, wenn die gesammten Trans8- portkosten so gestellt werden, daß überbaupt für die Konkurrenz mit Rotterdam si ein genügender Anreiz ergiebt. Ih brauche hier nit nohmal weitläufig auszuführen, in welcher inferioren Lage die Ems- häfen und der Dortmund-Ems-Kanal mit ihren Einrichtungen, Kapitalkraft und mit all dem, was zum Import nothwendig ist, ich befinden, gegen die alten mit Kapitalkraft aufs reihlihste ausgerüsteten holländischen Häfen, wie wenig leistungsfähig im Großen und Ganzen der Dortmund-Ems-Kanal gegen den Rhein if. Soll dem Kanal also ein See-Import zugeführt werden, soll ein Theil des Imports, der sich jeßt auf dem Rhein vollführt, dem Kanal zugewendet werden, so muß die Tarifierung der Kanal- gebühren dementsprehend sein. Das ift erstrebt worden durhch den Kanaltarif, der im Jahre 1895 seitens des Herrn Finanz- Ministers und durch mi festgeseßt worden ist, und der vorläufig zur Einführung kommen soll. Die Kanalgebühren so hoh zu normieren, dzß man mit einer fikiiven Rechnung einen Theil der Zinsen von Anfang an würde einnehmen können, das würde h als abfolut un- mögli erweisen. Wir würden einfach nihts haben, von dem wir überhaupt Gebühren erheben könnten. Man muß mit den Verhält- nissen rechnen, und darum ift für die nächsten fünf Jahre, um die Möglichkeit einer gewissen Entwickelung für den Dortmund-Ems-Kanal ofen zu lassen, ein allerdings an fich fehr niedriger Tarif für die Kanalgebühren festgeseßt worden. Meine Herren, ih glaube do, daß es nicht zu verantworten fein würde, eine so bedeut- same Verkehrsftraße, auf die bereits beinahe 59 Millionen verwendet find, als unvollendete Ruine liegen zu lassen, die aufgewendeten Mittel als weggeworfen zu betrachten. Meine Herren, der Herr Freiherr von Manteuffel hat gesagt, er könne f ja wobl für diese Bewilligung noch bereit finden laffen, wenn die Zusicherung gegeben würde, daß damit die ganze Kanal- periode abgeschlofsen sein würde. Diese Zustimmung würde er ja natürli von der Staatéregierung nit erhalten (bravo !), indeffen ist das hohe Haus jederzeit in der Lage, wenn die Staatsregierung mit neuen Kanalprojekten kommt, feinen Beshluß bezüglich dieser Projekte zu fassen. IY möchte daher die dringende Bitte aus\sprehen, daß das hohe Haus die Vorlage, wie sie aus dem Abgeordnetenhause hervorgegangen ist, und auch dagegen würde die Staatsregierung nichts einzuwenden haben mit der vom Abgeordnetenhau'e be- \{lofsenen Resolution annehmen möge.

- Bürgermeister Schmieding - Dortmund: Die Aus- E rg fia T Mae wecbéa die Bestrebungen nicht fördern, die er fördern will. Es kommt hier ein Gegensatz zwischen Industrie und Landwirtbschaft, der übrigens von der leßteren aus- gegangen ift, und ein Gegenfaß zwischen dem Often und dem Westen ¡um Ausdruck. Die Industrie erkennt die Nothlage der Landwirth- haft an und is bereit, ihr demnächst auch dur Zölle zu helfen. Die Opposition gegen die Kunstbauten von Verkehrsstraßen if un- berehtigt. Die Provinz und die Kceife sind ja auch für dieses Unter- nebmen vorab belaftet worden; daß die Interefsenten nochmals in ibren Geldbeutel steigen werden, ift allecdings kaum anzunehmen, da sie das Möglichste \chon gethan haben. Dortmund hat allein eine Million zu den Grunderwerbskostzn beigesteuert. Wie der Kanalbau jeßt beshaffen ist, entspriht er unsern Wünschen nicht, denn es fehlt ibm vor allem die Verbindung mit dem Rhein. Diese muß ge- s{affffzn werden. Der Kanal durhschneidet einen Landstrich, der bisher mit Wasserstraßen noch gar keine Verbindung gehabt hat, der sich erst aus fich selbst heraus entwickeln muß. In beiden Beziehungeu werden die Interessenten au noch Opfer bringen müssen.

Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Es sind in diesem Hause sehr viele Gegner von Kanälen (sehr richtig !) und vielleiht weniger Freunde. Ih aber als Finanz- Minister behaupte, daß die Frage, wie man materiell zu neuen Kanal“ unternehmungen steht, für die gegenwärtige Diskussion vollkommen gleihgültig ist. Meine Herren, das Geld ift ausgegeben oder der Staat hat do dafür Verpflichtungen kontrahiert. Nun werden Sie sagen: wie kommt es, daß man solches Unternehmen um 17 Mil- lionen überschreitet? Sie haben bewilligt bei Königsberg - Pillau 9 Millionen nach dem Voranschlage, und das Unternehmen hat dann etwa 14 Millionen gekostet. Ih könnte Jhnen eine Anzahl anderer Uebe-rschreitungen mittheilen, die mir fehr {chmerzlich waren und über die ich wohl zornig geworden bin, aber {ließlich habe ih mir gesagt, es kann nichts helfen, es muß doch bezahlt werden. Meine Herren, man muß doch zugeben, daß Wasserbauten sehr schwierig zu ver- aúschlagen sind, man if unter der Erde und im Wassec; es geht in anderen Ländern auch nicht besser in dieser Beziehung. Der Kanal na Manchester von der See ist kolossal überschritten u:d der Amsterdamer Kanal wohl noch mehr; also allein liegt es auch nicht an einer vielleiht nit ganz vorsihtigen Behandluag und genügenden Erfahrung unserer Wasserbautehniker, ich will durchaus die Sache von meinem Standpunkt niht gänzlich entschuldigen, aber man muß doch sagen, hier liegen so große Schwierigkeiten vor, daß man nicht ohne weiteres behaupten kann, daß auf irgend einen Beamten eine geltend zu machende Verantwortlichkeit fällt, und ih bin überzeugt, wenn wir der Sahhe nähertreten, so werden wir keinen solhen Beamten finden. Ich habe derartige Fälle schon verfolzt, und zwar mit Unterstüßung des Herrn Ministers für öffentlihe Arbeiten. Wir haben \chließlich davon aber kein Oel gesehen. Ferner, meine Herren, wo sind die zahlungsfähigen Beamten, wenn sich wirklih ein verantwortliher fände? Sind die Beamten überhaupt noch da? Also damit is nichts zu machen. Das Geld if ausgegeben, die Verpflihtungen sind kontrahiert in rechtsgültiger Weise, der Staat is verhaftet; wenn Sie die Sache ablehnen, thun Sie einen Schlag ins Wasser, denn gezahlt muß doch werden. (Heiterkeit.) Der Staat wird dur die Gerichte gezwungen werden, und ich möchte deshalb diejenigen Herren, die so bedenklich sind, bitten, bei großen und neuen Kanalunternehmen ihre Bedenken geltend zu machen, wenn neue Vorlagen kommen. Jeßt müssen wir die Konsequenzen früherer Thaten ziehen

und es if gewiß niht angenehm, einen so erheblichen Betrag auf ein Unternehmen zu verwenden, von dem man allerdings wird annehmen können, daß es in seiner Isolierung keine Rente von Erheblichkeit geben wird.

Meine Herren, ich habe hon im Abgeordnetenhause gefagt : deswegen sind auch die retrospektiven Betrachtungen darüber, wie die Regierung si 1886 ausgedrückt hat in Bezug auf die vermuthliche Rentabilität, von welchen Anshauungen man sowohl in diesem hohen Hause, als im Abgeordnetenhause bei Bewilligung des Kanals in Betreff einer wahrscheinlichen Rentabilität ausgegangen ist, nach meiner Meinung heute niht mehr von irgend einer Bedeutung. Die Sache, wenn man die Aktenstücke der beiden Häuser durchliest, bat offenbar so gelegen: die Staatsregierung war vorsihtig und erklärte in den Motiven ofen: wir können niht in Aussicht stellen, daß dieser Kanal i rentieren wird. Nun entstand ein großer Streit über den Kanal selbs in beiden Häusern, und natürlich die Freunde des Kanals, vorzugsweise damals die Westfalen, sehr kluge Herren bekanntlich (große Heiterkeit), überzeugten nah und nach die Mehrheit der Kommission, es würde doch wohl eine gute Rente herauskommen, das wurde auÿ in dem Kommissionsberiht bereits ausgedrückt und darauf wurde im Abgeordnetenhause die Vorlage votiert. Nun war der Herr Minister dur diese optimistishe Auffassung der Mehrheit des Ab- geordnetenhauses hier im Herrenhause auch \chon einigermaßen in- fluenziert und war geneigt, dieser angenehmen Auffassung einigermaßen beizutreten. Jedoch hat Herr von Scholz, wenn Sie die Nede nach- lesen, sich mit derjenigen Vorsicht, die einem Minister sehr wohl ansteht und gebührt (Heiterkeit), auëgedrückt. Wie Sie nun auch darüber denken, ob der fi geirrt hat oder jener, der Kanal ift vor- banden, das Geld is ausgegeben, beißen wir in den sauren Apfel! (Heiterkeit.)

Minister des Königlichen Hauses von Wedel wüns@t im Interesse der Landwirthschast des Ostens den Ausbau des land-Kanals, der eine unbedingte Nothwendigkeit sei seit dem Fortfall der Staffeltarife nah dem Westen. Gerade die Provinz Sachsen werde davon am s{limmfsten betroffen. j :

Ober - Bürgermeister M estern urgeSae! spricht fih gegen die Annahme der Resolution aus. Der Mittelland-Kanal fei doch auch für “die Landwirthschaft von großer Bedeutung. Wenn man das fremde Getreide überhaupt niht ins Land lassen wolle, dürfe man au feine Eisenbahnen mehr bauen, müßte vielmehr die vorhandenen zer- stören. Im vorigen Jahre habe sich auch Graf Mirbach gegen zu hohe Kanalgebühren ausgesprochen. |

Graf von Klinckowstroem: Wir wollen niht das Getreide des Auslandes absperren, sondern nur niht mehr hereinlassen, als zur Ernährung der Bevölkerung nöthig ist. Graf Mirbach nimmt in der Sache einen ganz vereinzelten Standpunkt ein. Ih bin aus den Gründen, die Herr von Manteuffel entwidelt hat, gegen die Vorlage. Wenn das Geld schon ausgegeben, der Kanal aber nicht fertig ist, fo hätten wir ja noch weitere Nachforderungen zu gewärtigen. Der Gegensaß zwischen dem landwirthscaftlihen Osten und Westen ist niht vorhanden. Aus Sthlesizn foll angebli fast gar nihts vom östlihen Getreide nah dem Westen gelangen; aber das kann man dcch nit geltend machen, wenn man Stimmung für die Vorlage machen möchte. Kanäle sind eine sehr mißlihe Sache, wenn sie dem Auslande durch Verbilligung der Frachten neue Einfallspforten eröffnen, um weitere Absaßgebiete im Înlande zu erobern. Dagegen helfen nur hohe Tarife, und dafür ift offenbar keine Aussicht vorhanden. Man sollte es zuerst mit einem hohen Tarif versuchen. Für eine Verbilligung der Frachten, die wir mit Rußland gemeinsam bekomrnen sollen, müssen wir bestens danken. Auh wenn wir die 15 Millionen nicht bewilligen, ist mir um den Kanal ni@t bange. Mit der hübschen Refolution, die uns da vor- geschlagen ist, ist gar nichts gewonnen.

Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Ih kann dzn Standpunkt, den Herr Graf Klinckowstroem einnimmt, doch nicht für richtig halten. Er sagt: ih habe damals gegen den ganzen Kanal gestimmt und sehe nit ein, warum ih jeßt für diese Uebershreitungen stimmen foll.

Meine Herren, dieser Kanal ist von diesem hohen Hause genehmigt worden. Eine Erweiterung der Dimensionen hat stattgefunden, es ist eine Denkschrift vorgelegt; Herr Freiherr ven Manteuffel hat si damals sehr bemüht, die Forderung der Denkschrift zu Falle zu bringen, das hohe Haus hat anders entshieden. Das ganze Kanalprojekt, wie es hier vorliegt, ist von diesem hohen Hause also genehmigt worden, beruht auf Gesetz (sehr rihtig!) und ob man da das erste Mal überstimmt war oder niht, jeder muß sich dem Geseßze beugen. (Sehr rihtig!) Die Staatsregierung war berechtigt und verpflichtet, auf Grund dieses Gesetzes den Kanal auszuführen. Sie

erade ittel-

} hat diese Verpflichtung erfüllt, der Kanal ist nahezu fertig; nun hat

ih eine Ueberschreitung ergeben , diese Ueberschreitung is entweder hon bezahlt oder steckt in übernommenen Verpflichtungen oder muß, um den Kanal planmäßig auszuführen, noch ver- wendet werden. Daher entsteht zweifellos, mag dies hohe Haus in dieser Frage beschließen, was es will, eine Belastung des Staats um diesen Betrag, und da ist es doch nach meiner Meinung sachlich genommen, eine Demonstration, die an anderer Stelle viel wirksamer wäre, hier nicht wirksam sein kann, diefe Mehrforde- rung abzulehnen. So if auch die parlamentarische Lage in vielen anderen Fällen gewesen, und die Gegner des ganzen Unternehmens, welches eine solche Mehrforderung veranlaßt hat, haben dann die Gelegenheit benußt, dur retrospektive Betra@Wtungen Kritik an dem Unternehmen überhaupt zu üben, damit aber war die Sache gut, bewilligt wurde immer. (Heiterkeit.)

Meine Herren, der Herr Graf sagt: wir müssen eine andere Stellung zu diesen Kanalunternehmungen einnehmen, so lange die Handels8- verträge da sind. Das verstehe ih vollkommen und kann es begreifen, daß, wenn man etwa einen Zoll von 6, 7 4 bätte, manhe Vertreter der Landwirthschaft zu diesen Fragen eine ähnlihe Stellung cinnehmen werden, wie Herr Graf Mirbach es jeßt hier {on gethan hat. Die Deduktion hätte aber hier nur dann irgend eine Bedeutung, wenn es sich hier um einen neuen Kanal handelte, wenn wir jeßt hier 80 Millionen für einen neuen Kanal haben wollten. Aber dieser Kanal is zu mehr als F bereits fertig; das Geld ist im wesentlihen ausgegeben, da kommen foldhe Deduktio- nen doch niht mehr in Frage. Geseßmäßig muß der Kanal befahren werden, denn das ift sein Zweck, und zu diesem Zweck ist er bewilligt worden. (Heiterkeit, Zuruf.) Gewiß, das können Sie doch nicht bestreiten, der Kanal ist doch niht für den Entenfang oder die Enten- jagd, sondern für die Schiffahrt bewilligt.

Nun komme ich auf die Frage der Tarife, und da sagt man nun, die Tarife müssen so eingerihtet werden, daß eine Verzinsung keraus- kommt. Meine Herren, ih habe von jeher auf dem Standpunkt ge- standen, daß nah Maßgabe unserer preußischen Finanzverhältnifse

das Vorhandensein eines großen, mähtigen Eisenbahnneßes, welches