1897 / 124 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 28 May 1897 18:00:01 GMT) scan diff

daß sie noh eine Prüfunz ablegen, nur bis 2700 M aufrücken dürfen. Meine Herren, das ist doch unzweifelhaft : wenn man vielleiht einmal in Zukunft die Assistenten zum Examen zulassen sollte ich kann das selbstverständlich nur ganzkonditionell aussprechen —, so würde es ja geradezu eine Prämie sein auf N i ch 1 ablegung des Examens, wenn man auch diejenigen Assistenten, die noch in der Lage sind, nah ihrem Lebens- und Dienftalter, ein Examen abzulegen, bis 3000 Æ aufrüdcken [ieße.

Solche Verhältnifse, daß nur ein kleiner Theil von Beamten in höhere Stellen aufrücken kann, liegen auch in anderen Ressorts vor. Ich gestaite mir, z. B. auf die Verhältnisse der Eisenbahnbeamten hinzuweisen. Auf 10 000 Stellen von Stations-Vorstehern und Assistenten giebt es nur 2100 Beförderungsf\tellen für Stations- Vorsteher, Güter-Expedienten u. \. w., für 596 Assiftentenstellen giebt es nur 197 Beförderungsstellen. Wenn ih auf die preußischen Richter zurückgehen darf, so entfallen auf 4052 Amts- und Landrichter nur 752 böbere Richterstellen. Also auch diese Stellen sind für den aller- größten Theil der betheiligten Beamten thatsählich Endstellen und man denkt nicht daran, diesen Beamten deswegen ein bonum zu geben, weil sie aller Voraus\siht nah niht in höhere Stellen einrüdcken werden.

Ich möchte also dringend empfehlen, wenn das hohe Haus jeßt in der zweiten Berathung an den Beschlüssen Ihrer Kommission festhalten sollte, doch für den Fall, daß die Post-Assistenten etwa in Zukunft zum Examen zugelassen werden sollten, eine entsprehende UVebergangsbestimmung aufzunehmen.

Abg. Werner erklärt, daß er sich auf den Standpunkt des Zertrums stelle und mit seinen Freunden gegen die Vorlage stimmen werde, wenn diese eingefügten Erhöhungen niht angenommen würden. Die Vertröstung auf die Zulaffung zum Examen sei nicht dur- \hlagend; denn erstens fönne man die Assistenten durch das Examen fallen lassen, und zweitens könnten nit alle Assistenten in Sekretär- stellen aufrücken. Wenn jeßt nit für die Aufbesserung geforgt werde, dann würden di-se Beamten niemals etwas erhalten.

Abg. Dr. Lieber: Wir bleiben troß der Erklärung des Staat®?- \ekretärs auf unserem Standpunkt stehen. Wir freuen uns, daß die verbündeten Regierungen Erwägungen anstellen wollen; damit können wir uns vollständig zufrieden geben. Die verbündeten Regierungen werden ja wohl zu einer ersprießlihen Entscheidung kommen. Die Frage der Post- Assistenten ist in der Kommission zur Genüge erörtert worden, um zu wissen, warum wir gerade für diese Beamten die Er- höhung beantragt haben. Bezüglich der Zulassung zum Sekretär- Examen warten wir ab, bis die betheiligte Behörde das Ihrige in dieser Beziehung gethan haben wird.

Abg. Rickert: Die Erklärung des Staatssekretärs {ien mir etwas Beruhigendes zu haben; es wurde allerdings der Vordersaß in Bezug auf den Streitfall aufrecht erhalten, daß eine Vollmacht der Regierung nicht aufgedrängt werden kann. Sollten wic aus der SliHnina ersehen, daß die Regierung von der Vollmacht keinen Gebrau gemacht hat, so fönnen wir ja unsere Schlußfolgerungen daraus ziehen.

Der Beschluß der Kommission wird einstimmig genehmigt.

Für die Rendanten der Legationskasse und. der Verwaltung des Reichs-Jnvalidenfonds ist das Höchstgehalt in der Vorlage von 6000 auf 6600 4 erhöht worden; die Kommission hat dasselbe wieder auf 6000 A ermäßigt.

Staatssekretär des Reichs - Schaßgamts “Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Fch halte mih do für verpflichtet, hier für die Klasse 12 nochmals ein Wert bei dem hohen Hau*e einzulegen. Zunächst gestatte ih mir, darauf hinzuweisen, daß der Rendant der Legationskasse, ohne jeden Giroverkehr, im Jahre einen Umsaß in seiner Kasse von 70 bis 30 Millionen hat in einer unendlihen Anzahl einzelner Zahlungen, und daß er eine Kaution von 18 000 4 zu hinterlegen hat. Den Rendanten der General-Postkasse haben Sie erhöht, während hier eine Erhöhung nit eingetreten is. Besonders wichtig ist es, daß der Nendant des Neichs-Invalidenfonds kein geringeres Gehalt bekommt wie die gleich: stehenden Rendanten anderer Behörden. Der Rendant tes Reichs- Snvalidenfonds hat cinen Effektenbestand von 400 Miüionen zu ver- walten; Sie können fich denken, welches erhebligze Maß von Auf- merksamkeit und Pflichttreue nothwendig ist, um solche Kassenverwaltung durchaus korrekt zu führen. Sodann hat er noch ein anderes wichtiges Geschäft: er muß die Kautionen aller Bankinstitute verwalten, mit denen der Reihs-Invalidenfonds in Verbindung steht, ein Geschäft, was in außerordentlihem Maße Aufmerksamkeit erfordert. Früher, als der jeßige Rendant angestellt wurde, hatte er eine persönlihe Zulage von 1200 M, welche ihm aber demnächst bei der Besserstellung sämmtlicher Beamten entzogen wurde. Hätte er damals diefen Vorsprung behal- ten, so befände er sich längst in dem Höchstgehalt von 6609 4A In der Kommission is auch von einem Mitglied der Verwaltung des Neichs-Invalidenfonds, dem Königlich bayerishen Bevollmächtigten Freiherrn von Stengel, aufs wärmste befürwortet worden, gerade diesen Beamten einer so bedeutenden NMNeichsverwaltung nicht \chlechter zu stellen wie im Rang gleihstehende.Kassenbeamte. Bisher hatte auch der Rendant eine Art von übergeordneter Steliung über die Sekretäre, die in der Verwaltung des Reichs-Jnvalidenfond3 angestellt sind. Jeßt wird er mit diesen Sekretären das gleihe Höchst- gehalt beziehen, obgleih er eine bei Weitem größere persönliche Verantwortung hat.

Ich kann nur bitten, in der Klasse 12 die Regierungsvorlage wiederherzustellen. Sie haben aus meinem bisherigen Schweigen ersehen, daß es mir fern liegt, jeden einzelnen Beschluß der Kommission zu bemängeln. Hier würde ih aber in der That meine Pflicht ver- leßen, wenn ih Sie nicht dringend bitten würde, sih auf den Stand- punkt der Regierungsvorlage ftellen zu wollen. :

Die Akgg. Rickert und Dr. Hammacher (nl.) halten die Aus- führungen des Staatssekretärs für berechtigt.

Abg. Dr. Lieber tritt ebenfalls für die Wiederherstellung der Vorlage ein.

Dieselbe wird darauf einstimmig angenommen.

Für die Jntendantur- und Bauräthe und für die Post- Bauräthe hat die Kommission das Höchstgehalt von 7200 auf 6900 M herabgkseßt.

Staatssekretär des Reichs - Shagamts Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Es i} mir peinlih, hier in zwei so {nell auf einander folgenden Kategorien gegenüber den Beschlüssen der Kom- mission noch einnal das Wort exgreifen zu müssen; ich thue es nur aus zwingenden sahlihen Gründen.

Nach den Beschlüssen der Kommission sind die Intendantur- und Bauräthe und die Post-Bauräthe, ebenso wie die Posträthe und Ober-Posträthe, s{hlechter gestellt als die gleichen preußischen Kate- gorien. In Preußen geht der Regierungs-Baurath aus der Kategorie

"der Wasser- und Kreis-Bauinspektoren hervor; im Reiche gehen die

Post- und die Intendantur-Bauräthe ebenfalls aus der Kategorie der Bauivspektoren bezüglich der Garnison-Bauinspektoren hervor ; alle diese Kategorien müssen gleihmäßig das Regierungs-Baumeisterexamen machen. Ih glaube, es giebt keine Verwaltung, die ein fo großes Kapital verbaut, wie Post und Heer, und es kommt außerordentlich viel darauf an, daß wir Techniker haben, die nicht nur genial pro- jektieren, die äfthetisch-{öne Gebäude herzustellen verstehen, sondern die auh praktisch und billig bauen. Das Reich hat also den größten Vortheil davon, wenn wir in die Stellen der Post- und der Intendantur-Bauräthe die tüchtigsten, befähigtesten, umsichtigsten und energischesten Techniker bekommen. Es ist schon jeßt, wie in der Kommission von den Vertretern des Königlich preußischen Kriegs-Ministeriums hervorgehoben wurde, außerordentlih s{wer, die vorhandenen Stellen der Intendantur- Bauräthe zu beseßen. Was wird die Folge sein, wenn wir diese Béamten \{lechter stellen als in Preußen? Preußen bildet einmal drei Fünftel des Deutschen Reichs, wir sind darauf angewiesen, diese Beamten zum allergrößten Theil aus den preußishen Baubeamten zu rekrutieren.

Nun ist in der Kommission gesagt worden, es würden ih event. Baumeister aus anderen Staaten sinden! Die Erfahrung hat aber gelehrt, daß wir da keine Konkurrenz haben; namentli die Herren Techniker aus den süddeutshen Staaten, wenn fie dort vielleicht auch etwas niedriger bezahlt werden, denken nicht daran, in kleine nund mittlere Garnisonstädte des Nordens, in vollkommen fremde Verhältnisse zu gehen. Dazu if der Gehaltsvorzug ein viel zu geringer. Ich glaube deshalb, es liegt im dringendsten Intercsse des Reichs und besonders auh der Finanzverwaltung, daß wir die tüchtigsten Kräfte in das Ressort der Post- und Militärverwaltung bekommen. Diffe- renzieren wir diese Beamten gegenüber den Beamten in Preußen, tann ist es ganz klar, daß die besten Kräfte in Preußen bleiben, auf einen Ersaß aber aus anderen Staaten können wir nach den bisherigen Erfahrungen nicht renen.

Sqgließlih möchte ih aber auch ein Wort zu Gunsten der Post- räthe sagen. Die Posträthe haben den Rang der Regierungs-Näthe, und es würde für diese Beamten ganz außerordentlich \{chmerzlich sein, wenn Sie sie nun geringer besolden würden wie jene, und überdem den geeigneten Ersaß ebenfalls erschweren.

Ich bitte Sie deshalb dringend, meine Herren, auch in diesem Falle von dem Beschlusse Ihrer Kommission abzuweichen und die Regierungsvorlage wiederherzustellen. Jch glaube, daß ih bei der ferneren Berathung keine Veranlassung mehr haben werde, aus fo dringenden fachlichen Gründen das Wort zu ergreifen.

Unter-Staatt sekretär im Reichs-Posiamt Dr. Fischer tritt als zeitweiliger Vertreter des Postressorts ebenfalls für die Wiederherstellung der Vorlage ein im Interesse der 161 Posträthe und 18 Post- Bauräthe, die sh gegenüber den preußischen Beamten zurückgeseßt fühlen würden.

Die Wiederherstellung der Regierungsvorlage wird gegen die Stimmen der Konservativen und Nationalliberalen abgelehnt.

Für die Militärpfarrer hatte die Regierungsvorlage das Höchstgehalt auf 4200 / erhöht; die Kommisston hat das- selbe auf 3900 4 (300 M mehr als bisher) herabgeseßt.

Abg. Graf von Noon beantragt die Wiederherstellung der Regierungsvorlage.

Kriegs-Minister General-Lieutenant v on Goßler:

Die Annahme des vorliegenden Antrags kann ih nur dringend befürworten. Die Gründe, die Herr Graf von Roon angegeben hat, find durchaus zutreffend. Welhe Wichtigkeit wir den Militär- Geistlichen in der Armee beilegen, das brauhe ich wohl des näheren nicht auszuführen. Nach meiner Meinung würde das Ansehen der Militär-Geistlihen darunter leiden, wenn sie in eine Kategorie ein- gestellt würden, die niedriger dotiert ift, als es die verbündeten Negierungen für die Militär- Beistlihen vorgeschlagen haben. Ich kann von meiner Stelle aus die Leistungen der Militär-Geistlihkcit nur im höchsten Maße anerkennen. Diese Männer kommen bereits im reiferen Alter zu uns; die katholishen Geistlichen befinden fihch fogar in der Regel in einem Alter von mindestens 35, ja zum theil in einem folWen von 40 bis 44 Jahren; Männer, die alfo meines Erachtens die Berücksichtigung des hohen Hauses wohl verdienen. (Bravo!)

Abg. Dr. Lieber: Die Vertreter des Zentrums haben in der Kommission gegen die Regierungévorlage gestimmt. Wir sind aber für die Gründe, die in den Leistungen der Geistlichen liegen, nicht unempfänglich und werden daher jeßt für die Wiederherstellung der E as ch Abg. Dr. H "

_ Nachdem au g. Dr. Hammacher (nl.) sich für die Wiederherstellung der Vorlage ausgesprochen hat, wird dieselbe genehmigt. : /

Jm übrigen wird die Vorlage nah den Kommissione- beshlüssen unverändert angenommen.

Die Kommission hat in das Dispositiv des Etats folgende Bemerkung aufgenommen :

„Ersparnisse, welche - bei den Fonds zu Besoldungen und zu sonstigen Diensteinkünften etatsmäßiger Beamten im Reichshaus- halts-Etat für 1897/98, dem Nachtrags-Etat und den weiteren Nachträgen dadur entstehen, daß Stellen zeitweilig nicht beseßt sind oder von ihren Inhabern nicht versehen werden können, sind der Reichskaffe zuzuführen."

Abg. Nickert weist darauf hin, daß den fervisberechtigten Bau- beamten eine Zahlung von Serviszuschüssen nicht mehr bewilligt werden solle. Man sollte diesen Beamten, deren nur noch wenige vorhanden fein könnten, diesen Serviszushuß belassen. Redner bittet daher, die betreffende Bestimmung zu streichen.

Geheimec Ober-Regierungs-Rath Neumann: Die Zahl der betheiligten Baubeamten is nit gering; es find 31. Wenn es sih um zweifellofe Ansprüche handelte, würden die Regierungen dieselben ohne weiteres anerkennen. Die Erhöhung der Besoldungen deckt den Fortfall des Serviszuschusses vollftändig.

Die Bestimmung, betreffend den Serviszushuß der Bau- beamten, wird gestrichen; im übrigen wird das Dispositiv der Besoldungsvorlage angenommen.

Die Kommission s{chlägt folgende Resolution vor:

„Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, zu veranlassen, daß in dem Entwunf des nächsten RNeichshaushalts-Etats die Befoldungen der Staatss:kretäre des Reis-Marineamts, des Reichs-Justizamts, des Reichs-Schayamts und d-:s Reichs-Postamts auf je 30 000 4 erhöht werd

Abg. Bebel (Soz.) spricht ih gegen die Resolution aus; bei der großen Sparsamkeit, die die Kommission im übrigen habe walten lassen, sei diefer Antrag seltsam. Die Staatsfekretäre des Reichs- Schazamts und des Reichs - Justizamts hätten für ihre Person das Bedürfniß einer folchen Gehaltserhöhuag niht anerkannt.

Die Resolution wird angenommen.

Eine weitere Resolution der Kommission geht dahin:

_ eDie bestimmte Erwartung auszusprechen, daß vom nächsten

Reichshaushalts-Voranschlage ab Pferdegelder für die Regiments-

Kommandeure der nicht berittenen Truppentheile und entsprechende

nicht onsfähige önli ulagen für die Regiments-

nbi peusiontiEiae pet M und die “Ps in aim und 4 der Anlage B4 des Nachtrags-Etats genannien Offiziere und Aerzte ausgebracht werden.“

Staatssekretär des Reichs - Schaßamts Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Ih kann namens der verbündeten Regierungen die Erklärung abgeben, daß in den nähsten Reihhshaushalts- Etgt Pferdegelder für die Regiments-Kommandeure der nicht berittenen Truppen und eine entsprehende persönlihe Zulage für die Regiments- Kommandeure der berittenen Truppentheile eingeseßt werden sollen,

Endlich schlägt die Kommission vor:

a. in den nähstjährigen Etats die Fonds für Remunerationen m A mit Nücksiht auf die Gehaltserhöhungen zuy ermêéßigen,

b. die von ihm aufgestellten Grundsäße für die Verwendung der Remunerations- und Unterstüßungsfonds auch unter dem Gesichts- punkte möglihster Ersparung {on im laufenden Geschäftsjahre zur Anwendung zu bringen. : :

Auch diese Resolution wird genehmigt.

Ferner beantragt „Den Reichékanzler zu erfuhen, für

Abg. S inger (Soz.): die Unterbeamten der Postverwaltung die Gehälter in Zukunft auf

900 bis 1500 A, r die Landbriefträger auf 700 bis 10C0 zu bemessen ; das Höchstgehalt soll in 18 Dienstjahren erreiht werden.“

Der Antragsteller bedauert, daß sein Vorschlag nicht bereits in der Budgetkommission durhgeseßt werden konnte, und f\prit die Hoffnung aus, daß die Reichsshaßverwaltung seinem Wunsche, der von der Mehrheit des Reichstages sicherlich getheilt würde, Rechnung tragen werde. Wenn ein Landbriefträger nah 18 jähriger Diersft- zeit 1000 A Echalt beziehen folle, so sei dies doch ein besceidener Anspruch.

Staatssekretär des Reichs - Shazamts Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Der Herr Abg. Singer hat geglaubt, die Befür- wortung dieser Resolution damit begründen zu können, daß au eine Nesolution gefaft ist betreffs der Erhöhung des Gehalts der Staats- sekretäre. Diese Verkoppelung soll mich in der Objektivität meiner Ausführungen keineswegs belasten, denn ih habe mi in der Kommission sowohl gegen den Antrag auf Erhöhung des Gehalts der Staats- sekretäre im verliegenden Etat ausgesprohen, wie auch überbaupt gegen die Annahme der NRefolution. Also ih weiß nicht, was der verehrte Herr Abgeordnete mit dieser Verbindung bezwecken will, (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Nun gestatten Sie mir die sach- lichen Ausführungen: Die Herren, die in der Kommission gesessen baben, werden s\ich erinnern, daß tas Verhältniß allerdings fo war, daß früher zwei Klassen bestanden: Erstlih die Klasse der Packetträger und Stadtpostbotcn, die mit 700 A anfingen, und die Klafse der Schaffner, die mit 900 # anfingen. Im Interesse der Packetträger und Stadtpostéoten hatten sh die verbündeten Regierungen ent- schloffen, die beiden Klassen zu verbinden, und zwar für das Änfangs- gehalt den Mittelsay zwishen dem Anfangêgehalt der niedrigen Klasse, der Paetträger und Stadtpostboten von 700 4, und dem höheren Gehalt der Schaffner von 900 4, also ein Durchschnitts- gehalt von 800 Æ zu wählen. Hätte man die Vereinigung nun in der Weise herbeiführen wollen, daß man einfach die Paketträger und Stadtpostboten ebenso stellte wie die hon angestellten Schaffner, fo war eine Vereinigung der Klassen meines Erachtens garniht nöthig, sondern man brauhte nur zu beschließen, die Packetträger und Stadtpostboten bekommen ganz dasselbe Gehalt wie die Schaffner. Wir konnten aber nichts Anderes thun als geschehen, und ¿war aus dem gewiß der Gerechtigkeit entsprehenden Grunde, daß die Eisenbahnschaffner mit einem Gehalt von 800 Æ an- fangen und man, glaube i, nit bestreiten kann, daß der Dienst eines Eisenbabnschaffners doch ein erheblih anstrengender ift, als der Dienst der Beamten, die jeßt in der Postshaffnerklasse rangieren. Jeßt bekommen event. nach Ihren Beschlüssen die Shaffaer aller- dings mehr, aber nur in Elsaß-Lothringen. Bei diesen Verhältniffen im Reiche müssen wir unzweifelhaft auch auf die Befoldung?- verhältnisse der Schaffner in Preußen Rücksicht nehmen, da die beiden Beamtenkategorien, Postschaffner und Eisenbahnschaffner, häufig auf demselben Bahnhof neben einander beschäftigt sind. Außerdem kommt noch hinzu und das hat der Herr Abg. Singer niht erwähnt —, daß dadur, daß jeßt den Landbriefträgern, die in die Schaffnerklasse übergegangen sind, die Landbriefträgerzeit, soweit sie fünf Jahre übersteigt, auf ihr Dienstalter angerechnet wird, leßtere pro Kopf 137 M außerdem gewonnen baben. Ich glaube also, es ist für diese Kategorie in der That recht viel gesehen.

Meine Herren, was nun ferner die Besserstellung der Landbrief- träger betrifft, so muß ih doch darauf hinweisen, daß die Landbrief- träger seit dem Jahre 1885 in ihrem Einkommen um 33 9/9 verbessert sind, und daß jeßt nahdem auf Drängen der Reichs-Postverwaltung die Landbriefträgerzeit denjenigen Landbriefträgern angerechnet wird, die in die Schaffnerklasse übergehen es sih nur noch handelt um 14 9/9 Landbriefträger, die bei der beantragten Gehaltserböhung be- theiligt find; denn nur 14 %/ find es, die in der Landbriefträgerstellung zurückbleiben und nicht in die Schaffnerklasse übergehen. Diese 14 9% find aber wohl auênahmélos solche Landbriefträger, die ein dringendes wirtbschaftlihes Interesse haben, ihre Stellung nit zu wechseln, daë find Leute, die vielleicht ein kleines Handwerk danebentreiben oder einen Grundbesiß haben.

Schließlich gestaite ih mir noch auf die finanzielle Konsequenz der Resolution hinzuweisen. Würden wir darauf eingehen, auch alles denjenigen Beamten der Schaffnerklafse, die na ch dem 1. April 1895 in die Klasse eingerückt sind, das Arfangegehalt von 900 46, was jet nur die älteren Beamten beziehen, zu gewähren, fo würde das einen finanziellen Effekt von 1 086 000 Æ haken ; dazu würde eventuelt noch die Erhöhung des Höchsigehalts der Landbriefträger auf 900 A treten. Meine Herren, ih glaube, in leßter Zeit haben sih die verbündeten Regierungen einer Anzahl von Resolutionen des Reichstages gegenüber sehr gutwillig und wohlwollend gezzigt; ih bitte aber, namentlih nach der finanziellen Seite, den nächftjährigen Etat nicht zu sehr zu belasten-

Unter-Staatssekretär im Reichs - Postamt Dr. Fischer: Die Nefolution geht über das hinaus, was von dem Antragsteller in der Kommission beantragt war. Es wird nicht nur ein Ausgleih ver- langt bezügli der älteren Postichaffner, sondern auch eine Abkürzung der Zeit bis zur Erlangung des Höchstgehalts von 21 auf 18 Jahre- Für die Postschaffner ift eine große Bevorzugung dadur eingetreten, daß die zwei Klassea der Postschaffner und Paetträger beseitigt find, Für die Postshaffnerklafe würde der Antrag Singer eine Mehr- ausgabe von 1} bis 14 Millionen Mark betragen.

Abg. Dr. Lieber: Obwohl ih das Gewicht der Gründe, wel die Vertreter der verbündeten Regierungen vorgetragen haben, ni t

verkenne, erkläre ih mich für die Resolution, gegen welche die finanziellen Bedenken niht geltend gemaht werden sollten, denn dîe

e der Landbriefträger befindet nicht in bevorzugter Laçe. Die e nen Postboten, welhe den andbr efträgern gleihftehen, sind hon besser lig als der Antrag Singer verlangt. Das Reich wird 1 nicht hinter Bayern zurückbleiben wollen.

Abg. Singer ändert seinen Antrag dahin, daß die Frist für die Erreichung des Höchstgehalts nit von 21 auf 18 Jahre herabgesegt werden solle. r einzize Grund, der geltend gemacht sei, sei das preußische Sema, während Preußen eigentlißh dem Reiche folgen follte. In Preußen nehme die Freigebigkeit bei der Gehaltserhöhung nah oben zu und nah unten ab. Da müsse das Reich für seine Unterbeamten dem preußischen Staat mit gutem Beispiel vorangehen.

Abg. Dr. Hasse (nl.): Meine Freunde haben sich in früheren Fahren mehrfach im Sinne des Antrages Singer ausgesprochen, wir werden daher für denselben stimmen, besonders bezüglih der Lande briefträger. Es ist nit erwünscht, daß die Landbriesträger, wenn sie sh verbessern wollen, sih für die Städte melden.

Abg. Werner: Grade diese Beamtenklassen könnten auf eine Berücksichtigung in der Besolvungsvorlage rechnean. Wir werden feinen Augenblick Anstand nehmen, dem Antrage zuzustimmen, besonders bezüglich der Landbricfträger.

Nachdem noch die Abgg. Bech (fr. Volksp.) und Benoit (fr. Vgg.) für den Antrag Singer sih ausgesprochen haben, wird derselbe einstimmig angenommen.

Darauf folgt die zweite Berathung des Nachtrags- Etats.

Zum Grunderwerb für ein räsidial- gebäude für den Reichstag werden 1 000 M be- willigt unter Annahme folgender Resolution, gegen welche Abg. von Staudy (d. kons.) namens seiner Partei sich aus- gesprochen haite:

„Der Reichstag beschließt, die verbündeten Regierungen zu er- mächtigen, außer dem Eckgrundstück an der Dorotheenstraße auch die anstoßenden Grundstücke an der Sommerstraße und am Neichstags- ufer, zusammen 2486 qm für 1175 000 Æ zu erwerben, um die angrenzenden, ncch unbebaulen Grundstücke der privaten Bauspeku- lation zu entziehen, die Möglichkeit einer eigenen elektrischen Licht- anlage für den Reichstag zu geben und bei Nichtbebauung des Theilgrundstü&s an der Sommerftraßenecke und dem Reichstagsufer den Gesammtüberblick über das Reichstagêgebäude von der Marschall- brüdcke zu erhalten.“ i : :

Zur Schaffung einer Reserve von Feld-Artillerie- material werden 30 Millionen Mark verlangt.

Abg. Richter: Wir haben bei der Marine Abftrice von etwa 10 Millionen gemacht, worüber wir gesholten worden find. Gerade die Aussicht auf diese Vorlage hat uns mitbestimmt, die Abstriche bei der Marine herbeizuführen. Es ist bedauerlih, daß die Fort- schritte der Technik nicht bloß der Kultur zu guie kommen, fondern daß au große Ausgaben für Kriegsrüstungen nothwendig werden. Das läßt sich in dem waffenstarrenden Europa nicht vermeiden. Was mir an Eisen sparen würden, würden œir an Blut mehr opfern müssen. Wir wissen, welche Bedeutung die Artillerie im Kriege hat; die Erhaltung einer guten Artillerie is eine Haupt- forderung der Vertheidigung, die Forderungen der Marine find dem gegenüber von sekundärer oder gar tertiärer Bedeutung. Wir werden uns den weiteren Forderungen nicht widerseßen, die sich aus der jeßigen Bewilligung ergeben. i :

Die Forderung wird gegen die Stimmen der Sozial- demokraten bewilligt.

Im e wird der Nachtrags-Etat genehmigt, ebenso der zweite Nachtrags-Etat, betreffend die Vermehrung der Beamten des Reichs-Versicherungsamts, und betreffend die Kosten der Pariser Weltausstellung, und der dritte Nachtrags-Etat: 60000 4 zu Remunerationen für die Beamten des Auswärtigen Amts. Die zu diesen Nachtrags-Etats gehörigen Etats- und Anleihegeseße werden ebenfalls ohne Debatte angenommen. =

Endlich erledigt das Haus noch eine Reihe von Petitionen nach den Vorschlägen der Kommission.

Schluß 51/4 Uhr. Nächste Sißung Dienstag, den 22. Juni, 1 Uhr. (Dritte Berathung der Handwerkervorlage.)

Preußischer Landtag, Herrenhaus.

18. Sizung vom 26. Mai 1897.

Die Etatsberathung wird fortgeseßt.

Zum Etat der landwirthschaftlichen Ver- waltung regt

Graf Udo zu Stolberg eine Reform des Landes-Oekonomie- Kollegiums auf der Grundlage der Organisation der Landwirthschafts- fammern an. Das Kollegium müßte zu den Kammern etwa in dem Verhältniß der General‘ynode zu den Provinzialsynoden stehen. Eine Reihe brennender Fragen, wie die Reform der InvaliditätsversiWerung, mache diese Umgestaltung zu einer dringenden Angelegenheit. Ferner wüns{ht Redner weitere Verminderung der Schweineeinfuhr nach Oberfchlesien. sei Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer-

ein:

Meine Herren! Die erfte Frage, welhe Herr Graf Stolberg an mi gerichtet hat, bezieht fich auf die Organisation des Landes- Oekonomie-Kollegiums. Es ist zweifellos, daß in ter Organisation des Landes-Oekonomie-Kollegiums Aenderungen nothwendig geworden sind, weil bisher diz ganze Organisation auf Grund der bestehenden Zentralvereine der Landwirthshaft in den einzelnen Provinzen auf- gebaut war. - Jett hat si darin eine wesentlihe Aenderung insoweit vollzogen, als bei weitem die größere Zahl der landwirthschaft- lien SZentralvereine von der Bildfläche verschwunden ift und an ihre Stelle die Landwirthschaftskammern getreten find. Dagegen haben einzelne Landestheile, und zwar die Provinzen Hannover, Westfalen und Rheinland, Landwirthschaftskammern noch nit gebildet. Dort wird also die Landwirthschaft von den landwirihscaftlihen Zentralvereinen auch im Landes-Oekonomie-Kollegium vertreten, während da, wo die landwirthshaftlichen Zentralvereine vers{chwunden und an ibre Stelle die Landwirthschastskammern getreten find, zweifellos die Vertretung der Landwirthschaft im Landes-Oekonomie- Kollegium neu geordnet werden muß.

Der Herr Graf Stolberg hat angedeutet ih glaube ihn dabin verstanden zu Haben —, daß er eine Zentral-Landwirthschaftskammer an Stelle des Landes - Oekonomie - Kollegiums bilden will. Zur Zeit würde das {on deshalb nicht möglich sein ich komme auf die übrigen Bedenken noch zurück —, weil, wie ich eben son bereits ausführte, ein großer Theil der Monarchie, die drei großen Provinzen Hannover, Westfalen und Rheinland, noch keine Land- wirthschaftskammern haben.

Für die Bildung der Zentral-Landwirthschaftskammer macht der Herr Graf geltend, daß es geboten erscheine, für Landwirthschaftsangelegen- heiten, welhe die ganze Monarchie berühren, eine Gesammtvertretung ¿u hafen. Die Möglichkeit einer folhen freiwilligen Gesammt- vertretung is {hon jeßt vorhanden und zwar mit Umgehung des Landes-Oekonomie-Kollegiums. Die Landwirthschaftekammern haben

diesen Weg bewußt betreten; ganz ähnli, wie es die Proxzinzial- verbände gemacht haben, die alljährlih zu sogenannten Landes-Direktoren- Konferenzen zusammentreten, * treten auch jeßt {on Delegirte der Landwirthschaftskammern zu gemeinsamer Berathung zusammen, um dort solhe Angelegenheiten gemeinsam zu berathen und zu besprechen, welhe das Gesammtinteresse der Landwirthschaft in der ganzen Monarchie betreffen. Gegen ein \olches \spontanes Zusammentreten sind Bedenken nicht zu erheben. Dagegen auf die Spiye der jeßt gegründeten Landwirthschaftskammern ein Zentralvertretung8organ zu seßen, dem stehen nah meiner persönlihen Auffassung sehr erhebliche Bedenken entgegen. Man würde gewifsermaßen neben den Parla- menten, die wir jeßt \chon in großer Zahl haben, noch ein Agrar- Parlament für Preußen errihten, dem die offizielle Gesammtvertretung der landwirthschafilihen Interessen der preußishen Monarchie über- tragen würde.

Meine Herren, eine solche Vertretung zu schaffen, is nah meiner persönlichen Auffassung nur auf dem Wege der Gesetzgebung und dann unter Beseitigung des Landes - Oekonomie - Kollegiums möglich. Das Landes-Oekonomie- Kollegium hat niemals als Gefammtvertretung der landwirthschaftlißen Interessen im preußishen Staat fungiert; es war der technische Beirath der landwirthshaftlihen Verwaltung, also ein ganz anderes Organ als wie Herr Graf Stolberg si die Zentral- LUndwirthschaftskammer denkt. Das Landes-Oekonomie-Kollegium ift aus der Initiative der preußischen Könige hervorgegangen und hat um die Entwickelung und Förderung der Landwirthschaft sfich große Verdienste erworben. Die preußishen Könige haben bis in die neueste Zeit stes an den Verhandlungen des Landes - Oekonomie- Kollegiums theilgenommen; auch Seine Majestät unser jetziger Kaiser und König is dieser Tradition treu geblieben. Das Landes - Oekonomie - Kollegium i} ein sachverständiges Kollegium für die ganze Monarchie, das theils aus Wahlen hervorgeht, theils durch Berufung des Ministers gebildet wird. Das Landes-ODekonomie- Kollegium ist eine althistorische preußische Institution, die man meines Erachtens nur, wenn dafür dringende Gründe vorlägen, beseitigen follte. An dem geshichtlich Gewordenen sollte man ohne dringenden Grund nicht rütteln. Das Landes-Oekonomie-Kollegium aufzuheben, ist der Landwirthschafts-Minister allein niht in der Lage. Adgesehen davon, daß die Frage vor das Staats-Ministerium gebracht werden muß, bedarf die Aufhebung auch der Zustimmung Seiner Majestät des Kaisers und Königs, weil tas Kolleg auf einer Kabinetsordre berußt.

Meine Herren, Sie sehen aus diesen kurzen Darlegungen, daß nah verschiedenen Richtungen sowohl gewisse politishe wie formale Bedenken sorgfältig zu prüfen und zu erwägen sind. Als Ressort- Minister muß ih wünschen, daß der landwirthschaftlihen Verwaltung das Landes-Oekonomie-Kollegium als facverständiger Beirath erbalten werde. Im übrigen habe ich die Bedenken hervor- gehoben, die gegen eine Sentral - Landwirthschaftskammer in der Form, wie Herr Graf Stolberg anscheinend will, geltend zu maten sind. Im übrigen haben über diése Frage im Landes - Oekonomie - Kollegium beceits Verhandlungen stattgefunden, und ih werde die Angelegenheit so fördern, daß noch im Laufe dieses Jahres eine Entscheidung zunähst im Staats-Ministerium erfolgen wird darüber, ob man sich auf eine Reorganisation des Landes- Oekonomie-Kollegiums beschränken oder die vom Herrn Grafen Stol- berg gewünschte General-Landwirthschaftskammer einrichten will, Eine bestimmte Stellung zu diesen Fragen kann ih zur Zeit nit nehmen. Fc glaube übrigens, daß dem Herrn Grafen Stolberg die gegebenen Mittheilungen genügen werden.

Meine Herren, die zweite an mich gerichtete Frage betrifft die Schweineeinfuhr in dem obershlesishen Industriebezirk. Herr Graf Stolberg fragt, ob und eventuell wann eine vollständige Beseitigung dieser Schweineeinfuhr stattfinden folle. Meine Herren, ih glaube, Herr Graf Stolberg weiß s{chon, welche Antwort ich in dieser Frage zu geben in der Lage bin, da ih dieselbe Frage bereits im Ab“ geordnetenhause beantwortet habe. Persönlich bin ih der Meinung, daß die Shhweineeinfuhr in den oberschlesisWen Industriebezirken voll- ständig zu beseitigen ist. Ich theile die Auffassung des Herrn Grafen Stolberg, daß das Fleishbedürfniß des obers{lsischen Industrie- bezirks ohne die russishe Einfuhr zu befriedigen if und daß genügender Anlaß vorliegt, aus veterinären Gründen diefe Einfuhr zu unterbinden. Wann das gesehen kann und wird, darüber kann ih heute eine be- stimmte Erklärung nicht abgeben. Die Frage bildet den Gegenstand reiflicher Erwägung im Staats-Ministerium. Allein habe ih darüber nit za bestimmen, es kann das nur gesehen, nachdem das Staats- Ministerium si in der Frage {lüfîsfig gemalt hat. Ih gebe mih der Hoffnung hin, daß der Beschluß des Staats-Ministeriums in ab- sehbarer Zeit dazu führen wird, die Schweineeinfußr aus Rußland in das oberschlesishe Industriegebiet vollständig zu befeitigen.

Herr Graf Stolberg hat dann gefragt, wie groß etwa der Trans§- port inländischer Schweine nach dem obers&lesisWen Industriebezirk si infolge der Eisenbahntarif.Ermäßigurgen gestaltet bat. Genaue Zahlen anzugeben bin ih nit in der Lage. Wenn Herr Graf Stolberg die Güte gehabt bätte, mir diese Frage vorber anzukündigen, so würde ih die Zahlen mir von dem Herrn Arbeits - Minister verschafft haben. Ih kann aber mit- theilen, daß bis jeßt die Zufuhr inländisher S{weine nah dem obers{lesishen Bezirk einen erheblichen Umfang nicht gewonnen bat. Fh glaube aber, daß die Nichtzuführung wesentlich auf Machinationen der von dem Herrn Grafen bereits angeführten Händler zurück- zuführen ist, die alles aufbieten, um ibr früheres Monopol wieder zu erlangen. Zufuhren find unverkauft zurückgegangen. Meine Herren, das beruht auf Machinationen unlauterer Art seitens der Händler.

Ich glaube, damit auch die zweite Frage des Herrn Grafen Stolberg auêreihend beantwortet zu baben.

Graf zu Stolberg bemerkt, daß die Schweinezüchter von den ermäßigten Tarifen nah Oberschlefien mehr Gebrau machen würden, wenn fie ficher wären, daß in der Tarifpolitik keine Schwankungen eintreten, und wenn die Grenzsperre baldigst erfolgte. Die Schwierig- eiten, welhe der Reform des Landes-Oeckonomie-Kollegiums entgegen- ständen, seien do nicht unüberwindlihe, sondern hauptsählich for- maler Natur. Von einem Nebenparlament könne feine Rede fein; au das neue Kollegium würde den Charakter des alten behalten. Auf die Dauer müsse zwischen dem Kollegium und den freien Kammer- vorsteher-Konferenzen ein unersprießliher Dualismus errzachsen.

Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer- tein:

y Ih beschränke mih auf die kurze Erwiderung, daß die Fragen bereits Gegenstand der Berathung im Landwirthschaftlihen Minifterium gewesen sind. Es sind ausführlie Referate erstattet und es hat eine eingehende Berathung stattgefunden. Augenblickli liegt mir die Sache

vor. Auf Grund der vorliegenden Verhandlungen werde ih weitere Beslüfse der Herren Ressort-Minifter herbeiführen. Dann kommt die Angelegenheit an das Staats-Ministerium. Wenn Herr Graf Stolberg si für die Frage interessiert, ersuhe ich ihn, den Ver- handlungen des Landes-Oekonomie-Kolleziums beizuwohnen.

Per von Herßberg-Lottin dankt dem Minister für seine Ent- \{lofsenbeit, der inländishen Viehzucht die russishe Schweineecinfuhr vom Halse zu hafen. Nah Oberschlesien könne Pommern aber nicht seine Schweine shicken, da die Preise zu niedrig seien. Die Schweinepest und die amerikanishe Schweineseuhe hätten außerdem die Bestände dezimiert. Es müsse eine shärfere Grenzkontrole R, eine mindestens vierwöhige Quarantäne müfse statt- aben. Ferner befürwortet der Redner die Sesilegeng einer geseßlichen Verschuldungsgrenze zur Entshuldung des Grundbesitßzes. Eine solche

Reform müsse, wie alle Reformen unter der jahrhundertelangen Regierung der Hohenzollern, von oben kommen; von unten herauf sei in dieser Beziehung nichts zu erwarten. Von dem jeßigen Zustande hätten nur die Hypothekenbanken unverhältnißmäßigen Vortheil. Zur dauernden Erhaltung eines freien Bauernstandes, wie er durch die Stein-Hardenberg’she Gesetzgebung geschaffen sei, müsse die Regierung auch auf diesem Gebiete die Initiative ergreifen.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr. Hermes weist darauf bin, daß die Verwaltung die Landwirthschaftskammern bereits mit der Er- örterung der Frage befaßt hat. Bei einer so tiefgreifenden Frage müsse zunächst festgestellt werden, ob die gesammte Landwirthschaft sich einer folhen Beschränkung unterwerfen will.

Herr von Klißing verlangt, daß über die Frage der Reform des Landes-Oeckonomie-Kollegiums nicht nur dieses, sondern au die Landwirthschaftékammern befragt werden. Daß eine Behörde sich nit gern selbst ihr Todeéurtheil spreche, sei doch nur natürlich. tei Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer-

Cin:

Auf die letzte Bemerkung erwidere ih: daß ih beabsichtige, sobald eine bestimmte Unterlage erlangt ist, die Landwirthschafts- kammern über die Angelegenkbeit zu hören.

Nachdem noch die Herren von Herßzberg, von Hell- dorff-Bedra, von Bemberg-Flamersheim, Graf Udo zu Stolberg und Graf von Klinckowstroem gesprochen haben, wird der landwirthschaftlihe Etat verlassen.

Bei der Gestütsverwaltung regt

Herr von Herzberg wiederum an, die Perfonalunior in ten Aemtern des Ober-Landstallmeisters und des Leiters des Hauvtgestüts R ausge: Jedes dieser Aemter erfordere die ganze Kraft eines Mannes. Auch sei es vielleiht nicht gut, daß der Leiter des preußishen Gestütwesens so aus\s{ließlich auf Vollblut angewiesen set. e Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer- Itetn:

Herr von Herbberg hat wiederholt die Vereinigung des Amts des Ober-Landstallmeisters mit der Verwaltung des Graditßer Gestüts als einen Uebelstand bezeihnet, auch behauptet, ih bätte bei der leßten Verhandlung der Frage hier im Hause diefe Verbindung auch meinerseits als Uebelstand bezeihnet. Mir liegt der fstenographishe Bericht niht vor; ih möchte aber glauben, daß ich diefen Ausdruck nit, wenigstens nicht so allgemein gebraucht kabe, wie das Herr von Herßberg annimmt.

Ich erwidere im übrigen Folgendes: Ich fand bei meinem Diensts antritt die Anlegenheit in der jeßt noch bestehenden Situation vor. Ich war allerdings stets der Ansicht, daß zweckEmäßiger eine Trennung beider Posten cingetreten wäre. Damals ist aber, soviel i@ weiß, die landwirtbschaftlihe Verwaltung genöthigt gewesen, beide Posten zu vereinigen, weil der gegenwärtige Herr Ober - Landstallmeifter dies zur Bedingung der Annahme der Stellung tes Ober-Landftall- meisters mate.

Nun erübrigt für mich nur noch, mich darüber zu äußern, ob, während ih die Verwaltung geführt babe, aus diefer Verbindung der beiden Vzrwaltungsämter we!entlih: Schwierigkeiten oder Bedenken hervorgetreten sind. Jch kann nun bestimmt versichern, daß das nit der Fall gewesen ist. Der Herr Ober-Landftallmeifster ift bei jeder Gelegenheit, wenn ih seiner hier bedurft habe, zu den Berathungen im Ministerium anwesend gewesen. Daneben hat derselbe die Gradißer Verwaltung nach allen Richtungen hin vorzüglih geführt, soweit ih das als Nichtfahmann beurtheilen kann. Ih muß daher bestreiten, daß wenigstens zur Zeit {hon zwingende Gründe für eine Trennung der beiden Aemter vorliegen. Bestimmte Thatsachen hat Herr von Herzberg für seine Ansicht niht vorgebracht.

Herr von Herßberg sagt dann, es sei merkwürdig, daß während der Verwaltung der hippologishen Angelegenheiten dur den gegenwärtigen Ober-Landstall meister es noch ni@t einmal gelungen sei, einen Gestütsbeamten zu erziehen, der in der Lage sei, den Ober- Landstallmeißer in der Verwaltung von Gradiß zu ersezen. Ih glaube allerdings, daß wir auf dem besten Wege find, einen folchen Beamten heranzuziehen. Die Möglichkeit ift dadur gewonnen, daß Neustadt wieder Vollblutgestüt i. Jh bin der Uzberzeugung, daß wir dur den dortigen Beamten mit der Zeit doch einen Geftüts- beamten gewinnen, welcher im stande scin wird, das Gradizer Geftüt in derselben Richtung und mit demselben Erfolge zu verwalten, wie das der gegenwärtige Ober-Landstallmeister fertig gebracht hat. Fch glauke, daß im Interesse der Förderung unserer Vollblutzut, auch der Pferdezuht im allgemeinen, einz Aenderung in der gegen- wärtigen Verwaltung weder geboten noch zweckmäßig erscheint.

Graf von Frankenberg führt als Beweis für die sMuierine Lage der Landwirthschaft an, daf in einem Negierungébezirk mehr als 1000 Pferde weniger angemustert seien als in einem anderen.

Beim Etat der Verwaltung der direkten Steuern e et von Kleist-Schmenzin Klage über Vexationen der Land- wirtbschaft bei der Einkommensteuer-Veranlagung. Troß \{chlechter Ernte seien die Landwirthe vielfah höher veranlagt worden. Sehr \chwer drüdcke auch die lange Dauer bis zur Erledigung des Beschwerde- verfahrens beim Ober-Verwaltungsgeriht auf die Landwirthschaft. Der formalistishe Geschäftsgang lege dem Landwirth {were Opfer auf. Für eine nah seiner Ansicht ungerehtfertigtze Belästigung der Zensiten mit vexatorishen Fragen und mit entsprehenden Strafe derfügungen führt Redner zahlreihe Beispiele an.

Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Daß die Einführung der Selbftdeklaration mit dem Ret der Beanstandung von vornherein ein fehr s{hwieriges Unternehmen für eine Steuerverwaltung war, darüber haben \ih die beiden Häuser des Landtages und auch die Regierung nicht getäuscht. Wenn man auf der einen Seite die ganzen Realfteuern, die Grundsteuer und Ge- bäude- und Gewerbefteuer und Bergwerksabgaben abgeschafft hat und der Staat nur auf Personalsteuern bafiert if, so mußte man größere Garantien für gleilhmäßige und rihtige Veranlagung haben, als damals die Einkommensteuer bot. Sonst wäre es ein wahrer, unverantwortlicher Leichtsinn gewesen, eine solhe Reform durchzuführen, die no kein anderer

Staat meines Wissens unternommen hat. Wir im Finanz-Ministerium

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