1897 / 126 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 31 May 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Meine Herren, ih möchte damit beginnen, daß ih jede Meinung, als wenn wir im Finanz-Ministerium das Geseß und seine Durh- führung aus fiskalishen Gesihtspunkten ansehen, gänzlich abweife. Wir haben, und ih insonderheit, uns von vornherein nur die Aufgabe gestellt, das Geseß in dem Sinne zu behandeln, daß eine gerechte und gleichmäßige Heranziehung nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit der einzelnen Zenfiten im Staate ftattfinde. Das wäre ja überhaupt eine sonderbare Stellung, die die Staatsregierung oder der Finanz- Minister einnähme, wenn er hier seine Aufgabe rein fiskalish be- handeln wollte; das würde doch heißen: so viel wie möglich Steuern zu erheben ohne Rücksiht darauf, ob der betreffende Zensit nah dem Geseze s{uldig und verbunden ift, die betreffenden Steuern zu zahlen. Ein folher Gedanke kann bei diesem Gese für eine vernünftige Ausführung garniht in Betraht kommen. Aber, meine Herren, es ist allerdings eine \{wierige Aufgabe gewesen, nah und nah zu einer wirklich größeren Gleihmäßigkeit in der Tragung der Staatslasten zu gelangen, weil wir so lange Jahre den geradezu entgegengeseßten Zuftand hatten. Eine folhe Um- gestaltung des Nichteindringens in die Verhältnisse, das überall dur die Finger Sehen, die hierdurch entstandene Ungleihmäßigkeit in der Tragung der Staatslasten zu erseßen durch neue Einrihtungen in entgegengeseßter Ri&tung daß das große Veränderungen in der Belastung des Einzelnen hervorruft, Mißstimmung bei Vielen erregt, war von vornherein garniht zu verkennen ; das hat auch niemand von uns verkannt. Ich habe {on früher erklärt, daß jeder Vorschlag, der ohne Gefährdung der gleichmäßigen und gerechten Ver- anlagung, Erleichterungen für die Zensiten, eine größere Sicherheit für das Zutreffende der Veranlagung, eine größere Ent- lastung der Behörden herbeiführen würde, die Sympathie der Staats- regierung genießen wird und in jeder Weise objektiv wird geprüft werden. Ich muß aber zu meinem Bedauern sagen, daß das, was ih heute gehört habe, mir .niht sehr viel Aufklärung über diesen Punkt gegeben hat. Meine Herren, ein solhes Geseß, wie das Einkommensteuergesey, mußte von vornherein beim Mangel an allen Erfahrungen, die man nur aus der Praxis des Lebens kennen, entnehmen fann, nothwendig in einzelnen Punkten revisionsbedürftig sein, hon am Tage seiner Geburt, und wir sind im Finanz-Ministerium durch unsere Erfahrungen allerdings jeßt überzeugt, daß das Geseß in einzelnen Punkten revisionsbedürftig ist. Wir glauben aber den Zeitpunkt noch nicht gekommen, um in dieser Beziehung {hon mit bestimmten Anträgen an den Landtag heranzutreten. Diese Punkte betreffen sowohl das Verfahren, als die Bestimmungen des Einkommensteuergeseßes selbft.

Meine Herren, wenn der rihtige Zeitpunkt gekommen ift, so wird man diese Revision vornehmen müssen. Aber sie wird keineswegs, wie auch Herr Graf von Kleist anerkennt, den eigentlichen Grund- arakter der ganzen Steuer berühren oder angreifen. Das würde identisch sein mit einem vollständigen Umsturz unseres ganzen heute bestehenden Steuersystems. Man kann nur einzelne Kontroversen, einzelne Mängel, die in der Praxis hervorgetreten sind, Verbesserung des Ver- fahrens, Berücksihtigung der Entsheidungen des Oker-Verwaltungs- gerihts in eine solche Novelle bringen; die Grundlagen des Ge- seßes werden immer dieselben bleiben, mit diesem Grundcharakter sind eine Reihe von Mängeln unzertrennlich verbunden. Es giebt feine vecllklommene Steuer wedêr in der Theorie der Konstruktion der Steuer noch in der Art der Durchführung.

Meine Herren, wenn man jeßt klagt über die Belastung der Be- rufungskommissionen, über die Rapidität der Entscheidungen, daß man dur die Mafsenhaftigkeit der Berufungen in den Kommissionen ge- zwungen ist, die Sache etwas leiht zu nehmen wie war denn die Sache früher, wo die sämmtlihen Berufungen in Klassensteuersachen an das Finanz-Ministerium gingen und 100 000 Berufungen einkamen ? Das werden Sie überhaupt ganz niemals ändern können. Aber wenn Sie das heutige Verfahren mit dem früheren vergleichen, so haben wir doch einen ganz bedcutenden Forschritt gemaht. Und das Verfahren ist ja so beschaffen, daß die Einwirkung des Finanz-Ministers nur eine außerordentlih geringe ist. Ih habe ja nur zu korrigieren, wo Fehler in denjenigen Bestimmungen gemacht sind, die das Verfahren betreffen. Im übrigen if ja das Materielle der Veranlagung dem Minister entzogen. In der ersten Instanz Voreinshäßungs- kommission, eine Gemeindekommission, dann eine aus den Selbstverwaltungskörpern zusammengeseßte Veranlagungskommission, dann eine in gleiher Weise zusammengeseßte Berufungs- kommission, endlich das Ober - Verwaltungsgeriht. Leßteres entscheidet alle Rechtsfragen, die Prinzipienfragen, und es ist noch kein Fall vorgekommen, wo eine konstante Praxis des Ober- Verwaltungsgerihts in irgend einer Frage hervorgetreten ift, gegen- über welcher sich das Finanz-Ministerium niht gefügt hätte, seine eigenen Entscheidungen, die es zum theil noch heute für richtiger hält, nicht preisgegeben und die Unterbehörden angewiesen hätte, in Gemäß- heit der Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerihts zu verfahren. Meine Herren, da is also auf den einzelnen Fall, auf die Art der Bemessung des Einkommens, auf die Festsezung der Höhe desselben die Einwirkung des Finanz-Ministers glei Null, und es giebt wohl kein Land, wo die eigentlihe Finanzbehörde so wenig auf die Veran- Tagung felbst einwirkt, wie Preußen nach diesem Geseze. Ich halte dies für ein Glück. Denn wenn ih sehe, wie jeßt {on die Angriffe gegen die Finanzverwaltung in Beziehung auf die Veran- Tagung der Steuer feitens angeblih beschwerter Zensiten {ih rihten wie würde der Zustand erft sein, wenn der Finanz - Minister für die Veranlagung jedes einzelnen Zensiten persönlich verantwortlih gemacht werden könnte? Meine Herren, eine Reihe von Schwierig- keiten entsteht dadurch, daß wir keine spezielle Deklaration haben. Hätten wir sie, so würden die Zensiten allerdings viel mehr belästigt werden. Die Deklaration wäre viel \{chwieriger, der einzelne Zensit müßte feine Verhältnifse viel mehr ofen legen, aber die Zahl der Beanstandungen würde geringer sein und sie würden sich erstrecken auf pezielle einzelne Punkte der Deklaration. Die Frage ift bei der Be- rathung des Geseges ausführlich behandelt worden. Man hat sich aber allseitig dafür entschieden, man kann eine so spezielle Deklaration seitens der Zenfiten nit verlangen. Wie geht es nun mit diesen Deklarationen? Häufig find sie in sich so mangelhaft, daß man gleich sieht, daß der Zensit seine eigenen Verhältnisse nicht übersehen hat; es findet eine Nachprüfung statt, denn weiter ift die Beanstandung nihts; man zitiert den Mann wir haben immer darauf gehalten, es folle mündlich verhandelt werden und nicht \hriftlich —; in der Regel klärt sihch die Sache auf. Die Masse der Beanstandungen wird erledigt im Wege des Beanstandungsverfahrens

selbft; ich werde darauf gleich zurückfommen. In manchen Fällen liegen auch Rechtsirthümer zu Grunde, und in folien Fällen werden die meiften beanstandeten Zensiten nach erfolgter Belehrung \ich sofort darüber einig sein zu sagen: ih sehe ein, ih habe mich darin geirrt, ich gebe meine Erklärung in den und den Punkten preis. Dadurh kommt es gerade, daß eine so große Anzahl Be- anstandungen wirklichen Erfolg haben. Wenn das nicht der Fall wäre, so wäre das Beanstandungsverfahren eine unverantwortlihe Be- lästigung der Zensiten. Wenn wir aber nun in der Praxis aus fast allen Bezirken der Monarchie sehen, wie diese Beanstandungen that- \ächlih zu einer Korrektur der Angaben über das Einkommen führen, in den allermeisten Fällen mit Zustimmung des Zensiten führen, fo ist ja klar, daß man ein folches Beanstandungsverfahren, wenn man zu einer gleihmäßigen und gerechten Veranlagung kommen will, garniht aufgeben kann. Vollkommen zutreffend ift, daß in einzelnen Fällen von manchen Behörden dabei zu weit gegangen wird, daß man zu spezielle Fragen stellt. Sie werden vielleiht die Zirkularverfügung gelesen jaben, die ih darüber erlassen habe, wo ih geradezu die Be- hörden ermahne, einmal: seid vorsihtig bei Beanstandungen überhaupt, prüft den Fall genau; und zweitens, fragt niht zur Sache zwar ge- hörige, aber wenig bedeutungsvolle Einzelpunkte, das ift eine unnüße Belästigung der Zenfiten. Wie wollen Sie aber den Minister dafür verantwortlichß machen, wenn eine folhe Verfügung niht in allen ein- zelnen Fällen beachtet wird? Der Herr Interpellant hat darauf hin- gewiesen, daß vielfach dieses übermäßige spezielle Eindringen in Einzelheiten durch die Subalternen vorgenommen würde, weil die Summe der Arbeit, welhe den Subalternen dabei zufällt, allerdings auch nah meiner Meinung viel zu groß is. Meine Herren, wo find denn die Anträge geblieben bei der Berathung des Gesetzes, selbständige Ver- anlagungsvorsitßzende einzuseßzen in der ganzen Monarchie wie in Sachsen! Der Landrath sollte es thun, und der Landrath davon habe ih mich überzeugt ist auch, troßdem er mit anderen Ge- \häften überlastet ist, do vielleiht in der Regel der beste Vorsizende der Veranlagungskommission. (Sehr richtig!)

Wenn der Landrath aber den Vorsiß in der Veranlagungs- kommission aus anderen Gründen führen muß, fo ift ganz klar, daß die Sache bei seiner sonstigen Ueberlastung garniht anders gehen kann, als daß er einen erheblihen Theil der Geschäfte dem Steuer- sekretär überlassen muß. Das ift so ein Punkt, bei dem es mir ganz lieb wäre, wenn die Herren mir sagen könnten, wie man die Sub- alternen entbehren kann und wie der Landrath alles felbft thun soll bis in die größten Kleinigkeiten hin; wenn Sie mir das aber nicht sagen können, so nüßen mir die Klagen nichts, so ift das ein Uebel- stand, den man in den Kauf nehmen muß, wte bei jeder Art der Steuern derartige Uebelstände hervortreten.

Meine Herren, der Herr Interpellant wundert sich darüber, daß so viele Berufungen und so viele Beshwerden stattfinden. Die Zahl der Berufungen und der Beshwerden nimmt aber konstant ab und ist hon jeßt geringer als bei der früheren doch sehr laxen Veranlagung der Einkommensteuer. Was will das sagen, meine Herren, wenn 5 9% aller Steuerveranlagungen in Form von Beschwerden an das Ober- Verwaltungsgeriht kommen ? Und fie werden sich auch noch vermindern. Das führt mich auf Herrn Fuisting, den Vorsißenden des Steuersenats. Die Herren des Ober - Verwaltungsgerihts bekommen nur die im Ganzen mit 5 9/9 nicht übermäßigen Fälle, wo wirklich nicht rihtig verfahren ist, und bilden sich leiht dadurch ein Gesammturtheil. Die Richter beim Ober-Verwaltung8geriht sehen von der ganzen übrigen Veranlagung nur das, wo Beschwerden erhoben werden. Dadurch wird ihre Meinung unzweifelhaft beeinflußt. Bei allem guten Glauben, bei aller Tüchtigkeit und Sachkunde, die ih in dieser Be- ziehung den Herren gewiß zutraue, werden doch auch vom Ober- Verwaltungsgeriht Verfügungen erlassen, die sehr {ön auf dem Papier theoretisch aussehen, aber in der Praxis doch {wer durh- geführt werden können. Das ift eine Frage, die ih hier niht weiter erörtern will.

Meine Herren, es hat mich einigermaßen geshmerzt, daß Herr Graf von Kleist sagt, ih hätte meine Meinung in Bezug auf die durhgängige Redlichkeit der Zensiten geändert. Das i} durhaus falsch; das habe ich nicht gethan. Im Gegentheil, noch in der Ant- wort auf die leßte vor ein paar Tagen stattgefundene Rede des Herrn Grafen von Kleist-Shmenzin habe ih ausdrücklich gesagt: Die meisten begründeten Anstände beruhen auf Irrthüwern, auf verkehrten, irrigen Auffassungen, niht auf absihtlihen Hinterziehungen. Aber, meine Herren, ih hielt mih doch verpflihtet, hervorzuhebeu, daß leßteres doch auh vorkommt; wenn hier die Frage erörtert wird, fo kann man das niht vershweigen.

Meine Herren, folhe Fälle zu generalisieren, ist mir nie ein- gefallen. Im großen Ganzen theile ich vollständig die Ansicht des Herrn Grafen Kleist, daß die ganz überwiegende Mehrheit der Zensiten die redlihe Absicht hat, dem Staat gegenüber seine Ver- pflihtungen vollkommen richtig zu erfüllen. Wenn das nicht der Fall wäre, so könnten wir die ganze Einkommensteuer niht haben. Wenn durchgängig die direkte böslihe Absicht bestände, dem Staat gegenüber Hinterziehungen eintreten zu lassen, so wäre nah meiner Meinung die ganze Einkommensteuer unmöglich.

Mir sagte einmal der Herrscher eines anderen Landes: bei Jhnen mag eine solhe Sache möglih sein. Ich versichere Sie, wenn wir in meinem Lande eine folhe Steuer einführten, dann würden wir wohl gar nichts bekommen. (Heiterkeit.) Das mochte nun im Scherz gemeint sein, es chcarakterisiert aber doch unsere Verhältnisse. Wir haben nur mit Rücksicht auf diese durhzängige Pflichttreue, Staats- treue und den ehrlihen Sinn unserer Bevölkerung wagen können, eine folhe Steuer einzuführen.

Meine Herren, wenn nun aber daraus hergeleitet wird, daß wir uns einfah an die Deklaration halten wie das einige Blätter ver- langen —, und gar nicht weiter nahprüfen sollen, ja, dann kämen wir auf die Verhältnisse von England, von denen Graf Kleist gesprochen hat: er möhte wohl wissen, wie die Sache in England is. Darauf werde ih ihm gleich antworten. Der größte englishe Finanzmann Gladstone sagt: noch niht ein Driitel des Einkommens in England wird versteuert. (Hört! hört!) j

Ja, meine Herren, wenn wir uns das in Preußen gefallen lassen wollen, nachdem wir die ganzen Realsteuern aufgehoben haben, daß noch nit ein Drittel des Einkommens versteuert wird, dann brauchen wir allerdings keine Beanstandungen, dann würde die Sache au so gehen.

Meine Herren, es kann ja sein auf die materielle Seite des Geseges, worauf Herr Graf Kleist eigentlich garnicht eingegangen ift

komme ih zur Zeit niht; das wäre ja auch niht nöthig —, daß wir

bei einer Revision des Gesezes auch in der Konstruktion der Behörden, in_ihrer Zusammenseßung u. \. w. Aenderungen vornehmen können und müssen ; aber, wie gesagt, das ift ein sehr s{chwieriges und kost, spieliges Unternehmen, und ob es viel nügen würde, weiß ih auch nit einmal. Sie wollen doch immer bedenken, daß das Einkommen- steuergeseß verhältnißmäßig noh sehr jung ift, ein solches \{chwieriges Geseß [ebt si in der Durhführungnicht in 4, 5 Jahren ein. Die Zensiten das fühlen wir deutlich lernen jeden Tag ihrerseits das Geseg mehr verstehen und rihtig handhaben, und die Behörden auch: sie waren au einem folhen Geseß gegenüber im Anfang ziemli rath- los, sie mußten auch Erfahrungen sammeln und vor allem das Kleine vom Großen untersheiden lernen. Wir find also noch in den ersten Lehrjahren möthte ih sagen —, und da hon das Gese durhgreifend umzugestalten, würde ih für sehr bedenklih halten; wir könnten dann in die Nothwendigkeit kommen, in wenigen Jahren diese Umgestaltung zu wiederholen. Wenn wir eine stetige Verbefserung vor uns sehen, Fortschritte in Bezug auf die richtige Beurtheilung der Dinge und die Handhabung im einzelnen, wenn wir sehen, daß die Beschwerden und Berufungen sich vermindern, wenn wir auch dur die scharfe Kontrole, die wir im Finanz - Ministerium ausüben, uns überzeugen, daß die Behörden, die Veranlagungskommissäre und die Vorsißenden fi fortwährend tiefer in die Sache einarbeiten und namentli, wie gesagt, allmählich lernen, auch den rihtigen Takt gegen die Zen- siten zu üben, das Kleine bei seite zu lassen und auf das Wesen der Sache loszugehen, so, glaube ih, dürfen wir uns mit einer dur: greifenden Revision nicht zu sehr beeilen.

Meine Herren, man hat mir oft gesagt: das sind doch nur fo erbärmlihe Kleinigkeiten, und damit werden die Zensiten unnüß belästigt ; warum verbietest du das denn den Behörden niht ? Das sieht doch so aus, als ob das Finanz - Ministerium die Sache ganz fiskalisch anfaßt und \sch freut, wenn durch die Untersuhung dieser Quisquilien etwas mehr Steuer hervorgebracht wird. Wenn ih heute ein Generalrescript erlicße, wo ih den Behörden fage: kümmert euch nicht um die Kleinigkeiten, so bin ich doch in Gefahr, daß das der größten Mißdeutung unter- liegt. (Sehr richtig!) Was heißt die „Kleinigkeit* bei Steuern ? Meine Herren, was für den Staat eine Kleinigkeit ist, ist für manche Gemeinden eine große Sache (sehr richtig!), und ih könnte auch die Gemeinden außerordentlich \{chädigen, wenn ih die Behörden gewissermaßen anleitete, nah subjektivem Ermefsen Kleinigkeiten nicht zu berücksihtigen. Ich kann die Behörden mündlih und gelegentliß und bei jeder speziellen Frage, die mir auf}tößt, darauf hinweisen : diese Sache hat doch zu wenig Bedeutung, um so viel Papier zu vershreiben. All- mählich wird der richtige Geist, die rihtige Untersheidung zwischen Wichtigem und Unwichtigem nach meiner Meinung von selbt in die Behörden kommen, und Sie wollen niht verkennen, daß auf der Beachtung auch des Kleinen, auf der großen Gewissenhaftigkeit unserer preußishen Behörden im wesentlihen die Blüthe unserer preußishen Finanzen beruht: Mit Kleinem Großes leisten, das ist immer der Wahl- spruch der preußishen Verwaltung gewesen; ih sheue mich, in dieser Beziehung durch allgemeine Verfügungen in unsere Beamtenschaft einen laxen Geist hineinzutragen. (Sehr richtig!)

Im Einzelnen sind dem Herrn Grafen von Kleist einige wesentliche Irrthüzner untergelaufen ; beispielsweise, wenn jemand zu hoch veranlagt ist und es wird ihm schroer, die Steuer, deren Richtigkeit er bestreitet, in dem betreffenden Jahre zu decken, so wird er immer Stundung bekommen können. Er braucht auch nit zweierlei Reklamationswege zu beshreiten: einmal in Bezug auf die Staats\teuer und dann in Bezug auf die Gemeindesteuer. Die Staatsfteuer is der Grund. Wird sie ermäßigt, so geht damit au die Gemeindesteuer von selbst herunter.

Meine Herren, ih kann nur wiederholen: werden mir bestimmte, präzise Vorschläge gemacht, die zur Zeit auf dem Verwaltungswege auszuführen find, wo wir die Klinke der Gesetzgebung nicht in die Hand nehmen brauchen, so werden Sie mi sehr bereitwillig finden, darauf einzugehen ; das größte Interesse für die Staatsregierung überhaupt und für den Finanz-Minister liegt ja darin, daß diefe Steuer und die ihr innewohnende Gerechtigkeit allgemein im Lande anerkannt wird, und daß troß der Bemängelungen im einzelnen und der Unan- nehmlichkeiten, die für die Zensiten mit der Sache verbunden sind, doch die Zensiten sagen: die Steuer ist an ih gerecht, und es kann feine andere Steuer grundsäßlich gerehter sein wie diese. Wenn mir eine verkehrte Behandlung vorkommt, fo dürfen Sie mir glauben, daß das gewiß niemanden unangenehmer betrifft als mich selbst. Aber, meine Herren, wenn im Einzelnen bei der Veranlagung mal Verkehrtheiten vorkommen, wenn ein Einzelner benachhtheiligt wird, so hat er doch ein so geordnetes, sicheres Nechtsverfahren, um zu seinem Recht zu kommen, wie es nur möglich is. Vergleichen Sie damit die frühere Veranlagung, wo die persönliche Leistungs- fähigkeit nichts bedeutete, wo der vershuldete Haus- und Grund- besißer genau dasfelbe an den Staat zahlen mußte wie der unver- \chuldete, da waren ganz andere Ungleihheiten vorhanden, da war der Staat auf einer finanzsteuerlihen Grundlage basiert, die ihn in jeder s{chwierigen Lage im Stich gelafsen hätte. Ich gebe au zu, was die Ergänzungssteuer betrifft, daß es ja unendlich {wer ift, eine rihtige Schäßung des Grundbesiges herzustellen. Ih bin fogar überrascht gewesen, wie gering im Ganzen in dieser Beziehung die Beschwerden find und wie man doch im Großen und Ganzen anerkennt, daf die Behörden wesentlich das Richtige getroffen haben. Das läßt fich aber nit ändern, wir mußten dazu übergehen, neben der Einkommensteuer eine Vorzugs-Einkommensteuer denn weiter is die Ergänzungs- steuer nichts vom Besigeinkommen einzuführen, weil es die größte Ungerechtigkeit gewesen wäre, das Einkommen aus persönlicher Dienst- leistung in gleiher Höhe zu besteuern wie das vererblihe Besißz- einkommen aus Vermögensobjekten. Die Schwierigkeiten liegen in der Sache. Ganz werden wir sie nie überwinden ; aber, wie gesagt, das große Gute dürfen wir niht preisgeben, um einzelner Mängel oder einzelner Verkehrtheiten der Beamten willen. (Bravo!)

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

M 126.

(Schluß aus der Erften Beilage.)

Auf Antrag des Freiherrn von Manteuffel wird die

Besprechung der Jnterpellation beschlossen. C R

spre Un Helldorff -Bed ra: Ich halte das Bedürfniß einer Revision des Gesetzes für erwiesen und dringend. Die Schwierigkeiten der Ausführung des Gesetzes liegen bloß zum theil in den Personen, sie liegen au in den neuen Institutionen selbst, besonders in der vor- geschriebenen Form der Deklarationspflicht und. in der Unterlafsung der Regelung der Beweispfliht und des Beweisverfahrens dur das Gesezg. Die Beweise dafür finden sch vollauf in der erwähnten Schrift von Fuisting. Auch das Beanstandungsverfahren bedarf einer Korrektur. Der Zensit muß anständig behandelt, fein Ehrgefühl respektiert werden; in diesem Sinne muß man der Fisfalität ent- gegentreten. Die D LIng der Abnugzung is \o \{chwierig, daß inan doch lieber einen Abzug gestatten follte. Die große Masse des wohlhabenden Bauerr standes muß aus der Dellarationspflicht ent- Yafsen werden, denn fie führt heute nicht Rechnung und wird sie nie

führen. i

Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Natürlich werde ih alles prüfen und das Beste behalten. Jh habe schon gesagt, daß es mir ganz fern liegt, zu glauben, daß im ersten Anlauf ein folches Geseß in allen Einzelheiten überall das Richtige getroffen hat, und daß eine Korrektur, eine Re- vision auf Grund einer längeren Erfahrung nicht durchaus angezeigt wäre. Der Herr Vorredner hat ausdrücklih bezüglich der materiellen Bestimmungen des Geseßes nur zwei Punkte angeführt, und zwar mit dem Bemerken, daß er selbst anerkenne, es sei wohl rathsam, diese Fragen gegenwärtig noch niht dem gesetgeberishen Wege zuzu- führen, sondern in dieser Beziehung noch mehr Erfahrungen zu sammeln. Beide Punkte sind {on oft behandelt ; ih brauhe also gegenwärtig darauf niht einzugehen. Ih werde im übrigen seine Bemängelung des Verfahrens meinem in dieser Beziehung erfahrenen Herrn Kommissar überlafsen.

Nur auf einen Punkt möchte ih eingehen, bei dem man sieht, wie man, wenn man nicht in dem täglichen Geschäft steht, auch mit dem bestea Glauben auf Grund irriger thatsähliher Auffassung sich einer falshen Anschauung hingeben kann. Meine Herren, das ist der Punkt der Remunerationen. Der Herr Vorredner hat allerdings gesagt, er wolle Mißdeutungen da niht aufkommen lassen; er hat aber do \chließlih wenn auh nit zwischen den Zeilen, fo doch zwischen den Worten angedeutet, als wenn diese Remunerationen gewissermaß-n als Belohnung für möglichs hohe Veranlagung der Steuer angesehen werden könnten. Nun existieren aber solche Remunerationen, wie Herr von Helldorf sie si vorstellt, überhaupt niht. Seit der Einführung dieses Geseßes gerade sind diese früheren

beliebigen Remunerationen beseitigt worden und sind jeßt nichts weiter wie fortlaufende, jedes Jahr den betreffenden Beamten zu- stehende Remunerationébeträge, die man ebenso gut Stellenzulagen oder irgendwie anders nennen kann. Diese also haben hierauf absolut gar keinen Bezug, und ih hätte eigentlich lieber gesehen, daß man folhe, doch immerhin sehr bedenklihen Andeutungen nit ohne Kenntniß der Thatsachen maht. Was die Subalternen betrifft, fo bestehen für dieselben Remunerationsfonds bei der Steuerverwaltung, wie für alle Subalternen der Regierung. Also auch in dieser Be- ziehung besteht gar kein Untershied. Was nun aber die Remune- rationen felbst betrifft, fo wundere ih mi, daß Herr von Helldorff, der ih doch viel mit den parlamentarischen Dingen beschäftigt, ver- gefsen hat, daß ich es gewesen bin, der in diesem Fahre dem Abgeordnetenhause eine Vorlage wegen wesentli anderer Gestaltung des MRemunerationswesens machte, und daß einer der ersten Säße in diesen neuen Grundsäßen wegen Auf- stellung dex Remunerationsfonds und deren Verwendung der ift, daß die höheren Beamten nur in ganz besonderen Ausnahmefällen das werde ih gleich näher charakterisieren überhaupt Remunerationen erhalten dürfen. Diese Ausnahmefälle sind mir durch das Staats- Ministerium gewissermaßen oktroyiert worden. Jh wollte sie anfangs garnicht ; aber ih habe mih überzeugt, daß folche Ausnahmefälle doch au bei höheren Beamten vorkommen und nicht vermieden werden können. Es besteht aber ausdrücklich die Bestimmung: nur in ganz besonderen | Ausnahmefällen und nicht allein für hervor- ragende Leistungen und besonders starke Beschäftigung, fondern nur in ganz besonderen Fällen. Mir is da z. B. vom Ministerium der fentlichen Arbeiten angeführt, daß, wenn ein Techniker neben seiner amtlihen Thätigkeit sich eingehenden wissenschaftlihen Studien und Experimenten hingiebt und dann eine fehr wihtige Entdeckung macht, es durjaus nothwendig sei, dem Manne eine Remuneration zu bewilligen. In folhen und ähnlihen Fällen wird man auch die Remunerationen für höhere Beamte zulassen müssen.

Was die mittleren Beamten betrifft, so ist auch hier vorgesehen, daß die besonderen Remunerationsfonds getrennt ven den Unter- \tüzungsfonds ausgeworfen werden sollen, daß niht etwa unter dem Gesichtspunkte einer Bedürftigkeit in gewisser Höhe Remunerationen gegeben werden dürfen, und zweitens, daß diese Remunerationen au nur bei besonders hervorragenden außergewöhnlichen Dienstleistungen in dem betreffenden Jahre gewährt werden dürfen. Ein Ausschütten der Remunerationsfonds zu Weihnachten in mehhanisher Weise, damit nur nichts in den Ressorts übrig bleibt was ja in der Regel schr üblich ist (Sehr richtig !), ift damit abgeschnitten. Also gerade in dieser Beziehung ist eine erheblihe Verbesserung gegen früher ein- getreten : und die Befürchtung des Herrn von Helldorff, daß möglicher- weise dur die Remunerationen die Beamten angefeuert werden fönnten, besonders fiskfalish zu verfahren, ist in keiner Weise begründet.

Meine Herren, ih kann "nicht genug betonen, daß vom Stand- punkt der Zentralverwaltung aus irgend eine besondere Fiskalität nie in diese Sache gebracht is. Sie werden umgekehrt finden, daß wir eine Reihe von allgemeinen Verfügungen erlassen haben, welche den Beamten deutlich zeigen, daß auf diesem Gebiet eine über- mäßige Fiskalität nicht stattfinden darf.

Wohl aber, meine Herren, müssen gleihmäßige Prinzipien und Grundsätze angewendet werden, die hoh und niedrig, Bemittelte und

Zweite Beilage | zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Slaals-Anzeiger.

Berlin, Montag, den 31. Mai

weniger Bemittelte gleichmäßig treffen. Das Ergebniß unserer Steuer zeigt auch deutlih, daß im Großen und Ganzen das Ziel erreicht is. Ih habe Ihnen {hon ausgeführt, daß wir den Stand der wirthshaftlihen Bewegung in einer bestimmten Gegend sofort an dem Steueraufkommen fühlen. Das if also ein Beweis, daß im allgemeinen mit dem wirklihen veränderten Einkommen auh die Steuer aus diesem Einkommen fsich - cntsprchend ändert. Umgekehrt wissen wir ganz genau ich bin darin dur meine doch son lange Zeit dahin gehenden Bemühungen, das preußische Land wirkli kennen zu lernen, einigermaßen erfahren ; ih kann gewissermaßen vorhersehen: in diesem Jahre wird in dem und dem Landestheile das Verhältniß der Einkommensteuer zur Ergänzungs- fleuer das und das sein. Das Verhältniß is ungünstig inbetreff der Ergänzungssteuer für die Landwirthschaft, weil das Einkommen der Landwirthschaft verhältnißmäßig zum gewerblihen Einkommen und zu dem Einkommen des mobilen Besiges ein geringeres ist. Folglich muß der Prozentsaß der Ergänzungssteuer gegen die Einkommensteuer in diesen Bezirken höher sein; je mehr nun in einem Bezirk das länd- liche Einkommen zurücktritt, je stärker muß dies hervortreten. Wenn wir diese allgemeinen Gesichtspunkte, die uns ja dur einfahes Nach- denken gegeben sind, die dem wirthschaftlißen Zustand des Landes entsprechen, in dem betreffenden Aufkommen bestätigt seben, so folgt daraus, daß wir im Großen und Ganzen der Wahrheit {on nahe gekommen find.

Meine Herren, wir werden die Bemerkungen, die Herr von Hell- dorff über das Verfahren und über die Möglichkeit, einzelne Aendè- rungen eintreten zu lassen, gemaht hat, natürli sorgfältig erwägen. Fch werde in der nächsten Sißung Gelegenheit nehmen, die Resultate dieser Erwägungen mitzutheilen; und es würde mir sehr angenehm fein, wenn dann das Herrenhaus eine Kommission niederfeßen wollte, die diese Erwägungen auch ihrerseits durh Gegenrede und Diskussion in Prüfung nimmt. Ich habe allerdings die Befürchtung, daß der größte Theil dieser Erwägungen praktis nicht fundiert und die Aus- stellungen nah den Wünschen des Herrn von Helldorff nicht zu beilen sind.

Uebrigens wird mein Herr Kommissar über die Einzelheiten sich noch einige weitere Ausführungen erlauben. (Bravo !)

i s -Rath Wallach stellt einige Irrthümer in A E94 l anb von der ride. Ueber die Schwierigkeit der Definition des Einkommensbegriffs sei eben nicht leiht hinwegzukommen; das Geseß fixiere ihn_niht, und daher habe

die Veranlagungskommission einen gewissen Spielraum. Von Jahr zu Jahr aber komme man durhweg dem Ziele der gerechten und

Ta R A ee V S T eevabit sich dagegen, daß er in dem vom Minister angedeuteten Sinne von den Remunerationen gesprochen habe. Für die Aufstellung der Deklaration wünsche er cin Vor- verfahren auf Grund persönliher Ausfprache mit dem Zensiten.

Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Fh möchte noch ein paar Worte sagen über die leßten Be- merkungen, in denen eigentlih der Kern der Diskussion steckt. Jch weiß nicht, ob zufällig Herren im Haufe sind, die fich erinnern, daß bei Berathung des Geseßes der Versuch gemaht wurde, die Dekla- ration überhaupt abzuschneiden. Damals kFabe ich ausdrüdcklich er- flärt: dann bleibe ih lieber bei dem gewöhnlihen Einshäßungs- verfahren, wie wir es heut zu Tage haben, wenn wir jede Deklaration als unbedingt rihtig annehmen müssen, troß der tausend Irrthümer, die da im guten Glauben oder nit im guten Glauben in der Deklaration stecken können ; so weit geht ja nun auch Herr von Helldorff nicht, er sagt : es foll eine Art Vorverfahren stattfinden, um sich mit dem Zensiten auszu- sprechen, wenn die Deklaration zu unklar ist, und dann foll die Kom- mission über die Beanstandung entscheiden, wenn sich die Sache nicht genügend aufflärt. Das ift ja ein Punkt, der sih erwägen läßt, aber ih made darauf aufmerksam, wenn jeßt {on wegen Ueberlastung ge- klagt wird, wie würde es ers werden, wenn die Kommission in allen Fällen doppelt entscheiden müßte: erst über die Frage, ob beanstandet werden foll, dann beginnt das Verfahren der Beanstandung, und nach- her muß die Kommission noch einmal zusammengebraht werden, um in der Sache zu entscheiden.

Meine Herren, ih glaube, wenn man in das Geseß das Wort „Beanstandung®* garniht aufgenommen hätte, sondern statt dessen gesagt hätte, eine „Nachprüfung“ der Deklaration soll verlangt werden können, so würde die Sache von vornherein heute viel weniger Anstoß erregen. Ich habe deswegen au vorgeschrieben, daß es heißt: wir haben aus Ihrer Deklaration uns noch nihcht genügend unterrichten können und ersuhen Sie ießt aufs Amt zu kommen, um die näheren Aufklärungen zu geben, deren wir noch bedürfen, Aber fo is es auch unentbehrlih, das giebt auch Herr von Helldorff zu. Könnte man überall glei bestimmte Thatsachen angeben, über welche der Zensit Auskunft geben soll, so wäre das natürlich das Beste; aber das ist nicht möglich und das wird mir jeder Praktiker be- stätigen; soeben hat mir das noch ein Beanstandungskommissar hier im Herrenhause bestätigt. Wenn in einer solhen Deklaration nichts steht, als eine Schlußsumme, und man hat die Meinung, der Dekla- rant muß sich irren, er hat doch viel mehr Einkommen, man kann aber keine bestimmten Thatsachen vorerst finden, so kann man, wenn eine Besprehung \tattfindet, vielleicht in vielen Fällen bestimmte Thatsachen als nit genügend aufgeklärt aus der Besprehung heraus- bringen und dann in die eigentlihe Beanstandung bringen. Darauf bezog ih meine frühere Bemerkung, daß diese Schwierigkeit wesentli hervorgerufen is dadur, daß wir niht gewagt haben, die Deklaration zu sehr zu spezialisieren. Hätten wir das gethan, so würden der Klagen wahrscheinli aber noch viel mehr vorliegen und berehtigt sein; dann könnte man allerdings den Betreffenden noch viel leichter für die ein- zelnen Punkte bestimmte Beanstandungsthatsahen mittheilen.

Es ist mir nur erfreulih, daß durch diese Interpellation diese Frage einmal erörtert ist. Ich glaube, Sie werden die Ueberzeugung gewinnen, daß man leiter im einzelnen Falle tadeln kann, als etwas Besseres an die Stelle segen; so komme ich immer zu der Ansicht, daß

es doch besser ift, gewisse Mängel, die in dem Verfahren und dem

1897.

Gese vorhanden sein mögen, noch einige Jahre zu ertragen, um dann völlig klar zu sein, als jeßt {on wieder Veränderungen zu machen, die sih nachher vielleiht in keiner Weise bewähren. Ich ver- sichere Sie, was wir inder Verwaltung thun können in dieser Beziehung, um etwa hervortretende Mängel zu verringern, darauf können Sie sich ver- lassen, das wird geschehen, und das ist au bisher gesehen. Meine Herren, man fann doch nicht leugnen wenn Sie aufrichtig und gerecht sein wollen müssen Sie mir zugestehen, daß diese shwierige Auf- gabe der Einführung der neuen Einkommen- und der Ergänzungs- steuer do überraschend leiht und gut durch die ganze Monarchie von statten gegangen ist. Im einzelnen werden ja immer Beschwerden sein, aber ih glaube, es wird wenig Länder geben, die eine fo in- telligente und gewissenhafte Bevölkerung aufweisen können und eine folhe treue und gewissenhafte, pflihtbewußte Beamtenschaft; wenn wir sie nicht hätten, hätten wir ein solhes Unternehmen überhaupt niht wagen können. (Bravo!)

Graf von Kleist-Schmenzin dankt dem Minister, daß er sich so ausführlich auf die Interpellation eingelassen und die Reform- bedürftigkeit des Gesetzes anerkannt habe.

Damit ist der Gegenstand erledigt.

Der Gesetzentwurf, betreffend die Forstshußbeamten der Gemeinden und öffentlihen Anstalten im Regierungsbezirk

Wiesbaden mit Ausschluß des Landgräflich hessen-homburgischen Gebiets und des Stadtkreises Frankfurt a. M., wird ent- \sprehend dem Antrage des Referenten, Ober - Bürgermeisters Westerburg- Cassel, in der Fassung des Abgeordnetenhauses an- enommen, ebenso die Vorlage, betreffend Aenderungen des eglements für die preußische Offizier-Wittwenkasse, auf An- trag des Berichterstatters, Grafen von Hutten-Czapski.

Ueber den Gesegzentwurf, betreffend das Charité- Krankenhaus und den Botanishen Garten in Berlin, berichtet namens der Etats- und Finanzkommission Herr von Reinersdorff. Die Kommission beantragt die unveränderte Annahme.

Ober-Bürgermeister Ben der-Breslau spricht sein tiefes Be- dauern darüber aus, daß Berlin einer folhen Zierde, wie des Botani- {hen Gartens, beraubt werden soll. Bei der Aufstellung des Be- bauungsplans sei der Existenz dieses Parks Rechnung getragen worden, da man einen anderweitigen Park, eine andere „Lunge“ in jener Gegend niht vorgesehen habe. Die Stadt werde zwar den Park kaufen und bezahlen müssen, aber niht könne man ihr zu- muthen, den Park als Bauland zu bezahlen. Die Polizei follte in den großen Städten überhaupt der stärkeren Bebauung des \tädtischen Terrains energischer als bisher entgegenwirken. Was für eine Generation soll denn in den der Luft und des Lichts beraubten großen Häuser- blocks der Großstädte aufwahsen? Redner beantragt eine Refolution, die Regierung aufzufordern, der Stadt den Garten zum Preise von Straßenland zu überlassen und ihr die Erhaltung desselben als öffent- lichen Parks aufzuerlegen. Die Stadt werde auch dann keinen Vor- theil, fondern immer noch eine erheblihe Last haben; aber die Stadt und au der Staat würden immerhin dabei beffer fahren, als wenn es einfa bei der Absicht der Regierung bliebe. N

Professor Dr. Reinke- Kiel hält den Zeitpunkt für die Ver- legung des Gartens für durhaus richtig gewählt. Der Antrag Bender sei aber im Prinzip durchaus zu billigen. Jedenfalls sollten doh nicht ganze zwei Drittel des Areals bebaut werden; eine mäßige Bebauung an der Pallas- und Grunewaldstraße würde den jeßigen herrlichen Baumbestand nicht erheblih beeinträhtigen, unter dem sih prächtige exotishe Exe:uplare befänden und den man nicht ohne äußerste Nöôthîi- gung dezimieren sollte.

Prinz zu Schoenaich-Carolath bedauert, daß man sich im vergangenen Jahre nicht geeinigt hat zwischen Staat und Stadt; jetzt sei kaum noch etwas zu erhoffen. Der Morg per Erhaltung eines größeren Theils dieses Gartens liege in der Wohlthat eines Parks für einen Stadttheil, der etwa 300 000 Einwohner zähle. Diesen sich zu erhalten, sei vor allem auch Pflicht der Stadt Berlin ; die Steuer- zahler Preußens könnten dafür niht allzu große Opfer bringen. Wenn in den Häusern den Kindern das Spielen und der Aufenthalt auf dem Hofe verboten sei, so müßten eben öffentlihe Spielpläße und Gärten geschaffen werden zur Grholung der Kinder der ärmeren Klassen.

Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Die Worte des Herrn Prinzen von Carolath- Swhoenaich kann ih von Anfang bis zu Ende unterschreiben, aber das führt doch nicht zur Annahme des Antrags Bender. Meine Herren, wir verwenden für wissenshaftlihe, aber im wesentlihen doch auch der Stadt Berlin zu Gute kommende große Anstalten sehr bedeutende Summen, so für die Charité 12 Millionen; wir bauen in der nächsten Nähe von Berlin einen sehr großen neuen Botanischen Garten, das sind doch Leistungen des Staats, die dem Interesse der Stadt im hohen Grade entsprehen (sehr rihtig!), ich denke, darüber kann fein Zweifel sein. Meine Herrn, die Ausgaben des Staats machen im Ganzen 16 Millionen, und ich glaube niht, daß man in dieser Aus- dehnung weder die Charitó, nohch ten neuen Botanischen Garten herge- stellt hätte auf Kosten des Staats, wenn wir nicht von dem vor- handenen, aufgegebenen Botanischen Garten einen gewissen Ersaß für diese bedeutenden Kosten gehabt hätten. In dem Augenblick, wo das Projekt hervortrat, verschwand aber das Bewußtsein von den Leistungen des Staats für die Residenzstadt und es war nur noch die Nede von der großen Ungerechtigkeit, die der Staat begehe, daß er fich aus diesem Garten einen Ersaß für die Kosten schaffen wollte. Mir trat überall ein gewaltiger Sturm entgegen, weil man mich mit Unrecht übrigens für den ganzen Plan verantwortlih machte, daß der Finanz? Minister der Stadt Berlin diesen ganzen Play nit einfa schenke.

Die Stadtvertretung von Berlin ist meines Wissens so weit nie gegangen, wie die Interessenten. Die Interessenten, die in der Nähe des Gartens wohnen, haben ja allerdings ein großes Interesse, daß der Garten, der jeßt übrigens noch keineswegs ein öffentliher Play ist, daß der in Zukunft ohne Kosten und ohne einen Beitrag ihrerseits als der Nächstbetheiligten und der Stadt Schöneberg als öffentlicher Play vom Staat freigelegt wird. Ich habe immer anerkannt : etwas anders liegt dieser Fall als der andere, wenn etwa morgen Breslau, übermorgen Königsberg und später Köln kommen und sagen würden, wir wünshen auch einen Play zu haben, wir beziehen uns auf die wunderschöne Begründung des Prinzen Carolath, der die Nothwendigkeit öböffentliher Pläße aus Gründen der Gesundheit und Sittlichkeit so treflich nachgewiesen hat, „bitte,

verehrter Staat, schaffe uns auch so einen Plaß“. Ich sage, dieser

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