1897 / 144 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Jun 1897 18:00:01 GMT) scan diff

11) der Eisenbahnen j a. von Kirchberg i. Hunsrück nach Hermeskeil, b. von Primsweiler nah Dillingen der Königlichen Eisenbahn-Direktion zu St. Johann- Saarbrücken

übertragen wird. : :

Zugleich bestimme Jch, daß das Recht zur Enteignung und dauernden Beschränkung derjenigen Grundftücke, welche zur Bauausführung nah den von Jhnen festzuftellenden Plänen nothwendig find, für die unter 1 bis 6 und 8 bis 11 be- zeichneten Eisenbahnen bezüglich der unter 3b und 8a auf- geführten Linien von Petersdorf nah Ober-Polaun (Grün- thal) und von Schandelah nah Oebisfelde für die im dies- seitigen Staatsgebiet belegenen Theilstreen nah den geseß- lichen Beftimmungen Anwendung finden foll. fs

Dieser Erlaß ift in der Gesez-Sammlung zu veröffent- lichen.

Liegniß, den 16. Juni 1897.

i Wilhelm. Thielen.

öffentlichen Arbeiten.

é c C e c S N s Minifterium für ndwirthshaft, Domänen S und Forsten. Der Kreis-Thierarzt Hoehne zu Znin ift in die Kreis- L F J s y ç J ck . .. Thierarztstclle in Grü È, . verseßt worden.

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vom 29. April 1897

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Nichtamtliches. Deutsches Reich.

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Oesterreich-Ungarn. Der Kaiser empfing am Sonntag den deutschen Bot-

Grafen zu Eulenburg in besonderer Audienz.

Großbritannien und Jrland.

in hat fih gesiern Mittiag, wie „W. T. B.“

leiturg der Kaiserin Friedrich, der stian zu Schleswig-Holstein und der î von Battenberg von Windsor nah ungeheuere Menschenmenge hatte sich

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Wege von der Paddington-Station bis zum Buckingham- U T

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die Königin mit begeisterten Kund- Die mit Blumen bestreuten und F einen herrlichen Anblick.

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genommen hatte, empfing Allerhöchstdieselbbe im Drawing- room des Schlosses die Fürstlichen Gäste und ertheilte später den indishen Fürsten und den Vertretern der auswärtigen Staaten Audienz. Abends 8/ Uhr fand im Buckingham- Palast ein Galadiner statt, an welchem die Königin theilnahm. Hieran {loß fich um 10 Uhr ein großer Empfang, bei welchem Jhrer Majestät die Gefolge der fremden Fürstlichkeiten, die Deputation des preußischen 1. Garde-Dragoner-Regiments (Königin von Großbritannien und Jrland) und die indischen Offiziere vorgestellt wurden. : Das Oberhaus nahm gestern einen von dem Earl of Kimberley unterstüßten Antrag Lord Salisbury's, der Königin eine GlückEwunsch-A dresse zu widmen und die- selbe in corpore zu überreichen, cinftimmig an. Das Haus vertagte sih sodann bis Mittwoch. Jm Unterhause bean- tragte der Erste Lord des Schaßamts Balfour gestern gleich- falls die Ueberreihung einer Glückwunsch-Adresse an die Königin, welher Antrag von Sir W. Harcourt unter- stüßt wurde. Dillon protestierte gegen die Adresse, an welher die Jrländer fsich niht betheiligen könnten, und erklärte: er und seine Partei würden gegen die Adresse stimmen, aber auch nicht für einen etwaigen Unter- antrag. Sir John Redmond brachte einen Unterantrag ein, worin erklärt wird: Jrland habe während der Re- gierung der Königin an Hungersnoth, Entvölkerung, Armuth und an einer fortwährenden Suspension seiner fonstitutio- nellen Freiheiten gelitten; daher sei das irishe Volk unzufrieden und außer stande, sich der Jubelfeier an- zus{hließen. Der Unterantrag wurde abgelehnt und darauf die Adresse mit 459 gegen 44 Stimmen angenommen. Ebenso gelangte der Antrag des Ersten Lords des Schaß- amis, daß die Adresse durch das Gesammthaus über- reiht werden solle, mit 411 gegen 41 Stimmen der irischen Nationalisten zur Annahme. Sodann genehmigte das Haus die zweite Lesung der Bill, betreffend die Zulassung des metrishen Maß- und Gewichtssystems, und vertagte sich darauf bis morgen. : E Die amilie „London Gazette“ von gestern veröffentlicht zahlreiche Auszeihnungen, welche aus Anlaß des Jubiläums der Königin verlichen worden find. Der Prinz von Wales wurde zum Großmeister und obersten Ritter des Großkreuzes des Bath- Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha zum e ernannt. Außerdem wurden sechs neue en Königreichs kreirt und sämmtliche Premier- er Kolonien, mit Einschluß von Sir Donald Smith, dem if von Canada, zu Mitaliedern des Geheimen Das Kriegsamt giebt ferner die rinzen Eduard von Sachsen - Weimar zum . Dem Botschafter in Wien Sir Horace otshafter in St. Petersburg Sir Roderick ¡roßfreuz des Bath-Ordens verliehen worden, in Athen Egerton zum Ritter des Bath-

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eon in Birmingham, an welchem die tlichkeiten in England anwesenden britishen Kolonien theil- Staatssekretär für die Kolonien worin er der Hoffnung Ausdruck die Möalichkeit einer Föderation fich auf der festen und dauernden g Gebäudes der Reichsherrschaft aufbaue,

en Augen verlieren.

Frankreich.

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gestern eine Vorlage

n der Telegraphen-Konferenz in Buda- für Franfreih genchmigt werden, so-

onach die von Frankreich mit Luxemburg, dem Deutschen Reich, abgeshloßenen Telegraphenverträge

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gemeldet wird, er- widerte der Kriegs-Minister dem dortigen Maire, welcher warm für die Befestigung Nancys eingetreten war: er prüfe gegenwärtig ohne Voreingenommenheit die Frage: er werde sch der Entscheidung des Obersten Kriegsraths anschließen und sih darauf beschränken, die Schlußfolgerungen des Obersten Kriegsraths der Kammer vorzulegen.

Rußland.

Der Erbgroßherzog von Sachsen ist, wie „W. T.B.“ aus St. Petersburg meldet, à la suite des russischen Dragoner- Regiments Nr. 30, dessen Chef der Großherzog von Sachsen ist, gestellt worden.

Ftalien.

Der General Graf Morozzo della Rocca, der älteste Offizier der italienishen Armee, hat, wie „W. T. B.“ meldet, gestern aus Anlaß seines neunzigsten Geburtstags ein Telc- gramm des Deutschen Kaisers erhalten, worin Allerböchst- derselbe dem General seine wärmsten Glückwünsche übermittelt und die Hoffnung autspricht, daß die Dienste des Generals seinem Könige und seinem Vaterlande noch lange Jahre er- halten bleiben mögen. Auch zahlreiche andere Telegramme find dem General zu seinem Geburtstage zugegangen.

Die Deputirtenkammer seßte gestern die Berathung des Budgets des Ministeriums des Junern fort. Zahlreiche Redner für und gegen die Regierung ergriffen das Wort. Als Gegner traten namentlich die Deputirten Fortis und Baccelli auf, zu Gunsten der Regierung spra der Deputirte Martini. Vor der Abftimmung nahm der Minister-Präsident di Rudini das Wort. Er bestritt, daß er genöthigt sei, sich auf heterogene Parteigruppen zu stüßen. Eine durchaus gleichartige, nah ihren Grund- anshauungen in allen Fragen einige Majorität gebe keinem europäischen Parlament. Das, worauf S anfs sei aber, daß die Mehrheitsgruppen über alle in welhen sich die Parlamenteparteien eben einig scien. Er fordere- die Kammer auf, die Deputirten Caetani eingebrahte Tagesor g anzunehmen welche laute: Die Kammer billigt die RNegierungzertlärungen welche die Unabhängigkeit der Gerichtsbehorden i 5, 1 geht zur Berathung der einzelnen Kapitel Jnnern über. Hierauf folate die über die Tagesordnung Caectani. gegen 133 Stimmen angenommen

Schweiz, Im Nationalratk Í haufen) einen Antrag

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i bier seit Novraber ibátig, Der Hohscmmer ift die natürli

Sinne der Beseitigung der Verpflichtung zur Annahme aug- ländisher Silbermünzen, deren Metallwerth dem Nennwerth nicht entspreche, verlangt.

Türkei.

Die Kaiserin Eugenie wurde gestern von dem Sultan empfangen. : ; Gestern fand, dem „W. T. B.“ zufolge, in Konstantinopel eine Konferenz der Botschafter statt, woran si die siebente Sizung zur Fortsezung der Friedensverhand- lungen anschloß.

Wie das Wiener „Telegr.-Corresp.-Bureau“ erfährt, dürfte die Pforte der neuen Festsezung der Grenze zustimmen. Die Grenzberichtigung gehe bis Meßowo und gebe der Türkei eine militärisch vorzüglih gesiherte Grenze; dieselbe nehme Griechenland kein bewohntes Gebiet, mit E eines fußowallachishen Dorfes. Jn diplomatischen Kreisen bestehe die Meinung, daß, falls niht unerwartete Weigerungen von der einen oder der anderen Seite erfolgen, ein baldiger Friedens\{luß zu erwarten sei. Schwierigkeiten seien nur bei der DULRAGUR der Friedensbedingungen, namentlich derjenigen bezüglih der Räumung Thessaliens und der Zahlung der Kriegsentshädigung, vorauszusehen. S j Einer amtlichen Bekanntgabe zufolge dürfen die Griechen, welche infolge des Krieges die Türkei verlassen haben, vor dem Abschluß des Friedens nicht dahin zurückehren.

Amerika.

Der Präsident Mac Kinley hat, wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, an die Königin Victoria ein Shreiben gerichtet, worin er der Königin im Namen des Volkes der Vereinigten Staaten die herzlichsten Glückwünsche zu ihrem sezigjährigen Regierungsjubiläum entbietet und besonders die Freundschaft, welche die Königin für die Ver- einigten Staaten empfinde, und die Friedensliebe, welche sie bei verschiedenen wichtigen Gelegenheiten gezeigt habe, rühmend hervorhebt. Das Schreiben ift unterzeichnet : „Your good friend William Mac Kinley“.

Afrika.

Nach einer Meldung der „Times“ aus Johannisburg vom 19. d. M. betrugen die Staats-Einnahmen der Südafrikanishen Republik für den Monat Mai 400 000 Pfund Sterling, die Ausgaben 556 000 Pfund. Die Einkünfte sind um 50000 Pfund zurückgegangen.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (234.) Sißung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. von Boetticher und der Minister für Handel und Gewerbe Brefeld beiwohnten, theilte der Präsident zunächst den Ein- gang der Verordnung, betreffend die Ausdehnung der Arbeiter- \hußzvorschrifien auf die Konfettionsarbeiter, mit.

Auf der Tagesordnung stand die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abände- rung der Gewerbeordnung, auf Grund der Zusammen- stellung der in zweiter Berathung gefaßten Beschlüsse.

An der Debatte betheiligten sich bis zum Schluß des Blattes außer dem Staatssekretär des Jnnern, Staats- Minister Dr. von Boetticher die Abgg. Richter (fr. Volksp.) und Dr. Vielhaben (Reformp.)

Auf der Tagesordnung der heutigen (97.) Sigung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister des Innern Freiherr von der Nee beiwohnte, stand zunächst die zweite Abstimmung über den Gesezentwurf zur Ergänzung und Abänderung von Bestimmungen über Versammlungen und Vereine. Dieselbe vollzieht sich in der Form der dritten Lesungen, d. h. mit General: und Spezialdebatte. Anträge liegen nit vor.

In der Generaldiskussion erhält zuerst das Wort

Abg. Hobrecht (nl.): Wir baben für das Geseh in der Form, in der es aus der Kommiffionéberathung hervorgegangen ift, das vorige Mal gestimmt, troy des von dem Grafen Limburg-Stirum namens der konservativen Partei an die Annahme geknüpften Vorbehbalts wir baben dafür gestimmt, weil wir das Gesctz in dieser Form für einz nüßlich? Korrektur unseres Vereinérechts balten und au der Meinungfind, daß die Regierung und ‘die konfervative Partei im Herrenhause recht thâten, es unverändert anzunehmen. Wir werden, da si nidts ge- ändert hat, in galeider Weife auch heute ftimmen. Jh bin aber ron meinen politishen Freunden zu der Erklärung auédrüdcklid ermätigt, daß wir an dieser Faffung des Gesetcs fefthalt-zn und jede etwaige Zumuthung einer weiteren enderung unseres Versamm- lungs- und Vereinsrehts einstimmig ablehnen werden. Ih gebe tiese Erklärung ab, weil ih der Annahme, die gelegentlich verbreitet wurde, bestimmt entgegentreten daf und will, als wäre au nur ein Theil unserer Partei für cine Aerderung des Gesezes im Sinne der Anträge, wie fie hier in Ausficht geftellt sind, oder im Sinne der ursprünglichen Regierungêévorlage zu haben. Ich gebe die Erklärung au darum ab, weil wir die Verantwortung ablehnen wollen für eine Verlängerung dieser Session, die nur auf einer dur- aus irrigen Vorauéfetzung beruhen würde. E Abg. Richter (fr. Voltsp.): It halte es für unzulässig, eize fafsungéänderung vorzunebmzn, ohne daß sie im Geseß auêëdrüd- rgefübrt wird. Man hat sih auf die Norddeutsche Bundeêver-

erufen, welbez angenowmen fei obne Aenderung der preußischen L handelte es si um eine neue Verfaffung für dessen fernere Geseßzgebung aud

Landtages erfolgt. In dem Schulgesey ron

festgestellt, daß dadurch die Verfassung ad-

ird auf die Verfassung ein besonderer Eid ge-

müßte man flarftelen und for-

ih die Beeidigung bezieht. WVerfassungs-

eischwerende Bedingungen gebunden. Wenn

s in der Verfassung steht, so weiß man nicht,

ersdmerenden Form geändert merden müten.

wir, troßdem fein Verfassungseid befteht,

betreffenden Geseßzes auédrüdcklich bzzzid-

In er erften Berathung haben wir diele Aende- zen idt vorgebracht, weil wir auf die Verwerfung 7 canjen Sorlage feitené ber Ronsfervativen hofften. Wir als Gegner

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A G N L E L 2 ale find au nit berufen, Verbefierungea vorzunehmen. Wir baben aber

e, -, t L a a die Bertflichtung, beute Verwahrung einzulegen. Die Erkiärung de G E s l a s e 6 , D L, E p 2 1 Sreurde Hd ermm Dobredt habe ih aufrichtig bedauert. Seine Freunde 110°

Ad L e l ck ç io , tr cker Mi. eusidlaggetent taflir, ob das Geseg angenommen wird iten l aus allgemein menshlihzn RüdjuptZ Y Mir fd he Shon-

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icd cinmal iín Untersuchung zu ziehen.

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iet ver Parlamentarier, Uns hier noch versammelt zu balter vera Det arat veinale an Srausamfcit, zumal politische 2 E filien cine folge Thâtigleit hier garnicht verlangen. ats ls Gr s; k-o 7 zuleßt Der Ge r a

L el 4 0414 lrt uy e Ii ir herbeigeführt, daß

entwurf in einer Form zur Ihnen (den Nationalliberalen) nihcht genehm ist, weil die Mehr- heit {ließlih nur von wenigen Stimmen abhängt. Wenn die Vor- lage im Hochsommer aus dem Herrenhause in abgeänderter Form zurückfommt, so würde damit nur neues Oel ins Feuer ge- gossen und das Volk beunruhigt werden. Welches if denn die Stellung der Régierung zur Sahe? Die Regierung follle eine Erklärung abgeben, ob sie die Vorlage zurück- ziehen will. Wie will die Regierung im Herrenhause ih ver- halten? Will sie die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses vertreten ? Unter den obwaltenden Verhältniffen sollte man Bedenken tragen, eine Verfassungsänderung vorzunehmen. Der Herr Minister Freiherr von der Recke glaubt bebaupten zu können, daß die Meinung des Volks auf feiner Seite \tebe: er \sprach von der Abrechnung des Volks. Drei Wochen sind ins Land gegangen, und die Wablen haben einen Zug nach links gezeigt, so stark, daß man gar keinen Freund des Verein8geseßes aufzustellen gewagt hat. Sogar in nationallibe- ralen Versammlungen war man der Meinung, taß kurzer Prozeß ge- macht und jeßt alles abgelehnt werden müsse. Machen Sie kurzen Prozeß und lebnen Sie diefen Geseßentwurf einstimmig ab!

Abg. Graf zu Limburg-Stirum (kons.): Die Bemerkungen des Vorredners geben mir Anlaß, von unserer Absiht, zu \{chweigen, abzugehen und Einiges zu erwidern. Bezüglih der Verfafsungs- änderung shreibt die Verfassung niht vor, daß dazu ein besonderes Geseß nothwendig ift. Dieser Weg ist zwar mögli, aber man kann au über das betreffende Gese, welches die Aenderung enthält, in der vorgeschriebenen Form abstimmen. Die Verwahrung des Herrn Richter war also eine ungerechtfertigte. Auf die Methode, wie Herr Richter die Dinge behandelt, kann ih niht eingehen; fie liegt darin, daß man bei ibm nit weiß, ob er mehr Journalist oder mehr Parla- mentarier ift. Als Leitartikelshreiber hat er ganz richtig gehandelt : e ret zur Anlworl; und dann hat er als Jour- nalist Stoff. Wenn wir auch noch größere Entschiedenbeit bei der Regierung wünschen, so erblicken wir doch in dieser Vorlage den Anfang einer energischen, besseren Politik, die hoffentlih nachhaltig sein wird. Gegenüber dem Lobe auf die Rede des Herrn von Boettichér erinnere ih die Herren aus dem Reichstage daran, wie verähtlich Herr Richter damals im Reichstage die Rede des Herrn von Boetticher beurtheilt bat. Herr Richter weiß die Sachen geschickt zu gruppieren, er ist ein bhochbegabter Mann, aber er is doch immer bloß ein Journalist. Ihm kann man kein politishcs Gewicht beilegen. Hätten wir ein parlamentarisches Regiment, dann müßte das Parlament ver- tagt werden. Aber fo weit sind wir in Preußen, Gott sei Dank, noch nicht. Wir können die Minister vorladen, eine Vorlage zu ver- theidigen, aber wir können niht einen bestimmten Minister vorfordern. Auf die politisden Kombinationen kann ih mi niht einlassen. Bezüglich der Vorlage haben wir unfere Erklärungen abgegeben. Wir wünschen, daß die Vorlage an das Herrenhaus geht und dort geändert wird, weil diese Vorlage, wie sie hier vorliegt, uns niht gefällt, und weil wir sicher sind, daß sie niht Gesetz wird.

Abg. Nickert (fr. Vgg.): Danach wird also bier mit Hilfe der Nationalliberalen eine Vorlage zur Annabme zu bringen versucht, für welche die Mehrheit des Hauses nicht zu haben ist. In das Gesetz muß eine Bestimmung aufgenommen werden, durch die der Wortlaut der Verfassungsänderung festgestellt wird; die einfache doppelte Abstimmung genügt nicht. Es soll fich nihts geändert haben. Haben die Nationalliberalen keine Kenntniß von den Dingen, die vorgehen? Die Regierung sollte do jeßt, nahdem die dritte Lesung vorüber ist, ihre Stellung bekunden. Jh frage den Minister des Innern ausdrücklich: Welche Stellung nimmt die Regierung zu diesem Gefetz ein, wie es aus den Beschlüssen des Hauses hervor- egangen ist ? Wird die Regierung für diese Beschlüsse im Herren- ause eintreten? Graf Limburg sieht in der Lorlage den Anfang einer s\trafferen Politik. Er Nt ay im Herrenhause die Vorlage verschärft wird; man hofft, daß irgend etwas geschieht, um die Vorlage auch bier zur Annahme zu bringen. Des- halb wäre es besser, wenn man jeßt der unglückseligen Quälerei ein Ende mate.

Abg. Dr. Freiherr von Heereman (Zentr.): Die Stellung des Zentrums ift wiederholt ausgesprohen. Jch kann erklären, daß wir bei unserer Auffassung stehen bleiben und deshalb ebenso wie früher abstimmen werden.

_Minister des Innern Freiherr von der Necke: Nit die An- zapfungen der Herren Rickert und Richter und deren Angriffe auf Mitglieder des Staats-Ministeriums geben mir Anlaß zur Antwort. Solche Angriffe tangieren die Minister niht. Die Königliche Staats- regierung betratet si in erster Linie als Hüterin der Verfassung. Sie hat si die Frage, welcher Weg hier einzushlagen sei, {on vor Ein- bringung der Vorlage überlegt. Der von Herrn Richter angedeutete Weg ist au gangkar; er ist von mehreren Staatt rechtslehrern eben- falls als der richtige bezeihnet worden. Die Regierung meint aber, daß dieser Wea nicht der einzige ift, daß der von ihr für diesen Fall vorgeshlagene Weg ebenso gangbar ist. Jch{ kann versichern, daß mein Kollege von der Justiz, der heute durch Unwohlsein verhindert ift, durchaus dieser Ansicht ist, und namens der Staatsregierung kann ih erklären, daß der von Herrn Richter vorgeschlagene Weg gangbar, aver nicht nôtbig ist.

Abga. Nichter: Verfassungswidrig is das Vorgehen niht, aber es haft feine genügende Klarheit über den Wortlaut der Ver- fassung. Graf LUmburg-Stirum hat keute die Vertheidigung der Regierung übernommen. Als er den Freiherrn von Wearschall angriff, da waren die Tône anders. Aber ih verstehe es. Dem Grafen Limburg-Stirum kann ih das Kompliment „hochtegab1“ bezüglich feiner diplomatischen Fähigkeiten nit zurückgeben. Stoff für die Presse brau6t im Parlament niht geshaffen zu werden; denn die Opposition hat kaum Play in den Zeitungen. Daß die Verhandlungen während der Krisis fortgeben, darüber hat die Opposition \sich garniht zu békflagen. Sie hat dadurch Gelegenheit, cinzugreifen. In anderen Ländern tritt das ganze Ministerium zurück; ein neues Kabinet wird gebildet. Aber hier bleiben die einzelnen Minister in ihren Aemtern, als ob garnichts geshehen wäre. Solche Ministeränderungen blieben früher geheim. Jett werden sie in der Oeffentlichkeit umhergezerrt. (Zuruf rechts: Von wem denn?) Von den Regierungsblättern. Sie thun ja bloß fo, als ob Sie die Blätter nicht lâsen. Ein Minister soll durch einen anderen erseßt werden, er bleibt aber noch

onate lang im Amt. Das ist keine politishe Situation mehr.

Abg. Freiherr von Zedlig und Neukirch (fr. fons.): Ob gerade Herr Richter der Mann ist, zu beurtheilen, was ge[chmadckvoll ist, lasse ih dahingestellt. sein. Der zweite Aufguß seiner Rede aus dem Neichstage ist viel mgtter als die damalige Rede, selbst die Wige konnten die Dürftigkeit nicht verdecken. Seine heutige Rede ist im wesentlichen der Ausdruck des Mißfallens, daß wir auf Grund des einheitlihen Programms, welches in Bielefeld ausgesprochen E zu etner einheitlihen Negierung kommen, die das Pro- gramm sehr zum NMerger des Herrn Richter durchführen wird. Nihts wäre verkehrter, als die großen Auf- seen B beiseite zu stellen, weil gegenwärtig eine ver- endête Mehrheit im Neichstaze vorhanten ift. (Großer Lärm inks. Rufe: Zur Ordnung! Das is ja eine nette Geschäftê- führung! Fortdaäuernder Lärm, in welchem die Worte des Redners verloren gehen. Zurufe links: Das ist ja eine Frechheit! Zur Ord- aung ! Rufe rechts: Nuhe! Lärm und laute Unterhaltung links.)

e Präsident von Köller: Ich höre Aeußerungen, daß die Worte “y Verrn von Zedliß cinen Ordnungöruf verdienen. Sie haben aile von mir, daß ih nicht dulde, daß irgend cin Nedner in einer T ührlichen Weise über den MNeichötag oder feine Präsidenten u Den Ausdruck ,verblendete Majorität" verstehe ih dahin, Dari die jeßige Moajozutät die Sache nicht richtig ansieht. nit liegt keine Belerdigung. Ih habe Herrn von Zedliß deshalb

Ábz Fatgnd gerufen rg ne ihn perigulahren,

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die Unnadtie LO Votgt y und Neukirch empfiehlt darauf lut bg. Dr. Lieber (Zentr, ): Herr von Zedlitz i nit der er- Qtete Mann, gegen den die Mehrheit des Reichstages \ch {üen

Annahme gelangt die auch

müßte gezen den Vorwurf der Verblendung. Jedenfalls if es k-ine nationale Politik, gegen die Mehrheit des Reichstages unbegründete Vorwürfe zu erheben. 2

Abg. von Kardorff (fr. konf.): Mit der Kritik des Landtages hat Abg. Bachem angefangen. A

__ Abg. Dr. Bachem (Zentr.): Ich habe gegen die Angriffe aus diesem Bause im Reichstage Protest erboben, nahdem der Reichstag in würdigster Zurückhaltung Jahre lang dazu geshwiegen hat, weil er als die vornehmste Volksvertretung über folhe Angriffe er- haben dasteht. Hören Sie auf mit solGen Angriffen, von denen wir beute einen der bittersten und empörendsten gehört baben!

_ Darauf wird die Vorlage nach den Beschlüssen der früheren Lesung ohne weitere Debatte und unverändert gegen die Stimmen des Zentrums, der Polen und der Freisinnigen angenommen. ie geht nunmehr an das Herrenhaus.

Abg. Brütt (fr. konf.) zur Geschäftsordnung: Ich erlaube mir, die Aufmerksamkeit des Herrn Präsidenten darauf binzulenken, daß der Abg. Richter den Abg. von Zedliß mit dem Rufe unterbroh:n hat : Das ift eine Frechheit!

Präsident von Köller: Ich habe diesen Ruf niht gehört und weiß niht, ob er aus dem Munde des Abg. Richter gefallen ist. (Rufe: Ja!) Das halte ih allerdings niht für rihtig und rufe deshalb den Abg. Richter zur Ordnung.

Es folgt die Berathung des Berichts der Gemeinde- kommission über den Antrag des Abg. Knebel (nl.) auf Vor- legung eines Gesegentwurfs, betreffend das Ruhegehalt und die Fürsorge für die Hinterbliebenen der Gemeindebeamten in der Rheinprovinz.

(Schluß des Blattes.)

Nr, 24 des „Centralblatts für das Deutsche Reih“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 18. Juni, hat folgenden Inhalt: 1) Konsulat-Wesen: Ernennungen; Todesfall ; Erxequatur-Ertbeilungen. 2) Finanz-Wesen: Nachweisung der Einnahmen des Reichs vom 1. April 1897 bis Ende Mai 1897. 3) Post- und Telegraphen-Wesen: Telegraphenordnuna für das Deutsche Reich vom 9. Juni 1897. 4) Zoll- und Steuer-Wesen: Bestellung eines Reihs-Bevollmächtigten. 5) Polizet- Wesen : Ausweisung von Aueländern aus dem Reichsgebiet. Anhang. Militär-Wesen : Gesammt-Verzeihniß der zur Ausstellung von Zeugnissen über die Befähigung für den einjährig-freiwilligen Militärdienst berechtigten Lehranstalten.

Nr. 21 des „Eisenbahn-Verordnungsblatts*, heraus- egeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 17. Iuni, bat folgenden Inhalt: Staatsvertrag zwischen Preußen und Olden- burg wegen Herstellung einer Eisenbahn von Lohne nah Hesepe (Bramsche) oder einem anderen geeigneten Punkte der Eisenbahn von D8nabrück nah Quakenbrück, vom 4. Mai 1896. Bekanntmachung des Reichskanzlers, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrahtverkehr beigefügte Liste, vom 29. Mai 1897. Erlafse des Ministers der öffentlihen Arbeiten: vom 1. Juni 1897, betr. Ausübung des staatlichen Aufsichtsrehts über die in das preußische Staatsgebiet fallenden Theilstrecken einer Eisenbahn von Lohne nah Hesepe (Bramsche) oder einem anderen geeigneten Punkte der Eisen- bahn von Osnabrück nah Quakenbrück, sowie der Eisenbahn von Heppens (Wilhelmshaven) nah Oldenburg; vom 7. Juni 1897, betr. Herabfezung der Aufbewahrungsfrist für die Nechnungsbeläge der Eisenbahnverwaltung; vom 11. Juni 1897, betr. Abänderung der Vorschriften für die Berehnung der Nebengebühren der Fahrbeamten, Nachrichten.

Nr. 25 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, heraus- egeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 19. Juni, hat Lten Inhalt: Amtliches: Runderlaß vom 4. Junt 1897, betr. Zulassung von Regierungs-Bauführern des Hochbaufahes zur Aus- bildung bei der Eisenbahnverwaltung. Dienstnachrichten. Nicht- amtlihes: Die Bauten der Gartenbau-Ausf\tellung in Hamburg. Versuche über die Elastizität des Erdbodens. Zusammenstellung der im Jahre 1896 unter Mitwirkung der Staats-Baubeamten in Preußen entwidelten Bauthätigkeit auf dem Gebiete des Hochbaues. Vermischtes: Wettbewerb um Entwürfe für ein Rathhaus tin Wald- heim (Sachsen). Neubauten der Universität in Leipzig. Be- stimmung über die Anforderungen an das Sehvermözen der Anwärter für den höheren tehnischen Eisenbahndienst. Sicherung von Ge- bäuden gegen Feuersgefahr. Vorlesung an der Technischen Hoch- shule in Berlin. Neue Fahrbahnanordnung für eiserne Straßen- brücken. Englischer Ingenieur- Verein in London. Neue Patente.

Arbeiterbeweguug.

Die Maurer in Erfurt (vgl. Nr. 121 d. Bl.), die bisher von den Meistern ausgesverrt waren, haben nun, der , Magdeb. Ztg." zufolge, vachdem die Meister die Aussperrung aufgehoben haben, ibrerfeits den Ausstand begonnen, indem sie 40 Minimalstunden- lohn ferdern.

Aus Hamburg meldet die „Hamb. Börsenhalle“, daß die „Hamburg-Amerika-Linie* durch ihren Inspektor den S chauer- leuten folgenden Vertrag hat vorlegen lassen: „Die endstehend ver- zeichneten Schzuerleute treten durch Unterzeichnung diefes Schriftftücks in ein festes Arbeitéverhältniß zur Hamburg-Amerika-Linie, d. h. sie stehen bei der Gesellschaft in ständiger Arbeit, wogegen ihnen diese den nahbenannten Wohenlohn auszahlt, gleichgültig, ob fie die einzelnen Leute beschäftigen könnte oder niht. Dagegen sind die Schauerleute ver- pflihtet, sowohl auf Schiffen wie Leichtern der Gesellschaft, unbekümmert, ob im hiesigen oder Cuxhavcner Hafen oder auf der Unterelbe liegend, alle ihnen von ibren Vorgeseßten aufzutragenden Arbeiten im Stauereibetrieb zu jeder Zeit unweigerlich zu verrichten. Die Gesfellshaft bindet si, die einzelnen dieser Leute pro Woche nicht länger wie 6 Tage und eine Naht oder während einer dieser Grundtheilung gleihwerthigen Arbeitszeit zur Arbeit heranzuziehen, ihnen aber, im Falle längere Arbeit unbedingt nöthig sein sollte, für die Ueberarbeit die ortsübliden Ueberstunden extra zu bezahlen. Das Arbeitsverhältniß beginnt mit dem 1. bezw. 15. eines jeden Monats und wird auf einen Monat vom Tage des Beginns an ein- gegangen; Kündigung desselben ist gegenseitig auf den 1. bezw. 15. eines Monats 4 Wochen vorher anzuzeigen. Erfolgt keine Kündigung, fo verlängert sih die Vereinbarung \tills{weigend um einen weiteren Monat. Der Gesellschaft bleibt aber das Necht ge- wahrt, Schauerleute, die si{ch den Anordnungen ihrer Vorgesetzten widerseßen oder sih font unbotmäßig betragen, insbesondere etwa angetrunken zur Arbeit erscheinen oder den erhaltenen Anordnungen, zur Arbeit zu kommen, nit folgen, ohne weiteres zu entlassen, und zwar unter Hintanseßzung der vor- genannten Kündigungszeit und aller etwa daraus herzu- leitenden Verpflichtungen; Lohnzahlung findet in folhen Fällen nur pro rata statt. Die Gesellschaft zahlt an Lohn pro Woche: für ge- wöhnlihe Schauerleute 29 4, für Kornschauerleute 34 4, gleichgültig, ob sie in der betreffenden Woche in Getreide gearbeitet haben oder nicht." Die Schauerleute sind sich in dieser Angelegenheit noch nit \{lüssig geworden.

Zum Tischler-Aus stande in Rosto ck (vgl. Nr. 120 d. Bl.) meldet die „Mecklenburgische Bolks-Zeitung“, daß Verhandlungen mit den Unternehmern angebahnt sind und daß heute, Dienstag, die beider- seitigen Delegirten zu einer gemeinsamen Sitzung zusammentreten. Eine öffentlihe Versammlung der Töpfer (vgl. Nr. 122 d. Bl.) fand, den „Meckl. Nachr.“ zufolge, am Freitag Abend statt. Dieselbe

beschäftigte sich mit der Befprehung über den gegenwärtigen Stand des Ausftandes, welcher unter den biesigen Töpfergesellen au8gebrohen ist. Die Versammlung beschloß, den Ausftand in denjenigen Werk- stätten, welche bisher die Forderungen der Ausständigen niht bewilligt haben, fortzuseßen.

In Dessau ist, wie dem „Vorwärts* gemeldet wird, am Dienstag voriger Woche in der größten mechanishen „Schuh - besobhl-Anfstalt* ein Ausstand ausgebrochen. Die Gesellen wollen eine regelmäßige Werkstattordnung einführen und eine Lohnerhöhung von 24 auf 30 4 pro Stunde erzielen, welchen Forderungen der Chef nicht beigetreten ist.

In Gotba legten, demselben Blatt zufolge, 32 Zimmerer des Zimmermeisters Köllner am 19. Juni die Arbeit nieder, weil ihnen die Forderung einer Lohnerhöhung von 1 bis 2 4 pro Stunde nicht bewilligt wurde. Ein Theil der Arbeiter erhielt 24 bis 25, ein anderer Theil 26 bis 27 Stundenlohn.

Veber die Bergarbeiterbewegung im Bezirk Weißenfels (vgl. Nr. 141 d. Bl.) wird der „Volks - Ztg.“ von dort geschrieben : Die Lobnbewegung unter den Bergarbeitern des diesseitigen Bezirks nimmt anscheinend an Ausdehnung, wie es anfangs nicht hien, zu. Die Verhandlungen mit den in Betracht kommenten aht Grubenverwaltungen haben zu einem Ergebniß nit geführt. Auf die Forderungen der Arbeiter auf Aenderung der Arbeitsbedingungen haben diese Verwaltungen folgende Erklärung abgegeben: 1) Die Beseitigung der Gedinge- oder Accord- arbeit ist ebenso wie die Einfübrung des allgemeinen Ahtstundenarbeits- tages niht durchführbar. 2) Eine allgemeine Lohnerhöhung, insbesondere eine Erhöhung der Gedinge, kann nah Lage unserer Industrie nicht gewährt werden. 3) Die Schihtlöhne follen auf ihre Angemessen- beit im Vergleich zu entsprehenden Arbeitsleiftungen auf anderen Gebieten geprüft und etwaige Unzuträglichkeiten ausgeglichen werden. Vorbedingung hierfür ist ein friedlihes Verhalten der Belegschaften. 4) Arbeiteraus\{üie sind wir gern bereit einzuführen, wo sie gewünscht werden. 5) Die Freigabe des 1. Mai als Feiertag lehnen wir als eine fozialdemokratishe Parteiforderung ab. 6) Ueber die sonstigen, auf einzelnen Werken geäußerten Wünsche örtliher Natur wird mit den Belegschaften dieser Werke verhandelt werden. Wir rathen den Belegschaften in ihrem eigenften Interesse, sch durch Ein- flüsse von außerhalb nicht zu folgens{weren Schritten hinreißen zu lassen. Mit dieser Erklärung werden sich die Bergarbeiter niht obne weiteres zufrieden geben. Aus dem Braunkoblenrevier, und ¿war aus Streckau, wird der „Magdeb. Ztg.* gemeldet, daß der Ausbruch eines allgemeinen Ausstandes der Bergarbeiter für die nähste Woche zu erwarten stehe.

Wie „W. T. B." aus London erfährt, haben die Gruben - arbeiter und Angestellten der Kohlengrube von Ashington, der größten in der Grafschaft Northumberland, gestern die Arbeit niedergelegt.

Aus Mailand wird der „Frkf. Ztg.“ von gestern telegraphiert : Eine Versammlung von Latifundienbesißern in Molinella beschloß gestern die Zustimmung zur Forderung der ausständigen Land- arbeiter (val. Nr. 143 d. Bl.), betreffend die Erhöhung des Tage- lohns von 90 Centesimi auf 1 und 1,10 Lire. Die Ausftändigen verwarfen jedoch die Aufnaßme der Arbeit, weil sie außerdem die Er- nennung der Aufseher durch die Arbeiter fordern. Das Elend ift groß. Nach Budrio, wo 42 Verhaftungen stattfanden, ging Ka- vallerie ab.

Aus Mons erfährt die „Köln. Ztg.“, daß der lange Ausstand in den Eisenbahnbau-Anfstalten von Braine-le-Comte \eit Mittwoch voriger Woche beendet ist. Die Arbeiter haben nichts er- reiht, dagegen 60 000 Fr. an Löhnen eingebüßt.

Literatur.

Staats-, Hof- und Kommunal-Handbuch des Reichs und der Einzelstaaten (zugleih Statistishes Jahrbuch), heraus- gegeben von Joseph Kürschner, 1897. Zwölfte Ausgabe. Mit 18 Porträts, einer Flaggen-, 5 Wappen- und 2 Ordenéêtafeln. Eisena, Verlag von Kürschner's Staatshandbuch. Der neue Jahr- gang erschien diesmal etwas später als sonst, wird aber überall da, wo man dieses vortrefflidbe Handbuch wegen seiner Brauchbarkeit und Zuverlässigkeit \chäßgen gelernt hat, darum niht weniger willkommen geheißen worden sein. Die Ausgabe hat fi deshalb etwas verzögert, weil die am 1. April d. J. in den militärishen Verhältnissen eingetretenen Veränderungen und au die Ergebnisse der leßten Volkszählung noh berüsihtigt werden sollten. Alle Theile des Buches sind auch sonst wiederum einer durchgreifenden, die aktuellen eingreifenden Vorkomm- nisse berücksihtigenden Korrektur unterzogen worden. Weggelassen sind nur die Versicherungsanstalten. Eine erhebliche Vermehrung hat da- gegen die Zahl der bildlihen Beilagen erfahren. Neben fünf Wappen- und zwei Ordenstafeln enthält das Handbuch diesmal 18 Porträts. Von Fürstlichen Personen sind auf den Tafeln dargestellt : Herzog Iohann Albrecht zu Mecklenburg, Regent des Großherzogthums Mecklenburg-Schwerin, nebst Gemahlin, Prinzessin Elisabeth zu Sachsen-Weimar, der T L Friedri August von Oldenburg und seine zweite Gemahlin, Elisabeth, Herzogin zu Mecklenburg, der Erbprinz Ernst zu Eu und seine Gemahlin, Prin- zessin Alexandra von Sachsen-Coburg-Gotha, und der Prinz Günther Sizzo von Leutenberg, Prinz von Schwarzburg-Rudolstadt. Drei weitere Tafeln zeigen die Bildnisse der Stadtoberhäupter von Berlin, Breslau, Köln, Krefeld, Elberfeld, Halle, Hannover, Königsberg und Nürnberg ; sie bilden den Anfang einer geplanten orträtsammlung |ämmtlicher deutschen Bürgermeister der Groß- und Mittelstädte.

Entstehungsgeshihte des Rothen Kreuzes und der Genfer Konvention, mit Unterstüßung ihres Begründers J. H. Dunart von Rudolf Müller, Professor am Königlichen Realgymnasium in Stuttgart. Im Anschluß an „Eine Erinne- rung an Solferino“ von J. Henry Dunant, Begründer des Rothen Kreuzes und Urheber der Genfer Konvention, und mit Ab- schnitten aus dessen Derkwürdigkeiten. 8. 454 Seiten. Mit einem Bilde Dunaat's. Stuttgart, Verlag von Greiner und Pfeiffer. Pr. geb 4. M; „eleg. geb. 5 M 50 „. Den ersten An- stoß zu der Gründung der internationalen Hilfsvereine für ver- wundete und erkrankte Krieger, oder wie sie jeßt allgemein heißen, der internationalen Vereine vom Rothen Kreuz, etnem Werke, das eine der größten Ruhmesthaten unseres Jahrhunderts bildet, gab vor einem Menschenalter ein edler Genfer Bürger, F. Henry Dunant mit seinem Buche „Eine Erinnerung an Solferino*, das \fogleih nah feinem Erscheinen die Runde durch die ganze gebildete Welt machte. Sein warmer Aufruf zu Gunsten der verwundeten Krieger wurde gehört, und niht zum wenigsten war es Dunant selbft, der durch seine unermüdlichen Anftrengungen die Verwirklichung der darin ausgesprochenen Gedanken uud ihre diplomatische Sanktion durch die „Genfer Konvention“ herbeiführte. Reiche Früchte hat inzwischen die von Dunant ausgestreute Saat getragen, aber, während sein Werk eine zuvor kaum geahnte Entwickelung nahm, wurde sein Name von unserem s{nelllebenden Geshleht bald vergessen, bis man ih vor wenigen Jahren erst wieder daran erinnerte, daß der hohverdiente Begründer des Rothen Kreuzes und der Genfer Konvention noch unter den Lebenden weilt. Und, als wollte man das früher Versäumte wieder gut machen, fo vergeht jeßt kaum ein Tag, der dem „Einsiedler von Heiden" niht neue Beweise der allgemeinen Dankbarkeit und Verehrung aus allen Enden der Welt brähte. Eine solche Huldigung zu feinem 69. Geburtstage (dem 8. Mai) sollte auh das vorliegende Buch sein. Was diesem ein besonderes Interesse verleiht, ist der Unistand, daß der Verfasser, der seit zwanzig Jahren mit dem Begründer des Rothen Kreuzes eng befreundet ist, in der Lage war, aus Dunant?s \hriftlichen Aufzeihnungen und mündlichen Mittheilungen zu \{chöpfen, und so manche Lücke auszufüllen, welche die bisherige Literatur über die ersten Anfänge des Rothen Kreuzes noch aufroeist. Vielleicht den werthvollsten Theil des Buches aber bilden seine Zugaben : Dunant's oben erwähnte „Erinnerung an Solferino*, die, weil sie den ersten Anstoß zu dem Werke gab, an die Spitze des Ganzen gestellt wurde,