B e E T E N E E S E L E E j /
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Kaiserlichen Hauses Besuche ab und besichtigte das naturhistorische ar ei e 5 Uhr fand Galatafel im Zeremoniensaal der Hofburg und Abends eine Galavorstellung in der Oper stait, welcher der Kaiser, der L Ne Siam, die Erzherzoge Ludwig Victor und Eugen sowie die Prinzen von Siam bei- wohnten. ; :
Anläßlih der Wahlen zum serbishen Kirchen- kongreß fand in der Gemeinde Turia bei Alt-Becse (Ungarn) eine Bauernrevolte statt. Gegen 700 Bauern versuchten das Gemeindehaus zu demolieren. Der Vorsißende der griechisch-orientalishen Kirchengemeinde wurde verhaftet. Die eingeleitete Untersuhung ergab, daß die Revolte durch die Agitation serbischer Radikalen verursaht worden ist.
Großbritannien und Jrland.
Das Oberhaus versammelte sich, wie „W. T.B.“ berichtet, gestern Mittag, um sih nah dem Buckingham-Palaft zu begeben und der Königin eine Glückwunsch-Adresse zu überreichen. Die Sizungen wurden bis nächsten Dienstag vertagt. Jm Unterhause, welches zu dem gleihen Zweck zusammen- getreten war, theilte der Spreher Gully, welcher seine Amtstracht angelegt hatte, mit? er habe von dem italie- nishen Botschafter ein Schreiben erhalten, worin derselbe berihte, er sei von der italienischen Regierung angewiesen, dem Unterhause einen telegraphischen Auszug aus den Verhand- lungen 1: der vorgestrigen Sizung der italienischen Deputirten- kammer mitzutheilen. Das Tel-gramm lege die Theilnahme des italienischen Parlaments an den Kundgebuügen der großen britishen Nation dar und berichte von der Ännahmé éiner Resolution, welche die Sympathie des italienishen Volkes für den Jubel des britischen Volkes über die lange Herrschaft der Königin Victoria und warm gefühlte Wünsche für deren lange und ! blühende Fortdauer zum Ausdruck bringe. Der Sprecher be- richtete sodann: auch von dem Präsidenten des Senats von Argentinien sei ihm eine Mittheilung zugegangen, wonach der Senat in seiner vorgestrigen Sißzung beschlossen habe, dem britishen Volke und der Königin Victoria die herz- lihsten Glückwünshe zu übermitteln. Der Erste Lord des Schazamts Balfour bemerkte, er glaube, ein formeller Antrag, daß der Sprecher eine a Antwort absende, sei unnöthig, da dies ohnehin geschehen werde. Sir W. Harcourt erklärte, jede Partei des Hauses sei befriedigt über die Mittheilung jener Nation, an deren Entwicke- lung zur Freiheit Sr olbriannien so großen Antheil genommen habe. Die Mitglieder des Hauses schlossen sich nunmehr zu einer feierlihen Prozession zusammen, ebenso die Mitglieder des Oberhauses, und beide Häuser zogen gemeinsam nah dem Buckingham - Palast. Die Mitglieder des Unterhauses folgten größtentheils zu Fuß der Staatskarosse des Sprechers, welche die offiziellen Jnsignien trug. Nach Ueber- reihung der Adressen kehrten die Mitglieder des Unterhauses in das Parlamentsgebäude zurück. Der e M verlas nunmehr die Antwort der Königin auf die Adresse, in der
Allerhöchstdieselbe ihren Dank aussprah. Sie sei tief bewegt von vgs zahlreichen loyalen und liebevollen Kundgebungen, die ihr bereitet worden, und aufrichtig erfreut über die Wärme, mit der sich das Unterhaus ihnen anscließe.
An den Empfang der beiden Häuser des Parlaments {loß sich der Empfang weiterer Deputationen an, deren leßte gegen 31/5 Uhr am Eingang zum Buckingham-Palaft eintraf. Die
Deputationen wurden in den großen Saal geführt, wo die Königin, umgeben von dem Prinzen von Wales, dem Prinzen Christian zu O Sa Atlas der Prin- zessin Beatrice, dem Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha und dem Herzog von Connaught, ihre Glückwünsche ent- gegennahm. Später empfing die Königin, von ihrem Hof- staat umgeben, die Vorsfizenden und Abgeordneten der Graf- schaftsräthe sowie die englishen und schottishen Bürgermeister. Die Königin verließ sodann den Buckingham-Palast, um si zu den in dem Green-Park versammelten Schulkindern zu begeben, die von einer großen Menschenmenge, zu- meist den Eltern der Kinder, begleitet waren. Bis zur Ankunft der Königin waren unter die Kinder Kuchen, Süßig- keiten und Milch vertheilt worden. Als die Königin eintraf, wurde Allerhöchstdieselbe mit lebhaften Kundgebungen empfangen, in welchen der Dank der Kinder für das ihnen bereitete Fest zum Ausdruck kam. Die Königin verneigte fich huldvoll nah allen Seiten hin. Der Kardinai Vaughan und die Vertreter der übrigen Kulte überreihten Adressen, worin an den Fortschritt erinnert wird, den die Volkserziehung seit der Thronbesteigung der Königin gemacht habe. Die Kinder fangen sodann unter Begleitung von Militärmusik die National- hymne, in welche die zahlreih Anwesenden einstimmten.
Um 6 Uhr 10 Minuten kehrte die Königin in Be- gleitung der Kaiserin Friedrih, der Prinzessin Heinrich von Battenberg und des Herzogs von Connaught nah Windsor zurück. Am Paddington - Bahn-
ofe bereiteten die dort aufgestellten Kolonialtruppen Jhrer
ajestät begeisterte Huldigungen. Um 61/5 Uhr traf die Königin in Slough ein; auch dort waren Abordnungen der Kolonialtruppen N und hatte sih eine ungeheure Menschenmenge zur Begrüßung der Königin eingefunden. Von Slough aus egte Jhre Majestät die Reise nah Windsor zu Wagen fort; unterwegs wurde das College von Eton besucht, wo die Schüler die Königin mit Begeisterung empfingen.
Die gestrige Gala-Dper im Convent-Garden-Theater nahm einen überaus glänzenden Verlauf. Das Theater war auf das prächtigste mit Blumen geschmücdckt. 0, vor 9 Uhr erschienen der Prinz und die Prinzessin von Wales sowie die hohen Gäste der Königin in'der Königlichen Loge. Unter anderen Fürstlichkeiten wohnten der Vorstellung bei: der Prinz und die Prinzessin Heinrich von Preußen, Prinz Albreht von Preußen, Prinz Rupprecht von Bayern, der Großherzog und die Großherzo in von Hessen, der Großherzog und die Groß-
erzogin von Mecklenburg-Streliß, sowie der VEML U die erzogin von Sachsen-Coburg und Gotha, der Erzherzog ranz Ferdinand von Oefterreich-Este, der Kronprinz und die Kronprinzessin von Jtalien, der Großfürst und die Großfürstin Sergius, die Prinzessin Ferdinand von Rumänien, rinz aldemar von Dänemark, Prinz Eugen von Schweden, der Fürst und die Fürstin von Bul- ‘iee der Herzog und die Kerzogin von York sowie der erzog und die Herzogin von Connaught. Ferner waren die außerordentlichen Gesandten von Frankreih, Spanien, den Vereinigten Staaten, der Türkei, von Jtalien, Holland, China und Baden erschienen. Beim Erscheinen der Höchsten Herr- schaften wurde auf der Bühne von Mitgliedern der Oper und vom Chor die Nationalhymne gesungen.
__ Die fremden Admirale, welche in England eingetroffen sind, um der Flottenparade beizuwohnen, werden heute Noch-
mittag von der Königin in Windsor empfangen werden und bei dem Empfange von ihrem Stabe begleitet sein. Der Herzog von York und der Prinz Heinrich vonPreußen werden dem Empfange beiwohnen. Z
In den gestrigen Londoner Abendblättern wurde das Gerücht mitgetheilt, daß große Besorgniß über das Schisal des Schul- his „Sealark“ herrsche, auf dem fih achtzig junge Leute zur Ausbildung befinden und das auf dem Wege nah Portsmouth begriffen, bisher aber E nicht dort eingetroffen ist. Hierzu macht dieAdmiralitätamtlich bekannt: der einzige Grund für solche Besorg- nisse könne darin liegen, daß das Schiff am 16. d. M. nah der Ausfahrt von Quensferry in der Nordsee in einen Sturm gerathen sei. Die Schiffe „Hearty“ und „Niger“ seien inzwischen ausgeshickt worden, um die „Sealark“ zu suchen. Die „Sealark“ ist ein Segelschiff.
Jtalien.
Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer er- widerte auf eine Anftage des Deputirten Jmbriani, welche Haltung Jtalien im europäischen Konzert in Anbetracht der von den Türken in Thessalien begangenen Ausschreiungen beobachtei habe, der Unter-Staatssekretär im Ministerium des Aeußern Graf Bonin, daß die Regierung, obgleih die aus griehisher Quelle stammenden Meldungen über folhe Ausschrei- tungen Üebertreibungen enthalten könnien, doch den italienishen Botschafter in Konstantinopel angewiesen habe, sih seinen Kollegen anzuschließen, wenn bei der Pforte begründete Rekla- inationen gegen die Aufführung der türkishen Truppen er- hoben würden. Auch sei die Gesandtschaft in Athen angewiesen worden, sich zu diesem Zweck mit der Botschaft in Konstantinopel in direkte Verbindung zu seßen. Die italienishe Regierung babe stets das Ziel im Auge gehabt, die traurigen Folgen des Kriegszustandes in jenen Ländern zu lindern.
Spanien,
Fn Oviedo sind, wie „W. T. B.“ meldet, aus Anlaß der Octroi-Frage Unruhen ausgebrochen, welche das Ein- schreiten von Gendarmen nothwendig machten. Bei dem Hand- gemenge wurden zwei Arbeiter getödtet und fünf verwundet; ebenso erlitten zwei Gendarmen Verwundungen. Weitere Zwischen-fälle werden befürchtet.
i Schweiz.
Der Ständerath begann gestern die Berathung der Vor- lage, betreffend den Rückkauf der Eisenbahnen, nah den einzelnen Artikeln. Nah Ablehnung mehrerer Zusaßanträge wurde der erste Artikel mit einer von Python-Freiburg be- antragten redaktionellen Abänderung in der Kommissionsfassung angenommen. Die Bestimmung, „daß der Bund die Bahnen erwerben werde,“ wurde durch die Bestimmung erseßt, „daß der Bund das Recht zur Erwerbung der Bahnen habe.“
Belgien.
Der König hat, wie „W. T. B.“ meldet, gesiern Abend an Bord der Yacht „Clementine“ von Ostende aus die Fahrt nah Kiel angetreten.
In der Repräsentantenkammer stellte gestern der (on Deputirte Delbeke (Antwerpen), ein Gegner der ilitär - Reform, eine Anfrage bezüglih des Empfangs, welcher der Deputation gelegentlih der Kund- gebung zu Gunsten des persönlichen Militärdienstes seitens des Königs kürzlich gewährt worden war, und über / die Antwort, welche der König auf die Ansprache der Deputation gegeben hat (\. Nr. 137 d. Bl.) erörterte Delbeke in längerer Aus- führung die Militärfrage, sprach sih gegen den persönlichen Militärdienst aus und suchte nâhzuweisen, daß der König die Verlesung einer Adresse angehört habe, welche sih gegen die Mehrheit des Hauses sowie gegen das Ministerium richte. Am Schluß seiner Rede erklärte Delbeke : die Antwort des Königs habe die konservative Majorität in Verwirrung gebrachzt; einige erblickten darin einen Staatsstreih. Er bestreite dem Könige das Recht, sich frei über solche politishen Fragen auszusprechen, welche eine Spaltung im Lande hervorriefen; dies würde eine Gefahr für das Königthum sein. Er wünsche, von der Regierung zu wissen, ob die Rede des Königs in ihrem Wort- laut genau wiedergegeben sei, ob die Regierung bei der Feststellung desselben betheiligt gewesen sei und ob sie die in der Rede enthaltenen kategorishen Erklärungen bezüglich der Militärfrage zu den ihrigen mae. Der Minister- Prähident de Smet de Nayer erwiderte: dem König sei keine Adresse überreiht, dagegen sei eine solhe bei dem Kastellan des Palais hinterlegt worden; die Generale, welche von dem Könige empfangen worden seien, hätten nicht an der Kundgebung theilgenommen. Der Minister-Präsident ging sodann näher auf die Rede des Königs ein, die, wie er ausführte, eine Anspielung auf den persönlichen Militärdienst und auf die internationalen Pflichten Belgiens enthalten habe; doch sei darin auch die Verwerfung des Systems der Nation in Waffen enthalten. Jn der Rede sei keineswegs die Vorlegung eines neuen Gesegentwurfs erwähnt worden, sie s{ließe dagegen den Wunsch auf Einführung des persönlichen Militärdienstes in sih. Die Regierung sei ebenfalls Anhängerin der Aufhebung der Stellvertretung. Die Rede weise das System des Volkes in Waffen zurück; das sei auch die Ansicht der Regierung. Der König habe shließlich gesagt, die Nation möge ihre Geschicke selbst regeln. Es sei also unpatriotish, in der Rede des Königs Dinge zu suchen, welhe nicht darin enthalten seien.
ahlreiche Redner nahmen an der darauf folgenden Debatte theil. chließlich wurde die einfahe Tagesordnung mit den Stimmen der Rechten gegen die der Linken angenommen.
Türkei.
Alle Meldungen über Meßzeleien und Plünde- rungen der türkishen Truppen in Thessalien werden, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel berichtet, von amtlicher türkischer Seite für durhaus fal\ch erklärt.
Die „Kölnische Zeitung“ meldet aus Kanea: Die Aufs ständischen haben bei Kissamo die Feindseligkeiten wieder aufgenommen; sie beabsichtigen, nah einer Frift von acht Tagen die türkische Festung anzugreifen. — Da neuer- dings wieder die Landung von Freiwilligen erwartet wird, so kreuzen österreichishe Kriegsschiffe an der Westküste.
Griechenland.
Aus Athen berichtet die „Agence Havas“: nah einer aus diplomatischen Kreisen von Konstantinopel eingegangenen Depesche gelte es dort für siher, daß der Präliminar- Friedensvertrag in allernähster Zeit, wahrscheinlich in der Sißzung vom nächsten Sonnabend, werde unter-
zeichnet werden.
Amerika.
Der Vertrag mit Hamwaii ift, wie „W. T. B.“ aug Washington meldet, einem Unteraus\chuß des Senats überwiesen worden, welcher über vielleiht aus dem Ver- trage entstehenden Verwickelungen berathen soll. Wie eg jeßt heiße, habe der Einspruch Japans gegen die Einverleibung von Hamaii fast den Charakter eines Ultimatums gehabt; die Einverleibung werde in dem Einspruche als geeignet bezeichnet, den Handel im nördlichen Stillen Ozean zu stören und Vertragsrete aufzuheben. Die Antwort der amerikanischen Regierung auf den Einspruch Japans solle fast fertig gestellt sein. Die Antwort laufe auf eine nahdrücklihe, geseßlihe Vertheidigung der Stellung der Vereinigten Staaten hinaus und führe zur Unterstüßung der Ansprüche der Vereinigten Staaten viele Beispiele aus dem internationalen Rechte an.
Aus Havanna wird berichtet: durch einen Erlaß seien 130 Deportierte begnadigt worden, während ein anderer Erlaß öffentlihe Arbeiten anordne, um einige tausend Arbeiter in den Provinzen Havanna, Matanzas, Pinar dcl Rio und Santa Clara zu beschäftigen.
Afffien.
Nach einer Meldung aus Bombay wurde daselbsi in der Nacht zum Mittwoch auf cinen indischen Zivilbeamten und Mitglied des Pestausshusses, Namens Rand, als derselbe von einem Fest bei dem Gouverneur in Ganesh-Kind zurü kehrte, geschossen; Rand wurde {wer verwundet. Lieutenant Dyerst von der Verpflegungs-Abtheilung wurde erschossen, als er von Ganesh-Kind nah Hause fuhr.
zufrifa.
Die „Agence Havas“ meldet aus Alexandrien, daß, dem Vernehmen nach, Befehl ergangen sei, den Vormarsch der Sudan-Expedition zu unterbrechen. Die Rekrutierungen und Materialsendungen seien eingestellt worden.
Aus Kapstadt erfährt das „Reuter'sche Bureau“, daß das Regierungs-Jubiläum der Königin Victoria überall mit großer Begeisterung gefeiert worden sei; auch in dem kleinsten holländischen Dorfe seien Festlichkeiten veranstaltet worden. Die Botschaft der Königin sei überall mit Begeisterung begrüßt worden. — Cecil Rhodes habe in Bulawayo ein er- folgreihes Jndaba mit den Matabele-Häuptlingen ab- gehalten.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Berichte über die gestrigen Oen des Rei chs- tages, des Herrenhauses und des Hauses der Abge- ordneten befinden fih in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (236) Sißung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. von Boetticher und der Minister für Handel und Gewerbe Brefeld beiwohnten, wurde die dritte Berathung des Ge- sezentwurfs, betreffend die Abänderung der Ge- werbeordnung, fortgeseßt, und zwar bei dem von den Sozial demokraten beantragten neuen Art. 10, welcher lediglih die von der Regierung vorgeshlagenen Vorschriften Über die Konfektionsarbeiter in die Vorlage einschaltet.
Es handelt sih darum, daß der Bundesrath das Recht haben soll, für bestimmte Gewerbe (d. h. für die Konfektions- arbeiter) Lohnbücher oder Arbeitszettel einzuführen (§ 114a der Gewerbeordnung) und die Arbeitershußbestimmungen auf die Konfektionsarbeiter, speziell auf die Heimarbeiter (S8 136, 137a, 138 und 139 der Gewerbeordnung), auszudehnen. Ferner enthält der Antrag die Ausdehnung der Kranken- versicherung auf die Konfektionsarbeiter. ; i:
Präsident Freiherr von Buol drückt seinen Zweifel darüber aus, ob diese leßten Anträge mit der Sache in Verbindung- ständen, behält sih aber die Entscheidung vor bis zur Begründung der Anträge seitens der Antragsteller, die einen folhen Zusammenhang vielleicht nachweisen könuten. . L
Zunächst kommt die Frage der Lohnbücher oder Arbeitszettel zur Verhandlung. e
Abg. Molkenbuhr (Soz.) behauptet, daß die Konfektiont- arbeiter Arbeiten übertragen erhielten, ohne daß ihnen der Lohn bekannt gegeben worden wäre, wodurch nacher sehr viele Schwierigkeiten entständen. Ein f{chriftlih-r Arbeitsvertrag sei bisher niht zu erlangen» gewesen. Es wäre daher nun wünshenêwerth, wenn gleich ein allgemeiner Lohntarif cinze- führt würde. der nach des Redners Ansicht wobl möglich fei, wenigstens für die meisten Ges(äfte. Die Preise der Konfefttiont- waaren würden ja von vornkberein mit einem bestimmten Lohn- saße kalfuliert, der aud dem Arbeiter bekannt gegeben werden solle, damit nicht willkürlighe KAenderungen vorgenommen werden könnten. Wo Lobhntarife niht möglich scien, würde ter Bundeë- rath andere Verfügungen treffen können, denn der Bundesrath solle ja niht überall folhe Verschriften einfübren, sondern nur das Ret dazu haben. Unmögliches würde auch der Bundesrath nicht verlangen.
Abg. Freiherr Dr. von Hertling (Zentr.) : Als Vorsißender der Kommisfion, welher der Gesetzentwurf, um den es sich bier handelt, überwiesen worden ist, muß ih mittheilen, daß die Kommission sih an dem Tage koastituiert hat, an welhem der Re:ht- tag sih vertagte. Vorgestern habe ih die Kommissionsmit- glieder zusammenberufen, und die Mehrheit war der Meinung, daß die Erledigung dieser Vorlage nicht mehr zu crwarten sei, da fie un- verändert kaum angenommen werden würde. Auch der Vorredner bat die Schwierigkeit der Verhandlungen anerkannt, und darauf hat die Kom- mission zu ihrem großen Bedauern mit Rücksicht auf die Geschäfté- lage die Berathung unterlafsen, Man könnte ja im Plenum die Vorlage berakhen. Meine eng hätten die Vorlage ohne weiteres angenommen, aber auf den Boden des Antrags können wir uns nit stellen. Wir müssen denselben daber ablehnen. i
Abg. Freiherr Heyl zu Herrnsheim (nl.): Alle Mit- glieder der Kommission waren der Meinung, daß das Geseh na der einen oder anderen Seite hin amendiert werden müsse; Cine Kommissionsberathung .war daher dringend ® nothwendig, un? es war eine Vershleppung damit niht beabsichtigt. Wir haben bereits b&#& der Interpellation 1896 erklärt, daß wir die Materie für spruchreif hielten und sofort eine Vorlage wünschten. Die Vorlage hätte, wenn es nah unseren Wünschen gegangen wäre, {hon im vorigen Jahre eingebraht und erledigt werden fönnen. Wir haken erreicht, daß tie Arbeitersub- bestimmungen auf die Konfektionsindustrie “ ausgedehnt worden sind; abec wir wünshen auch die Ausdehnung auf
eimarbeiter. Die Anträge der Sozialdemokraten beschränt?n ch auf die Vorlage, welche die Regierung uns in dieser Frage L“ macht hat; sie halten si nicht einmal auf der Höhe der europäis@e Geseßgebung. Man verlangt allgemein eine SpezialinspeLn, namentlich auch eine weiblihe Inspektion für die Wäl konfektion. “ Unsere Anträge gingen über die Anträge der S0
demokraten weit hinaus, die uns in feiner Weise ge Wir woilen niht die Krankenversicherung allein, sondern Lott die Invalidenverficherung auf die Konfektionsarbeiter auëde s Die sozialdemokratishen Anträge entsprechen niht den nati°
liberalen Anträgen und auß niht den SutiGen der Arbeiter. Wir können es daher mit unserem Gewissen nicht vereinbaren, diesen Anträgen unsere Zustimmung zu geben. Mir wünschen, daß ein besonderer Abschnitt über die Hausindustrie in die Gewerbeordnung aufgenommen werde, denn die Bestimmungen über die Fabrikarbeiter pafsen auf diese Industrie nidt, und ich kann es nit begreifen, wie Männer, die do über diese Dinge orientiert sein wollen, die niht passenden Bestimmungen einfa darauf ausdehnen wollen. Wir lebnen es ab, nur der agitatorischen Wirkung wegen fo etwas PEIIEN, wir find aber bereit, gründlih in der Kommission zu berathen.
Bis zum Schluß des Blattes betheiligten sich noch- die Abgg. Gamp (Rp.), Dr. von Levetow (d. kons.), Singer (Soz.), Richter (fr. Volksp.), Dr. Friedberg (nl.) und Dr. Hiße (Zentr.) an der Debatte.
— Auf der Tagesordnung der heutigen (23.) Sigung des Herrenhauses, welher der Minister des Jnnern Freiherr von der Necke beiwohnte, stand die Berathung und Beschlußfassung über die geschäftlihe Behandlung des Gesegßentwurfs zur Ergänzung und Abänderung oon Bestimmungen über Versammlungen und Vereine. i
245 Wort erhielt zunächst der Staats-Minister von H Ems, dessen Rede bei Schluß des Blattes noch jorr- auerte.
— In der heutigen (99.) Sißung des Hauses der Ab- geordneten standen lediglich Petitionen zur Berathung.
Eine Petition der Stadtverordneten-Versammlung in Gevelsberg im Kreise Schwelm, Regierungsbezirk Arnsberg, bes{chwert ich über die Verweigerung der Genehmigung ihres Be'h!usses auf Erhebung von 216% der Einkemmwensteuer und 183% der sämmtlichen Realfteuern. Die Genebmigung zu der gevlanten Aufbringung des Fehlbetrages hat der Bezirksaus\chuß zu Arnéberg auf Grund des Kommunalabgabengeseßes versagt, weil die Stadt Gevelsberg e3 unterlaffen habe, Gebühren und Beiträge in irgendwie ins Gewicht fallendem Maße einzuführen, und es auch sonst nicht versuht hake, die im Verhältniß zu den Realsteuern zu hohen Zzscchläge zur Ein- fommensteuer berabzumindern, z. B. dur eine Biersteuer oder eine besondere Gewerbesteuer für größere Werke.
Die Gemeindekommission beantragt, über die Petition zur Tages- ordnung überzugehen, den sschlichen Inhalt der Petition aber der Regierung als Material zu überweisen.
Wirklicher Geheimer Ober-Regierungs-Rath Nöll: Die von Gevelêberg geplante und nicht genebmigte Etatisierung bezog si auf das Jahr 1896/97. Für den Etat von 1897/98 hat der Magistrat an seinem Beschlusse nicht festgehalten, sondecn die Real- steuern und die Einkommensteuer zu gleichem Betrage bera"gezogen, was auch bereits genehmigt ist. Unter diesen Umständen möchte ih empfeblen, lediglich den Kommissionsantrag anzunehmen, ohne eine prinzipielle Erörterung an die Petition zu knüpfen.
Das Haus beschließt ohne Debatte nah dem Kommissiongantrag.
Veber die Petition des Fuhrherrn Knettenbrech in Biebrich um Erstattung des ihm durch Wiederaufbebung der ertheilten Konzession zur alleinigen Abfuhr der Abortgruben in Wiesbaden erwachsenen Schadens aus Staatsmitteln geht das Haus zur Tagesordnung über.
Redakteur Horn in Berlin und andere Vorstandsmitglieder des Vereins Berliner Wohnungs8miether petitionieren um Aufhebung des § 16 der Städteordnung vom 30. Mai 1859, nah welchem die Hâlfte der von jeder Abtheilung zu wählenden Stadtverordneten aus Hausbesigern (Eigenthümern, Nießbraucßern und solchen, die ein erblihes Besitreht haben) bestehen muß.
Die Gemeindekommission beantragt, über die Petition zur Tages- ordnung überzugehen, und das Haus beschließt demgemäß.
Bezüglich der Petition von Hotes und Genossen in Krefeld, die sih über den Beschluß der dortigen Gemeindevertreter, 1520/9 Zu- [chlag auf Grund- und Gebäudesteuer als Gemeindeabgaben zu erheben, beschwert, beantragt die Gemeindekommission Uebergang ¡ur Tagesordnung.
Abg. Mies (Zentr.) führt aus, daß seine Partei in der Heran- ziehung der Nealsteuern über das Prinzip der Leistung und Gegen- leistung hinaus eine unzulässige Doppelbesteuerung erblie und sich weitere prinzipielle Ausführungen für die Berathung des Initiativ- antrages Weyerbusch vorbtebalte. Er beantrage die Ueberweisung der Petition an die Regierung zur Berücksichtigung.
Geheiner Finanz-Rath Dr. Stru t erklärt, daß die Regierung auf eine Beseitigung der Realstzuern aus dem Kommunalsteuersystem und auf grundfäßliche Umgestaltung der Gemeindeabgaben, welche das Ziel der Steuerreform von 1893 in Frage stellen würde, nicht ein- gehen könne. Er empfehle daher die Annahme des Kommissions- antrages.
__ Abg. von Eynern (nl.) {ließt sich dem Antrage Mies an, hält aber die Ueberweisung nur zur Erwägung sür besser. Das Prinzip von Leistung und Gegenleistung sei schr s{chwer festzuhalten. Es sei bedauerlich, daß der Antrag Weyerbusch noch nicht erledigt sei; Zeit sei dazu gewesen. Warum finde die Berathung nicht stait?
Abg. Dr. Langerhans (fr. Volksp.) beantragt die Absetzung der Petition von der Tagesordrurg, tamit erst die prinzipielle Er- örterung bei dem Antrag Weyerbusch stattfinden könne.
Diese Petition sowie einige andere Petitionen ähnlichen Inhalts werden von der Tagesordnung abgeseßt.
„ Die Stadtverordneten-Versammlung von Nonédorf petitioniert um Abänderung des § 33 des Kommunalabgabengeseßes dahin, daß unter gewissen Ümständen von großen Vetrieben, welhe die Armen- verwaltung u. \. w. besonders belasten, besondere Zuschüsse zu den Gemeindeabzaben erhoben werden können.
Die Gemeindekommission beantragt Uebergang zur Tagesordnung. _ Abg. Dr. von C uny (ul.) beantragt Ueberweisung als Material, da im vorigen Jahre eine ähnliche Petition einer anderen Gemeinde au als Material überwiesen worden set.
Das Haus beschließt nah dem Antrag von Cuny.
Abg. von Eynern konstatiert, daß auf seine Anfrage, warum U 0 Weyerbush nicht zur Berathung komme, keine Antwort erfolgt sei.
Bezüglich der Petition des Gemeindevorstandes von Affel, Kreis Kehdingen, Provinz Hannover, betreffend die Vertheilung der
emeindeabgaben, beantragt die Gemeindekommission Uebergang ¡ur Tagesordnung.
Abg. Dr. Hahn (6b. k. P) führt aus, daß die Bauernschaften in Hannover, namentlich im Kreise Kehdingen, niht als Sozietäten, ondern als politishe Gemeinden anzusehen seien. Deshalb müßten die Lasten nah dem Kommunalabgabengeseß vertheilt werden, aber nicht dürf2 der Grundbesiß allein vorweg belastet werden. Die Beamten sollten über die Natur dieser alten deutsch- rechtlihen Verhältnisse aufgeklärt werden. Die Leistungen der Bauernschaften lägen im öffentlichen Interesse. Das Haus habe in einer Resolution vom 9. Mai 1893 die Negierung aufgefordert, das Verhältniß der kommunalen Abgaben der in den Be- ürken politisher Gemeinden bestehenden kleineren kommunalen Körperschaften (Bauernschaften, Dorfschaften) zu den Abgaben der diese Körperschaften in sich schließenden Gemeinden geseßlich zu regeln. Er beantrage, die Petition zur nohmaligen Berathung an le Kommission zurüzuverwetsen. Der Ober-Präsident von Han- Met das Bedürfniß nah einer geseßlihen Regelung leider
en.
s Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr. Brandt erklärt, daß eine ge E Regelung im Sinne der Resolution wegen der
annigfaltigkeit der Sozietätslasten niht mögli sei. Eine Zurü-
eisung an die Kommission habe keinen Zweck.
Abg. Dr. Sattler (nl.) wünscht die urückverweisung an die
Wenn der Uebergang zur Tagesordnung beschlosffen würde, so läge aewiffermaßen darin das Anerkenntniß, daß die Refoluticn rom 9. Mai 1893 nicht aufrechterhalten werden könne. Der Ober-Präsident von Hannover habe niht das Bedürfniß bestritten, sondern nur eine geseßlide Regelung“ für unmöglich erklärt.
Abg. Dr. Hahn hält seinen Vorwurf gegen den Ober-Präsidenten von Hannover aufrecht und meint, daß die Beamten in Hannover nit richtig ausgewählt seien, weil sie häufig nicht genügend über die Verbältnisse der Provinz orientiert seien.
Geheimer Ober - Regierungs - Rath Dr. Brandt mackSt darauf aufmerksam, daß sämmtliche Ober-Präsidenten eine geseßliche Regelung für unmö [ih erflärt hätten. Die Beamten in Hannover seien zum großen Theil geborene Hannoveraner. i
Abg. Dr. Hahn erwidert, daß man sih 1893 bei der Resolution E gewesen sei, daß es si hauvtsählich um Hannover bandle.
as Haus beschließt nach dem Kommissionsantraze den Uebergang r Me Sli (Vors K
g. abiß ozsflßender der Kommission für den Antra Weyerbusch): Der Abg. von Eynerz konstatierte vorhin, daß er D seine Frage wegen der Berathung des Antrags Weyerbus keine Ant- wort erhalten babe. Herr von Eynern \cheint eigenthümliche Ge- danken über die Rehte und Pflichten von Kommissions - Vorsitzenden zu haben. (Ruf: Ist das alles?)
Schluß des Blattes.)
Nr. 25 der „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Ge- fundheitsamts* vom 23. Juni hat folgenden Inhalt: Gesund- beitsftand und Gang der Volkskrankheiten. — Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. — Erkrankungen und Todesfälle im italienishen Heere, 1895. — Aus dem 27. Jahresberihte des staatlichen Gesundheits- amtes von Massachusetts. — Gesetzgebung u. |. w. (Deutsches Reich.) Butter, Käse, Schmalz und Erfaßzmittel. — (Preußen. Reg.-Bez. Gumbinnen.) Schweineseuchen. — (Reg.-Bez. Merseburg.) Gehirn- Rückenmarksentzündung der Pferde. — Maul und Klauenseuche. — (Württemberg.) Sublimatpastillen. — (Mecklenburg-Schwerin.) Milch. (Italien.) Luxu: weine. — (Frankreih.) Butter und Margarine. — (Belgien.) Markierung des Rindviets. — Kontrolbeamte. — Thier- ärztlihe Prüfung. — Tuberkulöses Rindvieh. — Gang der Thierseuchen in Großbritannien, 1895. — Desgl. in den Niederlanden, 1897. I. Vierteljahr. — Maßregeln gegen Thierseuchen. (Deutsches Reich, Preuß. Reg.-Bez. Danzig, Desterreih, Schweiz, Scweden, Egypten, Straits Settlements.) — Vermischtes. (Schweiz.) Jahresbericht des Stadtchemikers von Zürich, 1895. — (Niederlande, Utrecht.) Impfstoffgewinnungs-Anstalt, 1895. — Geschenkliste. — Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Ein- wohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Er- krankungen in Krankenhäufern deutsher Großstädte. — Desgl. in deutsWen Stadt- und Landbezirken. — Witterung. — Grundwasser- stand und Bodenwärme in Berlin und München, Mai. — Beilage: Gerichtlihe Entscheidungen auf dem Gebiete der fentlihen Gesund- heitspflege (Beseitigung von Abfallstoffen).
Arbeiterbewegung.
Aus Nordshleswig wird dem „Vorw.* gemeldet, daß sämmt- lihe Grdarbeiter an der Grenzbahn Kolding-Egtved die Arbeit eingestellt haken, um eine Verkürzung der Arbeitêzeit von 11 auf 10 Stunden zu erreiGen. Der Unternehmer will die Forderung nicht bew:lligen.
Aus Leipzig meldet die „Lpz. Ztg.", daß sich die Innung ge- prüfter Maurer- und Zimmermeister in Leipzig und Um- gegend in einer am Dienstag abgehaltenen Sitzung mit dem dort herrschenden Ausstande der Maurer (vgl. Nr. 141 d. Bl.) beschäftigte und beschloß, an dem ablehnenden Verhalten gegen die Forde- rungen der Gefellen unbedingt festzuhalten. Ob die Arbeitgeber Arbeiter nach den vor dem Ausstand gezahlten Löhnen und fonstigen Bedingungen wieder einstellen wollen, soll ihnen freigestellt bleiben. Uebrigens wurde tarauf hingewiesen, daß, wie mittels Ausgabe von Fragebogen ermittelt worden if, ein sehr hoher Prozentsaß der vor Beginn des Ausftandes bei den JInnungsmeiitern beshäftigten ca. 1400 Maurer — über 500 — zu den alten Bedingungen weiter arbeitet und daß bereits viele Gesellen am Montag und Dienstag zu den gleichen Bedingungen um Arbeit nachgefragt hzben. — Auch die Zimmerer haben, dcmselben Blatte zufolge, nunmehr Stellung zum Ausftande genommen. Am Dienstag Abend fand eine von über 600 Personen besuhte Versammlung statt, in welher die Sachlage besprochen wurde. Es wurde in einer Refolution beschlossen, den Maurern beizustehen, jedoch nicht in den Ausstand einzutreten. Gleich- zeitig wurde der Eintritt der Bauhandarbeiter in den Auéstand scharf verurtheilt. :
In Altenburg ist, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, nach
ahtwöchiger Dauer der Ausstand der dortigen Maurer (vgl. Nr. 106 d. Bl.) für beendet erklärt worden. In Ungarn ist, wie die „Nat.-Ztg.*“ mittheilt, der lange drobende Ausftand der Feldarbeiter nunmehr ausgebrohen. Im Allmaser - Bezirk stellten sie die Arbeit ein und lösten die Ernte- verträge. Mehrere fozialistis{e Agitatoren rourden verhaftct. Militär ist zur Aufrehterhaltung der Ordnung nach dem Ausstandsgebiet ab- gegangen. Au© aus anderen Bezirken werden Arbeitseinstellungen gc- meldet. Im Ganzen wird die Zahl der feiernden Arbeiter auf 20C0 angegeben.
Literatur.
Der vortreffliße Kommentar zur Gewerbeordnung für das Deutsche Reich von dem bayerishen Staats-Minister des Innern, für Kirchen- und Schulangelegenheiten Dr. Robert von Landmann (Verlag von C. H. Beck in München) schreitet, unbeirrt dur) die dem Reichstage vorgelegten erneuten Abänderungs- vorschläge, in der neuen, dritten Auflage rüftig vorwärts. Bereits liegt der erste Band, der die ersten sechs Titel (bis § 104 0) enthält, vollendet vor, und der zweite Band foll binnen kurzem folgen. Die Neubearbeitung durch den Bezirksamts-Assessor Dr. Gustav Rohmer hat die Grundlage des Werkes nicht berührt, sondern sich darauf be- shränkt, den durch Geseßgebung, Literatur und Nechtsprechung hin- zugetretenen Stoff in der neuen Auflage dem Geist und der Methode des Werkes entsprehend zu verarbeiten. Dies is dem Verfasser durchaus gelungen. Die neue Auflage steht völlig auf der Höhe der früheren und wird von keinem Juristen, der Zweifelsfragen aus dem Gebiete des Gewerberechts zu entsheiten hat, unbeachtet bleiben können. __— Die Befugniß der Jagdberechtigten zur Tödtung fremder Hunde und Katen in Preußen. Von Dr. J. Schu- macher, Amtsrichter und Professor an der landwirthschaftlihen Akademie Poppelsdorf. Zweite Auflage. Berlin, Verlag von Julius Springer. Preis 1,20 A — Der dur seine Arbeiten auf dem Gebiete des Jagdrehts bekannte Verfasser behandelt in dieser Schrift nach Vorausshickung allgemeiner Grundsätze über die im Titel genannte Materie in systematisher Darstellung zunächst die Be- stimmungen der älteren Jagdgeseße im Gebiete des preußischen Land- recchts und in der Rheinprovinz, dann die Vorschriften des Fre Gen Landrechts, des gemeinen Rechts, das im rheiuishen Rehtsgebiete in Ermangelung älterer Jagdgeseße zur Anwendung kommende Recht, die Bestimmungen speziell über die Tödtung von Katen, die Folgen der unerlaubten Tödtung und zum Schluß noch einige Fragen, die mit dem Tödtungsrecht in engem Zusammenhange stehen. Jäger und por werdén auf diesem vielfach von irrigen Anschauungen be- errshten Gebiet in dem Büchlein einen praktischen und juverlüsfigen
Kommission oder die Absezung der Petition von der Tagesordnung.
_… — Amt und Pflichten des Waisenraths, nach den gesey- lien Bestimmungen unter Berücksichtigung des Gesetzes n 13. März 1878, betreffend die Unterbringung verwahrloster Kinder, und der hierzu ergangenen Minifterial-Erlafe ausführlich dargestellt von Kotterba, Pastor in Prittisch, Waisenrath und Synodal- vertreter für innere Mission. 56 Seiten. Verlag ‘von Fr. Richter in ug: — Leitfaden für preußishe Waisenräthe von I. Weifweiler, Amtsrichter. Zweite Auflage. 46 Seiten. Verlag von Karl Meyer (Gustav Prior) in Hannover. Preis 80 4, — Das eine wie das andere Büchlein entkält eine Zusammenstellung und note Erläuterung der für die Waifenrätke wichtigen orshriften. Im Interesse der Bevormundeten, für deren Wohl die Fürsorge des Waisenrathes von größter Bedeutung is, kann man diesen beiden fl-inen Schriften nur die wciteste Verbreitung wünschen.
Land- und Forftwirthschaft. Saatenstand in Ungarn.
Nach den bei dem ungarishen Ackerbau-Ministerium eingelaufenen Berichten war, wie der „Wiener Ztg.“ gemeldet wird, der Saatenstand am 15. d. M. folgender: Nach den wochenlang, in einzelnen Gegenden monate!ang dauernden Regengüfsen hat sid nach dem 10. Juni das Wetter günstiger gestaltet. Es wurde wärmer und trockener. Doch war es, da die Entwickelung der An- pflanzungen großentheils bereits vorüber war, für dieselben schon zu spät, und es haben sich die Rückfälle, welke sich in den ver- flofsenen Wochen zgigten, nur zum theil ausgeglihen. In denjenigen Gegenden, welche von Gefahr bedroht waren, läßt derjenige Theil, welher sch als lebenskräftig erwies, ein erträglihes Resultat erhoffen. Die übergroßen Niederschläge baben viel Schaden verursacht, theils weil durch dieselben Rost entstand, theils dur die zu große Nässe. Und so sind die diesjährigen Ernte- Aussichten weder betreffs des Winter-, noch des Sommeranbaues so, daß sie den an sie geknüpften Erwartungen entsprechen, namentli in einem großen Theil des Alföld, wo die Hauptzerealien meist in Wintergetreide bestehen. Die Aehren des Getreides sind an mehreren Stellen kleiner als gewöhnli. Dies is überhaupt beim Weizen, theilweise beim MNoggen und auch bei der Gerste der Fall. Hafer zeigt si{ genügend gut. Das stürmische Wetter und der Regen am 17., 18. und 19. d. M., dazwischen Hagel und Sturm, namentli in den westlihen Theilen des Landes, baben aber- mals größere Schäden angerihtet. Troßdem kann vom Hafer gesagt werden, daß er gute mittlere Ernte liefern wird. Der Nost hat die Aehren des Weizens an vielen Stellen vernichtet; die Mutterähren find aber meistentheils unversehrt, obschon auch diese vom Rost stellen- weise geschädigt sind, überhaupt dort, wo zu viel Niedershläge waren, und dort, wo sih die Saaten gelegt haben. Solche Saaten giebt es vorzüglich im Alföld, wo daher ein bedeutender Theil des Getreides von s{chwächerer Qualität und geringerem Gewicht sein wird als im vergangenem Jahre. Dasselbe if auch der Fall mit der Quantität, indem die Aussichten im Alföld kaum mittlere sind. Am besten steht der Weizenanbau noh jenseits der Donau, wo eine Mittel- und Gut- mittel-Ernte zu erhoffen ist. Roggen steht etwas günstiger, ob- ¡war auch dieser gleih dem Weizen rückfällig wurde. Gerste wurde nur stellenweise vcm Rost angegriffen, aber desto größeren Schaden verursahten Regen und Grundwasser. Dasselbe kann auch von Hafer und Mais konstatiert werden, von welch leyterem das angebaute Areal bedeutend geringer is als im Vor- jahre. Das zur Ernte gelangende Weizenarcal wird auf höchstens 5 200 000 Katastraljod gesckäßt. Wenn nun die ungünstigeu Zustände bei der Entwickelung, Rost, stellenweise Hagel, große Regen- güsse und Nebel, in Betracht geiogen weiden, kann der Durchschnitts- ertrag per Joch auf 6 bis 7 Meterzentner, respektive der zu erhof- fende Gefammtertrag auf 34 Millionen Meterzentner verans{lagt werden. Der vorjährige Ertrag betrug 38 Millionen. Das mit Roggen bebaute Areal kann mit 1750 000 Katastraljock, der zu erhoffende Ertrag, 6 bis 74 Meterzentner per Jod, insgesammt mit 12 Millionen Meterzentner verans{Glaat wer- den, gegen 13 Millionen Meterzentner im Vorjahre. Die Qualität ist größtentheils besser, do is auch gedrückier Kern vorhanden. Wintergerste wird jeßt geerntet. Das Resultat im Alföld ift großen- theils zufriedenftellend, stellenweise gut. Bei der Sommergerste ent- wickelt sih jeßt die Aehre; dieselbe leidet durch Rost, Regen und Grundwasser. Das bebaute Areal kann auf 1600000 Katastral- jo geshäßt werden; der zu erhoffende Ertrag, 6 bis 75 Meterzentner per Katastraljioh, wird insgesammt mit 10 bis 11 Millionen Meterzentner veranschlagt, gegenüber 12 Millionen Meterzentner im Vorjahre. Hafer feht in einem großen Theile des Landes genügend gut. Das bebaute Areal kann mit 1 520 000 Katastraljo, der zu erhoffende Ertrag, 6 bis 6} Meter- zentner per Katastraljoh, insgesammt mit 9 bis 10 Millionen Meter- zentner veranschlagt werden, gegen nabe an 11 Millionen Meter- zentner im Vorjahre. Die Rapsernte ist im Zuge. Das Resultat ist sehr verschieden; nach vorgenommenen Probedruschen sind ftellen- weise 2 bis 4, an anderen Orten 4 bis 6 und an manchen sogar 6 bis 10 Meterzentner erzielt worden.
Saatenstand in dem russishen Gouvernement Samara.
Neber die diesjährigen Ernteaussihten in dem Gouvernement Samara gehen uns folgende Nachrichten zu:
Die leßten Wochen haben wenig Günstiges für die Saaten gebracht. Winterroggen hat sih infolge des sehr warmen Frühlings rasch entwickelt, sich aber wenig bestaut, und bei dem NRegenmangel hat er nur s{chwoache Aehren angeseßt. Die allgemeinen Ansichten gehen dahin, daß nur eine Ernte bedeutend „unter Mittel“ zu er- warten ist, und wenn der Regenmangel noch anhält, so kann es leicht eine s{chlechte Ernte geben. Sommersaaten halten sich soweit noch ganz gut, aber der Negenmangel ift {hon sehr empfindli, nur in den Gegenden, in welchen reihliche Gewitterregen gefallen, stehen sie recht gut; dies ist aber niht an vielen Orten der Fall gewesen.
Gras, welches anfangs ein gutes Wachsthum zeigte, ist recht \{chlecht geworden, die Hitze hat sehr geschadet, und dur die Dürre ift schon viel verloren gegangen, sodaß man auf eine s{chlechte Futterernte bereits sicher rehnen kann. In dem südlichen Theil des Gouverne- ments hat die Heuernte bereits begonnen, und wird dieselbe, falls die Dürre anhält, fehr beeilt werden.
Saatenstand in Canada.
Provinz Ontario. Die Herbstsaaten in der Westhälfte der Provinz stehen ziemlich gut, wenngleih fie, infolge der ungewöhnlich kalten und nassen Witterung im Monat Mai und anfangs Juni, bisher weniger weit fortgeschritten sind als im leßten Jahre. Das- selbe gilt von den Frühlingssaaten. Man erwartet bei dem nunmehr eingetretenen sonnigen, warmen Wetter eine Ueberdurchs{hnittsernte in Weizen und Er.
Provinz Manitoba und Nordwest-Territorien. Die Saaten sind dur große Trockenheit und Fröste im Mai und Anfang Juni zurückgehalten. Nach dem neuerlichen Eintritt von Regen erhofft man günstige Ernte. Ergebnisse.
Die Saaten in Quebec sind um einen Monat zurück und stehen dürftig ; auch die Heuernte dieser Provinz und Ontarios dürfte sehr klein ausfallen, während man in Neuschottland und Neubraunshweig eine ziemlih gute Heuernte erwartet.
Getreideernte Kleinasiens.
Ueber die diesjährige Ernte, welche bereits begonnen hat, gehen uns aus Smyrna folgende Nachrichten zu: :
Die Ernte scheint guten Erfolg zu versprehen und wird auf etwa 25 9/0 reichlicher geshägt als im Vorjahre.
Der Gesammtertrag der Zercalien, worunter Hafer, Weizen, Roggen, Gerste, Bohnen, Mais, Hirse und Dari (weister Mais) umfaßt werden, dürfte die Höhe von 300 000 t erreihen, wovon etwa 175 000 t auf Gerste, 87 500 t auf Weizen und 22000 t auf Bohnen entfallen
Rathgeber finden.
er dürften.