1883 / 142 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 20 Jun 1883 18:00:01 GMT) scan diff

L Sire en ep Seveiten: er Präsident des Herrenhauses, Herzog von Ratibor, Ms S Cirkular vom heutigen Tage zu den nächsten Plenar gungen ein: „Die Mitglieder des Herrenhauses beehre ih mi ganz e zu benahrihtigen, daß Plenarsißungen am Dennern, en 28 S und an den folgenden Tagen stattfinden werden. Die Wichligkeit der bevorstehenden Verhandlungen, für welche ih die Herren Vor- senden der Kommissionen gänz ergebenst ersuche, geneigtest dahin orge tragen zu wollen, daß die Berichte über die denselben über- wiesenen Vorlagen rechtzeitig fertig gestellt werden, mat eine zahl- reie Betheiligung an diesen Plenarsißungen ebenso wünschenswerth wie nothwendig.

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gad E A Ua Literatur. ach erts Chroni L tadt Meseriß. (Na r Originalhands{rift herausgegeben von Adolf Warschauer, Herleg S Zeitschrift für Geschichte und Landeskunde der Provinz Posen. Posen 1883.) Soeben ersien ein Buch, dessen Wichtigkeit für die Ge- shichte der Provinz Posen unverkennbar is. Während nämlich die historische Forschung der neueren Zeit \sich mit großer Energie auf die Geschichte der deutschen Städte geworfen hat, wovon die große Menge der in den leßten Jahrzehnten veröffentlihten Städte- chronifen das beste Zeugniß ablegt, wurde die Veegangenheit der großpolni hen Städte ganz außerordentlich vernachlässigt, ja es giebt noch heute nicht unbedeutende Städte im Posenschen, deren Ver- gangenheit eben so_ unbekannt ist wie die irgend einer asiatischen oder asrikanischen Stadt, Außer dem höchs mangelhaften Codex diplomaticus von Wuttke und dem Buche des Lukaszewicz über Posen ist zur großpolnischen Städtegeschichte noch so gut wie nichts geleislet worden, Und doch ist die Vergangenheit der meisten dieser Städte vielleicht eine interessantere als die einer großen Anzahl deutscher. Der deutsche Charakter derselben auf slavischer Erde, ferner das Ueberwiegen des Lutherthums in einem großem Theile derselben mitten in einem der katholis{\ten Länder Europas, endlich das eigenthüm- liche Vorherrschen der jüdischen Bevölkerung geben hier Anlaß zu ganz originellen, nirgend anderswo wiederkehrenden Verhältnissen und Kon- fliflen, deren Darstellung der politishen und der Kulturgeschichte gleiches Interesse bietet. Der Herausgeber der vorliegenden Chronik hat deshalb sehr Ret, wenn er seine Einleitung mit den Worten eröffnet: „Bei der E Vernaclässigung, unter welcher die Geshihie der großpolnishen Städte bis jeßt zu leiden hatte, dürfte die Veröffenilichung der vorliegenden Chronik der ersten, welche überhaupt publizirt wird einer Rechtfertigung niht bedürfen.“ Das Werk ist nach der Ae des Herausgebers eine Art von Familienchronik, welche in der Meserißer Pastorenfamilie Zachert im vorigen Jahrhundert geführt wurde. Angelegt wurde sie von Johannes Zachert, der im Jahre 1705 Diakonus von Meseriß wurde, und dann fortgeführt von dem Sohne desselben, Esaias. Sie beginnt mit der Enistehung von Meseritz und reiht bis zum Jahre 1767. Wenn man ab\ieht von den genauen, mehr den Historiker von Fach inter- essirenden Angaben über die R, der Stadt, über ihre Privi- legien und Recte, über ihre öffentlihen Gebäude, ihre Beamten u. a, so dürfte sie dem Leser noch in dreifacher Hinsicht ein lebhaftes Interesse bei der Lektüre abgewinnen. Es sind zunächst die ver- schiedenen inneren Streitigkeiten theils zwischen dem Magistrat und den Pen Juden und Christen, den Sneo untereinander, oder innerhalb einer einzelnen Zunst zwischen Gesellen und Meistern, theils zwischen der Stadt und dem über sie geseßten Starosten, Besonders die letzteren geben zum Theil Bilder polnischer Zustände, welche in ihrer Art klassish sind. Daß der Starost königliche Privilegien einfach verlacht und dies damit rechtfertigt: er, als Senator, habe nicht nöthig, königliche rivilegien zu respektiren, daß der bevollmächtigte Vertreter dieses Beamten eine Deputation des Magistrats kurzer Hand gefangen nimmt und 24 Stunden in einem Zimmer ohne jeden Stuhl, ohne sonstiges Möbel einsperrt und sie s{ließlich auf die Erde legen und mit dicken Knüppeln durhprügeln läßt, daß er in einer Naht das Haus des Gemeindepfarrers überfällt, um ihn aus dem Bette aufs Schloß ins Gefängniß zu s{hleppen, daß er, auf einem Jagdwagen dur die Stadt fsahrend, mitten unter die Bürger hineinschießt und dabei den Rathsdiener, der lediglich abgeschickt war, die Leute auf der Straße zu berubigen, direkt zu Tode prügeln läßt: das alles sind doch wohl Züge, die dem Leser so recht vor die Seele stellen, was man unter polnischer Anarchie in den lekten Jahr- zehnten des polnischen Reichs verstehen muß, und die zugleich erklären, wie leiht sich jene Städte in die spätere preußische Herrschaft ügten. Eine zweite Reihe von höchst interessanten Thatsachen aus be vorliegenden Chronik sind die Berichte über die Truppendurchzüge und die Vesuche hoher Persönlichkeiten, welche die Bei he Geschichte in hôhsstt anregender Weise mit der allgemeinen Geschichte in Ver- bindung seßen. Man sollte es kaum glauben, welch* hohen Besuch die kleine Stadt von Zeit zu Zeit in ihren Mauern sah; so kamen Karl von Schweden, Peter der Große von Rußland und sein Sohn, der unglücklihe Alexius, der Feldmarschall Monte- cuculi, eine Anzahl polnischer Könige und Königinnen und von Truppendurzügen blieb die Stadt in der Periode der {wedis{- polnischen Kriege kaum ein Jahr verschont. Vielleicht die inter- essantesten Nachrichten der Chronik aber sind die über die Geschichte der Reformation und Gegenreformation in Meseritz. Der große Auf- und Rückgang der reformatorischen Bewegung in Polen wird hier an einzelnen lokalen Beispielen mit seltener Evidenz und Plastik von Zeitgenossen uns vor die Augen gestellt. Kurz zwar sind die Bemerkungen über die Einfü uns „des Lichtes des Evangeliums“, aber ausführlich dann die Erzählung von der Einrichtung der katholischen Pfarrkirhe zum evangeli- {hen Gotteshause und die Schilderung aller Institutionen an denselben ; ie ausführlich und instrufktiv dann ferner die Weg- nahme der Kirche, die I beim Aufbau der neuen, endli vielleicht der Glanzpunkt der Chronik die Buer der Jesuiten in Meseriß. Erst erlangten sie die G sih fundiren zu dürfen von dem Starosten resp. von der Frau desselbea; denn der Staroft Petrus de Binn Opalinski war kein sonderlicher Freund der Jesuiten, ja als er in jenen Tagen Meseris verließ und die Raths- derrn ihm das Geleite gaben, ging er sogar soweit, sie noch aus der Karosse heraus ausdrüdcklich zu warnen: „Kinder, sehet was passiret, und seid behutsam!“ Als aber der Starost starb und die Frau Starostin die Starostei allein hatte, fanden sie keine Schwierigkeit mehr, Wunderbar is cs dann, mit welcher Zähigkeit und Plan- mößigkeit sie den Widerstand der Stadt brachen und endlich auch

einen Ort zur Fundation ihres Kollegiums sih erwarben. Eine Probe des zwar sehr cinfachen, aber behaglien und an- muthenden Stiles zu geben, müssen wir uns versagen.

ir bemerken nur noch, daß außer der orientirenden Einleitung der Chronik eine Anzahl Bemerkungen fowie urkund- licher Beilagen, besonders über die städtische Verfassung, und ein aus- * führlihes Register beigegeben sind. ) Die neue Subhastationsordnung tritt bereits am 1. November d. F, in Kraft. Die von dem Landrichter Dr. jur. Paul ckel zu diesem Gesetz soeben unter dem Titel: „Die Zwangs- vollstreckungsordnung in Immobilien“ herau8gegebene Ze t- ausgabe mit Einleitung, Parallelstellen, Kostengeseb und achregister nas von Franz Vahlen in Berlin, Preis kartonnirt 1 A) bietet ür die Orientirung in dem neuen Geseße und für seine praktische Handhabung ein zuverlässiges Hülfêmittel. In der Einleitung wer- den die Grundzüge des neuen Verfahrens und die wichtigsten Abän- derungen in übersihtliher Weise zusammengefaßt; die den einzelnen Bestimmungen beigegebenen Citate erleihtern das Verständniß und berüdcksichtigen das praktishe Bedürfniß. Ein ausführlihes Sach- register ermöglicht {nelle Orientirung. Land- und Forstwirthschaft. i Im Verlage von M. Heinsius (Spezialität: Literatur über Viehzuht und Mil{hwirthschaft) sind soeben folgende landwirth- schaftliche Broschüren erschienen : :

e ‘Ev DAERe S Königlich ungariscber Landesinspektor für fung dar, wie ungertrenalic S U ee ne S E sorgt wird, S

1) Darf es „Milch E Reiche“ und „Mil für Arme“ ie sogenannten ,Kindermil{ - Anstalten“,

oder mit

reiner überwiegend

mit äl Ge rine gefälschter Milch ver

der Volkswirthschaft zusammen- kann. In Paris Eu 1 1 . In Paris ergab ei Untersuchung der Mil 49% Fälschung, in London 40 %%, R Mei York 33 %/o, in Basel 90 9/0, in Budapest 75 9/6; in Berlin trinkt die Bevölkerung jährli 3—4 Millionen Liter Wasser unter dem Namen Mil und erleidet nach der „Berliner klinischen Wochen- chrift hierdurch einen Schaden über 1 Million Mark, au in Chemniß, S und Dresden haben die Versuche ein ähnliches esultat ergeben. Den ersten bedeutungs- vollen Schritt zux Verbesserung der Milhversorgung der Städte sieht der Verfasser durch die Centralisation des Milch- handels; Verwandlung der kleinen Milchgeschäfte in Aktiengesellschaften und au eine Verschmelzung der kleinen Kinder-Milchanstalten in cine größere Gesellschaft, da e im Stande is, nur den gewöhn- lichen Preis für unverfälshte Milch zu nehmen, während die kleinen Anstalten oft das Doppelte und darüber des marktgängigen Preises sich bezahlen lassen ; und überdies die nothwendige polizeiliche Kontrole Uber die Gesundheit der Kühe und über die Güte der Milch bei kfleinen Stationen sehr {wer zu handhaben ist.

2) Gemeinverständliche Anleitung zur Aufzuht des Rindes; zur Förderung der Rindviehzucht vertaht und den deutschen Land- wirthen gewidmet von J. Fesir, Professor der Thierarzneischule in München, Molkereikonsulent und Wanderlehrer für landwirthschast- liche Thierzuht im Königreih Bayern. Preis 1 4— Nachdem der Verfasser eingehend die Vortheile einer rationellen Rindviehzucht für jede Landwirthschaft besprochen hat, zählt derselbe alle Nachtheile, welche aus dem Ankauf der Kälber und Kühe den Landwirthen er- wachsen, auf, und kommt zu dem Schluß, daß gerade diejenigen Län- der, welche in der Viehwirths{aft Großes geleistet haben, wie England, Dänemark, Schleswig-Holstein, Holland und die Schweiz, stets ihre Kälber selbst aufgezogen und nie fremdes Vieh gekauft haben.

3) Die Kunst des Melkens, eine kurze Instruktion für das Melkpersonal von Bernhard Zielke, Zuchtdirektor und Rinder- importeur, Preis 50 S. Diese sa{lich und in populärer Sprache gehaltene Broschüre ist jedem Kuhbesißer zu empfehlen, Der Ver- fasser vergleicht darin das Euter der Milchkuh mit einer kostbaren Maschine, welche in den meisten-Fällen die Melkerinnen niht zu hand- haben verstehen und dadur den Nußen der mit noch so ge Kapitalaufwand aufgezogenen Mil{klühe vollständig illusorisch machen. In der Broschüre giebt der Verfasser tersbledene Regeln, die beim Melken anzuwenden Inv namentli, daß stets vor der Fütterung gemolken werden muß, und zwar erstens deshalb, weil die Kühe vor- her geruht haben, also sich noch ruhig verhalten'werden, und zweitens, weil das Wiederkäuen dann beendet und die Verdauung durch Nichts gestört wird; ebenso muß zwischen jedem Melken genau die gleiche mei liegen; ob 2 oder 3 Mal gemolken wird, rihtet sich nach den

erhältnissen des Gutes,

4) Ueber präservirte Butter, Vortrag von Prof. Dr. Fleischmann-Naden, gehalten in der Generalversammlung des milhwirth\{chaftlichen Vereins zu Danzig, den 17, März 1883, Preis 40 „s. Nachdem ih im Laufe der leßten Jahrzehnte, namentlih während der leßten 5 Jahre die Produktion von Butter in Deutsch- land, was Menge und Güte anbelangt, merklich gehoben hat, er- scheint es, wie der N in der Broschlire ausführt, als dringend geboten, auf die Verbesserung und Erweiterung des Absahzes für Butter unausgeseßt Bedacht zu nehmen; und die Herstellung von Butter, deren Haltbarkeit die höchsten Anforderungen zu be- friedigen vermag, in ODeutsbland in größerem Maßstabe ins Auge zu fassen, um die deutshen Seeschiffahrts-Gesellschaften, die deutsche Kriegs- und A R mit guter präservirter Butter zu versorgen und fremdländishe Butter vom deutschen Markte zu verdrängen. Unter präservirter Butter versteht man Butter, welche man für den G nach überseeischen Pläßen oder für die Verpro- viantirung von Seeschisffen zum Zweck einer längeren Aufbewahrung besonders auswählt und in lee zu vershließende Weißblechgefäße verpackt., Präservirte Butter ist daher, wie der Verfasser ausführt, vor- züglich gesalzene und bereitete Butter, welce von erfahrenen sachverstän- digen Fachleuten mit Sorgfalt auégewählt wird, und deren Aussehen und Eigenschaften mit etnem hohen Grad von W1hrscheinlichkeit erwarten lassen, daß sie sich unter luftditem Verschluß etwa 2 Jahre lang gut genug fkonservirt, um nah dieser Zeit noch zum direkten Konsum verwendet werden zu können. Bis jetzt is es Dänemark gelungen, Deutschland erhebliche Konkurrenz in pr E Butter zu machen, da fast sämmtliche Pee Butter, die zum Gebrauch der See- \chiffe gebraucht wird, sowohl in der deutschen, wie auch in der eng- lischen Marine, von Dänemark bezogen wird, Der N E hofft nun, daß dur die von ihm vorgés{lagene sorgfältige Behandlung der Butter Deutschland bald Dänemark erfolgreih Konkurrenz macben, und die dänische präservirte Butter von dem deutschen Markt verdrängen wird.

5) Schuliß-Lupiß undProf. Märkerals Ausleger und Vertheidiger des Lupihßismus, eine Antikritik von Dr. H. Settegast, Geh. Regierungs-Rath und Professor an der landwirthschaftlichen Hochschule in Berlin; Separatabdruck aus der Milcb-Zeitung. Preis 40 „z. Jn zahlreihen Abhandlungen, Schriften und Vorträgen hat, wie den Landwirthen bekannt sein wird, der Gutsbesißer Schultz in Lupiß ein neues System für den deutschen Landwirthschaftsbetrieb aufgestellt und vertheidigt, dem er die erreichte wesentlihe Ertragsfähigkeit seines Landgutes zuschreibt, und dessen weitere Verbreitung er für geeignet hält, dem heutigen Nothstande der Landwirthschaft abzuhelfen, Dem Lupißer Wirth- \cafts\ystem ist nach Angabe des Bee folgende Theorie ju Grunde gelegt; Die landwirthscaftlihen Kulturpflanzen zerfallen in zwei Gruppen, nämlich in Stikstofffresser und Ste Die ersteren bedürfen zu einer vollen Ernte mehr Stickstoff, als sie dem Ader zurückgewähren, die leßteren dagegen häufen einen Vorrath von diesem N im Boden an, der hinreichend ist, den Bedarf der ihnen folgenden Stickstofffresser zu deckden. Zum Zweck des Stickstoffersatzes bea es deshalb weder der Düngung mit Stall- mist oder künstlichem stick|toffhaltigern Dünger, der Ersaß ist vielmehr auf die mineralishen Pflanzennährstoffe mögli zu beschränken, be- sonders Kali ist zu empfehlen. Die Viehzucht ist unrentabel und ein nothwendiges Uebel, sie muß daher nach Möglichkeit beschränkt wer- den. Provozirt dur die Behauptung von Schulß-Lupiß, daß die heutigen Lehrer der Landwirthschaft a der Me tag i und einen vortheilhaften Betrieb s{hädigenden Wirt \{aftswei]e das Wort reden, hat der Verfasser in einer Reihenfolge von Artikeln, die unter dem Titel P G I L Q S4 n der „Deutschen landw. Presse" veröffentliht wurden, und jodann in einem Ss itabbru@ im Ae obere erschienen sind, den Nachweis geführt, daß das Wahre in obiger Theorie nicht neu, das Neue darin aber nit zutreffend ist. Wie der Verfasser in der Broschüre aus- führt, ist das verschiedene Verhalten der T tver einer-, der Flach- wurzler andrerseits gegenüber ihrem Stickstoffbedarf und ihrem An- spruch auf Stickstoffersaß nit neu; nicht neu ist ferner die Forderung enügenden Ersaßzes der mineralischen Pflanznährstoffe, namentlich der hosphorsäure, des Kalkes und des Kali; nicht neu, daß unter den äuflichen Kalisalzen der Kainit eine bevorzugte Stellung beanspruchen darf. Neu, aber falsch is, daß der Verbrauch \tickstoffhaltiger Kaufdünger unter allen Umständen als _verschwenderisch zu erachten sei. Neu, aber fals{ch ist ferner der Saß, daß auch heute

noch und voraussichtlich dauernd die Viehzucht nicht rentire, einen zu

ü liefere, j U clinbete und deshalb in die engsten Schranken gebannt werden müsse; daß dagegen aus ökonomischen und patriotischen Grün- den auf einer ausgedehnten Getreideproduktion das Heil der deutschen

die Verbilligung der landwirthschaftlichen

Landwirthschaft beruhe.

Gewerbe und Handel.

Berliner Wollmarkt, 19. Juni, Abends, Das Waoll- marktsges{chäft, wenn von einem folchen bei der fast vollständigen Ab- neigung zu Abs{lüs}sen die Rede sein kann, zeigte heute Nachmittag ein ausgeprägt tristes Gepräge. Seit unserem Mittagébericht, der gleihfalls wenig erfreulich lautete, sind kaum nennenswerthe Käufe gemacht worden,“ Die im Markt befindlihen Kämmer und Fabrikan- ten schienen mehr der Orientirung halber, um einen Maßstab für die Bu kunftétendenzzu gewinnen, als um geschäftliche Transaktionen zu vollziehen anwesend zu sein, und die ältesten Wollverständigen wissen si nit solcher ausgeprägten Unternehmungsunlust zu entsinnen. Als {ein charafkteristisches Merkmal für die anne der Wollkonsumenten verdient die Eigenthümlichkeit wiedergegeben zu werden, daß die vor- handenen Fabrikanten 2c. sich fer Miran zu einer Phalanx zu- sammen thaten, um eine nachdrüdcklihe Pression auf den Preisstand auszuüben. Sie gingen in sich ablösenden Abtheilungen zu den Inhabern und gäben systematishe_ Gebote ab, von denen sie wußten, daß solche, ihrer gehabten Fühlung gemäß, noch Mere waren, als die von ihren F emachten, um diesen den Ein- kauf h erleihtern. Troß dieser bezeichneten Taktik und der Neigung der Eigner, einigermaßen acceptablen Offerten Ai zu fügen, waren, wie gesagt; MUINE durch das regnerische Wetter, die Abs{lü}e minimal. ir glauben eher zu hoh als zu niedrig gegriffen zu haben, wenn wir nach eindringliher Drientirung annehmen, daß äm Schluß dieses Berichtes, Abends 64 Uhr, erst ein Drittel tes Woll- marktêquantums Unterkommen gefunden hat. Verhältnißmäßig am fauswillig#en waren die Spremberger Fabrikanten, aber auch diese zeigten sich in der Auswahl sehr penibel und erwarben nur solche Wollen, deren Güte und Ausgiebigkeit sie in früheren Jahren erprobt hatten. Ne Gattungen waren noch einigermaßen von der Baisseströmung verschont und brachten fast durchweg vor- jährige Preise, während dem Gros der ferner zögernd gekauften Qualitäten Notirungen zu Grunde lagen, welhe die von 1882

um ca, 6 M unterstanden. Die feinsten Dominialwollen waren, wie wir mittheilten, \{chon Vormittags zu 61 bis 66 Thlr. begeben, mit Ausnahme eines Postens, für

den 68 Thlr. gefordert, aber nur 64 Thlr. geboten wurden, Gute, leichte Tuchwollen brachten 56 bis 58 Thlr,, während der Werth der Mes Tuch- und Stoffwollen si bis 53 Thlr. herab S uf den Stadtlägern spielten sh ähnlie Verhältnisse ab. Es fehlte positiv an genügender Käuferzahl, und die Anwesenden ließen es \sih daher angelegen sein, ihre dominirende Stellung nah Möglichkeit auszubeuten, Während an den Vortagen bevorzugte bessere Wollen ungefähr die Vorjahrspreise erreihten, is heute von dem noch sehr wenig verkauften Gros der Läger cin ih bis auf 6 A hbe- ziffernder Preisabschlag egen das Vorjahr zu konstatiren. Selbst ganz gut behandelte Wollen blieben unberücksichtigt und man hielt es niht der Mühe werth, auf dieselben überhaupt cin Gebot abzugeben, obgleich man weiß, daß Eigner gern verkaufen möchten, Die Thätigkeit der Käufer beschränkte sich auch Nachmittag, wenn wir uns so ausdrücken dürfen, auf eine Blumenlese, Nennenswerthe Ab- \{lüsse fehlten, Stammwollen A, A, bester Behandlung erzielten 57 bis 58 Thlr., gute Stoffwollen zweite Hälfte der 50er Thlr, Man erwartet, daß im Juli und August Wollreflektanten die grenere Trockenheit der Wollen zu belangreicheren Einkäufen benußen werden, %0, Junt, Mittags, Das gesammte, auf den Stadtlägern und dem Wollmarkte befindliche Quantum betrug, wie nunmehr fts steht, 93 600 Ctr., doch sind in demselben ca. 8000 Ctr. überseeische und ca, 16000 Ctr. ungewaschene Wollen, welche leßteren 25 bis 280/) von Rückenwäschen ergeben, enthalten. Ferner dürfte

dieses Quantum ca. 1000 Ctr, gans geringe Waare um- fassen, die im Wollverkehr garnicht in Betracht kommt. Zieht man diese Qualitäten in Betraht, so dürfte

das eigentlich maßgebende Wollquantum sich von 93 600 Ctr, auf gegen 73000 Ctr. deutswer Nückenwäschen reduziren und dami unsere urs anae Taxe decken, Nach T unseres leßten Be- rihts wurden in aller Stille noch einige größere Abschlüsse perfekt, die das auf dem Wollmarkte verkaufte Quantum auf ca, 11000 Ctr., gegen 4a der Anfuhren, hoben, Auf dem Markte behielt auch heute das Geschäft seinen traurigen Charakter, Die wenigen L d die erschienen waren, gingen mit ihren Geboten 1 bis 3 Thlr. unter die Goa zurü, fanden aber damit nur wenig Entgegenkommen, so daß das gesammte begebene Quantum sich bis 11 Uhr auf etwa 13 000 Ctr. bezifferte, yon denen ein gutes Theil in den Besiß von Händlern über- ging. Lektere {ienen nämlich den U für gekommen zu hal- ten, die aae Stimmung der Eigner zu Einkäufen zu benußen und erwarben auch mehrere größere, ihnen preiswerth erscheinende Die Die ca, 4000 Ctr., die noch ihrer Begebung harren, werden, oweit sie bis dahin keinen Nehmer gelnnoen haben, Nachmittags auf Stadtläger gehen, so daß damit der eigentliche Wollmarkt als beendet ersheint. Die in demselben angelegten Preise stellten sich, wie folgt: feinste Dominialwollen 60 bis 63, vereinzelt 64/66, mittlere und gute Tuch- und Stoffwollen 63—57, vereinzelt 584, ordinäre Wollen 40 —46, Schmußwollen, die in einzelnen Parthien vorhanden waren, 20—23 Thlr. pr. Ctr, Bemerken wollen wir, daß bis zum Schluß gutbehandelte Wollen O U GU O ES jährigem Stand erhielten, so erzielten die {ließli noch verkauften Wollen von Horst, Blankensee, Neudorf, Zernikow und Gr. Koelpin dasselbe, wie in 1882, Auf den Stadtlägern blieb die Käuferzahl eine ge- ringe. Besonders gute Sachen wurden von den Eignern auf dem vor- jährigen Preisstand gehalten, und ift zu solbem auch etwas mehr verkauft worden, Bei Dur@(schnittsqualität und Behandlung waren Eigner ju weiteren Preiskonzessionen geneigt und ermöglihten hierdurch einige Ab- \{lü}e. Während die Fabrikanten nach wie vor in auffälliger Weise dem Geschäft jl fern blieben, entwickelte eine große Ee Spinnerei umsangreichere Thätigkeit. Sie beachtete bessere vor- pommershe Wollen und soll für folhe 58 Thlr. O legt haben. Auch ein Thüringer Spinner hat angebli Mehreres erworben. Die von dieser Seite den Lägern ent- nommenen Posten wurden geheim gehalten, doch glauben wir folgern zu N daß die i Abs{lüsse kaum halb \o groß waren wie im Vorjahre. Bessere Qualitäten von Kamm- wollen kräftiger Daran dürften nah wie vor zu leßten Woll- marktpreisen zu begeben sein. Es tritt jet {on aber zur Evidenz hervor, daß Händler große Summen Geldes verloren haben und kaum zu er- warten ist, daß diese Verluste bald wieder eingebraht werden.

(Berl. Pol. Nachr.) Das italienishe Handels-Ministerium veröffentlicht sehr günstig lautende Berichte über den muthmaßlichen Ausfall der heurigen italienishen Seidenernte. Dieselbe dürfte dana so ergiebig werden, daß Italien in der Lage ist, einen Theil seiner Kokons an das Ausland abgeben zu können. Es fällt diese Möglichkeit um deswillen ins Gewicht, weil die Eventualität kriegerischer Verwickelungen zwischen Frankrei und China E in allen kaufmännischen Spekulationen eine bedeutende Rolle spielt und die europäischen Seidenmärkte in diesem Falle an China kaum eine sonderli leistungsfähige Bezugsquelle ihres Rohmaterials haben dürften, um so Ene da die Seidenvorräthe in den chinesiscen

äfen fast {on gänzli ecs{chöpft und dieselben daher auf die Ju uhren aus dem Innern des Reiches angewiesen sind. Jndeß wird aus Yokohama gemeldet, daß auch Japan heuer eine ergiebige ernte zu gewärtigen hat.

Breslau, 19. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Ver- waltungsrathssißzung der Breslau-Scbweidniß-Freiburger Eisenbahngesellschaft wurde die Verstaatlihungsofferte nebst dem Vertrage vorgelegt und nach eingehender Erörterung und An- höôörung des Direktoriums einstimmig angenommen. Hierauf wurden in Gemäßheit der ministeriellen Verfügung als Kommissare zur defi- nitiven Feststellung des Vertrages mit der Staatsregierung vom Ver- waltungêsrath die Direktionsmitglieder Dr. Glauer, Bankier Leder- mann und Kommerzien-Rath Molinari erwählt, die demnächst mit den M r Ote in Berlin den definitiven Ueberlafungs- vertrag abs{ließen sollen, damit solher der einzuberufenden General»

eiden-

versammlung zur Beschlußfassung unterbreitet werden kann.