1919 / 231 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 09 Oct 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Wohlfahrtswflege. , T gus den Otenann bes Gegenwart gereWtwerdenden, T N frau BE nrn E i ¿e ! zuverlässig beratenden Führer bei der Beruf8wahl des herar- Der deutshe Voltshausbund E. V. und die Soziale Arbeits- | wachsenden Frauengeschlechts* hat es bisher gefehlt. Diese Lüde

oinschaft Berlin erlafsen folgenden von zahlreiGen nambafte j Î tnscchaft Berlin erlafsen 1ende ] reien rambaften * Not ; (Sit a t ersônlihteiten des öffentlichen Lebens mitunterzeiGßneien A ufrvf ! wird in danfenswerter Weise von einer Schrift ausgefüllt, die

ür ein Volkshaus in Berlin-O#f:

Nie ist unserem Volke die Notwendigkeit einer klassenversöhnenden Arbeit deutliher vor Augen geführt worden als in diesen Tagen !

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Schon mehrere Jahre vor dem Kriege hatten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Sozialen Arbeits8gemeinshaft Berlin. Oft in dem Viertel am Schlesisen Bahnhof Wohnung genommen, um in allem das Leben der dort wohnenden Bevölkerung zu teilen und

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insbesondere das Vertrauen threr Nachbarn gus dem Arbeiterstande ¿u gewinnen. Zu unserer Freude ist uns das in weitgehendem Maße gel . Unter den ‘von uns aufgenommenen Arbeitsgebieten tft besonders die in engster Fühlung mit den Eltern erfolgerde j Abgeselen von

nderten von Jugendlichen, die uns als Schußbefohlene nahestehen, aben sih über zwanzig JZugendklubs gebildet, die eine freie Jugend- [ Die Arbeit hat jedoch bisher‘ unter einem [weren Mangel geliiten: es fehlten ihr die geeigneten Räumlich- feiten. In acht verschiedenen Wohnungen der Fruchtstraße befinden / ume und die weiblichen 0e der Arbeit; in einem alten Hause am ODstbahnhof ist die De 1 C8 fehlen uns nit nur größere Ver- jammlungsräume, sondern au die vorhandenen kleinen Räume find in ihrer Art and Ausstattung für volfserzieherishe Zwede völlig un- __So planten wix schon vor dem Kriege den Bau eines Bolkshauses, das alle Zweige der Arbeit in sich aufnehmen sollte. l Jeyt aber ist keine Zeit mehr zu verlieren, zumal das Yaus neben den Versamm- lungs- und Geschäftsräumen des Vorderhauses in den Querhäusern

gelungen.

Zugendarbeit zu großem Umfang angewa(hfen. bewegung darstellen.

sich die Mietsräume für die - Geschäftsstelle

ännerarbeit untergebrat.

geetgnet.

Der Krieg verhinderte die Fortführung des Planes.

au Kleinwohnungen für Arbeiter und Studenten ent- halten foll, die sofort gebraucht werden. Wir wollen in dieser Weise zugleich der Stadt, an deren innerem Aufbau wir mitarbeiten, einen Dienst bei dem geplanten

Neuaufbau leisten. Diejenigen, die an erster Stelle zu der Ermöglicßkung des Baues beigetragen haben, sind die Mitarbeiter von Berlin Dít, D Manche Gefallene haben Löhnung und Sehalt, manche Gefallene ihren Nachlaß für das Volkshaus Berlin-Dst gegeben. So ist uns das Haus feit der ersten folien Gabe im Frühjahr 1915 ein GErinnerungsdenkmal derer geworden, die für Leben und Elnigkeit des deutschen Volkes in den Tod gegangen sind. Nachdem wir so im engsten Kreise unserer Mitarteiter und Freunde den Grund des Volkshauses gelegt haben, treten wir jeßt gemeinsam mit dem deutschen Volkshausbund an einen weiteren Kreis unseres Volkes heran mit der herzlichen Bitte, uns zu helfen. Viele baben in den leßten Monaten den Glauben an das deutsGe Volk verloren; durch das gemeinsame Werk des Wiederautbaus wollen wir

die im Felde gestanden baben.

ihn für einander neu gewinnemw

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs&e- j maßregeln. in Bean über den Stand von Viehseuchen in Deutsh-ODesterreih am 24. September 1919. (Auszug aus den amtlicen Wochenausweisen.)

S Schioeine- | Rotlauf D “08 Rlauen- (Sdwetne- der -- seude sou%e) [Schweine D L Z i, S Z ava Zahl der verseuchten (8 4 t z e as Lx) W V 2 EeIE 2E L212 & T I O r Q x D rc B E: S2 E ¡j Wp E d S e) f S |S| [S |S S F I 4D G S T0 10 | | 1 | 1*NiederösterrelY .... .| 1/1 —| —| 5 5/18] 24 2 2 r sas TON M E 9) j j 12! i4 3 3 » 0.0 0:0 2 2 3 T 16} 30 36/ T2 d 4 o 004 L 2 MEAE 17 27 511 Dherdösterrel ..««. [———| 3 or Al 6 613 5 o P A 8 7 3 r 0.0.0 0.9 E der 13 ö E E 8| i C 124 177 —| 9 | 1 Steiermark... l Bl T 69 44 12 10 F 9 z a C sl t 1 0 & R ¿ oe ooo ll 1 1j 1/14 29 B A4 P E 13 ú v 99ck 00.0 d E |— _— | S Es BRN 3 6 16 1 Tirol 09,0 80-0. 0.0 0.09 0% T E T 36 au R 1. Aua G 17 2 s e eo. 900000 E 1 2 ME E E E 18 3 v 0-0/0 .0.0:40: 00:0 0 0 U B 8 0d A U IEE d a ¿0 Vorarlberg a fans T 4 Bi l wll

9 l Die pertodishe Nachweisung über den Stand von Viehfeucßen ist für Ungarn seit dem 23. Juli und für Kroatien-Slavonien seit dem 17. Jult 1918 in der bisberigen Ausfertigung ungarisch-deutsch =— nit eingegangen, ebenso fehlen die Angaben für die übrigen bster- reichishen Länder, Zusammen Gemeinden (Gehöfte):

Rog 3 (3), Maul- und Klauenscuche 95 (616), 2 chwetnepest (S@weineseucje) 57 (110), Rotlauf der Shweine 122 (212),

Lunger.seuche des NMindvich8s, Pokenseuche der Sthafe und Beschäl- seuße der Zuchtpferde find nicht aufgetreten.

Literatur.

=— Der Professor Dr. L. Günther Gfeßen, der bercits im Kahre 1905 eine kleine Schrift über „Das Notroelsh des deutschen

Gauners“ (Straßburg i. Els. bei K. J. Trübuer) herausgegeben hat |

und seither dieses kuliur- und swgachgesGichtlich fefselnde Stoffgebiet in einer Reihe von Aufsäßen undEiseluntersuhungen weiter bearbeitete, hat die bisherigen Ergebnisse seiner Forschungen nunmehr in einer Schrift „Die deutsheGaunersyrache undverwandte Geheim- und Berufssprachen zusammengefaßt (Verlog von Quelle und

Meyer in Leipzia ; geh. §8 S, geb. 9 1). Die Schrift verdient nit |

nuc die Antetlnahme des Forschers, sie dürfte vielmehr auch weitere Kreise des Laienpublikums interessieren. In dieser Voraussicht hat der Verfasser bei aller wissenshaftlicen Genauigkeit do) darauf Verzicht geleistet, fic mitt baten Quellen- und Literaturangaben zu allen

Emnzelheiten zu beshweren. Die wichtigste Spezialliteratur findet der

Leser in Fußnoten und in besonderen Zujammenstellungen. Der Ln: Sioff ist in vier ®auptabschnilte gegliedert: Deutsche Gaunersprache und verwandte Gebveimsprachen, die sogenannte Kundensprache (Land- streichersprae), die Scharfrichtersprahe und die deutsde Gemein- sprache (mit Berücksichtigung der Gehcim- und Berufsjprachen). Mit großer Sachkenntuis und Gründlichkeit hat der Verfasser den Sprach- ¡Gag der Ausgestoßenen ‘der Gesellschaft und der „uneßrlicen Leute“, ebenso aber den der einzelnenStandes- und Berufsgruppen gesammelt und im \prach- und kulturgeshicchtlißem Zusammenhang dargestellt. Der EntwiElungsgang ist bis in die Gegenwart verfolgt, die namentlich eine Bereicherung der Soldaten) prache im Weltkrieg zeitigte. Sorg- fältige, der Schrift angehängte Wörterverzeichnifie exhöhen deren Wert. PVêit der Bearbeitung cincs vollständigen Wörterbuchs der Geheimsprachen ist Professor Dr. Günther beschäftigt

der Tirekior des städiishen Lozcums mit Frauenas{Gule in Quedlinburg Dr. phil. Arnold Knoke unter dem Titel , Was f\oll unsere Tochter werden?“ hberaus- aegeben hat. (Verlag yon Quelle und Meyer in Leipzig. Geh. 3 4, geb. 4 4.) Von den bestehenden Schulformen ausgehend, bietet die Strift einen Einblick in die Berechtigungen, die an die Abso!vierung fämtlicier Arten von Mädlenshulen in Deutschland geknüpft sind. Das Buch sei Eltern und berufssuzerden jungen Mädchen empfohlen.

In cinem neuers{ienenen Heft der „Deutschkundlichen Bücherei“ hat der Professor an der Üniversität in Freiburg i. B. Dr. Friedrich Kluge das Hildebrandslied, das Lud- wigslied und die Merseburgér Zauberspradche heraus- gegeben, überseßt und erläutert. (Verlag von Quelle und Meyer in Leipztg, # 1,40.) Wer diese wichtigsten Reste urseres ältesten Schrijt!ums gründlih fennen lernen will, findet in vieser muster- gültigen Ausgabe alles z¿usanimergefaßt, was die Tersouns für das Verständnis dieser altdeutshen Dichtungen beigebraht hat.

Verkehrswesen.

Zeppelin -Schwedenfahrt mit Funktelegraphie. Für die am 8. Oïiober erfolgte Fahrt des Zeppelin-Luftschiffes „Bodensee“ nah Schweden ist vom Reichsposiminisiecium eine ununterbrochene funkltelegraphishe Verbindung eingerichtet worden. Die deutsche Fun?station Staaken bei Berlin und die shwedishe Funkftation Waxholm standen im funktelegraphi- schen Verkehr untereinander sowie mit dem Luftschiff, um ale wichtigen Nachrichten über die Schiffsbewegung sowie Weitermeldungen usw. sowohl mit dem Staxt- und Landungsplay als mit dem Luftschiff selbst auszutausck@en und so die Sichecheit des Luftschifies und der Fahrçgäste ganz wesenili zu erhöhen. Blich

C U S I A N 62 P ZAE P S E N Ae E A.

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je „Bodenjee“ hatie bis einschlie zur Höhe vor Bocnholm Verbindung wit Deutschland; schon einige Zeil vorher haite sie au schon die Signale von Schweden erhalten, sodaß ihre funktelegraphisGe Verbindung keinen Augenblick aussegzte.

Das Lufischif} war auch mit Einrichiung für drahtlosen Fernsprecher mit einer Reichwweite bis zu 200 km versehen.

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* Funkverkehr mit dem Auslande. Nachdem das Reichspostminisierium den Funkverkehz mit Amerika und Spanien so erweitert hat, doß Telegramme nah diesen Ländern' bei cen Postämtern aufgeliefert werden können, if jegt auch ein Versuchsverkehr mit Schweden und der Schweiz ausgenommen worden,

Nach der französischen Zone der besezten Nheingebiete (ausgenommen Elsaß-Lothringen und das Brückenkopfgebiet von Kehl) t der Versand von: DrulscWrifben, Zeitungen, Zeitshriften, Broschüren und Büctern mit der Post aus dem unbeseßten Deutschland jet wie folgt geregelt.

Es find zugelafsen: 9a. ges{chäftlihe Drucksachensendungen (Kataloge, Preisverzcihnisse, Tarise) allgemein; b. - Zeitungen, Zeitschriften, Broshüren lind Bücher als Drucksachen- undals Postpakfetsendungen lediglich an Buchs händler, An Do u L Un Lar und Zeitungs- agenturen, Von jeder Nummer der auf dieje Weise ein- geführten Zeitungen, Zeitschriften und Broschüren haben die Ver- leger ein Stük an den Geveralstab der 10. Armee (Prefsebüro) in Mainz einzusenden. Die Vorschrift, wonach ücher- usw. Sendungen für Buchhändler in der franzöfishen Zone an den Bürgermeistec thres Wohnorts gerihtet werden müssen, fällt weg. Von anderen Empfängern als Buchhändkern, Bahnhofsbuhändlern uud Zeitungsagenturen dürfen die Gegen- stände unter b. unmittelbar in Postsendungen nicht bezogen werden. / Im Postbezugêwege sind Zeitungen und Zeitschriften zur Einführung in die franzöfische Besaßungszone nur mit ausdrücklicher Genehmigung der franzöfischen Bejaßungsbehörden erlaubt. (Anträge der Verleger | find an den Generalstab der 10. Armee (Prefsebüro) in Mainz zu j rihten) Die bereits erteilten Genehmigungen gelten noch, jevoch un- | Ne etwaigen Widecrufs dur die fcanzösishen Besazungs-

behörden.

Der Prtivattelegrammverkehr mit dem von den Pplen Vesebren Preußtschen. Gebiet it wieder zu- gelassen. Die Aunahme der Telegramme geschiehi auf Gefahr des

Absenders und bis auf weiteres zu den innerdeutschen Gebühren.

Nr. 81 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium. der öffentli®en Arbeiten am 4. Dk- tober 1919, hat folgenden Inhalt: Amiliches: Loe es, Nichtamtliches: Die neuen Kasernen in Karlowitz bei Breslau. Luftshroaubeuantrieb für Wasserfahrzeuge. -— Vermischtes: Er- aänzung ¿zum Entwurf des Neichshaushalts# für 1919. Zweiter Nachtrag zum preußtschen Staatshaushalt für 1919, Bücherschau.

—“ gter und Musik,

Im Opern: 2 wird morgen, Freitag, „Fidelio* mit den Daumen Wildbrurn, &cx und den Herren Kirchner, Stock, van de Sande und Philipp tu ven Hauptrollen aufgeführt. Dirigent ist der Kapellmeister Otio Uack. Anfang 7/5 Uhr.

Im Schauspielhause wird morgen „Egmont“, mit den Damen Neff, Conrad und den Herren de Vogt, Sommerstorff, von Ledebur, Vesyermann, Boeticher, Keppler, Eichholz, Eggeling, Winter und Pohl beseßt, aufgeführt. Spielleiter ist Dr. Rein- hard Bruck. Anfang 6F Uhr. Ein Kartenverkauf findet hierzu nicht statt, da über sämtlicze Plätze bereits verfügt ift. ; In der am 14. d. M. stattfindenden Neueinstudierung von „Maria Stuart“ find die Damen Lucie Höflih, Agnes Straub und Martha Hartmann fowie die Herren Karl Clewing, Fritz î Kortner, Vrthur Kraußieck, Hermann Leffler, Albert Pairy und i Waltex Werner beschäftigt. Spielleiter ist Dr. Reinhard Bru.

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Maunigfaltiges.

Gestern mittag verübte der aus Oesterrei stammende Leder- arbeiter Voß auf den AbgeordnetenHaafeeinenNevolvers- anschlag. Der Attentäter wurde verhaftet. Aus seiner Ver-

aué perjönlihen Beweggrünken gehandelt hat; er scheint an Queru- lanten- und Verfolgungsroahn zu leiden. Die ärztliche Unter- suchung des Abgeordneten Haase exab, wie ,„W. T. B.“ mitteilt, am reten Bein einen Dur%s{uß des Unterschenkels sowie einen Ste- {uß im Oberschenkel ; eine Shramme am Ellbogen ist augenschein- lich dur Sturz verursaGt. Der Zustand des Verwundeten läßt seine Wiederherstellung in etwa aht Tagen erwarten. Der Reichs- präfident und der Reichskanzler haben der Frau Haase aus Anlaß dés Anschlages telecraphisch thr besonderes Bedauern ausgesprochen.

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nehmung ging hervor, daß er nicht aus politishen, sondern ledig ?

} Dos geftern früh um 5!/, Uhr in Staaken aufgestiegene

j LuUft\chiff „Bodensee“ landete ,W. T. B.“ zufolge um 1 Uhr

; glatt in Stockholm, wedselte die Fabrgäste u!d trat um 2 Uhr

j den AFückflug an. Es langte Abends 11 Uhr 30 Min. mit

¿ tetnen 22 Fahrgösten ohne Zwischenfall roieder in Staaken an. j Ein Grofflugzeug der Deutschen Luftreedercti, dae j zu furzem Besu in Amsterdam weilte, legte auf dem NüctAu2e F j die Strecke Amsterdam—Berlin in 4), Stunden ! zurü.

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Im Hörfaal der Urania" beginnen die wissenschaft.|

liGen Vorträge am Dienêtag, den 14. d. M., mit der Ver, Y j tragsreihe von Professor Dr. Schwahn über „den Kreislauf dcs Weit, ¡j alis“ und einer für angebende Techniker bestimmten Vortragsrcihe ¿ Über die Grundzüge der Differential- und Integralrehrung. Aus, führlihe Verzeichnisse über die Hörsaaivorträge sind an der Kase der eUrania“ eihältlih oder werden auf Wunsch *ostenlos zugesandt.

Frankfurt a. Vi., 9. Oktober. (W. T. B.) Die „Frank, furter Zeitung“ erfährt aus Madrid, daß die in Ferrol Intêérnterten Mannschaften von V 23 und V 28 freigelas}en wurden.

Trier, 8. Oktobor. (W. T. B.) In einem Benzinlager

im Un ion-Hotel bei Cochem erfolgte gestern eine E x-

plostion, dur die zwölf Perfoncn teils schwer, teils leit verlegt

wurden. Ein amerikanischer Kraftfahrer brachte trotz eigener \{chwerer

Aan sämtlihe Verunglückte in feinem Automobil ing rant:nbaus.

Hamburg, 8. Oktober, (W. T. B.) Heute ist in Cure haven der Dampfer „Melilla“ mit 857 Kriegs gefangenen aus England angekommen.

Wien, 8. Oktober. (W. T. B.) Heute wird eine Anordnung ersheinen, nah der neue Sparmaßnahmen im Kohlen- verbrauch ab 12. Oktober in Kraft treten. U. a. wird der Straßenbahnbetrieb um 31/2 Uhr Abends eingestellt, Gasthäuser und Kaffeehäufer dürfen von 8 Uhr ab nur Azetylen verwenden. Die Spiel- zeit für Theater wird auf drei Stunden beschränkt, der Gasverbrauch in den Haushaltungen eingeschränkt.

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Rotterdam, 8. Oktober. (W. T. B.) Der frübere Lloyd- dampfer „Prinzessin Jrene“, jeßt „Pocahontas“, ist Tre abend aus New York mit 1%3 deutschen Kriegs gefaugenen und 326 aus den Vereinigten Staaten ausgewiesenen deutshen Bürgern, darunter 49 Frauen und 11 Kindern, in Notter- dam eingetroffen. Die Weiterreise mit der Bahn“ nah Deutschland erfolgt heute.

Amsterdam, 8. Oktober. (W. T. B) Nagrihten aus Glena, Kansas, zufolge, enthüllteu dort verhaftete Neger, daß der Plan bestand, einen Aufruhr der Neger anzufathei und die Weißen zu ermorden. In einer Schule in Arkansas wurdei hierzu 50 000 Patronen bereit gehalten.

Kopenhagen, 8. Oktober. (W. T. B.) Die hiesigen Zeitungen melden aus Christiania, daß die Volksabstim- mung eine bedeutende Mehrheit für die Einführung des Alkoholverbots in Norwegen ergeben hat. Bis 1 Uhr Nachts waren gezählt : 424 000 Stimmen für das Verbot und 287 0009 Stimmen dagegen. Die Zahl der StimwZerechtigten betrug eine Million, do dürfte die Abstimmung mit einer großen Mehrheit, man rechnet mit 150 000 Stimmen, für das Verbot abschließen.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Theater.

Opernhaus. (Unter den Linden.) Freitag: 205. Dauer: bezugsvorsielung. Dienrst- und Freipläge find aufgehoben. Fidelio. Oper in zwei Akten von Ludwig van Beethoven. Text nah dem Französischen von Ferdinand Treitshke. Zu Anfang: „Ouvertüre zu Fidelio“. Vor der legten Verwandlung : „Ouvertüre Leonore (Nr. 3)“. Musikalische Leitung: Otto ÜUrak. Spielleitung: Karl Doly. Anfang 7F Uhr.

Schauspielhaus. (Am Gendacmenmarkt.) Freitag: 2. Karten- reservesay. Der Dauerbezug, die ständig vorbehaltenen sowie die Diensi- und Freipläße find aufgehoben. Egmout. Trauerspiel in fünf Aufzügen von. Goethe. Musit von Beethoven. Musikaliscke Leitung: Heinz Eithofen. Spielleitung: Dr. Reinhard Bruck. aujang 6 Uhr. (Ein Kartenverkauf für vieje Vorstellung findet nit stati, da über sämtliche Pläye bereits verfügt worden ist.)

Sornmnabend: Opernhaus. 266. Kartenreservesaß. Der Dauer- bezug, die ständig vorbehaltenen sowie die Dienst- und Freiplägze sind aufgehoben. Zum ersten Mal-: Palestriua. Musikalische Legende in drei Akten von Hans Pfizner. Musikalishe Leitung: Dr. Friß Stiedry. Anfang 5 Uhr.

Schauspielhaus. 218. Dauerbezugsvorstellung. ODienst- und Freipläße sind ausgehoben. Coriolan. Historisch:s Drama in fünf Aufzügen (14 Verwandlungen) von William Shakespeace. Spiel- leitung: Dr. Reinharo Bruck. Anfang 7 Uhr.

Familiennachrichten,

Verlobt: Frl.- Jlse von Borcke mit Hrn. Grafen Albrecht Kaniß (Tolkédorf, Kr. Rastenburg—Saskoschin b. Praust). L

Verehelicht: Hr. Major Hans Frhr. von Stos) mit Frl. Ulice von E ckstedt (Gr. Wierseniß). Hr. Rittmeister d. Ne). Franz Mutenbeher mit Frl. Hertha Christoph (Gut Rubleven

b. Plôn, Holstein). Gestorben: Hr. Polizeirat, Hauptmann d. N. a. D. Wilhelm Schneider (Strzälkowo). Fr. Katharina von Helldorff, geb. \

Dreger (Weimar).

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg. | Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, J. V.: Rechnungsrat Rey her in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (F, V.: Rev hex) in Berlin. Druck der Norddeutschen BuchdruZerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32.

Bier Berlggen (einschließlich Börsenbeilage) und Erste, Zweite und Dritte Zentral-Handelsregister-Beilage. sowie eine Zusammeustellung der im 8. Vierteljahr L949 im („Deutschen Reich2- uud Preußischen Staatsanzciger““ unier Nr. 2 des öffentlichen Auzcigers durch gerichtliches Aufgebo! bchufs Kraftloserkläruug aufgerufenen Wertpapiere (Staatt- uud Kommuualpapierc, Renteubriefe, Wtktieu, Auteilsczein?t,

Obligationen, Pfaudbriefe, Hypothckeuzertifikate, Loseu. dgl):

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Nichkamfliches,

Deutsche Nationalversammlung in Berlin. 93. Sizunz vom Mittwoch, den 8. Oktober 1919, 1 Uhr. des Nachrichienbüros des Vereins deutsher Zeitungäverleger.)

__ Am _ Regierungstish: die Reichsminister Schiffer, Muller, Br Bell, Erzberger David Note

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ebhrenbach eröffnet die Sißung um 1 Uhr 20 Vänuten mit folgenden Worten: Meine Damen und Herren! Es ist auch zu Ihrer Kenntnis gelommen, daß auf ein Mitglied dieses Hauses soeben ein Waffenanfall ausgeübt und vor dem Hause statt- gefunden hat. (Sämtliche Mitglieder des Hauses haben sih von den Pläßen erhoben.) Unser Kollege Haase is getroffen worden. Wir wollen hoffen, daß die Wunde keine tödliche und verderbliche ist. Es 1b mix gesagt worden, daß dem Anschein nah irgend welche {weren ¿olgen damit nicht verbunden sein dürften. Ueber das Motiv des Tâters, der festgenommen it, ist weiter gar nichts bekannt, und wir können uns nicht in Mutmaßungen ergehen. Jch nehme an, daß es den Intentionen des ganzen Hauses entspricht, wenn ih dem Abg. Haase, der von dem Unfall betroffen it, seiner Familie und seiner F aftion die herzlid,ste Teilnahme des Hauses zum Ausdruck bringe (Lebhafte Zustimmung) mit dem Wunsche, daß keine sckchlimmeren Folgen mit dieser Tat verbunden sein werden.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fnterpel- lation der Deutschnationalen und der Deutschen Volkspartei wegenSchubhesder Jugend gegensittliche Ver- wahrlosung auf Grund der Verfassungsbestimmungen.

Reichsjustizminister Schüf fer, Stellvertreter des MNeichs- Fanzlers: Die Regierung ist bereit, die Interpellation zu beantworten und behält sih vor, wegen des Zeitpunktes mit dem Herrn Präfi- denten des Hauses Fühlung zu nehmen.

Damit ist dieser Gegenstand für heute erledigt.

Die zweite Beratung des Reichshaushal plans wird in der allgemeinen Debatte beim L des Reihsministeriums, des Reichskanz wnd der Reichskanglei fortgesebßt. :

Von den Abgg. Arnstadt (D. Nat.) und Dr Q de (D. V.) und Genossen ist hierzu der Antra g iingegangen: Die Reichsleitung aufzufordern, besser als bisher unerwünschter Einwanderung zu wehren, eine wirksame Grenzkontrolle durch- zuführen, etwaiger Einbürgerung solcher, meist aus Polen, ein- \ließlih Galizien, kommender Elemente in den Ländern ent- gegenzuwirken und die Abschiebung lästiger Ausländer zu fördern. | / Vor Eintritt in die Fortseßungderallgemeinen politischen Aussprache teilt | H

Prâäsident Fehrenbach mit, daß auf der Rednerliste noch die Abgg. Stresemann und Haase ständen, Von ciner zweiten Nednerfolge sei nah Vereinbarung mit den Parteien Abstand genommen worden. Da der Abg. Haase nun „nicht sprechen könne und auh keinem anderen Mitgliede seiner Partei dies zugemutet werden könne, und der für die zweite Rednerfolge in Aussicht genommene Nedner dex Un- abhängigen Sozialldemakratischen Partei heute niht anwejend sei, so {chlage er vor, heute die allgemeine Besprehung adzuscsneßzen und morgen cder übermorgen vem zweiten Redner der Unabhängigen das Wort gu aeben und, wenn sich daraus ein Anlaß gebe, nochmals auf

_Prásident F f J

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ie Generaldebatte zurüdzufommen, diefe dann wieder zu eröffnen,

Das Haus it damit einverstanden.

Aba. Dr. Stresemann (D. V.): Als erster Redner aus dem Hause glaube ih dem Gefühle Ausdruck geben zu können, daß wir alle ohne Unterschied der Partei uns eins fühlen in dem Abscheu gegen eine derartige Tat, wie sie gegen den Kollegen Haase verübt worden ist, und daß uns alle der Wunsch beseelt, den Kollegen Haase bald wieder in unserer Mitte begrüßen zu können. (Allseitiger Beifall.) Ich glaube nicht, daß die Neubildung der Regierung nach dem Ein- tritt der Deutschen Demokratischen Partei einen wesentlichen Einfluß auf die politische Gesamtlage haben wird. Zu dieser Auffassung ver- anlaßt mich die Tatsache, daß die Nationalversammlung selbst an einem Mangel an Autorität gegenüber der Oeffentlichkeit leidet; so jung sie ist, so altersmüde erscheint sie bereits. Nachdem die Ver- fassung verabscbiedet worden ist, möchte es fraglich erscheinen, ob es ritig war, diesem Parlament, das speziell für diese Aufgabe berufen war, eine solche Fülle wichtiger geseßgeberischer Aufgaben zur Grledi- gung anzuvertrauen. Zu dem, was der Herr Reichskanzler über die wirtschaftliche Lage gesagt hat, darf ich wohl konstatieren, daß durch diesen Teil seiner Rede ein Ton der Zuversicht klang, den wir lange nit gehört haben. Dieser Ton lag auch der Rede des Reichêwirt- \haftäministers in Hamburg zugrunde, die er vor dem deutschen Groß- handel gehalten hat. Jch glaube, daß diese Auffassung durchaus be- reGtigt ist, und zur Beruhigung der Oeffentlichkeit kann man sagen, daß, wenn es uns gelingt, über den bevorstehenden Winter hinweg- zukommen, wir cine solche Fülle von wirtshaftlihen Aufgaben zu lösen haben werden, namentlih an Aufträgen dés Jn- und Auslandes, deß gar kein Grund vorlieat, um das deutsche Volk zu sorgen. Die acaenwärtige Lage im Wirtschaftsleben ist nicht lediglich eine deute (Srscheinunag, sie is vielmehr eine internationale Erscheinung. Wenn in der ganzen Welt ein halbes Jahrzehnt hindur die gesamte Pro- duktion unproduktiven Zwecken zugeführt werden muß, dann kann man nicht erwarten, daß die Uebergangszeit von einer solhen Anormalität zum Normalen ohne die heftigsten wirtscafllichen 2yclungen sch vollzieht. Bek der Ablieferung unserer Lokomotiven auf Grund der Waffenstillstandsbedingungen ist bedauerliherweise irgendein Sachverständiger des preußishen Eisenbahnministeriums überhaupt nit gehört worden. (Hört! hört!) Ich verkenne nicht die sckwieriae Lage unserer Unterbändler, aber dio maßgebenden Vn- {tanzen hätten gefragt werden müssen, ob das deutsche Wirtschafts- seben in der Lage sci, diese Verpflichtung zu übernehmen, ohne daß ¿inz Zerrüttung unserer Verhältnisse eintrete. ® Bei Frankreich hätten wir sicerli% damit auf Verständnis gestoßen. England steht wirt- rhaftlid auf dem Standvunkt des germaniam esse delendam, Zranfreid aber weiß, dak unfer wirtschaftliber Untergang auch ‘der wirtsdafilibe Untergang Frankreichs sein würde: es hat das größte Fntorcsíse daran, daß wir wieder zu gesunden wirtschaftlichen Verhält- issen kommen; die Transportmittelkrise drückt in dieser Hinsicht auf "8 mebr als die Produktionskrise (Reichskanzler Bauer betritt den Saal). Der deuten Industrie liegt jeßt eine Fülle von Aufträgen vor. Alles, was seit fünf Jahren an Neuanschaffungen unterbleiben mußte, soll jekt nabgeholt werden, die Inlandaufträge kommen jeßt in Massen. Diejenigen, die do glauben, daß der Haß, der gegen uns in der Welt vorhanden ist, zum wirtschaftlichen Boykotk gegen uns führen werde, befinden sich im Jrrtum. Als Aktipym nehmen wir

| worden.

S Erste Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und

Berlin, Donnerstag, den 9. Oftober

aus dem Kriege mit herüber das Vertrauen zur Leistungsfähigkeit der deutshen Volkswirtschaft. Das zeigt sich in einer Fülle von Aufträgen auch aus den feindlihen Ländern und selbs von feindlichen Staatsregierungen. Wenn wir die große Frage der MNohstoffversorgung, der Kreditbeschaffung für diese Nohstoffversor- gung, der Kohlenversorgung und der Neuerweckung der Arbeitslust in Deutschland zu lösen vermögen, so kann keine Rede davon sein, daß unser Wirtschaftsleben so zusammengebrochen ist, -daß nicht ein Aufstieg mehr mögli sei. Dazu gehört nun aber aub, daß wir in einer solchen Zeit des Neuwerdens und das Neuschaffens unserer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in sozialpolitishe Erxperi- mente verfallen, die hier unendlih beunruhigen könnten. Darunter verstehe 1ch gewisse" Bestrebungen des Betriebsrätegesezes, und es hat mi besremdet, daß der Reichskanzler glaubte aussprechen zu tönnen, daß die unveränderte Annahme des Betriebsrätegesctzes ihm gesichert erschiene. (Hört, hört!) Er hat diese seine Stellung mit einer Kritik des alten Deutschland begleitet, indem er sagte, in dem faijerlihen Deutschland hättz man dem Arbeiter Gnade ge|cenkt, jeßt gebe man ihm Rechte, später möge man ihm Hausherrnrechte in den Betriebe geben. Man mag zum alten Deutschland stehen wie man will, aber gerade seine Sozialpolitik anzugreifen, dazu liegt nit der geringste Anlaß vor. (Sehr richtig! rechts.) Geburtsstätte der Sozial- politik und des Schutzes des Schwachen ist nicht irgendeine der west- lichen Republiken und Staaten, sondern das fkaiserlice Deutschland. Deutschland ist in dieser Hinsicht von keinem Kulturstaat übertroffen 0 Die unveränderte Durchführung des Betriobsrätegeseßzes wurde die Kredite erschweren und zu einer Lahmlegung unseres Wirt- schastslebens führen. Besonders hart getroffen würde der industrielle Möittelstand werden. Das Mitbestimmungsrecht der Angestellten und Arbeiter mag als ein ethisches Moment erschoinen, eine praktisck- För- derung bedeutet es aber bei der parteipolitishen Zerrissenheit nmdckt. Wenn der Reichswirtschaftsrat, von dem der Reichskanzler sprach, fommt, so erscheint es mir überhaupt fragli, ob es nit dessen Auf- gabe wäre, dieses große soziale Werk seinerseits im 2usammenarbeiten der Praktiker zustande. zu bringen. Während man vor kurzem noch von dem ethischen Werte des Zustandes sprach, der darin läge, daß die Ge- jamtheit Inhaber der Werke wäre, tritt heute der „Vorwärts“ für die Akkordarbeit selbst in den Staatsbetrieben ein. Ich hoffe, daß der Eintritt der demokratischen Partei in die Regierung nicht mit der unveränderten Annahme des Betriebsrätegeßeßes wird bezahlt werden müssen, nachdem Vertreter dieser Partei auf die s{wéren Bedenken hingewiesen haben, die ihrer Meinung nach dadur zugefügt werden würden. Der Reichskanzler hat sich nur allgemein über diesen Neichs- wirtschaftsrat geäußert. Jch möchte die Regierung deshalb bitten, uns ctwas Näheres über diese neue Behörde mitzuteilen. Wenn der Reich8wirtschaftsrat nichts soin soll al? 2. alte wirtschaftliche Ausschuß des Reichsamts des Innern, dann wäre es besser, man sähe von ihm ab. Wir wünschen, daß diese- neue Stelle nicht nur gutactlice Denk- {riften herausgibt, sondern auch die Initiative dur Ginbringung von Geseben an den Roichstag ergreift. Diese Behörde muß dazu bei- tragen, daß wir aus dem Klassenkampf herauskommen. Jch freue

mich, daß besonders die Großindustrie im Westen als erste diesen

neuen Weg beschritten hat. * Die Gewerkschaften müssen erhalten

bleiben, und das Gesetz bedarf nach dieser Richtung einer Nachprüfung.

Es war wohl nur eine facon de parlé, wenn der Reichskanzler die

unveränderte Annahme des Gesehes in Aussicht stellte, Wir freuen

uns, daß ein Heimstättengeseß eingebraht werden foll, und bedauern

nur, daß es erst jeßt geschieht. Es kann sih zunächst nur um die reckt-

liche Grundlage des Heimstättenwesens handeln; positive Arbeit werden

wir erst unter normalen Verhältnissen leisten können. Jn bder

Wohnungspolitik ist bisher unendlich viel versäumt. Die Gntwicklung

der großen Städte in der Zeit des Materialismus mit dem furht-

baren Mietskasernenbau hat erst die Loslösung von den Be-

griffen der Familie, Heimat und Vaterland ermöboliht. Hinden

burg und Ludendorsf haben {on an die Heimstätten für die

Krieger erinnert, aber erst jeßt, nachdem alles vorbei it, wird

uns das Heimstättengeseß angekündigt. Das is die Politik

der verpaßten Gelegenheiten und der Verkennung der psyco-

logishen Wirkungen. (Lachen bei den Sozialdemokraten.)

Damaschke als Führer der Deutschenr Bodenreformer hat fich um

den Heimstättengedanken für unsere Krieger gvoße Verdienste erworben.

Doffentlih wird die Durchführung eines (Heimstättengesetes nicht

wieder durch bürokratishe Hemmnisse gehindert. Der Reichskanzler [and starke Worte gegen Wuchertum und Schäiebertum, und meinte, daß unter dem Hindenburgprogramm Kriegsgewinnler gezüchtet seien. Aber gerade jegt ist Wucher- und Schiebertum noch s{limmer als im Kriege. (Sehr richtig! rechts,) Daß so viele dunkle Evistenzen im Verkehr mit dem Ausland bei der Einfuhr und Ausfuhr Machtstckluna gefunden haben, hängt mit gewissen Erscheinungen der ZwangMKwirt- schaft zusammen. Es ist carakternstisch für die Zwangsmirtschaft, daß solche Gristenzen mit der Abwicklung großer Geschäfte beauftragt worden sind unter Nichtahtung der alteingesessenen Kräfte in Handel und'Jndustrie. Aber die Zwangswirtschaft kann nur allmählich abgebaut werden, Denn der freie Kaufmann ist konkurrengunfähig gemacht dur das Treiben derjenigen, die sh mit weitem Gewissen über alle Gesetze hinwegseßen. Der Stand unserer Valuta bietct einen- Anreig, in immer höherem Maße Anteile- an deutshen Aktienunternehmungen in die Hände des Ausands zu bringen. Das Aktiengeseß muß geändert werden, es müssen ganz andere Bestimmungen für den Uebergang von Werten an das Ausland und für das Eindringen tvon Ausländern in die Verwaltung inländischer Unternehmungen getroffen werden. (Sehr richtig! rechts,) Wir dürfen nicht tatenlos zuschen, daß Fremde "in Wirklichkeit die Besitzer unserer Unternehmungen und wir nur die Lohnarbeiter sind. Gs müssen rechtzeitig Maßregeln getroffen werden: denn die Uebermittlung deutschen Besißes in ausländische Hände ist {hon ziemlih weit vorgeschritten. Der Abg. Petersen sah in der jeßigen Koalitionsregierung das leßte Glied der Entwicklung, an deren Anfang der konservative Machthunger gestanden hätte. Ih will die Schuld der Konservativen mt kleiner erscheinen lassen als sie ist. Aber es ist unvihtig, daß cine Partei allein die gange Entwicklung der politischen Verhältnisse hätte beeinflussen können. Es is auch unricktig, von der früheren Ohnmacht des Reichstags zu sprechen. “Der Neoichstag hatte genau so viel Macht, wie er in Anspruch nahm. Bei den Ver- suchen meiner Freunde in der Richtung zum parlamentarischen Shftem haben wir gerade den sckärfsten Wderstand des Herrn Friedberg, des Vorsitzenden der demokratishen Landtagsfraktion, gefunkden. Es war Schuld des Liberallismus, daß er: weder den Willcn noch die Macht gegenüber den Konservativen hatte, um die Verfassung zu ändern. Sonst hätte er über die Konservativen zur Tagesordnung übergehen könncn. Herr Petersen meinte, daß alte System und seine Stüßen trügen die Schuld am Ausgang des Krieges. Abex wenn Deutschland unter dem alten System politisch ohnmächtig und twirt- schaftlich schwach ' gewesen wäre, hätte es sich niemals Englands Feindschaft zugezogen. Auf dem demckratischcn Parteitage ist gesagt worden, wer heute noch für die Monarchie eintvete, sed ein fompiletter Narr. Und bei der Gcdähhtnisrede für den verstor- benen Naumann, der nicht nur seiner Partei, sondern dem gangen Vollke angebörle, wurde gesagt, daß gerade der linke Flügel des Libera- lismus in der Demokratie nach englis{cm Muster * sein Ideal gesehen Hätte. Dieses Ideal is jeyt gertrümmert. Sollen da dic Anhänger dex Monardie auf einmal das zerstören, was sie angebetet haben? Gerada im Offigierkonps würden das mb! qule ' Glenaaie fein, die ' 1ev! wrand Ge innerlich

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Preußischen Staatsanzeiger.

der Monarchie anhängen. Ih habe Achtung vor jedem über-

zeugten Monarchisten oder Republikaner, aber nit vor dew, der je nachdem Monarchist oder Republikaner ift. (Sebr rit! ref Wie kann man also denjenigen Hockverrat vorwerfen, die an onarchistischen Ideen festhalten? Meine Freurde lehnen jen monarchistischen Putsch entschieden ab, aber innerbalb der Verfas des Neichs für den monarhischen Gedèanken zu werben, weil wir « Vernunft meinen, daß Deutschland einer monarbis{2n Spike bed und zu versuchen, die Mehrheit des Volkes dafür zu gewinnen, daé unser gutes Necht. (Sehr richtig! rets.) Herr Sceidemann sage! man müsse Vernunftrepublikaner sein, weil die Dinge nit l ändern seien, ec vergißt aber, daß die neue Form der Nepublif b sehr wenig moralishe Eroberungen in Deutschland gemacht | richtig! rechts.) Gerade solche, die sih mit der [unden hatten, sind inzwishen wieder u M (Sehr richtig! rechts.) Man kann nicht verlangen, da

lang festgehaltene Ueberzeugung einer Staatsform geopfert

müsse, die so wenig Grfolge aufzuweisen hat wie- die

richtig! reckts) Diese Staatsform ist, wenn so doch eine Ausbeutung des parlamentarisck größten Gefahr für unsere Zukunft werden k Fur mentarische System mit dem Kern verantwortlicer Reich gestüßt auf die Mehrheit, bin ich lange eingetreten, bal gejagt, daß wir dazu kein engli]hes Vorbild brauchten, sondern deutsches System haben müßten, im übrigen aber festhalten müßten an dem ilten, fadilich unabhängigen Beamtentum. Der Wesel der politischen Leute ist ohne Grsbütterung nur u ertrage wenn thm die Ständigkeit des Beamtentums gegenübersteht. Abc unser ganzes Beamtentum parteipolttisch aufzuzichen ist aroße Gefahr, denn es ruiniert die festen Fundament verfassung. Es is} eine falsche Ausnußung des parlamentarischen Systems, wenn die herrschende Regierungspartei 30 Abgeordnete eut sendet, um den heimfkehrenden Kriegsgetangenen polit äd zu halten. (Hört, hért!) Es geht niht an, daß die H:imkehrenden, die verschiedenen Parteien angehören, von der Partei in Anspruch ac- nommen werden, die hauptfächlih die augenblicklihe Mehrheit bildet. (Sehr gut! vechts.) Wir sollten lieber aneinanderrücken, als uns parteipolitisch zu trennen. Der Reichskanzler sagte, die aus angeb] Vaterlandsliebe in der nationalistischen Presse die Einigkeit zerstörten, dürfe man nicht frei herumlaufen lassen. Was in der deuts fen nationalistishen Presse passiert, hält feinen Vergleih aus mit dem

politischen Siadismus der französishen Presse. Aber wenn die Leut: mit der angeblichen Vaterlandsliebe nicht mehr fre! sollen, soll dann etwa von dem Belagerungszustard noch mehr G-- brauh gemacht, sollen noch mehr Zeitungen verboten werden? Wie oft haben Scheidemann. und der heutige Minister Heine gegen den Belagerungszustand gerwoütet, und ich verstehe nit, wie die j:bige Negierung mit Zeitungsverboten Erfolge erringen will. adurch wird auch die fozialistisde Regierung den Geist nit töten, Lassen Sie es doch bei dem Kampf der Geister gegen die Geister. Das Gesund: wird sich durchseßen. Gegen den Friedensvertrag können wir niÞt anrennemn, aber die fozialistishew Minister waren früher darin cinigs, daß der Vertrag unerfüllbar ist. Wenn die Regierung daran festhielte, daß der Vertrag nur tnnerhalb der Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes erfüllt werden kann, würde die Entente viel von ihren For- derungen abstreichen müssen. Der Reichskanzler meinte in elegishem Ton, er habe stch den Anfang des Völkerbundes anders gedaHt. Er sollte aber bedenken, daß auch eine Politik des Nechtes ih nux . durchseßen läßt, wenn man die Macht hat. Sonst rufen Sie nach Velkerversöhnung, ohne ein Go zu finden

Der Neichskanzler will aus Kurland und Baltenland hc

el ann.

M

berumlaufen

weil wir da nichts mehr zu suchen hätten. Dann hätten wir schon längst herausgehen. müssen. (Sehr ntg! roehts,) Die Regierung muß doch gemeint haben, daß unseren Truppen dor! eine Aufgabe zufiele. Der Reichskanzler hatte nur davon sprecke1 sollen, daß an unseren Truppen em VBertragsbruch begangen worder ist. (Sehr richtig! rechts.) Denn es waren ihnen staatsbürgerlide Rechte und Anstiedlung versprochen. Darin legt die Ursache des Konflikts. (Sehr richtig! rets.) Deutsch-Desterreics 1st das Selbst- bestinunungsreht nicht belassen werden. Wir sollten dem Staats- fanzler Dr. Nenner dankbar sein, daß er verfügt hat, daß, wenn die Entente den Namen Iiepublik VDesterreih vorschreibt, im innern Verkehr doch der Name Deutscch-Desterreich geführt werden soll. Vêan fann Päragrap§:n aus unserer Verfassung streichen, aber man kann uns niemals die Gefühle der Blutsgemeinschaft nehmen. Da sch{eint noch nicht das letzte Wort gesprochen zu sein, Was wir in den leßten Jahren erlebt haben, ist mcht nur Krieg, jondern allgemeine Revo- lution. Niemand kann sagen, ob die polttischen oder sozialen Mächte für die Zukunft entscheidend scin werden. Die Zukuast der Volker wird nicht allein durd Grenzfestseßungen entschieden. Der Kom- munismu3 und Bolscwewismus ist allerdings z¿uasammengebrocen. Der Bolschewismus in Rußland ift das Gegenteil der Sozital!- ierung, er hält sid nur dur äußersten Zwanz. Troßki hat nach einer Nede vom 20. April vor den Sowjets in Moskau die alten Offiziere. und die alten Beamten wieder eingeseßt, weil für die staat- siche Entwiklung nichts gefährlicher sei, als wenn. Menschen i an die verantwortlihe Stelle geseßt würden, die für diese Verantwortung nicht befähigt seien, Das ist die vollkommene Verneinung alles dessen, was man zuerst glaubte, Die Vereinigten Staaten von Amerika, di? lebte Säule des Manchestertums, stehen heute unter dem Druck der stärksten sozialen Kämpfe, ähnlich England. Franfkreih wird die Notwendigkeit einschen müssen, sich mit uns wirtschaftlih zu ver= ständigen. England wird erkennen, daß es den Wettbewerber, der an zweiter Stelle in der Weltschiffahrt stand, niedergeschlagen hat, dafür aber an die erste Stelle die Vereinigten Staaten gerückt sind. Nicht nur wir leiden wirtshaftlih unter dem Krieg, sondern die großen wirtsc{aftlichen und sozialen Kämpfe durhzucen die ganz? Welt, Deshalb brauchen wir nicht zu verzweifeln. Alles ist im Fluß alles ist provisorish. Wenn wir moralische Eroberungen machen wollen, müssen wir zur alten deutschen Art der Autorität,

5 , ® - " N! -. . Ordnung, Unterordnung und Arbeitslust zurückkehren. Wir sind in Oppositionsstellung, aber unsere sachliche Mitarbeit an dem Wieder-

Sstelung, iche Mitarbeit

aufbau werden wir nicht versagen. (Lebhafter Beifall rets.)

Reichswehrminister N o s ke: Meine Herren! Es erscheint mir nicht politisch klug, wie. Herr Dr. Stresemann die baltishe Frage Foeben behandelt hat. Deswegen möchte ih auf dieses außerordentli ernste Problem wenigstens ganz kurz eingehen.

Als der Herr Reichskanzler gestern davon gesprochen batte Herr Stresemann bemängelte das soeben —, daß die deutschen Trupycn im Baltikum nichts mehr zu suchen hätten, Tieß er sich von dem Gc sihtépunkt leiten, daß nab dem Friedensvertrag sämtlicke vorber im Osten getroffenen Abmachungen hbinfällig geworden sind. Es geht infolgedessen nicht an und ist nicht erträglih bei dem Ernst der Lagc, daß jcht in der Presse oder von Abgeordneten der Nationalpersamm- sung weiter auf die Truppen in cinem Sinne eingewirkt wird, als wenn sie in einer Rechtslage seien, die es \{licßlich begreifli& er- {einen läßt, wenn sie im Baltikum bleiben wollen und dem Befebl zur Heimfahrt keine Folge leisten. Die zu überwindenden Shwferig- keiten sind außerordentlih groß. Jch verkenne nicht, daß mit wüster Scsimpferei auf dis Tyvuppen, die jetzt niht nah Deutschland zurück

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wollen, nis gean t, : Die Mgstpe; die die Deztts bewege N, draußen