1919 / 234 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Oct 1919 18:00:01 GMT) scan diff

mittelt worden. Außerdem bake ib wähvend der Verhandlung über den Friedenêvertrag als Leiter des Reichskolonialministerums darauf hinzuwirken gesudbt, daß ein besonderer Aus\&uß gebildet werden möge, in dem einz ausSgizebige Aussprache stattfinden sollte über alle gegen uns erbcbencn Verwürfe und Anschuldigungen. Ich babe mich bereit et- Flärt, mit cinem Stabe von Beamten aus dem Neicbskolonial- ministerium und allen in Betrat kommenden Schußgebieten persörlih ¿u crsceinen, um auf die Vorwürfe auëgiebig Nede und Antwort zu Ftebzn. (Hört, bört!) Man bat es aber abgelehnt, uns trgend welche Gelegenheit zu geben, auf die gegen uns erhobenen Vorwürfe zu ant- werten. (Hört, hört!) Daraus sollte die ganze Welt, insbesondere as neutrale Ausland, die nötigen Nücksc{lüsse auf die innere Ve- rebiigung und die Ernstlichkeit solher Vorwürfe selbst herleiten. (Sebr ribtig) Wenn man vor der ganzen Welt gegen ein dur tausendjährige Vergangenheit als Kulturnation bewähries Volk folch ungebeuerlihe Vorwürfe erhebt, muß man ihm auch Gelegenheit geben, sib zu rebtfertigen. (Erneute Zustimmung.) Jemand ungehbört zu verurteilen, widerspricht allen Grundsäßen der Gereßtigkeit und verstéßt éugleich gegen die Grundlagen des internationalen Rechts.

Ich will aus den vielen ausländischen Stimmen, die über unsere folonisatorishe Fähigkeit laut geworden sind, nur ein einziges Zeugnts berausheben, namlih des Amerilaners Forbis, der bereits im Jahre 1911 bei einem Vergleich zwischen deutscher und franzosiswer Koilomal- poliiik zu dem Ergebnis gekommen ist: von allen Schußherren in Afrika hat der Deutsche die reinsten Hände. (Hört, hört!) Wir können hinzufügen: er hat nit nur die reinslen Hände, sondern er hat sogar wirklich reine Hände. (Sehr gut! im Zentvum-)

Was nun die Eingeborenen in Kamerun anlangt, so war 1hnen schon vor dem Kriege. die Arbeitsweise der französis hen Kolonial- gesellschaft in dem benahbarten französischen Aequatorialafrißba bekannt worden. Was sie dani im Laufe des Krieges beim Zusammen- treffen mit den Franzosen am eigenen Leibe verspürten und durch Augen- und Ohrenzeugen erfuhren, hat ihre Sorge, die Deutschen möchten durch die Geschie des Krieges gezwungen sein, ihren Besitz an die Franzosen abzutreten, nur noch verstärkt. Aus dieser tief- grüntigen Besorgnis der Eingeborenen Kameruns heraus erklärt es fi, daß sie an die deutshe Kolonialverwaltung das dringende Er- fuchen gerichtet haben, mit ihnen gemeinsam ihr Geshick zu teilen und lieber mit ihnen unterzugehen, als in die Hände der Franzofen ¿u fallen. (Hört, hört!)

Meine Damen und Herren, heute möhte id mit ganz beso:derer Anerkennung und Dankbarkeit gecenüber dem Vorwurfe des fran- aósiscen Kolonialministers Simon die TatsaŸYe verzeichnen, daß wir das 11s jährige feste Durchhalten der kleinen deutshen Streitmacht, die völlig unvorbereitet für einen Krieg mit europäischen Gegnern war, gegenüber einer mehr afs zehnfaben Uebermacht dœdurch haben erzielen lönnen, daß uns der Kern der Eingeborenen Kameruns treu geblieben ist und uns willig und tatkräftig im Kampfe gegen die anderen Gegner unterstüßte. (Bravo!) Dieser tätigen Mitwirkung =— und das wollen wir mit Anerkennung feststellen ist ein der- artiger Erfolg, der als deutshe Ruhmestat in der Geschichte dastehen wird, zu verdanken. (Erneules Bravo!) Wäre diese Hilfe unter- blieben, fo hätie aub eine um das viclfahe größere Streitmacht sich niht annähernd so lange im Binde halten können. Als unsere Schußtruppen dann {ließluh infolge der immer stärker werdenden Uebermacht und der völligen Grshöpfung der Patronenvorräte micht mehr in der Lage waren, standzuhalten und infolgedessen der Nück- ¿ug über die spanische Grenze unvermeidlih war, haben mehrere DHunderttausenz Kameruner sich beveit . gefunden, mit den Deutschen das - eigene Land zu verlassen und die \panishe Grenze zu über- reiten, mw um niht gezwungen zu fein, unseren Kriegsgegnern zu dienen. (Hört, hört!) Die deutsche Schußtruppe ift, fo rührend die Beweise der Treue und Anhänglichkeit, zugleich aber au vie Besorgnisse vor den Franzosen gewesen sind, midt in der Lage gewesen, diesem Wunsche der Kameruner Ein- oborenen stattzugeben. Unter dem Drude der Not hat sie [chweren Derzens die Eingeborenen darauf hingewiesen, daß nur ein verhältnis- mäßig kleiner Teil mit ihnen hinüberziehen könne über die [spanische Grenze. Troß dieser Vorhaltungen und troß aller Abmahnungen sind nah spanischer Zählung über 67 000. Eingeborene mit den Deut- Fen über die \pamshe Grenze binübergegangen. (Hort, Hört! im Zentrum.) Mehrere hundert Häuptlinge waren vorher nah Yaunde gceilt und hatten gebeten, lieber mit den deutshen Schußtruppen tis Elend gehen zu dürfen, als unter der Herrschaft der Franzosen zurüdzubleiben. Aber auch dann haben die Kameruner weitere Be- weise ihrer Treue und Anhänglichkeit gegeben. In zahlreichen Briefen an thre Landsleute und an thre früheren Hérren sowie an sonftige Bekannte in Spamen haben Gimgeborene ous Kamerun nocch in leßter Zeit zum Ausdruck gebrachGt, wie sehr ste den traurigen Ausgang des Krieges bedauerten und wie fehr ste es herbeisehnten, daß Deutsch- land wieder Kamerun als Kolonie zurückerhielbke. Sie haben in ihrer Herzensnot auch in Bittschriften, die sie an ihren neuen Schußzherrn, den König von Spanien, gerichtet haben, geradezu gefleht, daß alles eingeseßt werden möge, um Deutschland wieder in den Befth seiner Kolonie Kamerun zu sehen. Eine dieser Bittsriften ging aus von ten 117 überlebenden Häuptlingen aus Klein Bokoki;, es {lossen fi dann an in getrennten Bittschriften die katholishen Christen, die Mohammedaner und \{ließlich aub die Soldaten. Jhre Sorge bor der Zukunft unter französischer HerrsLaft war stärker als die Rücksicht auf die hiergegen erhobenen Bedenken. Wir wollcn boffen und zugleih den Wunsch aussprechen, daß ihnen aus ihrer Treue und ‘Anhänglichkeit von den Franzosen als thren neuen Schußherren nicht allzu große Nachteile für ihre Zukunft erwachsen mögen. Es stnd in dieser Beziehung in darkenswerter Weise sowohl von dem päpst- lichen Nuntius in Madrid als auch von der spanishen Regierung auf Anregung der deutsben Verwaltung bei der Entente Schritte getar worden. Wir aber wollen an dieser Stelle mit dem Wunsche, daß den braven Kameruner Eingeborenen keine Nachteile aus ihrer Treue zu thren bisherigen Schußherren erwachsen mögen, zuglei den Dank für eine derart hingebende urd opferwillige Tätigkeit ver- binden. (Lebhafte Zustimmung im Zentrum.)

Meine Damen und Herren, lassen Sic mich zum Schlusse meiner Ausführungen noch wenige Dankeéworte an alle diejenigen ausfpreen, die treu für unsere Kolonien gearbeitet haben. JG weiß nit, ob ich noch einmal Gelegenheit haben werde, an dieser Stelle den ver- vtenten Dank zum Ausdruck zu bringen, und darum möchte ih die heutige Etaisberatung hierzu verwerten, Das teuisch: Volk in seinen

breiteften Schichden würde es nicht begoeiflih faden, weuu vou dem

Kolonialministerium un® von unseren Kolonien ohne jeden Sang und Klang Abschied genommen würde. (Sehr wahr! im Zentrum.)

Im Volke i} der koloniale Gedanke gerade in den leßten Jahren por Kriegsausbrub ohne Untersckied der Parteien immer mehr dur(- gedrungen. Wenn wir avch ten wahren Wert unserer Kolonien leider erst zu dem Zeitpunkte vollig erkannten, als wir sie verloren haben, so darf ih do die erfreulicke Tatsache feststellen, daß das Verständnis für unsere Kolonialpelitik und Kolonialwirtshaft in stetig wabsentem Umfange die breitesten Sicilien der Bevölkerung, alle Shicbien und Erwevrbêégruppen erfüllt bat, und daß die Ueberzeugung von der Nvt- wendigkeit Folonialer Belätigung für unsere nationale und wirtsckaft- liche Weiterenhwiklung Gemeingui des deutshen Volkes geworden ift. Meine Damen und Herren, so lassen Sie mi denn an erster Stelle ih glaube sagen zu dürfen, im Namen des ganzen. Volkes unserer Sewährten und trefflichen Schußtruppe danken (lebhafte Zustimmung), den herzlihen Dank ausspreben allen Offizieren und Mannschoften unserer Schußtruppe, die in treuer Hingebung für ihr deutsches Vater- land, für Kolonie und Heimat gestritten und gelitten haben. (Bravo!) Des Vaterlands treues Angedenken bleibt vornehmilch unauslös{lich gesichert all’ den waderen Helden, die fern von der Heimat auf dfri- fanisher Erde jeßt der fühle Rasen deckt, Meine Damen und Herren, wenn ich meinen Dank an die SPhußtruppe ausspredbe, so möchte ich damit verknüpfen die Dankesbezeudung an alle früheren und gegen- wärtigen Mitglieder der Kolonialverwaliung in der Zentrale und au in den Sc{ußzgeobieten für ihre rastlose und erfolgreiche Arbeit, (Bravo!) Weiter gebührt der Dank des ganzen deutsckten Volkes, also namentlich aud der deutsten Nationalversammlung, den Farmern, den Kaufleuten, den Pflanzern und den Missionaren für ihre treue Tulturelle und gtveli- jatorische Pionierarbeit, (Lebhafte Zustimmung.) Endli, an leßter aber nicht an unwihtigster Stelle, danke ich allen Eingeborenen der Schußtruppe für ihre Tüchtigkeit und für hr krafivolles Mitarbeiten im Kriege (Bravo!), für ihr vevtrauen8vclles Zusammenarkbetten mit der deuts{en Verwoltung an dem gemeinschaftlihen Ziele der Er- s{ließung und der kulturellen Enhtwidklung der Schußizgebiete. (Br#vo!)

Meine Herren und Damen, mit dieser Danksagung glaubs ' ih die zuversthtlie Hoffnung verbinden zu sollen, daß die deuts&e Kulturarbeit in Afrika, in der Südsec wrd in den übrigen Schuh- gebieten iht vernihtet, sondern für die spätesten Zeiten erhalten wird, Die Eingeborenen in unseren Schußzgebäeten werden uns nit vergessen, und wir werden au ihnen ein dankbares Grinnern be- wahren. (Bravo! im Zentrum.) - Der koloniale Gezanke aber und das sei das leßte Vermächhtnis des Kolonialministers an das deulshe Volk muß uns wah erhalten bleiben. Wem wir aub zurzeit unsere Kolonien verloren haben, den Yolonialen Gedanken dürfen wir nicht ersterben lassen. (Beifall im Zenirum.) Jch spreche darum die Hoffnung aus; daß dieser koloniale Gedanke ih zweiter- pflanzen möge von Ort zu Ort, von Geshleht zu Geshlecht. Zur Duvhführung des kolonialen Gedankens müssen alle Stände und Schichten der Bevölkerung zielbewßt mitwirken, m erster Stelle aber die Tfolonialen Gesellschaften, die sid mit anerkennenäwertem Be- mühen und Erfolg die Kolonialarbeit angelegen sein ließen.

Wir wollen hoffen, daß die Zeit nit fern ist, wo tm friedlichen Austausch der Gedanken eine Revision des Friedenérèrtrages erfolgen

wivd, Einer der Herren Redner hat gestern dem Gedanken Ausdru -

gegeben, daß wir getreu und loyal ten Friedensvertrag erfüllen werden, soweit das irgendwie tn unseren Kräften steht. J untershreiïbe und unterstreiche das gern. Aber zuglei darf ih als Leiter des Kolonial- ministeruums doch daran den Wuns und auh die Hoffnung knüpfen, daß eine friedliche Auseinandersehung zu einer Revision des Friedens- vertrages auch in bezug auf unsere Kolonien führen werde.

Denn, meine Damen und Herren, das sei der Schlußgedanke meiner Ausführungen foll der Völkerbund de Gewähr dauernden Bestandes in stch tragen und an Stelle des völkerzerfleisherden Welt- krieges der von allen Menschenfreunden ersehnte Weltfriede treten, dann dürfen wir mit gesundem Optimismus troß der entseßlichen Er- fahrungen der Vergangenheit von dem hoffentli& nahen Zeitpunkte, wo beim Wiedererwachen des Weltgewissens Haß und Verblendung der Vernunft und Gerechtigkeit weichen müssen, 1m Wege friedlicher Verständigung eine gerechte Erfüllung unseres berechtigten Anspruches alf tätige Mitwirkung an der zivilisatorishen und kolonisatorishen Arbeit der Kulturnationen und auf Wiederherstellung deuschen Kolonialbesißes erwarten, (Lebhafter Beifall im Zentrum.)

Abg. Dr. Böhmer t (Dem.): Mit Genugtuung begrüßen wir, daß das längst erwartete kfolonialdeutsde Gul hadiguueR ies endlich ersdeint und hoffentlih auch allen berechtigtzn Erwartungen ent- sprehen wird. Das Kolonialministerium sollte nicht nur die Vor- bereitungen der Abwickluüng dieser Entschädigungen, sondern auch die ganze vidlung übernehmen, denn befriedigend Tann diese Aufgabe nur von ihm gelöst werden. Dabei werden auch die Kolonialbeamten noch weitere Verwendung finden können. Die Kolonialdeutschen wünschen aber auch cine Mile Jnangriffnahme und tunlichst schnelle Akhwicflung. Sie haben son ‘einmal ein Deutschland jenseits des Meeres aufgebaut, fie gehen au jeßt wieder an die Arbeit, wenn nicht auf eigenem deutschen Kolonialboden, dann jenseits desselben. ge Einklang nit den Empfindungen der überwältigenden Véehrheit bedauern wir, daß wir beute, formell wenigstens, von unseren Kolonien Abschied nehmen müssen. Den Worten des Dankes, die der Minister der Schußtruppe, den Beamten und denjenigen, die dort Pionierarbeit für deutsde Ruliur geleistet haben, gewitmet bat, fdlicße ih mi völlig an. (Beifall.) Wenn wir aber au darauf verzichten müssen, unsere Kolonien als ein Stück unseres Vaterlandes zu betrachten, fo fiegt do zu dem Pessimismus des Ministers kein Arllaß vor. Wir wollen damit keineêwegs auf cin unveräußerlihes Recht verzichten, diese uns so vertrauten und ans Herz gewcsenen Gebiete auch in Zuöunft mit unserem Geist und unserer Arbeit zu befruchten. Der Völkerbund fann niemand anders das Mandat für fie übertragen als gerade uns; fein anderes Land wird diese Arbeit so gut leisten als wir. Die Bemerkungen des französischen Kolonialministers find hoffentlich vor- übergehendem Unmut entsprungen und werden besserer Einsicht weichen. Auf die großen Erfolge unerer Kulturarbeit hat hon der Vêinister hingewiesen. Jn unseren Kolonien werden sich auc die Angehörigen anderer Nationen stets frei und woh!l gefühlt haben. An unserem klaren Net, in unsere Kolonialrehte wieder eingeseßt zu werden, halten wir mit allem Nachdruck fest. Wollen unsere Feinde dem wahren Weltfrieden dienen, so dürfen sie niht Lebensinteressen unseres Volkes verlegen, und sole licgen in unseren Kolonien. Kein g:oßes Volk kann sich auf die Dauer vom freten Meere und von der Betätigung in Kolonien abschneiden lassen. Wir werden jedenfalls unsere Arbeit aufnehmen in der Hossnung und sieren Erwartung, daß diese Arbeit

troß threr Shwiengkeit Früchte tragen wird, getreu dem Worte aus den grauen en des Mittelalters: Navigare necesse, vivere non

est necesse. (Beifall.) a

Aba. Laverrenz (D. Nat.): Jh danke dem Herrn Minister für die anerkermenden Worte, die er unseren Kolonialb2amten gezollt hat. Wir werden in bezug auf eine erfolgreiche Kclonialtüiigkeit jeden Vergleich aushalten. Die Abmwicklungsge[chäfte der E O a werden permutlidj 1 Zeit beansp s erhebt sich die hange

Frage, in wslcker Weise die Zukunft der Kolonialbeamten ficher werden soll. Wie ih gehört habe, ist eine Zentralstell: hierfür bs Reichsamt des Jinnern geschaffen worden; die Entschädigung Ko'lonialdeutschen foll dem neu erridteten Ministerium des Wied] aufbaus übertragen werden. Dieje Frage kann nur von genauen Ken der Verhältnisse in den Kolonien erschcfend und fruhtbringend werden. Das Reih muß einen erheblichen Aufwand dafür mae um den Abstrom ier Auêwanderer sahgemäß zu erfassen, vamit d Deuischen dem Reih möglichst erhalten bleiben. Gerade diese Ay, wandzrer müssen von Kennern des Auslandes beraten wcrden. De balb wäre es besser gewesen, diese Beratungästelle nicht beim Reigg amt des Irnern, sondern in irgend einer Form im Auswärtigen An! zu erridten. Wird das ang.kündigte Geseh. zur Abfindung Kolonialbeamten der Nationalversammlung bald zugehen? Wey auch der Minister fi als legtM Kolonialminister auf absehbare 3s hinaus bezeidnetc, fo hoffen wir do, daß früßer cder später wis das Banner des Deutschen Reiches über Kolonien wehen wird, (By, fall rets.) i

Dr. Bell, Neichsfolonialminister: Peine Damen und Herre Beiden Herren Vorrednern- bin ih für ihre Ausführungen dankby und ih danke ihnen ganz besonders auch cinmal für das gr Interesse, tas sie den Beamten des Koloniclministeriums gewids haben, und dann für ihre optimistishen Hoffnungen auf Deutschlany koloniale Zukunft.

Was die Kolonialbeamten anlangt, so möchte ih zur Bescitigun aufgetretener Beunrubigungen noch cinmal mit allem Nachdr betonen, taß ta3 RetiMsfkolonialministerium alles daran seßen wi um die Beamten in anderen geeigneten Neichsstellen unterzubrinçer Es ist von mir zu diefem ZweE ein Zirkular an alle beteiligt Neichsbehörden gerihtet worden, des Inhalts, daß es die Chrenpflig des Reichs sei, gerade dic Neichsfolonialbeamten in erster Linie by Neubesezung von Stellen zu berücfsihtigen. Weiter wird an die einzeln Beamten das Ersuchen gerichtet, ihre Wünsche bezüglich anderweitig Anstellung in NeichSdienst anzugeben und insbesondere zu vermerk bei welcher Steile fie nach ihren Fähigkeiten und ihren praktis Erfahrungen untergebraht zu werden wün|chen. Ich hoffe, daß ck auf diese Weise möglich sein wird, einen beträchtlihen Teil der b wüährten Beamitenschaft des Neichskolonialministeriuums anderweil unterzubringen. Das gilt namentlih auch von den neu zu erritendy Stellen, insbesondere dem Abwanderungsamt und dem neu Ministerium für den Wiederaufbau Nordfrankteihs. Bereits iy Hauptavusshusse habe ich darauf hingewiesen, daß sofort nach rihtung des Ministeriums für den Wiederaufbau Nordfrankreit und nah der Amtsernennung des neuen Ministers ih mich mit ihm j diesem Zwecke in Verbindung segen werde. Jn welcher Weise dan die Ausführung des Gefeßes über die Kolontaldeutschen erfolgen so darüber werde ich mich mit ihm zn verständigen suchen.

Wenn derx Herr Vorredner weiter die Frage gestellt hat, ob au beabsichtigt sei, ein Geseg für die Schadkloshaltung derjeni Beamten einzubringen, die troß dieser Bemühungen nit anderweit bei Neichsstellen oder in sonstiger Weise untergebraht werden Öönnte so kaun i ihm erklären, daß ein derartiges Gese in Vorbereitu ist. Eine Uebereinstimmung über den Inhalt ist in mand \s{wierigen Punkten bisher noch nicht vollständig erzielt worden, aba es wird die Aufgabe des Reidhskolonialministeriums sein, fo schleun als mögli auch dieses Geseg einzubringen. i

S(hließlih haben die beiden Herren Vorredner übereinstimmet eine Auffassung über die koloniale Zukunft Deutshlands zum U druck gebracht, über die ih mich von Herzen gefreut habe. Jch hof daß alle Stände und alle Schichten der deutschen Bevölkerung da beitragen mögen, um so schleunig als möglich diesen Optimismus j

verwirklichen. (Bravo !)

Abg. Beuermann (D. Vp): Mit diesem legten deutsda

Kolonialelat ziehen wir wieder einmal die Fahne nieder. Diese Ves

gawaltigung wird auch von der Deutschen Volkspartei mit tiefe Schmerz empfunden. Wir protestieren noch einmal vor aller Welt | Namen des Weltgewissens und der Gerechtigleit gegen diese Nied! drückung des im Kulturleben der Wclt voranstehenden Deutsclant!

Wir glauben niemals, taß man uns Deutsche dauernd von dem Kultuf

fortschritt in aller Welt wird abhalten können. Aber wenn auch unse Proteste hier vevhallen, verwehen werden nit die Spuren, die deuts Geist und deutshe Tatkvast in unseren Kolonien hinterlassen habt verwehen werden auch niht die Gedanken an den Heldenkampf dosd draußen von den Unserigen Schulter an Schulter mit den C ovenen vier Jahre lang geführt worden ist. Wir von der Deuts! Poifäpertes legen heute im Geiste Kränze nieder an den Gräha unserer bort gefallenen Helden, der Ummündigen und der unglüdckli Frauen, die dort hingeschlahtet oder gestorben sind. Wir sind übt zeugt, daß diese unsere Vergewaltigung nit wig sein Tann, V lauben vielmehr, daß wir felbst noh umfere Fahnen wieder frei wet eben werden in neuen Kolonien, die uns dann doppelt wert sein wet (Beifall rets.) z « 2 A . Henke (U. Soz): Es ist nur Heuchelei u Hud Gen E Giente-Capitel dem deutschen Kapital verwehren will, | folonisicren. Wir sind immer Feinde der Kolonialpolitik gewesen, 4 der des Auslands. Nur die Profitsuht des Kapitals treibt Kolon politik. An schónen Redensarten, die Absichten zu drapicren, hat | allerdings nie gefehlt. Wenn der Minister im Namen der national bre gegen Kolonialraub protestiert, so sind wir mit thm nicht eit Meinung. Nationale Ehre ist ein unbestimmter Degrifs, mit den d größten Verbrechen begangen sind. (Sehr wahr! den U. S Zur Schodloshaltung der Kolonialdeutshen werden wir Stellu nehmen, wenn der Geseßeniwurf vorliegt. Nichts hat so sehr d folomalen Gedanken in den Arbeitern Abbruch getan, als dieser Kri der mm ein Fortsegung der Kolonialpolitik mit noch grausame! Mittela war. Der koloniale Gedanke ift ein unfruchtbarer und liber Gedanke gewesen. Die ttaliemscchen Arbeiter sind durch 1 Erfahrung von diesem Gedanken befreil n. Imperialismus 1 der fapitaliftisden Weltanshauung iw allen Ländern muß ein E werden. Zipilisation kann nit die kapitalistisd Kolon! politik, sondern nur der Sozalismus den Eingeborenen bringen. (V fall bei den U. Soz.) ï j Reihskolonialminister Dr. Bell: Meine Damen und Her! Sie werden gewiß von mir niht erwarten (Nufe bei den U. S: Nein! nein !), daß ih dem Herrn Vorredner auf alle seine À führungen, die eine würdige Fortsezung seiner gestrigen Rede bedeu!! antworte. (Sehr rihtig!) Der Herr Vorredner hat ofenbar deutsches Parlament mit irgen deinem parlamentarishen Versammlun) ort im Auslande für seine Ergüsse verwedselt. (Sehr gut!)

Nur auf einen Punkt will ich ihm antworten, Jch h porhin geglaubt, sagen zu dürfen, daß alle Parteien dieses hol Hauses einig seien in der Verurteilung der Gründe, die ! Raube unserer Kolonien geführt hätten, und daß deswel das Haus pom Standpunkte der nationalen Ehre aus Pro einlegen müfse gegen diese Begründung unserer Vergewa!tig Nah ven Ausführungea des Herrn Vorredners, der erklärt hat, d

(Fortsebung in der Zweiten Beilage.)

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsauzeiger und Preußischen Staat2auzeiger.

g Bs :

E E E E E E T T R L E B C E pre (Forisebung aus der Ersten Beilage.)

nationale Chre eine Nedengart sei, und daß er sich und seine Partei- freunde von diesem Protest ausnehine, muß i meine Erklärung dahin einschränken, daß alle Parteien in diefem hohen Hause, die nech Verstündnis für nationale Ehre haben, in dicsem Nunkte einig sind- (Lebhafter Beïall.)

Der Kolonialetat wird darauf in zweiter Lesung be- nvilligt. | Es folgt der Haushalt für die Reich-Post- und Telegraphenverwaltung.

Abg. Delius empfiehlt als Berichterstatter des Ausschusses un- veränderte Annahme dieses Etats. L i

Bi den |Fünnahmen ift die Einführung des 1 kg-Pakets bis 1. Sanuar 1929 wicderholt gefordert irorden; die Verwaltung wird mit rem Postteirat Veratungen . Þilegen, wie diese Einricttung am zweck-

mäßigsten durchgeführt werden kann, Für bessere, reirklih gute neue

Briefmarken wird die Verwaltung es an Bmühungen nit fehlen lassen. Scweit angängig, foll bei dem Uebergang der bayerischen und württembergisdzen Postverwaltung an das Neich diefen Verwaltungen möglidste Selbständigkeit gelassen werden. Die Besoldungsreform vird vorbereitet. Die weiblichen Hilfékräfte follen nach und nach ent- lassen werden, deckch find für Wriegerfrauen Ausnahmen vyorg-sehen. An Entsckädiguncen für Verluste an Postvateten wird die [Berwaltung in diesem Jahre 10s Millionen Mark zu zahlen haken. Die Vor- ivaltung hat zugesagt, 1G für die Gewinnung von mülttäarishen Dienst- gebauten, sciweit folie noi biépontbe!l seien, für ihre Zwede zu ver- wenden, Ueber die Pünktliéfeit 1m Betriebe dieser Venvaltung ist diesmal nur gedampfics Los laut geworden; do i man anerkannt, daß iros der großen [Schwierigkeiten aller Verhältnisse die Verwaltung im großen und ganzen intakt geblieben ist. :

Aka. Taubadel (Soz.): Zum. bten Mal dürflen wir es dieêma! neben dem Etat für die Methspestverwaltung noch mit einen besonderen bayerischen und rourttembergiscken Posthaushalt pu tun haben. Bald wird ein einheitli&es deuish2s Postrocfen vorhanden sein. Wir Sozialdemokraten bedauern außerordentlich, daß heute dieer Beiricb nit mehr mit der Pünkilikeit und Zuverlässigkeit wie: vor dem Krieae arbeitet. Nicht mit einein [Sage kann es wieder besser werden. Es gibt aber aud eine Meihe bedauerl!ck2r Gr- \{einungen im Neich8postbetriebe, die mit diesen Schreterigkeiten nichts zu tun haken, so die Diebstähle und Bercubungen von Vaketen, wofür die Enisckädigungésumme wieder erhoht werden muß. Im Publikum ist das Vertrauen in diese Institution durch diese ErsBeinungen sehr stark erschbüttert. An der Beseitiguna der Ie BIR M nte follte aud) der Verkehrsbeirat mitwirken. Die frühere AeversbufarirtLaft paben wir nit gedbilliqt, aber der Restbetrieb ‘darf zu@® ni&t dauernd Zuschüsse erfordern. Um die Moentabilit@t zu sickern, muß der ganze Betrieb rereinfacht und vorkilligt werden. Die Leitung muß. nah aufmönnisden Grundiäßen erfolaen. Auch bei der . Persona‘teform wird das zu berücksichtioen sein. Die teckmsckŒn Vern zur Ver- tinfachung d2s Fernspreckhwescns sollen zu- den kühnsten Hoffnungen be- weckticen. Die Verwaltung maß ste ernstlich wciter rerfelgen. Jm internationalen Nachrichtenverkehr muß die Selbstmdiakeit Deutscb- lands sidercestellt werden. Die Privat-Telephongcpzll\ckchafbon sollten uf das Reich ükternommen werden. Die Auf\{Grift „Vaiferlib2s Post- ami“ muß endlich vers&winden, der Mißbrauch der! Webühnenfre!ne? aufbören. Bei ter Entlassuna von Authölfskräften muß die Ver-

| waltuna s{onend vorcehen und Verheirateæ, Krizaëver"ekte und lanae

Zeit hindurch besckäftiate Ats8hilfskräfte möcrliist in feste Beamten- stellen übernehmen, Die Postarenten müssen höhere Vergütunaen ecbalter, Veober de Besckäfticuna der Frauen im Postdienst erbitten wir en Denksckaift der Vermaltuno, damit das «Haus Stellun- tbnen kenn. Die berorstehente Personalreferm muß'1m Geiste der neuen Zeit gehalten fein, Prôsitent Dr. Fehrenb a ch: Der Neichsvostminister lößi mi*- dailn daß - ar der Foilnabme on der heutinon Siuun- berkintert "f Abg. Nan (Zentr): Es ift vielfa bemängelt worden,

daß nicht immer nur Facbleule in die verantwortlicen Stelle berufen mwürten. Daß das nicht nstig ist, ersehen wir am besten aus tem Beisviel tes Herrn v. Podbielski, der alf Postminister eire . schr fruchthare - Tötiakeit entfallet F! Das vertrauensvolle Verhältnis zwisden der Verwaltung und. dew Ve- amten muß wieder hergestellt werden. Das roird nur mögli sein, wenn die Organisationen an dieser Aufaade mitwirken, Mit den er- hobien Gebühren werden wir uns anoesihts der Finanzlage abfinden. Daß fi die Avbeitsfreudigkeit der Angestellten hebt, dazu wird das beste Mittel sein die Neugestaltung der Personal- und Besoldungs- prdnuno. Es wird erferderih sein, daß eine Reform des aesamten VPosuwesens eintritt. Die Beiträge für Wobntnashauten im Haushalt sind nicht genügend. Die Verwaltung sollte selbst mehr Wohnhäuser haven als biéher, Auch die Gewährung von Land an Beamte wird sie in Beiracht ziehen müssen. Feder Luxus bei den Bauten ist natürlich au’ vermeiden. Zur Besckleunigung unseres Paoketverkehrs wird man sich wie in Berlên und einigen anderen aroßen ‘Städten im vermehrten Umfange der Straßenbahn bedienen können. Wethalb: ist die größere Postkarte noch n:ckt eingeführt? Jn Weimar wurde ihr baldiaes Er- einen zwgesicert, aber gesehen haben wir si2 noch nicht. Bezüglich des Postschedtrerkebrs glaute id, daß er si in aufsteigender Linie be- eat, zumal es die Neicbspestverwaltung nit an Provaganda fehlen lassen wird. Die Beamtenfrage will i zwar nicht an’cneiden, kann mir aber nicht versagen, auf die Besoldunaéfrage der Postagenten bin- weiten. Ihr Gehalt beträgt jährli 500 bis 1200 6, wobei für die Whunde 90 bis 69 S herauéfommen einsckließlih der Unkosten. Die Znenstunkosten muß die Verwaltung übernehmen. Ein Wunsch der Vostagenten gebt dabin, am Sonntag mebr freie Zeit zu, bekomnien. ne laufende Teuerungszulage- müßte ‘aud ten Pestagenten gewährt werden; diejenige der Beamten beträgt 100 bis 150 % mehr. Ferner ist wünstker8wert, daß die Postwagen in den Eisenbahnzügen nicht immer als Schußwagen binter die Lolomotive kommen, Dadurch sind an leßter Zeit größere Unglicksfälle von Postbeamten passiert. Auch die Postve1waltuno muß großzügig soin, damit auch sie an dem Aufbau des deuts&en Vateviandes mitarbeitet, Der Reichspostminister Wie2bert hat es verstanden, fi die Zuneigung des Personals zu er- werb2n. Ich will hoffen, daß es thm qelingen wird, die Neichépost auf ihre frühere Höhe Pinaufzuführen. J vertraue darauf, daß die Be- amtensdaft zur Mitavbeit bereit is, Sie karm versichert sein, daß wir mit besten Willen an die Wjung der Besoldunçsreform heran- gehen, sie hat eine eckt guf eine gesteigerte Fürsorge und Besserung f9rer Lebenslace. Von dieser Notwendigteit ist meine Fraktion durd- drunoen und stellt ihre Mitarbeit zur Verfügung. (Allfeitiger Beifall.)

__ Präsitent Fehrenbach © Der Postetat soll heute noch zu Ende gefübrt werden. Das ist absclut notwendig, damit wir unser Penfum tetzeitiq erledigen Tönnen, da beute im 14 Tagen unsere Pause be- ginnen soll: Weiter made ih darauf aufmerksam, daß bereits 7 Mo9- nate, für bie dieser Stat gilt, vorüßer sind, und daß in wenicen Woten r neue Œtat beraten werden wird, bei welcher Gelegenheit Sie alle hre Wünsce eingebend vorbringen können. ; Utg, Pfeiffer (Zentr.): Da'es niet möglich ist, an kurze An- ragen eine Debatte zu knüpfen, so muß_ id bei dieser Gelegenheit auf ane alte Anfrage des Abçceortneten Dr. Nießer zurickareifen, die si: mit den Nationalversammlungs-Gritnerungsmarken beschäftigte. Vit

0919,

Berlin, Montag, den 13. Oktober

dem Adgceordneten Heine und Nuïbke haite ih die Ghre, tem Preis- chiertollegium anzuaehören. Ich bedaure herzlih, daß Herr Dr. Rießer so wenig Verständnis für die künstleris{- Gestaltung. der Wertzeichen bekundet; wenn man so iut am grünen Holz, was soll am därren werden? Man soll toch dem Veïke den künstlerischen Geschmack aur einfadste Woise beibringen. - It fielle fest, daß auf ‘der einen Marke cin Eichbaum dargestellt ist, auf der anderen ein Achrenfeld. Es ift absolut vom Tünstlerisken Stvandpuntt aus zulässig daß man in der Farbengebuny si freimat ven den Farben der Natur. Herr Dr. Nießer irrt sih «ber, wenn er von einem blauen Aehrenfelde spridt. Er szint farbenolnd zu sein. Jemand meinte, daß tée Figur aus der, Fünfundzreangigpfernigmarke dew Kellner aus dem s{awarzen Walfish ven Aékclon mit dec Rectnung auf zwölf Ziegelsteinen ‘dar- stelle. (Große Heiterkeit.) Hätten Sie die Konkucrerg ‘gtséhen, die im Pestmuseum ausgestellt gemesen ift, ih böte Sie vor einem ‘Sdvlaganfall nicht sckœüßen körnmen, man sah (Sbert, Scillêér und Goethe im Weimar, Lantscbaftsbilder und alles Sokstige, was guf Postwerizeiden nit gehört. Wir seten da (Nedner Legt eie Sgmtns- lung von Entwürfen äuf den Tisch des Hauses, um den sh alsbald alle im Sac!e befindliden Abgeordnelen, eiwa 20, drängen) auf dem einen Gniwurf einen Mann, der aroße Aehnlichkeit mit“oiner Blut- waurst hat. (Heiterkeit und Zuruf ®Das wäre das richtige Motiv!) Auf einem andercn (Entwurf ten Sternenhimmel und eine Frau, wobei man nicht erraten Tann, ob die Frau von den Sternen befruchtet werden joll, oder ob fie ihn geboren hat. Jedenfalls hat die Konturrènz be- wiesen, baß cs {wer ist, allen Leuten aercckcht zu werden, und daß sich über den Gesckmack nit streiten läßt. Für die Mitglieder des Hauses, die dem Preisoichter-Kollegium annebört baben, nehme ids in Anspruch, daß sie nach bestem Tünstlerischen Gefübl gehandelt baben. Wenn keine Kenkurrenz veranstaltet und nur ein Künstler beauftragt worden wäre, wir hätten einen Sturm der Entrüstung erlebt über Mißwirtfckaft und Protektion. Der Künstler könnte bis dah!n der Tücktioste acwesen sein, in den Augen ollkèr anderen wäre er von da ab ein Riesentrottel ge- wesen. Deêéhalb balie ich es aub künftig für den ridtiacn Weg dine Ken- Turrenz auêzuschreiben. Wenn bemängelt wird, daß die Briefmaärke mit der Germania weiter ausaegeben reird, so läßl es fit nckt anders machen; denn die Nationalversammlungsmarke hat nur Inlandöwert. . Unterstaatssckvetär Teucke: Der. Reichspestminister bedauert auf das lebhafteste, durch eine drinocude Meise verbindert zu fein, Hier zu den verschiedenen Anregungen Stellung zu nehmen. Die vielen Veschwerden üter den Postbetricb sind zum größten Teil auf das Ver- Tebrselend gurtizusühren. Das notwendige Matertal, insbesondere auch die Apparate, können nicht beschafft werden. Leider müssen wir eingestellt, wenn auch vielleicht nit genücend Boamtéäiwerfonal. Es ist natürli, daß wir mit den nicht ge\chulten Hulféfkräften nicht das leisten können, mas ein altes Boámtentum "leistet. Loïber müssen wir jet noch cin Drittel unseres Personals qus Aushilfskräften.zusammen- seßen, Sicberlich find diese bemüht, Gutes zu leisten. Sie werden aber doch ne an die Leistungen unserer Beamtenschaft beranreicken. Dabei kommt beim Hilfépersonal immer wieder ein starker Wesel vor. Die aus der Krieg8zeit noch vorhandenen weibliben und jugend- lichen Hilfsfkräfte werden immer mehr zugunsten ter Ginstellunx von Kriegsteshädiaten aus den Dienststellen entfernt. Es sind alle Maß- nahmen getroffen zur Neinhaltung unseres Personals von unsauberen (Flementen. Die Veraubungen finden meist auf den Bahnhöfen statt, die nit ganz verhindert werden. können, trozdem wir polizeilidte Hilfe in Anspruch nebnion. Lei ter Bezahiung unserer Hilfskräfte sind wir bemüht, die Gntlobnung in Einklang zu brincen mit den Lohn- sähen, die für gleide Arbeiten von anderen Verroaltungen, namentlich der Eisenb@hn, aziahlt werden. Die Lobnsäße für Hilfskräfte übker- steigen oft tas Geht alter Beamten, aub solLer, die [don 20 Jahre im Dienst sind. (Hört, hört!) Daß da die einmalige Bescaffunze- beihilfe für das nid teamtet2 Personal etmgs niedriger bemessen wird, ist durdaus berechtigt. Für die Postagenten sind im neuen Etat hohere Säße eingestellt, Mit der Eisenbahnvermaltuna. ckweten Verhandlungen, Schußwagen nur im äufersten Falle als C zu échraucben. Die Entfernung der Inschrift „Kaiserlies Postamt“ lößt sich nicht so schnell dur{führen, vielfach müssen neu? Sc&:lder beckhafft werden, die ater hit so scknell heroestellt werden Tönnen. Die nôotigen Anordnungen sind aker ergangen. Die Bestimmungen über den neuen Verkehrsbeirat werden zurzeit ausgearbeitet, "Der Funkentetrieb wird nah Möglichkeit gefördert, um ihn für Post und (Telegraphie nußbar zu machen. Die Telegraphenleitungen kann er aber niemals erseßen, weil das Telegrammgeheimnis nit genügend gewahrt werden tönnte. Abg. Del i u §-(Dem.): Die Reichspost hat si mährend des Krieges aus einer Ueberscuß- in eine Defizitverwaltung verwandelt. Die Veamien der Verwaltung, die während. des Krieges ihre ganze Kraft in den Dienst der Allgemeinheit gestellt haben, verdienen unsern Dank. Die Bemühungen der Verwaltung, die Eimmakbmen zu erhöhen, haben zur Verdreifahung des Preises für die Postiarte, zur Ver- dopvelung des Vriefpertes und zu einer star? erhöhten Gebühr für die Telegramme und für das Fernsprechwesen aœführt. Der leßteren Erhöhung haben wir nur mit Widerstreben zugestimmt, und jeßt müssen wir die Wahrnehmung machen, daß die Beförderung eher noch manzel- hafter und \ck{!eppender als vorher geworden ist. Dakei kommt bei der Absendung dringender Telegramme die Geoühr auf das Sedsface gegenüber dem Frkedenssaße zu. stehen. Auf dem Wege der Postordnung ist außerdem eine Reihe neuer Gebühren eingeführt worden, (ine wesentliche Vereinfachung des Betriebes is dadurch eingetreten, daß man das Porto und die Bestellgobühr vereinigt hat. Damit sind au beträchtliche Ersparnisse verbunden. Wir brauchen aber noch weitere Vereinfacungen im Postbetriebe. Dam ist nötig, daß* man *erfährene Männer aus der Geschäftspraxis zu Nate zieht; der Postbeirat 1st dafür ganz die ritige Stelle. Notwendig ist auch eine Verminderung des Swuretbwerkes: eine Menge unnötiger Statistiken wird immer noch im Bereich der Postverwaltung ausgestellt. Mehr als bisher muß die Postveuraltuna die modernen Verkehasbmitiel, den Fernsprecher und die Screibmaschine, benußen. Die tecnisden Hilfsmittel lassen sich ebenfalls noch viel mehr ausnugen, so die städtischen Siraßen- bahnen: „damit werden sehr crheblide Griparnisse ermöglidt. Der Autopostbetrieb sollie fo weit wie möglich ausgedehnt werden, Eine

- weitere Verschlebterung der Verkehrseinrichiungen, die wahrhaftig

{on schleckt ocnug sind, können wir nicht mchr ertragen. Gewiß bat eine arc Verschlechterung des Materials stattgefunden. Aver die ganz bedeutende Sleigerung des Verkehrs, wie sie speziell in Berlin eingetreten ist, mat in qroßem Umfange Umgestaltungen erforderlich. Die Arkeitsun'ust im Persofal muß nachdrücklich bekämpft werden. Bei den Telephonämtern ist die Aufsicht zu vevscärfen; das Verkehr®- elend bei diesen Aemtern mat \olch: Au8nahmemaßregeln unbermeid- li. Widerstrebende Elemente sind ohne weiteres aus dem Dienste zu entlassen, Die Abiragung der Telegramme wird vielfah außer- ordentli verzögert; da soll man den Fernspreh:r ü weitestem Um- fanaë zur Aushilfe heranziohen. Die Postsendungen werden jeßt in großen Massen fehlgeleitet; das üicat an dem großen Mangel an gesGullem Personal, an der Masse der Aushilfskräfle, die fast di: Hälfte der Kopfzahl des gesamten Personals ausmact. Freilich träat das Publikum felbst turch Natlässiakeit bei der Adressierung der Pakete die Stuld an der Unanbring“ichkeit, Wohl in allen Städten ift einc Versblehterung der .Briefbestellung zu konstatieren; überallhin follie mindestens eine viermalige Bestellung täglich stattfinden; desgleichen il die Leerung der Briefkästen häufiger vorzunthmen. Die deuische uftreederei hat seit dem 5. Februar die erste Luftpost von Berlin nah Weimar verkehren lassen; die Einrichtung ‘ist später ausgedehnt worden, hat abes wegen Materialmangels vom 1. August gab ciagestellt werden

P O TEL L E 7

müssen und ist leider immer noch nit wieder aufgenommen. So {nell wie moglit muß seine Wiedereinrichtung versucht werten; ev würde die Kommunikation wischen den großen Städten fördern und den Klegen über das Verkehréelend. bis zu ein.m gewissen Grade ab- he. fen fonnen. ft der Pestverkehr zwischen den bteseßten “Gebieten im Osten umd dem alten Deutschland vollständig wieder aufgenommen? Eine Vermehrung der Einnahmen würde auch durh die schleunige Aufhebung ter Porio- und T.legrammgebührenfreiheit, die nach dem Kriege einen ungeheuren Umfang angenommen hat, zu erzielen \ein- Becbsichtigt die Verwaltung auch das Privileg der Portofreiheit füv den Verkehr der Reichöwehr auszubeben? Ein Bedürfnis für die Fort- dauer des Privil gs scheint angesichts der guten Besoldung der its glieder der Reikéwohr nicht vorzuliecgen. Der BPostsheckverkehr ist noch» weiterer Auetcebnung fähig. Düsseldorf braucht ein neues Poft- \ckeckamt. Die Funfkentelegraphie hat ¿ine greße Zukunft, vor über« eiten Erverimenten aber soll man si hüten. Der einheitliden Post- venvaliung, die wir für das Reich bekommen, freuen wir uns. Es müssen aber auch die Verkehréfortschriite Bayerns und Würtiembetgs mit auf. das N 1H übernommen werden. Das Zusammenarbeiten von Verwaltung und Beamterschaft ließ unter Kraetke alles zu wünscken lbrig. Es mar eine Aera des verknöckerten Bureaukratièmus und der antifozialen Gesinnung. Von einem Mitbestimmungsreht der Bes amten war feine R.de, jede Berufsfreudigkeit war gelähmt. Untso Nüdelin ist eine greße Besserung einoeireten. Jeßt haten die Beamttù erreiht, was sie wollien. Der Beamten-Beirat wird aute Arbéit leisten, au die Auéschüsse arbeiten tüchtig. Für Beamte, die sich niht in die neue Zeit finden, ist kein Plaß mehr. Die alten Beamten wird man in großer Zahl pensionieren müssen. Für Vizepostdirektoren liégt kein Bedürfnis vor. Das Avfrücken aus mittleren in hcehe Stellèn muß aud bei der Post Plaß greifen, bei der Personalreform foll man sfi vor jeder Ueberspannung des Prüfungêwesens huütèn. Die Kriegébesdädigten bedürfen bei Neueinstellungen besonderer Be- rücksihtigung. Wir wünschen alle, doß wieder ein frisher Zug in 8e Verwaltung kommt.

Abg. Degler k (D. Nat): Die Wirkungen des Krieaes baben hre Spuren mie in das Eisenbahnwesen fo aud in das Postwesen tief eingegraben; die sprickwörtlih gewordene unbedingte Zuverlässigkeit, Schnelligkeit, Tücktigkeit und die Bill'akeit des Betriebes stehen beute ncht mehr ‘auf ibrer früberen Höbe. Besonders 1m Fernspreck- wesen haben uf, Zustände herauëgebildet, die für die G:\chäftswelt außerst unongenebm und störend sind. Gegen den leßten Friedengetat ¿tat der Etat für 1919 ein gewaltiges Ansckbwellen der Ausgabén. Die Einnahmèên haben damit nit gleicen Scbritt oehalten: die Ge- bühren baben w'ederbolt erhöht werden müssen. Vorher war das Streben auf Verb:liaung gerichtet, jeßt müssen wir zu unserm Be- dauern bei der E‘fenbahn w!e bei der Post das Bestreben wahr- nebmen, den Verkehr zu verteuern; wir iind iebt glücklih bei Ges dübren angclanat, wie sie in den 60er Jahren des vor'aen Jahr- hunderts erboben nmurden. Anoesihts dieser gewaltiaen Verteuerung muß ganz entsicden d'e Heritelluna ocordneter Verbältr‘ se im Post- beirticbe gefordert werden, Daß ein Telearamm von Bayreuth nach Dresden 324 Tage acbraudbt, geht denn do zu weit, sol#e Verzóae- runa bann zu den \ck{wersten gesckäfil:chen Nachteilen führen, Die Beförderung von Depesden mit der Post bat einen aroßen Umfang angenommen, er ift beinabe zur Regel a:wordeu. Auch auf dem Gebiete des Fernsprehmesens wollen die Klegen nicht verstummen. Der Umstand, daß der Krieg die forafältice Unterbaltuna des Fern« \premneßes ebenso wie seinen Ausbau verb?ndert hat, entsckuldiat die Mißstänte nur zum Teil. Ene durckare! fende aroßzüaiae Verwal- tunoëreform ist nckt nur erwüns{t, sondern drinoend nôt'a. Die Ver- reickilickyng der E:senbahnen wird ta die beiden Verkehrêinstitute ein- ander näter bringen und vielleidit dazu führen, daß cuf dem L11de einfache Déenstgcschäfte zusommengenommen und gemeinsam gefübrt werden. Zu einer Vershlebterung der Dienst- und Besoldungsverhältn:\se der Beamten darf die Reform natürl:ch nit führen. Etne so \turni- bewegte Zit konnte an cinem solben riesiacn Beamtenkörper nick# spurlos vorübetgeben. Lebbafte Ksacen werden von den Boamten darüber erhoben, daß ihnen die Möglichkeit des -Aufstiegs „nicht gee nioend aon ist. De Buaebörcfet u einer b-stimmten vot: den Partei darf für den H: naufstiea inder Posth-omtens#-ft nt au Sidage gebend sein, fondetn nur aute Fa- und Alloeme!nbldung. Den Bs amten muß die 2usiéeruna araëben werden, daf sie bei dem Berxtyneën ter Besoltunasreform beteil:at werden. Ang: sihts des ocaecnwärtigen Ueterangcbots an menscklcker Arbeitékraft und anacsi%ts der. not wentiacn Einstma trn ®rncätalnkm--n m5 his Bong verbeirateier meibl:der Angestellter unterbleiben, sie sollten auf eigenen Antraa aus ibren Stellon \ckbeden. Die NVerieftarncen -wisson ouf das äukerste Maß eincesdränkt werden. Hoffentl% acl:nat es uns, die Leislunoen der Post wéeder auf die Höhe zurüczuführen, we fie A ehemaligen Kaiserlichen Reicbépost erreicht waren. (Betfälk rechts. :

Unterstaatósekretär Teu ke: Der Verkehrsbeirat wird" so *#- staltet werden, daß er nir für sol: Betr'ebsenridtunacn in Frage fommt, die in threr Wi7rkyna auf das Lublikrm in Ersck&-**nttg treten. Alle übrio-n VBotr'ebêf=aaecn müssen von faXkundiorn Steen ‘erledrat werden. En Gefeß über Aufhebuno der Portofreiheit wird der Natemlerfammwna in ‘Kürze zugehen, Verhandlungen mit den einzeln-n Ressorts sind im Ecnae. iti

Gegen 614 Uhr wird ie Beratng abgebrochen. t

_ Nächste Sibung Mo nt a a 1 Uhr. (Novelle zum Brannt- weinmonopol, Jnterpellotion Scheidemonn, betreffend Leder- preissteigerung, Ausschußbericht über billigere Versorgung mit Schuhwaren und Textilfabrikaten, Antrag Ablaß, betreffend planmäßigen Abbau der Zwangswirtschaft für landwirtschaft- Erzeugnisse.) - :

Oefstexreith,

Fm Ernährungsaus\huß der Nationaklners sammlung führte der Staatssekreiär Löwenfeld-Reuß vorg#ern aus: i Während die Ernährungsloge im Laufe des Frükjahrs und des Sommers infol ‘e der Ententezusckübe erträglih war, steben wir jegt vor der Gefahr des unwittelboren Zusammenbruchs der ganzen Ernährung. Die Versorgung Wiens ist von einem Tag auf den andern gestellt. Die Meblquote ist für die näbste Wee auf die Hâlfte gekürzt. No trauriger ist ‘die Kartoffelve' soraur g, wo de Eintuhr von 20010 Waggons notwendig ist, die j dod bei den beutigen Trans8vortverhältnissen so aut wie ausges#loffen ersheint. Wenn sich die Länder in dem Maße ab'perren wie bisher, so wird es unmögli, überbaupt noch eine Ernä rungs- politik zu führen. Dur folhe Beschlüsse, wie sie die oberöster- r ichishe Landesversamm'urg oefaßt bat, wird tas Land m't eirer cinesisben Mauer umgeben. Ich erkläre, daß i in eine reue Re« gierung nit mehr eintreten werde, weny sch die Under vit berett erklären, di fe Absperrunasmaßnabmen fallen zu lassen. Gewiß ' andelt es sich nicht um meine Person, aber id bin der Meinu-g, daß nies mind die Verantroortung, an der Spiye des Ernährungsamts zu

stehen, übernehmen fann,, wenn die Dinge weiter fo geben wie bisher, Was heute geschieht, ist Anarchie in tek ärgsten Form. Y Sts