1919 / 257 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 08 Nov 1919 18:00:01 GMT) scan diff

ihn will dem Eniwurf die Form einer von uns angenommenen ntshliezung geben und diese der Regierung mit dem Er}uchen über- iveisen, sie mögs ihm im Meichsrate einbringen und dort für seine anbglichst baldige Verabschiedung sorgen. Der Antrag Hailmann bver- langt abar ferner von uns, dag wir den Entwurf mit einer Vs- stimmung bverabschieden sollen, die sih gegen eina ganz flars Be timmung der Meichsverfassung richtet. Das können wir niht. Der lntrag Heilmann will offenfihtlih auf den Reichstag einen Druck ausüben. Dann sollte eèr ih do lieber an seine fozialdemoftratischen reunde im. Neidsta seine Wüns

r qe wenden und Denen eine U e DOTITAgEnN, T; on. 117 ntt Non L ornelop STBIT tonnen UNS mt Dazu Hergeoen,

Ein Schlußantrag wird abgelehnt.

Abg. Heilmann (Soz.): Das shroffe Auftreten Dr. Mosen- felds notigt mich zu einigen Ausführungen. Den von mir vorgebrachten Tätbestand hat er dur nichts widerlegen können, fontern er hat ge- meint, ich bätte ibm nur ein bißchen am |Zeuge fliden wollen. Im übrigen habe tch bei Dr. Rosenfeld \ckon \chrif (Einspruch dagegen êrboben, daß in dem Ausschubberihte nichts von der Geschäf détatte ermahnt illes Schelten ändert nichts t dann abzulenken versucht, 1

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Serr Dr. Rosenfeld ha sas x Gia 4 Bus 0D m 1ptuD SKRautstvs gegen m!

angeführt hat. Dazu duard Bernstein der Verfasser der polemischen S b, Der Ausspruch von Kautsky berührt also nicht mich, sondern diesén. Herrn Leidig erwidere 1ch, daß man sein Verhalten dem Ge- seße gegenüber dem Sinne nah mit Obstruktion bezeichnet. Dem Abgeordneten Brust ist es nicht ganz leiht geworden, seinen Stand- Punkt zu vertreten. Es gibt doch vernünftigerweise keinen sahgemäßeren Gese dem Reichsrate und der Nationalver\athmlung

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Weg, «als q, alé

zur Prüfung zu unterbreiten, und die Nationalversammlung ist doch die berufene Hüterin der Reichsverfassung. Wir wollen ja nicht mehr, els

bie Nationalversammlung zur Stellungnahme auffordern. Es besteht

im übrigen ein unüberbrückbarer Widerspruch in dem Verhalten des

S8eritrums beute und in der Kommission. Ih möchte Herrn Brust

zurufen: Kehre zurüd, es ist alles vergeben! (Heiterkeit.) Wenn man

das Geseß sfacklich prüft, gibt es nur einen Weg, und der ist mein nabme f

J Antrag. Ich bitte um Annahme desselben. Ab r. Nofenfeld: Der Abgeordnete Heilmann macht noch- mals den Tuds, eimen Gegensaß zu konftruieren zwischen mir und meinen Fraktionsfreunden. Ich wiederhole, das ist absolut unrichtig.

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Abg. Dr. Leidîi g: Der Antrag des Abgeordneten Heilmann ift nihb geschaäftsordnungsmaßig und deshalb für meine Freunde un-

annehmbar. Der Unterstaatssekretär meinte, es hätten Berhand- Tungen \tattacfunden mit dem Charlottenburger Wasserwerk. Diese hätten fich aber zers{lagen. Es muß nach unserer Ansicht oin un- parteiisches Gutachten über den Wert des Unternehmens eingeholt werden und dementsprechend die Höbe der Entschädigung festgestellt werden. Im übrigen hat sich die Stellungnahme meiner Fraktion zu dem Geseßenlwurf in nichts geändert.

Abg. Cassel: Nach unserer Ansicht Tiegt hier eim Ausnahme-

a goseb vor, welches im Widerspruch zu der Verfässung steht.

Jn der Abstimmung werden die §8 1—Z, die die formalen Bestimmungen über die ‘Enteignungsermächtigung enthalten, anoenommen. Alle übrigen Teile der Vorlage mit den dazu estellten Anträgen werden abgelehnt. Das Ergebnis der Ab- immung wird mit Heiterkeit aufgenommen.

Der nächste Gegenstand der Tagesordnung, die dritte Be- ratung über die Erweiterung der Selbstämndiqg- feitSsrechte der Provinzialverbände wird auf Antrag des Abg. Beye r - Oberschlesien (Zenir.) bis Montag von der Tagesordnung abgesebt, um hinfichtlich des Vorschlags- rechis. noch eine gemeinsame Plattform zu finden. "Es folgt die dritte Lesung des Gesehentwurfs auf

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Verlängerüng der Amtsdauer der Mit- glieder der Handelskammern. Die Vorlage sieht eine Verlängerung der Mandate bis längstens 31. Dezember 1920 vor. A)

Abg. Menzel - Halle (U. Svg.): Die Vorlage hätte eine frühere Vornahme der Wablen bestimmen sollen und zwar mit der Erweite- rung, dass neben den Arbeitgebern auth den Arbeitnehmern eine Ver- téetung n den Kammern gewährt werde. In dec Kommission sind wir dafür cingetreten, die Vorlage im längstens eznem Monat zu ver- dbsdieden, An diesem Falle wären wir also für eine Akkordardei? mwesen. Gegen diesen Vorschlag wurde aber Sturm gelaufen. ine Verlängerung der Amtsdauer bedeutet eine Verzögerung des Wieder- aufbaus unseres Wirtschaftslebens.

Minister für Handel und Gewerbe Fischbeck: Der Herr Vorredner hat gemeint, es habe an dem mangelnden guten Willen der Negierung gelegen, wenn das neue Handelskammergeseß dem Hause noch nicht vorgelegt worden ist. Wenn. er einen BVlick in bie Vorlage geworfen haben würde, würde er den Grund gefunden haben, aus tem wir bisher diese Vorlage nicht bringen konnten. Der Entwurf ist bei uns im Handelsministerium fertiggestellt und durch- gesprochèn, und es wäre für uns jeden Augenblick möglich, ihn hier hexeinzubringen. Aber Sie wissen, daß das Reich gemäß Z 165 der Meichsverfassung * vor einer Neuorganisation der wirlsaftlichen Snteressenvertretungen steht, Sie wissen alle, daß in diesen Tagen die Grundzüge für den Meichswirts haftsrat veröffentlicht worden sind. Sie wexden aber auch gehört haben, wie von den weitesten Kreisen gegen diesen Entwurf. Vorstellungen erhoben werden, daß man eine richtige Vertretung bald dieser, bald jener Erwerbsgruppe in diesem Entwurf vermißt. Vor allen Dingen «ber ergibt sich die große Frage, wie der definitive Meihswirtschaftsrat, nahdem die Zeiten des provisorischen Meichswirtschaftsrates vorüber sind, auf- gebaut werden soll, ob er sich aufbauen \oll auf den Bezirkswirt- \chaftsräten, darunter wieder die Betriebsräte und. die analogen Körperschaften der Arbeitgebervertreter, oder ob“ er“ in“ anderer“ Weise ¿zusammengeseßt werden soll. “Wenn er aufgebaut“ werden - soll, wie ih es für natürlich halte, und. wie es aus dem Artikel 165 der *Ver- fassung hervorgeht, aus den Bezirkäwirtschaftsräten, wird es“ sich

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* varum handeln, aus welchen Kreisen die Bezirkswirtstaftsräte auf

der Seite der Arbeitgeber bestehen sollen, und da ergiebt sich die Frage, welbe Nulle in Zukunft hierbei die Handelskammern spielen werden, ob sie als Unterbau mit in Betracht kommen, und je nach- dem die Entscheidung im Meichtgeseß fällt, werden sich aub natür- lihe Gesichtspunkte für den Aufbau des Handelskammergeseßes er- geben. Das ist der Grund, weshalb wir in bezug auf die eine oder andere Frage mit dem Geseßentwurf noch niht vor die Deffentlich- feit treten konnten, Wir müssen uns selbstverständlih richten nach dem, was die Reich8geseßgebung vor hat.

Nun hat der Herr Vorredner davon gesprochen, daß au eine -

Angestelltenvertrebung in den Handelskammern wünschenswert wäre. Damit berührt er die Frage, ob die Handelskammern in Zukunft als gine gemeinsame Vertretung von Unternehmern, Angestellten und Ar- beitern ir Handel und Industrie gelten sollen, oder ob sie in dev soebén erörterten Frage nur als die Vertreter der Unternehmer zu gelten haben, als die Körperschaften, ‘bie indie Betrieb8wirtschafts- ráte eventuell die Unternehmervertreter gu ‘delegieren haben, gemein- sam? mit den Handwerkskammerit, den Landwirtschaftskammern und einer Meibe von anderen Körperschaften. Ih made dabei darauf aufmerksam, baß bereits vor 14 Jahren, als vas neue Handels-

Tammergeseß beraten, und die Frage aufgeworfen wurde, ob einma Angestellte zu den Handolskammern hinzugezogen werden follten und zu den Handelétammern als Vertreter gewählt werden könnten, di Ungestellton es gawessn sind, dis dan lebhaftesten Widerspruch dagegen erboben baben. Sie baben gesagt: wir wollen unfere Vertreter in Ungestelltenkammern- haben, nit gemeinsam mit den Unternehmern in den Handelskammern (sehr richtig! bei den Sozialdemotraten), und was der Vorredner uns bier empfiehlt, ift das direkte Gegen- tei von dem, was die Angestellten selbst gefordert haben.

Was das Wahlredt anlangt, so made ih darauf aufmerksam, daß wir uns {on die ganze Zeit bemüht haben, den Grundsaß, der aub im vorigen Sommer in der Kommission als richtig hin- gestellt worden ist, zur Durchführung zu bringen, nämlich das gleiche Wahlrecht bei den Handelékammern durdguführen. Es ist damals besonders das Wahlrecht hier in Berlin angegriffen worden. In- zwischen hat die Berliner Handelskammer beschlossen, nacèem sie fi mit der Handelékarnmer im Potédam vershmolzen bat, das gleiche Wahlrecht anzunehmen, so daß die Wahlen in Berlin jeßt nach diesem System durdbgeführt werden. Ebenso ift im Lande bei einer großen Reihe von Handelskammern freiwillig das gleide Wablreht ein- geführt worden.

Nun klagte der Vorredner darüber, daß wir für das beseßte Ge- biet das Handelskammergescß nicht fertig hätten. Die Verhältnisse des besetzten Gebiets sind ein Motiv für diesen Geseßentwurf, weil eben in den besckten Gebieten Handelskammerwahlen vielfach gar nicht mögli sind, diese Wahlen dort direkt verboten werden. Wic wollen aber deshalb nit, wie der Vorredner meint, ganz allgemein die Wahlen ausfeßen, sondern sie sollen nah Möglichkeit Play greifen, aber wo derartige Schwierigkeiten vorhanden sind, wie sie für die beseßten Gebiete gelten, foll der Minister das Recht haben, auf An- trag der betreffenden Handelskammer zu bestimmen, daß vorläufig die Wahlen noch ausgeseßt werden.

Nun wird allerdings dasselbe wobl auch hier und da im unbesehten Gebiete Plaß greifen können. Ich sagte, wir bemühten uns, das aleide Wahlrecht für die Handelskammern herbeizuführen. Aber jeder verständige Mensch wird mir zugestehen, daß man dieses gleiche Wahl- recht nit in der Weise s{chasfen kann, daß man überall die sämtlicben Gewerbetreibenden aller vier Gewerbesteuerklassen, gleichviel, ob es fich um Großhandel, Kleinhandel, Industrie, Banken handelt, mit einem Male in dem gleicen Wahlgang wählen lassen kann. Das könnte dahin führen, daß große, sehr widtige Jndustrie- und Handel8zweige, Zweige, die für einen Handelskammerbeziurk vielleickt sogar aus\chlag- acbend sind, in der Handelskammer überhaupt nicht vertreten werden. Wenn in einer Handelskammer z. B. Bergbau in großem Maße um- acht und daneben eine große Zahl von |Krämerfirmen vorhanden sind, so fónnte es dahin kommen, daß diese Krämerfirmen, wenn sie in das Handelsregister eingetragen sind, allein über die Zusammenseßung der Handelskammer unter Ausschluß des Bergbaues bestimmen. Das wird kein verständiger Mensch wollen, und deshalb wird man dahin fommen müssen, daß man die einzelnen Kategorien sondert und sagt: der Bergbau wählt in einer bestimmtew Gruppe natürli nach dem gleiden Wahlrecht —, der Großhandel, der Kleinhandel oder. ¡raendeine widtige Industriebranche, die sonst vorhanden ift, wählt ohenfalls ihre Vertreter nah dem gleichen Wahlrecht usw. Wir sind ub bier vabei, wo das gleide Wahlrecht \don jeßb eingeführt werden soll, ole Gruppencinteilungen vorzunchmen. Aber das muß natürli ven uns qauch sorafältig turdgeprüft werden; denn selbstverständlich darf es, wenn wir solche Gruppenwahlen einführen wollen, nicht etwa dabin kommen, daß nun dadur das gleiche Wahlrecht aud illuforisch gemacht nird, idem! man vielle:cht einer Anzahl wenigen großer Banken cder Industriefirmen ein Vielfabes vom Wahlrechò gibt gegenüber den Fseinen und dicie kleinen vollständig unterdrüdckt. Es 1st vielfad gar nit möglich gewesen, in der kurzen Zeit con alle diese Bestimmungen durcbzuprüfen, und daher wieder unsere Bitte, uns dio Ermächtigung zu geben, daß wir in diesem Jahr eventuell die Wahlen noch nit durdbzuführen brauchen.

Menn Sie alle diese Erwägungen zusammennehmen, dann werden Sie do wohl dahin kommen, daß es nicht böser Wille gewesen ist, der uns wveran!aßt hat, von der Vorlegung eines neuen Gesches jeßt abzusehen, sondern daß praktische [Frwägungen uns poranlaßt haben, Sie zw bitten, den Uebergangszustand neo zu belassen. (Es wird ih eraeben, daß in einem sebr großen Teile ter Handels8ammern Neuwablen nah dem gleichen Wahlrecht Plaß greifen; nur im be- seßten Gebiet und in einzelnen anderen Handelskammerbezirken wird der Ausnahmezustand noch bleiben. Jch hoffe aber, daß ih in aller- nädster Zeit zu einer Verständigung mit dem MNeichsroirtschaftsamt über die nod auéstehende Frage kommen kann, und taß das Ministerium Ende dieses oder Anfang näcsten Jahres Ihnen den Entwurf vorlegen fann, jedenfalls fo zeitig, daß er in dicjer Leogiélaturperiode noch ver- abschicdet werden kann.

Abg. Lüdemann (Soz): Die Handelskammern in ihrer beutigen Form sind unfähig, sich auf die ‘veränderten Zeitverhältnisse einzustellen und am Wiederaufbau unseres Wirtschaftslebens „erfolg-

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- rei mitzuarbeiten. « Unser “ganzes Wirtscbaftäleben muß! orgañisatovisch:

auf eine paritälisde Grundlage. gestellt“ werden. Ueberall müssen die Arbeiter und. die Angestellten mitzuteden haben. : Das können sie aber nicht, intem sie in die alten Handelskammern hineingehen, sondern es müssen aanz neue Organe -geschaffen werden, und « das jollen die Mirtscbaftsräte sein, Die Handelskammern “sind richts anderes als die Herrenhäufer des“ Wirxtschaftslebens. | Wir wollèn? sie deshalb nicht umbauen, sondern an die Wand drücken.

Minister fün Handel und* Gewerbe Fis chbeck: Meine Damen und Herren! Ib muß in einer Beziehung dem Herrn Vorredner ent- gegentreten. Er hab gemeint, ih habe in bezug auf die Handelskammern und ihre zukünftige Stellung heute einen anderen Standpunkt ein- genommen als damals in der Kommission. Nein, meine Damen und Herren, in der Kommission lag die Sache so, daß der Herr Vorredner von mir verlangte, i sollte mib auf den Boden der Vorschläge des Herrn Reich&wirtschaftsministers hinsichtlich der zukünftigen Reicbs- wirts{aftsräte stellen. J habe erklärt, daß ih mi mit dem Herrn Neichäwirtschaflsminister in Verbindung geseht häite, um seine Pläne fennen zu lernen, daß ih diese Pläne in ihren hauptsächlidstew Grund- zügen aber nod nit erfahren hätte und id habe es abgelehnt, mi für die Pläne des NReichétwiris{aftministers auszusprechen und siz zu afzeptieren, che i sie kenne. (Sehr richtig! bei der Deuishen Vo!ks5- partei.) Jch glaube, das wird man einem preußishen Minister do wchl noch zugestehen müssen, daß er zunächst einmal die Dinge, die drüben geplant werden, kennen muß, ehe er eventuell seine Zustimmung dazu ausspricht.

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Nun inb inzwischen die Verhandlungen mit dem NReich&wirt? schaftsminister weitergegangen, und er hat mir in einem Schreiben die Erklärung abgegeben, er sei damit einverstanden, daß bei der We- gründung der Bezirköwirtschaftêräte die Handelskammern mit «als Träger der Vertretung der Unternehmer herangezogen würden. Das ift ein Voden, auf dem ib mi mit dem Herrn Neichéwirtisaftsminister zusammenfinden kann; denn ih verurteile allerdings die Tätigkeit der Handelskammern nit in der Weise, wie es der Herr Vorredner

ctan hat. (Sebr richtig! red.) Ib bin vielmehr der Meinung, unsere Handelskammern in reichem Maße sehr Ersprießliches für nsec Wirtschaftsleben geleistet haben. (Sehr ridtig! rets.) Sie

werden, wenn Sie etwa der Meinung sind, daß der neue Handels- Fammergesebßentwmurf in dem Sinne aufgebaut ift, die Handelskammern „an “die Wand zu drücken“, eine Entiäuschung erleben. Jch habe im Begenteil die Absicht, die Handelskammern stark und [eistungsfäßig u maden, damit sié in dem neuen Aufbau unserer paritätishew Wirt- retungen ibrer Bedeutung entsprechend mitarbeiten Fönnen. retungen sollen paritätisd sein, denn die Arbeiter sollen zu en: dancben müssen aber Vertretungen der Untex- nebmen stehen, die leistungéfähig sind, die von einer gewissen Warte aus unser Wirtscaftsleben überblicken und dur die Erteilung ihres sleben, das heute fo sder tat» liegt, wieder in die Höhe bringen können. Abg. Meyer (Dem.): Von einer Abschaffung odey Beseitigung der Handelskammern, die stch unzweifelhaft im Wirtschaftsleben bewährt baben, fann überhaupt feine Rede sein. Es kommt nur darauf an, fie in modernem Geiste auszubauen.

Aba. Hamme r (D. Nat.): Es ift wünscenswert, daß breitere Kreise als bisher in den Handelskammern vertreten sind. Auch die Minderkaufleute müssen zur Geltung kommen,

Abg. Hager (Zentr.): Aub wir wünschen bei einer Neugestaltung des Handelskammerwesens|, daß breitere Kreise des Volbes und der Industrie mehr als bisher herangezogen werden,

Die Vorlage wird darauf in dritter Lesung ange - nomanen. :

Die Anordnungen des Ministers des Jnnern an die Re- gierunaspräsidenten in Königsberg, Köslin, Bromberg und Franffurt a. O, anläßlich der Ausführung des Friedensver- trages auf Uebertragung der BefugnissedesBezirks- ausschusses in Pojen an. den Bezirksausshuß in Frank- furt a. O. und der Befugnisse des Provinzialrats in Posen an den Provinzialrat in Charlottenburg, sowie wegen Ausübung der Befugnisse der bisher zuständigen Verwaltungs- gerichte und Verwaltungsbeschlußbehörden, in den bei Preußen verbleibenden Teilen der Provinzen Westpreußen und Posen, find dem Hause zur Kenntnisnahme mitgeteilt worden.

Abg. Dr. Dolezych (D. Nat.) bringt zur Sprache, daß der Plan, aus verbleibenden Teilen von Westpreußen und Posen einen neuenNRegierungébezirk zu bilden, inzwischen aus unbekanntew Gründen roteder fallen gelassen sein foll. Andererseits soll Zeitungsnachrichten zufolge über die Zuteilung diese Gebiete an die Regierungsbezirke Köslin, Stettin, Frankfurt und Liegniß bereits Bestimmung getroffen sein. Auch wenn der Friede niht so bald ratifiziert roerden sollte, würde eine entsprehende Vorlage in Bälde an das Haus zu bringen sein. :

Die Anordnungen erklärt das Haus durch Kenntnisnahme für erledigt. ;

Nach einer dem Hause zugegangenen Denkschrift über den Ausbau der Wasserkräfte bei Hann. Münden sollen die im Geseh vom 9. Juni 1913 beschlossenen Bauten im oberen Quellgebiet der Weser nunmehr unter Ab- änderung des damals beshlössenen |Bauplanes fortgeführt und vollendet werden. Statt des einheitlichen Weserkraftwerks sind zwei Einzelkraftwerke an der Werra und an der Fulda in Aus- ficht aenemmen.

Abg. Müller - Hameln (Soz.) begrüßt die Vorlage als einen Fortsritt der Gemeinwirtshaft urxd. als cim Mittel, die unerhörte Meonopollstellung, die zum Schaden der Bevölkerung von der bisherigen Gleftrizitätswirtshaft auêgenußt wird, zu unbterbinden. Es müsse der kapitalistischew Ausbeutung auf alle Weise entgegengearbeitet und ¿bre Riesenprofite müßten der Allgemeinheit dienstbar gemacht werden. Man müsse aber au gleiczeitig die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen und Kemmunalverbände sonen. Bei der Strom- verteilung müsse das Privatkapital ausgeschlossen und die Energie- verteilung restlos den Kommunen übertragen werden.

Nach kurzer weiterer Besprechung wird unter Ablehnun eines Antrages auf Ausschufberatung die Denkschrift ied Kenntnisnabme für erledigt erëlärt.

Gegen 5 Uhr wertagt sich das Haus. Nächste Sizung Sonnabend 12 Uhr (Haushalt der Bergverwaltung).

Parlamentarischer Ausf chufz für vie Untersuchung über die SHhuld am Kriege unv an dessen Verlängerung.

8. Sizung vom 7. November 1919. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Vorsigender Warmuth eröffnet die Sißung um 10 Uhr. Der zweite Unteraus\cchuß fezt die Verhandlungen über die

Friedensmöglichkeiten während des Krieges, und “zwar zunächst die:-Vernéhmung-dès Aonutrirals K oh, fort. * - j

Abg. Gothen! Der ‘Herr Admiral hat “gestern erklärt, er * habe es bei Meventlow und Nivpler durchaesetit, daß sie in der Zeit -

pon Weihnachten bis" Fanuar 1917 niht über den U-Bootkrieg rieben. Sollten die ‘feindliden Mächte dadurch ‘in eine gewisse Sicherheit gewiegt. werden, daß der unbeshränkte U-Bootkrieg nicht kommen würde?

Admiral K o ch: Diese Absicht hat nit vorgelegèn. Die Ein- wirkung fand statt auf Veranlassung Zimmermanns. Ich sollte auf MNeventlow einwirken, daß er in dieser Zeit niht in zu shroffer Form für den U-Boottrieg eintreten sollte. Das ist mir auch gelungen. Den andern Herrn ftenre ih nicht persönlich.

Auf eine weit re Anfrage des Abg. Gothein erklärt Admiral Koch, daß die Zensurgewalt bei dèr Obersten Hereresleitung und beim Oberkommando lag, die Vorzen!ur befand sih beim Admiral- stab. Auf weitere Fragen erwidert der Admiral, daß die vertrau- licben Denkichrift-n sämtlichen militärischen Stellen bis zu den Kommandanten der Schiffe zugingen. Als Indiskretionen bekannt wurden, wurde der Kreis vezerengert.

Abg. Gothein: Herr von Capelle hatte die starken Verluste an U-Booten auf das \{chlechte Material und minderwertige Besaßung zurückgeführt. Nun sind nah dem Waffe-nstillstande beträchtliche Mengen von Sparmaterial und Edel-Eisensorten auf den Reichs- wersten in Wilhelmshaven und befonders in Kiel vorgekund-n wordén. Konnten diese Mengen nicht den Privatwerften für den U Bootbau zur Verfügung gestellt werden? Oder schte man immer noch die Voffn ing aut eine zweite Seés{Glacht ?

Admiral Ko ch: Die Hoffnung, daß die Flotte noch eingeseht werden follte, hat der Admiralstab allerdings gebegt.

Staatssekretär des Yeich8marineamts a. D. von Capelle gibt Ausktunst über die Sparmetalle. Daß größere Mengen noch

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vorgefunden wurden, ist verständlih, denn unsere Werften mußten fich immer bereit halten, um die Neparaturen auszuführen, auch die U*Bootreparaturen.

Abg. Gothein weist tarauf bin, daß die Engländer früher ion zu erfennen gaben, daß fie fi ledigli auf einen Handelsfrieg legen würden. Vagygen foänten nur U-Boote und schnelie Kreuzer eiagelegt werden, niht aber Schlachtschiffe.

Admiral Ko ch: Wir hatten gebofft, daß der Krieg noch einige Jahre hinausgeschoben Würde und daß die Flotte in ganz anderen Zustand gebracht werden würde, fo daß wir in der Lage gewesen wären, an die feindliche Küste zu kommen. Wären wir gleih am ersten Táge fo vorgegangen, fo hätten wir nah meiner lberzeugung (Srfolg gehabt.

Abg. Gothein: Aub bei einem Hinausschieben des Krieges ivâre in- Engláand doch immer das Doppelte plus 10 9/9 gebaut worden. War die Geschwindigkeit unserer Schlachtschiffe niht ge- ringer als die der englishen und war die Tragweite unserer Geschüße nicht auch geringer? Bei Skagerrak sollen unsere Geschüße zwei Kilometer kürzer g?-\{hossen haben. Die Luken in unseren Panzern géstatteten einen höheren Glevationswinkel nit.

__ Admiral Koch: Unsere Geschüße waren an Tragweite nicht ge- ringer, londern die Lafettierung zeigte Mängel. Unsere Schlacht- Freuzer waren den enalishen an Geschwindigkeit unterlegen, an Kampf- traft abêr ihnen ¿weifellos überlegen. Hätten wir noch einige Jahre zztit gehabt, so bâtten wir an die engli'che Küste herangehen können. e Konteradmiral von Bülow: Am Skagerrak find unsere Ge- [Güße jederzeit in der Lage getvesen, den Feind zu erreichen.

Abg. Go thein: Das steht im Widerspruch mit den Mittei- lungen dcs Admirals von Cap-lle im Hauptautschuß.

Herr von Capelle: Abg. Gothein verwechselt die Schlacht am Skfkaaerrak mit einem kleinen Gefecht in der Nord)ee, das. bei abnorm flarem Wettèr vor sih giag, und bei dem auf ungeahnte (Entfernungen gescbossen wurde. Dabei hat sich allerdings berattsge- stellt, daß unsere Schußweite geringer war als die der Engländer.

__ Vorltizender Wa r muth: Nun bitte ih den Admiral Koch, an seine gestri2en Ausführungen anzuknüpfen und sich darüber zu äußern, was die Marinebehörde zu der Auffassung berechtigte, daß ein am 1. Februar eingeseßter rüdsichtslofer U-Bootkrieg nah Ablauf von fünf Monaten etwa den Erfolg haben müßte, England zur Friedens- bereitschaft zu zwingen.

Admiral Ko ch: Ich habe mich gestern über die Wirkung und die Aussichten des U-Bootkrieges hinsihtlich seiner Einwirkung auf das militärische und wirtschaftlihe Leben Englands eingehend geäußert. Der erhoffte (Frfolg des U-Bootkrieges ist nicht eingetreten, im rein miliiäris{en Sinne sind die Erwartungen indessen übertroffen worden. Ein Versagen auf dem Arbeitsgebiet der Marine kann ih nicht fest- tellen. Führung und Opferfreudigkeit der Mannschajsten waren über jeden Zweitel erhaben. Die Ursachen für den Ausgang müssen aut anderen Gebieten liegen. Möglich ist es, daß England gewaltsam die neutrale Schiffahrt in seinen Dienst zwang und damit feine Lücken teilweise ausfüllte. Den Zweck, England auszuhungern, haben wir nie verfolgt, wir wollten es durch Scbiffsraumverlust zu der Ueberzeugung bringen, daß die Zeit gegen England arbeite. D338 Wort, England auf die Knie zu zwingen durch den U-Boot- krieg, ist im Admialstab niht geprägt worden. England mußte zur Uedberzengung kommén, daß Deutschland länger durchhalten könne und wolle. Nach der Veröffentlichung des Admirals Simms wanén wir dazu auf dem besten Wege. Lloyd George und MNibot woren schon tim Begriff nah Rom zu reisen, um dort über einen Veiständigungsfrieden zu beraten. Durch irgendeinen unglück- liben Umstand fiel gerade zu dieser Zeit ein düster gefärbter Bericht des Grafen Czernin der Entente in die Hände - und ertegte dort großes Autsehèn. Aus diesem Bericht hat man ge- folgert, daß auch Deut'chland vor dem Zutammenbruch stehe; der Ver- ftändigungsgedanke wurde definitiv fallen gelassen. Angesichts dieser Un1stände konnte die Resolution des Reichstages keine andere Wirkung ausüben als das vorangegangene Frieden2angebot der Monarchen. Man 'ah uns {on am Boden liegen. Der U-Bootkrieg hat be- rechtigte Aussicht auf volle Wirkung und Erfolg, er war kein Vabanquespiel. Der einzige Fehler war, daß er niht früher ein- geleßt hat.

Oberst von Mert, als Vertreter des Kriegsministeriums : Minister David bezweifelte, ob Simms wirklih die Realitäten klar aeweldet hat, oder ob er nicht aus politischen Gründen gefärbt hat. Dieser Zweifel ist durchaus berehtigt. Wir haben bei der Obersten Heeresleitung klare Anhaltspunkte über die gute Wirkung des U-Boot- krieges. Diese Mitteilungen sind aber in den Akten vergraben und niht fo {nell aufzufinden. Ein aufgefangener Funkspruh Rom- Petersburg spricht von der verheerenden Wirkung des U-Bootkrieges, durch die die Lebensmittelfrage in England äußerst brennend geworden sei, man sei voraussihtlih genötigt, das Soaloniki-Unternehmen ab- gubrechen, das bedeute die Preisgabe von Griechenland an die Mittel- mächte, da wir hierdurch neue U-Bootsstützpunkte erlangien und den Mittelmeerverkehr unmöglich machen fönnten. Einem abgebörten Fernzgesyräah an der mazedonischen Front konnten wir entnehmen, dafi die engliichen Truppen - im Munitionsverbrauch außerordentlich vorsichlig sein sollten. Wir sind damals dem Gedanken nahegetreten, eur einen großen Angriff den Munition8mangel bei den Engländern festzustellen und zu erfunden, ob man nit die Entente gewaltsam zur Aufhebung des Saloniki-Unternehmens zwingen tönne.

MNeichsw inister Dr. David: Ich vermute, daß die englischen Autoritäten wie Admiral Jellicoe, allen Grund hattèn, die Wirkung . des U-Bootkrieges in möglichst düsteren Farben zu schildern, um auf Nmerika einen starken Dru auszuüben und es zu veranlassen, seine Hilfsmittel möglichst ra'ch der Entente zur Verfügung zu flellen. Wenn auch die Marine hoffte, durch den U-Bootkrieg namentlich auch hinsihtl?ch des Aufgebens der Saloniïi-Unternehmung Eifolge zu erzielen, fo ist doch wirklich der Erfolg nicht erreiht worden, auch ist nicht ecreidt worden, England zum Verständigungsfrieden bereit zu machen. Jch verstehe diese Logik nicht, auch nicht, daß die Nesolution des Neidbstages schuld fein soll, daß England nicht friedens-* bereit wäre. England ist auf keine goldene Brücke gegangen, die man ihm baute. Wir haben die Engländer niht zum Hungern

«© gebracht ‘und. baben“ auch nicht Amerika’ verhindern können, mit seinen

ungeßeuren Hilföjnitteln “ter, Entente “zu? Hilfe zu fommen.

Botsigender Warmuth: Die Ausführungen des Ministers David gehen dahin, ob nicht rein geschäftliche Erwägungen der Eng-' länder Pr liegan könnten, ob fie sih zum Fuiéden bereitfinden follten oder nit. y

Admiral K o ch : Das. ist meine volle Überzeugung. Hätten wir dauernd gezeigt, daß wir die Starken sind, daßwir mit alien Mitteln durchalten wollen, fo“ hätten wir unser Ziel erreicht. i

Neicksminister Dr. David: Haben die Engländer geschen, daß wir durchhalten wollen? j

_ Admiral Ko ch: Nein, sie haben vielmehr erfahren, daß unsere Bundesgenossen es niht mehr aushalten kounten, dadurch, i ihnen Berichte zugingen, die für andere bestimmt waren. Das hat bewirkt, daß sie alles daran seßten, uns marode zu machen, was ihnen au gelungen ist. :

Abg. Gothein: Wieviel U-Boote waren in der Front ? Welches sind die Versenkungsziffern? Wie hoh waren unsere Verluste?

Admiral Ko ch: In der Front waren im Februar 1917 103 U-Bodte, im März 121, im April 124, im Mai 128, im Juni 130, im Juli 131, im August 123, im September 132 und im Ok- tober 134. Versenkt wurden im Februar 784 500 Tcnnen, im März 885 000, im April 1 091 000, im Mai 869/000, im Junt 1 016 000, im Juli §11 000, im August 808 000, im September 872000 und im Oktober 874 000. Unsere Verluste betrugen im Februar 2, im Marz. 6 im April 2, im Mai 7, im Juni 3, im Juli 7, im August 4, im September 9 und im Oftober 9 U. Boote. i Feegattenkapitän Bartenbach wird als Sachverständiger über feniide Fragen vernommen. Zunächst bestand gegen die U-Boote kein brauchbares Gegenmittel. Erst im Laufe der Zeit wurden Ab-

wehrmaßnahmen ausgebildet. Minen, Flieger, bewaffnete Handels- \hiffe, U-Boote. der Gegner und das, Horchverfahren., Die Zeiftu 8- fähigkeit der technischen Néparaturstellen ließ nah. Die volle* Ans: nußung der U-Boote wax atn besten dadutch gewährleistet, daß man fie möglidst 11üh einseßte. Eine geringe Zahl von voll auüs8gerüsteién U-Booten war gegenüber einem nidit vorberéitetèn Gegner besser als eine große Zahl gegenüber éinem befser eingearbeitèéten Gegner.

Vorsißender Warmuth fragt at, ob die Arbeiter abfichtiich weniger gearbeitet hätten, und ob Geheimnifse verraten worden sind.

Kapitän Bartenba ch verneint beides.

Abg. Gothein: Wie steht es mit der Schäßung der verfenkten Tonnage? War da der Phantasie niht ein weier Spielraum ge- geben ? Die englischen Zahlen bleiben hinter den Angaben unserer Kommandanten weit zurück, etwa um ein Drittel.

Kapitän Bartenbach: Wir haben das psychologisdbe Moment, daß der Kommandant niht mit zu wenig Erfolg heimkehren will, von vornherein ins Auge gefaßt. Wir kannten au aus den feind- lihen Funtsprüchen vielfah die versenkten Dampfer. Von der Schäßung des Kommandantèn wurden 109% abgéstrihen; jeder un- bekannte Damvfer wurde nur mit 1000 Tonnen berechnet. Dann wußte man auch, welche Damprter ungefähr in den einzelnen Bezirken verkehrten. Die Engländer haben selbst behauptet, daß unsere Kommanktanten durchschnitilich einen Schäßungsfebler von 7 bis 10% gemacht hâtten. Das ift eine hervorragend gute Schäßung.

Admiral K o ch : Dié errnittelten Zahlen wurdén außerdem noch mit den feindlichen Meidungen verglichen, dann erfolgte erst die end- gültige Aufnellung.

Auf Anfrage des Abg. Gothein stellt Kapitän Bart en -

ba ch fest, daß die Engländer bei den Bersenkungszahlen alle Hil1s- kreuzer wegließen, sowie die Schiffe, die im Dienste der Adtniráli.ät fuhren, namentlich die Kohlentran8porte. __ Staatsminister und Staatssekretär a. D. Dr. Hélfferich: Nach engli\hen Angaben wurden versenkt weit über §8 Millionen Tonnen, {wer havariert über 7 Millionen Tonnen. Die1e 15 bis 16 Millionen Tonnen gingen weit hinaus über das, was von uns als versenkt gemeldet wurde.

Admiral Ko ch: Unser Schäßungsverfahren war fo zuverlässig, wie es nur der gewissenhafte Deutsche machen kann. Der Engländer hâtte das nicht fo getan.

Auf Anfrage des Abg. Dr. C o h n gibt dann Kapitän Bart en - ba ch Auskunft über die Art des Angriffs der U-Boote. Von Ende 1917 an konnte nur noch obne Warnung mit Torpedoschuß gearbeitet werden, weil jeder Dampfer sofort feuerte.

Abg. Dr. Sinzheimer: Wie erklären Sie ih troy der ungeheuren Versenkungsziffern die Tatsache, daß England nicht niedergezwungen wurde ?

Admiral K o ch : Die Wirkung, die wir crreihen wollten, nämlich England mürbe zu machen, ist ja erreiht worden.

Abg. Dr. Sinzheimer: Wozu mürbe mahzn ?

Admiral K o h: Zum Frieden geneigt.

Abg. Dtr. Sinzheimer: Zu welhèm Frieden? Glauben Sie, daß England damals bereit gewesen wäre, in die Preisgabe Belgiens zugunsten Deutschlands zu billigen ?

Admiral K o ch: Es ist nicht meines Amtes, darauf zu antworten.

Borsißender Warmuth: Eine Annexion Belgiens war in Deutschland ja niemals in Erwägung gezogen!

Abg. Dr. Cohn: Annexion im Sinne von Einverleibung gewiß nicht. Aber es gibt ver|chleierte Annexionen.

Borsißender Warmuth: Wir wollen von den Zeugen feine Urteile, fondern Tatfsachen hören.

Abg. Dr. Sinzheimer: Graf Czernin soll durch seinen Be- riht an den Kaiter von Oesterreich die Friedensgeneigtheit Englands zerstört haben. Glaubt der Zeuge nicht, daß England auch ohne dielen Bericht über die Zustände in Oesterreich durch Tausende von Agenten unterrichtet war ?

Admiral K o ch: Das kann ich mir lebhaft vorstellen. Aber ein amtiicher Bertcht des Ministers des Aeußern an seinen Kaiser ist mehr wert als tausend Agenten.

Nbg. Gothein: Schon im Frühjahr 1916 hatte Generalstabs8- def v. Falkenhayn die Ansicht vertreten, ' daß unsere Verbündeten bestenfalls noch 1916 würden durhhalten können.

Borsißender Warmut h: Jst die Hoffnung des Admiralstabs auf eine {nelle Wirkung von Einfluß gewesen auf die Bautätigkeit ? Sind größere Verbesserungen nicht vorgenommen worden, weil es sich niht mehr lohnt? (Admiral Ko ch: Nein!) In der „Deutichen Tageszeitung“ berichtet eine Firina, daß fie im September 1917 ih mit einer wichtigen Verbesserung für die U-Boote an das Neichs- marineamt gewandt hätte und daß das Amt geantwortet hat, diese Berbesserungen tönnten aller Voraussicht nah in diesem Kriege nicht mehr verwertet werden.

_ Herr von Capelle: Wir wurden mit Erfiädungen über- \{chwemnmt.

Abg. Dr. Spahn: Wann war die U-Bootwaffe technisch so C daß der U-Bootkrieg hätte mit Erfolg begonnen werden önnen ? 4

Fregattenkavitän Bartenbacch: Die Eröffnung des U-Boot- krieges im Februar 1915 war wohl etwas zu früh. Jch hätte den l. oder 15. April für den richtigsten Zeitpunkt gehalten. Wir be- saßen damals etwa 30 Boote.

Abg. Gothein: Jch beantrage, über die Differenzen zwischen den jeßigen Mitteiluagen über Stand und Aussichten der U-Boot- waffe und den seinerzeit im Hauptausshuß des Neichstages gemachtei Angaben des Abg. Struve als Zeugen zu hören.

Vorsißender Wahrmuth: Bestand die Möglichkeit, Ende Januar an die ausgelaufenen U-Boote die Weijung ergeben zu lassen, mit dem rüdckfihtslosen U-Bootkrieg noch nicht zu beginnen ?

Admiral Ko ch: Den Nückzugsbefehl zu geben, war - tehni\ch natürlih möglich, eine Gewähr aber dafür, daß das Telegramm an- käme, bestand nit, eine -„Empsangsbestätigung war autgesclossen. Wir wären Gefahr gelaufen, die tetndlihen Schiffe heranzulocken und unsere U-Boote zu gefäh1den. Soweit die U-Boote unter Wasser gedrückt waren, Tonnten fie funtentelegraphisch nit erreiht werden. Auch konnte {ließli das Personal versagen oder meteorologishe Ür- sachen hinderlich sein. Die libermittlung des Beteh'es hä1te höch- stens-auf gut Glü erfolgen fönnen. * Auch bei - dem Gegenbetehl, «der ‘seinerzeit in der Frage der holländishen Schiffe gegeben“ worden. ‘war; onnte man nicht alle aus8gelaufenen'U-Boote: erréichen.

Abg. Dr. Sinzheimer: Wieviel ‘Zeit stand zur Verfügung, um die Boote funkentelegraphish zu erreichen ? (Admiral K o ch : Ich chäbe sechs bis fieben Tage.) Es waren damals nur '21 Boote nicht ‘im Hafen, in der“ Zeit vom 29. Januar. bis 7. Februar hätte man somit dech wohl alle -V.Boote' erreichen" können. ies i

Admiral K o ch: Das kann“ ih nicht *wissen. Wenn auch nur ein einziges Boot nicht erreiht worden wäre, so hätte doh von diesem schon mancher Dampfer abgeschossen werden können. Auf einem Boot war der Empfangsappyarat überdies niht in Ordnung. (Abg. ahe Sinzheimer: Zufall.) Das hätte aúüch bei anderen sein

nnen.

Abg. Dr. Sinzheimer: Bei einer so ungeheuer wichtigen Frage, die Friedensvermittlung war angenommen, durfte nihts ver- absáumt werden, und man muß doch da den normalen Verlauf der Dinge annehmen. j

Admiral K o ch: Es blieb immer dasfelbe Nisiko.

Abg. Dr. Sinzheimer: Wir haben viel Pech im Kriege ehabt. Konnte für uns niht auch einmal ein Glückszufall eintreten? (Allgemeines Gelächter.) Tatsächlih 1st vom 7. Fenruar bis Mi'te des Monats kein amerikanisches Schiff torpediert worden, das Glück wäre uns also hold gewesen.

Abg. Dr. Cohn: Konnte die Marine aus Zeitungsnachrichten oder auf Grund von Vernehmungèn aufgebrachter Vann\schaäften #ich ein Urieil über die Grnährunggoerbältnisl in England bilden?

Fregattenkapitän Bartenbach: Zch habe sämtliche mir zu- aegangenen Pressenachrichten gelesen und auh die Meldungen der

U - Boot - Kommandanten entgegengenommen. Aus den Meldungen

ging hervor, daß die Versorgung der englishen Schiffe immer gez ringer wurde, daß die Fischerfahrzeuge keine Kartoffeln, sondern nur noh Rüben an Bord hatten, und daß die Manrschasten über knappe Nätioniérung klagten.

Ubg. Dr. Cohn: Haben Sie in den Blättern nicht auch ge- lesen, daß bei den Lebensm'ttelaukiionen mangels Käufer in England nicht. alles abgeießt werden tonnte, oder haben Sie nicht die Jnerate der Warenhäuser verfolgt, aus denen hervorging, daß England noch genügend Lebensmittel trei verfaufe?

¿Fregattenkapitän Bartenbach: Gesehen habe ih diese An- zeigen. verfol.ut habe ih sie nicht.

Ab„eordneto-r Dr. Sinzheimer: Konnten «die auf Station b: findlichen U-Boote nitht die anderen benachrichtigen ?

Admiral Koch: Das wäre Zujall gewesen.

Konteradmtral von Bülow: Es handelte sch niht darum, daß keine ameritanishen Schiffe versenkt würden, sondern daß fein ameritanischer Bürger verleßt würde oder jeinen Tod fände. Das hätte auch auf einem engli|hen Schiffe pa!sieren können.

Abg. Dr. Schücking: Ursprünglich waren die Ubwehrmittel gegen U-Boote sehr aering. War es nicht ein s{hwerer poiitisher Febler, daß dur das betannte Jaterview des Großazmirals Tirpiß die Absiht preisgegeben wurde, daß man durch den U-Bootkrieg England völlig absperren wolle. Mußte dadurch nicht erreicht werden, daß England sick darauf einstellte ?

Admiral ®& o ch: Vom militärishen Standpunkt aus hätte ih jedenfalls d1s8 Interview nicht gegeben, abec so s{chwer shäße ih den Fall niht ein. Er war der Hoffaung, daß der U-Boolkrieg baidigst inseßen würde, er sah dieien Zeitpunft als nahe gefommen an.

Hieraut wird Abg. Dr. Struve als Zeuge vernommen über

die Angaben, die im Hauptaus\{huß des Neichstags vom Admiralstab und Netichêmarineamt über die U-Bootwaffe gemacht worden sind. Es ist außerordent lich s{chwer, über den Stand der U-Bootwaffe "ich ein kiares Bild zu verschaffen. Eine viel zu gro e Zahl von unsicheren Faktoren spricht da mit. Im März 1916“ waren insgesamt 23 U-Boote frontbereit, davon waren 11 in der Nordsee. Auch im Januar 1917 waren es nux 20 Boote. Wir besaßen zwar 152 Boote, aver nur 2Mwaren frontverwendungsfähig. Das maßman stets in Betracht ziehen. Später waren es von 203 U-Booten 54 Boote. Uns war es verboten, jelbsi im Hauptausschuß über die- Zabl der U-Boote irgendwelche Angaben zu mahzu. Uls der uneingeschränkte U-Bosot- krieg beschlossen war, teilte Staatssekretär von Capelle im Hauptaus|chuß mit, daß wir 160 U-Boote hätten. Er sagte das ohne jeden Zusaß, fo daß bei den Abgeordneten der Eindruck entstehen konnte und entftanden ift, daß diese Zahl auch frontverwendungsfähig war. Es waren aber‘ nur 20 U-Boote davon frontbereit, und von dielen 20 arbeiteten nur 5 bis 6 an der Westküste von England. Das ist ein so großer Kontrast, daß Herr von Capelle auf dicsen Puntt hätte ‘autmertîíam machen müssen. Richtig ist, daß die Zahl der frontbereiten U-Boote im Laufe der Jahre 1917 und 1918 auf 36, 43, 47 und noch weiter gest:egen ift. Aber auch diese Zahlen stehen noch im Wider\pruh zu den Angaben, die uns im Hauptausschuß des Neichstags gemacht worden sind. Wir haben im Hauptausschuß bon Hecrn von Capelle eine außerordentliÞh s\ccharse Kritik an der Flottenbaupolitik des Herrn von Tüptit gehört. Da aber auch die Umstände unter Herrn von Capelle sih niht so entwickelten, wie es notwendig gewesen wäre, schrieben Gothein und ich einen Brief an den Reichskanzler. Uta die in diesem Brief enthaltenen Vor- würfe zu entfkfräften, erklärte Staats1efretär von Capelle, daß wir nunmehr gegen 400 üU-Booie hätten. Die Zahl war unrichtig. Selb|t unter Einrechnung aller verlorenen U- Boote und der noch nicht erbauten U - Boote find es niemals 400, tondern höchstens 300 gewesen. Ein Irrtum war es auch, wenn Staats- sekretär von Carvelle amtlih“ erkfläte, zu Anfang des U-Boot- kTrienges wären U-Boote |erienweise bestellt w-rden, eine Serie z- B. VUC von 1 bis 60. Nähere Untersuchung ergab, daß der Staatssekcetär hierbei niht die tatsählihen Bestelluugen im Auge gehabt hat, jondern Bestellungen, die ihm im Augen- blick vielleiht so angenehm gewet!en wären wie uns. Wenn man ein richtiges Bild von dem U-Bootbau gewinnen will, darf man sich nicht an die Zahl dec U-Boote klammern, sondern muß die Tonnen- zahl berechnen, denn wir bauten zuerst U-Boote von 100 bis 200 Tonnen, später Boote mit einem Naumgehalt von über 2000 Tonnen. In den 20 Monaten der Ami1s1ätigkeit des Herrn von Tirpiß im Kriege sind durchihnittlich je 4000 Tonnen bestellt. worden, unter Herrn von Capelle ungefähr 14 000 Tonnen im Monat. Das zeigt, daß die erste Kriegszeit nit voll jür den U-Bootbau ausgenutßt worden ist. Vor dem Kriege war es noch \{limmer. So sind im ganzen Jahr 1913 nur drei U-Boote und im Jahre 1914 bis zum 1. August ein einziges U-Boot bestellt worden. Während des ganzen Jahres 1915 sind unter Herrn von Tirpiy 50 009 Tonnen hbe- \tellt worden, cin Beweis, wie wenig umere Industrie tür den U-Bootbau ausgenußi worden ist. Wir haben uns wiederholt an den Veichskanzler und an Herrn Wahnschaffe gewandt, es wurde uns aber immer erwidert, daß Mehrvestelungen feinen Zweck hätten, es geschehe schon alles. Das aber war nicht richtig. Die Werften hätten 1917 189 U-Boote bauen fönnen, bestellt wurden nur d6. „We'er“ und „Vulkan“ wünschten Nachbestellungen: es wurde abgeiehnt. E8 wurden fogar Nuhepausen im U-Bootbau angeordnet, damit der Kreuzerbau nicht beeinträchtigt würde. Die Danziger Werft verlangte fogar Aufträoe, um Arbeiterentlassungen zu vermeiden. Der Zu- wachs an U-Booten betrug nicht mehr als 19/6 im Monat. Wir haven uns auch an Ludendorf gewandt. In der legten Besprechung der Parteiführer mit Herrn von Bethmann Hollweg am 1. Juli 1917 hat Herr von Capelle erklärt, 153 U-Boote wären fertig und 250 im Bau. Tatsächlich waren nur 150 Boote im Bau; ‘die anderen wurden erst Ende 1917 begonnén. Später wurde. von Kavitän Brünninghaus erkiärt, alle Werften wären überfüllt 479 WBoote wären bestellt. Davon waren abec 289 Boote noch nicht einmal im Bau begonnen und sind viel, viel später fertig geworden. Man hat nicht einmal alle Weriten dem U-Bootbau dien1bar gemaht. Vorwürfe wll ih nicht erheben, aber beflagens8werte Jrrtümer liegen vor. Herr von Capelle war wenig unterrichtet über die tatsächliche Lage, und so blieb. die beite Zeit ungenüßt. Hätten Herr von Bethmann Hoilweg uno der Admiralstab diele Sachlage früher gekannt, der U-Bootbau wäre sicher energischer und emsfiger betrieben worden.

Vorsißender Warmut h schlägt vor, - jezt - die Verhandlungen

4,

‘abzubiechen,* da ‘der -Admiralstab wohl’ die Absicht haben werde; aus- Führlich. aufden Abg. Dr. Struve zu antworten. S:

Herr von Capelle*stimmt zu,’ bittet aber, thn noch ein paar kurze Erwiderungen zu gestatten: Der Abg. Struve hat mir zwei Vor- würte gemacht, - erstens, daß ih.ten Haushaltsausschuß nicht ausreichend unterrichtet hätte, und zweitens, daß ich nicht so viel U-Boote gebaut hätte, wie wir in der Lige gewesen wären zu-bauen.. Herr von Capelle 'ver- liest Teile aus seiner Rede im Haushaltsaus\{huß vom 22. März. Die Frage war die, wieviel U-Boote dazu gehörten, um die West- küste von England mit drei U-Booten zu beseßen. Im ganzen waren dazu 15 U-Boote etforderlih. Es waren 20 verfügbar, die an sih genügten, um die drei Stationen zu beseßen. Der Staats- E a. D. behält fi weitere Ausführungen für die nächste Sißung vor.

Die nächste Sitzung findet am Dienstag um 10 Uhr Vormittags statt. (Schluß gegen 2 Uhr).

Parlamentarische Nachrichten.

Der im 83. Wahlkreise (Stadt Berlin) zum Mitglied der deutshen Nationalversammlung gewählte Rechtsanwalt Haase (U. Soz.) ist, wie die Tageszeitungen berichten, am 7, d. M. in Berlin den Verleßungen erlegen, die ihm am 8. Oltober - ein seiner Partei nahestehender, augenscheinlih geislesgestörler Mann beigebracht hatte.

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