1897 / 152 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Jul 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der geisilihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.

_ Dem Gymnafial - Direktor Dr. Martin Weßel ist die

Direktion des Gymnasiums in Braunsberg, und dem7Direktor Dr. Baar die Leitung der Realschule in Hechingen übertragen worden.

Den Privatdozenten in der medizinischen Universität zu Kiel Dr. Eduard Paulsen und Glaevedcke ist das Prädikat „Professor“, und

dem Lehrer der ältesten Prinzen Söhne Seiner Mazestät des Kaisers und Königs, Kandidaten des höheren Schulamts Karl Sachse das Prädikat „Oberlehrer“ verliehen worden.

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rakultät der De, Ludwig

Evangelischer Ober-Kirchenrath.

__ Der bisherige Gerichts-Assessor Dr. Kapler in Berlin ist zum Konfistorial-Assessor ernannt und dem Königlichen Konsistorium der Provinz Brandenburg überwiesen worden.

Bekanntmachung.

Bei den Schiedsgerihten der Arbeiterver- siherung sind nachfolgende Beamte zu Vorsißenden bezw. stellvertretenden Vorsitzenden ernannt worden :

der Amtsrihter Wagner in Frankenberg zum stellver- tretenden Vorsißenden der Schiedsgerichte daselbst,

der Regierungs-Afessor Grohé in Blumenthal zum Vor- sißenden der Schiedsgerichte daselbst,

der Regierungs-Affsessor Dr. von Conta in Kalau zum Vorsizenden der Schiedsgerichte daselbst,

¡— der Amtsrichter Metzner in Lublinig zum stellveriretenden Vorsitzenden der Schiedsgerichte daselbst,

der Regierungs - Assessor Poleck in Deutsch - Krone zum Vorsitzenden der Schiedsgerichte der landwirthschaftlihen Unfall- versiherung und für die Regicbauten des Kommunalverbandes des Kreises Deutsh-Krone, sowie zum stellvertretenden Vor- sitzenden des Schiedsgerichts der Jnvaliditäts- und Alters- versicherung in Deutsch-Krone.

Berlin, den 28. Zuni 1897.

Der Minister für Handel und Gewerbe. Jn Vertretung: Lohmann.

Bekanntmachung.

Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesezg-Samml. S, 357) find bekannt gemacht :

1) die Allerhöhste Konzessionsurkunde vom 7. April 1897, be- treffend den Bau und Betrieb der {malspurigen Nebeneisenbahn- ftrede von Niederpleis nah Siegburg dur die Brölthaler Eifen- bahn- Aktiengesellschaft, durh das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Köln Nr. 22 S. 191, ausgegeben am 2. Juni 1897 ;

9) das Allerhöchste Privilegium vom 29. April 1897, wegen Ausgabe von 5 700 000 4 dreieinhalbprozentiger Anleihescheine der Staragard- Küstriner Eisenbahngesellshaft, Ausgabe von 1897, dur das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Stettin Nr. 23 S. 151, Sen am 11. Juni 1897 (zu vergl. die Bekanntmachung Nr. 8

. 168); 3) der Allerhöchste Erlaß vom 10. Mai 1897, betreffend die Herabsetzung des Zinsfußes der von der Stadt Münster auf Grund des Allerhöchsten Privilegiums vom 3. Januar 1883 aufgenommenen Anleibe von 4 auf 32 9/9, durh das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Münster Nr. 23 S. 169, ausgegeben am 10. Juni 1897.

Abgereist:

Seine Excellenz der General der Kavallerie, General- Adjutant und Gouverneur von Berlin Graf von Wedel, mit Urlaub.

Angekommen:

der Unter - Staatssekretär im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten D. Dr. von We y- rauch, vom Urlaub.

Nichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 1. Juli.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten, wie aus Kiel gemeldet wird, heute Morgen von 7 Uhr ab die Vorträge des Chefs des Marinekavinets, Kontre-Admirals P von Senden-Bibran und des Vertreters des Staats- ekretärs des Reichs-Marineamts, Kontre-Admirals Büchsel.

Die vereinigten Ausshüfse des Bundesraths für das Landheer und die Festungen und für Rechnungswesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und Justizwesen hielten heute Sißungen.

Der Regierungs-Assessor von Loefen zu Kyrig ist der Königlichen Regierung zu Cassel zur weiteren dienstlichen Ver- wendung überwiesen worden.

Württemberg.

Dem Landtage find gestern die Geseßentwürfe, betreffend Abänderung der Verfassung und des Wahlgeseßes, zugegangen. Die Grundzüge der Vorlagen find, wie dem T oamb. Korresp.“ telegraphisch gemeldet wird, folgende: Aus-

scheiden der Privilegierten aus der Zweiten Kammer und Ersaß derselben durch 21 auf dem Wege der Proportionalwahl gewählte Abgeordnete; Abschaffung der Stichwahlen bei den Bezirkswahlen; Erhöhung der Zahl der Abgeordneten von Stuttgart auf 3, also Gesammtzahl der Mitglieder der Zweiten Kammer wie bisher 93. Jn dieErste Kammer treten über : 8 Mit- glieder der Ritterschaft, wie bisher von ihren Standesgenossen ge- wählt, 2 Vertreter der evangelischen Kirche(Konsistorial-Präsident nnd ein Prälat), 2 Vertreter der katholischen Kirche (Bischof und ein Domkapitular) und der Vertreter der Landes-Universität. Zu diesen fommt neu 7 ein Vertreter der Technischen Hochschule. Die Zahl der vom König lebens!änglih zu ernennenden Mit- glieder ist auf 10 normiert; damit ergiebt sich ein Gesammt- bestand der Ecsten Kammer von 509 Fei, Das Recht der Vertretung von Standesherren durch Agnaten bleibt bestehen, dagegen wird das Recht der Stimmübertragung beseitigt. Das Budgetrecht der Ersten Kammer wird in der Richtung erweitert, daß, wenn von der Ersten Kammer Beschlüsse, die von denen der Zweiten Kammer abweichen, mit Zweidrittel- Mehrheit gefaßt worden find, über das Budget von der Zweiten Kammer nochmals zu verhandeln ift.

Mecklenburg-Schwerin,

Seine Königliche S der Großherzog von Sachsen hat sih, wie „W. T. B.“ meldet, heute Vormittag zum Besuch des Fürsten Bismarck von Schwerin nah Friedrihsruh begeben.

Oesterreich-Ungarn.

Der König von Dänemark ist gestern Nachmittag in Gmunden eingetroffen.

Wie die Wiener Blätter aus Tachau melden, hat die dortige Stadtvertretung einstimmig beschlossen, mit dem heutigen Tage die Ausübung aller nicht geseßlich vorgeshriebenen Geschäfte des ihr von der Regierung übertragenen Wirkungskreises zu verweigern. Der „Neuen Freien Presse“ wird ferner aus Fa lkenau gemeldet: Unter Vorsiß des Bezirks-Obmannes be- \hlossen 48 Bürgermeister und Gemein de-Vor steher des Bezirks Falkenau einstimmig, diejenigen Arbeiten des ihnen übertragenen Wirkungskreises, welhe im Geseß nicht begründet sind, vom 15. Juli ab einzustellen. Auch die Gemeinde- vertretung von Sangerberg beschloß gestern, vom 15. Juli d. J. ab die Besorgung der Geschäfte des ihr übertragenen Wirkungskreises einzustellen.

Der König von Siam hat Budapest gestern Abend verlassen und sich nach Warschau begeben.

Durch ein On Handschreiben i} die Erlaubniß ertheilt worden, die ferbishe Bishofs-Synode, welche gleichzeitig mit dem serbishen Kirchenkongreß tagen foll, auf den 11. d. M. einzuberufen. Zum Koniglichen Kommissär der Synode wird Baron Fedor Nikolics ernannt werden.

Im ungarischen Unterhause haben gestern die Ver- handlungen über die Vorlage, betreffend die Zucker- prämien, begonnen. Der Abg. Komzjathy brachte einen Antrag auf Errichtung eines selbständigen ungarischen Zollgebiets ein und bekämpfte die Vorlage auch aus konstitutionellen Gründen, da er Zweifel hege, ob die Durchführung dieser Vorlage auf dem Verordnungs- wege in Oesterreih dem Geiste des Geseßzes entspreche. Der Finanz-Minister von Lukacs erwiderte, daß die auf dem Gebiete der Verzehrungssteuer unleugbar vorhandenen Uebelstände in dem neuen Ausgleich mit Oesterreich vollkommen beseitigt sein würden. Hinsichtlich der staatsrehtlihen Bedenken des Abg. Komzathy bemerkte der Minister, daß der kompetente Richter darüber, ob die österreichishe Regierung verfassungsmäßig vorgehe, nur das österreihishe Parlament sei; übrigens werde er (der Minister) bei der Spezialberathung ein Amendement beantragen, worin ausgesprochen werden solle, daß das ungarische Geseg über die Zuckerprämie außer Kraft trete, wenn das österreichische Gese seine Geltung verlieren sollte.

Großbritannien und Frland.

Die Kaiserin Friedrich besuchte gestern die St. Georges- Kapelle in Windsor und verweilte einige Zeit an dem dort errichteten Denkmal für den Kaiser Friedrih. Der Prinz und die Prinzessin Friedrih Karl von Hessen sind gestern Nachmittag zum Besuch der Königin in Windsor; eingetroffen.

Der Ausweis über die Staatseinnahmen während des Vierteljahres vom 1. April d. J. bis heute zeigt ein Mehr von 1 404 779 Pfd. Sterl. gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Frankreich.

Wie die „Agence Havas“ meldet, theilte der Präsident Faure in dem am Montag abgehaltenen Ministerrath mit, daß er von dem Kaiser von Rußland ein Schreiben erhalten habe, worin cs heiße: es würde dem Kaiser zur Befriedigung gereichen, den Präsidenten in diesem Jahre in Peterhof zu empfangen. Der Präsident bemerkte: er beab- sichtige, dieser Einladung in der zweiten Hälfte des August Folge zu leisten. Wie die „Agence Havas“ hinzufügt, wird in der Deputirtenkammer unverzüglih die Bewilligung der nöthigen Kredite beantragt werden.

Zum Präsidenten der Kommission zur Untersuchung der Panama-Angelegenheit wurde der Deputirte Vallé (Progressist) mit 17 Stimmen gewählt. Die Kommission be- chloß, sämmtliche Untersuhungsakten einzufordern, und ernannte einen ständigen Exekutiv-Auss{chuß von neun Mitgliedern, welcher die Akten prüfen soll. Die Regierung wird heute darüber berathen, ob es angängig sei, der Kommission die Akten der noch s{chwebenden Untersuchung vorzulegen.

Rußland.

Aus St. Petersburg meldet „W. T. B.“: Einer amt- lichen Veröffentlichung zufolge hat der Kaiser allen Offizieren des untergegangenen Kriegsshiffes „Gangut“ seinen Dank für ihre Energie und Umsicht ausgesprochen, der es allein zu verdanken sei, daß sämmtlihe Mannschaften des Schiffes haben gerettet werden fönnen.

Ftalien.

Der Marine-Attaché der deutshen Botschaft, Kapitän- Lieutenant Graf von Oriola sprach gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, dem Marine-Minister Brin die Theilnahme der deutshen Regierung anläßlich des Unfalls an Bord des italienischen Kreuzers „Bausan“ aus.

E Portugal.

Jn der Deputirtenkammer legte der Finanz- Minister heute das Budget für 1897/98 var; dasselbe {ließt in der Einnahme mit 52865, in der Ausgabe mit 55 563 Kontos Reis ab, das Defizit beträgt also 2698 Kontos Reis.

Schweiz.

Der Ständerath seßte gestern bei der Berathung der Vorlage, betreffend den Rückkauf der Eisenbahnen, die Kompetenzen des Bundesraths bei der Verwaltung folgender- maßen fest: Dem Bundesrath foll zustehen die Wahl von 25 Mitgliedern des Verwaltungsraths, von vier Mitgliedern der Kreis-Eisenbahnräthe und vier Mitgliedern der General- Direktion und die Genehmigung der dur den Verwaltungs- rath erfolgenden Wahl der Kreisdirektionen. Die Bestim- mungen über den Verwaltungsrath wurden nah den An- trägen der Kommission angenommen ; dagegen wurden diejenigen über den Kreis-Eisenbahnrath gestrichen.

Amerika.

Der Senat hat, wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, den Zoll auf Diamanten und andere Edelsteine auf 10 Proz. vom Werthe und den Zoll auf Gemälde und Bild- Hauerwerke auf 30 Proz. vom Werthe festgeseßt.

Der Finanzaus\chuß des Senats wird, wie das „Reuter’s{he Bureau“ erfährt, einen bk gi, zur Tarifvorlage befürworten, welcher die Regierung ermächtigt, mit jeder Nation Handelsverträge abzuschließen, in denen eine Herabseßung der Zölle auf Waaren jener Länder bis zum Um- fang von 10 Proz. vorgesehen wird.

Aus Buenos Aires meldet dasselbe Bureau, daß mehrere Gouverneure der einzelnen Provinzen behufs Be- rathung mit der Nationalregierung in Buenos Aires eintreffen würden, um eine Regelung hinsichtlih der Schulden der be- treffenden Provinzen, analog der neuerdings seitens der Pro- vinz Buenos Aires erfolgten, herbeizuführen.

Asien.

Wegen einer angeblihen Entweihung einer Moschee fanden, einer Depesche des „Reuter’shen Bureaus“ aus Kal- kutta zufolge, gestern in Chittpur den ganzen Tag über ernstlihe Unru hen statt. Der starken Polizeimacht gelang es nicht, die Volkshaufen zu zerstreuen; fast alle europäischen Offiziere wurden verleßt und zwei englische Jngenieure, die sich an der Vertheidigung benachbarter Faktoreien betheiligten, schwer verwundet. Da die Erregung anhält, ist Militär auf- geboten worden.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Herrenhauses befindet fich in der Ersten Beilage.

Nr. 26 der „Vers ffentlihungen des Kaiserlichen Ge- sundheitsamts* vom 30. Juni hat folgenden Inhalt: Gesund- beitsftand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. Weitere Mittheilungen aus Britisch - Ostindien, 1895/96. Gesundheitszustand in Niederländish-Jndien, 1. Viertel - jahr 1837. Geseggebung u. f. w. (Baden.) Diphtherie und Schar- la. Masern und Keuchhusten. (Hessen, Offenbah a. M.) Cyankalium. (Lippe.) Fleiih und Fett kranker Thiere, Oester- rei.) Kranken- und Humanitätsanstalten. (Böhmen.) Verband- watte. (Steiermark.) Infektionskrankheiten. (Jtalien.) Medizinishe Spezialitäten. Gang der Thierseuhen in Bosnien und der P idi E 1. Vierteljahr. Desgl. in Jtalien Zeitweilige aßregeln gegen Thierseuhen. (Baden, Straits Settlements.) Verhandlungen von geseygebenden Körperschaften. (Hessen.) Maul- und Klauenseue. (Hamburg.) Wohnungspflege. Vermischtes. (Vereinigte Staaten von Amerika.) Ausfuhr von Thieren und Fleis, 1894/95. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deuts{hen Orten mit 40000 und mehr Ein- wohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Er- Ffrankfungen in Krankenhäusern deutsher Großstädte, Desgl. in deutshen Stadt- und Landbezirken. Witterung.

Arbeiterbewegung.

Aus Weißenfels wird der „Magdb. Ztg." geschrieben, daß der Ausstand der Bergarbeiter ungemildert fortbestehe; es heine aber, als wenn er zu früh begonnen worden sei, denn allenthalben verlauten Klagen über Geldmangel, was um so mehr als glaub- li ersheinen mag, als ers am Dienstag die ersten Unterstützungen zur Vertheilung gekommen sind. Die mit dem 1. Juli aufzubringenden Miethpreise drücken ebenfalls sehr. Zu unterstüyen find etwa 1800 Arbeiter, da die übrigen Ausständigen auf eine Unter- stüßung verzihtet oder anderwärts Beschäftigung gefunden haben. Eine durch den Landrath von Richter versuchte Einigung zwischen den Arbeitern und den Grubenverwaltungen verlief resultatlos. Auf einer Anzahl Gruben sind noch einige Leute in Arbeit, die zumeist in der Tageëschicht beschäftigt find. Die Nachtschicht ist in fast allen in Betracht kommenden Gruben eingestellt. In manchen Betrieben macht sich {5 Kohlenmangel bemerkbar. Eine Kinderwagenfabrik in Zeiß kündigt durch Anschlag bei anhaltendem Kohlenmangel die Einstellung des Betriebes an.

In Aachen is der „Frkf. Ztg." zufolge der Ausstand der Weber, der in der Apprekur- und Webanstalt von Karl Schries auégebrochen war, beendet. Sämmtlihe Weber, mit Ausnahme von dreien, welhe als „Rädelsführer* gelten, werden wieder angestellt, sie nebmen die Arbeit unter vorläufiger Annahme des neuen Tarifs auf, wogegen die Firma si verpflichtet, den alten Lohntarif na Verlauf von aht Tagen wieder einzuführen.

Aus Leipzig berichtet die „Wz. Ztg.", daß die dortigen Bau- bandwerker ihren Ausstand wegen des Maurerausstandes vertagt haben, Der Bauarbeitgeber - Verband nahm in einer Ver- sammlung am Dienétag, in welcher fast alle Verbandémitglieder anwesend waren, ebenfalls Stellung zum Maurerausstande. Es wurde mitgetheilt, daß der Ausstand bereits ein weit milderes Geyräge zeige, als bei seinem Beginn, und daß wiederum viele Gesellen um Arbeit nachgefraat hätten. Die Versamm- lung gelangte zu dem einstimmigen Beschluß, nah wie vor die Forderungen der Gesellen abzulehnen, und spra die Erwartung aus, daß die ganze Ausstandsbewegung nur zur Kräftigung und Stärkung der Organisation der Arbeitgeber beitragen werde. | i

In München haben, wie dem „Vorwärts“ geschrieben wird, 36 Lederfärber wegen Lohnstreites die Arbeit niedergelegt.

Aus Berlin berichtet die .Vof. Ztg.“ zum Maurer- ausstande, daß die Wiederaufnahme der Arbeit durch die aut- ftändigen Maurer gestern exfolgt ift. Ein erheblicher Theil fand die alten Pläße beseßt und ist, Da die Zal der Bauten im Abnehmen begriffen ift, einer längeren Arbeitslofigkeit ausgeseßt. Etwa 600 Mann find noch zu unterstützen. Der Ausftand bat auch in den Vororten uur theilweise Erfolg gehabt. Zur Abwehr von Aus- ständen und Sperren im Baugewerbe wird, einer Mittheilung der Berliner „Volks - Ztg.“ zufolge, bereits in nächster Zeit eine Ver - einigung zur Wahrung der Interessen der Bauarbeit- geber Berlins und der Umgegend ins Leben treten.

Aus Brüssel wird der „Voß. Ztg.“ gemeldet, daß der A us8- stand im Koblenbecken von Mons weiter wächst; gestern waren bereits 16 500 Bergarbeiter ausftändig.

Statistik nnD Volkswirthschaft.

Aus den Verwaltuna8berichten der Gewerbe-Aufsichts- beamten in Elsaß-Eothringen für das Jahr 1896.

Ueber die Gesammtlage der Industrie in Elsaß-Lothringen enthalten die Berichte nit dDurhweg bestimmte Auskunft, doh lassen die über verschiedene symptomatishe Ersheinungen gemachten Mit- theilungen darauf schließen, daß auch in Elsaß der Geschäftsgang zum theil ein aufwärts gehender war, für Lothringen wird dies ausdrüdckli bekundet. Die Berichte der vier reihsländischen Handelskammern liegen noch nicht vor. Nach den für U nterelsaß auf Grund der am 1. Dezember 1896 durch die Ortsbehörden erhobenen Zahlen ift eine Zunahme ber ArbeiterzaHl von nur 1,7% gegen das Vorjahr nachgewiesen, jedo, wie dies bereits in früberen Berichten wiederholt moniert worden ist, die Zuverlässigkeit der An- gaben der Ortsbehörden nit avßer Zweifel. Thatsächlih waren fämmtlihe Intustriezweige naW dem Bericht des Gewerbe-Auffichts- beamten in diesem Bezir während des Jahres reihlich beschäftigt, und es haben im Berg- und Hüttenwesen, in der Industrie der Steine und Erden, der Maschinenindustrie und der verwandten Branchen, endlich auc in der Textilindustrie des Bezirks erheblihe Vergrößerungen und Mehreinstellungen stattgefunden, fodaß ein stärkeres Wachsthum der Arbeiterzabl als das orten angegebene anzunehmen ist. Die Verwendung der jugendlihen und weiblichen Arbeiter scheint im allgemeinen gegen das Vorjahr unverändert geblieben zu sein. Nach den Dezember- anacweisen für Oberelfaß, die, wie der Berichterstatter hervor- Hebt, au bier durchaus kein ricktiges Bild des wirklihen Arbeits- tandes geben, hat die Zahl der erwachsenen männlichen Arbeiter (um 4183) sowie die Gesammtarbeiterzabl (um 2721) ab- genommen. Die Abnahme entfällt ganz auf die Textilindustrie, in der die Zahl der erwachsenen männlichen Arbeiter von 29291 auf 24 311, also um 4980 und die Gesammtzahl aller Arbeiter um 3762

efallen ist. Die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter und erwachsener

rbeiterinnen hat entsprewend z ugenommen. Der Geschäftsgang in der Textilindustrie if in der legten Zeit stockend gewesen, haupt- \ächlich in der Kammgarnspinnerei, die infolge {lechter Konjunkturen im zweiten Halbjahr die Arbeit möglichst eingeschränkt und \{ließlich an den Sonnabenden ganz einrgeftellt hat.

In ten übrigen Fnduftriezweigen zusammen hat dagegen im Durdschnitt eine kleine Steigerung der Arbeiterzahl stattgefunden.

Die Lage der Industrie wird in dem Bericht für Lothringen ausführlicher Bbebandelt, und zwar giebt der Bericht-

erstatter sein Gefammturtheil Dahin ab:-—z7Die_ Lage der Industrie in_

Lothringen war im Bericht8sjahre cine so günstige, wie es seit dem Eintritt dieses Bezirks in das deutsche Reichs- und Zollgebiet noch nicht der Fall war.“ Die Zahl der insgesammt beschäftigten Arbeiter ift hier gegen das Vorjahr um 6,79/9 gestiegen; an dem „Zuwachs find die erwahsenen männlichen Arbeiter mit 91,09% betheiligt, die Zunahme der jugendlichen und rweiblihen Arbeiter ist also hier eine verhältnißmäßig geringe gewesen. Der Hauptantheil der Zunahme der Arbeiterzahl entfällt, wie der Bericht sagt, auf die Industrie der Steine und Erden, auf die hemishe Industrie und nur zum geringen Theil auf das H üttenwesen, da hier die gegen früher weit höhere Produftion dur Verbesserung in den Einrichtungen, und nit durch Vergrößerung der Arbeiterzahl erreicht wird. /

Im einzelnen weift der Bericht darauf hin, daß einige Zweige der Hausindustrie dur Fabriken verdrängt würden, wie die Holzshuhindustrie, die Hand &uhmadherei, au die Perlkranzfabrikation. Eine Verschiebung der Fabrikarbeit zu Gunsten der Hausindustrie sei nicht bemertt worden, dagegen fehle es nit an „interessanten Bei- spielen, daß kleine {wache Unternehmer als Konkurrenten gut ein- gerihtete Fabrifen aufboten.“ So seien neben einer großen Uhr- federfsabrik bei Saarburg „, der gréßten Deutschlands, zwet kleine primitive Betriebe Der gleihen Branche durh frühere Arbeiter der Fabrik eröffnet worden; auch in der Seifensiederei seien kleine Anlagen entstanden, in denen der allein oder mit einem Familienangehörigen arbeiten de Unternebmer sein Auskommen finde. Fn. der Textilindustrie sei die Sammtweberei fast ganz ver- \{chwunden, nahdem die Ausfuhr nach Amerika dur theilweise den Werth des Fabrikats übersfteigende Eing angszölle unmöglih gemacht sei. Schwer würde die Tothbringishe Industrie leiden, wenn eine gleihe Erböhung für die \{warzen Hutplüsche, deren Fabrikation zu fast zwei Dritteln des gesammten Weltkonsums im Bezirk ihren Siß hat, in Amerika zur Einführung gelange. Der JIndustriezweig leide schon jeßt unter dem verminderten Gebrau der shwarzen Zylinderhüte. m übrigen seien, bemerkt der Berichterstatter, in der Industrie des Bezirks rückläufige Bervegungen fast nirgends wahrzunehmen. Die Beschäftigung von auswärtigen Arbeitern, namentlich von Jtalienern, nehme immer noch zu. Sie bemädtigten sich der Arbeit im Bau- und in verwandten Gzwerben immer mehr, während die inländischen Arbeiter ich der Fabrikarbeit zuwendeten. j i

Was die Durchführung der Arbeitershußzbestimmungen anbelangt, so kehren auch für 1896 in den Berichten über Elsaß die alten Klagen über ein noch mangelndes Verständniß der Ortspolizei- behörden wieder. Auch der Berichterstatter für Lothringen bemerkt, daß in den meisten ländlichen Bezirken die Revisionen niht mit der erforderlichen Sachkenntniß und Gründlichkeit vorgenommen würden. Am meisten Schwierigkeiten maht noch immer die Durchführung der Bestimmungen über die Sonn- tagsruhe. NamentlichÞch gilt dies für die kleinen Betriebe, während in den größeren die Durdführung als gut bezeihnet wird. Auch die kleineren Unternehmer vergehen sch in der Regel nicht aus Absicht gegen die Vorschriften, fondern weil sie dieselben noch nit hinreichend verstehen. Die Führung der Verzeichnisse über die Sonntags- arbeiten [äßt noch immer viel zu wünschen übrig.

Ueber die wirthschaftlichen und sittlihen Zustände der Arbeiterbevölkerung 1[äßt sich nur der Berichterstatter für Lothringen etwas ausführlicher aus. Er theilt mit, daß für die meisten Industriearbeiter, namentlih aber für die Tagelöhner, eine Lohnerhöhung eingetreten sei. DieLöhne in denGlashütten, besonders in den fern von der Eisenbahn Aftegener, veranlassen ihn zu der Bemerkung, daß die Glasmacher und chleifer „ziemli spät zu einer aus- reichenden Einnahme gelangen und daß die ungelerntien Arbeiter über- haupt zu - gering bezahlt werden.“ Die niedrige Bezahlung der jüngeren männlihen erwachfener Arbeiter iht hier erheblich gegen die im allgemeinen zu beobachtende Thatsache ab, daß der Unterschied zwischen dem Verdienst der älteren und jüngeren Arbeiter zu Un- gunsten der ersterep“ „ax gering erscheint. Eine auskömmliche Ein- nahme fängt z. B.“cn einem als typisch zu betrach tenden Betriebe bei den Glasmachern durchs{chnittlich erst mit dem 30. Lebensjahre an. Die jüngeren Gehilfen müfszn, nachdem sie ausgelernt haben, mit Monats[öhnen von 20 bis 30 4 zufrieden sein, haben aber die Ausficht, später als „Bläser“ 73 bis 121 #, als „Meister“ durchschnittlih 183 4 monatlich zu verd ienen. Die Meister sind alle über 40 Jahre alt. Diese Aussiht läßt bisher die jüngeren Arbeiter meist bei der

Arbeit aushalten. Unwillig find fie darüber, daß die jungen Arbeite- rinnen in der Regel einen höheren Verdienfi Haben als die männlichen Gehilfen. In den Eisenhüttengegenden ift der geringste Tagelohn für erwachsene Männer 2,70 4, der Durhschnitt 3 4, und die Lebens- baltung entsprehend befser. Leider is die zugewanderte und fluktuierende Arbeitershaft in diesen Gegenden in der Ueberzahl und übt einen \{lechten sittlihen Einfluß auf die angesefsenen Arbeiter- familien aus. Ganz besonders aber wird die Ueberhandnahme des Alkobolismus beklagt, welche felbst die Arbeiterinnen theilwei}e bereits ergriffen habe. Jedenfalls sei hier für energishe Woblfahrtspflege noch ein weites Gebiet ofen.

__ Die Königliche Technische Hohshule zu Berlin wird im Sommer-Semester 1897 von 2023 Studierenden, unter denen \ich 239 Ausländer befinden, und von 670 Hospitanten, insgesammt also von 2693 Hörern besucht. Von den 2023 Studierenden widmen {ih 358 der Architektur, 411 (darunter 35 Ausländer) dem Bau-Ingenieur- wesen, 955 (darunter 131 Ausländer) dem Maschinen-Ingenieurwesen, 135 (darunter 11 Ausländer) dem Schiff- und Schiffsmaschinen-Bau, 160 (darunter 57 Ausländer) der Chemie und Hüttenkunde und 4 all- gemeinen Wissenschaften.

Kunft und Wissenschaft.

Vom Dom zu Orvieto berichtet die Münch. „Alg. Ztg.*: Im ehrwürdigen Dom zu Orvieto bemerkt man feit kurzem eine Ver- änderung, welche jeden Besucher erfreuen muß. Nachdem das Innere \{chon vor Jahren aufs fachverständigfte restauriert war, hat man jeßt die Koloffalstatuen der zwölf Apostel von Moëca, Scalza, Giovanni da Bologna u. A. entfernt, Werke tes beginneaden Barcockftils, welhe in die ernste gothishe Umgebung absolut nicht paßten. Auch die Verkündigung Maria's von Mocchi, defsen manierierte Statuen dräuend den Eingang zum Altarraum bewachten, hat man beseitigt und alle diese Kunstschäße von zweifelhaftem Werth in dem eben restaurierten Palast der Päpste untergebraht, der, am Domplatz ge- legen, in gothishem Stil erbaut, den Charakter des einsamen, gras8- bewacsenen Platzes mit bestimmt. Eben wurde die mächtige Halle vollendet, welhe durch zwei Stockwerke hindur geht und Raum bietet auch für ac Kunsts@ätße der Opera del Duomo, wo die Zeichnungen für die Façade, Signorelli’s Selbstbildniß und alle die herrliwen Geräthe und Paramente bewahrt werden, an denen der Domshay von Orvieto so reich if. Simone Martino’s Madonna allerdings, welche der Besißer bis beute in der Opera aus- x hat, steht schon seit langer Zeit zum Verkauf, und es ift zu efürchten, daß der erste reihe Kunstfreund diesen Schay der alten Stadt entführt. In kurzer Zeit wird die Aufstellung vollendet fein, und son jeßt genießt man mit Freuden den Anblick des Dom- Innern in feiner einfachen Pracht.

Literatur.

Die Neurasthenie und ihre naturgemäße Behand- lung. Ein Ratbhgeher für Nervenkranke. Von Dr. med. Ralf Wichmann, dirigierendem Arzt der Kuranstalt in Ilmenau. Mit 9 Abbildungen. Verlag von Otto Salle in Berlin W. 30. Preis 2M Der dur seine für Laien bestimmten Schriften „Die Wasserkuren“ und „Das Wesen der Nervenkrankheiten“ bekannt ge- wordene Nervenarzt und Kuranstalts: Leiter übergiebt hiermit den zahl- reihen Nervenkranken eine weitere Schrift, die sih speziell mit der Nervenschwäche und Nervosität befaßt und die Wege zeigt, auf denen

_H% eine Heilung dur einem Jeden zugänglihe natürliche Mittel

erzielèn lasse. În eingebender-, einem Jeden verständliher Weise gelangen zunächst kurz die Ursachen der Nervenshwäche, alsdann deren Behandlung und Heilung zur Besprehung. Angesichts der weiten Verbreitung der Neurasthenie dürfte das Buch, das aus langjähriger Spezialpraxis heraus entstanden ift, vielen Nervenleidenden will- kommen fein.

Meyer's Reisebücher: Süd-Deutshhland, Salz- fammergut, Salzburg und Nord-Tirol. Siebente Auflage. Mit 31 Karten, 33 Plänen und Grundrissen und 8 Panoramen. Leipzig und Wien, Bibliographishes Institut, 1897. Preis geb. 9 M Das nicht nur durch seine Gebirge und landschaftlihen Schönheiten bevorzugte, sondern au an alten Kunslshäßen jeder Art so reiche Süd- Deutschland übt alljährlihzur Sommerszeit auf Reiselustige eine besonders große Anziehungskraft aus. Jhnen wird auch diese neue Ausgabe des Meyer’shen Handbuhs sich als ein guter Führer bewähren. Diese siebente Auflage hat abermals eine sorgfältige Durcharbeitung erfahren, wobei auc diesmal wieder vornehmlich den Hauptve1kehrsmittelpunkten, den großen Städten, wie München, Nürnberg, Augsburg, Stuttgart, Straßburg, sowie den großen Badeorten Kissingen, Reichenhall 2c. eine besonders eingehende Darstellung zu theil geworden ift. In denjenigen Kapiteln des Buches, welche die Alpen behandeln, alfo Oberbayern, Nord- Tirol, Salzburg - Berhtesgaden und Salzkammer- gut, find bei der Darstellung in erfter Linie die Touristen mit Rund- reise - Billets, d. h. solhe Reisende berücksihtigt worden, welche nur einen kürzeren Aufenthalt nehmen und bezüglih der Beratouren s|ch mit dem Besuch leihter zu erreichender Ausfichtspunkte begnügen. Länger weilende Touristen sowie Freunde des Bergsports finden Ausführlicheres über Ausflüge und Hochtouren in den anderen vortrefflihen Führern der Meyer’shen Reisebücher- Serie, wie „Deutsche Alpen“ (Bd. I—II1) bezw. in dem Bande „Der Hohtourist in den Ostalpen“ ; ebenso haben die füdwestdeutschen Bergländer in dem Bande „Schwarzwald, Odenwald, Bergstraße und Heidelberg" eine spezieller eingehende Behandlung erfahren. Der Text i|st in seinen Angaben überall revidiert und mit den gegenwärtigen Verhältnissen in Einklang gebraht worden. Besonders hervorgehoben sei noh die jedem Reisenden sicherlih will- kommene Neuerung, nah welcher jeßt bei den meisten Gasthöfen die Preise für Unterkunft und Verpflegung angeführt sind. Die zahl- reichen vortrefflichen Karten, Pläne und Panoramen haben abermals eine wesentlihe Vermehrung erfahren.

Mit der soeben erschienenen Nr. 26 {ließt das erste Halb- jahr des zweiten Jahrgangs der „Jugend“ (Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben, G. Hirth?s Verlag in München; Preis 3 & pro Quartal). Aus dem Inhalt dieser 20 Seiten ftarken, kfünstlerish und tertlih besonders reih autgestatteten Nummer sei das Folgende hervorgehoben: Farbiges Titelblatt von Hans Christiansen (Paris); „Ein neuer Todtentanz“, 4 Blätter von Otto Seiß; „Onkel Ruben“, eine seltsame Geschihte von Selma Lagerlöf; „König Ha- rald’s Will? und Werkzeug“, Dichtung von F. von Ostini, mit Zierrahmen von Frit Erler; „Rothe Rosen“, Gedicht von Ernst ‘von Wolzogen ; „Die Heilskandidatin“, Stizze von Ilse Frapan; Epigramme, von Otto Ernst; „Juni“, farbige Leiste von H. Eichrodt. Hieran reihen ih weitere künstlerishe und literarishe Beiträge von A. Schmid- hammer, H. G. Gräf, Rudolf Wilke, Leo Prohownik, Otto Eckmann, Bernh. Pankok, Julius Diez, W. Caspari, Mar Feldbauer, Ludw. Raders, E. Tösnnies, H. Thiriet, Gustav Pollak.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Aus den „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundeitsamts“ Nr. 26 vom 30. Juni.

Pest.

Arabien. In Djeddah sind vom 5. bis 9. Juni 8 Er- krankungen mit 8 Todeéfällen, nah anderer Mittheilung vom 11. bis 17. Juni 7 Erkrankungen und 14 Todesfälle festgestellt worden. Die Krank- heit soll durch Sklavenhändler von der afrikanischen Küste eingeshleppt sein. Die Sklaven werden von dort nah Jemen (Loheja) gesmuggelt, dann auf dem Landwege über Taif nah Djeddah gebracht und dort verhandelt. Der erste Todesfall in Djeddah betraf einen auf dem

Landwege aus Jemen eingetroffenen Pilger. Drei andere Kranke aus Hadramaut waren Verwandte von Einwohnern in Djeddah, bei welchen die mit der Landkarawane zugereiften Personen wohnten.

Cholera.

Frankreich. In Paris sind dem „Bulletin hebdomadaires de sfatistique municipale“ zufolge in der Berichtszeit vom 13. bis 19. Juni 2 Erkrankungen an Cholera vorgekommen.

British-Ostindien.

Kalkutta. Vom 16. bis 22. Mai starben 59 Personen an

Cholera, 8 an Podcken und 147 an Fiebern. Gelbfieber.

In Rio de Janeiro wurden (nah den „Public health reports“) in der Zeit vom 25. April bis 1. Mai 10 Todesfälle festgestellt, ferner auf Cuba vom 21. bis 27. Mai in Havanna bei 75 Neu- erfrankungen 19, sämmtlich im Militär-Hospital, vom 16. bis 22. Mai in Cardenas 4 Todesfälle, in Sagua la Grande 23 Neuerkrankungen, vom 17. bis 23. Mai in Cienfuegos und vom 20. bis 26. Mai in Matanzas je 1 Todesfall, vom 9. bis 15. Mai in Santjago 2 Todesfälle, und vom 16. bis 22. Mai ebendaselbft im Militär-Hospital mehrere Neuerkrankungen.

Verschiedene Krankheiten.

Podcken: Lemberg 3, New - York 4, St. Petersburg 2, Warschau 3 Todesfälle ; Paris 10, St. Petersburg 4 Erkrankungen ; Genidckstarre: New-York 5 Todesfälle ; Regierungsbezirke Minden und Schleswig, Kopenhagen je 2 Erkrankungen; Influenza: London 12, St. Petersburg 4 Todesfälle; Keuchh u f en : Negierungs- bezirk Schleswig 118 Erkrankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen ftarben an Masern (Dur(h- schnitt aller deutshen Bericht8orte 1881/90: 1,309%/6): in Boum. Erkrankungen wurden gemeldet in Berlin 106, Breslau 62, in den Regierungsbezirken Hannover 180, Königsberg 152, Minden 196, Münster 114, Posen 214, Wiesbaden 164, in Budapest 194, Edin- burg 207, St. Petersburg 200, Prag 29, Wien 443 desgl. an Scharlah in Budapest 25, Edinburg 36, London (Krankenhäuser) 274, Paris 34, St. Petersburg 62, Wien 41 desgl. an Diphtherie und Croup in Berlin 42, Kopenhagen 26, London (Kranken- bäuser) 124, Paris 39, St. Petersburg 120, Wien 45 desgl. an Unterleibstyvhus in St. Petersburg 126.

Konstantinopel, 30. Juni. (W. T. B.) Da unter den aus Djeddah kommenden egyptishen Pilgern zwei Pestfälle in dem Lazareth von El -Tor vorgekommen sind, hat der Sanitätsrath be- \{lossen, die nah drei Inseln des Rothen Meeres gesandten Pilger nah dem Lazareth auf Kamaran zu \{chicken und die Abfahrt der Pilger aus Djeddah zu sistieren.

Verdingungen im Auslande.

Spanien.

5. August. General - Direktion der Post und Telegraphen in Madrid: Lieferung von 14 Tonnen Kupfersulfat für den Tele- graphendienst. Voranschlag 530 Peseten für die Tonne. Kaution 5 Peseten. Näheres bei genannter Behörde.

Verkehrs-Anftalten.

Vom 1. Juli d. J. ab finden für den Fernsprechverkehr zwishen dem Reichs-Postgebiet und Bayern, wie {on furz erwähnt, die im inneren Verkehr des Reichs-Postgebiets geltenden Gebührensäße Anwendung. Es werden demnach erhoben für das einfahe Ge}präh bis zur Dauer von 3 Minuten im Spreverkehr zwischen Orten, deren Haupt-Vermittelungsanstaltea in der Luftlinie niht mehr als 50 km von einander entfernt sind, 25 4, auf weitere Entfernungen 1

Bremen, 1. Juli. (W, T. B.) Norddeutscher Lloyd. Dampfer „Lahn“ 29. Juni Mittags v. New-York n. d. Weser abgeg. „Trave“, v. New - York kommend, hat 30. Juni Vm. Dover passiert; er überbringt 289 Pafsagiere und volle Ladung. „Havel“ 30. Juni Mrgs. in New-York angek. „Oldenburg“, von Ost-Asien kommend, 30. Juni Vin. Dover passiert. „Kron- prinz Friedrich Wilhelm *, v. Brasilien kommend, 30. Juni Nm. a. d. Weser angek. „Saale“ 30, Juni Nm. Reise v. Sout- hamvpton n. Cherbourg fortges. „Bayern“, n. Ost-Asien bestimmt, 30. Juni Nm. in Neapel angekommen.

Hamburg, 30. Juni. (W. T. B.) Hamburg - Amerika- Linie. D. „Valdivia“, von Hamburg fommend, is heute in St. Thomas eingetroffen.

1. Juli. (W. T. B.) SD. „Fürst Bismarck*“ hat, v. New-York kommend, heute Morgen Lizard passiert und ist Morgens in Plymouth éingetroffen, PD. „Persia*“ ist, v. New-York kom- mend, heute Morgen in Curhaven angekommen.

__ London, 30. Juni. (W. T. B.) Castle-Linie. D. „Arundel Castle" ist heute auf der Heimreise in London angekommen. D. „Warwich Castle" hat heute auf der Heimreise die Cana- rischen Inseln passiert.

_ Rotterdam, 30. Juni. (W. T. B.) Holland -Amerika- Linie. D. „Veendam“ ist heute von Rotterdam nach New- York abgegangen.

Theater und Musik.

Theater des Westens.

Flotow's romantishe Oper „Martha“ oder „Der Markt zu Richmond“, die gestern zur Aufführung gelangte, bestätigte den günstigen Eindruck, den die meisten bisherigen Darbietungen der Gesellschaft des Herrn Morwiß hinterlassen haben. Die beim Publikum beliebte Oper fand um fo mehr Beifall, als das Werk forgfältig einstudiert war und die Darstellung gefanglih und shauspielerisch im Ganzen glatt und gefällig durhgeführt wurde. Im Vordergrunde des Interesses ftand die Partie des Lyonel, welche von Herrn Heinrich Böôötel mit glänzender und eindruckévoller Stimme gesungen wurde. Standen auch die übrigen mitwirkenden Kräfte, was die Stimmmittel betrifft, nicht auf rang Höhe, so wurde man doch nirgends dur Unzulängliches ge- tôrt, und die Damen Emmy Raabe und Frieda Hawliczek sowie die Herren Kirchner, Keller und Hagen verdienen, mit Anerkennung ihrer Leistungen genannt zu werden.

Neues Theater.

Das Lustspiel „Der Stellvertreter“ von William Busnach und Georges Duval fand bei seiner gestrigen ersten Aufführung auf dieser Bühne den gleichen lebhaften Beifall wie bei seinem ersten Erscheinen im Residenz-Theater. Herr Alexander als {üchterner Liebhaber besiegte wie immer allen Widerstand gegen die Schwächen seiner Rolle durch seinen köftlihen Humor. Neu beseßt war die Rolle der jungen Munizipalrathsgattin Valentine durch Fräulein Bertens. Die Darstellerin gab die verirrte Frau, die {ließlich durch den eigenen Gatten geheilt wird, mit der nöthigen weisen Zurüd- baltung. Ihr großes Talent vermochte troßdem jeden feinen und kleinen Stimmungswecsel der launenhaften Valentine keck, anmuthig und vornehm zu nuancieren. Dem Spiel dieser beiden erften Darsteller zu folgen, war in der That interessant. Die Beseßung der übrigen Rollen wies kaum bemerkeuswerthe Veränderungen auf. Recht wenig am Plaße war Herr Schwellah, dem alles zum Liebhaber fehlt, in der Rolle des Marquis von Chantelaus. Das gut beseytc Haus blieb bis zum Schluß in heiterer, angeregter Stimmung und kargte nicht mit seinen Beifallsäußerungen.