1897 / 154 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 03 Jul 1897 18:00:01 GMT) scan diff

.

E He: A arin: A 1ER N É A A E A L 5 L

Die Stipendiaten sind verpflichtet, im Falle fie das Stipendium nicht für ihr Studium auf der akademischen Hoch- schule für die bildenden Künste zu Berlin oder in den Meister- Ateliers verwerthen, über ihren Aufenthalt und ihre Thâätig- keit dem Direktor der akademishen Hochshule für die bildenden Künste quartaliter Bericht zu erstatten. Mit Ablauf des zweiten Quartals haben die Stipendiaten eine Studien-Arbeit oder eine Kopie nach einem hervorragenden Merke der älteren Kunst oder eine Komposition, über deren Würdigkeit der Vorsizende des Kuratoriums entscheidet, an die Königliche akademische Hochschule für die bildenden Künste als deren Eigenthum einzuliefern 9 des Statuts).

Bei Eng En Fleiß oder \{chlechter Führung des Stipendiaten fann demselben das Stipendium durch das Kuratorium entzogen werden (S 10 des Statuts).

Das Stipendium beträgt circa 8900 & Die Verleihung desselben geschieht am 8. Dezember; die Ratenzahlungen er- folgen jeweils am 1. Januar, 1. April, 1. Zuli und 1. Ok: tober gegen Quittungen, welche vorher dem Unterzeichneten zur Bescheinigung oorzulegen find.

Geeignete Bewerber haben ihre Gesuche mit den in Vor- stehendem geforderten Attesten und Arbeiten bis zum 15. Ok- tober d. J. an den unterzeichneten Vorsißenden des Kura- toriums einzureichen.

Berlin, den 1. Juli 1897.

Der Vorfißende des Kuratoriums der Dr. Adolf Menzel-Stiftung. A. von Werner, Direktor der Königlichen akademischen Hochschule für die bildenden Künste.

C T¿ 5 com ; M : tustiz-Ministerlum.

4) 4 ¡4 b 6

n

Dem Kammergerichis - Rath Petsch, dem Landgerichts- Rath Streuber in Köslin und dem Amtsgerihts-Rath Mila vom Amtsgericht T in Berlin ift die nachgesuchte Dienstenilassung mit Pension ertheilt.

Versetzt sind: der Lan gerihts-Rath Thiele in Brieg an das Landgericht in Stettin, der Amtsgerichts-Raty Dr. Neu- kamp in Göttingen als Landgerichts-Rath an das Landgericht daselbst und der Amtsrichter Nack in Kempen î. P. an das Amits- geriht in Wreschen.

Der Amtsrichter Aegidi in Bernstadt ist infolge seiner Ernennung zum Regierungs-Rath in der Verwaltung der direkten Steuern aus dem Justizdienst geschieden.

Zu Handelsrichtern sind wiederernannt: der Kaufmann und Vize-Konsul Mißlaff und der Kaufmann Sauer- hering in Elbing bei dem Landgericht in Elbing.

Zu stellvertretenden Handelsrichtern sind ernanni: der Kaufmann Augustin in Elbing bei dem Landgericht in Elbing und der Kaufmann Naphtaly Hamburger in Pojen bei dem Landgericht in Posen; wiederernannt : der Kommerzien- Nath und Stadtrath Peters in Elbing bei dem Landgericht in Elbing.

Dem Handelsrihtec. Kaufmann Karl Buggenhagen in Berlin ift die nachgesuchte Entlassung aus dem Amt ertheilt.

Der Staatsanwalt Richter vom Landgericht T in Berlin ist an das Kammergericht verseßt.

Der Staatsanwalt Wohlfarth in Oppeln ist infolge seiner Uebernahme in die Verwaltung der direkten Steuern aus dem Justizdienst geschieden.

Dem Notar Jahr in Anklam ist der Wohnsiß in Zobten angewiesen.

In der Liste der Rechtsanwalte find gelöscht: der Rechts- anwalt, Justiz-Rath Gruwe bei dem Landgerichz in Magde- burg und der Rechtsanwalt Dr. Zander bei dem Land- gericht T in Berlin.

In die Liste der Rechtsanwalte sind eingetragen: der Rechtsanwalt Gröning aus Arnsberg bei dem Landgericht TI in Berlin, der Rechtsanwalt Jahr aus Anklam bei dem Amtsgerichi in Zobten, der Rechtsanwalt Rammelt aus Greifswald bei dem Amtsgericht in Wolgast, der Rechtsanwalt Dr. Siehr in Lyck bci dem Amtsgericht daselbst und der Gerichts-Afefor Caro bei dem Landgericht T in Berlin.

Der Landgerichts - Direïtor Bardt in Frankfurt a. O. und der Rechtsanwalt August Elven in Köln sind gestorben.

Hauptverwaltung der Staatsschulden. Vektanntmuhung.

Bei der heute öffentilih in Gegenwart eines Notars bewirkten 4. Verloosung der 3!/zprozentigen Vorzugs; Anleihescheine 2. Reihe der Schhleswig-Holsteinischen Marschbahn sind folgende Nummern gezogen worden:

191 bis 200, 441 bis 450, 2501, 2502, zusammen 22 Stück über je 500 # = 11 000

Dieselben werden den Besißern mit der Aufforderung gekündigt, die in den ausgeloosten Nummern verschriebenen Kapitalbeträge vom 3. Januar 1898 ab gegen Quittung und Rückgabe der Anleihescheine und der nach diesem Termin zahlbar werdenden Zinsscheine Reihe I Nr. 18 bis 20 neb#| Anweisungen für die nächste Reihe bei der Staatsshulden-Tilgungskasse in Berlin, Taubenstraße 29, zu

Die Einlösung geschieht auch bei der Haupt-Seehand- lungsfasse und der Direktion der Diskontogesellshaft in Berlin, bei der Vereinsbank, der Norddeutshen Bank und bei L. Beh- cns und Söhne in Hamburg, sowie bei M. A. von Noth- ild und Söhne in Frankfurt a. M.

Zu diesem Zweck können die Effekten ciner dieser Stellen schon vom 1. Dezember d. J. ab eingereiht werden, welche fie der Staatsschulden-Tilgungskasse zur Prüfung vorzulegen hat und nah erfolgter Feststellung die Auszahlung vom 3. Januar 1898 ab bewirkt. :

Der Betrag etwa fehlender Zinsscheine wird vom Kapital zurückbehalten.

Mit dem 31. Dezember d. J. bört die Verzinsung der verlooîten Anlcihescheine auf.

Berlin, den 1. Juli 1897.

Hauptverwaltung der Staatsschulden. von Hoffmann.

Evangelisher Ober-Kirchenrath. Dem Konsistorial-NRath Krüger ist cine etatsmäßige Rathsstelle bei dem Königlichen Konsistorium in Danzig ver- liehen worden.

Tbgereifi:

Seine Excellenz der Staats-Minister und Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten D. Dr. Bosse, und

der Ministerial-Direktor im Ministerium der geistlichen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten, Wirkliche Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr. Kuegler, nah Schlesien :

der Unter-Staatssekretär im Ministerium der öffentlichen Arbeiten Fleck, mit mehrwöchigem Urlaub nah Tirol ;

der Vorsizende der Verwaltung des Reichs-Jnvaliden- fonds, Wirkliche Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr. Rösing, nach dem Rhein.

Angekommen:

der Direktor im Neichs-Postamt Fritsch, vom Weltpost- Kongreß in Washington.

Personal-Veränderungen.

&önialih Preußishe Armee.

Offiziere, Portepee-Fähnribe x. Ernennungen, Beförderungen und Verseßungen. Im aktiven Heere. Fiel, an Bord S. M. Y. „Hohenzollern “, 96. Juni. Graf v. Sœimmelmann, Ritim. und Eskadr. Chef vom Kür. Regt. Kaiser Nikolaus 1. von Rußland (Brandenburg.) Nr. 6, unter Stellung à la suite dieses Regts., zum Flügel-Adjutanten des Re- genten des Herzogthums Braun|chweig, Prinzen Albreht von Preußen Königliche Hoheit, v. Tshirscbky u. Bögendorff, Rittm. von demselben Regt., zum Esfadr. Chef, ernannt. Frhr. v. Auten- ried, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Kaiser Wilbelm (2. Großherzogl. Hef.) Nr. 116, in das Inf. Ngt. Nr. 97, v. Knobelsd orff-Brenkenboff, Sec. Lt. vom Drag. Reat. Prinz Albrecht von Preußen (Littbhau.) Nr. 1, in das 1. Garde-Drag. Regt. Königin von Großbritannien und Irland, Wolf, Sec. Lt. vom Nassau. Feld-Art. Reat. Nr. 27, unter Ent- bindung ron dem Kommando zur Dienstleistung bei dem Drag. Regt. Freiberr von Manteuffel (Rhein.) Nr. 5, in das Schleswig-Holstein. Drag. Regt. Nr. 13, Ablemann, Sec. Lt. vom Feld-Art. Regt. von Peucker (S&[les.) Nr. 6, in das 1. Pomm. Feld-Art. Regt. Nr. 2, Hevel fe, charafteris. Port. Fähnr. vom Inf. Regt. Herwarth von Bittenfeld (1. Westfäl.) Nr. 13, in das Drag. Negt. König Albert von Sachsen (Oftpreuß ) Ner. 10, verseßt. Kosfak, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Herzog von Holstein (Holstein.) Nr. 85, unter Belaffung n dem Kommando als Komp. Offizier bei der Untercffi ter- Vorschule in Bartenstein, à la suite des Regiments gestelit. v. Ioeden, P-. Lt. a. D., zuleßt im 1. Hanseat. Inf. Regt. Nr. 75, im aktiven Heere und zwar als Pr. Lt. bei dem Inf. Negt. Herzog von Holstein (Holst-in.) Nr. 85 wiederangestelit. v. Ber enhorsîi, Pr. Lt. vom Garde - Gren. Regt. Nr. 5, vox Beendigung seines Kommandos bei der Kriegs-Akademie im Juli d. I., bis zum 30. Sep- tember d. J. zur Dienstleistung bei der 1. Matrosen - Art. Abtheil. fommandiert. v. Krieger, Sec. Lt. vom Gren. Regt. König Milbelw 1. (2. Westpreuß.) Nr. 7, unter Entbixdung von dem Kommando zur Dienstleistung bei dem Posen. Feld-Art. Reg*. Nr. 20, in das Königs-Iaf. Regt. Nr. 145 verseßt.

Dur Verfügung des Kriegs-Ministeriums. 19. Jun i. Koepfke, Hauptm. à la suite des Westvreuß. Feld-Art. Reats. Nr. 16 und Unter-Direkter bei den technischen Instituten, der Art. Werkstatt in Spandau, Sprengel, Sec. Lt. à la suite des Feld- Art. Regts. von Holtendorff (1. Rhein.) Nr. 8 und Direktioas-Assist. bei den technishen Instituten, der Art. Werkítatt in Deuß, zuge- theilt. Widcke, Hauptm. à la suite des Hess. Feld-Art. Regts. Nr. 11 und Direktions-Assift. bei den te@nischen JFIustuten, in gleicher Gigensaft von der Art. Werkstatt in Deuz zu der in Spandau verseßt.

Abschiedêbewilligungen. Im aktiven Heere. Kiel, an Bord S. M. Y. „Hohenzollern“, 26. Juni. v. der Osten, Rittm. à la suite des Drag. Regts. Prinz Albrecht von Preußen (Litthau.) Nr. 1 und Flügel-Adjutant des Regenten des Herzogthums Braunschweig, Prinzen Albrecht von Preußen Königlicher Hoheit, mit Pension und der Uniform des 1. Brandenburg. Drag. Regts. Nr. 2 der Abschied bewilligt. v. Stumm, Sec. Lt. à la suite des 1. Garde-Drag. Regis. Königin von Großbritannien und Irland, fommandiert zur Dienstleistung bei dem Auswärtizen Amt, aus- geshieden und zu den Res. Offizieren tes Regiments übergetreten. Kremvien, Sec. Lt. vom Infanterie-Regiment Markgraf Ludwig Wilbelm (3. Badisches) Nr. 111, mit Pension der Abschied bewilliat. Puder, Hauptm. und Komp. Chef vom 5. Rhein. Inf. Regt. Nr. 65, \s{hcidet mit dem 30. Juni d. F. aus dem Heer aus und wird gleichzeitig als Hauptm. und Komp. Chef mit seinem bi2- berigen Patent in der Shußtruppe für Deutsh-Ostafrika angestellt.

Im Beurlaubtenstande. Liegniß, 16. Juni. Kradcker v. Schwartenfeldt, Pr. Lt. a. D., zuleßt von der Inf. 2. Auf- gebots des Landw. Bezirks Sprottau, die Erlaubniß zum Tragen der Üniform des Grea. Regts. König Wilhelm I. (2. Westpreuß.) Nr. 7 ertheilt.

Kiel, an Bord S. M. Y. „Hohenzollern *, 26. Iuni. MWeble, Sec. Lt. von der Res. des 5. Westfäl. Inf. Regts. Nr. 53, mit Pension der Abschied bewilligt. Balan, Pr. Lt. a. D., zuleßt vom 1. Aufgebot des 4. Garde-Landw. Regtê., die Erlaubniß zum Tragen der Landw. Armee-Uniform erteilt.

Beamte der Militär-Justizverwaltung. Dur Verfügung des General-Auditeurs der Armee. 12. Juni. Günther, Meilitärgerits-Aftuar zu Spandau, zum Geheimen Registrator und Journalisten im General-Auditoriat, Siefke, Kanzlei-Sekretär im General-Auditoriat, ¿um Militär- erité-Aftuar zu Spandau, ernannt.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 3. Juli.

_… Seine Majeftät der Kaiser und König trafen gestern Nachmittag gegen 4 Uhr vor Travemünde ein.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin find eute früh 6 Uhr 35 Minuten in Begleitung der Hofdame räulein von Gersdorff und des Kammerherrn von dem Knese-

beck auf der Station Wildpark eingetroffen und haben Sich mit den zum Empfange erschienenen Prinzen Söhnen nach dem Neuen Palais begeben.

Ueber die den Notaren bei der Beglaubigung von Unterschriften oder Handzeichen im Stempel- interesse obliegenden Verpflichtungen hai der Justiz-Minister unter dem 91. v. M. eine neue Ver- fügung erlassen, welche in dem gestern ausgegebenen „Justiz Ministerialblatt“ veröffentlicht ist und Folgendes bestimmt:

Nach § 15 Absag 1 Saß 3 des Stempelsteuergeseßes vom 31. Juli 1895 sind die Notare verpflichtet, wenn he den Entwurf einer Urkunde anfertigen und nah Vollziehung durch die Betheiligten die Unterschriften oder Handzeichen beglaubigen, den zu der Urkunde erforderlichen Stempel zu verwenden. Eine gleiche Verpflichtung liegt ihnen nicht ob, wenn fie eine von ihnen nicht entworfene Urkunde beglaubigen ; in diesem Falle sind sie nur verpflichtet, den nah Tarifstelle 77 für die Beglaubi- ung erforderlichen Zeugnißstempel zu verwenden. Da notarielle eglaubigungen, sofern rächt einer der im Gesehe bestimmten Aefrotungögründe vorliegt, stets dem Stempel von 150 unterliegen, hat der Notar in allen Fällen, in denen ihm die Betheiligten nit die Einsicht der beglaubigten Urkunde zur Feststelung der Voraussegungen der Stempelfreiheit der Be- glaubigung gewähren, diesen Stempel zu verwenden. Findet diese Verwendung statt, so ist der Notar niht ver- pflichtet, Angaben über den Jnhalt der beglaubigten Urkunde oder deren Versteuerung zu seinen Akten zu bringen. Nimmt der Notar jedoh nach Einsicht der Urkunde von der Verwendung des Zeugnißstempels Abstand, weil er einen der Befreiungsgründe als gegeben ansieht, so ist er nah der Ziffer 7 der Dienstvorschriften vom 14. Fe- bruar 1896, betreffend die Auéführung des Stempelsteuer- gesetzes, verpflichtet, den Befreiungsgrund an gehöriger Stelle in den Akten zu vermerken. Der hiernah im Falle der Nichtverwendung des Zeugnißstempels zu den Akten zu bringende Vermerk muß, sofern die Stempelfreiheit aus dem Jnhalt der Urkunde hergeleitet wird, diesen Inhalt in der Weise bezeichnen, daß eine Nachprüfung der Frage der Stempelfreiheit mözlih ift. Zu diesem Zwecke ift die vielfach von Notaren gewählie Bezeichnung „Srund- budhface“ niht ausreichend, da nach Buchstabe e der Be- freiungen zu Tariffstelle 77 Beglaubigungen von Unterschriften unter Anträgen und Verhandlungen nur dann stempelfrei find, wenn fie nach ihrem Jnhalt ausshließlich zu einer Eintragung oder Löschung in Grundbüchern erforderli ind O _duer Beglaubigungen von Urkunden, die cinen darüber hinautgehenden Jnhalt haben, oder von Erklärungen, die sich auf cine andere Thätigkeit des Grundbuchgerichis als eine Eintragung oder Löschung beziehen. Es ift daher, wenn die Befreiung unter e der Tarifstelle 77 in Anspruch genommen wird, in einem zu den Aktien zu bringenden Vermerk der wesentlihe Jnhalt der beglaubigten Urkunde kurz zu bezeihnen (z. B. hypothekarishe Schuldver- schreibung, Abtretung einer Hypothekenforderung, Auflafungs- vollmacht u. j. w.).

Der Präsident der Königlichen Eisenbahn-Direktion Berlin, Wirkliche Geheime Ober-Regierungs-Rath Kranold ijt mit vierwöchigem Urlaub nah Eagland abgereist.

Die Bevollmähtigten zum Bundesrath, Königlih baye- riser Ministerial-:Direttor Ritter von Herrmann, Königlich baycrisher Staatsrath Ritter von Heller und Königlich sähsisher Geheimer Finanz-Rath Dr. Schaffrath sind von Berlin abgereist.

Württemberg.

Die Kammer der Abgeordneten wählte in ihrer gesirigen Sißung zunächst eine Kommission von 15 Mit- gliedern zur Vorberathung des Entwurfs eines Verfassungs- geseßes und der beiden damit in Verbindung stehenden Wahsl- gesezentwürfe und nahm sodann in der Schlußabstimmung den Geseßentwurf, betreffend die Einkommensteuer, mit 69 gegen 17 Stimmen an. Ein Antrag: die Staaisregierung möge den Ständen bei ihrem Wiederzusammentreten eine Vorlage behufs Bewilligung der Mitiel zur Linderung der außer- ordentlihen Nothlage in den von Hagelschlag

und Sturmschaden betroffenen Bezirken zugehen

lassen und mittlerweile die nötzigen Vorkehrungen zur Unter- stüßung der Beschädigten treffen, wurde einstimmig angenommen. Hierauf wurde in beiden Kammern der Stände das Rescript verlesez, durch welches der Landtag vertagt wird.

Eisaß-Lothringen.

Der Kaiserliche Statthalter Fürst zu Hohenlohe- Langenburg begiebt fih heute von S raßburg zu längerem Aufenthalt nah Schloß Langenburg.

Deutsche Kolonien.

Nach Berichten aus Kamerun ift es erforderlich gewesen, einen Theil der Schußtruppe zu einer Strafexpedition nah der Nordgrenze, dem Flußgebiete des Rio del Rey, zu enisenden. Dort hatten, wie das „Deutsche Kolonialblatt“ mittheilt, die in den Rumbibergen ansässigen Jkoi- und Ngolo- stämme troß nahdrückliher Verwarnungen den Handelsverkehr dur räuberishe Uebergriffe geschädigt und shließzlich sogar cine Handelskarawane gänzlich ausgeraubt vnd die Träger getödtet. Am 12. März verließ die zu ihrer Bestrafung ausgesandte Expedition in einer Stärke von zwei Offizieren (Hauptmann von Kamp und Lieutenant Nolte), einem Arzt (Assistenz-Arzt 1. Klajse Dr. Lichtenberg), zwei weißen Unteroffizieren, 93 farbigen Unteroffizieren und Soldaten und 97 Trägern die Station Rio del Rey und kehrte am 24. April nach Kamerun -zurück, nahdem es dem Hauptmann von Kamp gelungen war, seine Aufgabe erfolgreich durhzuführen, ohne einen Mann seincr Truppe ecinzubüßen. Die aufrührerishen Häuptlinge haiten nach fkurzem Wider- stand die Fluht ergriffen und, nahdem eine Anzahl der an dem Ueberfall der Karawane in erster Linie betheiligten Dörfer zerstört waren, um Frieden gebeten. Dieser wurde ihnen unter billigen Bedingungen gewährt, nachdem festgestellt war, daß von den beiden Hauptshuldigen der eine mit geringer Begleitung über die Landesgrenze geflüchtet und der andere im Kampfe getödtet worden war. Es ficht, wie am Schluß der Mittheilung gesagt wird, zu hoffen, daß die Sicherheit der Handelsstraße in jener Gegend, nachdem den Eingeborenen in dicser Weise die Macht des Gouvernements vor Augen ge- führt ist, in Zukunft niht mehr gestört werden wird.

Großbritannien und Frland.

Die Königin besichtigte gestern die Kolonialtruppen. In der Begleitung Ihrer Majestät befanden sih die Prin- essin Heinrich von Preußen sowie der Prinz und die Prinzessin Aribert von Anhalt.

Die Kaiserin Friedrih hat gestern Nachmittag von Windsor die Rücreise nah Deutschland angetreten.

Der Prinz Albrecht von Preußen ist gestern mittels Sonderzuges von London abgereist. Der deutshe Botschafter Graf von Haßfeldt war mit den Mitgliedern der Botschaft ur Verabschiedung am Bahnhofe anwesend. Der General-

ajor Sir Charles du Plat begleitete den Prinzen bis Queenborough.

Das „Royal Colonial Jnstitute“ gab gestern Abend im Hotel Cecil zu London ein Bankett, an welchem die Premier-Minister der Kolonien, der Staatssekretär Chamberlain und zahlreiche andere hocgestellte Persönlich- feiten theilnahmen. Der canadische Premier-Minister Laurier betonte, wie „W. T. B.“ berichtet, in seiner Ansprache, daß es sein Ehrgeiz sei, die Kündigung gewißer Verträge mit aus- wärtigen Staaten zu erreichen, welche sür die kolonialen Be- ftrebungen eine Blöße bildeten.

Der parlamentarische Ausschuß zur Untersuchung des Einfalls Jameson's in Transvaal trat gestern Nachmitiag zu einer Sißung zusammen. Als Zeugin war Miß Shaw, die Korrespondentin der „Times“, vorgeladen, um die Echtheit gewisser Telegramme zu bestätigen, welche in der Uebersezung aus der Chiffreschrift vorlagen. Die erste Depesche ist vom 10. Dezember 1895 datiert und von Miß Shaw an Harris in Kapstadt gerichtet. Sie fragt darin bei Harris an, wann derselbe mit der Ausführung der Pläne beginnen werde, da fie beabsichtige, versiegelte Jnstruktionen an die Korrespondenten der „Times“ in den europäischen Hauptstädten zu fenden; denn es sei sehr wichtig, daß dieselben gegebenen Falls von ihrem Einfluß Gebrauh machten. Das zweite Telegramm vom 12. Dezember 1895 ist gleihfalls von Miß Shaw an Harris gerihiet. Darin wird mitgetheilt, daß ein weiterer Aufschub gefährlich sei. Augenblicklich sei die allgemeine Sym- pathie für die Pläne, doch werde sehr viel davon abhängen, daß gehandelt werde, bevor die europäizhen Mächte Zeit hätien, cinen Protest einzureichen, denn dics fönnte die Re- gierung zur Unthätigfkeit veranlassen. Die dritie Depesche vom 17. Dezember 1895 sagt, der Staatésekretär für die Kolo- nien Chamberlain sei ihnen auch im Falle eines Einspruchs der europäischen Mächte sicher, doch habe sic, Miß Shaw, ganz bestimmte Gründe zu glauben, daß es seinem Wunjiche entspreche, wenn die Sache sofort ausgeführt werde. Harris hat verschiedene Telearamme an Miß Shaw gesandt, in denen er über die Uneinigkeit in Johannisburg berichtet, welche ein Vorgehen verhindere. Dann meldet er, Jameson sei auf einen ihm zugegangenen Brief der Bewohner Johannisburgs hin aufgebrochen, und fügt hinzu : „Wir dertrauen auf den Erfolg; die Uneinigkeiten in Johannisburg von zwei oder drei Deutschen abgesehen ‘haben aufgehört“. Cecil Rhodes telegraphierte am 30. De- zember an Miß Shaw, fie solle Chamberlain benachrichtigen, er (Rhodes) werde alles gut durchführen, wenn Chamberlain ihn unterstüße; aber Chamberlain müsse nicht telegraphieren, wie er cs heute (30. 12. 1895) an den High Commissioner gethan habe. Darin liege eine Gefahr; er werde gewinnen und Süd-Afrika werde England gehören. Am 31. Dezember telegraphierte Cecil Rhodes an Miß Shaw: wenn fie niht veranlassen könne, daß Chamberlain Sir Herkules Robinson anweise, unverzüglih nah Johannisburg zu achen, sei die ganze Position verloren. Der High Commissioner werde in Johannisburg einen großartigen Empfang finden und die ganze Sache noch zum Vortheil Englands wenden. Aber die Anweisung müsse bestimmt sein, da Sir Herkules Robinson \chwachch sei und keine Verantworiung übernehme. Jn Betreff der obigen Telegramme befragt, saate Miß Shaw aus: sie habe eine furzgefaßte Uebersicht über die Lage niedergeschrieben, welche an die Korrespondenten der „Times“ im Nuslande versandt worden sei; aber von den vorliegenden Telegrammen an Harris habe der Herausgeber der „Times“ nichts gewußt. Sie habe ihre eigenen Änsichten zum Ausdruck gebracht; sie habe weder dem Kolonialamt jemals Nachrichten über den Plan zugehen lassen, noch habe sie Jnformationen vom Amt empfangen. Bezüglih des Telegramms vom 17, Dezember führte Miß Shaw aus: um Miite Dezember habe Fairfield, als er über den Aufstand in Johannisburg, den Jedermann erwartet habe, gesprochen, ihr gelegentlich erklärt, wenn man zum Aufstande schreiten wolle, so würde €s besser sein, dics so bald wie möglich zu thun. Fairfield habe scherzhast gesprohen. Der Vorsitzende erklärte hierauf, er habe die Absicht gehabt, Harris vorzuladen : dieser sci jedo im Auslande, und der Aus\{uß habe sich mit ihm nicht in Verbindung sezen können. Hierauf wurde die Verhandlung vertagt.

Frankrei.

Der Minister des Auswärtigen Hanotaux empfing gestern den chinesishen Gesandten in St. Petcrsburg Yan g- Jü, welcher China bei dem Negierungs-Jubiläum der Königin Victoria vertreten hatte und sich morgen nah St. Petersburg zurückbegiebt. ä

Nah einem Uebereinkommen des Vorsißenden des PRanama-Ausschusses Vallé mit dem Justiz-Minister Darlan wird der Ausschuß heute den Untersuchungsrichter Le Poitte- vin vernehmen. Der Ausschuß hat bereits mit der Sichtung der übermittelten Aktenstücke begonnen.

Von den Marinetruppen werden an den großen Herbstübungen des 1. und [1. Armee-Korps cine Jnfanterie- Brigade mit 137 Offizieren und 3845 Mann und drei Batterien Feld- Artillerie mit 14 Offizieren, 252 Mann, 69 Reit-, 177 Zugpferden und 35 Fuhrwerken theilnchmen.

Rußland.

Der amtlihe „Kronstadtskij Westnif“ meldet: Zum Empfange Seiner Majestät des Deutschen Kaisers wird Ende dieses Monats in Kronstadt ein aus zwei Panzer- schiffen und vier Kreuzern bestehendes russishes Uebungs- geshwader eintreffen; diese Schiffe dürften mit den er- warteten deutschen Kriegsschiffen auf der großen Kronstädter Rhede Stellung nehmen.

Spanien.

Der Königliche Hof hat sih gestern Abend von Madrid nach San Seba stian begeben. Die Volksmenge be- reitete der Königlichen Familie lebhafte Kundgebungen.

Dänemark.

Der König der Belgier iît, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Vormittag an Bord der Dampfyacht „Clementine“ in Aarhuus eingetroffen. Die „Clementine“ hat unterwegs elne fleiné Beschädigung der Maschine erlitten, welche sie dort aus- bessern läßt, worauf der König seine Fahrt nah Norwegen fortseßen wird.

Amerika.

Der Senat hat gestern, wie „W. T. B.“ aus Washington berichtet, mit 33 gegen 19 Stimmen den Artikel des Tarifentwurfs angenommen, welcher be- stimmt, daß auf alle Waaren, für deren Ausfuhr im Auslande Exportprämien gezahlt werden, diesen Prämien entsprehende amm pel gelegt werden follen. Jm Laufe der Debatte be- ämpfte Senator Gray diesen Artikel und erklärt-: dies sei der erste Schritt zur Verlegung der Verträge, wenigstenò derjenigen mit Deutschland und Oesterreich- Ungarn. Gray verlas die Protesterkiärungen ‘dieser Mächte und fuhr fort: der vorgeschlagene Zoll sei eine Verlezuág des Vertrages mit Preußen vom Jahre 1828, welcher ‘eine Ver- pflichtung enthalte, die ehrenhafter Weise niht umgangen werden könne. Der Senator Lindsay bekämpfte eben- falls den Artikel. Die Senatoren Caffery, Morgan und White sprachen für denselben. Morgan führte aus: seit dem Vertrage von 1828 seien neue Verhältnisse eingetreten; Deutsch- land habe unter dem Eindruck derjelben gehandelt, und die Vereinigten Staaten seien infolgedessen berechtigt, das Gleiche zu thun. Der Senator Chandler erflärte, er würde nur ungern für diese Klausel stimmen ; ihm sei gesagt worden, Deutschiand würde einen Handelskrieg gegen die Vereinigten Staaten beginnen. Er würde es vorziehen, Opfer zu bringen, um einer Reibung vorzubeugen. :

Afien. Aus Kalkutta berichtet das „Reuter se Bureau“, daß

die Ruhestörungen aufgehört hätten, es sei ein Ueber- einkommen zu stande gekommen, ähnlich demjenigen, welches im Jahre 1891 in Benares abgeshlossen worden sei. Damals habe es sich um die Expropriation cines Hindu- Tempels gehandelt, der für die Zwecke einer Wasserleitung benußt werden sollte; die infolgedessen entstandenen Unruhen seien dadur beigelegt worden, daß die Behörden versprochen hâtten, den heiligsten Theil des Tempels nicht zu berühren. Bei den Rukestörungen in Chittpur handelte es sih, wie bereits gemeldet, um eine mohamedanishe Moschee.

Dasfe!be Bureau meldet aus Peking, daß die besondere russishe Gesandtschaft unter Führung des Fürsten Uchtomsfki die Nückreise nah Rußland angetreten habe: sie überbringe die Geschenke des Kaisers von China für den Kaiser, die Kaiserin und die Kaiserin-Wittwe.

Nr. 26 des „Centralb für das Deutsche Rei“, herausgegeben im Reich8amt Innern, vom 2. Juli, bat folgenden Inhalt: 1) Eifenbahn - Wesen: Abänderung des Ver- zeichnisses der zur Ausftellung von Leidbenpäf:n zuftärdigen Bebörden. 9) Zell- und Steuer-Wesen: Notierung von Terminpreisen für Waaren an inländischen Börsen. 3) Konfulat-Wesen: Ernennungen ; Ermäthtigung zur Vornahme von Zivilftands-Akten ; Erequatur-

Ertbeilung. 4) Polizei-Wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete,

Arbeiterbewegung.

Aus London wird der „Köln. Ztg." uater dem 2. d. P telegrapkiert: Ein hier abgebaltener internatienaler Kongre der Hafenarbeiter hat mit der Einsetzung eines Syndikats geende das sofort in Thâtiakeit getreten ist, um folgendes Programm dur zusezen: Einführung eines aleicher Lohnes für gleihe Leistu

in den sämmtlihen Häfen, Sonntags

J L. n

feine Nattarbeit, außer auf E. meldet, baben die im Maschinenbau bef jüngst eine Erklärung in Zeit sei gekommen, w Gewerken durchgefeßt Forderung ichon bne Abzug eintreten solle. Andere Firmez hâtten gelehnt. Di: Zeit fei günstig, und es verstofie geaen a traditionen, zurückzugehen oder zu pausiezren. Den f Zugeständniß nicht gemacht bâtien, müsse jeut ei: reicht werden. Zuerst solle cs den Firmen Tho u. Co. und Humphreys u. Tezrant übergeben Verband der Arbeitgeber gehören. Ueber die A genbe namentliche Abstimmung erfolgen. Der Verband der Ma - fabrifanten hat in Manchester bes{lefsen, sofort ei Viertel aller ibrer tem Gewerkveicia angehörigen Arbeiter zu entlassen, wenn dieser aegea eine Firma vorginge. Der Beschluß berührt Anstalten am Tyne, in Wear, Tees, Hartlepool, Hull, am Clyde, in Paiskey, Belfaft, Barrow, in Vanchester und Distrikt, Bolton und Distrikt, Liverpool, Birk -nhead, Leeds, Halifer, Leicester, London und andere Distrikt. Aus Mons wird der „Köln. Ztg.“ vom gestrigen Tage schrieben: Die Zahl der ausständigen Bergleute ift auf 18 gestiegen. Nur auf den Koblenwerken von Ghlin und L wird noch gearbeitet. Die Arbeiter der Glasf Smid, Devivellers u. Cie. in Damvremy hatten gekür für den Fall, daß ibnen feine Lobnerböhung bewilligt würde. dies niht geschah, verließen sie am Donnerstag Vormittag die Fabrik. Eine Abtheilung von Arbeitern, die dem Beispiel der übrigen nit folgen wollte, wurde von den Ausftändigen mißhandelt. Nus Rom meldet „W T. B.*: In einem Theil der Pro- vinzen Ferrara und Bologna if ein Theilausstand unter den bei der Getreideernte und den auf den Reisfeldern beschäftigten

Arbeitern autgebrohen. In der Nähe von Marrara (Provinz Ferrara) fam es geftern Abend zu einem Zusammenstoß zwischen 300 Schnittern und der öffentlihen Gewalt, wobei zwei Soldaten und eia Bauer verwundet wurden.

Aus Bilbao wird dec „Rb -Westf. Zte.“ berichtet, daß die Grubenarbeiter des Bezirks ausftändig sind.

E p I 4 r q. Ft 4

ee S

11 co a m L Ho Ai m C 0s iw e «m D

G

r

Quuft und Wissenschaft.

Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt am Donnerstag, den 1. Juli, eine öffentlihe Sißung zur Feier des Leibniz schen Jahrestages. ;

Der vorsißende Sekretar, Herr Vahlen, eröffnete die Sigzung mit einer Rede über Leibniz als Sehriftsteller, indem cr Leibniz' schriftstellerishe Motive, d. s. die in ihm liegenden und ihm von Außen gekommenen Antriebe, in der Art einer Betrachtung unterzog, daß er Leibniz' Briefwechsel mit ver- schiedenen Gelehrten, die Journal-Artikel desselben und die aus seinen Beziehungen zu P. ‘Bayle und der Königin Sophie Charlotte erwachsenen schriftstellerischen Arbeiten besprah und auf den Gegensaz zwishen Leibniz und Spinoza als Schriftsteller hinwies. Darauf hielten die neu eingetretenen Mitglieder, die Herren R. Koser und M. Lenz, ihre Antrittsreden, welhe von dem vorsißzenden

Sekretar beaniwortet wurden. Ferner wurden Gedächtniß- reden von Herrn U. Köhler auf Ernst Curtius und von Herrn Dames auf H. E. Beyrich gehalten. Zum Schluß theilte Herr Diels mit, daß das Ed. Gerhard-Stipendium im nälsten Jahr mit dem vierfachen Jahresbetrage der Zinsen ju vergeben ist. Bewerbungen sind bis zum 1. Januar 1898 ei der Akademie einzureichen.

Große Berliner Kunstausftellung. TEL S)

L. K. Der große Saal VI ift dem Ehren-Präfidenien der Berliner Akademie, Professor Carl Becker füc eine Sonderausstellung eingeräumt, die Werke aus allen Ent- widelungsphasen seines Talents enthält. Von dem noch ganz in den Bahnen der Klassizisten wandelnden sizebenundzwanzig- jährigen Rom - Stipendiaten finden wir einen „Apollo unter den - Hirten“, ein Bild, das eine gewisse Wärme des Kolorits vor anderen gleihgültigen Arbeiten der Zeit auszeihnet. Der romantischen Strömung der fünfziger Jahre trägt die „Kartenlegerin“ (Nr. 72, 1850 gemalt) Rechnung, ohne daß eine besondere individuelle Begabung ih geltend machte. Ein weibliher Studienkopf aus dem Jahre 1853 ähnelt den Porträts von Carl Begas; der warmbraune Hintergrund aber bezeugt in cifriges Studium der altea Meisicr. In dasselbe Jahr fällt eine längere Neise des Künstlers nah Venedig, dessen Kunsishäße und Naturschönheciten für immer seine Phantasie bannen sollten. Schon der 1859 entstandene „Schmuckhändler beim Senator“ führt uns in die Welt, deren scillernden Farbenreihthum und malerishe Traht immer wieder und wieder zu schildern der Pinsel Beers niht ermüdete. Von der vornehmen Gesellschaft der Lagunenjiadt im sechzehnten und achtzehnten Jahrhundert erzählen seine Bilder in Novellen- und Anekdotenform alle Geheimnisse mit einer Ausführlichkeit, die Ueberdruß erwecken müßte, wenn nicht der malerishe Vor- trag stets neues Jnteresse weckte. Freilih, die kostbaren Brokat-, Sammet- und Seidengewänder, die Teppiche und Gobelins, der prunkvolle Hausrath, der in den Paläften der Nobili aufgehäuft ist, find dem Auge des Malers oft wichtiger als der Ausdruck der Köpfe, als die Haltung und Geberdensprachz der Gestalten, die vielfa ins Theatralische verfällt. Neben diesem mit groß-r fkoloristisher Kraft gemalten Beiwerk muß die novellistisGe Zuspizung der dargestellten Scene das Beste zur Wirkung thun. Da sehen wir ein Paar über die Piazzetta wandeln: ein feuriger Mandolinenspieler flüstert der jugend- shönen Frau heiße Liebeeworte ins Ohr (Nr. 2137, 1859 ge- malt): in der Bilder-:Galerie eines Palazzo (Nr. 82), bei dem reihen Gastmahl cines venezianischen Patriziers im siebzehntien Jahrhundert (Nr. 83, 1860 gemalt) sind wir Zeuge der lebens- lustigen Stimmung, die zu aller Zeit dem Venezianer eigen war. Aber auch diz ernsten Vorgänge aus der an so vielen Greuel- thaten reihen Geschichte der Republik fehlen nicht, wie das „Gnadengesuch beim Dogen“, das, 1862 entstanden, zum ersten Male jene fast für alle Bilder Beer's inypische Vorliebe für ein warmleuhtendes Roth als Grundton der Farbenstimmung bekundet. Daneben gehen Porträts her, wie das koloristish wirkungsvolle Frauenbildniß von 1860 (Nr. 89) und harm- lose Familienscenen, bei denen allerdings die Vorliebe für feft: olle Farbenzusammenstellungen die rechte Jntimität nicht auffommen läßt (Nr. 74, 1869 gemalt). Das erste größere Historienbild, das (von der National-Galerie hergeliehen) ausgestellt is, schildert den Besuh Karls V. im Hause des Augsburger Handelsherrn Fugger, der die Schuldverschreibungez des Kaisers im Kaminfeuer verbreunet - bier hat der Maler der Holzverklei-

V 1 läßt (Nr. 79, 1866). Aug h dung der Wände, den Godelins und altorientalishen Teppichen mehr Liebe zugewandt als den ziemii flüchtig ausgeführten

Köpfen den Gestalten, die nur als Träger rischen PVrunkgewänder der deutshen Renaissance beha Fna-das Venedig Goldoni's führt uns die galante Sc

der nur der feine silbrige Ton noch fehlt,

seinen Bildern in dec Tracht des rhunderts nah dem Muster der Canaleito u! l verstand. Karnevalsfeste, Staatsaktionen,

wechseln in den folgenden Jahren in

Die verschossenen Tapeten und Kleiderstoffe des acht-

zehnten Jahrhunderts, die freilich erst im Atelier dcs modernen Malers ihren eigenthümlihen Reiz der Ver lihenheit ent- falten, versöhnen auch hier oft mit der flühtigen Behandlung der Köpfe, der mchr gezierten als graziósen Bewegung und der vor dem Blick des Trachtenkundigen nicht standhaltenden Kostümierung, wie sie z. B. in der Scene aus „Figaro's Hoch- zeit“ (Nr. 73, 1874 gemalt) uns begegnen. Eine erfreuliche Abwechselung bietet ein kleines Aquarell aus dem Jahre 1878, Der Eselriit“, das einzige Bild der Sonder-Ausstellung, das ab- gesehen von Porträts uns einen Blik in die Gegenwart gestattet. Der silbrige JFarbenreiz der Paleite Veronese's ist gut getroffen in dem groyen Breitbild von 1879, „Vornehmer Besuch“, das eine venezianische Gefellshafisscene aus dem Ende des sehzehnten Jahrhunderts zum Gegenstand hat. Jn den wenigen ausgestellten Bildern der achtziger Jahre macht n ein etwas breiterer, kförniger Vortrag geltend, der nameni- lich in der „Venezianischen Novelle“ (Nr. 86) hervortritt. Die Lathenden Erben“ (Nr. 84, 1889) konkurrieren dagegzn in Fein- malerei des Beiwerks mit den Spaniern: über lauter geist- reihen malerishen Einfällen und wißigen Einzelheiten geht aber die Einheitlickeit der Stimmung und Charakteristik ver- loren, die das große Historienbild von 1891, „Karl V. und Don Juan d’Aufstria“, vortheilhaft vor andercn Werken der spät:ren Jahre, unter denen nur noch der bekannte „Othello“ (Nr. 90) besonders hervorgehoben sei, auszeichnet. Der greise Künstler, dessen Lebenswerk in diesem Jahre in so übersihtliher Weise den Besuchern der Berliner Ausstellung vorgeführt wird, darf auf eine reih gesegnete Lauf- bahn mit der Genugthuung zurückblicken, daß er sich und seinen Jdealen treu geblieben bis in eine Zeit hinein, die nah wesenilih anderen, neuen Zielen ringt und denno nicht vergißt, was sie den Errungenschaften älterer Generationen verdankt. Das Verdienst, den Blick für den Farbenreiz der venezianishen und deutschen Renaissance wieder aufgefrischt zu haben, wird Carl Becker unter den deutshen Malern als der ersien einer für fich mit Recht in Anspruch nehmen dürfen, und schon die Beharrlichkeit, mit der er seine Kra. dieser Aufgabe gewidmet, sichert ihm einen Plat unter den Meistern seiner Zeit.

*) S. die Nrn. 122 und 138 des „R.- u, St,-Anz,®