1897 / 157 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 07 Jul 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Bez. Striegau, leßteren beiden mit der Erlaubniß zum Tragen ihrer bis- berigen Uniform, Dr. Rei, Assist. Arzt 1. Kl. der Landw. 1. Auf- gebots vom Landw. Bezirk Oels; den Stabsärzten der Landw. 2. Auf- gebots: Dr. Schulte vom Landw. Bezirk Soest, Dr. Feldhausen vom Landw. Bezirk T Braunshweig, Dr. Strübe vom Landw. Bezirk Lörra, Dr. Saaß, Afsist. Arzt 1. Kl. der Landw. 2. Aufgebots vom Landw. Bezirk Ill Berlin, Dr. Schuchardt, Assift. Arzt 1 Kl. der Landw. 2. Aufgebots vom Landw. Bezirk Halle a. S., der Abschied bewilligt.

Beamte der Militär-Verwaltung.

Durch Verfügung des Kriegs-Ministeriums. 5. Juni. Grube, Intend. Sekretariats-Assist. von der Intend. des IV. Armee- Korps, zum Intend. Sekretär, Mommert, Intend. Bureaudiätar von der Intend. des VI. Armee-Korps, zum Intend. Sekretariats- Assist, ernannt.

9. Juni. Nei ß, Rechnungs-Ratb, Geheimer Kalkulater bei der Naturakkontrole des Kriegs-Ministeriums, auf seinen Antrag zum 1. Oktober 1897 mit Pension in den Ruhestand versetzt.

16. Juni. Lemhoefer, Ober-Roßarzt vom 2.- Großberzogl. Medcklenbura. Drag. Regt. Nr. 18, auf feinen Antrag zum 1. Oktober d. I. mit Persicn in den Rubeftand versegt.

18. Juni. Weinhold, Ober-Rofarzt vom Drag. Regt. von Bredow (1. S@lef.) Nr. 4, auf feinen Antrag zum 1. Juli d. I. mit Pension in den Ruhestand verseßt.

__ 19. Juni. Nothnagel, Roßarzt von der Militär-Lehrschmiede in Frankfurt a. M., zum Hannov. Hus. Regt. Nr. 15, Woite, Roß- arzt vom 1. Heff. Hus. Regt. Nr. 13, zur Lehrschmiede in Frankfurt a. M., verseßt. Kußner, Roßarzt vom Oldenburg. Drag. Regt. Nr. 19, zum 2. Großberzogl. Mecklenburg. Drag. Negt. Nr. 18, Müller, Roßarzt vom Feld-Art Regt. Nr. 33, zum Oldenburg. Drag. Regt. Nr. 19, verseßt. Ries, Schneider, Unterärzte der Res, zu Roßärzten des Beurlaubtenstandes eruannt.

_22, Juni. Dr. Brill, Gerichts-Referendar, zum Intend. Referendar bei der Intend. VII[. Armee-Korps ernannt.

26. Juni. Lueck, Schmit, Intend. Referendarien bei den Intendanturen des IIL. bezw. XVII. Armee-Korps, zu überzähl. Intend. Afsefsoren ernannt.

Königlich Bayerische Armee.

Offiziere, Portepee-Fähnrihe x. Ernennungen, Beförderungen und Versezungen. Im aktiven Heere. 25. Juni. Kneußl, Hauptm. vom 3. Inf. Regt. Prinz Karl von Bavern, zum Komp. Cbef im 2. Iäger-Bat. ernannt. Steinbauer, Pr. Lt. à la suite des 1. Inf. Negts. König, Steinle, Schubert, Pr. Lts. à la suite des 13. Inf. Regts. Kaiser Franz Joseyh von Oesterrei, zum 1. August d. I. von der Funktion als Erzieher bezw. Adjutanten am Kadetten-Korps zu entheben und in ihre Truppen- theile zu verseßen. Roth, Pr. Lt. des 9. Inf. Reats. Wrede, v. Parseval, Dr. Lt. des 21. Inf. Negts., Lochner, Sec. Lt. des 4. Inf. Regts. König Wilhelm von Württemberg, unter Steklung a la suite ibrer Truppentheile, zum 12. Sevtember d. Is. zu (&rziehern am Kadetten-Ko1ps zu ernennen. Braun, Pr. Lt. des 1. Chev. Negts. Kaiser Nikolaus von Rußland, zum 23. September d. Is. vom Kommando als Insp. Offizier an der Kriegsschule zu entheben. Fehr. v. u. zu Guttenberg, Pr. Lt. des 1. HiQn, FreaiE. Kaiser Wilhelm II., König von Preußen, zum 23, September d. Is. zu dieser Funktion zu kommandieren.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 25. Juni. Koch, Hauptm. und Komp. Chef vom 2. Jäger-Bat., unter Ver- [leibung des Charafters als Major, mit der geseßlichen Penfion und mit der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen der Abschied berwilligt. Brey, Rittm. à la suite des 4. Chev. Regts. König, mit der ge- feßlihen Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mit den bestimmunasmäßigen Abzeichen zur Disp. gestellt. v. Stetten, Pr. Lt. à la suite des 4. Chev. Reats. König. unter Verleibung des Charakters als Rittm., mit der geseßlihen Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen der Abschied bewilliat.

28. Juni. Graf v. Holnstein aus Bayern, Port. Fäbnr. vom 1. Ulan. Regt. Kaiser Wilhelm T11., König von Preußen, zur Res. beurlaubt.

Im Beurlaubtenstande. 30. Juni. Zumwinkel, Pr. Lt. von der Ref. des 9. Inf. Regts. Wrede, Popv, Sek. Lt. von der Res. des 7. Inf. Reats. Prinz Leopold, Hezel, Sec. Lt. von dexr Mes. des 1. Fuß-Art. Regts. vakant Bothmer; von der Landw. 1. Aufgebots: Bruckmann (1 München) Rittm. von der Kav, Bilfinger (Augsburg), Hauptm. von der Fuß-Art., beiden mit der Erlaubniß zum Tragen der Landw. Uniform mil den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen, Däumling, Heffner (1 München), Loehr (Nürnberg), Pr. Lts. von der Inf., legterem mit der Erlaubriß zum Tragen der Landw. Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Ab- zeihen; von der Landw. 2. Aufgebots: Heindl (1 Müncben), Witt- mann (Augsburg), Stücklen, Brenner (Hof), Pr. Lts. von der íInf., Sellis (Ingolstadt), Kehrer (Ansbach), Sec. Lts. von der Inf., Ebhrengut (1 München), Sec. Lt. von der Kav.,, Disqué (Zweibrücken), Sec. Lt. von den Pionieren, der Abschied bewilligt.

Im Sanitäts - Korps. 29. Juni. Dr. Gaigl (Nosen- beim), Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots, zum Ober-Stabsarzt 2. Kl., Dr. Schmidt (11 München), Assist. Arzt 1. Kl. der Rel., zum Stabsarzt, Dr. Brunner (Weilheim), Lemvp, Schäfer (T München), Dr. Korth, S@meck (Augsburg), Prsöll (Ingol- stadt), Dr. Goppelt (Gunzenhausen), Dr. Dorn (Nürnberg), Dr. Lips (Erlangen), Dr. Schult, Dr. Sommer (Aschaffenburg), Dr. Pracht, Dr. Dommasch, Dr.Rautenberg, Dr.Petersen (Hof), Assist. Aerzte 2. Kl. in der Ref, zu Assist. Aerzten 1. Kl., befördert. Dr. Picard, Dr. Leicht (1 Münhen), Gah (11 München), Dr. Gnant (Augsburg), Dr. Dauber (Würzburg), Pühler, Dr. Franzen (Hof), Dr. Schönfeld (Ludwigshafen), Asfist. Aerite 2. Kl. in der Landw. 1. Aufgebots, Dr. Thiel (Würzburg), Assift. Arzt 2. K1. in der Landw. 2. Aufgebots, zu Assist. Aerzten 1. Kl. befördert.

30. Juni. Dr. Aßmann (Hof), Assist. Arzt 1. Kl. von der Landw. 1. Aufgebots, Dr. Ko (Aschaffenburg), Asfift. Arzt 1. Kl. von der Landw. 2. Aufgebots, der Abschied bewilligt.

Beamte der Militär-Verwaltung.

29. Juni. Obernadorfer, geprüfter Rechtépraktikant und Sec. Lt. der Res. des 13. Inf. Nects. Kaiser Franz Joseph von Oesterrei, zum überzähl. Assessor bei der Intend. 11. Armee-Korps ernannt.

30. Juni. Brachinger (Hof), Veterinär 1. Kl. von der Landw. 1. Aufgebots, Buch{ner (1 München), Ut (Paffau), Ober- Apotheker von der Landw. 2. Aufgebots, der Abschied bewilligt.

Durch Verfügung desGeneral-Kommandos I. Armee- Korps. Wildt, Zahlmstr. vom 16. Inf. Regt. Großherzog Fer- dinand von Toskana, zum 1. Inf. Regt. König, Dresellv, Zahlmstr. vom 1. Inf. Regt. König, zum 2. Inf. Regt. Kronprinz, Schneider, Zahlmstr. vom 1. Fuß-Art. Regt. vakant Bothmer, zum 16. Inf. Regt. Großherzog Ferdinand von Toskana, versetzt.

Kaiserliche Marine.

Offiziere 2x. Ernennungen, Beförderungen, Ver- seßungen x. Helgoland, an Bord S. M. Y. „Hohen- zollern“, 25. Juni. Bredow, Korv. Kapitän, von der Stellung als Mitglied der F Us E tagommission entbunden.

Kiel, an Bord S. M. e Hohenzollern“, 30. Juni. v. Arnim, Kontre-Admiral und Inspekteur der 1. Marine-Insp., rüdckt in Abänderung der Allerböchsten Kabinets-Ordre vom 15. Juni d. I. bereits mit dem 16. Juni 1897, Büchfel, überzählizer Kontre- Admiral und Direktor des Marine-Departewments im Reichs-Marineamt, rüdckt mit dem 1. Auaust d. I., in eine ofene Etats\telle ein. v. Holgendorff, Scheder, Korv. Kapitäns mit Oberst:Lieutenants- rang, kommandiert zum Stabe des Ober-Kommandos der Marine, zu Kapitäns zur See befördert.

Kiel, an Bord S. M. Y. „Hohenzollern“, 1. Juli. T ruppel, Korv. Kapitän mit Oberst-Lieutenantsrang, unter Belaffung in dem Kommando beim Stabe des Ober-Kommandos der Marine, zum Kommandanten eines Panzerschiffes 4. Klafse der Ref. Div. der Oftsee, Gh rlich, Korv. Kapitän, zum Kommandanten des Stamm- schiffes der Res. Div. von Panzershiffen 4. Klafse der Nordsee, ernannt.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 7. Juli.

Ueber die Reise Seiner Majestät des Kaisers und Königs liegen folgende Meldungen des „W. T. B.“ vor:

Die Yacht „Hohenzollern“ mit Seiner Majestät dem Kaiser an Bord passierte am Montag Abend zwishen 6 Uhr und 8 Uhr, längs der s{hwedishen Küste fahrend, den Sund und ging während der Nacht bei der Jnsel Anholt vor Anker. Am Dienstag wurde die Fahrt bei günstigem Wetter fortgeseßt und gegen 2 Uhr auf der Rhede von Göteborg vor Anker ge- gangen. Da dié Witterungsberihte von gestern Abend für eine Weiterreise niht günstig waren, verblieb die Yacht „Hohenzollern“ in der vergangenen Nacht bei Göteborg vor Anker und ist über die Weiterreise noch kein Beschluß ge- faßt. An Bord war Alles wohl.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin empfingen und erwiderten gestern bald nah der Ankunft in Tegernsee den Besuh Jhrer Königlichen Hoheiten des Herzogs und der S ogin Karl Theodor in Bayern sowie der Prinzessinnen Tochter.

Potsdam, 6. Juli. Graf Schuwalow is, wie „W. T. B.“ meldet, mit seiner Familie heute Abend mittels Sonderzuges von der Wildparkstation über Charlottenburg und Berlin nah seinen Besizungen in Rußland abgereist. Das Befinden des Grafen ist ein gutes.

Oefterreich-Ungarn.

Der Kaiser traf gestern Nachmittag von Js{hl in Gmunden ein und wurde auf dem Bahnhofe von dem König von Dänemark empfangen. Nach herzliher Begrüßung begaben sich Jhre Majestäten unter lebhaften Huldigungen des Publikums nach dem Schlosse des Herzogs von Cumber- land, woselbst die Königin von Dänemark, die Königin und die Prinzessin Marie von Hannover sowie der Herzog und die Herzogin von Cumberland den Kaiser begrüßten. Bei der Rückfahrt nach dem Bahnhofe waren die Monarchen wiederum Gegenstand lebhafter Ovationen.

Die Erzherzogin Auguste, geborene Prinzessin von Bayern, Gemahlin des Erzherzogs Joseph August, ist am 5. d. M. in Kistapolcsany von einer Erzherzogin glücklich entbunden worden.

Die Wiener Blätter melden aus Eger, daß die Bezirks- hauptmannschaft den für den 11. Juli einberufenen deutschen Volkstag in Eger untersagt habe, da derselbe nit als eine auf geladene Gäste beshränkte Versammlung angesehen werden könne. Der Volkstag habe vielmehr mit Rücksicht auf den beabsichtigten Massenzuzug einen ausgesprohcnen demonstrativen Charaftter, durch welchen die öffentlihe Sicherheit gefährdet werden könnte. Der Bürgermeister sei angewiesen, die Aufforderung an die Ge- ladenen, jedenfalls nach Eger zu kommen, zu - widerrufen. Jedem Versuche, das Verbot zu umgehen oder gegen dasselbe offentlih zu demonstrieren, werde nahdrücklich entgegengetreten werden. Die Blätter melden weiter: die Gemeinde- vertretungen von Karlsbad, Hohenfurt, Gabel, Boöhmisch- Leipa und Bodenbach hätten die Einstelung der Arbeiten in dem ihnen von der Regierung übertragenen Wirkungskreise beschlossen. :

Dem „Fremdenblatt“ zufolge bestätigt sich die Meldung, daß die Trientiner Abgeordneten dem Minister - Prä- sidenten Grafen Badeni einen neuen Autonomie-Ent- wurf überreicht haben. Graf Badeni habe darauf die Zusage ertheilt, daß er im Laufe des Juli oder August zwei der einflußreihsten italienishen Abgeordneten zur Besprechung des Entwurfs nah Wien berufen werde.

Großbritannien und Frland,.

Im Oberhause führte gestern der Premier-Minister Lord Salisbury im Anschluß an Bemerkungen, welche Baron Connemara über die Friedensverhandlungen in Konstantinopel gemacht hatte, aus: Baron Connemara habe durch seinen Hinweis auf die shnellere Erledigung der Arbeiten auf dem Berliner Kongreß vom Jahre 1878 Jnter- effssantes in Erinnerung gebracht. Damals habe Fürst Bismarck den Vorsiß geführt; würde Fürst Bismarck jeßt den Vorsig führen, so würde das Ergebniß ein anderes sein. Die Lage sei aber damals eine ganz andere gewesen; ein mächtiges russishes Heer habe cinen Steinwurf weit von Kon- stantinopel gestanden, und jede Andeutung des Fürsten Bis- marck, daß ein Fehlschlagen der Konferenz eine Bewegung des russishen Heeres bewirken könnte, habe auf die türkischen Delegirten ihre Wirkung ausgeübt. Die Schuld an der Ver- zögerung der jezigen Friedensverhandlungen trage lediglich die Türkei. Soweit, die Mächte in Betracht kämen, könne es keine Verzögerung geben; es herrsche unter ihnen Ueber- einstimmung, und ihm, Redner, sei niht bekannt, daß die Ansichten der Mächte über irgend einen Punkt aus- einandergingen. Er wolle niht behaupten , daß über jede Einzelheit Uebereinstimmung herrsche; es bestehe aber nicht der A r Zweifel, daß, wenn die Frage des Friedens- chlusses den Mächten überlassen wäre, sie in sehr kurzer Frist gelöst sein würde. Der Verzug komme von Konstantinopel ; die Handlungsweise der türkishen Regierung sei stets durch große Bedächtigkeit gekennzeihnet gewesen; die Bedächtigkeit, mit der jezt von der Türkei verfahren werde, sei aber über- trieben. Er wolle die Ansicht des Barons Connemara, daß die Verzögerung geeignet sei, große Nachtheile zu schaffen, und daß selbst Gefahr mit dieser Verzögerung ver- bunden sei, nicht bestreiten, obwohl er hoffe, daß zu einer solchen Befürchtung kein unmittelbarer Grund vorliege. Die großen Fragen, um die es sich bei den Unterhandlungen handele, seien die Festseßung der Grenze und der Kriegsentshädigung

sowie die Kapitulationer. Die britishe Regierung habe von der Ansicht der türkischen Regierung über irgend eine dieser Fragen keine Kenntniß ; sie kenne aber die Ansicht der Groß- mächte, die, wie er glaube, alle absolut darin einig seien, gegen- wärtig irgendwie eine Lösung herbeizuführen. Die Frage, ob fie zu ihrem Ziele gelangen würden, gehöre eher in das Gebiet der Weisfsaaung als in das Gebiet politisher Speku- lation. Baron Connemara móge erwägen, wie sehr die Situation des Jahres 1878 von der jetzigen verschieden gewesen sei. Jn dem Verhältniß, wie die jezige Lage der- jenigen von 1878 analoger gestaltet werden könne, würde die Hoffnung auf eine frühe und befriedigende Lösung steigen. Lord Kimberley erwiderte: das einzige Befrie- digende sei die Einstimmigkeit der Mächte; er hoffe, dieselben würden sich bald entschließen, den genügenden Druck auf die Pforte auêszuüben, um deren Obstruktion zu beseitigen. Jm weiteren Verlauf der Sißung erklärte Lord Salisbury: er habe eine Depesche der Flüchtlinge aus Kandia, von welcher die tes gesprochen hätten, noch nit erhalten, aber er habe

itgefühl mit der Lage der Bewohner Kretas beider Bekennt- nisse, die infolge diplomatisher Schwierigkeiten, sür welche die Mächte niht verantwortlih seien, unter Zuständen litten, welche fast der Anarchie gleih kämen.

Der parlamentarische Ausschuß zur Untersuchung des Einfalls Jamefon's in Transvaal hielt gestern eine gehcime Sißung ab, um den Entwurf des von dem Vor- fißenden Jackson vorgelegten Berichts zu berathen. Labouchère soll einen Bericht der Minorität eingebraht haben. Die Be- rathung wurde niht zu Ende geführt und die nächste Sißung auf Freitag anberaumt.

Frankreich.

In dem gestern abgehaltenen Ministerrath wurde, dem „W. T. B.“ zufolge, der Minister des Jnnern Barthou er- mächtigt, in der Deputirtenkammer einen neuen Kredit von einer Million Franken zur Unterstüßung der Opfer der Uebershwemmungen einzubringen. Der Kolonial- Minister Lebon theilte mit, daß der General Gallieni am 3. d. M. in Tamatave Eingetrossen sei, nachdem er eine Rundreise um die oanze Jnsel Madagaskar ausgeführt habe.

In der Deputirtenkammer erstattete gestern der De- putirte Kran§ den Bericht der Kommission über die Kredit- vorlage von 500000 Francs für die Reise des Präsi- denten Faure nah Rußland und beantragte die Dring- lihkeit sowie die unverzüglihe Berathung der Vorlage, welche auch von der Kammer beschlossen wurde. Der sozialistische Deputirte Dejeante bekämpfte den Antrag, indem er aus- führte: es wäre besser, daß das Geld Frankreihs zur Linderung des Arbeiterelends angewendet würde. Der Präsident Brisson betonte demgegenüber, daß von einer Ver- shwerdung nicht die Rede sein könne, wenn- es sih darum handele, aus NRücksichten der Artigkeit und Höflichkeit einen Besuh abzustatten. Der Deputirte Renou (Sozialist) begründete hierauf unter lebhaftem Widerspruch des Hauses einen Antrag, welher den Kredit zur Unter- stüßung der Opfer der Arbeitslosen verwendet wissen wollte. Der Deputirte Faberot unterstüßte den Antrag. Der Präsident Brisson unterbrah den Redner, indem er darauf hinwies, daß der Besuch des Kaisers von Rußland in Frankreich ein Besuch der Höflichkeit und Freundschaft ge- wesen sei, über den Frankreich glücklich und stolz sei. Hierauf wurde der Antrag Renou ohne Stimmzählung abgelehnt und der Kredit mit 447 gegen 29 Stimmen bewilligt. Die Wahl des Deputirten für Brest, Abbé Gayraud, wurde nach leb- hafter Debatte mit 348 gegen 76 Stimmen für ungültig crflärt, weil dabei klerikale Umtriebe vorgekommen seien.

Im Senat erstattete der Senator Millaud den Bericht über die Vorlage, betreffend den Kredit für die Reise des Präsidenten Faure nah Rußland. Das Haus beschloß die Dringlichkeit für die Vorlage und die sofortige Berathung der- selben. Der Senator Lareinty erklärte den geforderten Kredit für ungenügend und beantragte, denselben auf eine Million zu erhöhen. Der Minister des Auswärtigen Hanotauxr erwiderte : Frankreih sei in würdiger Weise verfahren, als der Kaiser von Nußland nah Frankreich gekommen sei, und der Präsidert Faure werde verstehen, in Rußland würdig aufzutreten. Der Senat lehnte den Abänderungsantrag Lareinty ab und ge- nehmiate mit sämmtlichen abgegebenen 253 Stimmen den beantragten Kredit von 500 000 Francs.

Rußland.

Der König von Siam ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Abend von Peterhof rach Moskau abgereist; der Kaiser Nikolaus und die Großfürsten geleiteten den König nah dem Bahnhofe.

Italien.

Der König empfing, wie „W. T. B.“ aus Rom be- rihtet, gestern Nachmittag den russishen Bo!schafter Vlan- gali in feierlicher Audienz behufs Entgegennahme seines Abberufunasschreibens und drückte demselben mit warmen Worten sein Bedauern über dessen Scheiden aus. Vlangali wird sih am Donnerstag nah Gastein begeben.

Der Senat genehmigte gestern die außerordentlichen

Ausgaben des Armeebudgets für das Jahr 1897/98. Vor der Abstimmung ersuchte der frühere Chef des Generalstabes Primerano den Kriegs-Minister, auf Grund der Vorschläge der Kommission, welche mehrere Jahre über die Frage der Landes- vertheidigung berathen habe, und unter Berücksichtigung des bereits Geschehenen eine Vorlage einzubringen, in wmwelher das, was noch zu geschehen habe, annähernd angegeben unb die dafür nöthigen Ausgaben sowie die Rechnungsjahre, auf welche diese Ausgaben vertheilt werden sollten, aufgeführt würden. Der Kriegs-Minister, General Pelloux erwiderte: ein derartiges Programm bestehe bereits und sei in der Ausführung begriffen. Die Verschiedenheit der Höhe der in jedem Jahre geforderten Summen komme daher, daß die nöthigen Biträge in jedem Jahre beantragt würden; er werde es vom nächsten November ab vorziehen, die für eine fünfjährige Periode nöthigen Summen zu beantragen, und in der Be- gründung des entsprehenden Antrages das darlegen, was über den Stand dieser wihtigen Frage darzulegen möglich sei. Auf eine Anfrage des Senators Paterno erwiderte der Minister- Präsident di Rudini, er habe keinerlei Meldung darüber, daß in Konstantinopel Pestfälle vorgekommen seien. Die Deputirten Randaccio, Pais, Toaldi und Luporini haben in der Deputirtenkammer beantragt, den Kriegs-Minister zu befragen, was er angesichts der von dem Prinzen Heitri@s von Orléans erhobenen Beschuldigungen gegen italienische Offiziere, welhe Gefangene Menelik's gewe}en seien, zu thun gedenke.

‘geber von Hartlepool und Sunderland,

Türkei.

Gestern fand, wie das Wiener „Telegr.-Korresp.-Bureau“ meldet, in Konstantinopel eine außerordentlihe Sißung des Ministerraths statt. i i

Nach einer Meldung der „Politishen Correspondenz“ ist die energishe Durchführung der angeordneten Entwaffnung und Heimsen dung der bei dem Korps in Epirus befindlichen albanesishen Freiwilligen neuerdings verfügt worden.

Aus Kanea berichtet die „Agence Havas“, daß die Auf- ständischen gestern Vormittag auf ein österreichisch-italienishes Detachement, welches einen Marsh an der Küste nah Pla- tania zu gemacht habe, geshofsen hätten. Die Truppe habe, ohne das Feuer zu erwidern, ihren Marsch fortgeseßt und sei auch,- ohne weiteren Zwischenfällen zu begegnen, wieder zurüdck-

ekehrt. Der Major Soubachi habe fodann cinen Par- amentär abgeshick, um Aufklärungen von den Auffständishen zu verlangen. - Diese hätten erwidert, daß sie von dem Uebungsmarsch der europäishen Truppe keine Kenntniß gchabt, weil fie in Abwesenheit ihres Führers den fie davon benachrihtigenden Brief niht erbrohen hätten. Als sie am Morgen die Truppe bemerkt, hätten fie geglaubt, eine türkishe Fahne zu erkennen, und lediglich in der Absicht ge- schossen, um dem Lager von Alikianu den Anmarsch zu sig- nalifieren. Sie sprächen über den Jrrthum ihr Bedauern aus.

Der „Standard“ meldet: den Konsuln in Kanea sei Mittheilung davon gemacht worden, daß achtzig Kreter aus den untersten Schichten der chriftlihen Bevölkerung von Griechenland herübergekommen seien, um die kürzlich seitens der Aufständischen zwischen Kanea und den inneren Distrikten angebahnte Verständigung zu hintertreiben. Die Marine- behörden seien gewarnt worden.

Griechenland.

Die „Times“ berichtet aus Athen vom gestrigen Tage, daß die Beseßung von Kalambaka seitens der türkischen Truppen niht als Verlegung des Waffen stillstandes betrachtet werden könne, da der Ort innerhalb des türkishen Rayons liege. Die Bewohner hätten hiervon jedoch keine Kenntniß gehabt und daher den Türken Widerstand geleistet.

Amerika.

Der Senat hat, einer Meldung des „W. T. B.“ aus Washington zufolge, gestern einstimmig beschlossen, heute vor der Vertagung über die Tarif - Bill abzustimmen.

Aus Havanna wird gemeldet: der General Weyler habe einen Aufruf veröffentlicht, worin allen Aufständischen, die fich unterwürfen, volle Amnestie zugesihert und denselben Unterstüßung durch Austheilung von Lebensmitteln sowie durch Zuweisung von Arbeit angeboten werde.

Aus Rio de Janeiro meldet „W. T. B.“/: Offiziell wird berichtet, daß der General Arthur Oscar Canudos be- lagere und seit dem 27. Juni ein Artilleriefeuer gegen die Banden unter Conselheiro unterhalte, nachdem er zuvor die beherrshenden Stellungen beseßt habe. Die unter General Savaget stehende Truppenabtheilung habe den Marsch durch den Staat Sergipe ausgeführt und sih mit der Hauptmacht des Generals Oscar am 28. Juni vereinigt. Binnen kurzem werde der entscheidende Kampf stattfinden; der Sieg der Regierungstruppen sei sicher.

Afien.

__Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Kalkutta von gestern Abend: gerüchtweise verlaute daselbst, daß alle Arbeiter der stromauf gelegenen Mühlenwerke die Arbeit verlassen hätten und daß Trupps derselben, im Ganzen in der Stärke von 8000 Mann, unterwegs seien, um die Aufrührer zu ver- stärken. Jn Kalkutta gehe außerdem das Gerücht, daß die Truppen in Barrackpur Befehl erhalten hätten, diesen Banden den Weg abzuschneiden. Es sci zur Zeit alles ruhig, obgleih sich die ganze Stadt in einem Zustand der höchsten Spannung befinde.

Afrika.

Dem „Reuter'shen Bureau“ wird aus Kairo gemeldet, daß Kitchener Pasha sich gestern Abend nah Ober- Egypten begeben habe.

Die „Times“ erfährt aus Kapstadt, daß die Erhebung der Eingeborenen in Gasaland eine sehr beunruhigende Gestalt angenommen habe. Der Gouverneur von Mo- zambique habe sih persöónlih an die Spige der Expedition gestellt, welhe zur Unterdrückung des Aufstandes abgegangen sei.

Arbeiterbewegung.

Aus Bochum s{hreibt man der „Rh.-Westf. Ztg." : Nachdem der Maurerausstand beendet ift, wollen nunmehr auch die Zimmerer in dea Auéstand eintreten. Ein Theil von ibnen hat die von dem Vorstande der gewerkshaftlihen Organisation auf- gestelten Forderungen den Meistern und Unternehmern ein- gereiht, welhe sfih den Forderungen gegenüber größtentheils ab- lebnend verhalten. Nur einige sind bereit, für die Arbeitsftunde 2 4 mebr zu zahlen, andere wollen mebr zahlen, aber niht unter dem Zeichen tes Zwanges; daraufhin sind viele Aufkündigungen erfolgt.

Ina Braunschweig sind, ciner Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge, die Töpfer in den Ausftand getreten, weil die Meister den leßt gültigen Lohntarif zum 1. August gekündigt baben.

_In Charlottenburg bei Berlin sind, wie die Berliner «Bolksztg.* berihtet, die Maurer nach kaum beendetem vierzehn- tägigen Lohnkampfe aufs neue in den Auéstand eingetreten, weil die Mehrzabl der Arbeitgeber die Bewilligung des 60 Pfennig-Stundtnlohnes wieder rückgängig gemaht hat. Auch in Berlin haben in den leßten Tagen verschiedene Bauunternehmer an ihre Arbeiter die Aufforderung gerichtet, auf die während des Aus- standes zugeftandene Lohnerhöhung zu verzihten und zu den alten Bedingungen 55 §4 Stundenlohn bei neunstündiger Arbeitszeit die Arbeit fortzusegzen.

Aus Brüssel wird der „Köln. Ztg.“ zum Ausstande der belgischen Koblenarbeiter vom Srlirken Tage telegraphiert : Der Ausstand im Borinage dauert fort, da die Grubenbesigzer sich getveigert haben, auf die Forderungen der Arbeiter irgend welhe Ant- wort zu ertheilen, was von den Leuten als eine Ablehnung aus- gelegt wird.

Aus London meldet ,W. T. B.* zum Ausftand der englischen Maschinenbauer: Von den Werkführern wurde grieen 2959/0 der in ten Maschinenbauwerkstätten am Clyde beschäftigten l rbeiter auf den nächsten Dienstag gekündigt. Es werden von dieser Maßregel ungefähr 6000 Mann betroffen. Aehnlihe Kündigungen von 25% der Arbeiter sind von den Vereinigungen der Ärbeit- M voa Greenock, Newcastle,

anchefter und anderen Industrie-Zentren angehörigen Firmen erfolgt.

an erwartet, daß in jedem einzelnen Fall au die übrigen 75 9%

Arbeiter nah Ablauf der Woche die Arbeit niederlegen werden.

Kunft und Wissenschaft.

Große Berliner Kunstausstellung. i Se

L. K. Die Düsseldorfer Künstlershaft hat in den miteinander verbundenen Sälen 7, 40 und 44 ihre für die diesjährige Ausstellung bestimmten Werke untergebracht : eine stattliche Zahl von Bildern, die die Stellung der rheinischen Kunftftadt würdig und ohne Bevorzugung einzelner Partei- rihtungen repräsentiert. Die religiöse Malerei Nord- deutshlands zählt Eduard von Gebhardt zu ihren Hauptmeistern; das fkleine, diesmal ausgestellie Bild „Die Jünger von Emmaus“ darf indessen nicht zu den Arbeiten aerehnet werden, die des Meisters Stellung in der zeitgenössishen Kunst bestimmen. Er hat den Moment der evangelishen Erzählung gewählt, in dem Christus nah der Auferstehung vor den Augen der beiden Jünger in Emmaus, roo er bei ibnen zu Gast war, plößlich verschwunden ist. Voll Staunen und innerer Erregung blicken die beiden dem Ent- shwundenen nach; die Erkenntniß, daß der Auferstandene ihr Gast gewesen, spricht aus ihren Zügen; zur Thüre des Gemachs tritt mit einem Licht die alte Schaffnerin herein. Trachten und Hausrath sind, wie bei den biblischen Darstellungen Gebhardt's fast stets, der deutschen Renaissance entlehnt und mit einer beinahe aufdringlichen Liebe behandelt. Den grünen Kachelofen, das weiße Tafellinnen, auf dem das saubere Speisegeräth prangt, könnte tein Stilllebêènmaler sorg- fältiger durchführen. Freilich bekundet Gebhardt auch darin seine archaisierende Neigung, daß er das Ganze nicht einheit- lih zusammenstimmt, vielmehr es bei der sauberen Einzel- behandlung bewenden läßt. Der Hintergrund hat nit die rehie Tiefe, die Gestalt der Magd löst fich nicht plastish genug los, und die Lichtführung verräth einige Unbeholfenheit. Von meisterhafter Eindringlich- keit ist aber der Ausdruck der Bestürzung in den Köpfen der beiden Jünger: mit aufgerifsenen Augen starrt der ältere ins Leere, Furcht und Beglückung malt sich in den Zügen seines jüngeren Genossen. Diese fein empfundene Seelenmalerei ver- sohnt mit den Shwächen des Bildes und verräth den modernen Meister im alterthümelnden Gewande. Willy Spaßg, der wohl von Gebhardt nicht ganz unbeeinflußt geblieben ist, aber dennoch fich eine eigne Art zu sehen bewahrt hat, zeigt in seinen religiösen Bildern ein Streben nach ernstem Ton, der sh namentlich in der sparsamen Benußung von Lokalfarben bekundet, während die emailglatten Gesihter durch ihren [iebenswürdigen, innigen Ausdruck fesseln. Seine Kunst geht nicht ins Große, bringt aber eine Fülle tiefempfundener Einzel- heiten, die namentlih den „Engelsfkuß“ (1379) zu einem fein- finnigen Kunstwerk stempeln. Auch die Harfensptielerin (1378), die den Klängen ihres Jnstruments lausht, zählt zu den besseren Arbeiten seiner Hand, wenngleich die Originalität seiner früheren Bilder, namentlich der „Anbetung der Hirten“ und der „Ruhe auf der Flucht“, die zuerst die Aufmerksamkeit auf den jungen Künstler lenkten, einer etwas eintöniaen Süßlichkeit allmählih zu weichen beginnt. Einen s{hroffen Gegensaß zu Spay bildet Robert Böninger, der den Ringkampf Abraham’s mit dem Engel (185) in harten akademischen Formen und mit einer bizarren, aber keineswegs vornehmen Farbengebung gemalt hat. Auch Arthur Kampf, auf den nach seinen Erstlingsarbeiten so große Hoffnungen geseßt wurden, hat sih, wie das anspruchsvolle Historienbild des Nückzuas der Franzosen i. F. 1813 (750) zeigt, mehr und mehr in eine derbe, dekorative Malart hineingearbeitet, aus der nur noch das Geschick, nicht aber künstlerishe Ueberlegung hervor- leuchtet. Die Genremalerei Düsfseldorfs, die so lange eine führende Rolle in Deutschland spielte, tritt mehr und mehr zurück. Frei wandeln noch einige Düsseldorfer, wie Brütt (228), Seyppel (1345), Philippi (1134) und Funk (472) in den Bahnen Vautier's und Bokelmann'’s, aber den Ton geben doch auch auf diesem Gebiet die moderner Gesonnenen an. Klein- Chevalier schildert eine Spielergesellshaft in einem eleganten Kasino zu Oftende (789) beim Morgengrauen, modern im Motiv und gewollt modern auch in der Technik, die indeß noch sehr der Ausbildung bedarf, um nicht als shüler- hafte Nachahmung skandinavisher und französisher Vor- bilder zu ersheinen. Es ist shlimm für ein Bild, wenn durch das Raffinement der Malweise die innerlihe Unfertigkeit und der Mangel wirklich feinen Blicks hindurchs{himmcrt. Das gilt auch von dem Damenbildniß desselben Malers, wie von Massau’s Frühstücksscene in der Tracht des siebzehnten Jahr- hunderts (987), die dazu noch eine große Aengstlichkeit in der Behandluxrg des an sich interessanten Lichtproblems verräth. Neuenborn's Jnterieur (1073) kann trog seiner modernen Allüren ebenso wenig als Arbeit eines fertigen Künstlers gelten, während F. Sch nißer (1290) derb zugreift und im Geshmack Gussow's ein lustiges Stück Volksleben mit über- zeugender Treue und Humor festzuhalten versteht.

Auch die Porträtmaler Düfseldorfs entfernen sich mehr und mehr von der süßlihen Schablone der älteren Richtung, wie fie Carl Sohn vertritt, zu Gunsten einer keck natura- [istishen Wiedergabe der dargestellten Persönlichkeit. Ludwig Keller und Otto Heichert, der ein größeres Familien- porträt als Pfarridyll bezeihnet, shießen dabei hie und da etwas über das Ziel hinaus, während ein Damenbildniß von Adolf Heller (608) als ansprechende Leistung gelten darf. Unter den Porträls von Luß fallen uns nament- lih die frohblickenden und energishen Züge des Landschaftsmalers Heinrich Hermanns auf, dessen Leistungen ebenso sehr, wie sein Bildniß berechtigtes Interesse wecken. Zählt doch ein „sonniger Herbstmorgen in Amsterdam“ (631) zu den frishesten Landschaften der Aus- stellung. Mit großer Sicherheit sind die Tonwerthe der herbst- lichen Stimmung getroffen, undeine durchweg fesselnde Art desVor- trags giebt dem an sich ja shon etwas trivialen Motiv, das aus zahllosen Bildern von Hollandshwärmern bekannt is, neues Leben. Auch die kleine, flott gemalte Seelandschaft des jungen Künstlers (632) unterscheidet sich in vortheilhafter Weise von dem als Gegenstück dazu aufgehängten eingeshneiten Dorf des beliebten Olof Jernberg und den etwas kleinlihen Arbeiten Adolf Schweigzer's im Saal VII der Ausstellung. Neben Hermanns sind besonders Heinrih Heimes mit seiner „Rükehr eines Fischerbootes“" (600) und Friß von Wille, der im Sinne der Schotten und Walter Leistikow's die Land- schaft (1578) stilisiert, hervorzuheben. Aber auch sonst bietet die Düsseldorfer Abtheilung auf diesem Gebiet manches Achtungswerthe, wie eine frische Eng von Bruns (572), die zahlreihen holländishen Veduten von

etersen-Angeln, die Seestückdke von Düdcker, groß-

*) S. die Nrn. 122, 138 und 154 des „R.- u. St.-Anz."

¿üigig und modern gemalte flandrische Motive von ugen Kampf, einem Bruder des Historienmalers, wie die zierlihen Herbstbilder von Otto (1109) und Liese- gang (924), neben denen natürlich auch die beiden Brüder Achenbach mit je einem ihrer typishen Bilder nicht un- erwähnt bleiben dürfen.

Die Düsseldorfer Schule darf mit ihrer diesjährigen Ver- tretung wohl zufrieden sein, wenngleih sich nah der Lage der Verhältnisse ihr Vorrang im Norden Deutschlands, namentlich auch seit dem Auftreten der Schule von Worpswede, kaum mehr behaupten läßt.

Land- und Forstwirthschaft.

Saatenstand in Ungarn.

Aus Budapest wird der „Wiener Zta.“ telegrapbish gemeldet : Nach den bei dem ungarishen Ackerbau-Ministerium eingelangten Berichten waren auch in der zweiten Hälfte des Monats Juni häufige Gußregen zu verzeihnen, welhe jedo eber einen örtlihen Charafter zeigten. Stellenweise aber kam es infolge bedeutender Niederschläge zu Ueberschwemmungen, fo in der Siebenbürger Gegend und im Torontaler Komitat. Am 1. Juli gingen in den westlichen Landestheilen und theilweise in Ober-Ungarn, namentlich in den Komitaten Preßburg, Gran, Neutra, Nograd, Pest, Heves, Gömör, Zips, Borfod, Bars, Hont, Trenrcsin und Sohl, große Gewitterregen uud Hagelschläge, itellenweise Wolkenbrüche nieder, welhe besonders in den Komitaten Gömör, Borsod, Nograd und Dedenburg 50 bis 6009/9 Schaden in Obst- und Weingärten anrihteten. Das Wetter, das einen gewitter- artigen Charakter aufwies, hat wobl die Luft im allgemeinen abge- fühlt, dow berrscht an manchen Punkten eine drückende Hitze, bauptsächlich im Alföld, wo das Getreide zu plöglih reifte. An vielen Orten [litt hauptsählich der Weizen unter der großen Hitze, von welchem größere Mengen \{wachkörniger fein werden, als man annahm. Stellenweise is çanz fkleinkörniger Weizen \{chlechter Qualität aewachsen, meistens aber nur in den gelagerten und roft- fledigen Saaten, und nur mit feltenen Ausnahmen in den besser stehenden. Auch Brand if vorhanden, wenn auc nur sporadisch. Der durch diesen verursahte Schaden if aber un- bedeutend gegenüber dem durch vielen Regen, Rost und Hitze ver- ursachten. Außer dem Weizen, welher an mehreren Stellen in der That qualitativ \tark zurückgegangen ist, ist auch Roggen und Gerste vlößlih gereift und theilweise gedrückten Kernes. Roggen wurde aber hon zum großen Theil im Alföld noch vor der Hitze vom 1. Juli geschnitten, während der Gerftenshniti mit dem des Weizens meistens ¡usammenfällt. Nur selten wird gemeldet, daß infolge der Ueberreife der Kern ausgefallen wäre. Am besten stehen die Saaten rechts und zum theil au links vcn der Donau, am \{wähsten im Theiß- und Maros-Winkel und theilweise in Sieben- bürgen. Troß der vielen Elementar-Ereignifse ift in einzelnen Gegenden, beziehungsweise Komitaten und Bezirken, au Weizen von ganz guter Qualität gewachsen, welcher auch die beste Gewichtseinheit erreiht. So wird es ziemlich viel 78/80 pfündigen Weizen und 72/76 pfündigen Roggen geben, aber auch Weizen und Roggen von niedrigstem Gewicht und geringfter Qualität. In dem leßten Aus- weise wurde nachgewiesen, daß die mit Weizen bebaute Fläche bei- läufig 5 515000 Katastraljioch betragen mag, ohne Abzug ter Elementarshäden. Da_ aber im laufenden Jahre der Winteranbau an vielen Orten vollständig ¡u Grunde gegangen ift aus den Be- rihten der ftändigen landwirthschaftlihen Referenten geht bervor, daß der Schaden wenigstens 5 9% beträgt —, wird die mit Weizen bebaute Fläche um nahezu 280 000 Katastral- jo geringer veranschlagt. Daher werden beiläufig nur 5 200 000 Kataftraljoch abgeerntet, und if ver Katastraljoch ein Ertrag von 6 bis 64 Meterzentner zu erhoffen, insgesammt also 323 Millionen Meterzentner. Die zu erwartende Weizenernte ift daber gegenüber tem Bericht vom 15. Juni um mehr als 1 200 000 Mteterzentner, respektive im Verlauf eines Monats, um beiläufig 1 700 000 Katastraljoch geringer geworden. Im Vergleih mit dem Vorjahre ift daber der Ertrag um 5 Millionen, im Verglei zu einer regelmäßigen Mittelernte um nahezu 7} Millionen Meterzentner geringer geworden. Das mit Roggen bebaute Areal wurde auf 1 840 000 Kataftraljoch geshäßt; da aber der dur Elementar- ereignisse verursahte Schaden mindestens 509% beträgt, kann die abgeerntete und noch abzuerntende Fläche höchstens auf 1 750 000 Katastraljoch veranschlagt werden. Der zu erwartende Ertrag beträgt per Katastraljioch 64 bis 7 Meterzentner, daber der gesammte zu erhoffende Ertrag 11 bis 12 Millionen Meter- zentner. Die Ertragsaussihten find demnach gegenüber dem leßten Ausweise um beiläufig 400 000 Meterzentner gesunken, im Verhält- nisse zu einer regelmäßigen Mittelernte um 2 Millionen, d. i. 14 9/. Der Ertrag der Noggerernte ift daher, wenn auch etwas beffer als der der Weizenernte, kaum einer kleinen Mittelernte entsprechend. Die mit Wintergerste bebaute Flähe if alljährlich eine geringe, ebenso auch in diesem Jahre. Im Alföld wurde dieselbe hon ge- erntet und gab einen zufriedenstellenden Ertrag. Die im Jahre 1897 mit Sommergerste bebaute Fläche wurde auf 1 787 000 Katastral- jcch ues. Da man aber dieselbe in der \{lechten Frühjahrsaison nicht überall anbauen fonnte und infolge vielen Negens und Hohwassers viel zu Grunde ging, ift die mit Gerste bebaute Fläche wenigstens um 10 9% geringer als im Jahre 1896. Nach amtlicher Berechnung dürften 1 600 000 Katastraljoch zur Ernte gelangen und der zu erwartende Ertrag ver Katastralicch 64 bis 7 Meterzentner betragen. Das Gesammtresultat dürfte mithin anrähernd 10 bis 11 Millionen Meter: zentner ergeben. Daher is auch der Gerstenertrag um beiläufig 200 000 Meterzentner gesunken. Infolge der großen Hite reift die Gerste sehr s{chnell, fie ift ftellenweise infolge der Hiße fleinkörniger und wird demzufolge an mehreren Orten leihteren Gewichts sein als im Vorjahre. Unter allen Getreidearten steht Hafer verhältniß- mäßig noch am besten und hat fogar im Verlauf der leßten zwei Wochen eine geringe Besserung aufzuweisen. Auch die mit Hafer bebaute Flädhe if nicht von solchem Umfang wie im Vorjahre, da der Hafer infolge der vielen Regen niht angebaut werden konnte oder niht emporkeimte. Die bebaute Fläche betrug im Jahre 1896 1 685 000 Katastral- joch, in diesem Jahre is fie um wenigstens 10%, d. i. 168 000 Katastraljo, aeringer. Der zu erwartende Ertrag if ver Katastraljioh 6F} bis 7 Meterzentner, daher insgesammt ungefähr 10 Millionen Meterzentner. Das vorjährige Resultat war etwas besser; die Differenz ift eine Folge der geringeren Anbauflähe. An den meisten Orten läßt fich eine gute Qualität erwarten. Ravs3 wurde zum großen Theil schon geschnitten, das Resultat ift sehr ver- ichieden, im Alföld zum überwiegenden Theil mittel, in der oberen Theiß-Gegend kleinmittel, stellenweise \{lecht, rets und links der Donau mittel. Mais wurde im Durchschnitt um 10 bis 15 9% weniger gebaut als im Vorjahre und hat fich zum großen Theil gut entwickelt. Futterrüben haben sich sehr gut entwickelt, Zuckerrüben stehen auch gut, beide versprehen einen guten Mittelertrag. Kartoffeln lassen in- folge stellenweise großen Schadens einen geringeren Ertrag erwarten. Die Wief en ergaben quantitativ einen fehr guten, qualitativ einen theils guten, theils schwachen und s{lechten Ertrag. Grummet verspricht zum großen Theil einen guten Ertrag. In den Weingärten ist Peronospora in großem Maßstabe aufgetreten, die Ertragsaussichten baben si daher verringert, sind jedo, wo man fleißig Gegenmittel anwandte, befriedigend, stellenweise vorzügli.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Makregeln.

Obwohl die hohe Temperatur der Luft, die während der Woche vom 20. bis 26. Juni in Berlin vorberrschte, einen ungünstigen Einfluß auf den Gesundbeitsftand dadurch ausübte, daß akute Darm- franfheiten, insbesondere Brehdurhfälle bei kleinen Kindern, in

fehr großer Zahl zum Vorschein kamen, ift die Zabl der durch diese Krankheitsformen bedingten Sterbefälle keine größere geworden, fondern