1897 / 162 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 Jul 1897 18:00:01 GMT) scan diff

\{ulden-Tilgungskasse in Berlin, Taubenstraße Nr. 29, zu er- heben. Dabei sind: a. mit den Obligationen I[l. Serie die Zins- scheine Reihe ŸY Nr. 3 bis 20, b. mit den Obligationen II. Serie Litt. B. die Zinsscheine Reihe TV Nr. 12 bis 20, c. mit den Obligationen IIl. Serie Litt. C. 1. und 2. Emission die Zinsscheine Reihe Il Nr. 15 bis 20 nebst Anweisungen für die nächsten Reihen E mit abzuliefern. i ie Zahlung erfolgt von 9 Uhr Vormittags bis 1 Uhr Nachmittags, mit Aus\{hluß der Sonn- und Festtage und der lezten drei Geschäftstage jeden Monats.

Die Einlösung geschieht auch bei den Regierungs-Hauptkassen und in Frankfurt a. M. bei der Kreiskasse. Zu diesem Zwecke fönnen die Effekten einer dieser Kassen hon vom 1. Dezember 1897 ab eingereiht werden, welhe sie der Staatsschulden- Tilgungskasse zur Prüfung vorzulegen hat und nach erfolgter Feststellung die Auszahlung vom 3. Januar 1898 ab bewirkt.

Der Betrag der etwa fehlenden Zinsscheine wird vom Kapital zurückbehalten. : E

Mit dem 31. Dezember d. J. hört die Verzinsung der verloosten Obligationen auf.

Zugleih werden die bereits früher ausgeloosten, auf der Anlage verzeichneten, noch rückständigen Obligationen wieder- holt und mit dem Bemerken aufgerufen, daß die Verzinsung derselben mit dem 31. Dezember des Jahres ihrer Verloosung aufgehört hat, und daß jeder Anspruch aus ihnen erlischt, wenn sie zehn Jahre lang alljährlih einmal öffentlih auf-

erufen und dessen ungeachtet nicht spätestens binnen Jahres- frift nach dem legten öffentlihen Aufruf zur Einlösung vor- gelegt sein werden. s E

Die Staats\schulden-Tilgungskasse kann sich in einen Schriftwechsel mit den Jnhabern der Obligationen über die Zahlungsleistung nicht einlassen. : :

Formulare zu den Quittungen werden von sämmtlichen oben gedachten Kassen unentgeltlih verabfolgt.

Berlin, den 1. Juli 1897.

Hauptverwaltung der Staatsschulden. von Hoffmann.

Nichtamtlißes.

Deutsches Reid.

Preußen. Berlin, 13. Juli.

Aus Odde, vom 12. Juli, Abends, ist im „W. T. B.“ folgendes Telegramm eingegangen : ; Soweit bis jezt bestimmt ist, geht S. M. Yacht „Hohen- ollern“ morgen nach Bergen in See. Das Befinden Seiner ajestät des Kaisers und Königs ist zufriedenstellend.

Laut telegraphisher Meldung an das Ober-Kommando der Marine is S. M. S. „Loreley“, Kommandant Kapitän- Lieutenant von Krosigk, gestern in Odessa angekommen.

Sachsen-Weimar-Eifenach.

Seine Königlihe Hoheit der Großherzog ist am Sonntag von Pillniy wieder in Weimar eingetroffen.

Oefterreich-Ungarn.

Der Kaiser empfing gestern Mittag den deutishen Bot- schafter in Rom von Bülow in besonderer Audienz.

Am Sonntag Nachmittag hat, dem „W. T. B.“ zufolge, in der Wohnung des Grafen Oswald Thun, Mitgliedes des Herrenhauses, eine verstärkte Obmännerkonferenz des verfassungstreuen Großgrundbesizes stattgefunden, an welcher 22 Personen theilnahmen. Nach Begrüßung der Anwesenden durch den Grafen Thun wurde in lebhafter Debatte eine Resolution gefaßt, welche ih

egen die Sprachenverordnungen wendet, die gegen die Ver- fafjung betriebene Agitation verurtheilt und erklärt: der ver- assungstreue Großgrundbesiß werde für die Vertheidigung der Verfassung überall mit aller Kraft und mit Einsetzung seines ganzen Einflusses eintreten. Es sei die Pflicht der Regierung, eine positive, die Gemüther R gen Basis für die Ver- handlungen zu schaffen. Es jei selbstverständlih, daß alle zur Schlihtung des nationalen Streites ernsthaft unternommenen und - geeigneten Schritte nachdrücklichst würden gefördert werden. Der Großgrundbesiß erkenne an, daß dem nothwendigen Zusammenleben der verschiedenen Nationalitäten Oesterreihs von Allen gewisse Opfer gebracht werden müßten, aber in dem heutigen Zustande der Dinge halte er fich für verpflichtet, die Regierung daran zu erinnern, daß der deutsche Volksstamm nichts Unrechtes begehe, sondern nur seine Pflicht erfülle, wenn er seine durh das Staatsgrundgeses gewährleisteten Rechte auf die Er- haltung und Pflege der Nationalität und Sprache gegen- über ausschweifenden staatsrechtlihen und nationalen Plänen mit aller Kraft vertheidige. Mit diesem Kraftgefühl, mit der Würde und Pflicht des deutshen Volksftammes in Oester- reich finde er es nicht vereinbar, daß das nationale Bewußt- sein sih zu Handlungen jenseits der shwarz - gelben Grenz- pfähle verleiten lasse. Diese Nichtung verurtheile er und warne eindringlih davor. Die Resolution bespricht sodann die Haltung der Regierung nah der Schließung des Reichsraths und er- klärt: dieselbe beruhe auf dem Jrrthum, anzunehmen, daß eine große, im Volke wurzelnde Bewegung durch Polizeimaßregeln unterdrückt werden könne. Ohne Haß und ohne Vor- eingenommenheit gegen andere Nationalitäten werde der ver- fassungstreue Großgrundbesiß den deutshen Stammesgenossen ur Seite stehen und für die berehtigte Stellung der Deut- [hen in Oesterreih mit voller Entschiedenheit eintreten. Nur eine fkraftvolle Jnitiative aus dem óôsterreichischen

O heraus, von Autorität und Billigkeit

nach allen Seiten getragen, könne Hilfe bringen, Die Löjung

der Krisis könne nur erfolgen und Oesterreih könne nur dann vor unberehenbaren Gefahren bewahrt werden, wenn das Reich vor einer in ihren Mitteln und Zielen unklaren staats- rehtlihen Rückbildung gefichert sci, wenn dem T Volksstamme, dem ältesten Sohn der Fon der österreichischen Völker, von dessen hingebungsvoller Treue die erlauchte Dynastie durch Jahrhunderte Beweise erhalten habe, die be- rehtigte Stellung gewahrt bleibe. :

Der Gemeindeaus\schuß von Eger hat beschlossen, gegen die am Sonntag zur Anwendung gelangten Polizei- maßregeln Verwahrung einzulegen, und einstimmig einen Antrag angenommen, über die Vorkommnisse einen Bericht zu veröffentlihen und denselben, mit einer Denkschrift versehen, dem Kaiser durh cine Abordnung überreichen zu lafser.

Großbritannien und Frland.

Wie das „Reuter he Bureau” vernimmt, wird dem Be- riht des parlamentarischen Ausschusses zur Unter- suchung des Einfalls Jameson's in Transvaal ein Absatz hinzugefügt werden, welcher besagt: der Ausshuß habe innerhalb der Grenzen der Parlamentssession keine Zeit gehabt, die Verwaltung der Chartered Company zu prüfen und über die für die Verwaltung ihrer Territorien wünschenswerthen Abänderungen zu berichten.

Frankreich.

Gestern ist ein Gelbbuch in den Parlamenten zur Ver- theilung gelangt; dasselbe besteht aus zwei Bänden, von denen der erste die Ereignisse im Orient sowie die Kretafrage in der Zeit vom Juni 1894 bis zum Februar 1897 behandelt, während der zweite sih mit den Ereignissen im Orient, mit der Kreta- frage sowie mit dem griechish-türkishen Kriege und der Lage des ottomanischen Reichs von Februar bis Mai 1897 beschäftigt.

In der Deputirtenkammer brachte gestern der Finanz- Minister Cochery eine Vorlage ein, welhe die Ermäcti- gung nahsuht, die Vertheilung der direkten Steuern durch die Generalräthe bis zum Oktober zu vertagen. Der Minister beantragte für die Vorlage die Dringlich- feit und sofortige Berathung. Der Deputirte Millerand bekämpfte den Dringlichkeitsanirag auf das lebhafteste, indem er ausführte, daß der Antrag nur die verschleierte Berechtigung zur Vertagung der Kammer bedeute, denn die Reform der direkten Steuern werde im Oktober ebenso scheitern wie heute. Die Regierung sei unfähig, auch nur einen Theil ihres Programms durchzuführen. Der Minister- Präsident Méline widersprach energisch, indem er auf die in dieser S durhberathenen Vorlagen hinwies. Er fügte hinzu, daß, wenn nicht mehr habe erledigt werden können, dies an der sozialistishen Obstruktion gelegen habe. Die Dring- lichkeit wurde angenommen. Der Deputirte Cavaignac be- fämpfte dann die sofortige Berathung und machte der Regierungs- Majorität den Vorwurf der Ohnmacht. Nach ciner Entgegnung des Minister-Präsidenten Méline wurde die sofortige Be rathung mit 300 gegen 252 Stimmen beschlossen. Jm Laufe der Verhandlungen brachte der Deputirte Dufaure ein Amende- ment ein, welches dahin geht, auf die außerordentlihe Sißung- der Generalräthe im Oktober zu verzichten. Der Finanz- Minister Cochery erklärte: falls das Amendement angenommen werde, werde er in der nächsten Sißung der Kammer den

Antrag stellen, die direkten Steuern, wie sie bisher be-

standen, wieder zu bewilligen. Das Amendement wurde mit 270 gegen 245 Stimmen angenommen. Die Abgeordneten Cavaignac und Millerand beantragten darauf, die Ver- handlungen über die Reform der direkten Steuern fortzuseßen. Der Minister-Präsident line bekämpfte den Antrag, der mit 270 gegen 257 Stimmen abgelehnt wurde. Die Sihung wurde sodann geschlossen. 4

Die meisten Pariser Blätter sind der Ansicht, daß infolge der Abstimmung in der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer eine Verlängerung der Na plamen L S ias fast un- vermeidlih sein werde, da die Opposition, in der Hoffnung, noch in leßter Stunde eine Ministerkrisis herbeizuführen, zahl- reiche Zusaganträge einbringen dürfte, um die Bewilligung der vier direkten Steuern zu verzögern.

Nufßland.

Seine Majestät der Deutsche Kaiser hat, wie „W. T. B.“ meldet, in einem aus Odde gesandten Telegramm in huld- oollen Worten sein Wiborgisches Regiment zum Stiftungsfest beglückwünscht.

Ftalien.

In der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer cr- klärte, wie „W. T. B.“ meldet, der Minister des Auswärtigen Visgconti Venosta in Beantwortung verschiedener Anfragen, daß er hinsihtlich der erythräishen Kolonie nur das im Parlament bereits dargelegte Programm wiederholen könne. Die Regierung beabsichtige, die Beseßung von Kassala sobald wie möglih aufzugeben. Bei der Beseßung von Kassala habe die Regierung Verpflichtungen übernommen, die für niemand ein Geheimniß seien. „Unsere Absicht“, ecklärte der Minister, „geht dahin, innerhalbecines bestimmten Zeitraums in einer den gedachten Verpflichtungen entsprehenden Form und um das Protokoll vom 15. April 1891 zur Ausführung zu bringen, der Beseßung von Kassala ein Ende zu machen. Bezüglich des Hochplateaus ist es unser Ziel, dort einen Zustand der Dinge zu schaffen, der uns gestattet, die militärishe Occupation möglichst auf Massowah allein ¿zu beschränken. Unter Aufrecht- erhaltung der Besezung von Massowah werden wir au die Besezung und die Souveränetät Jtaliens an dem Theil der Küste des Rothen Meeres aufrechterhalten, welher heute einen Theil unserer Besizungen bildet. Eine Aenderung, die unter den gegenwärtigen Umständen durch das Verhalten Ftaliens an den Küsten des Rothen Meeres etwa eintreten sollte, könnte eine internationale Frage veranlassen, die zu vermeiden im Interesse der italienischen Politik liegt.“ Ueber die allgemeine Politik äußerte sich der Minister in folgender Weise: „Wir werden unseren Bündnifsen treu bleiben, indem wir mit den anderen Mächten zusammengehen, um den Frieden, welcher von großer, dauernder Bedeutung für unser Land ist, aufrehtzuerhalten, und indem wir mit den anderen Nationen die freundschaft- lihen, durch das Gefühl der Eintracht und gegenseitigen Vertrauens eingegebenen Beziehungen weiter pflegen.“ ei Betrachtung des Verhältnisses zu Frankreih stellte der Minister mit Genugthuung eine Besserung desselben fest; er erklärte, er beobahte gegenüber Frankreich ein Verhalten, getreu den Meinungen und Anschauungen seines Landes, welches nichts Anderes wünsche, als mit der benachbarten Nation in guter Harmonie zu leben. Die Regierung sei ftets

geneigt gewesen und noch immer geneigt, mit der ‘fran- zösif, Regierung die Gesammtheit der Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern zu prüfen, um an Stelle des gegen- wärtigen Standes dieser Beziehungen einen billigen Jnterefsen- Ausgleich zu segen. Verhandlungen folher Art könnten aber erst dann unternommen werden, wenn die größte Wahr- sheinlihkeit eines Erfolges vorhanden sei. Die Regierung müsse sh also die Beurtheilung der Zeit und der günstigsten Gelegenheit vorbehalten, bevor sie die Jnitiative ergreife. In Bezug auf die griechisch - türkishen Friedensverhand- lungen erflärte der Minister: die diplomatishe Aktion der Mächte begegne von seiten der hohen Pforte Schwierig- keiten und Verzögerungen, welche das Bestehen der- jenigen Zustände verlängerten, nah deren Ende das allgemeine Interesse Europas verlange. Troß dieser Schwierigkeiten habe ih nihts in der Uebereinstimmung der Absichten der Mächte geändert. Man könne, dank ihrem festen und ein- müthigen Willen, das Vertrauen hegen, daß die Mächte ihr Friedenswerk dem Programm gemäß würden zu Ende führen fonnen, welches einmüthig von ihnen als Basis ihrer Ver- mittelung angenommen worden sei.

Portugal.

Der Finanz-Minister hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, in den Cortes B eingebraht auf Reorgani- sation der Bank von Portugal, auf Konversion der äußeren Schuld, auf Verpachtung der Staatsbahnen sowie bezüglich einiger Abänderungen in den bereits bestehenden Monopolen, dem Taback- und Zündhölzchen - Monopol. Die legtereti Anträge bezwecken die Vermehrung der Staatseinnahmen.

Türkei.

Die „Times“ meldet aus Konstantinopel vom 11. d. M. daß Großbritannien und Frankreih sih die Antwort auf die Zirkularnote der Pforte, worin diese die Absicht kund- ebe, türfishe Truppenverstärkungen nah Kreta zu ibi vorbehalten hätten. Jtalien habe die Note mündlich beantworten lassen, indem es der Pforte die nochmalige Er- wägung ihres Vorschlages empfohlen habe.

Serbien.

Der König bestätigte Paschitsh als Präsidenten und Katitsch als Vize-Präfidenten der Skupschtina.

Schwéden und Norwegen.

Der König der Belgier traf gestern Nachmittag in Stockholm ein und begab sich nach dem Königlichen Schloffe, in welhem Allerhöchstdemselben eine Anzahl Gemächer zur Verfügung gestellt find.

Afien.

Einer in Madrid eingetroffenen amtlihen Meldung aus Manila zufolge ist Nasugbu genommen worden; 5752 Mann unterwarfen sih. Die Einnahme von Looc steht nahe bevor; gestern wurde den noch nicht Unterworfenen die leßte Frist aewährt. Die Hauptführer der Aufständischen, unter ihnen Agninaldo, haben sih jeßt ebenfalls unterworfen; man hoffe, die übrigen durh Hunger zu bezwingen. 1100 Mann regulärer Truppen und 1660 Freiwillige sind in Covadonga An worden.

us Labuan (British Nord - Borneo) meldet das „Reutershe Bureau“, daß der A der Aufständischen Mat Lalley mit 60 Mann von seinen Leuten am Sonntag früh um 4 Uhr die Regierungsstationen auf Gaya angegriffen habe. Die Stadt sei geplündert und nieder- gebrannt worden. Die Aufständishen hätten einen Polizei - Sergeanten getödtet und zwei Mann ge- fangen genommen. Außerdem habe die Bande die Regierungskasse geraubt und den Wachtoffizier Neubronner gefangen genommen. Die in der Kasse enthaltenen Gelder würden auf 9000 Dollars geshägt. Der britische Resident Heritt in Labuan und der Assistent-Resident Wheatley seien gestern Morgen von Labuan mit einer kleinen Truppe von Dajakleuten aufgebrochen und sollten Gaya gegen 9 Uhr Abends erreichen.

Afrika.

Aus Djibuti meldet die „Agerce Havas“, daß Leont- jew, der von dem Negus Menelif zum General-Gouverneur der weiten und reichen Gebiete ernannt worden sei, welche den Namen „Aeguatoriale Provinzen Groß-Abessyniens“ führen, mit Aufträgen und als Ueberbringer von Geschenken für den E von Rußland und den Sultan nah Rußland zurüc- ehre.

Dem „Reutershen Bureau“ wird aus Prätoria be- rihtet, der Volksraad habe gestern durch Acclamation die Vereinbarungen über den Abschluß einer engeren politischen Union mit dem Oranje-Freistaat angenommen. Gegen- Das würden die Zusaßbestimmungen zu den Abmachungen erathen.

Parlamentarische Nachrichten.

Graf Friedrich Wilhelm von dem Bussche-Jppen- burg genannt von Kessell, Mitglied des Herrenhauses, ist gestern gestorben.

Arbeiterbewegunug.

Aus Bochum wird der „Rhein.-Wesif. Ztg.“ unter dem 11. d. M. geschrieben: Der Ausstand der Holzarbeiter (Zimmerleute) f wirklih eingetreten. Von den 164 Zimmerleuten der Stadt g hören 116 dem Holzarbeiterverbande an, und von diesen find 74 in den Ausstand eingetreten. Von langer Dauer wird ? jedoch nicht sein, da die Leute nicht einig sind. Verlangt wird eint Aufbesserung des Stundenlohns um 3 F und ein Minimallohn vor 42 H für die Stunde. Mehrere Ausständige find bereits an ihre Cen zurüdckgefehrt, andere sind abgereist. (Vgl. Nr. 12 Aus Dortmund wird demselben Blatt berihtet, daß De Om errente zum theil ausftändig geworden sind (vgl. Nr. 15 d. M In Erfurt ist einer Mittheilung der „Madb. Ztg.“ ufolge der Ausstand der Maurer nah einer Dauer von sieben Wochen 27 9. Juli dur eine Uebereinkunft zwishen den Arbeitgebern und Ar- beitern beendet worden (vgl, Nr. 158 d, BL).

In Brandenburg a. P: befinden si, wie- im „Vorwärts“ mitgetheilt wird, die Hand chubhmacher seit Sonnabend wegen Lohnfstreites im Ausftande ; betheiligt find über 90 Arbeiter.

In Leipzig haben der „Leipziger Ztg.“ zufolge in der Posa- mentenfabrik von P. C. Sison 20 Arbeiter (13 männliche und 7 weiblihe), darunter auch der Werkmeister, am Sonnabend die Arbeit niedergelegt. : : S

Aus Mannheim wird der „Köln. Ztg.“ gemeldet, daß die städtischen Gasarbeiter ihre Kündigung (vgl. Nr. 161 d. Bl.) zurü@gezogen haben, um neue Verhandlungen mit dem Stadtrath an- uknüpfen.

y In London trat, wie wir der „A. K.“ entnehwen, die gegen 250/96 der Maschinenbauer verbängte Arbeitésperre am leßten Sonnabend in Kraft. Na der Schäßung des Gewerkvereins werden dur Arbeits\perre und Aus\tand im Ganzen 100 000 Mann arbeitslos werden.

Aus Budapest berichtet die „Wiener Abdy.“ unter dem 12. d. M.: Fn allen Ziegelfabriken ruht die Arbeit; etwa 15 000 Arbeiter feiern, nur wenige arbeiten. Bisber wurde die Ordnung nicht geftört.

Aus Brüssel wird der „Köln. Ztg.* zum Bergarbeiter- Ausstande im Borinage unter dem 11. Juli telegraphiert: Am Sonnabend feierten im Borinage noch 17 500 Mann. Soweit bis jeßt Nachrichten aus dem Ausstandsbezirke vorliegen, sind zwar die Arbeiter in manten Gruben sehr zahlreich angefahren, allein die Wiederaufnabme der Arbeit ist bis jeßt wenig allgemein.

Aus Luzern \hreibt man der „Magdb. Ztg.“ : Der Typographen- bund beshloß für Luzern infolge von Tarifstreitigkeiten einen Seßer- aus\tand, der feit dem 7. Juli besteht, aber keinen allgemeinen Cha- rakter trägt. E :

Aus Rom meldet „W. T. B.*“: Die Ausfstandsbewegung der Landarbeiter hat in der Provinz Ferrara abgenommen. In Abricella (Provinz Bologna) if die Arbeit auf Grund einer Ver- ständigung zwischen den Arbeitgebern und ÄArbeitnehmern wieder auf- genommen worden.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Lage des Ackerbaues im Jahre 1896.

Der Deutsche Landwirtbschaftsrath hat in diesen Tagen einen von dem General-Sekretär Dr. Dade verfaßten, umfangreihen Bericht über die Verhandlungen der vom 8. bis 13. Februar d. I. abge- haltenen XX V. Plenarversammlung veröffentlicht, der einer Reibe von wichtigen, die Besserung der Lage der landwirth\schaftlihen Be- völkerung und die Fö:derung des Gemeinwohls betreffenden Fragen in zahlreihen Gutachten eine eingehende Beantwortung zu theil werden läßt. E fei nur hingewiesen auf die s{chäßenswerthen Bei- träge über die ländlihe Arbeiterfrage, die Seßhaftmahhung der Landarbeiter und die Bedeutung der Natural- und Geldlöhnung, über Wohlfahrtseinrihtungen für die Landarbeiter, Antheil der Landarbeiter am Roh- oder Reinertrage der Wirthschaft, über S@hulderleihterung und Schuldentlastung des ländlihen Grvond- besißes, Reform des Schlachiviehhandels und Bedeutung der Kühl- häuser an S{lachthöfen für die Landwirthschaft, über Hauptmängel und Gewährfristen beim Viehhandel, Regelung der Gebräuche im Dünger- und Futtermittelbandel, über die Zuckersteuerfrage, die Neichstag8vorlage betreffend die Abänderung des Unfallversicherungsgesezes für Land- und Forstwirthschaft, und den Entwurf eines Jnvalidenversicherung8geseßzes. Sehr ausführlich verbreitet sh der Bericht auch üker die wirthshaftlidbe Gesammtlage der Landwirthschaft, sodann im einzelnen über die Lage des Ackerbaues, der Viehzucht, der Zuker- und der Spiritus-Industrie im Jahre 1896 an der Hand des amtlichen statistishen Materials, wobei auch die früheren Jahre zu interessanten Vergleichen herangezogen sind. Wir entnehmen diefem Bericht zu- nächst diejenigen n, in welchen die Lage des Akerbaucs im Jahre 1896 zum Ausdruck gelangt, und ergänzen dieselben noch, soweit neuere Angaben in dem soeben erschienenen 18. Jahrgang des „Statistischen Jahrbuchs für das Deutsche Reich“ vorliegen.

Der eigenthümlichen Gestaltung der Witterungsverhältnifse ent- sprechend, welhe für die bei niedrigen Getreidepreisen um so wün- \henswerthere Steigerung der Roherträge ein wichtiger "ais sind, war die Ernte der Halmfrüchte 1896 im allgemeinen besser als die der Kartoffeln und der Futtergewähse. Die Ernte von Winter- weizen und «Roggen überstieg sogar der Quantität nach die Ernte des Jahres 1895 um 8 bis 99/6. Allerdings ließ die Qualität auf vielen Stellen zu wünschen übrig, da ein größerer Theil des Getreides, be- sonders von Roggen, unter dem ungünstigen Erntewetter gelitten hat; und durch die s{chlechtere Qualität wurde der aus der größeren Quantität erhofte WMehrgewinn erheblich herab- gemindert. Ein niht so günstiges Resultat wie die Herbstsaaten haben die Sommersaaten geliefert; insbesondere ist die Ernte von Sommerroggen, Sommergerste und Hafer binter der des Vorjahres um 2 bis 5% zurückgeblieben. Am stärksten wurde indeß der Kartoffelbau von der ungünstigen Witterung heimgesucht; der Ausfall gegenüber dem Vorjahre wird hier auf 14,5 9% geschäßt. Da die endgültigen Ergebnisse der amtlichen Ermittelung der vorjährigen Ernte noch nit vorliegen, seien als Anbalt für die Beurtheilung der Ernte- mengen der Hauptfrüchte die der Vorjahre 1890—95 nachstehend mit- getheilt. Im Deutscheu Reiche betrug in Tonnen zu 1000 kg die Gesfammt-Erntemenge von

im Jahre Weizen Roggen Gerste Hafer Kartoffeln 1890 9830921 5868078 2283432 4913544 23 320983 1891 9333757 4782804 2517374 5279340 18558 379 1892 3162885 6827712 2420736 4743036 27 988557 1893 2 994 823 7460383 1946944 3242313 32277 851 1894 3012271 7075020 2432913 5250152 29 049 238 1895 2807557 6595758 2411731 5252590 31 786 621

Ein Vergleich dieser Getreidemengen mit den oben für die Ernte des Jahres 1896 angegebenen allgemeinen Schäßungen dürfte ergeben, daß die leßte Ernte an Quantität etwa der 1894 er Ernte gleich- kommen, jedoch an Qualität eine etwas geringere sein wird.

Hiernah müßte man annehmen, taß für die Ernährung der Be- völkerung neben der inländishen Exnte eine geringere Einfuhr aus- ländischen Brotgetreides, als im Vorjahr, erforderli gewefen sei. Die folgende Uebersicht zeigt indessen, daß troy vorhandener erheblicher Erntemengen auf den inländishen Markt 1896 so viel ausländisches Getreide gebracht worden ift, wie noch in keinem Jahre zuvor. Denn die Ein- und Ausfuhr von Weizen, Roggen, Gerste und Hafer im deutschen Zollgebiet stellte sih in den Jahren 1875 bis 1879 und 1885 bis 1896 in Tonnen zu 1000 kg, wie folgt:

Weizen Roggen Gerste Hafer Jahr Ein- Aus- Ein- Aus- Ein- Aus- Ein- Aus- ubr ur be fuhx fux fubx fuhx - führ

1875 | 499000/570000| 700000|/156000| 246000/124000/233000 126000 1876 | 685000|/388000|/1100000|/100000| 269000| 84000/320000] 96500 1877 940C00|7350090|/1190000/176000| 489000/243000/358000/150000 1878 /1060000/|785000| 945000|/196000| 435000/266000/290000/135000 1879 | 915000/605000|1470000/146000]| 315000/254000/317000/111000 1885 | 572423] 14080| 769701| 4021| 438036| 24706/218083| 12821 1886 | 273280| 8294| 565265| 3198 393896] 58080] 81031| 16493 1887 | 547255| 2840| 638544| 3138| 511526| 20748/167577| 8285 1888 | 339767| 1112| 652811| 2262 444781/- 23245/181263 1815 1889 | 516887 758/1059731 608] 651422] 22113/258004 328 1890 | 672587 206| 879903 119| 735292| 6425/187717 451 1891 | 905332 337| 842654 134 725519! 3899/119884 373 1892 [1296213 244| 548599 891| 583297| 9567| 87837 472 1893 | 703453 293| 224262 OTI 851740) 8235/242946] 276 E 1153837 79191| 653625| 49712/1097497| 19405/402550/ 22759 1895 (1338178 69911| 964802 35992 929009| 49014 /238725| 51427

96 |1652705| 75214 1030670| 38322/1028135| 20968/495054 30377

Diese hobe Einfuhr ift naturgemäß nicht ganz ohne Einfluß auf den Preisstand in Deutschland geblieben. Es betrug der E eis in Mark für 1000 kg

Weizen

S a a c =

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im Iahre

1890 195

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179 | 158 1891 221 224 210 | 153 18° | 166 1892 176 182 | 148 17 - 149 1893 152 174/120 134 145 |136 157 1894 127 136 156 107 122 | 124 57 (120 131 1895 142 164/112 120 135 [116 161 | 121 1896 156 175 |107 147 | 129 173 125

__ Demnach hat zwar der Weizenpreis eine Steigerung erfahren, die im Bericht des Landwirthschaftsratbhs auf die Hungersnoth in Ostindien und auf eine geringe Ernteautsiht in Argentinien und Australien zurückgeführt wird; allein die Erntefläche von Weizen um- faßt im Deutschen Reich nur etwa den vierten Theil der mit Roggen und Weizen angebauten Gefammtflähe. Im Jahre 1895 z. B. betrug fie 1930 830 ha, die Ernteflähe von Roggen dagegen dreimal fo viel: 5 893596 ha. Legt man für die Erntemengen die Ergebnisse der Ernte des Jahres 1895 zu Grunde, so wurden 1627355 t Weizen und 4901670 t Roggen, also auch etwa das Dreifahe des Weizenertrag8, geerntet. Diese Zahlen zeigen, daß die deutsche Landwirtbschaft in ihrer Gesammtheit das arôßte Interesse an einer Erhöhung des Roggenpreises hat. Wie die vorstehende tabellarishe Uebersicht ergiebt, hat nun der Roggenpreis in Königsberg und Berlin die Aufwärtsbewegung des Weizenpreises in kaum merkbarem Grade mitgemacht, er steht viel- mehr im Jahresdurhschnitt auf demselben tiefen Niveau, wie in den Jahren 1894 und 1895; nur München hat auch für Roggen einen höheren Jahrespreis als 1895. Hingegen haben der Berfte- und der Haferpreis im vergangenen Jahre überall eine nennenswerthe Steige- rung erfahren, die bei besserer Qualität noh stärker aufgetreten wäre, was besonders die Münchener Preise für Gerste hervorragender Qua- lität (im November und Dezember 1896 für 1000 kg 180 ) zeigen.

Da bei der gegenwärtigen Ausdehnung und Naschheit der Ver- Teh1nsmittel die Getreidepreise des inländishen Produktionsgebiets, namentlich die von Weizen und Roggen, in unmittelbarer Wechsel- wirkung mit der Konjunktur des internationalen Getreidemarkts stehen, sei nachstehend noch die Bewegung der Getreidepreise an den wichtigsten Getreidehandelépläßen der Erde mitgetheilt. Gs betrug der Durchschnittspreis in Mark für 1000 kg

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1892 166 156 1893 : 141 131 1894 129 115 1895 : 125 15 1896 15 13 6 168

Noggen 1892 17 é 148 136 -— 1899 115 104 1894 98 88 1895 18 109 97 83 1896 119-107 T9 85

Bei dem Vergleich der Preise ift allerdings zu beachten, daß die- selben für mehr oder weniger vershiedene Qualitäten gelten, und daß Deutschland und Frankreih Getreidezölle besißen: für Weizen in Deutschland 35 4 pro Tonne zu 1000 kg, in Frankrei 56 pro Tonne, für Roggen in Deutschland 35 #4 pro Tonne, in Frankreich 24 4 pro Tonne. Auch darf das verschiedene Konsumbedürfniß für Weizen- oder Roggenbrot in den einzelnen Ländern niht außer Acht gelassen werden. Troßdem aber dürfte“ diese Uebersicht die Bewegung der Preise für Brotgetreide auf dem Weltmarkt im Großen und Ganzeu zutreffend veranschaulichen.

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Die DurchGschnittspreise der wichtigsten Leben3- und Futtermittel

betrugen in Preußen im Monat Juni für 1000 kg Weizen 151 (im Mai 156) , Roggen 114 (115) 4, Gerste 124 (126) A, Hafer 131 (130) #4, Kocherbsen 204 (205) , Speisebohnen 263 (264) M, Linsen 404 (406) Æ, Cßkartoffeln 52,4 (48,9) M, Nicht- stroh 44,1 (44,4) 4, Heu 56,4 (59,5) #4, Rindfleish im Groß- handel 1042 (1031) Æ; für 1 kg Rindfleish im Klein- handel von der Keule 1,33 (1,33) A, vom Bauch 1,13 (1,12) 4, Schweinefleish 1,28 (1,28) 4, Kalbfleish 1,23 (1,23) 4, Hammel- fleisch 1,25 (1,23) Æ, geräucherter inländisher Speck 1,46 (1,46) Æ, Eßbutter 2,09 (2,19) 4, inländishes Schweineshmalz 1,48 (1,50) 4, Weizenmehl 0,29 (0,29) A, Roggenmehl 0,23 (0,23) A; für ein Schock Eier 2,81 (2,77) 4

Kunft und Wiffenschaft.

Von der hiesigen Königlichen Sternwarte wird uns durch Herrn Professor Foerster Folgendes mitgetheilt :

Die sogenannten leuchtenden Nacht-Wolken, deren Erscheinen in den leßten Jahren seltener und lihtschwäher geworden war, sind in den lezten Wochen im nördlichen Dänemark und im Norden Englands aufs neue deutlicher wahrgenommen worden. Jm Jnteresse der tieferen Erforshun der sehr merkwürdigen Erscheinung is es angezeigt, die Auf merksamkeit der weitesten Kreise auf diese Wahrnehmungen zu richten.

s Jene Wolken, die in ihrer Struktur den feinsten Feder- wolken ähneln, sind in den Sommernächten vom Ende Juni bis Anfang August in der Nähe des nördlihen Horizonts gegen Mitternacht in eigenthümlih weißem Glanz zu erblicken, und zwar leuchten sie in der Regel am hellsten etwas nah Mitternaht am nordnordöstlihen Himmel. i a

Bedingung der Sichtbarkeit in unseren Breiten ist es, daß niht nur für uns der Himmel in der Nähe des Nord- Horizonts völlig frei von tiefer liegenden Wolkenbildungen ist und uns fo den Ausblick auf jene in großer Höhe über der Erdoberflähe über den mittleren E von Schweden und Norwegen s{hwebenden Gebilde öffnet, son- dern daß auch der Weg von der über den nördlichsten T A die Nacht hindur leuhtenden Sonne bis zu jenen hohen Wolken nicht durch tiefer liegende Wolkenbildungen im höheren Norden verlegt ist. Man darf sih deshalb nicht irre machen lassen, immer und immer wieder in hellen Nächten nah der eigenthümlich eindrucksvollen Erscheinung zu spähen, wenn man auch wiederholt bei einer am Beobachtungsort ganz durch- sichtigen Himmelsbeschaffenheit nihts davon erblickt hat. Es hat eben dann infolge von Trübungen der Luft im höheren Norden die gehörige Beleuchtung der Wolken dur die Mitternachtssonne gefehlt. Wodurch gebt eine erneute größere Ausdehnung und Helligkeit jener Wolken verursacht sein könnte steht nohch dabin. Offenbar können dieselben sowohl dur

. vulfanishe Emporschleuderungen, als durch Einströmungen von

Masfsentheilhen aus dem Himmelsraum Zuzug empfangen.

Was wir bis jet von der ‘großen wifsenschaftlihen Be- deutung der merkwürdigen Erscheinung erkundet p wird, wie ih mir in die Erinnerung zurückzurufen gestatte, haupt- \ächlich dem Astronomen Otto Jesse in Stegliß und den von der Berliner Sternwarte in Gemeinschaft mit demselben ge- troffenen Veranstaltungen verdankt. Die Veranstaltungen be- ftanden wesentlich in der Aufnahme von photographi- shen Meßbildern der Wolken, wofür zeitweilige Stationen in Stegliß, Nauen (Beobachter Herr Uhrmacher Baeker), Rathenow und Frankfurt a. O. eingerihtet wurden sowie in den leßten Jahren eine permanente astronomische Station im Grunewald, welche aber leider aufgegeben werden mußte. Es hat sich zunächst herausgestellt, daß jene Wolkengebilde seit 1885 anhaltend in einer und derselben Höhe, nämli 82 km über der Erdoberfläche, geshwebt haben, und daß fie in dieser hohen Region eigenthümlihe Bewegungen erfahren, welche auf die Zustände in den Grenzschihten der Atmosphäre ein völlig neues Licht werfen, ein Licht, das möglicher Weise zur Aufhellung des Problems der gesammten Be- wegungs-Ersheinungen in unserer Atmosphäre beitragen wird. Schon die zweifellos errungene Thatsache, daß feste Stofftheilhen, welhe das Sonnenlicht in ähnlicher Weise reflektieren, wie die Eiskrystalle der tiefer (unterhalb 30 km) gelegenen sogenannten Cirruswolken, sich jahrelang in jener großen Höhe shwebend erhalten, ist von solher Wichtigkeit, daß die Fortführung und Bestätigung jener Ergebnisse dur alljährlich wiederholte Beobachtungen und Mesfsungen nicht genug empfohlen und gefördert werden kann. Noch wichtiger wird aber die Fortführung und Vervollständigung der Mefsungen hinsihtlih der Geshwindigkeiten und Richtungen der Wolkenbewegungen in jenen großen Höhen sein.

Gerade die Gegenden zwischen Mitteldeutshland und dem südlihen Schweden sind hierfür sehr geeignet. Wer für photographishe Meßbildaufnahmen, zu deren Ausführung die Berliner Sternwarte gern rathen und helfen würde, nicht eingerichtet ist, wird {hon einen werthvollen Beitrag liefern, wenn er in einem möglichst genau präzisierten Zeitpunkte die Lage der Wolken zu bestimmten Punkten des Nord-Horizonts womöglih dur sorgfältige Zeichnung, unter genauer Angabe seines eigenen Standorts, feststellt.

Herr Otto Jesse in Stegliß, Albrehtstraße 30, wird gern bereit sein, solche Aufzeichnungen in Empfang zu nehmen und zu bearbeiten.

__In dem Engpaß der Thermopylen haben griehishe Soldaten beim Schanzenaufwerfen eine archäologische Entdeckung gemacht. Wie die „Akropolis“ meldet, fand man zwischen der jeßt verfallenen Kavballerie-Kaserne auf dem Hügel, der den westlihen Eingang des Passes beherrsht, und den durch die heißen Quellen getriebenen Mühlen eine größere Anzahl Marmor-Sarkophage, in denen Skelette in der Lage gefunden wurden, wie sie in der älteren Zeit beim Bestatten üblich war. Zu beiden Seiten eines Scchâädels standen zwei große runde Thongefäße mit breiter Deffnung, zu beiden Seiten der Füße andere irdene Gefäße. Neben den Händen wurden zahlreihe, vorzüglich erhaltene Münzen aus Erz gefunden. Eine von ihnen zeigt die Prägung lló8oe, eine andere Iátaç. Der griech:\che Unterrihts-Minister wird einen bewährten Archäologen an Ort und Stelle senden, um den Thatbestand aufzunehmen.

Literatur.

Von Eduard Engel's wohlbekannter „Geschihte der englischen Literatur“ (neb Anhang: „Die nordamerikanische Literatur“) beginnt in Julius Baedeker's Verlag in Leipzig eine neue, vierte Auflage zu erscheinen. Diese völlig neue Bearbeitung des Werks foll in gedrängter Darstellung die gesammte {öne Literatur Englands und Nord-Amerikas der älteren und neueren Zeit umfafsen, aber unter Aus\cheidung alles dessen, was ohne bleibende Bedeutung ist und höchstens den Philologen von Fah interessiert. Die vorliegende erste Lieferung enthält außer einer Einleitung über den „Charakter der englischen Literatur" die Geschichte der älteften angelsähsfischen Periode und “die Literatur der Folgezeit bis zum Zeitalter der Renaissance. Bei wissenschafilißer Gründlichkeit ist die Darstellung dennoch frisch und anregend und zeigt sofort, daß das Werk fih an das weitere gebildete Publikum wendet. Die Ausgabe erfolgt in 5 Liefe- rungen zum Preise von je 1 A Das Werk empfiehlt sich auch in der neuen Bearbeitung als Handbuch zur Selbftbelehrung für den Laien, bietet in den sorgfältigen Quellen-Nachweisen aber auch ein gutes Hilf8mittel für eingehendere Studien.

Napoleon?'s Feldzug in Rußland von 1812. Mit ca. 100 Tafeln und einer Anzahl kleinerer Illustrationen von Major Faber du Faur und Major von Kaußler. Verlag von H. Schmidt u. C. Günther in Leipzig. Lieferung 6 bis 10. Preis je 60 5. Von dieser künstlerish-historishen Schilderung des denkwürdigen Feld- zuges, den die genannten beiden ehemaligen württembergischen Offiztere persöônlich mitgemaht haben und der eine im Skizzenheft, der andere im Tagebu} nah ihren Beobachtungen und Erlebnifssen fixiert hat, liegen 5 neue Lieferungen vor. Dieselben enthalten folgende Käpilel: ¿Vor Béesheilowitsdl = Au der Straße zwishen Beschenkowitshi und Ostrowno“ „Bei Ostrowno* „Im Bivouac bei Liozna“ „In der Nähe von Liozna* „Jm Bivouac bei Liozna“ „Jn Liozna“ „Jm Lager bei Liozna“ „Bivouac vor Liozna* „In der Gegend von Lionwawitshi“ „Uebergang über den Borysthenes“ „Vorwärts von Krasnoi“ „Vor Smolensk“ „Smolensk auf dem retten Ufer des Borysthenes* „An der Stabna“ „Zwischen Smolensk und Walutina Gora“ „Zwischen Dorogobusch und Slawkowo“ „Jn der Gegend von Semlewo" „Im Bivouac vor Wiazma“ „Bivouac vor Ghyacz“. Dem Militär, wie dem Geschihtsfreund bieten diese lebendigen Schilderungen von Augenzeugen der Haupt- ereignisse des Krieges gleih großes Interesse.

Von dem illustrierten Lieferungswerk „Die Hauptstädte der Welt“ (Shlesishe Buchdruckerei, Kunst- und Verlagsanstalt von S. Schottländer in Breslau; Preis der Lieferung 50 4) liegen vier neue Hefte, 8 bis 11, vor. Im 8. Heft beginnt nah der Schil- derung von Genf eine interessante Beschreibung von Madrid aus der Feder des bekannten Staatsmanns und Schriftstellers Emilio Casftelar, welher in poesievoller und farbenreicher Darstellung die Natur, die Geschichte und die Kunstshäße der spanischen Haupt- stadt dem Leser vorführt. Die Beschreibung von Amsterdam mit seinen Set C E und Diamantschleifereien ist neben anderen Kunstbeilagen mit einer guten Reproduktion des be- kannten Selbstporträts Rembrandt's und seiner Frau Saskia (aus der Dresdner Galerie) S Das 10. Heft enthält in eigenartigem Kontrast neben der Schilderung der Hauptstadt des nördlichsten Reichs Europas: Christiania, die Beschreibung derjenigen Weltftadt, in der Europa und Asien sih die Hand reihen : Kon- stantinopel. Treffend ist die Charakteristik der beiden so vershieden- artigen Städte. In engem Rahmen giebt Harald Hansen ein abgerundetes Bild der äußeren Physiognomie Christianias und feiner intellektuellen Bedeutung. Für die Schilderung der türkischen Haupt- stadt und der Herrlichkeit südlicher Natur aber ließ sich kaum eine ge- eignetere Feder finden, als die Pierre Loti’s mit seinem glühenden Stil, der in erxotisher Malerei seinen ganzen bezaubernden Reichthum an Farbentönen offenbart. Unter den zabhlreihen JUustrationen des Hefts findet man auch die Porträts der beiden hervorragendsten norwegischen

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