1897 / 170 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 22 Jul 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Abgereist:

Seine Excellenz der Staats - Minister und Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen, nah Ruhrort.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Prenßen. Berlin, 22. Juli.

Seine Majestät der Kaiser und König sind, wie W. T. B.“ meldet, nach guter Fahrt gestern Abend um Uhr in Gudvangen eingetroffen.

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Das Staats - Ministerium trat heute Nachmittag 2 Uhr im Dienstgebäude, LepLger Plagt 11, unter dem Vorsiß des Vize-Präsidenten, Staats-Ministers Dr. von Miquel zu einer Sißung zusammen.

Das zeitweilige Getreide-Einfuhrverbot, dessen Erlaß in der an den Reichskanzler gerichteten Eingabe des Bundes der Landwirthe beantragt wird, würde mit den be- stehenden Handelsverträgen nicht vereinbar sein, und es wird dem Antrage schon dieserhalb nicht stattgegeben werden können.

Laut telegraphisher Meldung an das Ober - Kommando der Marine ist S. M.S. „Loreley“, Kommandant Kapitän- Lieutenant von Krosigk, gestern in Sebastopol angekommen.

Jn der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ wird die vom Reichs- Eisenbahnamt aufgestellte tabellarishe Uebersicht der Be- trieb3-Ergebnijse deutscher L f für den Monat Juni d. J. veröffentlicht, auf welche am Dienstag an dieser Stelle auszüglih hingewiesen worden ist.

Baden.

Ueber das Befinden Seiner Königlihen Hoheit des Großherzogs meldet die „Karlsr. Ztg.“: Jhre König- lihen Hoheiten der Großherzog und die Groß- erzogin verweilen nun hon seit 14 Tagen in St. fañen. Während des vorangegangenen Aufenthalts auf Schloß Baden war Hoheit des Großherzogs mehrfachen Störungen gewesen, wodurch die Uebersiedelung nah St. Blasien etwas verzögert worden is. Der Kuraufenthalt daselbst ist bisher in ungestörter Weise verlaufen. Während der ersten 8 Tage genoß Seine Königliche Hoheit unter Be- obahtung großer Ruhe viel die freie Luft; mit der zweiten Woche wurde mit dem Gebrauh der sogenannten Halb- bäder begonnen, die stärkend auf das Befinden wirkten. Die von den Höchsten Herrschaften bezogene Wohnung in dem „Schwarzwaldhaus“ des Kurhotels gewährt den Vorzug, daß Höchstdieselben sich auf den um das Haus laufenden gedeckten Altanen ruhend in der freien Luft aufhalten können. Jhre eta s Hoheiten unternehmen fast jeden Abend Fahrten in die Umgegend, wobei die vor- trefflihe Waldluft wohlthuend empfunden wird. Das Gesammt- befinden Seiner Königlichen Hoheit hat sich dank der heil- kräftigen Wirkung der Bäder und der stärkenden Luft gebessert.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Seine Königliche Hoheit der Herzog, Höchstwelcher gestern London verlassen hat, trifft heute Nachmittag in Coburg ein.

Der Landtag des Herzogthums Coburg e in seiner gestrigen Sißung das Getch, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Staats- und Domänendiener, durh welches das Wittwengeld von 1/5 auf 1/4 des Geldanschlags der pensionsberehtigten Jahresbesol- dung des Ehegatten, beziehungsweise auf 1/4 des Geldanschlags derjenigen pensionsberechtigten Jahresbesoldung, welche der Ehe-

atte zunächst vor dem Eintritt in den Ruhe- oder Dispositions- tand bezog, erhöht wird, einstimmig angenommen. Ferner wurde dem Voranschlage der Alterszulagenkasse der t E chullehrer die verfassungsmäßige Zustimmung er- theilt.

Der Landtag des Herzogthums Gotha hat in seiner Sizung vom 20. d. M. das Gesez über die Besol- dungen der Lehrer in der von der Kommission vor- geschlagenen Fassung, dur welche die Gehaltsskala erhöht wird, angenommen, dagegen die Artikel des Entwurfs, welche die Lehrerprüfung und die Kirchendienste betreffen, abgelehnt.

das Befinden Seiner Königlichen ausgeseßt

Schwarzburg-Rudolftadt.

_ Jhre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin haben sih von Schwarzburg nah Schneeberg in Krain begeben.

Oesterreich-Ungarn.

Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht eine Kaiserliche Verordnung vom 15. Juli, betreffend die Eröffnung von Nachtrags-Krediten zum Staatsvoranshlag und zum JInvestitions-Präliminare für das Jahr 1897.

In der gestrigen Sißung des ungarischen Unter- hauses stand der Antrag des Minister-Präsidenten Baron Banffy ar Verlängerung der Sißungen um eine Stunde auf der Tagesordnung. Der Minister-Präsident wiederholte seinen bereits am Tage zuvor gestellten Antrag :

' ju verlängern.

das Haus möge beschließen, die Sizungen um eine Stunde Der Abg. Kossuth erklärte: der Antra wecke nur die Ershöpfung der Opposition. Dies habe feinen Grund zu dieser Maßregelung gegeben; fie habe die Debatte auf einem Niveau E welches weit höher stehe, als das Niveau des Wiener Reichsrathes ; sie sei bemüht gewesen, die Diskussion auf dem Niveau der Objek- tivität zu erhalten, sie erfülle ihre Pfliht und mache von ihrem Rechte Gebrauch. Des weiteren erklärte der Redner, scine Partei lehne au die Zukervorlage ab, weil dieselbe nur Oesterreich zum Vortheil gereihe. Zum Schluß spra er si nochmals gegen den Antrag des Minister-Präsidenten aus und brachte einen Gegenantrag ein, wona die bisherige Sißungs- dauer beibehalten werden soll. Der Abg. Molnar E S- partei) erklärte, der Antrag des Minister-Präsidenten sei nur ein Vorläufer der Cloture, er lehne denselben im Namen seiner Partei ab und beantrage Uebergang zur Tagesordnung. Der Abg. Graf Apponyi hielt die Vorlage nicht für geeignet zur Wiederherstellung der parlamentarischen Ordnung und rihtete in seiner Rede die Bitte an die Majorität, ihre Rechte muthvoll zu gebrauchen sowie zur iy des Landes alle kleinlichen Eitelkeiten aus dem Spiele zu lassen. Aus demselben Grunde möge auch die Regierung ihren Antrag fallen lassen. Der Abg. Graf Stephan Tisza wies darauf hin, daß der Antrag auf Verlängerung der Sißungen {hon öfter angenommen worden sei und daß die Majorität ebenso sehr unter einer solhen Verlängerung zu leiden habe, da sie für die Beschlußfähigkeit des Hauses sorgen müsse. Er erkenne die Berechtigung eines Kompromisses an, hier sei aber nur von einem Handel die Rede. „Wenn dieser Handel zu stande kommt, werden Sie alle gegen uns erhobenen Anklagen fallen lassen.“ Der Weg der Opposition führe zum Konkurs des Parlaments. Die Opposition könne wählen, habe aber auc die Verantwortung zu tragen. Wenn sie ih für die Obstruktion erkläre, werde die Majorität mit An- spannung aller Kräfte für die Vertheidigung des Parlaments eintreten. - Der Abg. Graf Apponyi erwiderte darauf : was das Vorgehen der Opposition betreffe, so übernehme er mit Stolz die Verantwortung und erkläre sich mit ihrem bisherigen Verhalten vollständig solidarisch.

Großbritannien und Frland.

Der frühere Staatssekretär des Jnnern Mundella is gestern Nachmittag gestorben. :

Das „Reuter she Bureau“ erfährt, der britische Bot- schafter in Washington Sir J. Pauncefote, der sih zur Zeit in London auf Urlaub befinde, habe mit dem Staatssekretär Sherman vor seiner Abreise von Washington eine Unter- redung über die Frage des Abschlusses eines neuen Schiedsvertrags zwishen Großbritannien und den Vereinigten Staaten gehabt. Die Verhandlungen würden im Oktober, nah der Rückkehr des Botschafters auf seinen Posten, wieder aufgenommen werden. Man glaube, die Konferenz der Sachverständigen für den Robben- fang im Bering-Meer und der Vertreter Groß- britanniens, Canadas und der Vereinigten Staaten werde Anfang Oktober in Washington zusammentreten.

Frankreich,

Der Präsident Faure ist heute früh 8 Uhr von Paris

nah Havre abgereist. O nt versichert, der Senator Magnin werde infolge des Senatsbeschlusses, betreffend die Erneuerung der Privilegien der Bank von Frankreich, auf sein Amt als Gou- nerneur der Bank verzichten, um sich aus\hließlich der Er- füllung seines Mandats als Senator zu widmen. Sein Nachfolger werde Labeyrin, der Gouverneur des „Crédit foncier“, sein.

Die Panama-Kommission hat beschlossen, die mit der Vernehmung von Cornelius Herz beauftragte Abordnung solle während der Parlamentsferien versammelt bleiben, um die Aften zu prüfen.

Ftalien.

Der König und die Königin von Jtalien werden, wie „W. T. B.“ aus Rom meldet, einer Einladung des Deutschen Kaisers folgend, am 3. September in Hom- burg v. d. Höhe eintreffen, um den großen Manövern béei- zuwohnen.

Türkei. -

_ Das Jrade, welches die Regelung der tür kisch - griechischen Grenzfrage sanktioniert, ist, wie D D aus Konstantinopel meldet, gestern erschienen. Nach einer der „Times“ zugegangenen Meldung würden darin indessen einige Vorbehalte gemacht.

Aus Kanea meldet die „Agence Havas“, daß die Admirale die Strafe der Deportation nah Benghazi auf alle diejenigen mohamedanischen Gefangenen ausgedehnt hätten, die fich wegen Verbrechen gegen das Eigenthum oder das Leben der Einwohner in Kanea in Haft befänden. Neunhundert Aufständishe aus Sphakia seien auf dem Marsch nah Rethymon.

Dänemark.

Wie die „Nationaltidende“ berihtet, würden anläßlich des Geburtstages der Königin am 7. September die Kaiserin- Wittwe von Rußland, die Prinzessin von Wales, der Herzog von Cumberland und der König von Griechenland in Kopen- hagen eintreffen. Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland würden in diesem Jahre wahrscheinlich niht dorthin kommen.

Amerika.

Der Senat beendete gestern, wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, die Lesung des Berichts über die Ta rif-Bill. Die Abstimmung über die Bill wird voraus- sihtlich am Freitag stattfinden.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (27.) Sißung des Herrenhauses, welcher der Minister des Jnnern Freiherr von der Recke beiwohnte, theilte der Präsident Fürst zu Wied zunächst mit, daß am 2. Zuli der Erbmarschall in Kurhessen Riedesel Freiherr zu Eisenbah und am 11. Juli Graf von dem

Bussche-Jppenburg genannt von Kessell gestorben : Das Haus éhrte ihr Andenken in der üblichen Weije. s

n Antrag der Ober-Staatsanwaltschaft in Naumburg a. S., der Strafverfolgung des in Magdeburg erscheinenden Blattes „Volksstimme“ wegen eines beleidigenden Artikels die Zustimmung zu ertheilen, wurde der Geschäftsordnungs-Kom- mission überwiesen.

Den einzigen Gegenstand der Tagesordnung bildete die zweite Abstimmung über den Geseßentwurf zur Er-

änzung und Abänderung von Bestimmungen über ee ne néTn KhIN Ub Pereine

Nach § 62 der Geschäftsordnung findet bei einer zweiten Abstimmung eine Diskussion - nicht statt.

Auf Äntrag des Freiherrn von Manteuffel wurde über das Geseh im Ganzen namentlich abgeftimmt. Die Annahme erfolgte mit 112 gegen 19 Stimmen. Gegen die Beshlússe des Hauses vom 30. Juni stimmten die Polen von Brzeski und von Koscielski, der Ver- treter der Universität Berlin, Professor Dr. Hinschius und die Ober - B Dr. Adolph f iren jd d D, Beker-Köln, ender-Breslau, Bleek-Minden, Bödcher- Halberstadt, Büchtemann - Görli, Fuß - Kiel, Hoff- mann - Königsberg, Dr. Kohli - Thorn, Oertel - Liegnig, Dr. Schmidt - Erfurt, Schustehrus - Nordhausen, Wegner- Barmen, Zelle-Berlin, der Stadtdirektor Tramm-Hannover und der Bürgermeister Hammer-Brandenburg a. H.

Damit war die Tagesordnung erledigt.

Schluß 12%, Uhr. Nächste Sißung unbestimmt.

Nr. 29 der „Ver öffentlihungen des Kaiserlichen Ge- fundheitsamts*" vom 21. Juli hat folgenden Inhalt: Gesund- beitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. Desgl. gegen Gelbfieber. Gesundheitswesen im Neg.-Bez. Oppeln, 1892/94. Infektionskrankheiten in Oesterreich, 1896. Gesetzgebung u. s. w. (Deutsches Reich.) Leichenpäfse. (Preußen.) Lysol. (Reg.-Bez. Frankfurt.) Fleisch nothgeschlachteter und kranker Thiere. (Oesterreih. Niederssterreih.) Schweißfieber. (Kärnten.) Blennorrhoe der Neugeborenen. (Krain.) Gast- häuser 2c. (Belgien.) Dünger- und Futterstoffe. (Rußland.) Medikamente. Wein. (Deuts - Südwest- afrika.) Rinderpest. Gang der Thierseuhen. Rinderpest und fibirische Lest in Rußland, 1. Vierteljahr. Rinderpest in Deuts - Südwestafrika. Desgl. in Süd - Afrika. Zeit- weilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Oesterreich, Egypten, Deutsh-Südwestafrika.) Verhandlungen von geseßgebenden Körper- schaften. (Preußen.) Heilquellèenshuzg. Vermischtes. (Groß- britannien.) Beschlagnahme von Thierkadavern, 1893/94. (Kap- land.) Sterblichkeit, 1895. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutshen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutsher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. Witterung. unmoa ea und Boden- wärme in Berlin und München, Juni. eilage: Gerichtliche Entscheidungen zum Nahrungsmittelgeseg (Wein, andere Spirituosen)

Arbeiterbewegung.

In Torgelow im Regierungsbezirk Stettin haben sämmtliche Maurer, ettoa 60 bis 75 an der Zahl, am Dienstag wegen Lohn- \treites die Arbeit niedergelegt. Den Anlaß dazu gab, wie dem „Paf. Anz.“ geschrieben wird, hauptsählih der Accord für die inneren Puß- arbeiten. Bisher erhielten die Maurer für das Quadratmeter 15 s, und sie verlangen jet 17S, während die Arbeitgeber nur 16 4 be- willigen wollen.

Hier in Berlin haben, wie die Berliner „Volks-Ztg." berichtet, die Buchbin der beschlossen, eine neue Aus\standsordnung einzuführen und ihre allgemeine Einführung dur den Zentralverband deutscher Buchbinder zu beantragen. Nah der neuen Ordnung foll die Zu- stimmung des Vorstands zu sämmtlichen Lohnbewegungen erforder- lih sein. Allgemeine Ausstände müssen aht Wochen vorher dem Zentralvorstand angezeigt werden.

In Wien i der Ausstand der Stockdrechsler, der bei einigen Firmen u war, nach einer Dauer von sechs Wochen beendet worden. Nach dem Bericht des „Vorwärts“ sollen die Forderungen der Arbeiter bewilligt worden sein.

In Graz befinden sich nah demselben Blatt 200 Gerber wegen Lohnstreites, und die Huf- und Wagenschmiede, welche Kost und Wohnung außerhalb der Wohnung des Meisters haben

wollen, im Ausstande.

Aus London berichtet die „A. K.“ zum Ausstande der englishen Maschinenbauer weiter: Der allge- meine Gewerkverein der Maschinenbauer hat eine Bekannt- machung veröffentliht, der zufolge 18000 Maschinenbauer und wahrscheinli ebenso viel Arbeiter von den verwandten In- dustrien infolge des Ausftandes und der Arbeitssperre gegenwärtig außer Arbeit sind. Während der leßten Woche haben 15 Londoner Fabrikanten, welhe zusammen 1000 Arbeiter beschäftigen, den acht- stündigen Arbeitstag zugestanden. 6 Firmen in Halifax, 1 in Leeds, 2 in London und 1 in Belfast haben die Lene Arbeits\perre aufgehoten. Der Widerstand der Telegraphen-Beamten gegen das General-Postamt wegen s{lechter Bezahlung, s{chlechter Be- förderung und der Forderung von Ueberstundenarbeit hat jeßt ret ernste Formen angenommen. Zunächst handelt es ih um die Frage der Ueberstunden. Der Des von Norfolk hat letztere als obligatorisch erklärt, die Telegraphenbeamten find andererseits der Ansicht, daß die Befreiung von den Ueberstunden der Erledigung aller anderen Beschwerdepunkte voraufgehen muß. Sie haben im ganzen Lande die Stimmen gesammelt und von der

roßen Mehrheit der Beamten die Meldung erhalten, daß fie ent- eloñea find, \sich der Zwangsmaßregel zu widerseßen. Natürlich ist die allgemeinste Zustimmung aus den großen Städten erfolgt, in London stimmten 94%, in Liverpool 850% dafür, aber auh im Dur@schnitt \timmten noch annähernd 75% den Widerstand, und der Rest wverpflihtete #fsch,

als Stellvertreter Dienste zu thun. Wenn der Herzog von N

nun keine andere Entscheidung treffen sollte, wird am nähsten Montag die Verweigerung der Ueberstunden in Kraft treten. Die gestern bier in London abgehaltene Versammlung der Vereinigung der Telegraphen-Beamten hat einstimmig eine Resolution angenommen, in welcher sie die leßte Entscheidung des General - Postmeisters, däß die Ueberstunden obligatorisch seien, für einen Kontraktsbruch erklärt und dem Comité Weisung giebt, dieser Beschränkung der persönlichen Freiheit auf das äußerste Widerstand zu leisten.

Aus Brüssel wird der „Köln. Ztg." zum Ausstande der Bergarbeiter im Borinage geschrieben: Etwa 1000 Arbeiter sind am Dienstag im Borinage wieder angefahren, sodaß man mit der vierten Woche auch die Beendigung des Aus|\tandes erwarten kann. Die Leute E vielfa die Zechen, theils um einen günstigen Augenblick zum Anfahren abzuwarten, theils leider auch, um die Anfahrenden abzu- halten. So sind gestern an mehreren Punkten Arbeitéstörungen vor- gekommen, wobei die Gendarmerie eingreifen mußte. Der Bürger- meister von Hornu hat Versammlungen im Freien untersagt.

Kunft und Wissenschaft.

Unter dem Titel: 407 1A IHZ0Y, Sayings of Our Lord dis- covered and edited by Bernhard B. Grenfell and Arthur s, Hunt (London, Henry Frowde 1897) ift soeben ein Papyrusblatt veröffentliht worden, das bei der diesjährigen Arbeit des Egypt Exploration Fund ¿u Tage kam. Ueber diesen Papyrus, welcher in Behnesa, an der Stätte des alten Oxyrhynchos, gefunden wurde und die sogenannten „Aussprüche Jesu“ enthält, wie solche, frühzeitig gesammelt, auch den älteren Evangelien zu Grunde gelegt worden

nd, berichtet E. Nestle im „Schwäbishen Merkur“ : Zwei Tafeln p GCollotypie zeigen sein Aussehen; es enthält auf beiden Seiten zusammen nur 42 Linien, aber sieben Aussprühe Jesu, von denen mehrere, soweit man bis jegt weiß, völlig neu sind. Die erste Seite beginnt mit der griehishen Ziffer 11, sodaß das Blatt entweder das 11. Blatt oder der Anfang der 11. Lage (des 11. Bogens) eines Papyrusbuhes war, das zwischen den Jahren 150 und 300, wahrscheinlich näher bei 200 als bei 300, geschrieben worden scin mag. Der erste Spruch \limmi wörtlich mit den legten Worten von Ev. Luk. 6, 42: „und dann wirst du sehen, um den Splitter im Auge deines Bruders aus- zuwerfen“. Daran \chließt \sich unmittelbar: Es s\priht Jesus: Wenn ihr niht in der Welt fastet (entsaget, »yorevanre roy 100110», ein eigenthümlTiher Ausdruck), werdet ihr das Reih Gottes niht finden, und wenn ihr niht den Sabbat feiert (wahrhaft Sabbat haltet, oaßfaronre 7o oaßfarov), werdet ihr den Vater nit fehen. Das dritte Wort lautet: Es spriht Jesus: Ich stand inmitten der Welt, und im Fleisch erschien ih ihnen und fand alle trunken, und keinen Durstenden fand ih unter ihnen, und befümmert ist meine Seele (rove: 9 doxn ov) über die Menschenkinder, daß fie blind find in ihrem Herzen. Vom 4. Wort sind nur wenige Buchstaben übrig, au das 5. ist so sehr verstümmelt, daß sein Wortlaut im einzelnen noch nit ganz sicher festgestellt ist : Es spriht Jesus: „wo .. sind . , .. und (nur) einer ist, da bin ih bei ihm. Hebe den Stein und du wirst mich finden, spalte das Holz und da bin ih“. Die Hälfte erinnert an Ev. Matth. 18, 20, vor allem an die Form, in welcher dieser Spruch bei dem Syrer Ephräm nach Tatian überliefert ist, bei dem es ausdrüdlih heißt: wo einer ist; die zweite Hälfte flingt an einen Spruch an, der bei Epiphanius überliefert it: I hin du und du bist ih: wo du bist, bin au ich; in allem bin ich zer- \treut ; von wo du willst, sammelst du mih, und wenn du mich sammelst, sammelt du dih. Der 6. Spruch is wieder theilweise bekannt: Es spriht Jesus: Kein Prophet i angenehm in seinem Vaterland, und kein Arzt nimmt Heilungen vor an seinen Bekannten. Bei dieser Fassung i} das Wort an- genehm (Fexros) wichtig, das sih nur bei Luk. 4, 24, nicht bei Matth., Mark. oder Joh. findet. Zur zweiten Hälfte ist lehrreih, daß au in unseren Evangelien in eben diesem Zusammenhang vom Arzte die Rede is (Arzt, hilf dir felbst). Das 7. Wort: Es srriht Jesus : Eine Stadt, gebaut auf die Spiye eines hohen Berges und befestigt (coryoyue»n), kann weder fallen noch verborgen bleiben. Von einem achten Wort sind nur noch ein paar Buchstaben sichtbar. Neben dem Verdienst, das Blatt entziffert und so ras heraus- gegeben zu haben, erwarben sich die Herausgeber das weitere, in thren Erörterungen über Herkunft und Tragweite des Blattes zwar die verschiedenen in Betracht kommenden Möglichkeiten ins Auge gefaßt (Sa evange un, gnostisches Werk), aber die Entscheidung ausgeseßt zu haben. Noch sei bemerkt, daß von der Fundstätte, Behnesa (120 englishe Meilen füdlich von Kairo, das alte Oryrhynchos, Hauptstadt des 19. Gaus), 150 voll- ständige Papyrusrollen an die egyptisheRegierung, 280 Kisten Papyri, meist Griehisch, aber auch Lateinish, Koptish, Arabish, na London tamen. Es ist der größte Handschriftenfund, der je gemaht wurde.

_ Auf dem sogenannten Halserriegel, etwa zehn Minuten von der Stadt Baden (bei Wien) entfernt, wurden, wie die „Neue freie Frese meldet, die Spuren einer ausgedehnten vorgeschichtlichen Wohnstätte aufgefunden, die sich über einen Umkreis von acht Kilometern erstreckt. Die verhältnißmäßig zahlreichen ume, unter denen die Steinmafsen und Werkzeuge besonders durch ihr {önes und werthvolles Material bemerkenswerth sind, sowie die große räumliche Ausdehnung gestatten den Schluß, daß hier die Spuren einer der größten und bedeutendsten Siedelungen der vorgeshihtlihen Zeit in Niederösterreih aufgefunden worden sind. Außer \{chönen, seltenen Waffen und Werkzeugstücken aus Jaspis, Milchopal, Karneol und verschiedenen farbigen Feuersteinen fanden ih auch Fragmente von Schmuekketten aus Bernsteinperlen, Bronzefragmente, Bein- werkzeuge und zahlreihe Gefäßbruchstücke, Thonidole (Gößenbilder), Reib- und Mahlsteine, sowie eine Menge von Nucleen aus Halb- edel- und Feuersteinen. Die Siedelung muß durch lange B der primitiven Kulturentwicckelung benußt worden sein, denn die Funde umfassen den ganzen Zeitraum von der paläolithishen Periode (ältere Steinzeit) bis zur Nömerzeit in Niederösterreih. Von den römischen Funden is besonders ein Gemmenbruchstück mit der Darstellung eines schreitenden Mars von Interesse, als das einzige in seiner Art, das bisher in Baden gefunden wurde. Bruchstüke von rômischen Gefäßen, Thonlampen und von Glasgefäßen, sowie Münzen und Bronzetheile, darunter ein merkwürdiges Shmuckstück, wurden in G Ps Anzahl gesammelt. Die Funde wurden dem städtischen Rollet-Museum übermittelt, wo Dr. Hermann Rollet bereits zwei kleine Schaukästen mit den Funden aufgestellt hat. Einige Prachtstücke von Pfeilen, Messern, Scabern, Ptriemen, eine kleine Säge aus Jaspis, sowie die Bernsteinshmuckperlen und ein Theil der Beinwerkzeuge, die Münzen und Bronzen aus der Römerzeit befinden sh im Besiße des Entdeckers der Stedelung, des Historien- malers Mayerhofer in Baden. Das Material dürfte durch Gra- u en, die im Herbst erfolgen sollen, noch eine weitere Bereicherung erfahren.

In einem zu dem Gute Brouczyn im russis{ch-polnischen Kreise Kal if ch gehörigen Walde wurde fürzlih ein ziemlih großes Thon- gefäß ausgegraben, in welhem fich eine bedeutende Menge Silber - münzen aus dem Ende des X. und dem Anfang des XI. Jahr- hunderts befand. Die Münzen sind, wie die „Lodz. Ztg.“ nah polnischen Blättern berichtet, vortrefflich erhalten. Neben den Münzen befanden \ich einige Silberbarren. Im Ganzen waren 8 Pfund Silber vorhanden. Unter den Münzen befinden fih pracht- volle Exemplare aus der Zeit Heinrih's von Bayern, englische aus der Zeit Kanut's und Ethelred?s, czechische aus der Zeit Boleslaw?’s 1., IT, und 11IL, sowie aus der Zeit Üdalrich's, Bernhard's von Sachsen, der deutshen Kaiser Otto 2c. Endlich enthielt der Topf auch einige {silberne Galanteriegegenstände arabi scher Arbeit.

Literatur.

Buch der Erfindungen, Gewerbe

und Inu Len Gesammtdarstellung aller Gebiete der gewerblihen und industriellen Arbeit sowie von Weltverkehr und Weltwirthschaft. Neunte, durch-

aus neugestältete Auflage. Vollständig in 10 Bänden, Preis: geheftet je 8 4, gebunden je 10 «4 Auch in 160 Heften zu je 90 S, oder in 400 wöchentlich ersheineuden Lieferungen zu je 20 „F beziehbar. Leipzig Otto S pamer. Der neu erschie- nene vierte Band des Werks umfaßt das weite Gebiet der Land- wirths{haft und der landwirthshaftlihen Gewerbe und Asie also Aer- und Pflanzenbau, Viehzucht und Forstwirthschaft; ferner Müllerei , äckerei und Biskuitfabrikation, Zucker- und Stärkefabrikation, Bre nuerei und Brauerei, Wein- und Shaumwein- bereitung, Kakao- und Chokoladefabrikation und endlih die Tabalk- industrie. Hervorragende Fahmänner haben \ich vereinigt, um diese verschiedenen Zweige der Nahrungs- und Genußmittelindustrie zur Darstellung zu bringen ; leytere hält sih durhaus auf der Höhe der modernen Wissenschaft und Technik und is anregend und für jeder-

mann andt eshrieben. Der erste Hauptabschnitt, welcher von der Landwirthschaft mit ihren verschiedenen Nebenzweigen handelt, ift von Pro- fefsor Dr. Settegast, Direktor des Landwirthschaftlihen Instituts in Jena, verfaßt, während die einzelnen Abtheilungen der landwirth- schaftlihen Gewerbe und Industrien von Professor Dr. F. Ahrens in Breslau, Dr. H. W. Dahlen, General-Sekretär des deutschen Weinbauvereins in Wiesbaden, und anderen namhaften Fachgelehrten bearbeitet sind. Um aus der Fülle des Gebotenen nur Einiges zu er- wähnen, sei hingewiesen auf die Kapitel über die Handels8gewächse (au die fremdländishen Gewürz- und Genußpflanzen umfassend), über die Verwerthung der Viehprodukte, ferner auf die Abschnitte über die Müllerei (nebst Reismüllerei und Oelfabrikation) und über das in der Neuzeit außerordentlih fortgeschrittene Bäkereigewerbe (mit ausführliher Darstellung des Großbetriebs und der Feldbätereien). In den Abschnitten über Bierbrauerei, Wein- und Schaumwein- bereitung, die Taback-IJndustrie sind die neuesten Erfindungen und Be berüdcksihtigt. Die illustrative Aus\tattung is noch reicher geworden als in der vorigen Auflage und durch eine Reihe tehnisch vorzüglih ausgefübrter Tafeln und Holzschnitte vermehrt.

Im Verlage von J. Neumann in Neudamm beginnt soeben zu erscheinen: „Geschichte der Weltliteratur nebst einer Geschhihte des Theaters aller Zeiten und Völker“, heraus- gegeben von Julius Hart (40 Lieferungen mit ca. 120 Druckbogen, 829 Abbildungen und 16 Tafeln in Farbendruck zum Preise von je 30 4). Dieses populäre Werk will ein fesselndes, lebensvolles Bild von der Entwickelung des mens{lihen Denkens und Empfindens geben, soweit \sich dieses in den Schriftwerken und vor allem in den poetishen Erzeugnissen aller Zeiten und Völker geäußert hat. Auf dem eigenen Studium der Dichter und Denker beruhend, will das Werk nicht ledigli eine Aufzählung von Namen und Daten bringen, sondern dur abgerundete, anregende Darstellungen in das innerste Verständniß der Literatur einer jeden wichtigeren Kultur- periode einführen und den Zusammenhang zwischen dem materiellen Leben wie vem ideellen Dihten und Denken darlegen und dieses aus jenem verstehen lehren. Den führenden Geistern der Literatur foll eine eingehendere Charakteristik gewidmet sein, sodaß sie plastisch aus dem Gesammtrahmen hervortreten. Ausgewählte Proben und Inhaltsangaben der hervorragendsten Werke sollen den Le mit einer Reihe ber \{önsten Dichtungen bekannt machen, ihn einen eigenen Einblick auch in die unzugäng- lieren Schäge der Weltliteratur gewinnen und 1h fo ein eigenes Urtheil bilden lassen. Ein besonderes Gewicht soll auf die Dar- stellung der Neuzeit und die Geschichte der deutschen Literatur gelegt werden; von den ersten Anfängen an will das Werk bis in die jüngste Gegenwart hineinführen, um fo auch den modernen Bestrebungen ge- recht werden zu können. Ferner soll dasselbe im Anschluß an die Geschichte des Dramas eine Uebersicht über die Entwickelung des Bübhnenwesens und der Schauspielkunst bieten. Besondere Hervorhebung verdient der außerordentlich reihe Bilderschmuck, welher durhweg nach Originalen hergestellt werden foll. Die ge erste Lieferung, welche sehr Via ausgestattet und mit drei Farbentafeln geziert ift, wird von der Verlagsbuhhandlung auf Verlangen unentgeltlich und postfrei versandt.

Ueber die Aufzucht der Raupe des Seidenspinners (Bombyx Mori L.) mit den Blättern der Schwarz- wurzel (Scorzonera hispanica L.) bei einer gleihmäßigen Tem- peratur von 18 bis 209 R. Ein Beitrag zur Lösung der Seidenbau- frage in Mittel- und Nord-Europa von Dr. Udo Dammer, Kustos des Königlichen Botanischen Gartens in Berlin. Mit 6 Abbildungen. Frankfurt a. O., Trowißsch u. Sohn, Königliche Hof-Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlung. (Preis 50 4.) Der Verfasser hat während eines längeren Aufenthalts in St. Petersburg die Frage der Er- nährung der Seidenraupe mit den Blättern der Schwarzwurzel ein- gehend studiert und veröffentliht das Resultat seiner Studien in obiger Broschüre. Sollte es wirkli gelingen, den in unseren Gegenden {wer fortkfommenden Maulbeerbaum durch die überall leiht anzubauende Schwarzwurzel zu erseßen, so würde sich für die Seidenfabrikation des Nordens eine aus\fichtsreihe Zukunft eröffnen. Denn wenn sich die Versuche praktish bewähren, dann könnte endlih das Ziel erreicht werden, welches Friedrich der Große bereits anstrebte, und die Millionen, welche jeßt für Seide ins Ausland fließen, würden im Lande bleiben und könnten gerade denjenigen zu gute kommen, weldje jeßt zu den wirthshaftlih Shhwächsten gehören. Es wird darauf an- kommen, praktishe Versuhe im Großen mit der Aufzucht einer acclimatisierten Seidenraupenart anzustellen, und der Verfasser hofft, daß eine \taatlihe Anstalt sih dazu bereit finden werde. -

Der „Häusliche Rathgeber“ bringt in seiner Nr. 27 eine Auétwahl geschmackvoller Modelle für Frauen- und Kindergarde- robe nebst Schnittmufterbogen und Erklärung zur Anfertigung. Ein Artikel über das „Bergsteigen“ enthält praktische und behberzigens- werthe Winke für diesen Höhensport. Jn Nr. 28 weist Anna von Strande unter dem Titel „Sicheres Brot“ auf rentable Erwerbs- quellen für Frauen und Töchter hin. Eine Betrachtung von J. von S. über Wasservergnügungen“ bietet Rathschläge für Baden, Schwim- men, Kahnfahren und Angeln. Die „Arbeits\tube“ bringt eine Reihe kleinerer Handarbeiten, welhe von den Damen bei ihrem Aufenthalt im Freien leiht angefertigt werden können. Die Küchenrezepte, be- sonders die für kühlende Speisen und Getränke, dürften den Haus- frauen zur jeßigen Jahreszeit willkommen fein. Die illuftrierte Bei- lage „Für unsere Kleinen“ bietet wiederum ansprehende Gaben zur Anregung für Gemüth und Phantasie der Kinder. Probenummern des Blattes (Pr. vierteljährlih 1 ( 40 4) sind gratis und franko jederzeit erhältlih vom Verlage Robert Schneeweiß, Berlin W., Elßhol;straße 18.

Land- und Forstwirthschaft.

Saatenstand in Ungarn.

Nach den bei dem ungarischen Ackerbau-Minifterium eingelaufenen Berichten war, wie die „Wiener-Ztg.“ meldet, der Saatenstand am 15. d. M. folgender: Im laufenden Jahre herrschte seit Beginn des Frühlings ein sehr veränderlihes Wetter. Auch während der Ernte, namentlich am 1. und 4. d. M., waren bedeutende Elementar-Ereignisse eingetreten, welche die Berehnungen der Oekonomen an zahlreichen Orten und besonders dort, wo das Ge- treide noh nicht in Garben stand, in ungünstiger Weise kreuzten. Das Ungewitter am 4. d. M., der Sturm und Hagel an diesem Tage haben einen ziemlihen Theil der Ernte geschädigt und stellenweise gänzlich vernihtet. Aus diesem Grunde haben sich die Ertragsaussfichten überall dort, wo dieser Orkan herrschte, verringert, und da auch die Hitze hauptsächlih vor diesem Orkan eine

roße war, erlitt das Getreide auch qualitativ einen fühlbaren Schaden. Auf Hackfrüchte, Weingärten und Gartengewächse haben die Regen eine gute Wirkung ausgeübt. Die Erntearbeiten sind im allgemeinen in einem großen Theile des Landes im Zuge, do verlaufen die Arbeiten lang- famer als gewöhnlih. Stellenweise, namentlich im dp: Fir wurden {hon Weizen und Roggen und theilweise auch Gerste abgeerntet und ift der Drush in vollem Gange. In einzelnen Theilen rets und links von der Donau hat der Probedrusch gleichfalls {on stattgefunden, stellenweise auch in der Theißgegend. Das Resultat i} sehr vershieden. In Betreff des Arrnos neigt sich die Ernte eher zu klein - mittel als zu ordentli - mittel. Dasselbe gilt au in Bezug auf die Qualität: es giebt bedeutend weniger Getreide guter als mittlerer und {chwachch-mittlerer Qualität. Das gilt beson- ders vom Alföld, wo ganz shwacher Weizen im Gewichte von 68 bis 74 kg und Roggen von 66 bis 68 kg in ziem- liher Menge vorkommen. Neben häufig vorkommenden fehler- haften, kleinen und gedrückten Körnern giebt es auch Getreide von Qualität, doch kommt das leßtere nur dort

ziemlicher, ja guter ; vor, wo das Getreide sh nicht r: nämlich in sfandigem

und s{hwächerem Boden. Auch Gerste litt infolge der Hitze und des Orkans vielen Schaden. Da jedo der Drusch derselben noh nit begonnen hat, kann man über die Qualität noch kein Urtheil fällen ; so viel aber ist sier, daß neben sehr s{öner erportfähiger Gerste in einzelnen Gegenden genug schwache, gedrückte und kleinkörnige Gerste

* sheinlih

vorkommen wird. Hafer steht unter allen Getreidearten am bester. Die Qualität if zum groben Theile zufriedenstellend. Die mit Weizen bebaute E etrug im Jahre 1896 5 515 451 Katastral- joch. Die im laufenden Jahre abgeerntete Fläche kann auf höchstens 5239 000 Katastraljoch geshäßt werden. Da nun nahAbzug derElementar- \häden der Durhscnittsertrag per Katastraljoh zwischen 5 und 6 Meter- Zentnern s{chwankt, beiläufig 5,47 Meter-Zentner beträgt, \{chwankt der Weizenertrag zwischen 28 und 29 Millionen Meter-Zentner. Die mit Roggen bebaute Fläche wird nach Abzug der Elementar-Schäden auf 1 749 000 Kataftraljoh geshäßt. Das zu erwartende Resultat ist beiläufig sechs Meter-Zentner per Katastraljoh, der Ertrag daher etwas besser als der des Weizens. Als Gesammtresultat sind 10,3 Millionen Meter-Zentner Roggen von genug guter Qualität zu erwarten. Die mit Gerste bebaute Flähe kann nah Abzug der Elementar-Schäden auf 1 608 563 Katastraljoh geschäßt werden. Das zu erwartende Resultat per Katastraljoch ist 5,8 Meter-Zentner, das zu erwartende Gesammtresultat annähernd 9350 000 Meter-Zentner. Nuch Gerste ist an sehr vielen Orten gedrückt, kleinkörnig und von leichter Qualität; die Resultate des Probedrushes sind, wie bei Weizen und Roggen, sehr verschieden und erreichen nur selten hauptsächlih quantitativ den vorjährigen Ertrag. Hafer, welcher den shädlihen Wettereinfluß noch am besten aushielt, zeigt auch im allgemeinen einen Rückfall. Die Ertragéaussichten sind um 10s °/o gesunken. Das mit Hafer bebaute Areal wird auf 1 516 700 Katastraljoh ge\{chäßt ; der erwartbare Ertrag is per Katastraljoh 5,76 Meter-Zentner und insgesammt 8 700 000 Meter-Zentner. Hafer verspriht unter allen Getreidearten das beste Resultat. Die Druschproben des Rapses entsprahen nur an fehr wenigen Orten den Hoffnungen; der Ertrag ist im allgemeinen {wach mittel sowohl qualitativ als quantitativ, wobei es sedoch auch Ausnahmen giebt. Die Entwickelung des Mais ist ziemlih normal und verspricht im allgemeinen einen Mittelertrag. Die Rüben entwickeln \fih im allgemeinen gut. Erdäpfel leiden an mehreren Orten durch die Peronospora und faulen; der Ertrag dürfte daher im allgemeinen nicht den gehegten Erwartungen ent- \sprehen. Der Ertrag des Kunstfutters war zu drei Vierttheilen gut und fehr gut. Der Grummetertrag war zum großen Theil zu- friedenstellend.

Im Jahre 1896 war der Ertrag an Weizen 38 006 264 Meter- Zentner, an Roggen 13 470 051 Meter-Zentner, an Gerste 12 905 469 Meter-Zentner, an Hafer 10 970 585 Meter- Zentner. Am 1. Juli d. J. wurde der Weizen-Ertrag auf 32 536 956 Meter-Zentner, der Roggen-Ertrag auf 11 435 898 Meter-Zentner, der E, auf 10 590 692 Meter-Zentner und der Hafer-Ertrag auf 9 767 880 Meter- Zentner geschätßt.

Saatenstand in Norwegen.

Die Frübjahrsausfaat ist überall beendigt; die Ernteaut sichten sind durHgehends gut; das Wetter war trocken und warm.

Saatenstand in Dänemark.

Die anhaltende Dürre im Juni und zu Anfang Juli hat die Entwickelung der Saaten beeinträchtigt und die guten Ernteausfihten wesentlih verringert. Die in legter Zeit fast überall im Lande ge- fallenen reihlihen Niederschläge dürften jedoh in Bâälde ihren günstigen Einfluß auf das weitere Wachsthum der Winter- und Sommersaaten geltend mahen. Von ersteren nähert sich der Roggen stark seiner Reife, sodaß dessen Ernte in nächster Zeit ihren Anfang nehmen wird.

Am meisten gelitten dur die Trokenheit haben anscheinend die Weiden, namentlich auf den Inseln. Das Gras f\teht dünn und \pärlih und bedarf zu seiner gedeihlihen Entroickelung nohch reichlicher Niederschläge, die mit Sehnsucht erwartet werden.

Die Kleeheu-Ernte ist nunmehr überall beendet, und der Ertrag iat E qualitativer wie in quantitativer Beziehung etwa einer

ittelernte.

Weizenernte in den Kolonien Australasiens im Jahre 1896/97. Das voraussihtlihe Ergebniß der Weizenernte in den Kolonien Australafiens stellt fih nah den neuern hierüber vorliegenden Nach- richten, wie folgt, dar :

Anbaufläche in 1000 ha

A

c 1, im Gänjzén auf 1 ha inks j, 1000 Tonnen. Neu-Süd-Wales . 351 705,6 247,8 Victoria ¿»5 696 284,3 190 Süd-Australien . . 393 158 75,3 Queensland .. . 14,23 1146 16,32 West-Australien . . 8 552 4,5

el E 30 1200 36 Neu-Seeland . 104,54 1729 181

usammen 1566,77 750,92 t

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Aus den „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ Nr. 29 vom 21. Juli. Pest.

Arabien. Mittheilungen vom 5. und 8. Juli zufolge, ist in Djeddah die Seuche nahezu erloschen, nachdem vom 28. Juni bis 4. Juli noch 6 Personen gestorben waren; unter den Pilgern auf Abu Saad und Vasta sind einzelne Erkrankungen vorgekommen. Im Lazareth von El-Tor wurden außer den zwei Fällen auf dem Schibbin noch 1 weitere, tödtlich verlaufende Erkranïung unter den an Bord gebrachten Passagieren dieses Schiffes, sowie je 1 Fall auf den daselbst eingelaufenen Schiffen „Galatea“ und „Magnet“ und 2 Fälle auf dem Dampfer „Rahmanieh* festgestelt. Sämmtliche in Yambo versammelten rückehrenden Pilger waren in El-Tor eingetroffen, darunter 1300 mit der Bestimmung nach türkishen Häfen.

Cholera.

British-Ostindien. Kalkutta. Vom 6s. bis 12. Juni starben 38 Personen an Cholera, 3 an Pocken und 138 an Fiebern.

Fava. Laut Mittheilung vom 11. Juli ist die Küste der Ab- theilung Demak der Residentshaft Semarang verseucht.

Gelbfieber.

Nach einer Mittheilung vom 17. Juni is an Bord des Dampfers City of Para auf der Fahrt von Panama nach San Francisco 1 Erkeankung und 1 Todesfall vorgekommen.

Fn Rio de Janeiro wurden, nach den „Public health reports“, vom 16. bis 22. Mai 8, vom 23. bis 29. Mai 3 Todesfälle fest- gestellt, ferner auf Cuba in Havana vom 11. bis 17. Juni 40 Todes- fälle bei ungefähr 251 Neuerkrankungen, in Sagua la Grande vom 6. bis 12. uni 24 Neuerkrankungen, in Matanzas vom 3. bis 9, Juni 3 Todesfälle, in Panama waren vom 4. bis 15. Juni 2 Er- krankungen bekannt geworden.

Trichinose.

Preußen. Regierungsbezirk Marienwerder. In ModFer de Thorn, sowie in Thorn selbst erkrankten im Februar und März 1897 zahlreiche fh onen, welhe S{hweinefleis{hwaa ren aus Schlächterge|chäft in Mocker bezogen und genossen batten; dem ereignete ein Einzelfall in Dresden, welder den Genuß von Wurst gleiher Herkunft zurützuführen war. Im Ganzen sind 74 Fälle bekannt geworden, darunter dd în Moder und 18 in Thorn, doch ist die Zabl der thatsädlid Erkrankten wahr» rößer gewesen. Gestorden ist ein S&@läe@terledrling, der vermuthlih eine größere Menge roßes WurstKe®S zu fich genommen hatte, und eine andere Person in Mocker. Von den 74 Grkrankungert waren 36 Einzelfälle und 38 Gruppenerkrankungen, davon 2 t

13 Familien und 6 in einer Thorner Speifewirtbschaft. Jn den