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Vorsizenden der Veranlagungskommission Jhres Bezirks mit entsprehender Weisung versehen. Berlin, den 4. Juli 1897. Der Finanz-Minister. von Miquel. An die sämmtlichen Herren Vorsißenden der Einkommen- steuer-Berufungskommissionen.
Das Königliche Ober-Verwaltungsgericht hat in einem Er- kenntnisse vom 24. Mai d. J. dahin Entscheidung getroffen, daß ein Steuerpflichtiger, welcher Gehalt aus der preußischen Staats- kasse bezieht und von diesem Bezuge nah Z 2a des Ein- Fornentteuerdeieihs zur preußischen Einkommensteuer zu ver- g ist, von seinem Einkommen die in dem Z 9 Nr. 6 des Einkommensteuergeseßes genannten Kassenbeiträge in Abzug bringen darf, sofern die Verpflichtung zu der Entrichtung der Beiträge dur eine geseßliche oder anderweite rechtliche Vor- rift mit seinem Amte verbunden ist, der Beitritt zu der Kasse also niht von seinem freien Willen abgehangen hat.
Jndem a autzugsweise Abschrift des “ maus bey zu Jhrer Kenntnißnahme beifüge, ersuhe ih Sie, in Zukunft hiernach zu verfahren und auch die Vorsißenden der Ver- E S mit Weisung zu versehen. Der Artikel Nr. 3 der Anweisung vom 5. August 1891 wird dem Vorstehenden entsprehend abgeändert.
Berlin, den 22. Juli 1897.
Der Finanz-Minister. von Miquel. An die sämmtlichen Herren Vorsißenden der Einkommen- steuer-Berufungskommissionen.
Auszugsweise Abschrift aus dem Erkenntnisse des Königlichen Ober - Verwaltungégeridts, Sechsten Senats, vom 24. Mai 1897 (O.-V.-G. Nr. VI 2).
Im Namen des Königs 2c.
Das Einkommensteuergesez enthält eine ausdrückliche ershöpfende Bezeichnung derjenigen Abzüge niht, welhe bei der Feststellung des steuerpflihtigen Cinkommens der lediglich nah § 2 desselben zu ver- anlagenden Personen zuzulassen sind. Nur der 2. Absatz der Ziffer 2 des § 91 bestimmt, nahdem im 1. Absayÿ die Abzugsfähigkeit der Squldenzinsen und Renten ausgesprohen worden, daß, wenn sich die Besteuerung lediglih auf das im 8& 2 bezeichnete Einkommen crstreckt, nur die Zinsen older SGulden abzugéfähig sind, welhe auf den inländishen Einkommentquellen haften oder für deren Erwerb auf- genommen sind. Diese Bestimmung ift dann in Art. 24 Ziffer 5 der Aus- führangs8anweisung ohne weiteres au in Betreff der auf den inländischen Quellen haftenden Lasten (Ziffer 3 des §9 T) für anwendbar erflärt ; und die gleihe Ansicht ist in den Entscheidungen des Ober-Verwal- tungsgerihts V. Senat vom 2. Oktober 1893 und VI. Senat vom 16. November 1895 (Entscheidungen in Staatésteuersahen Band 11 cet N 107/116 und Band 1V Seiten 188/196) zum Ausdruck gebracht.
Hiermit is aber bei der beshränkten Besteuerung die Zulassung anderer Abzüge keineswegs völlig ausgeschlossen.
Die Abzugsfähigkeit der einzelnen im § 9 I aufgeführten fach- lichen Ausgaben ist davon abhängig, ob die Aufwendungen mit einer bestimmten Einkommentquelle in einem solhen sachlihen oder recht- lien Zusammenhange stehen, daß der Bezug des Einkommens daraus obne Tie betreffenden Aufwendungen oder die Entstehung der Ver- pflichtung zu den fraglichen Ausgaben niht möglich ift; von Rein- einkommen aus der betreffenden Quelle kann erst die Nede sein, nahdem die fraglihen Abzüge berüdsihtigt sind. Dahin gehören zunächst die in § 911 angeführten Aus- gaben, die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Ein- kommens verwendet werden, weiter die daselt zu Nr. 4 erwähnten direkten Staatssteuern u. |. w. Aus den glei@en inneren Gründen aber, wie insbesondere die zu Nr. 4 erwähnten Abgaben, gehören hierher auch die zu Nr. 6 angeführten, von dem Steuerpflichtigen zu entriätenden Beiträge ¿u Kranken-, Unfall-, Alters- und Invaliden- versiherungs-, Wittwen-, Waisen- und Pensionékassen, wenn eine Verpflichtung zur Entrichtung der fraglihen Beiträge dur eine geseßliche oder anderweite rechtlihe Vorschrift mit einer bestiramten Erwerbsthätigkeit, einem Amt oder dergleichen verbunden ift, der Beis- tritt zu der fraglichen Kasse also nit lediglih von dem freien Willen abhängt. Wenn eine solche, insbesondere also au eine von der zu- ständigen Dienstbehörde erlassene zwingende Vorschrift in Betreff der Zahlung der Kassenbeiträge besteht, so gelangt das Einkommen aus der fraglihen Quelle überhaupt niht in den Genuß des Bezugs- berehtigten ohne die gleihzeitige Entstehung der entsprehenden Bei- tragspfliht; dur dieje wird aljo auch jenes gemindert 2c.
(L. S.) (gez.) Fuisting.
Ministerium der geistlichen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten.
Königliche Friedrih-Wilhelms-Universität. Bekanntmachung.
Die Universität wird zur dankbaren Erinnerung an ihren erhabenen Stifter, König Friedrich Wilhelm ITL., am 3. August d. J., Mittags 12 Uhr, in der Aula eine Ge- dächtnißfeier begehen.
Die Eingeladenen werden ergebenst ersucht, die ihnen zu- gestellten Einlaßkarten am Eingang vorzuzeigen.
Berlin, den 27. Juli 1897.
Der Rektor der Universität. Brunner.
Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.
Die zum Geseh über den Waffengebrauch der orst- und SJagdbeamien vom 31. März 1837 (Geseß-Samml. S. 65) für die Königlichen Forst- und Jagdbeamten erlassene Jnftruktion vom 17. April 1837 (von Kampy, Annalen XXI S. 339) bestimmt in Art. 4, daß die Waffen gegen keinen schon auf der TIO befindlichen Frevler zu gebrauchen sind.
ehrfach vorgekommene Fälle, in denen fliehende Frevler während der Flucht Deckung gesucht und, ih plöglih gegen die sie verfolgenden Forst- und Jagdbeamten wendend, von ihren Schußwaffen Gebrauch gemacht und diese getödtet oder {wer verlegt haben, sowie die fortgeschritiene Technik in der Konstruktion der Schußwaffen, welche es den Frevlern ermögliht, auch während eiliger Flucht ein bereits abgeschossenes Gewehr mit Leichtigkeit wieder s{hußfertig zu machen, lassen es mir nicht angängig erscheinen, das unbedingte Verbot des Gebrauchs der Waffen gegen flichende Frevler noch weiter aufrecht zu erhalten. Í
Ferner erscheint es mir zweckmäßig, die im Art. 3 der Instruktion gegebene Einschränkung hinfichtlih der Art der zu- gelassenen Waffen zu beseitigen, insbesondere um dadurch den Forst- und Jagdbeamten die Möglichkeit zu gewähren, au von dem Revolver Gebrauch zu machen.
Mit Rücksicht hierauf wird der Art. 3 der genannten Jn- struktion aufgehoben und der Art. 4 derselben durch folgende Bestimmungen erseßt : : L
„Beim Gebrauch der Waffen müssen die Forst- und Jagd- beamten sih stets vergegenwärtigen, daß folher nur soweit stattfinden darf, als die Erfüllung des bestimmten Zwes, die Holz- oder Wilddiebe, oder die Forst- und Jagd- fontravenienten bei thätlihem Widerstande oder gefähr- lichen Drohungen unshädlich zu machen, es unerläßlih erfordert. Jn der Regel sind daher die Waffen nicht gegen fliehende Frevler zu gebrauchen. Legt indessen ein auf der Flucht befindlicher Frevler auf erfolgte Aufforderung die Schußwaffe nicht sofort ab, oder nimmt er ean wieder guf, und ist außerdem nah den besonderen Umständen des einzelnen Falls in dem Nichtablegen oder Wiederaufnehmen der Schußwaffe eine gegenwärtige, drohende Gefahr für Leib oder Leben des Forst- oder Jagdbeamten zu erblicken, so ist leßterer auch gegen den Fliehenden zum Gebrauch seiner
afen berechtigt. Jn jedem Falle sind die Waffen nur so zu gebrauchen, daß lebensgefährliche Verwundungen soviel als mögli vermieden werden. Deshalb is beim ebrauh der Schußwaffe der Shuß möglichst nah den Beinen zu richten und beim Gebrauch des Hirschfängers der Hieb nah den Armen des Gegners zu führen. Uebrigens muß beim Gebrauch der Schußwaffe die größte Vorsicht angewendet werden, damit durch das Scießen nicht dritte Personen verleßt werden, welhe ohne Theilnahme an einer Kontravention fi zufällig in der Schußlinie oder in deren Nähe befinden. In dieser Hinsicht ist besonders dann Aufmerksamkeit nöthig, wenn nah einer Richtung geschossen wird, in der si eine Landstraße, oder ein bewohntes Gebäude befindet. Auch ist der Gebrauch der Schußwaffe überhaupt in der Nähe von Gebäuden zur Verhütung von g fe möglichst zu vermeiden.“
Die Königliche Regierung wolle die Königlichen Forst- beamten des dortigen Bezirks hiervon in Kenntniß seßen und mit entsprechender Anweisung versehen, auch dafür Sorge tragen, daß die Abänderung der Vorschriften der Instruktion in geeigneter Weise eis bekannt gemacht wird.
Berlin, den 14. Juli 1897.
Der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten. Freiherr von Hammerstein.
An sämmtliche Königlichen Regierungen (aus\chließlich Aurich).
Die Oberför sterstelle Friedersdorf im Regierungs- bezirk Potsdam ist zum 1. Oktober d. J. anderweit zu besetzen.
Hauptverwaltung der Staatsschulden.
Bekanntmachung.
Bei der heute in Gegenwart eines Notars bewirkten Verloosf uns der für das laufende Jahr zu tilgenden Stamm - Aktien der Nied ershlesisch - Märkischen Eisenbahn sind die in der Anlage aufgeführten 2698 Stück gezogen worden. :
H E werden den Besißern mit der Aufforderung ge- ündigt,
den Fanaerag zugleih mit den Zinsen für das
2. Halbjahr 1897 vom 15. Dezember d. D 0 gegen Quittung und Rückgabe der Aktien sowie der dazu ge- hörigen Anweisungen zur Abhebung der Zinsscheine Reihe XT bei der Staatsschulden - Tilgungskasse hierselbst , Tauben- straße 29, zu erheben. Die Zahlung erfolgt von 9 Uhr Vor- mittags bis 1 Uhr Nachmittags, mit Ausshluß der Sonn- und Festtage und der leßten drei Geschäftstage jeden Monats. Die Einlösung geschicht auch bei den Regierungs - Haupt- fassen und in Frankfurt a. M. bei der Kreiskasse. Zu diesem Zweck können die Effekten einer dieser Kassen - schon vom 15. November d. J. ab eingereiht werden, welche sie der Staatéschulden-Tilgungskasse zur Prüfung vorzulegen hat und nach erfolgter eststellung die Auszahlung vom 15. Dezember d. J. ab bewirkt.
Vom 1. Januar 1898 ab hört die Verzinsung der gekündigten Dokumente auf.
Zuglei werden die bereits früher ausgeloosten, auf der Anlage verzeichneten, noch rückständigen Dokumente wiederholt und mit dem Bemerken aufgerufen, daß deren Ver- zinsung bereits mit dem 31. Dezember des Jahres ihrer Ver- loosung aufgehört hat.
Formulare zu den Quittungen werden von den oben be- zeichneten Kassen unentgeltlih verabfolgt. “
Berlin, den 1. Juli 1897.
Hauptverwaltung der Staatsschulden. von Hoffmann.
Bekanntmachung.
Königliche Tehnishe Hohschule zu A achen.
Im Winter - Semester 1897/98 beginnen die Imma- trifulationen am 1. Oktober, die Vorlesungen am 11. Oktober. Programme werden auf Erfuchen vom Sekretariat übersandt.
Nahen, ten 22. Juli 1897.
Der Nektor. Inte.
Angekommen:
Seine Excellenz der Staate- und Kriegs-Minister, General- Lieutenant von Goßler.
Abgereift:
Seine Excellenz der Staats-Minister und Minifter für Handel und Gewerbe Brefeld, nah der Schweiz;
der Unter-Staatssekretär im Ministerium für Handel und Gewerbe Lohmann, auf Urlaub.
Nichtamtlickes.
Deutsches Reih. Preußen. Berlin, 28. Juli.
Seine Majestät der Kaiser und König sind, wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, nah guter Fahrt heute Vor- mittaa an Bord der Yacht „Hohenzollern“ in Bergen eins getroffen.
Der hiesige Großherzoatlih hessishe Gesandte v Neidhardt hat Berlin mit längerem Urlaub oerlassen. E
Kiel, 27. Zuli. Der König von Siam traf heute Nach- mittag hier ein und hat durch den Nord-Ostsee-Kanal die Reise nah London fortgeseßt.
Mecklenburg-Strelit. Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist am Montag
nah längerem Aufenthalt in London wieder in Neustreliß eingetroffen.
Sachsen-Coburg-Gotha.
Der Landtag des Herzogthums Gotha hat in seiner vorgestrigen Sißzung die Vorlage, betreffend die Zuschüsse der Staatsfasse zu den Besoldungen der Geistlichen, angenommen. Danahth beträgt das den Pfarrern aus der Staatskasse ge- währleistete Einkommen vom 1. Oftober ab mindestens 1800 M und steigt von fünf zu fünf Jahren um je 300 bis 3600 M4; auch die Pensionsverhältnisse werden dur das
Gesetz geregelt. Lippe.
Der Landtag ist, wie der „Hann. Courier“ meldet, am Montag von Seiner Erlaucht dem Grafen Ernft zur Lippe-Biesterfeld, Regenten des ürstenthums, im Fürst- lichen Schlosse zu Detmold mit folgender Thronrede
eröffnet worden : Hochgeehrte S ogs
Ein für Mich und Mein Haus und, wie Ich hoffe, au für Mein geliebtes Stammland hocherfreuliches Ereigniß, die Beendigung des Thronstreites, führt Sie heute hier zusammen. Das unter dem Vorsigze Seiner Majestät des Königs von Sacfen gebildete Schieds- geriht hat in feinem am 22. Juni d. J. gefällten Schieds\pruche, welcher inzwischen seinem ganzen Wortlaute nah dur die Gesey- Sammlung veröffentlicht worden ist, Mein Recht auf die dereinstige Thronfolge und damit zuglei Mein Necht auf die Regentschaft im Fürstenthum Lippe in unanfechtbarer Weise anerkannt. Alsbald nah Zustellung dieses Schieds\pruches habe Ich durch Meinen Erlaß vom 9. d. M., welcher am 10, d. M DUrG Ab- druck in Nr. 16 des Geseyblattes zur allgemeinen Kenntniß gebraht worden is, auf Grund des Regentschaftsgeseßes vom 924. April 1895 die Regierung dieses Landes als Regent im Namen Seiner Durchlauht des Fürsten Karl Alexander angetreten. Das im § 8 desselben Geseßzes vorgesehene eidlihe Gelöbniß habe
am 21. d. M. mittels Untershreibens der die Eidesnorm ent- daltenden Eidesformel in Gegenwart des mit der Führung der Ministerialges{chäfte betrauten Beamten, des Vize - Präsidenten des Landtags, des Landgerichts - Präsidenten und des Direktors der Fidei- fommißverwaltung abgelegt. Die hierüber sprechende Urkunde wird Fknen noch heute dur Mein Kabinets-Ministerium zugeben.
Hochgeehrte Herren! Der mehrjährige Streit um die Thron- folge und Regentschaft hat nunmehr eadgültig seinen e funden. Es drängt Mich, dem Allmächtigen dafür au an dieser Stelle aus tiefftem Herzensgrunde Meinen demüthigen Dank dar- zubringen, zuglei aber Ihnen, meine Herren, es anerkennend auszusprechen, daß Ihrer sahlichen und festen Haltung in der Thronfolgefrage es niht zum Geringsten mit zu verdanken ist, daß Recht Recht geblieben ist, und daß wir wieder einer ruhigen Ent- widckelung der Verhältnisse entgegenfehen dürfen. Ich knüpfe hieran den Ausdruck der Hoffnung, daß fortan alle Zerwürsnisse, aller Zwie- spalt der Gemüther, aller Hader, welche der Thronfolgestreit erregt hat, aufhören und vergessen sein möge, und die infolge eerfelben ent- standenen Parteien sh zum gemetnsamen friedlichen Wirken für des Landes Wohl versöhnt die Hände ei D
Fm Hinblick auf die augenblicklich im Gange befindlichen Ernte- arbeiten, welhe, wie Ih annehme, die meisten ron Ihnen nah Hause zurückrufen, verzihte Ih für jeßt darauf, Ihre Zeit dur Gesezes- oder andere Vorlagen länger als unbedingt rothwendig in Anspruch zu nehmen. Ih will daher nur ncch das dringende Er- suchen an Sie richten: Seien Sie Mir behilflich, das eben angegebene Ziel zu erreichen. :
Oesterreich-Ungarn.
Wie die Wiener Blätter melden, haben in Kärnten die Gemeinden Spittal a. d. Drau und Seeboden und in Deutsh- Böhmen die Gemeinden Halbstadt, Kalsching, Weigensdorf, Dörnsdorf, _Kupferberg, Galtenhof, Ostrau, Alt- und Neuzedlich beschlossen, die Geschäfte in dem ihnen von der Regierung übertragenen Wirkungskreise einzustellen.
Zum 30. Juli Abends is}, einer Meldung des „L. T. B.“ aus Budapest zufolge, eine Konserenz der [liberalen Partei einberufen worden, in welcher der Minister-Prösident Baron Banffy- weitere Vorschläge zur Bekämpfung der Obstruktion machen und, wie verlautet, weitergehende Maß- regeln beantragen werde. :
Der in Karlowiy tagende serbishe Kirchenkongreb ist durch den Königlichen Kommissar Baron Nikolics sus- pen diert worden, weil der Kongreß die in dem Königlichen
Reskript vorgezeihnete Tagesordnung nicht annehmen, sondern -
cine andere Tagesordnung feststellen wollte.
Großbritanniez und Frland.
Das Oberhaus erledigte am Montag die Spezial- debatte über die Arbeiterunfalls- und Entschädigungsbill, nahm jedoch nur die von der Regierung genehmigten Abänderungen an. Jn der gestrigen Sißung erwiderte auf eine Anfrage Lord Lo h's, ob die Regierung Aenderungen in der Ver- waltung der Gebiete, welhe unter der Südafrika - Gesell- schaft ständen, beabsichtige, der Premier - Minister Marquis von Salisbury: Lord Loh habe aus der Rede des Staats- sekretärs für die Kolonien im Unterhause erschen können, daß es nicht beabsichtigt werde, der Gesellschaft den Freibrief zu entziehen, daß aber gewisse Aenderungen in demselben nöthig seien. Er könne nicht im voraus sagen, welche Maß- regeln ergriffen werden würden. Das Haus nahm sodann die dritte Lesung der Bill an, durh welche die Londoner Univerhita: in ein Lehrinstitut umgewandelt wird.
Im Unterhause bemerkte gestern der Parlamenits- Sekrctär des Aeußern Curzon, die Regierung habe 18 Madrid gegen die Verschiffung ausgewiesener Anarchisten na Liv :rpool Einspruch erhoben ; die spanische Regierung habe ihr Bedauern über die erfolgte Verschiffung von Anarchisten na Enaland ausgedrückt und versprochen, daß feine au® gewiesenen Anarchisten mehr nach England gesandt werder würden. Bei der Erörterung des Marinebudge!® erklärte der Erste Lord der Admiralität Goschen: Es bestehe die Absicht, den Bau der für dieses Jahr vorgesehenen Krieg schiffe zu beschleunigen; außerdem werde in einem Nachtras-Eta: eine halbe Million Pfund Sterling für weitere Schiffébaute® beanlragt werden. Er habe seiner Zeit gesagt, daß, wenn ander?
“
Mächte ihre Marinevoranschläge steigerten, Großbritanni®
sicher ihrem Beispiele folgen werde. Die Richtung anderer Länder ehe dahin, sehr starke, große Kreuzer zu bauen, die im lle eines Krieges die Verbindungen Großbritanniens bedrohen würden; Großbritannien müsse daher ebenso mächtige Kreuzer haben, um ihnen zu begegnen. Die fremden Nationen hätten auch die außerordentliche Geshwindigkeit der britishen Torpedo- zerstörer bemerkt und vermehrten deshalb ihre Flotten wesentlich durch derartige Schiffe. Der Nachtragskredit bezwecke, dem weiteren Schiffsbau anderer Nationen durch den Bau neuer Schiffe und dur die Beschleunigung des Baues der hereits begonnenen Schiffe zu begegnen ; es werde beabsichtigt, ehr nelle Kreuzer zu bauen, die geeignet feien, sih an Ge- Piien zu betheiligen und die Verbindun gslinien Großbritanniens zu s{üßen. ußerdem sollten von dem Nachtragskredit 60 000 Pfund für vier neue Torpedozerstörer verwendet werden.
Frankreich.
Der Minister des Aeußern Hanotaux gab gestern ein Diner zu Ehren des Grafen Goluchowsfki, an welchem der Minister-Präsident Méline, der Finanz-Minister Cochery sowie die Boischafter Courcel, Cambon und Barrère theilnahmen. — Gestern Vormittag atte der Minister des Aeußern eine Unterredung mit dem Botschafter in Konstantinopel Cambon, welcher fich demnächst wieder auf seinen Posten begeben wird.
Rußland.
Zum Ehrendienst bei Jhrer Majestät der Deutschen Kaiserin während des S der Deutschen Majestäten in Peterhof sind, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, der Ober-Stallmeister Graf Orlow-Dawydow und der Fürst Gortschakow, zum Ehrendienst bei Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Heinrich E L der General-Major à la suite Fürst Bjeloselski-Bjeloserski befohlen worden.
Niederlande.
Das Ministerium Pierson hat sich in der in Nr. 172 d. Bl. gemeldeten Zusammenseßung fonstituiert. Die neuen Minister haben gestern Vormittag der Königin-Regentin im Schlosse Het Loo den Eid geleistet. “ Velgien. Jn Brüssel wurde am 26. d. M. der internationale Arbeiterversicherungs - Kongreß von dem Staats-
Minister, i Val vera der Repräsentanten-Kammer Beernaert eröffnet. n dem Kongreß nehmen Vertreter aller Länder
theil. Türkei.
Aus Kanea meldet die „Agence ar daß der Kom- mandant der türkishen Truppen auf Kreta Dschewad Pascha den Admiralen längere Besuche abgestattet habe, die am Montag von den Admiralen erwidert worden seien. Leßtere hätten Dschewad Pascha erklärt, sie würden keinerlei ies uen dulden. Dshewad Pascha habe mit den Auf: tändischen in Verhandlungen treten wollen, doch habe der Bischof Nikepyoros erwidert, daß die Aufständischen nur durch die Admirale mit ihm in Beziehung treten könnten.
Amerika.
Die gestern nah dem „New-York-Herald“ im Auszuge mitgetheilte Antwortnote Japans vom 10. Juli auf die Erwiderung, welche der Staatssekretär Sherman auf die Protestnote Japans gegen die Einverleibung Hamwaiis an die japanische Regierung gerichtet hatte, lautet, dem „W. T. B. ufolge, in der von dem genannten Blatt veröffentlichten aus- O den Auszug theilweise berichtigenden Fassung, wie olgt:
Der japanische Minister gesteht den vorherrs{henden Einfluß der Vereinigten Staaten in Hawait zu. Mit Bezug auf die Behauptung Sherman's, daß keine der betheiligten Mächte im Jahre 1893, als die Annexion der Inseln geplant war, die Aufrechterhaltung des status quo verlangt habe, bemerkt die Antwortnote: Japan glaube nihi, daß seine damalige Haltung als zustimmend be- trahtet werden könne. Jedenfalls sei eine Zustimmung infolge der inzwishen veränderten Verhältnisse und der Steigerung der Dan Interessen für Japan jeßt unmöglich. Die Politik der olonialen Erwerbungen im Stillen Ozean sei in dem mit dem Jahre 1892 \chließenden Jahrzehnt besonders lebhaft betrieben worden. In gemeinschaftliher Uebereinstimmung hâtten die Mächte in der leßten Zeit geneigt gezeigt, sich der- selben zu enthalten, und die internationale Rivalität so- wie die einander entgeger stehenden Interessen böten heute die allerbesten Garantien für die Fortdauer der Selbständigkeit der übrig gebliebenen Gruppen. Die Einverleibung Hawaiis durch die Vereinigten Staaten würde jedoh zweifellos das Signal für das Wiebererwachen des \{hlummernden Strebens nah Gebiets- erweiterungen fein und dadurch die japanischen Interessen im Stillen Ozean shädigen. Japan könne niht mit Gleichgültigkeit auf Ver- änderungen bliden, durh welhe Rechte Japans zerstört würden. Es sei nicht die Absicht, die heute bestehende Situation im Stillen Ozean in Frage zu- stellen; allein Japans Lage mache es ihm unmögli, ohne Befürchtungen oder mit Gleichmuth den Folgen ent- gegenzusehen, welche das Erlöschen der hawaiishen Selbständigkeit wahrscheinlih haben müsse. Die Anwendung der Zoll- sowie anderer Geseße der Bereinigten Staaten müsse die japanishen Interefsen schädigen. Keine Aenderung in den Verhältnissen Hawaiis könne dieses im geringsten von Finen Verbindlichkeiten gegenüber Japan befreien,
Asien.
Aus Simla wird dem „Reuter’shen Bureau“ gemeldet, daß in der Nacht zum Dienstag das britische Lager bei Malakand in Chitral von eiwa 1000 Eingeborenen ange- griffen worden sei. Auf britischer Seite seien ein Lieutenant getödtet, drei Stabsoffiziere und ein Lieutenant verwundet worden, Die Kavallerie Dorge den Feind, welher sich gestern früh zurückgezogen habe. Die Garnison von Malakand werde s{leunigst verstärkt werden.
Afrika.
Das egyptische „Journal officiel“ veröffentlicht das Dekret des Khedive vom 12. Juli d. J,, dur welches an Stelle des grciyteen von Richthofen der Geheime Legations-Rath von
ohl zum L bei der Kommission für die Ver-
waltung der egyptishen Staatsshuld ernannt wird.
Arbeiterbeweguug.
Aus Breslau wird der „Köln. : ta telegraphiert: Auf der Paulushütte bei Rosdzin im Regierungsbezirk Oppeln legten bundert Zinkhüttenarbeiter nah Ablehnung einer Forderung au Lohnerhöhung die Arbeit nieder. — Auf. der Cäciliengrube be Sharley traten die russish-polnischen Arbeiter in den Ausstand. Sie wurden über die Grenze nah Rußland gebracht,
In Stettin sollen, einer Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge,
L,
die Arbeiter zweier Oelfabriken wegen Lohnstreites die Arbeit eins | gestellt haben. /
Aus Bielefeld wird der „Rhein.-Westf. Ztg." geschrieben, der Ausftand der Maurer (vgl. Nr. 172 d. Bl.) beginne von neuem, da die Meister 104 ftündige Arbeitszeit und den Austritt aus der Organisation verlangen.
Im Meuselwißer Kohlenrevier dauert, wie der „Köln. Zig. berihtet wird, der Ausstand fort; eine Versammlung, in welcher der Landrath Stöhr die Wiederaufnahme der Arbeit empfahl, führte zu feiner Verständigung. Da neuerdings versucht wurde, Arbeitswillige durch Drohungen und Ehrverleßung von der Arbeit zurückzuhalten, verweist der Landrath in einer Bekanntmachung auf die einshlägigen Strafbestimmungen und verbietet Zusammenrottungen und Aufläufe.
In Berghofen im bayerishen Regierungsbezirk Schwaben haben, wie im „Vorwärts“ mitgetheilt wird, 116 Arbeiter der mecha- nischen Weberei von Buxbaum wegen Lohnstreits die Arbeit nieder- gelegt. Die Versuche des Augsburger Fabrikinspektors, eine Einigung herbeizuführen, scheiterten.
Aus Triest wird der „Köln. Ztg." gemeldet : Die Aus stands - bewegung unter der Arbeitershaft greift immer mehr um \ich Arbeiter verschiedener Berufszweige, darunter die zahlreichen Last- träger, steben {on seit längerer L im Ausftand. Nun sind diesen au die Schlosser gefolgt. Der Grund des Ausstandes ist die Forderung einer Gobaerbökuna, (Vergl. Nr. 168 d. Bl.)
Aus Lens (Pas de Calais) meldet „W. T. B.“ : Infolge der Streitigkeiten, welhe gestern in einer Mine in Drocourt zwischen belgischen und französishen Arbeitern entstanden waren (vgl. Nr. 174 d. Bl.), sind die Arbeiter dieser Mine, deren Zahl 1200 beträgt, heute früh niht zur Arbeit erschienen. In Drocourt herrscht voll- ständige Ruhe.
Statistik und Volkswirthschaft.
Das Wirthschafts jahr 1896.
Die Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin stellen in der einleitenden Uebersiht ihres soeben erschienenen „Berichts über Handel und Industrie von Berlin* die- Grundzüge der wirthschaftlihen Lage im Jahre 1896 folgendermaßen dar: Die günstige Entwickelung, welWhe die Mehrzahl der Handels- und In- dustriezweige Berlins im Jahre 1895 zu verzeichnen hatte, hat er- freuliherweise auch im Jahre 1896 im großen Ganzen an- gehalten. Namentlih der Handel mit Erzeugnissen der Berg- werks- und Hüttenindustrien, der Maschinenbau, die elektrotech- nishe Branche, die Papierfabrikation, die chemische Industrie, ein Theil der Textilindustrie, das Bank- und Börsengeshäft haben das Fahr 1896 mit günstigen, zum theil sehr günstigen Resultaten ab- geshlossen. Die für die fertigen Fabrikate erzielten Preise ließen in vielen Fällen zu wünschen übrig, da es nicht immer mögli war, der steigenden Preisbewegung der Rohmaterialien (besonders der Berg- werksprodukte) zu folgen; indessen konnte dies dur den großen Um- fang des Absatzes ausgeglichen werden. Weitaus der größte Theil der Produktion fand auf dem Snlandsmarkt Unterkunft, während der Export mannigfaher Industriezweige hinter dem Umfang früherer Fahre zurückblieb. Besonders lag die Ausfuhr nah den Vereinigten Staaten von Amerika darnieder, da die Beunruhigungen, welche die Wahl des neuen Präsidenten mit fih brachte, die geshäftlihe Unter- nehmungslust der betheiligten Kreise dort wie in Deutschland lähmte. Unter den Geschäftszweigen, welhe ein ungenügendes Jahresresultat zu verzeichnen haben, dge hervorzuheben: einige Zweige der Textil- industrie, der Handel mit Baumaterialien, Drogen, Spiritus, Schmalz, Zucker. — Einen großen Einfluß übte die naßkühle Witterung der Frühjahrs- und Sommermonate auf viele Geschäfts8- zweige aus. Die Ernten der meisten landwirthschaftlihen Produkte, au der Gemüse und des Obstes, fielen ungenügend gus. Nuf der anderen Seite beeinträhtigte jene Witterung den Konsum einzelner Lebens- und Genußmittel, welche sonst in warmen Sommer- monaten guten Absaß finden, auh den Verbrauh von Textil- erzeugnissen, welche als Kleidung oder Schmudck im Sommer dienen. An diesem Resultat hat im allgemeinen der große Fremdenverkehr, welcher in den Sommermonaten infolge der Gewerbe-Ausstellung in Berlin herrschte, nihts geändert; nur für den Konsum von Nahrungs- mitteln war er naturgemäß von merkbarem Einfluß.
Kunst und Wissenschaft.
Achtunddreißigste Plenarversammlung
der historischen Kommission bei der Königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Bericht des Sekretariats.
__ München, im Juli 1897. _Die 38. Plenarversammlung der historishen Kommission hat gemäß Allerhöchstem Befehl in der
fingstwohe, am 11. und 12. Juni, stattgefunden. Der nah dem
ode des Wirklichen Geheimen Raths von Sybel von der Kommission in der vorigen Plenarversammlung gewählte und von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz - Regenten ernannte Vorstand der Kommission, der Wirkliche Geheime Rath von Arneth Excellenz aus Wien, leitete die Verhandlungen, an welchen außer ihm folgende ordentliche Mitglieder theilnahmen: die Geheimen Regierungs-Räthe Dümmler und Wattenbah und Professor Lenz aus Berlin, der Wirkliche Geheime Rath Klosterpropst Freiherr von Uliencron Excellenz aus Schleswig, Geheimer Rath von Hegel aus Erlangen, Professor von Bezold aus Bonn, Hofrath von Sidel aus Rom, Professor Meyer von Knonau aus Zürich, Geheimer Nath von Maurer, Ober-Bibliothekar Riezler, die Professoren Heigel, Stieve, Lossen und der Sekretär der Kommission, Geheimer Rath Cornelius von bier; ferner die außerordentlihen Mitglieder Professor Quidde von hier und Dr. Wrede aus Göttingen.
Seit der leßten Plenarversammlung im Mai 1896 find folgende Publikationen dur die Kommission erfolgt:
1) Allgemeine deutshe Biographie. Band XLI, Lieferung 2—d,
Band XLII, Lieferung 1—3. |
9) Chroniken der deutschen Städte. Band XXV, Band V der
\hwäbishen Städte: Augsburg. 3) Die Rezesse und andere Akten der Hansfetage 1256—1430. Band VIII (Sc(lußband).
Die Hanserezesse, welche eins von der Kommission auf Lappen-
berg's Vorschlag in erster Reihe unter ihre Unternehmungen auf- enommen worden waren, sind damit von Dr. Koppmann, den nah
unghans? frühem Tod noch Lappenberg im Jahre 1865 zum Heraus- geber bestimmt hatte, zum glücklichen Ende gebraht worden.
Auch die Chroniken der deutschen Städte, unter der Leitung des Geheimen Raths von Hegel, nähern ih dem Abschluß. Als 96. Band soll ein zweiter Band der Magdeburger Chroniken erscheinen, für welhen der Bearbeiter, Stadtarchivar Dr. Dittmar in Magdeburg, das Manuskript bereits im Laufe der nähsten Wochen einzuliefern versprohen hat. Der erste Band, Band 7 der ganzen Reihe, hatte die Magdeburger Schöffenchronik, bearbeitet von Janicke, gebracht. Für den zweiten Band ist die hohdeutshe Fortseßung dieser Chronik bis 1566 und die Chronik des Georg Buß 1467 bis 1551 bestimmt. Als vorläufiger Shluß des ganzen Unternehmens, nämlich als Band 27, ift ein zweiter Band der Lübecker Chroniken in Aussicht genommen, welchen Dr. Koppmann, sobald er die nöthige Muße ge- winnt, beacbeiten will.
Bon den Jahrbüchern des Deutschen Reichs unter Friedri IT. wird in der allernähsten Zeit der zweite Band veröffentlicht werden, der die Jahre 1228 bis 1233, im Manuskript vom Geheimen Hof- rath Winkelmann hinterlassen, umfaßt. Auf eine Fortsezung und Os dieser Arbeit ist eine bestimmte Aussicht noch nicht vor- anden.
Für die Jahrbücher des Reichs unter Otto 11. und Otto Ill.
ist Dr. Uhlirz mit der Bearbeitung des gesammelten Stoffs, für die
grit Friedrih's 1. Dr. Simonsfeld noch mit der Sammlung des toffes beschäftigt, Professor Meyer von Knonau arbeitet unausgeseßzt am dritten Band der Jahrbücher des Reichs unter Heinri 1V. und
nrih V.
Betreffend die Geschichte der Wissenschaften in Deutschland, ift das für dieses Jahr erhoffte Erscheinen der Geschichte der Geologie und Paläontologie von dem Geheimen Rath von Zittel auf das nächste Jahr vershoben worden, weil die Schwierigkeit der Bewälti-
ung der für die Geschichte des 19. Jahrhunderts vorliegenden Literatur fich als allzu groß erwies. i :
Die Allgemeine deutshe Biographie, unter der Leitung des Frei- herrn von Liliencron und des Geheimen Raths Wegele, ist in diesem Fahr in außerordentliher Weise in ihrem Fortgang aufgehalten worden, zuerst durch den Tod von Sybel's, der den rtikel „Kaiser Wilhelm 1.* übernommen hatte, dann durch den Eintritt des neuen Autors, Professors Erih Marcks in Leipzia, zuleßt durch das Zus sammentreffen der Ausarbeitung dieses Artikels mit der Centenarfeier und der dur dieselbe hervorgerufenen zahlreichen Literatur.
Die Reichstagsakten der älteren Serie stehen am 10. und 11. Band. Es hat sich die Zweckmäßigkeit einer Theilung der Kaiserzeit Sigmund’'s (Mitte 1433 bis Ende 1437) in zwei Bände herausgestellt. Der 11. Band soll bis zur Mitte des Jahres 1435 reichen. Die Drucklegung if von Dr. Beckmann bis zum 43. Bogen geführt worden. Das Erscheinen des Bandes kann für den Herbst dieses Jahres in Aussicht gestellt werden. Der Druck des 12. Bandes soll dann sofort sich anschließen.
Während des Jahres hat Dr. Beckmann kleine Lücken des Ma- terials sowohl aus Münchener, wie aus den von Paris, Basel, Nörd- lingen, Köln eingesandten Archivalien, sodann durch eine kurze Reise nach Nürnberg ausgefüllt.
Der Stand der Arbeiten für den 10. Band ist weniger befriedi- gend. Doch darf erwartet werden, daß mit dem Druck desselben be- gonnen werden kann, sobald der Druck des 11. Bandes beendigt sein wird. Dr. Herre hat si entschließen g seine eingehenden und außerordentlich lange Zeit in Anspru nehmenden Forschungen über die Vorgeshihte des Romzuges Sigmund's nicht, wie beab- sichtigt war, in die Einleitung des Bandes aufzunehmen, sondern in einer besonderen Abhandlung zu veröffentlihen und in der Einleitung nur kurz deren Ergebniß mitzutheilen. Die Akten zur Vorgeschihte des Romzuges können nicht nach Neichs8- tagen geordnet werden; sie erscheinen vielmehr in zwei Ab- theilungen: 1) Romzugsverhandlungen vom Herbst 1427 bis zum Sommer 1428. 2) Verhandlungen von 1431 bis zum Aufbruch des Kaisers von Feldkirh nah Mailand. Für reihlich 400 selbständige Nummern ist die Textrezension fast Game: kleine Nachträge werden theils brieflich, theils auf einer Reise nah Wien zu erledigen sein. Auch das Material zu den Anmerkungen ist zum größeren Theil bereits gesihtet. Cine nicht unwesentlihe Schwierigkeit für die Sqlußredaktion des Bandes, die große Zahl undatierter Stücke, die sich auf die Konzilsfrage beziehen, konnte durch Benußung eines in- zwischen publizierten Pariser Kodex (Protokoll Brunet?s) in der Haupt ache gehoben werden. Benußt wurden im ablaufenden Jahre besonders das Münchener Reichs- Archiv, Handschriften aus den Bibliotheken von Paris, München, Kues an der Mosel, Heidelberg und Dresden, und Akten aus dem Nürnberger Kceisarhiv. Anfragen in den römischen Archiven und Bibliotheken wurden in dankenswerther Weise durch Dr. Sthellhaß in Rom erledigt.
Für die Neichstagsakten der Reformationszeit sind die Arbeiten wie bisher von Dr. Wrede mit Unterstüßung von Dr. Bernays fort- geführt worden. Das Material für den dritten Band is vervoll- \tändigt worden aus Akten von Köln, Nürnberg, Frankfurt, Karls- ruhe und Würzburg; einige bisher noch zurückgestellte Stücke, wie die große Beschwerdeschrift der Grafen und Herren vom Ende 1522, wurden abgeschrieben; aus dem Mainzer Erzkanzlerarhiv in Wien wurden Abschriften erbeten und geliefert. Hiermit ist dieser Theil der Arbeit für den dritten Band vollendet.
Daneben ist bereits ein großer Theil des Manuscripts fertig- gestellt: Die Akten des Regiments-Reichétags zu Nürnberg vom Früh- ling 1522 und von dem zweiten Nürnberger Reichstag die Verhand- lungen über die Religionssache, die Gravamina, die Verhandlungen der Stände mit den Städten, die Zollordnung und zum grbßten Theil die Verhandlungen mit der Ritterschaft: zusammen etwa die kleinere Hälfte des Bandes. Im nächsten Jahr foll das Manuscript ganz oder bis auf einen geringen Rest vollendet sein und dann mit dem Druck des dritten Bandes begonnen werden.
Von der im vorigen Jahre R Kollationierung der vorliegenden Abschriften der Berichte des Chursächsischen Reichstag8- Gesandten Hans von der Planiß mit den Originalen im Weimarer Archiv konnte abgesehen werden, da diese Planiz-Berichte von der Königlich sächsischen Loms für Geschichte selbständig und voll- ständig verd E werden follen. Die Reichstagsakten werden \ih deshalb auf kurze Auszüge beschränken können, und diese Entlastung wird es möglih machen, mit dem dritten Band bis zum Beginn des dritten Nürnberger Meichstags zu gelangen.
Die ältere bayerische Abtheilung der Wittelsbacher Korrespondenzen unter Leitung des Professors Lossen wird demnähst zum Abschluß kommen. Von den durch Dr. Goeß bearbeiteten „Beiträgen zur Ge- hihte Herzog Albreht's V. und des Landsberger Bundes“ find 48 Bogen gedruckt, die bis zum Ende des Jahres 1570 reihen. Nur noch 10 bis 12 Bogen sind zu drucken.
Die ältere Pfälzische Abtheilung der Wittel8bacher Korrespondenzen konnte auh in diesem Jahre keinen Fortgang gewinnen, da der Herausgeber, Professor von Bezold, von der Vollendung der Briefe des Pfalzgrafen Johann Casimir neuerdings durch seine Berufung an die Universität Bonn abgehalten wurde. Derselbe hofft nun, in den nächsten Ferien die bisher aufgeschobene Forshungsreise nah Kopenhagen ausführen zu können.
Die Arbeiten der jüngeren Bayerischen und Pfälzischen Abtheilung der Wittelsbaher Korrespondenzen unter Leitung des Professors Stieve waren in gleicher Weise wie früher in erfreuliher Entwick- lung begriffen. Nur war Professor Stieve selber, dur die nämlichen Gründe wie im vorhergehenden Jahre, an der gewohnten Mit- arbeit gehindert; er wird vorausfihtlich ers im Frühling 1898 e die Herausgabe des 7. Bandes der Briefe und Akten gehen ‘onnen.
Dr. Chrousft war zunächst mit einer Nachlese in den Münchener Archiven beschäftigt. Im Staatsarchiv fand er, dank den hilfreichen Bemühungen des Geheim-Sekretärs Herrn Dr. Werner, Pfalz-Neu- burger Akten, die über den Streit um die Churpfälzer Administration (1610 —1614) sowie über den Jülicher Streit werthvolle Aufschlüsse gewährten, und bayerishe Akten von großer Bedeutung für die Ge- schichte des assauer Kriegsvolks und den Streit Herzog Marimilian?s mit Erzbischof Wolf Dietrih von Salzburg. In der Absicht, für die Lücken in den Münchener Churpfälzishen Unionsakten eine Er- gänzung zu finden, reiste Dr. Chroust im Oktober 1896 nach Stutt- gart, wo die Württembergischen Unionsakten sich fanden, die, soweit fie den Jahren 1611 bis 1613 angehören, nah München gesandt und dort aufgearbeitet wurden. In Karlsruhe fanden {st|ch Pfalz-Neue- burgische Akten über den Administrationsstreit mit Churpfalz und über das NReichsvikariat von 1612, die ebenfalls nach München geshickt wurden. In Innsbruck gewährten die Akten über Erzherzog Marimilian's bekannte lebhafte Thätigkeit im Hausstreit und in der Successionsfrage so reite Ausbeute, daß der For]cer si zunächst auf das Jahr 1611 beschränken mußte. Leider ist der auf die Kaiserwahl bezügliche „Successions- fascifkel“ spurlos vershwunden. Die Osterferien widmete Dr. Chrouft in Wien hauptsächlih dem Finanzarchiv, dessen überaus umfangreiche Akten neben einer Menge werthvoller Nachrichten über Persönlichkeiten ein Bild von der Finanzgebarung des Hofes, der Zerrüttung des Geldwesens und von dem Verhältniß der beiden Reich8pfennig- ämter zur Hofkammer gewährten. Der Güte des Direktors des Kriegsarchivs, des Bm, « Lieutenauts von Weßer, wurden Abschriften von wichtigen Akten über die Schulden des Kaisers und die Leistungen der Reichsstände zum Türkonkrieg verdankt. Die Kommission hat niht versäumt, Seiner Ercellenz den s{uldigen ehr: erbietigen Dank auszusprehen. Die HofzahlamtsreWnungen fanden
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