1872 / 95 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 22 Apr 1872 18:00:01 GMT) scan diff

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Endlich, meine Herren, haben in der Jusizverwaunge wo auf der einen Seite die Einnahmen zurückgeblieben nd, auf der anderen Seite au natürlich beträchtliche Erspärnisse stattgefunden. Diese hat fih auf 875,000 Thaler belaufen und verringert die Unterbilanzen des Justiz-Ministeriums auf lediglich 519,000 Thaler. :

Meine Herren, ih glaube; Jhnen hiermit ein Bild von der Ent- wicklung unserer Finanzverhältnisse gegeben zu haben. Sie werden fih daraus überzeugen, daß die Regierung wohlberechtigt war, als sie Ihnen pro 1872 einen Etat vorlegte der die Ausgaben des Staates, Ja wir ja außer den ctatsmäßigen Einnahmen des Iahbres 1872 noch über cinen Gewinnübershuß von dem Jahre 1870 zu verfügen hatten, um ungefähr 14 Millionen gesteigert hat und daß wir mit voller Zuver- sicht darauf rechnen können, daß wir auch für das Jahr 1572 einen befriedigenden Abschluß erwarten dürfen.

Sie werden bei der Gelegenheit vielleiht noch eine Acußerung darüber erwarten, wie sih unsere Bezichungen zu den Reichsfinanzen gestaltet hätten. Eine solche nähere Darlegung bedauere ich nicht machen zu können. Das Verhältniß befindet @ch in diesem Augen- bli noch genau in dersclben Lage, die ich_ Ihnen im vortgen Jahre im Dezember arakterisirt habe. Der Partikularsiaat Preußen hat bis jeßt direkte Bezüge aus den Contributions- geldern nicht empfangen, indirekte Bezüge nur insofern, als es ihm möglich gemacht worden ist, den vreubiibeu Staats\schaß aufzuheben und die Maßregeln wegen der Steuerkredite zu treffen. :

Soviel ad Nr. 1 der Interpellation. Jch komme fun zum zwei- ten Punkt derselben. |

In Bezug auf den zweiten Punkt bin ih durchaus nicht ge- meint, in Abrede zu stellen, daß der preußische Staat in der Lage sein würde, auf die Einnahmen aus der Zeitungssteuer Verzicht zu leisten. Es is ja ganz klar, wenn die Einnahmen aus den Stempelsteuern im vorigen Jahre den Etatsvoranschlag um 1,440,000 Thaler überschritten haben und wenn in diesem Jahr mit fester Zuversicht erwartet werden kann, daß die Einnahmen aus der Stempelsteuer einen sehr ansehnlichen Ertrag abwerfen werden, dann läßt fich ja nicht in Zweifel ziehen, daß der preußische Staat in der Lage wäre; auf die Einnahme Verzicht leisten l können. Meine Herren, diese Möglichkeit ist natürlich seitens der Staatsregierung 1m vorigen Herbst au \chon nicht bezweifelt worden, die Staatsregierung hat es aber damals für ihre Pflicht gehalten und sie hält es auch eute für ihre Pflicht, bevor sie an anderweite Abgabenerlajsse heran- ritt, vor allen Dingen denjenigen Theil der Bevölkerung ins Auge zu fassen, der zu den minder wohlhabenden Klassen gehört.

Sie beharrt bei der Ansicht, es ihr obliégt, in dieser Be- ziehung eine große Reform durchzuseben, und wenn sie bedauert hat

in Folge der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses die sofortige Er-

reichung dieses Zieles ihr gegenwärtig nicht möglich geworden ist, #o wird fie aber fortfahren, die O ins Auge zu fassen , die zu einem so erwünschten Ziele führen können ; und sie wird, bevor ihr e gungen ist, nicht daran denken, die Zeitungs-Stempelsteuer auf- zuheben.

In der darauf folgenden Generaldiskussion über den Gesehentwurf , betreffend die Ablöfung der Reallasten in Schleswig - Holstein , nahm nah dem Abg. Springer der Staatsminister von Selchow das Wort:

Meine Herren! Der Umstand, daß in allen übrigen Provinzen des preußischen Staats die Reallasten abgelöst sind, scheint es noth- wendig zu bedingen / daß wir auch in unserer Provinz Schleswig- Holstein, w9o sie heute noch bestehen ; mit dieser Ablösung vorgehen. Sehr viele Anträge, direkt eingebracht von der Provinz; N an mich gelangt; ebenso i in diesem Hause wiederholt der Wunsch aus- ltr die Regierung möge mit der Ablösungsgeseßgebung in Schleswig-Holstein vorgehen. ie Frage war aber nicht so leicht zu lösen. Es war nothwendig daß die Provinz einige Jahre lang ‘dem preußischen Staatsverbande angehörte; um ihre Verhältnisse gründlich kennen zu lernen und ein motivirtes Urtheil darüber bilden zu fön- nen; wie weit hier berechtigte Eigenthümlichkeiten vorlägen. Erst gegenwärtig ist die Regierung in die Lage gekommen das übersehen zu können, und is mit einer Geseßesvorlage vor das Haus getreten. Der Herr Abgeordnete, der soeben gesprochen hat, hat an- erfannt, daß die Regierung sih von dem Gesichtspunkte habe leiten lassen; die Belasteten wesentlich zu s{chönen. Das ist rich- tig, und ich glaube, über diese Seite der Frage hier nicht weiter sprechen zu dürfen. Sodann aber hat er behauptct die bisher

Berechtigten seien in dieser Geseßvorlage zu kurz gekommen. Die

Regierung hat sich redlich bemüht, ein jedes Unrecht zu vermeiden, und fic hat auch geglaubt, in dieser Vorlage den richtigen Weg zu treffen. Sic hat anerkannt, daß in Schleswig-Holstein in manchen Bezichungen auf anderem Were historisch entwidckelte Verhältnisse be- stehen, als in den anderen Provinzen. Sie hat es daher für ulässig erkannt; daß; wo derartige Fälle nachgewiesen werden, rae eine höhere Ablösungsziffer ewählt werden kann; als das in den alten Provinzen geschehen ijt. Sie hat aber ' ferner vertraut; daß, ebenso wie sie bei Erloß der Ablösungsgeseßgebung sih bewußt war, daß die Ritterschaft des Landes, welche ja bei einem derartigen Ver- fahren stets in erster Linie Opfer zu bringen hat, daß diese Ritter- schaft, sage i ebenso, wie damals die altländische bereit sein würde, ciner aus politischen Gründen nothwendigen Maßregel ein kleines Opfer zu bringen, das die Regierung ihnen ansinnt. Ich * glaube, dieses Ansinnen müssen wir auch an die \chleswig-holsteinische Ritterschaft richten, und wir fönnen das mit vollem Rechte und um so sicherer thun, da die großen Grund- besiber nach dem ganzen Jnhaite des Gesches bee geschüßt sind, als die Berechtigten in den ‘alten Provinzen hei der früheren Geseßgebung ges{Güßt worden waren.

Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, hat die Regierung den

woogen haben.

Patriotismus der größeren Grundbesißer in Schleswig-Holstein nit lediglih nach Ee berechnet. Es i} mögli, daß Einer, der bisher scin Kapital höher benußt hat, ein fleines Opfer bringen muß; aber können wir den Belasteten gegenüber die fernere Belastung nit fortbestehen lassen, so müssen wir au auf cin bereitwilliges Entgegen- rommen der Bercchtigten hoffen; wir können diesen Faktor nit außer Rechnung lassen.

Qu den Kommissionsvorschlägen zu demselben Geseßentwurfe |

e der Regierungs-Kommissarius Geheime Finanz-Rath ode:

Meine Herren, die von der Regierungsvorlage abwryeichenden Be- {lü}se Jhrcer Kommission zu §. 55 des Geseßentwurfs und in Betreff des Qusaßparagraphen 59 bezwecken eine Deklaration, beziehungsweise Abänderung der bestehenden geseßlichen Bestimmungen Über die sonderung_ der in den sogenannten stehenden Gefällen der Provinz Schleswig - Holstein enthaltenen steuerartigen Abgaben. Umstand, daß das Ressort der jen Gegenst der - direkten

Steuern bei der Berathung. über diesen Gegen and in Jhrer F

Kommission nicht speziell E u gewesen, daß dasselbe aber bei dieser Angelegenheit wesentli mitbetheiligt ift wird es rechtferti- gen, wenn ih mir gestatte, in Kürze die Gründe darzulegen , welche die in Rede stehenden Abänderungsvorschläge für die Königliche Staatsregierung als unannehmbar erscheinen lassen.

Bei Einführung der preußischen direkten Steuern in der Pro- vinz Schleswig - Holstein trat die Nothwendigkeit hervor, eine C OU der sogenannten stehenden Gefälle vorzunehmen weil dieselben nah allen darüber vorhandenen Nachrichten theils steuerlicher, theils domanialer und grundherrlicher Beschaffenheit waren. Es bestimmte daher der §. 4 der Vekordnung vom

98. April 1867 j betreffend die Einführung der preußischen direkten

Steuern in der Provinz Schleswi - Holstein daß die Regierung die- jenigen Beträge zu bezeichnen habe5, welche vom 1. Juli 1867 ab theils ihrer haus - und gewerbesteuerartigen Natur wegen gegen die von jenem Zeitpunkte ab neu cingeführte Gebäude- und Gewwerbe- steuer in Wegfall zu bringen , theils ihrer grundsteuerartigen Natur wegen einstweilen und bis zur Einführung der neuen Grundsteuer mit drei Viertheilen ihres bisherigen Jahresbetrages zu erheben seien. Qur Vorbereitung dicses Aussonderungsverfahrens wurde damals durch Verfügung des Finanz-Ministeriums eine besondere Kommission für die Provinz Schleswig - Holstein gebildet, unter dem Vorsiße des Regierungspräsidenten, bestehend zur einen Hälfte aus sachkundigen E Beamten der Provinz Schleswig-Holstein, zur andern Hälfte aus Beamten der altländischen Provinzen. Die Kom- mission erhielt die Aufgabe; die Natur der einzelnen unter den stchen- den Gefällen verrechneten Abgaben sorgfältig zu prüfen und’ diejenigen Grundsäße aufzustellen, nach welchen demnächst das Aussonderungé- verfahren selb} erledigt werden sollte. Die Kommission wurde ange- wiesen, bei diesem Geschäft überall auf die Lofkalbehörden zu refurriren, auch die Betheiligten selbsst| durch eine öffentliche Bekanntmachung aufzufordern, ihr das etwa zur Disposition i auf die Arbeit bezügliche Material j einzureichen und ie zu dem fraglihen Zwecke jo weit als

u versehen. Die Kommission erhielt hierbei die ausdrücklihe Jn- Lruktioni, den besonderen Schwierigkeiten dieses Aussonderungsver- faÿrens in jeder Weise Rechnung zu tragen und die thunli{ste Milde

gegen die Censiten walten zu lassen. Nachdem die Kommission im Maárz 1869 thre Arbeit-n beendig! hatte, ging demnächst die Regie- rung in fe rund: mit dem Erlaß der Qu auf die Aussonde- rung | ezüglichen Resolute vor. Auch die Regierung wurdc beauf- tragt, ihre diesfälligen Entscheidungen ohne Rücksicht auf die Regeln ciner strengen Beweistheorie nach billigem Ermesse und auf Grund einer unbefangenen Würdigung der ‘in Betracht kommenden thatsäd)- lichen und re{htlichen Verhältnisse zu treffen. Meine “Herren, wein Sie erwägen, daß solche Anweisungen an diejenigen Beamten und chörden ergangen findy welhe vermöge ihrer Stellung zunächst berufen waren die Juteressen der ihrer Le unterstellten Provinz wahrzunehmen, so werden Sie der Auffassung

der That bei diesem Nussonderungsverfahren

Gefälle soweit zur Anerkennung gelangt sind, als solches mit den Rücfsichten der Billigkeit und den Forderungen der Gerechtigkeit irgend verträglich erschien. ; : | Die Resolute der Regierung ergingen in den Jahren 1869 und 1870. Inzwischen wurde durch das rundsteue1geseß au die neuen Provinzen Dom 11. Februar 1570 bestimmt, daß den betreffenden Grundbesißern inner- halb 6 Wochen nach Jnsinuation des Resoluts der Regierung der Rekurs an den Finanz-Minister und nah Erlaß der Rekursentscheidung binnen drei Monaten der Rechtsweg verstattet sein sollte. Die Staatsregie- rung hat diese Bestimmungen damals bei Sorlegung des Entrourfs u dem erwähnten Gesche ausführlih motivirt. lind unverändert zur Annahme gelangt. Es läßt sich also annehmen daß beide Hâuser des Landtags diejenigen Gründe als zutreffend an- erkannt haben, welche die as zu jenen Vorschlägen be- Sie bestanden wesentlich darin, meine Herren; daß es in hohem ‘Grade erwünscht hien, das Aussfonderungsverfahren

in regelmäßiger und fortgeseßter Förderung möglihs bald und jeden- dem Tage der Einführung der f

falls bis zum 1. Januar 1875 als de: | neuen Grundsteuer D Erlêdigung zu bringen. Der Herr Vorredner hat gemeint, daß die dreimonatliche Gre zur Beschreitung des Rechtsweges unter den obwaltenden Verhältnissen eine sehr kurze sei. Die Staatsregierung theilt diese Auffassung nicht. Es kommt hierbei auch in Betracht, daß den Censiten gegen das Resolut der Re-

ierung zunächst innerhalb sechs Wochen der Rekurs an den Finany Minister offen stand; und daß diese Frist, sofern nur der Rekurs selbst

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Aus- F Der È

N ob die Abgabe zu einem höheren als dem von der

| Prozesse Über die Frage,

möglich mit Auskunft |

er Königlichen Se Ung zustimmen , daß in f die Ansprüche der be- f theiligten Grundbesißer auf Erlaß oder Ermäßigung ihrer stehenden f

Die Bestimmungen

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rechtzeitig eingereiht worden, zum Zwecke der Rechtfertigung desselben in allen geeigneten Fällen soweit prolongirt worden ist, als es nothwendig erschien, Um die Interessenten in den Stand zu seßen, sich das erforderliche Material zur weiteren Begründung ihrer Ansprüche zu beschaffen. Jn einzelnen Fällen is diese Frist auf 6 bis 8 Monate ausgedehnt worden. Um #\o weniger kann die dreimonatliche Frist zur Beschreitung des Rechtôwegs eine zu kurze genannt werden. Nun ist das Verfahren in den Verwaltungsinstanzen jeßt im Wesentlichen abgeschlossen; die Rekursentscheidungen sind zu dem bei weitem größten Theile ergangen j es sind nu: no einzelne Rekürsentscheidungen rücständig. Die Cenjiten haben theilweise von der Beschreitung

des Rechtsweges bereits Gebrauch gemacht, mehrfach sind bereits rich-

terliche Entscheidungen ergangen; in anderen Fällen ist die dreimonat- [iche Frist zur Beschreitung des Rechtsweges fruchtlos abgelaufen. Das Resultat des bisherigen Verfahrens is Jhnen in den Erläute- rungen zu dem diesjährigen Spezialetat der direkten Steuern mit- etheilt worden. Hiernach sind von der ursprünglich 895,615 Thlr.

Sgr. betragenden Gesammtsumme der stehenden Gefälle vom 1. Juli 1867 ab ganz in Wegfall gekommen 8 ¡163 Thlr. 18 Sgr. 10 Pfg. und unter Ermäßi, ung auf F ihres Jahresbetrages als Grundsteuer fortzuerheben 235,038 Thlr. 9 Sgr. 5 Df. Dieser Betrag erhöht si noch dadurch, daß außerdem auf Grund des Geseßes vom 17. März 1868 und aus anderen besonderen Gründen noch sonstige Erlasse an den unter den stehenden Gefällen befindlichen Ats bewilligt wor- den sind, Jm Ganzen stellt sih hiernah das Resultat als durchaus pn für die Abgabenpfkichtigen heraus und es liegt in der That eine 2 anae vor, dur Abänderung der über die Aussonderung bestehenden geseblihen Bestimmungen auf eine weitere Erhöhung der erlassenen, im Ganzen mehr als ?/, der Gesammtsumme betragenden Quote hinzuwirken.

Nun wird der geseßlich geordnete Jnstanzenzug des Ausfonderungs- verfahrens dur die egenwärtige Vorlage allerdings in einem Punkte asterirt. Wenn innerhalb derx. dreimonatlichen Frist zur Beschreitung des Rechtsweges auf Ablösung der Abgabe provozirt wird, so ist Über die Ablösbarkeit des ganzen Betrages derselben, also auch über die Frage; ; i Regierung und dem Finanz-Minister anerkannten Betrage als steuerartig anzusehen, von der Auseinandersezungsbehörde zu befinden. Die Staatsregie- rung hat gegen diese Konsequenz der Vorlage keine Bedenken ; sie theilt indeß die Auffassung des Herrn Vorredners, daß durchaus kein Grund vorliegt; es mag auf Ablösung provozirt sein oder niht —, den ntere nach dem Beschlusse Jhrer Kommission die dritte Instanz zu entziehen. j :

Anknüpfcnd hieran hat aber Jhre Kommission nah dem ersten Alinea des Ÿ. 59 orge Wagen daß, auch wenn nicht auf Ablösung provozirt_ wird, alle bereits anhängigen oder noch anhängig werdenden ob eine unter den stehenden Gefällen ver- rechnete Abgabe als steuerartig anzusehen sci, an die Auseinander- sczungsbehörden übergehen sollen. Meine Herren! Das wäre ein Eingriff in das geseßlich geordnete Verfahren , zu welchem na der Ansicht der Staatsregierung nicht der mindeste Grund vorliegt. [les was von dem freien, durch keine Beweistheorie eingeengten Ermessen der Auseinanderschungsbehörden etwa noch zu Gunsten der Censiten erwartet werden möchte, das ist Seitens der Verwaltungs- instanzen in der von mir eben dargelegten Weise bereits geschehen. Es liegt kein Grund vor, dic Entscheidung in diesen An-

| gelegenheiten den ordentlichen Gerichten zu entziehen. Diesclben werden Ì die hier in Rede stehenden Gragen nicht minder gründlih erwägen

und nicht minder zutreffend lösen, wie die Auseinanderseßung8-

} behörden.

Nun geht die Kommission aber noch weiter. Nach Alinea 3 des

Ï g. 59 soll die Frist für die Beschreitung des Rechtsweges auch dann

gewahrt sein; wenn binnen 3 Monaten nach Verkündigung des A Geseßes die Klage bei der Auseinanderseßungs-

N behörde angemeldet. wird. Nach dieser Bestimmung in Verbindung

mit der vorerw.hnten würde diese ganze, zum Theil bereits geseßlich irledigte Angelegenheit noch cinmal. in Scene gescßt werden; es wUr- den bereits erlo)chene Ansprüche wieder aufleben; es würden bei den Abgabepflichtigen Hoffnungen auf cine günstigere Entscheidung her- vorgerufen werden, welche, wenn 1m Uebrigen die für das Ausfon- derungs-Verfahren bestehenden geseßlichen Bestimmungen unverändert bleiben; nicht erfüllt werden würden und auch ohne’ Verleßung der Gerechtigkeit nicht erfüllt werden könnten. . L Gerade aus dem leßteren Grunde muß aber die Königliche Staatsregierung \ich ferner entschieden gegen den Zusaß zu §. 59 der egierungsvorlage erklären, wonach bei der Durchführung dieses Ge- ebes die für die Provinz Brandenburg in Betreff der Ablösung gel- tenden Vorschriften, und zwar »einshließlich der allgemeinen dabei maßgebenden Grundsäße über die Bewcisführung nd Beweislast« Anwendung finden sollen. : t Fu Begründung dieses Zusaßes hat Pore Kommission einen Zweisel angeregt, welcher meines Wissens bisher in keiner der auf diese Angelegenheit bezüglichen Eingaben und Verhandlungen erhoben worden ist. Es bestimmt nämlich §: 4 der Verordnung. vom 28. April 1867, daß diejenigen unter den stehenden A befind- lihen Abgabenbeträge erlassen oder ermäßigt werden sollen, welche nachweislich den Charakter ciner direkten Staatssteuer im Sinne der preußischen Steuergeseßgebung haben, und diese Bestimmung ist bisher von den Verwaltungsbehörden und den Gerichten in den darüber ergangenen Entscheidungen allseitig dahin aufgefaßt orden, daß der Beweis der steuerartigen Natur den Abgabepflichtigen bliege, welche aus diesem Grunde den Erlaß oder die Ermäßigung der Abgabe beanspruchen. Es liegt dies in der Natur der Sache; der Staat ist im rechtsbeständigen Besiße der Abgabe, und wer die Be- eiung von derselben fordert, der muß den Rechtsgrund solchen Anspruchs achweisen. Nun ist Jhre Kommission der Meinung, daß die Annahme

bestehen könnte, der erwähnte §. 4 der Verordnung vom 28. April 1867 habe eine Rechtsvermuthung zu Ungunsten der Censiten gegen die steuerliche Natur aufgestellt, eine dahin gehende Annahme müsse bescitigt werden, und das bezwechde grade dieser Zusaß. Meine Herren, ih vermag in der That die praktische Bedeutung cincs solchen Unter- chieds zwischen Rechtsvermuthung und Beweislast nicht einzuräumen. Die Auseinanderseßungsbehörde wird in jedem Falle den Erlaß oder die E einer der in Rede stehenden Abgaben nur aussprechen fönnen, wenn sie den Beweis der steucrartigen Natur derselben als erbracht ansicht. Außerdem wird zur Rechtfertigung der Zusaßbestim- mung in dem Kommissionsberichte noch angeführt, daß durch die Uebertragung der Entscheidung über die Natur der stehenden Gefälle auf die Auseinanderseßzungsbehörden zugleich einc Aenderung des Be- weisverfahrens bewirkt werde. Nun, wenn dies eine Konsequenz an- derer Vorschriften des Entwurfs ist; so bedarf es feiner weiteren Be- stimmung darüber; der. Qusayß i} also überflüssig. Aber dies nicht allein; er ist auch s{ädlich. Denn es liegt die Besorgniß nahe, daß die Auseinandersezungsbehörden diesc Bestimmung gerade mit Rücksicht auf ihre besondere Motivirung dahin auffassen werden, daß damit in der That eine Aenderung der erwähnten Vorschrift der Verordnun vom 28. April 1867 bezweckt sei und zwar dahin; daß die Beweisla nicht den Abgabepflichtigen j sondern dem Fiskus auferlegt wcrden solle. Meine Herren! Dies würde zur Folge haben; daß der noch verbliebene, bisher nicht als steuerlich anerkannte Theil der bestehenden Gefälle den Abgabepslichtigen nahezu ganz crlassen werden müßte. Das aber wäre ein Resultat, welches die finanziellen Jnteressen des Staates offenbar schädigen und der Gerechtigkeit sowohl innerhalb der Provinz Schleswig-Holstein als insbesondere den anderen Provinzen des Staates gegenüber zu nahe treten würde. Jch gestatte mir in dieser Beziehung noch auf zwei Momente hinzuweisen. Zunächst bestanden ja auch in den alten Provinzen des Staates ähnliche Verhältnisse. Auch dort hat häufig eine Vermischung von domanialen und steuerlichen Abgaben stattgefunden, namentli ist dies der Fall gewesen hinsicht- lich der Imumediateinsassen in den Königlichen Domänen Ostpreußens, Litthauens und Westpreußens. Tür diese bestimmte die Verordnung vom Juli 1808, welche jenen ITmmméediateinsassen das Eigenthum ihrer Stellen verlieh, daß von den gesammtcn auf den leßteren haftenden Abgaben der vierte Theil, nur der vierte Theil, als unablösliche Grundsteuer auf dem Bauererbe haften bleiben sollte und durch eine Allerhöchste Kabincts-Ordre von 1844 ist demnächst diese Anordnung auch mit auf N Tmmediateinsassen ausgedehnt worden, wel- hen zur Zeit des Erlasses der Verordnung von 1808 bereits das Eigenthum ihrer Stellen zustand. Inzwischen war diese Bestimmung zur Zeit des Erlasses der Grundfsteuer-Geseßgebung von 1861 noch nicht überall zur Ausführung gelangt ; auch fanden si in anderen Theilen der altländischen sech8 östlichen Provinzen ähnliche Verhältnisse vor. Diesen Verhältnissen hat das Grundsteuer- entschädigung8gcieß vom 21. Mai 1861 Rechnung getragen, indem dort im §. 3 festgestellt worden ist, daß, soweit in den Domänen- abgaben Grundsteuern enthalten sind, diese ausgesondert und gegen die neue Grundsteuer in Wegfall gestellt werden sollten. Dieses Aus- sonderungsverfahren ist nunmehr längst durchgeführt worden, Und das Resulat hat sich dahin gestellt, daß von den Domänenabgaben, um die cs sich hierbei gehandelt hat; im Gesammtbetrage von 197/542 Thlr. ein Betrag von 65,398 Thlr., also genau cin Drittel des Gesammt- gee N als steuerartig anerkannt worden ist. Hiernah werden Sie sih überzeugen, meine Herren, daß die Censiten in Schleswig-Holstein feinen Grund haben, sich gegenüber den in ähnlicher Lage befindlich en Grundbesißer der andern Provinzen des Staats über die esultate des in Ansehung ihres stattgehabten Aussonderung®- verfahrens zu beshweren. Der Hinweis auf das in Ausführung des Grundsteuer - Entschädigungsgescßes vom 21. Mai 1861 stattgehabte Aussonderungsverfahren is auch geeignet, die Annahme des Herrn Vorredners zu widerlegen, als ob die nah dem Geseße vom 11. Fe- bruar 1870 erforderliche Einreichung der Klage Seitens der Censiten in Schleswig-Holstein innerhalb der vorgeschriebenen dreimonatlichen Frist mit ganz unüberwindlichen Schwierigkeiten verknüpft sei. Meine Herren, auch das Grundfsteuerentschädigungsgescß hatte in dieser Be- ziehung ganz ähnliche Bestimmungen, wie sie sich in dem Geseße vom 11. Februar 1870 befinden. Auch nach dem dortigen Verfahren hatte zunächst cine Verwaltungsbehörde, die Grundsteuerentschädigungs- Kommission über die Ausfonderung der Steuern aus den Domanial- Abgaben zu befinden. Sie erließ zunächst eine vorläufige, dann eine definitive Entscheidung, und gegen die leßtere stand den hiervon be- troffenen Grundbcsißern innerhalb 3 Monaten der Rechtsweg ossen. Auch die RNesolute der Grundsteuerentschädigungs-Kommission ind ortschaftsweise ergangen, sie haben oft viele Hunderte von Censiten betroffen, und diesen Censiten is es schr wohl gelungen, innerhalb 3 Monaten ihre Klagen anzustellen. Sie haben gemeinschaftlih pro- zessirt, einen gemeinschaftlichen Anwalt bestellt und das Verfahren ist A E N Beschwerden und Unzuträglichkeiten zum Ab- gelangt. ch erinnere dann noch an die Verhandlungen, welche dem Erlaß des Gescßes vom 11. Februar 1870 vorangegangen find. Es is da- mals in Golge cines aus diesem hohen a gestellten Antrages die Grundsteuer für die neuen Provinzen auf einen festen Gesammtbetrag auf3/200,000 Thlr. bemessen worden und zwar unter Zugrundelegung des bisherigen Grundsteuer - Auffommens in diesen Provinzen; bei Ber- anschlagung dieses bisherigen Auffommens für die Provinz Schles- wig-Holstein ist auch derjenige Betrag der stehenden Gefälle mit in Ansaß gebracht worden, welcher nach den damaligen Ermittelungen der Regierung als steuerartig anzuerkennen war. Der damals ange- nommene Betrag hat sich seitdem in dem weiteren Verfolg des Aus- fonderungsverfahrens nur wenig geändert, Es würde der damals zwischen den Vertretern der neuen und der, alten Provinzen getroffe- nen Vereinbarung wenig entsprechen; wenn jeßt Bestimmungen in -