1919 / 279 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 05 Dec 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Oesterreich.

Laut Meldung des Telegraphen-Korrespondenzbüiros ist die ' Nepublik Oesterreich vonz der spanischen und bulgari-

schen Regierung anerkannt worden.

Jn der gestrigen Sizung der Nationalversamm- lung berichtele der Abgeordnete Riehl über den Antrag Lug, betreffend Mitwirkung des Landtags an der Verfassungs- und Verwaltungsreforn. Der Abgeordnete Seit, Präsident der Nationalverjammlung, betonte, die Lähder möchten si

* immer von dem Gedanken leiten lassen, daß Oesterreich ein Staat sei und daß diese staatliche Einheit erhalten bleiben müße, folange bis das Land den natürlichen Anschluß an das

| (Lebhafter

Seijall.) Schli-ßlih wurde der Äntrag mit ciner von Seig

große deutse Wirtsaftsgebiet gefunden habe.

beantragten sormellen Abänderung angenommen.

Die Bewegung sür den Anschluß von Vorarlberg an die Shweiz wird von den Blättern lebhaft besprochen. Die „Reichspost“ meldet aus Bregenz, daß in der vorgestrigen Landtagssizuug der Landeshauptmann zahl- reiche Depeschen und Zuschriften aus dem ganzen Lande zur Kenntnis brachte, in denen der Landtag aufgefordert wird, zur Frage der Selbständigkeit Vorarlbergs dririgend Stellung zu nehmen. Wie es heißt, soll dem Landtag der Antrag unterbreitet werden, die Staatsregierung sei aufzu- Fordern, dem Lande Vorarlberg das Selbstbestimmungsrecht und seine staatliche Zugehörigkeit frei zu geben und hierzu Schritte beim Völkerouno bezw. beim Obersten Rat in Paris einzuleiten. Jm Falle die Wiener Regierung sich weigere oder es unterlasse, sei die Landesregierung zu beauftragen, selb- ständig alle Schritte einzuleiten, um die Enischließungsfretheit Borarlbergs bei den Ententemächten zu erwirken. Hierüber

werde in einer der nächsten Sizungen verhandelt werden.

j Großbritannien und Frland.

Im Unterhause erwiderte das Kabinetlsmitglied Bonar Law den „Telegraaf“ zujolge auf die Anfrage Kenworthys, ob die Alliierten alles iun würden, was in ihrer Macht liegt, um die gegenwärtige d:utshe Regierung gegen die monarchi- sti \he und militärishe Reaktion in Deutschland zu ügen, er wisse nicht, auf welche Weise die Alliierten in diejer Frage interveni:ren sollten. Der Unterstaatssckretär im Aus-

wärtigen Amt Harmsworth ileilte mit, daß im Hinblick auf

die Haltung der rumänischen Regierung die Alliierten nicht

„in der Lage seien, die Lebensmittelversorgung Ru- mäniens weitexhin zu erleichtern. Alle Rumänien ge- währien Erleichterungen seien daher bis auf weiteres zurüd- gezogen worden.

Blättermeldungen zufolge erklärte der Unterstaatssekretär Harmsworth in der Sißung vom 1. Dezember auf eine Anfrage, da China deu Briedenspvertrag mit Deutschland nicht unterzeichnet habe, werde es den“alliierten Mächten nicht mög- lih jein, die Durchführung der im Friedensvertrage vorge- sehenen Verpflichtungen Deutschlands gegenüber China, wie zum Beispiel die Annullierung der Boxer- au ftandsentschädigung, zu erzwingen, jolange China seine Untershrist verweigere.

¡Fraukreich.

Der Obersle Rat hot der rumänischen Regierung nah einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ eine

neue Frist, vom 2, bis zum 8. Dezember, zur Bekanntgabe j

der Antwort auf die vom Obersten Rat gestellten Fragen gewährt. Der Rat beschäftigte sih ferner mit dem Wunsche der alliiertea Kleinstaaien, die einen Anteil an der deutschen Flotte verlangen, diese Schiffe aber nur für die Küstenpolizei zu verwenden gedenken. Es wurde grundsäßlih beschlossen, diesem Wunsche nachzukommen. Die Antwort an die deutsche Friedensdelegation auf die Denkschrift über die Schiffe von Scapa Flow wird dcr Rat heute festlegen.

Eine offizielle Note der französischen Regierung erklärt, daß über die Verkürzung der Militärdienstzeit noch keine Enischeidung getroffen sei. Alle Gerüchte, die darüber verbreitet würden, seien bedeutungslos, da der Ministerrat sich mit dieser Frage noch nicht beschäftigt habe.

-— Wie „Homme Libre“ mitteilt, hat Mustafa Kemal Pascha bei der Entente telegraphish aegen die Beseßung anatolisher Städte durch alliierte Truppen pro- lestiert. Wenn die Alliierten mit ihrem unnienshlichen Ver- fahren foriführen, würden die Folgen vielleicht sehr tragish und weitiragend sein; er erklärte, nur den einmütigen Wunsch seines Voikes auszudrücken, das jeine Existenz und jeine Rechte verieidige. Das armenische Nachrichtenbüro, das dem „Homme Libre“ “diese Depescze übermittelt, klagt in Verbindung damit die Türkei wiederum an, durch ihr Verhalien in Armenien jedes Recht mii Füßen getretzn zu haben.

«Italien.

Der König hat Tittoni als Präsidenten des Senats |

bestälizt, : „Welgiezt, j Auf der Konferenz der Vereinigungen für den Völkerbund wurde laut Meldung des „Wolffshen Teles At u ein {chwedish:r Antrag angenommen, der den ölferbund aujsfo:dert, sobald wie mögli die Richtlinien fest- gustellen, die den einzelnen Nationalitäten innerhalb der Staaten gleiche Rechte in bezug auf Religion, Muttersprache usw. sichern sollen. Ferner wurde vejchlossen, daß jeder Staat, der den Wunsch danach ausspciht, möglichst bald in den Völker- bund aufgenommen werden soll?2. Die Konferenz sprach sich sodann für folgende Anträge ihrer Ausschüsse aus: Der Völkerbund soll drei Zusschüsse schaffen für Handel, Hygiene, Erziehung und sich für die Verbesserung der Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einsezen. Er soll sich weiter darum bemüßen, baß jedes Land durch eine geeignete Geseßgebung ein Mindest- maß an Erziehung und Schulpflicht gewährleistet. Die Ver- pilihtung zum Schulbesuch soll bis zum 14. Lebensjahr er- weiterf werden. Léon Bourgeois siellte dana fest, daß prak- lse Viaßnazmen in der Abrüstuagsfrage erst spruchreif “seten, wein Amerika dem Völke¿bund beigetreten sei. Darauf \{chloß die Konferenz ihre Arbeiten. Die nächste Konferenz tritt 1920 iu Rom zusammerii. Amerika,

Nach einer Reutermeldung hat der amerifanishe Senator Fall, der mit der Uniersuhung der mexikanischen Prage he- aufiragt iît, im Senat eine Entschließuug eingebracht, in der Wilson aufgefordert witd, die diplomatischen Beziehungen mit Mexiko abzubrechen. / Mexiko wird der Vorwucf gemaÿt,

_—_

a

; betreibe. Der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten wird

die mexifanische Frage besprechen.

O EEA ck E T N N

Regierung ausliefern wollen. Afien

A A

Heeresjlärke um 20 vom Hundert herabzufegzen.

iruppen nah Sibirien eine Ministerlrife enistanden sei.

Statistik uud Volkswirtschaft. Arbeitsstreitigkeiten,

aufgenommen. Gestern nahmittag sollte die Abstimung darüber erfolgen, ob heute die Arbeit in vollem Umfang wieder auf- genommen werden follte.

Nachdem auf der der Hamburg - Amerika -Linte nahestehenden Werst und bei Blohm u. Voß die Akkordarbeit®auf- „genommen worden ist, haben, wie „W. T. B.“ erfährt, auch die Arbeiter der Werkstätten der Hamburg-Amerika- Linie sich entschlossen, in Akkord zu arbeiten.

Das Hilfspersonal des Post-, Fernsprech- und Scheckamts in Cöln ist „W. T. B.“ zufolge gestern in den Ausstand getreten. Die Gebäude werden von deutshen und englischen Polizeimannschaften berwaht. Der Ausstand wurde durch Ablehnung der Forderung einer Erhöhung desEinko mmens hervorgerufen. Es handelt sich um einen viertägigen Kund- gebungsausfstand. Bei Wiederaufnahme des Dienstes soll die Leistung von Ueberstunden abgelehnt werden. Wenn am Mittwoch keine zusagende Antwort eintrifft, beginnt der Ausstand von neuem.

Nach eine von „W. T. B.* übermittelten Meldung - der „Agenzia Stefani“ aus Nom wurde gestern gemäß der von der sozialdemoktratis@en Parteileitung und dem Allgemeinen Arbeiterbund getroffenen Entschließung die Arbeit tin ganz Jtalien wieder aufgenommen mit Ausnahme von Bologna, wo die Beendigung des Streiks indessen nah Mitternacht erwartet wurde.

Aus JIndianapolis wird dem „W. T. B.“ gemeldet : 834 Führer des Verbandes der amerikanischen Berg- arbeiter, darunter der Präsident Lewis und der Sekretär Groeel, wurden der verbrecerishen Mißachtung des Gerichts dur Uebertrelung des Verbots . für die Arbeitersührer, am Kohlen- arbeiterausstand teilzunehmen, angeklagt.

Verkehrswesen,

Postnachnahme ift keine Wertangabe. Jn weiten Kreijen des Publikums isi noch immer die Ansicht verbreitet, daß, wenn man eine Postsendung unter Nachnahme ve:shickt, die Post im Falle des Verlustes oder der Beschädigung dafür wie bei einer Wert- fendung Ersay leiste. Das trifft nir zu. Die Angabe eines Nach- ralntebetraas gilt für die Post nicht als Wertangabe. Nachnahme- seudungen werden bet der Post nur dann als Werisendungen behandelt, wenn auf ihnen außerdem noch ein Wert angegeben ist.

e

Wegen der s{wierigen Verkehréverhältnisse treten im deutsch- niederländischen Postfrahtstückverkehr vom 1. De- zember ab folgende Aenderungen ein:

a. Postfrachtstücte können vorläufig nicht mit Nachnahme belastet

land nach den Niederlanden nur bis zur deutschen Grenze frei- gemacht werden; die auf die niederländische Beförderungsstrecke ent- fallenden Gebühren werden von dem Empfänger eingezogen. Im Falle der Unbestellbarkeit derartiger Sendungen hat jedo der Ab- jender außer sämtlichen Gebühren für die Nückbeförderung auch die sonst vom Empfänger zu entrichtenden niederländishen Gebühren für die Hinbeförderung zu tragen. 6c. Frachtgebührenzettel find bei Postfrachtstücken nah den Niederlanden niht mehr zulässig. Nähere Auskunft erteilen die Postanstalten.

Bran naa mern S

Fortan können gewöhnlidße Briefe nach Spanien mit deut|hen Schiffen über Hamburg befördert werden. Abgang etwa dreiwöchentlih. Aujschrist: „Schiffsbrief über Hamburg“. Beförderungsdauer bei unmittelbarer Fahrt etwa 6, sonst 9 bis 10 Tage. Näheres bei den Postanstalten.

Die Vereinigten Elbescchiffabrts - Gesell- schaften teilen laut ,W,. T. B.“ mit, daß von den oberen Pläßen in den leßten Tagen eine Abnahme des Wassers gemeldet wird. (Böhmen hat 107 em Fall.) Auch an den sächsischen Stationen fällt das Wasser, so daß die Meldungen über mögliche völlige Ein- stellung der Elbeshiffahrt durch Hochwasser unbegründet sind.

Theater und Musik,

__ Im Opernhause geht morgen, Sonnabend, zum ersten Male wiederholt, „Susannens Geheimvis“ mit Fräulein Schwarz und den Herren Ziegler (als Gast) und Philipp in den Hauptrollen in Szene. Dirigent ist der Generalmusikdirektor Leo Blech.

Bowit, Berghoff, Gageike, Schröder und Herrn Molkow besegt (Dirigent Dr. Friß Stiedry), und nachher „Silhouetten“, in erster Linie mit Fräulein Berghof| und Herrn Kröller vom Nationaltheater zu München als Gast beseßt, gegeben. Jn beiden Veranstaltungen wirkt ferner das Ballettpersonal mit. Dirigent der „Silhouciten“ ist der Kapellmeister Otto Urack. Anfang 7 Uhr. Im Vpernhause findet am Freitag, den 12. d. M., Mitiags 12 Uhr, cine Mittagsvorstellung zum Besten der notleidenden Kinder Wiens statt. Mitwirken werden sämtliche Kategorien des Kunstpersonals, ‘die sich “ebenso wie das tehnishe und das Hauspersonal unentgeltlih zur Verfügung stellen, Das genaue Programin, das einen orestralen, einen chorgesanglicen, cinen solistischen und eineu Balletteil aufweist, wird demnächst be- kanntgegeben werden. : i

Im Schau} ptelhause wird morgen „Maria Stuart“ in

aufgeführt. Uufang 64 Uhr.

In den Kammerspielen des Deutschen Theaters wirken in der am nächsten Dienstag stattfindenden gritaullideung von Strindbergs „AÄdvent" in den Hauptroüen mit: Paul Wegener, Rosa Bertens, Werner Krauß, Gertrud Eysoldt, Max Gülstorff, Auguste Pünkösdy, Aribert Wäscher, Elsa Wagner, Paul Günther und Hugo Döblin. Ferner wcrden zwei wichtige Kinderrolen von

Aus Juarez (Mexiko) wird gemeldet, daß der General Villa von einer Abteilung seiner eigenen Leute gefangen ge- nommen ist, die ihn gegen eine Belohnung an die mexifanische

Nach einer Meldung der „Times“ aus Peking wird in der Botschafi des cinesishea Präsidenten darauf hin- gewiesen, daß das Land dem Bankeroit enigegengehe, wevn ! die Zahl der unter den Waffen befindlichen Truppen weiterhin ! auf derselben Höhe gebalien würde. Es wird beabsichtigt, die

Der „Daily Expreß“ meldet aus Tokio, daß infolge einer Meinungsuershiedenheli über die Absendung von Ersaßz-

Auf den Werken in Bitterfeld hatten gestern, wie „W. T. B.“ meldet, durchschnittlich 85 vH der Arbeiter die Arbeit wieder

werden. b. Bis auf weiteres können Postfrachtstücke aus Deutsch- |

“cs

D

Maunigfaltiges.

Cinfuhr von Lebensmittelpaketen. In der Presse wird vieifach über die Erschwerung der Einfubr - von Leb-nsmittel- paketen geklagt. Seit dem 12. September 1919 sind aber alle Liebesgabensendungen ohne weiteres einfuhrfrei. Nur Genußmittel, wie Kaffee, Tee, Kakao, unterliegen dem tarif- wüßigen Zoll, der in Bedürftigkeitsfällen bei der Zolltehörde reflamiert werden kann. Auh {weben Verhandl"ngen, kleinere Mengen folher Waren in M zollfrei einzulassen. Wenn in ameril#nischen Postämtern Verordnungen über den Versand von Lebenémittelpakeien anges{lagen find, nah denen diese Butter, rleisch, Speck, Mehl, Zucker und Luxusartikel überhaupt nit, Margarine, Schmalz, Gebäck, Teigwarez, Zuckerwerk, Kaffee, Tee, Erzeugnisse der Kakao- und Schokoladenindustrie nur bls zu einem Gewiht von je einem - Kilo, ferner Seife, Kerzen, Stärke bis zu einem Gesamtgewiht von 24 Kilo enthalten dürfen, fo bezieht sih diese Bekanntmachung nit auf Liebesgaben, sondern nur auf fkäufliGß erworbene Pakete, deren Höchstgewiht auf 9 Kilo festgesegt ist, während eine derartige - Höchstgrenze für Liebe8gabenpakete nicht besteh. Wenn in Atrnerika Sammlungen für notleidende Inländer stattfinden, so ist nit ersiHtli, wie diese dur die Beschränkung des Gewichts und des Inhaits käuflich erworbener Pakete beeinträhtigt werden könnten, zumal si: größten- teils zur Berieilung an die Amerikabilfe und das Rote Kreuz ab- gehen, in welWem Falle fie überhaupt Zollfreiheit genießen. Eine Beschränkung käuflich erworbener ‘Pakete nah Menge und Inhalt ist mit Nüctsicht auf die noch ausftehende Zentralisation und den schlechten Stand der Valuta geboten, ganz abgesehen davon, baß bei unbe|chränkter Zulassung von Post- und Stückgutsendungen eine einigermaßen gleihe Verteilung der lebensnotwendigen Nahrungs- mittel überhaupt niht mehr durchzufübren wäre.

P I I E D MUT O N I. Ed I T Li T T M Gm A UR E

E

Der von dem Verlag von Georg Wigand in Leipzig heraus- gegebene Ludwig Nichter-Kalender ist für das Jahr 1920 in der bewährten Ausstattung wieder erschienen (4 #). Wohl- gelungene Nachbildungen von Zeichnungen des Altmeisters Richter zieren jeine Blätter und werden nicht verfehlen, auf den Beschauer

7 den ursprünglichen Reiz auszuüben, der der eht deutshen, an- 7 heimelnden und das Gemüt ansprehenden Kunst Richters innewohnt.

Cuxhaven, 4. Dezember. (W. T. B.) Der Altonaer Fishdampfer „Mertuxr" ist in der Nordsee auf eine Mine gelaufen und gesunken. Die Besaßung trieb 36 Stunden in Pooten, ehe sie von dem Dampfer „Regulus“ aufgenommen wurde. Der schwedtsche Shleppdampfer „Holger“, mit dem Leichter „Halstad 3* von Hull nah Malmö mit Kohlen unterroegs, hat den Leichter mit der vier Mann starke.n Besaßung bei Amrumbankfeuerschiff in der Nähe eines Minenfeldes verloren. Ueber das Schicksal des Leichters ist nichts bekannt.

Lauenburg, 4 Dezember. (W. T. B.) Der General« feldmarshall von Mádkensen traf heute vormittag bier ein. Zu feinem Empfang war außer einer Ehrenkompagnie auch cine Abordnung der Danziger Leibhusaren ershienen. Vor dem Bahnhofe hatten auch zahlreiche Innungen,. Vereine und Schulen Aufstellung genommen. Der Landrat Dr. Kreßmann hielt eine Ansprache, für die der Feldmarschall herzlich dankte. Er gab feiner Hoffnung Ausdruck, hier eine Heimat zu finden. Der Feldmarschall begab sich nach einer Fahrt durch die fesllih ge- i Stadt, in der er jubelnd begrüßt wurde, nah Groß Jannewißg.

London, 4. Dezember. (W. T. B.) „Telegraaf“ meldet, daß gestern der Dampfer „Jessica“ aus Hambur auf der Them}e gelöscht wurde und als erstes Schiff unter deutscher Flagge wieder nah Deutschland zurüdck-

FARDO. E S A

ama R

Vorher wird das Ballett „Klein Idas Blumen“, mit den Damen |

wv

bekannter Beseßung unter der Spielleitung von Dr. Reinhard Brut |

daß es in den Vereinigten Staaten bolschewistishe Propaganda

R Eysoldt und Gertrud Igoscheck gespielt. r, Ludwig Berger

Spielleiter ist 2

fuhr. Die Besaßung durfte nicht an Land gehen, Weitere deutsche Swiffe werden erwartet.

Paris, 4. Dezember. (W. T. B.) Gestern abend ist die 93 jährige Erxkaiserin Eugenie in Paris eingetroffen, um einen Augenspezialisten zu konsultieren. Sie wird von Paris nah Kap Saint-Marktin reisen, um dort den Winter zu verbringen.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.)

Theater.

Opernhaus. (Unter den Linden.) Sonnabend: 254. Dauer- bezugsvorstelung. Dienst- und Freipläte sind aufgehoben. Susauneus Geheimuis. Intermezzo in einem Akt nach dem Französishen von Gurico Golisciani. Deutsch von Max Kalbe. Musik von Ermanno Wolf-Ferrari. Vtusikalische E Generalmusikdirekior Leo Blech.

Spielleitung: Karl Holy, Vorher: Klein Jdas Blumen. Ballett in einem Aufzug nah dem Märchen von H. C. Andersen von Paul von Klenau. PVêèusikalische Leitung: Dr. Friß Stiedry. Ballett- leitung: Heinrich Kröller. Nachher: Silhouetten. Tanzszenen von Schatten zu Licht. Entworfen und einstudiert von Heinrih Köller. Musikaliscke Leitung: Otto Urack. Ballettleitung: Heinrich Kröller. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.} Sonnab. : 269.Daucr- bezugsvorstelung. Dienst- und Freipläge find aufgehoben. Maria Stuart. Trauerspiel in fünf Aufzügen von #Friedrich Schiller. Spielleitung: Dr. Reinhard Bruck. ' Anfang 6F Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 255. Dauerbezugsvorstellung. Dienst- und Freipläße sind aufgehoben. Loßeugrin. Romantische Oper in drei Akten von Nihard Wagner. Anfang 5 Uhr.

Schauspielhaus. Nachmittags: 17. Kartenreservejag. Der Dauerbezug, die ständig vorbehaltenen sowie die Dienst- und Frei- pläße find aufgehoben. 18. Volksvorstelung ¿zu ermäßigten Preisen: Gespenster. Anfang 2 Uhr. —— Abends: 270.. Dauer- bezug8vorstellung. Dienst- und Freipläße find aufgehoben. Maria Stuart. Trauerspiel in fünf Aufzügen von Friedrih Schiller. Spielleitung: Dr. Neinhard Bruck. Anfang 63 Uhr.

Familiennachrichten.

Gestorben: Hr. General der Infanterie, z. D. Wilhelm von Uslar (Berlin-Schöneberg). Hr. Amtshauptmann, Nitim-iitas Graf Friedri zu Castell-Casteli (Dreéden).

E

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg,

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle Rechnungsrat Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlagsanstalt Berlin, Wilhelmstraße 32. At Beilagen (einshlic{liÞh Börsenbeilage und Warenzeitenbeilage Nr. 94 A und B) und Erfte und Zweite Zentral-Handelsregister-Beilage.

Erste Beilage

zum Deutschen Neich8auzeiger und Preußischen Staatsanzeiger.

2 QD.

E f ICACMEDN G A) C U E Af

E E L A L L LRA L ER E “E _—

Nichtamtliches.

Deutsche Nationalversammlung in Berlin.

121. Sigung vom 8. Dezember 1919. (Bericht des Nachrichienbüros des Vereins deutscher Zcitungsverleger*).)

Am Regierungstische : Der Reichsfinanzminister Erzberger.

Präsident Fehrenbach eröffnet die Sizung um 1 Uhr 20 Minuten.

Von dem Präsidenten der österreihishen National- versammlung is ein Telegramm eingegangen, in welchem er für die großzügige Hilfe dankt, die Oesterreich in seiner Lebens- mittelnot durch Deulschland gewährt wird. Das Telegramm versichert, daß diese ohne Nücksicht auf die eigene Vot Deutsch- lands geleistete Hilfe für das vor dem Abgrund stehende öster- reichische Volk in allen Herzen den stärksten Widerhall gefunden habe. Die Reichsdeutschen in Oesterrei haben SlUBfAtA ein Danktelegramm für die Hilfe gesandt, in dem sie versichern, daß diese edle nationale Tat Deutschlands bei allen Bewohnern Oesterreichs nie in Vergessenheit geraten wird. (Die Verlesung der Telegramme wird vom Hause mit lebhaftem Beifall ent- gegengenommen.) -

Auf der Tagesordnung sieht die erste Beratung des Ent- wurfs eines Landes steuergeseßtes.

Reichsminister der Finanzen Erzberger: Meine Damen und Herren! Wir stehen vor der Beendigung des zweiten Abschnittes des großen Wertes der Steuerreform. Wenn Sie die gegenwärtig zur Beratung stehenden großen Steuergeseße nah der Reichsabgaben- ordnung das Netichsnotopfer und die Umsaßsteuer verabschiedet haben werden, sind wir ein erhebliches Stück zweitergeklommen auf dem Wege zur endgülttgen Neuordnung unseres Finanzwesens. Auch dann gilt es noch große und schwere Arbeit zu leisten, ehe wir am Ziel angelangt sind und fagen können, dexr so sehr verfahrene Wagen der Neichsfinanzen ist nun wieder flott geworden. Aber - das, was wir in Weimar und hier bereits geleistet haben, gibt uns die Hoffnung, daß wir au den Nest der großen, so außerordentlih {weren Auf- gabe erfüllen werden, die uns in der unmittelbaren Gegenwart gestellt ijt. Sind erst einmal die laufenden Gegenwartsausgaben in Einflang gebracht mit den laufenden Einnahmen, dann werden auch die hinzu- tretenden neuen Anforderungen weit leichter gedeckt werden können, denn wir haben dann wieder festen Boden unter unseren Füßen. Das ist 68, was wir jo notwendig brauchen.

Soweit es sich bei der Finanzreform um eine Neugestaltung des Steuerwesens handelt, ist die unmittelbare Gegenwartsaufgabe eine dreifache: eine quantitative, eine qualitative und eine distributive Aufgabe.

Die quantitative Seite des Steuerproblems besteht darin, daß wir die benötigten Milliarden aufbringen. Angleihhung der laufenden Einnahmen des Reiches an die gegebenen laufenden Ausgaben heißt die Losung. Hier liegt die erste Vorausseßung der finanziellen und wirischaftlihea Gesundung. Nur wenn es gelingt, diese während fünf langer Jahre so stat? vernaclässigte Forderung einer jeden ge- sunden Finanzpolitik zu erfüllen, kann wieder Ordnung in unsere Angelegenheiten kommen, tann für unser gesamtes Staaiswejen die große materielle Grundlage geschaffen werden für die Betätigung seiner so vielfältigen Aufgaben. Die laufenden Staatseinnahmen sind zweifaher Natur. Einmal ïöónnen solche gewonnen werden durd) Steuern, sodann dur wirt[chaftliche Cigenbetätigung der öffentlichen Körperschaften, durch Uebershüsse von Erwerbsanstalien. Für den Augenblick können wir nur daran denken, nah neuen Steuei quellen zn shürfen und bestehende besser und volltfommener anzuschlagen. Die Schaffung von neuen Erwerxbsmöglichkeiten für das Reich und von Ueber-

,

* shüfsen aus folhe Grwerbsanstalten müssen wir der nächstfolgenden Zeit

überlassen. Auch auf diesem Gebiete wird das Reich in Zukunft anders ge- stellt werden als bisher. Darüber besteht für mih kein Zweifel. Die Umwandlung des ganzen Verkehrêwesens, in erster Linie die Ver- einheitlihung des Gisenbahnwesens, wird den Auftakt bilden zu ciner großen neuen Geseßgebung, deren Leitgedanke das Gemeinwohl, die Solidarität im hanzen Wirtschaftsleben sein wird. Es wird sich dabei zum Teil um eine Neuorganisation des gesamten Wirt- shaftslebens handeln. Damit aber müssen notwendigerweise die Fragen der Grundlagen der ganzen Volkswirtshaft aufgerollt und Meinungsgegensäße grundsäßliher Natur ¿um Austrag gebracht werden.

Unsere Finanzlage erfordert ra\ches Handeln. Wir können es uns nicht leisten, lange Monate über das grundsäßlihße Vorgehen zu verhandeln und dann eine noch längere Zeitspanne zur praktischen Durchführung zu. gebrauchen. Bei einem solchen Verfahren würde der Wagen der Neichsfinanzen noch tiefer in den Morast hineinsinken. Darum muß die Steuerreform zuerst gelöst werden, ehe wir an dke Frage der Ausstattung des Reiches mit etwaigen neuen Erwerbs- einkünften herantreten können. Durch Steuern müssen doch \{chließ- lih die Bedarfsmittel des Reiches größtenteils aufgebracht werden.

Es gilt jedoch nicht bloß, die Einnahmen den Ausgaben anzu- passen, das quantitative Problem zu lösen, es soll auch eine w irx kli e Reform vorgenommen werden. Die Reform hat zur Voraussezung eine entsprechende Gliederung des Steuerbedarfs, eine gerechte Lasten- verteilung, eine neue Fassung der Steuerquellen, Neuerungen auf dem Gebiete-der Steuererhebung. Im engsten Zusammenhang damit steht dann das distributive Problem, die Verteilung der Steuerein- nahmen auf die verschiedenen Steuergeroalten, auf Reich, Linder ‘und Gemeinden. Aug, hier ist {on ein Teil der Aufgabe erledigt, “ein anderer Teil muß noch bewältigt werden. Nur wenn das ganze Werk nach diesen drei Seiten hin glücklich durchgeführt worden ist, ift die Aufgabe, die deutshen Sieuern gründlich zu reformieren, wirklich erfüllt.

*) Mit Ausnahme der Reden dex Herren Minister, die im Dortlaute wiedergegeben werden, ; e

Berlin, Freitag, deu 5. Dezember

Bei der Weitschichtigkeit der Aufgabe, die es 'zu erfüllen gilt,

Steuerreformen tun konnte. Es ist tehnish nit mögli, die Ge- famtheit der zu der Neform nötigen Steuergcseze auf cinmal dem Parlamente vorzulegen. Das Neformwerk mußte mit RNücksiht auf die Lage der Finanzen fo rasch als möglich in Angriff genommen werden und da schien nur die Methode des Vorgehens bei der Ne- formarbeit geeignet, die wir seit dem Juli verfolgt haben, nämlich cine stufenweise Erledigung der Steuergeset- gebung.

Durch die stufenweise Erledigung der Arbeit ist es möglich, ver- hältnismäßig ras vorwärts zu kommen. Neben direkten Steuern find immer auch indirekte Steuern in Vorlage gebraht worden. Durch diese Verteilung der ganzen Neformaufgabe gliedert si die Gesamtheit der gesetzgeberischen Maßnahmen auf finanzpolitishem Gebiete in ver- iedene Abteilungen, die aber innerlich in unlösbarem Zusammenhang miteinander stechen. Sie sind alle Teile des großen, na) einheitlichem System aufgebauten Nefoimwerks. Hätte man erst warten wollen, bis alle Entwürfe, dic wir im Laufe dieser Reform durchzuberaten haben werden, ausgearbeitet worden wären, so wäre es bis jegt überhaupt nit möglih gewesen, der Nationalversammlung diese Eniwürfe vor- zulegen. Denn es ist klar, daß eine Reform von so ungeheuren Aus- maßen „und fo großen Zielen in der Umgestaltung der steuerlicen Zuständigkeit, des Steuerrehts und der Steuerveranlagung niht in wenigen Monaten bis in alle Einzelheiten vor- bereitet fein kann. Wenn dann endlich die Gesamtheit der Steuergeseßze vorgelegt worden wäre, dann hätte das Parlament vor einer MNiesenaufgabe gestanden, deren Bewältigung gleihfalls lange Zeit in Anspruch genominen hätte. Was aber not tut, das ijt das: Es müssen mit möglihster Beschleunigung Steuer- geseße verabschiedet und in Kraft gefeßt werden, damit die gewaltige Gbbe in den Steuerkassen des Reiches möglichst rasch beseitigt wird. Durch dieses etappenweise Vorgehen kommen progressiv neue Steuer- einnahmen herein. Noch bevor die gesamte Reform abgeschlossen fein wird, werden s{hon die zuerst beschlossenen Steuern Erträge er- bringen.

Dieses stufenweise Vorgehen hat au noch den Vorteil, daß die Nationalversammlung die einzelnen Geseße mit größerer Muße durh- beraten kann. Es sind jeßt schon cine Reihe von Kommissionen not- wendig, um diese weittragenden, in unser gesamtes Wirtschaftsleben so tief einschneidenten Gesezentwürse gründlich durchzuberaten. Würden alle Entwürfe auf einmal vorgelegt rerden, so wäre es cin- fach ' unmögli, eine gesunde- Arbeitsverteilung vorzunehmen. Aus diesen technishen und fachlihen Gründen dürfte die Anordnung einer stusenweisen Erledigung der Steuergescße wohl die den Bedürfnisien entsprechendste Form der Arbeit sein. Die Kontinuität der Re'orm- geseßzgebung wird dabei gewahrt in der Weise, daß stets {hon vor Erledigung der einen Steuergeseße die Entwürfe des folgenden Ab- shnittes der Nationalversammlung zugehen, fie liegt aber auch darin, daß jeder Teilabschnitt der Reform nichts anderes darstellt als einen Ausschnitt aus dem großen Gesamtreformplan. Bei jeder einzelnen Etappe unserer Arbeit werden wir Steuern von solhem Umfange zu bewilligen haben, wie früher die größten Finanzreformen in Reich und Einzelstaaten niemals erbracht haben !

Um nun einen Ueberblick über . das" gesamte Reformwerk zu ge- winnen, möchte ih noch einmal das Gefamtbild der Reichsfinanzen

Ich unterscheide dabei ein Doppeltes: das Bild der Reichsfinanzen, wie es sich im Augenblick darstellt, und das Bild, welches #ich in der

nächsten Zukunst bieten wird. /

Die gegenwärtige Lage unserer Finanzen habe ih bei meiner lezten Rede zum Etat schon ziffern- mäßig - gekennzeichnet. Der größeren Uebersichtlichkeit halber will ich noch einmal die wichtigsten Ziffern hervorheben, um ein abgerundetes Bild gêben zu können. Der Etat von 1919 wird uns gegenüber dem Etat von 1918 eine Entlastung in den Gesamtausgaben bringen von 21 F Milliarden Mark. Dennoch trägt auch der Etat von 1919 noch kein normales Gepräge, er ist in wesent- lichen Punkten noch immer ein Kriegs-, kein Friedensetat. Das tritt am deutlichsten hervor aus der großen Summe von außerordentlidhen Aus- gaben, welche in den Haushaltungsplan von 1919 eingestellt werden mußte. Es sind dies nicht weniger als 41 Milliarden Mark. Woher diese große Summe vor allem. kommt, ist neulich s{chon dargelegt worden, es genügt, uoch einmal darauf hinzuweisen, daß allein infolge der Ab- wicklung des Krieges, der Demobilisation, der Abwicklung der Geschäfte des álten Heeres und der alten Marine, sowie infolge der 17 Milli- arden, die für die Erfüllung des Friedensvertrags notwendig wurden, und der 31/3 Milliarden für Verbilligung der Lebensmittel, im ganzen rund 37 Milliarden Mark außerordenilihe Ausgaben erforderli sind. Auch die übrigen 4 Milliarden tragen noch ganz das Gepräge der Kriegswirkungen. j |

Dazu kommen dann einmalige Ausgaben von rund 2 Milliarden, die. in der Hauptsache Teuerungsvorschläge darstellen. Dieser Posten wird später, sobald « die Beamtenbesoldungsreform durchgeführt sein wird, in mehr oder minder großem Umfange auf die fortlaufenden Ausgaben hinüberwechseln.

Diese Besoldungsreform halte ih für eine d|t wichtigsten Staatsaufgaben. (Sehr richtig! Bravo!) Es muß danach *ge- strebt werden, daß die. Beamteu, welhe durch die Umwertung aller Werte mit am s\chwersten getroffen sind (sehr rihtig)! wieder in ihre soziale Position eingereiht werden. Der Staat hat das größte Interesse an einem nihtvershuldeten Beamtenstand, - der in seinen Einkommensverhältnissen so gestellt ist, daß er wirtshaft- lih zurechtkommen fann. Nur dann wird die nöôtige Berufsfreude fih ungehemmt entfalten, nur dann wird auch der Stolz an der Leistung wiederkehren, der ein so hervorstehendes ‘Merkmal des deutshen Beamtenstandes stets gewesen ist. (Bravo !) Bei dieser

- Besoldungsreform müssen auh manche während des Krieges bereits

Éonnte nicht fo vorgegangen werden, wie män dies bei kleineren !

und der heraus erwáächsenden Aufgaben- in kurzen Strichen umreißen. ,

LDAS.

O Di POUIDA E T I P A! T O C2 TEiN Ce l En Y x F008 | bérvorgehobene Mängel der alten Gehaltsordnung beseitigt werden. | Es wird zu prüfen fein, inwieweit das Anfangsgehalt in ein anderes | Verhältnis zum Endgchalt gestellt werden muß (sehr rihtig !), inwie- | weit die Familiengröße zu berücksihtigen ist uud dergleihen mehr.

(Sehr ricitig !) - Andererseits aber ist auch zu prüfen, ob die bie- herige Arbeitsverteilung überall die ridtige ist. (Sehr richtig !) Jede Beschäftigung hoker Beamten mit Tätigkeiten, welchc ebenfogut vou Personen mit weit einfacherer Vorbildung ausgeführt werden können ist voltswirtshaftlich cine Vershwendung. (Sehr ridtig !) Die

=

Beamtenreform muß, gerade weil sie viele neue Gelde: notwendig machen wird, auch cine Dienstreform fein un

den modernen Verhältnissen angepaßt werden. (Sehr gut ! Der wissenschaftliche Streit, ob das NRentenprinzip oder das Aegui valentsprinzip bei der Beamtenbesoldung herrshen foll, bedeut« meines Erachtens eine falsche Fragestellung. Die Beamtenbesoldun 3 muß vielmehr fo aufgebaut werden, daß dic Beamten ibr standeëé gemäßes Auskommen finden, daß man ihnen abccr au umzekchrt eine folie Art und ein solhes Maß von Aufgaben zuweist, wie es ibrer Vorbildung und ihren Fähigkeiten entspricht. (Sehr gut!) Wenige1 beshließende Köpfe und mehr ausführende Kräfte, weniger .\Gwex- fälliger Instanzenzug und größere Elastizität wird eine der Hauyt- forderungen der Zukunft bilden. Der Grundsaß muß dabei sein Gute Bezahlung für gute Leistung und Anpassung der Vorbildung an die im Dienste gestellten Au fa gaben. (Bravo!)

Die. Vorarbeiten für die Besoldungsréform sind im NReichsfinanz- ministerium vor geraumer Zeit in Angriff genommen worden, und ich gebe der Hoffnung Ausdruck, daß es mir nah Verständigung mit den Ländern und den Beamtenorganisationen mögli sein wird, im Laufe des Monats Februar die durchgreifende Besoldungsvorlage der National- versammlung zu unterbreiten. PVeeinerseits werde ih vorschlagen, sie mit Wirkung vom 1. April 1920 in Kraft treten zu laffen. Soviel zu dem Etat und der Besoldungsreform.

Die fortlaufenden Ausgaben für 1919 sind mit 137 Milli- arden ‘eingeseßt. In dem Maße, in welchem eine Séßung der ge- samten finanzwirtshaftlihen Verhältnisse erfolgt, die außerordentliden Verhältnisse des Krieges vershwinden und an ihre Stelle ein Dauer- zustand tritt, müssen die fortlaufenden Ausgaben sih mehren, die eine maligen Aufwendungen dagegen werden entsprechend abgebaut werden. Was in den eben genannten Zahlen zum Ausdru tommt, ist also eine Art von Momentaufnahme des Bildes des Neis bedarf s, wie er sih im gegenwärtigen Augenblick darstellt.

Wie erfolgt nun die Deckung ‘der eben genannten laufenden Aus« gaben? Da stehen zuaähst zur Verfügung die Einnahmen aus den Steuern, Zöllen und Gebühren, die bercits von früber her vorhantén find, Diése Einnahmen sind für das Jahr 1919 mit 4,2 Milliarden Mark veranschlagt worden. Es wäre also eine Summe von 9 Milliarden aus neuen Steuern schon im Jahre 1919 notwendig, um den laufenden Ausgabenetat steuerlich auszugleihßen. Nun haben sid, wie hon neus lih hervorgehoben, die Steuereinnahmen wesentli anders cnt«- widckelt als früher gesGäßt worden ist. Einige Steuern {sind zwar erheblich hinter der Schäßung zurückgeblieben, besonders die Uinsaßz« steuer, bei welher cin Minderertrag gegenüber der Schäßung von nahezu 300 Millioncn Mark zu euwarten ist, sowie die Abgaben vom Post- und Telegraphenverkehr, vom Personén- und Güterverkehr. Wenn die Entwicklung dieser Einnahuequellen fo weitergebt, wie iun erstex halben Jahre, fo werden sie gegenüber dem Voranschlag nicht anerhebli} weniger bringen. Dagegen haken andere Steuern eine bedeutend günstigere Entwicklu ng quf« zuweisen. Geht diese Entwicklung in den folgenden Monaten fo weiter, so wird do ein bedeutend höherer Ertrag an Steuern erzielt werden, als im Voranschlag vorgesehen war. Eine annähernd genaue Ziffer läßt sh in dieser Hinsicht natürliß {wer nennen, weil mit großen Unsicherheitsfalktoren zu renen ist. Die Entwiklung des Wirtschaftslebens während des Winters wird dabei eine große Rolle

nur 1 Milliarde Mark ausmachen würde, könnte man mit dieser Ent- wicklung {on zufrieden sein. Dann aber müssen no% 8 Milliarden Mark des laufenden Etats gedeck werden.

In Weimar haben wir an laufenden Steuern, die in die Reichs- kasse fließen werden, über 1000 Millionen Mark bewilligt. Diese Steuern werden fih zum Teil noch im gegenwärtigen Rechnungsjahr geltend machen. Wichtiger aber sind die beiden einmaligen Steuern, die dort in Weimar beschlossen worden find, die außerordentliche Kriegsabgabe für 1919 und die Besteuerung des während des Krieges eingetretenen Vermögenszuwachses. Beide zusammen sollen ja 12 Milliarden Mark erbringen. Diese Steuern stellen gewissermaßen einen Reserveposten dar, der herangezogen werden wird und hberan- gezogen werden muß, um schon in diesein Jahre den Ausgleih zu finden, der aber auch beim nächsten Etat noch eine bedeutsame Nolle spielen kann. Kommen die erwarteten Erträge aus diesen btiden Steuern wirklih auf, so haben wir damit die Möglichkeit, eine Er- gänzung der laufenden Steuereinnahmen vorzunehmen, bis die wich- tigsten der neuen Steuerquellen voll fließen. Es werden ja au außer den eben genannten Steuern noch Einnahmen für das laufende Rechnungsjahr erzielt werden aus den beiden großen Steuern, dic jeßt endgültig bes{lossen werden sollen. ;

Aber das Wesentliche wird doch bleiben, daß wir in den eben genannten Kriegssteuern eine Art Reservefonds haben, den wir be« nüßen müssen, bis die neuen Steuern richtig laufen. Meines Er- achtens wäre es nicht angezeigt, wenn man aus diesen beiden Steuern etwa vorhandene Schulden tilgen wollte, soweit dies nicht direkt not- wendig wird durch die Art der Bezahlung dieser Steuern. Wir müßten dann eben wieder neue Schulden aufnehmen, das aber er- scheint mir ziemlich unökonomish. Es dürfte rihtiger sein, wenn statt neuer Schuldaufnahmen die Erträgnisse dieser Steuern benügßt werden, um eine Ergänzung der laufenden Einnahmen herbeizuführen. Denn was wir mit aller Kraft anstreben wollen, ist: fobald als

mögli aus dem Schuldenmachen herauszutommen, Deswegen bitte

spielen. Aber selbst wenn der Mehrertrag gegenüber dem Voranschlag *