1919 / 279 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 05 Dec 1919 18:00:01 GMT) scan diff

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ih angesihis der Höhe der Steucerlasten. Steucrrech!s zwis{hen Noi

Klarheit {afen

bieten, ibre notwendigen Aufgaben zu erfüllen, und drittens- bei: all drei Steuergeiwalten cleihmäßig auf eine nüßliÞhe und notwendi Sparsamkeit hinwirken. füllung wirklicher Kullturaufgaben nit gebemmt sein. Def M A ot Ey { 4 7 ousammenfezung des Neichéparlaments garantiert cine verständnisvol .) P P É a A r rfltidMon Nob, 7 z ; D tücksichtigung der wirklichen Bedürfnisse der Länder und Gemeinde vol aber werden Länder und Gemeinden in als bisher prüfen müssen, ob neue Aufgaben wirk aufgaden anzusprecen find, weniger entbehrliche Aufwendungen handelt. Man hat gesagt, da kein Staat der Welt in den leyten Fahren vor o hlel Geld für öffentlide Bauten T anrrt t G f tAB tee c : é Deutshland. Ob dies rihtig ist, vermag ih nit nahz1 B 4 R e 2A A 6, : ; prüfen. Aber immerhin ijl eines wahr, daß unmittelbar vo dem Kriege cin

ch nehme aber auch das Nei niht auê

liche Aufwendungen sind unvereinbar mit der finanziellen N

zu tun.

Es würde sich aber cia durcaus falsches Bild der zutünftigen

Verhältnisse ergeben, wollte man annehmen, daß Länder und Ge- lichem E Das ist durchaus nit der Fall. Praktisch ist vielmehr die Masse ihrer Steuereinnahmen durch das Landesbesteuerungëgeseß gegenüber der Vergangenheit außerordentlich ausgeweitet. Darauf kommt {ließli alles an, ob Länder und Ge- meinden au die nötigen Summen, die sie zur' Betätiquna threr Kulturaufgaben brauchen, erhalten. Man muß darum stets folgendes im Auge behalten:

meinden nur noch eine sehr geringe Selb ständigkeit auf

steuerlihem Gebiete besäßen. .

) Die Länder und Gemeinden erhalten dur die Neuregelung der Vesteuerung statt 27 Milliarden vor dem Krfege im ganzen 64 Milliarden Steuercinnahmen, teils aus Steuern, die ihnen ver- blfeben find, teils aus den Neberweisunzen von seiten des Neihs.

20) Die Einkommensteuer mit Ausnahme der Kapitalrentenstcuer wird zu einem außerordentlich Hohen Betrage den Ländern und Ge- meinden zugewiesen, und zwar in einem weit höheren Betrage, als

jedes Land für sih und jedes Gebiet für fich überhaupt herausholen könnte; denn fie erhalten von den Zteuerbeträgen der Steuer- pflichtigen, deren steuerbares Einkommen 15050 M nit überstetat,

elnen Änteil von . 920 vom Hundert

der Skeue1pfliftigen mit cinem Einkommen

von mehr als 15 000 bis 25000 6 839 vou Hundert, p00 GVPOD 00000 0 ¿ e OOOOR 100000 60 4 ew 00000. 100000 O p e LO0.OOO 900 020 „O, b e «“ , OU0 UUO ," 30 x 4

Pon den Steuern, die aug der Beskeueruug der Körperschaften und

dér loten Hand fließen, uimml das eei 50 Prozent für sih in Anspruch und die anderen 50 Prozent dic! Länder und Gemeinden. Auf diese Weise werden besonders die Gemeinden, die sih bisher in Steuernot befunden haben, eine ganz erheblihe ECut- lastung erfahren. Sie werden mehr Einnahmen haben als früher und höchst wahrscheinlid) viel früher aufatmen können, als vor dcin Kriege, sicher aber einer bessereu Zukunft entgegengehen, als wenn sie allein auf thre Zuschläge angewiesen sein würden.

3) Den Ländern bleibt im Rahmen der aufgestellten Grundsäße die Beleiligung der Comeinden und Gemeindeverbände an den Ueber- weisungen aus MNReichssteuern vorbehalten. Die Landesgesetz- gebung hat hier ein außerordentlich wichtiges Gebiet zu ihrer absolut jreien Betätigung. Das Neih regelt das Verhältnis zu Gemeinden und Ländern nur in ganz wenigen, im Landesbesteuerungsgesep niedergelegten Paragraphen und gibt hier den Laudeësverwaltungen nahezu unbes{ränkte Freibeit, wie fie das Einkommen aus der Einkommensteuer verteilen wollen, (Zurufe.) : '

4) An eigenen Steuern bleiben den Ländern und Gemeinden die Vergnügungssteuern und Ertragssteuern, die sie modern ausgestalten müssen. Daraus lassen sich, wenn eine vernünftige Ausgestaltung erfolgt, ganz bedeutend höhere Erträge erzielen als bisher. Wenn ih sage, daß den Ländern und Gemeinden 44 Milliarden aus der Einkommensteuer verbleiben, und daneben stelle, daf, sie aus den Er- tragssteuern eine Milliarde herausholen können, \o sehrn Sie, welch aroßen Spielraum Länder und Gemeinden auf dem Gebiete der Er- tragssteuern haben. Der freie Spielraum umfaßt 25 Prozent des gesamten Aufkommens, das aus der Einkommensteuer überhaupt fließen kann. (

9) Es ist den Ländern und Gemeinden niht benommen, was vorhin Ihre Heiterkeit erregt hat, als ih es sagte, nad neuen Steuern Ausschau zu halten. Aber, meine Herren, warum soll si der \Meichsfinanzminister allein den Kopf zerbrehen ? (Zurufe rechts.) Solange er 25 Kollegen in den einzelnen Ländern hat, will er auch Ihnen etwas Erfinderrect überlassen (Zurufe rets), und auch die Herren Stadtkämmerer können und werden sih darein finden müssen, nit nur den einfachen und bequemen Weg zu gehen: Nimm deine Unterschrift und seße statt 100 Prozent Zuschlag 125 Prozent. (Zuruf rehts: Sie stehen doch unter Jhrer Kontrolle !) -— Sie stehen nit unter meiner Kontrolle, i

Das Neich hat ja nicht alle Steuermöglichkeiten, die heute f{chon bekannt sind, ausgenußt, soudern nur die großen, wichtigsten Steuer- quellen ausgebaut. Da und dort werden vielleicht die lokalen Ver- hältnisse die Möglichkeit bieten, diese oder jene Steuer ein- zuführen, welche nit konkurriert mit den Bedürfnissen des Neichs.

6) Den Ländern und Gemeinden werden weiterhin Lasten ab- genommen und auf das Reich übertragen, was zur Folge haben muß, daß der Spielraum für die Kulturaufgaben der Länder ein größerer wird, das heißt, daß sie sh auf ihrem ureigensten Gebiete freier be- wegen können. Die vorgeshlagene Erleichterung hinsichtlich einer

de Ber En Dic Neuregelung des | Neiße von Kriegsausgaben wird den im j eld, Landern und Gemeinden foll erstens Ma ( über die sleuerlide Zuständigkeit, zweitens dem | Ha eihe, den Ländern und Gemeinden gleicherweise die Möglichkeit

Länder und Gemeinden werden in der Er- f unter “den

der Zukunft genauer wirtschaftlichen Notlage, in der sic s 1 li auch als Kultur-« | denkbarer zeit ih übertaupt oder o cs fich nicht um mebr oder

ausgewendet habe wie | Kriegs

A dun | : _der (ol, in | Wunsche entsprechen. (Sehr richtig.) er wir uns befinden. Hter fann und muß gespart werden, denn gar

viele dieser Ausgaben hatten mit wirklicher Kultur herzlich wenig

Ha

ge j wie e vor hundert Jahren gesehen ist,

n. } Hamburg und Bremen könnten angesichts der Kriegsausgaben und de i beute befinden, in menschen ucht mehr entwickeln, wenn wir ihne1 nit cine Neibe vou Kttegéauégaben abnehmen. Manch:

_——

- den Landern und Gemcinden bier dur den Gesegentwurf an 08d A | r j Artegsausgaben abgenommen wird, beträgt inindestens die Summe [tarzer BVauluxus, besonders hei den Kommunen f von 16 Milliarden Mark. j E , eingetreten war. 47 019 4 2 tyr o Drt r++ (ck, J i m

Vier hetßt es, zu einer vernünftigen Sparsamkeit zurücklehren und | f L 7e R, t : S : wirllich) nur das Allernotwendigste aufwenden. Denn dite Uufführung von Lurxusbauten, teuren Denkmälern, nicht * durch das Verkehrs- Interesse bedingten teuren Straßenanlagen und manche andere ähn- | ibres Gebietes

Gntlastung. Dazu kommen eine Jeibe weiterer Gntlastungen, wie Ne in der Zukunft in den Vorschriften des Landessteuergesetzes über den Lastenausglei4) vorgesehen sind. Daß die Länder von Reichs wegen verpflihtet werden, auch ihrerseits Lasienausgleich innerhalb zu vollziehen, dürfte cinem allgemein geüußerten

| Neberblickt man diesc verschiedensten Tatsachen, so kaun man wirklich . nit von ciner Beschränkung der Bewegungsfreihßeit der Länder und Gemeinden sprechen. Es ift eher das Umgefehrte der Fall, *da Länder und Gemeinden durch die Neuordnung viel größere Steuereinkünfte bezichen werden, als sie diejelben aus einer in Konkurrenz mit der Neichsbesteuerung stehenden eigenen Steuergeseßgebung hätten gewinnen können. In dem Augenblid® wo sie aber mehr ‘Einnahmen haben, als sie unter den gegebenen Ve!- hâltnifsen aus fi heraus gewinnen können, ist ihre Freiheit nicht be- [chränkt, sondern jie ift wesentlih erhöht. Die formale Beschränkung der Bewegungsfreiheit der Länder und Gemeinden bringt cine materielle Bewegungsfretheit für diese beiden öffentiichen Körperschaften mit nh, und die materielle Bewegungsfreiheit ist für das Kulturleben viel be- deutsamer als cinc formale Beschränkung der Bewegungsfreiheit auf dem Gebiete der Steuergesetzgebung. Dis Hoffnung darf darum aus- gesprochen werden und ih sprehe sic avs voller Neberzeugung aus —, daß das innere fulturelle Leben der Länder und vor allem der Gemeinden dur die neue Stevergeseßgebung nit nux nicht ger

hemmt, fondern gefördert wird. Bei einer Zersplitterung des Steuer- rets wäre dics unmöglih gewesen. So aber wird allen drei Steuergewalten dié Möglichkeit einer entsprechenden Enüwicklung ges währleistet. Die neue. Verteilung der Steuern wird Länder und Ges meinden bis'zu cinem gewissen Grade zur Sparsamkeit nit nur erziehen, sondern zwingen. (Sehr richtig!) Ich gebe ohne weiteres zu, daß die ganze Etataufstzllung und Etatberatung im Reiche und in den Einzelstaaten, au in den Gemeinden, auf den Nathäusern, in anderer Form vor si gehen wird wic bisher. (Sehr richtig!

gaben fest, und wenn ein Defizit vorhanden war, so hat man einfach cinen Zuschlag crhoben, Das geht in Zukunft allerdings bei keiner der dret Steuergewalten mehr, sondern es wird zuerst festgestellt werden: so und so hoch sind die Einnahmen, und dann haben aller- dings die geschgebenden Faktoren das unbeschränkte Ret, über die Verteilung dieser Einnahmen auf Länder und Gemeinden ¿u versügen. Einenanderen Weg, umzur Sparsamkeit zu commen, hat bisher Lein Mensch gefunden und wird ihn auch nicht finden. Das sehen wir als kcinen Verlust, sondern als einen Gewinn an, vom Gesichtspunkte des Volis« ganzen aus geschen, (Sehr richtig! bei den D. Dem.) Das ist Élar, und ih sprehe es ganz offen aus: in dem Ausmaße, wie zwischen 1907 und 1913 die Ausgaben der Gemeinden gewachsen find, darf die Gntwicklung in Zukunft nicht weitergehen. (Zuruf v. d. D. Dem. : Gottseidank!) Jn diesem Jahrfünft haben sih die kominunalen Steuern vermehrt von 1100 Millionen au? 1640 Millionen ; das ist eine Steigerung um rund 50 Prozent. (Hört! hört !) Hier ift ein Bremsen notwendig. Auch wird die Einschränkung in der Besteuerungs- möglichëeit Länder und Gemeinden dazu veranlassen, daß sie ihre Er- werbsanstalten möglichst rationell auënußen. Auch hier tann noch gar manches geschehen. Es sind durhaus noch nicht alle staatlichen und gemeindlichen Betriebe so eingerichtet, taß die Betriebsverwaltungen nach kaufmännischen Gesichtépunkten von dem Standpunkt ciner tüch- tigen Unternehmung aus betrieben werden.

Ih will gar keine Beispiele anführen; dem Say selbst wird niemand widersprehen können. Jede Million, . die dur eine Ver- besserung der Betriebsverhältnisse bei den Ländern und Gemeinden erspart werden kann, bedeutet eine Erleichterung für die Steuer- zahler. Hat die Neuverteilung der Steuern auf die drei genannten Steuergewalten diese Folgen, so ist damit niemandem mehr gedient als dem vielgeplagten, hartbelasteten Steuerzahler.

Die gänze Reform des Steuerwesens soll nit nur cine Lasten- aufbürdung für den Steuerzahler sein, sondern sie soll auch in jeder Hipsicht dahin wirken, daß die Interessen des Steuerzahlers soweit nur irgend möglih gewahrt werden. Dahin gehört, was oben gejagt worden ist über die sozial gerechte Verteilung der Steuerlast ; dahin gehöct weiter die Auswirkung des Prinzips der Gleich- mäßigkeit in der Steuerbelastung. Was den letteren Punkt anlangt, fo ist er in der früheren Zeit nicht sehr beachtet worden. Der Grundsaß der Gleihmäßigkeit der Besteuerung fordert, daß jeder Staatsbürger “in gleihen Einkommens- und Vermögens- verhältnissen cu) gleih stark von der Steuer erfaßt wird, Aber wie stand cs denn bisher mit der Verwirklichung dieses Grund- sayzes? Nehmen wir nur die Hauptsteuer, die Einkommensteuer, her, fo muß man sich wundern, wie verschieden hoh {hon diese erste aller deutschen Steuern sich in den verschiedenen Einzelstaaten ge- staltete. Die größten Unterschiede aber erwuchsen infolge der Gemeindebesteuerung. Gab es doch in Preußen Gemeinden, welche nur ganz niedrige Zuschläge zu den Einkommensteuern erboben haben, während andere Gemeinden 300 Prozent und noch mehr Um- lagen zur ftaatlidjen Einkommensteuer auferlegten. Die Folge war, daß sich allmählich eine Scheidung unter den verschiedenen Städten herausbildete, dergestalt, daß neben den Städten mit industrieller

: Kriege besonders {wer betroffenen Gemeinen zuaute kommeu. Ih habe es als meine D uptaufgabe angehen, daß bei der endgültigen AbreHnung über die Kriegsaufgaben dic Laíten ntcht fo verteilt werden, en j} caß einzelne Gemeinden und Gegenden unseres Baterlandes, ungeheuer {wer in | l Kriegslasten leiden und einseitig belastet werden, Schon die | fondern daß diese Lasten auf die großen. S6ultern le ] des deatschen Volkes umgelegt werden. Ich nehme nur wenige heraus.

Das ist eine ganz gewaltige cinmaltge

rechts). Man hat bisher gesagt: das und das siellen wir an Aus- |

Sitze des Rentenpublikums wurden. Es entstanden die sogenannten Rentnerstädte, wohin {h reihe Bürger zusaunmenzogen. Infolge dieser Ukfumulation der Steuerkraft an wenigen Orten wurde es natürlich mögli, daß diese Städte mit sehr niedrigen Einkommen- zus{lägen zurechtkommen konnten, während umgekehrt in den Orten mit starker Industriebevölkerung, also in den Orten, wo das Natioaaleinkommen größtenteils geschaffen wurde, die Zuschläge zur Einkommensteuer sebr ho waren. (Sehr richtig! im Zentrum.) Diese Unterschiede Tonnten so stark sein, daß cin und terselbe r | Sieuerzahler in der einen Stadt das drei- cèor vierfaGe dessen - j zahlen mußte, was er in einer Rentnerstadt an Einkommensteuer zu 1} zahlen gehabt hätte. Wir waren auf dem besten Wege, daß eine

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A l Ed armen | Art von Proletarisierung einzelner Ecwerbsstädte einscßte, und da ß f „ndustriegemeinten in Sachsen und Mitteldeut\chland würden über- : : s :

dem Kriege | haupt nicht mehr lebensfähig sein, wenn nicht ein großer Teil diefer ausgaben auf Neichs\c{ultern umgelegt würte Das was

fih die Nentnerstädte über die anderen erl:oben. Je mehr Reiche in cine solhe Nentnerstadt hireinzogen, um so größer wurde die dortige Steuerkraft, um so geringere Zuschläge waren notwendig, um so mehr erwuhs auch die Gefahr, daß luxurióse Ausgaben von der Stadt gemat wurden. Ein derartiger Zustand erweist fich in der Gegenwart a!s absolut unhaltbar. (Sehr richtig! bei den D. Dem.) Gerade die starke Erhöhung der Einkommensteuer macht dic Gleich- müßigkeit der Besteuerung zur unbedingten Notwendigkeit.

Durch diese gleilmäßige E-fassung aller werden naturgemäß au zahlreice Besteuerungsmöglichkeiten ausgenußt werden, dic bisber noch brach liegengeblieben find. Wenn alie gleichinäßig erfaßt werdene 10 werden die Mentnerstädte cin ganz anderes Quantum an Eins lommensteuer aufbringen als bisher. Daran wicd dann niht nur der Finanzminister setne Freude haben, fondern auch die große Masse der Steuerzahler wird gegen diese Gntlastung nichts einzuwenden * haben. (Sehr richtig! bei den D. Dem.)

Eine folhe Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit in der Besteuerung stt meines Erachtens auch am chesten geeignet, wieder die Steuer- moral zu heben. Diese ließ ja s{chon vor dem Kriege sehr viel zu wünschen übrig. Im Kriege ist sie durch die Verwilderung der sitts lichen Begiiffé noch tiefer gesunken. PVachen si doch so Viele lein Gewissen daraus, offen durch Schmuggel und Sthiebergeschüftc den Staat und die Gefellshaft zu schädigen. Wie es diese Kreise mit der Sleuermoral halten, kann man sich wohl denken. Darum wird jeßt eine vollkommene Neuorganisation des Crhebungsapparates vorges nommen, Es jollen nichè bloß in den Gesegen entsprechende Hauds haben geschaffen werden, um den tatsählihen Vermögens. und Ein- tomuien8verbä!tniffen auf den Grund zu kommen, auch die Beamten iverden zu diesem Zwecke ganz anders vorgebildet werden. Schuß Les Ghrlihen gegenüber dem Unchrlichen ist eine der Hauptaufgaben dieser Keform. Der Stceuerhinterzieher s{chadet nicht nur dem Staate, sondern er schadet im Staate auch allen ehrlihen Steuerzahlecn. Darum werde ich mich durch keine Angriffe avon abhalten lassen, die Ziele der fozialen Gecechtigkeit, der Gleihmäßigkeit und der Ehr- lichkeit im Steuerwesen mit allem Nachdruck zu verfolgen und zu verwirklichen. '

Die ebengenannten Ziele der Reform fließen mit einem anderen sehr eng zusammen: mit dem Ziel der Erstrebung einer möglich{st wirtshaftli@en Gestaltung und Verwaltung der Steuern. QDie Steuerökonomie, das heißt die Herauswirtschaftung eines möglichst hohen Ectrags aus den bestehenden Steuern unter Aufwand von möglichst geringen Kosien, ist in gleihem Maße wichtig für die Siaatslasse wie für den einzelnen Steverzahler. Je besser die Er- hebung einer Steuer funktioniert, um so mehr kann man von ihr erzielen, au wenn die Steuersäßte erträglih bleiben. :

Auch die Bequemlichkeit der Steuerzahler soll bei dieser Neform nicht vergessen werden. .'Es klingt ja etwas souderbar, wenn man bei. einer Steuerreform von solhen Ausmaßen, von 20 Militarden, noh von Vequemlichkeit spriht. Und denno ist die Vérärgerung dur bureaufratishe Behandlungsweise der Steuerpflihtigen, dur lange Hinauszögerung von Reklamationen, durch schroff Behandlung usw. nicht selten viel größer als der Unwille über die Steuerzaßlung an si. Auch hier soll die Nefo1m anseßen. Es soll ein ras und flott ar- beitender Beamtenstand geschaffen werden, der getragen is von dem Bewußtsein, daß er nicht bloß im Dienste des Staates steht, sondern, daß ec ebensosehr einen Dienft an der Allgemeinheit zu erfüllen hat, daß er ebensosehr auch für die Steuerzahler da ist, Ich hoffe, daß au nah dieser Richtung hin Fortschritte erzielt werden tönnen, (Zuruf bei den D. Dem.: Hoffentlih!) dann werden wir zu einer organischen Neform des ganzen Steuerwesens kommen,

Ih habe im vorhergehenden in kurzen Strichen ein Bild ge- zeichnet, wie ih mir im großen und ganzen die Abwicklung der Steucrreform denke. Jn mancheu Einzelfragen muß die endgültige Gestaltung noch gefunden werden. Besonders auf dem Gebiete der indirelten Besteuerung wird reiflih geprüft werden müssen, welche Form am meisten den Anforderungen des finanziellen Bedarfes, der sozialen Lafstenverteilung und des wirtschaftlihen Fortschrittes dient. Der Ausgleich zwischen diesen drei Gruppen von Zwecken wird .niht immer leiht gefunden werden. Es bedarf der regsten Mitarbeit aller Kräfte, um hier das für Staat, Wirtschaft und Volk Zuträgl'chste zu schaffen. Nach dieser Richtung soll und kann das vorgelegte Pro- gramm ‘ine Bindung noch nicht enthalten, da einzelne Steuervor- lagen erst im ersten Stadium des Werdens begriffen sind. Die Auf- rollung des Gesamtsteuerproblems hat vielmehr den Zweck, die großen Nichtlinien der allgemeinen Marschroute abzustecken, die ih einzu- schlagen gedenke, und die Grundsäge klarzulegen, von welden ich mich dabei leiten lasse. : i

Es sind schwere, fast allzu \chwere La steu, welche von unserer: Volke in der Zukunft getragen werden müssen. Wer noch vollkommen befangen ist in den Gedankengängen des Jndividualismus, wie er vor dem Kriege geherrscht, dem wird diese Reform nit zusagen. Er wird aber auch gar nit imstande sein, eine Lösung der Aufgabe vor- zushlagen, die den sozialen Anforderungen gerechßt werden könnte. (Sehr rihtig!) Wir müssen uns bei dieser Neform klar sein, daß wir in cine neue Zeit hineinwahsen. Ein überspannter Individua- lismus hat in der Vorkriegszeit den Eigentumébegriff verzerrt, das Recht auf Eigentum maßlos betont, aber die Pfiichten uud die Grenzen des Eigentums vielfah nicht \charf genug , hervorgehoben. Ich ftehe auf dem Standpunkte, daß das Eigentum naturrechtlich begründet ist, daß es eine sozialethishe Kategorie darstellt. Seine

(Fortsehung iu der Zweiten Beilage.)

und kommerzieller Tätigkeit fich andere Städte entwickelten, die zum

Zweite Beilage

zum Deutschen Reich8anzeiger und Preußischen Staatsanzeiger.

A RCD

(Fortseßung aus der Ersten Beilage.)

Begründung liegt aber nicht darin, daß der einzelne ein ungezügeltes Recht auf Eigentumsrecht oder auf Besiz hat, sondern sie liegt da1in, daß ohne Eigentum der Fortschritt der Menscheit nicht möglich ersheint. Gerade im Interesse des Gesamtganzen muß das Eigentum herrihen. Aber der Eigentumébegriff überschreitet seine Grenzen, sobald eine übcrmäßige Akkumulalion des Besizes erfolgt, sobald sich eine übermähtige Plutokiratie auîbaut, die breiten Schichten des Volkes, diese eigentlihen Träger der nationalen Entwicklung, niht mehr in enispretendem Maße an der allgemeinen Wohlstands- und Kulturentwicklung beteiligt werden. (Sehr richtig !) Soziale Zerklüftung, Klass-nhaß, zerreibender Interessenkampf muß dann die Folge ciner solhen Entwiclung sein. Geht mit diesec Ueberspannung des Eigentumsbegriffs die Entstehung eines mammonistis@en Geistes Hand in Hand, dann ist die ganze Entwicklung auf Irrwegen angekommen. Die Grenzen des Gigen- tums sind feraer überschritiea, wenn die herrschenden Klassen ihre Macht benutzen, die Hauptlasten auf die Schultern der weniger Leistungsföhigen zu laden. Sie sind überschritten, wenn vom Reich- tum ein ungeordneter Gebrauch gemacht wird, der niht mehr der wirkliden Ku!turentfaltung dient, sondern einer Scheinkultur, der prunkende, proßende Form an die Stelle des inneren Gehalts seßt.

: Auf einem folhen Entwicklungspunkt besteht die Gefahr, daß die

besten Kräfte einer Nation, die secelisGen Fäbigkeiten, im äußeren Genußstreben erlitt werden. Ueberall, wo solche Erscheinungen sich Jeigen, ist der Eigentumsbegriff übersvannt, und es besteht für die Gesellschaft die Notwendigkeit, ihn wieder in seine rihtigen Grenzen zu verweisen. Mit kurzen Worten gesagt: Das Privat- eigentum findet seine Begründung, aber auch seine Begrenzung durch das Sozialinterefs se. Das Interesse des gesamten Volkskörpers* geht dem Interesse des einzelnen vor. Das ist auch der tiefste Sinn der ganzen gegenwärtigen Sozialisierungsströmung. Das muß auch der Leitgedanke bei der Steuerreform sein. War früher nur allzusehr der Besiy. und Erwerb dum Selbstzweck geworden, so muß in der Zukunft wieder der alte echt hristlihe Gesichtspunkt zur Geltung kommen, daß der Mensch Ausgangs- und Zielpunkt aller wirtschastlichen Tätigkeit ist. Das aber kann nur geschehen, wenn an die Stelle der individualistischen Betrachtungsweise eine sozialorganisce Auffassung unseres gesamten wir!shaftlichen und sozialen Geslhehens tritt, wenn der Gedanke des Solidarismus zum Siege geführt wird.

Im Kriege ist dem gesamten Volke das Bewußtsein beigebracht worden, daß ‘es eine Einheit ist, daß das Wobl des gesamten Volks- Fôrpers böber steh! als das Woh1 der Einzelzelle, des einzelnen Menschen. Im Kriege mußte jeder einzelne einstehen mit Leib und Leben für das Gesanitganze, er mußte durch hartes und täglihes Opfern dem Sozialinteresse dienen. Durch die wirischaftlichen sozialen 1nd finanziellen Aufgaben, die uns der Krieg hinterlassen hat, wird diese Tendenz zum folidarishen Zusammenshluß des Volkes auch in Zu- kunft aufrehterhalten, denn das Volk als Ganzes haftet für den finanziellen, wirt)chaftlihen und sozialen Wiederaufbau, haftet für alle Verpflichtungen, die aus dem Kriege erwachsen. Diese Lasten aver können wir nur tragen, wenn das Volk als Ganzes alle Kräfte in den Dienst dieser Aufgabe stellt, wenn es wieder solidarisch fühlen und denken l-rnt. Es ist notwendig, daß jeder cinzelne von dem Bewußtsein - getragen is: Nur wenn das Volksganze wicder gcdeiht, ist au mein indiv!iduelles Wohl gesichert. Im engsten Zusamwen- hang damit steht die weitere Tatsoche, daß in der Zukunft nicht mehr der Besiß die herrshende Molle spielen wird wie früher, sondern daß die Arbeit tas auëf{laggebende Clement im poiitischen, wirt- schaftlichen und sozialen Leben der Zukunft bilden wird: die Arbeit in jeder Form, angefangen von der einfachsten Arbeit des Tage- Iöbners bis hinauf zur Tätigkeit des Gelehrten, zur ingeniösen Leistung des Kürsilers und des Erfinders. Nur die fleißige, ziel- bewußte Arbeit kann uns herausführen aus dem Elend der Gegen- wart, nur sie kann die Wunden heilen, die ter Krieg geschcklagen Darum muß die werktätige Arbeit des gesamten Volkes in der Besteuerung soweit als nur irgend möglih berücksichtigt werden, indem ihre Belastung fo erträgli, als es unter den gegebenen Um- fänden nur mögli ist, gehalten wird. Der Besiß aber muß sich tarüber lar sein, daß ex entspredjend sciner höheren Leistungsfähigkeit aud) ein viel gröferes Maß an Lasten übernehmen muß, Die Steuer- reform foll durch diese Vorbelastung des Besißzes den großen Ge- danken zum Ausdru bringen, baß ein jeder, der {afen und wirken kann, auch verpfli@tet ist, an der Erneuerung dés Wirtschaftslebens und des Volkswohlstandes tätig beizutragen, daß dagegen ein gemädch- liches Nentnerdasein unter den beutigen Umständen nit mehr Raum hat. In diesem Sinn wird die Steuerreform einen nit geringen Anteil ehalten an der großen Aufgabe, aus ten Trümmern des Krieges etn neues Deutschland aufzuriten, den Sozialstaat der Zukunft. (Bravo! bei den Mehrheitsparteten.)

Nach dem Schluß der Rede erhält das Wort

Abg. Dr. Beer - Hessen (D. Vp.) zur Geschäftsordnung : Wenn dem Ne'hstag früher so eiorme Steuerlasten zugemutet wurden, ging den Vorlagen eine Denkschr.ft voraus, die die leitenden Gedanken entwidelte. Diese_ Denkschrift fehlt jeßt. Die langen mü, dlicjen Dar!eguitgen des Finanzministers, die reichlih mit Zahlen gespickt waren, müssen wir erst studieren, ehe wir in die Beratung eintreten können. Ich bitte deshalb, uns diese Darlegungen möglichst schnell gedruckdt zugehen zu lasien und die Siyungen morgen und übermorgen ausfallen zu lassen, damit wir Zeit zum Studium häben. G8 ist tehnisch und förverlih unmögli, die Ausführungen des Mi- nisters son bis morgen geistig zu verarbeiten. Jch stelle die Gründ- lihfeit über die Fixigkeit, zumal beiSteuervorlagen, die das Volk fo stark berühren. (Zustimmung rechts.) /

NMeick8minisier der Finanzen Grzberger: Meine Damen und Herren! Den Wunsch des Herrn Abg. Dr. Becker (Hessen) finde ih durdhaus begreiflih. Jh habe deshalb Vorsorge getroffen, daß den Mitgliedern des Hauses in wenigen Minuten meine Rede gedruckt pngeht. (Bravo!)

Berlia, Freitag den 5 Dezember

Präsident Fehren ba ch bemerkt, daß er für morgen die Be- ratung der Steuervorlagen in Ausficht genommen hatte. : j

Abz. Schul y - Bromberg (dnat.): Jch bitte au, für zwei Tage von der Beratung der Steuergeleye abzusehen. Wir erwarteten die Vorlagen \hon am Sonnabend, haben sie. aber erst vorgestern und gestern erhalten. Niemand ist bisher physuch in der Lage ge- wesen, sich damit, geschweige denn mit den Motiven zu beschäftigen. Wir müssen sie au erst in den Fraktionen beraten. Der preußische Minister präsideat Hirsh hat im MNeichsrat festgestellt, daß diese drei Steuervorlagen dem Meichsrat 1o spät von der Neichs- regierung vorgelegt worden sind, daß eine auf gründlicher Prüfung beruhende Stellungnahme nicht möglich „war (Hört! Hört ! rechts). Gr sagte weiter, wenn die preußische Regierung eine Verzögerung nicht herbeiführen wolle, fo tut fie es in der Erwartung, daß die Volksvertretung die Vorlagen gründlich prüfen werde. Auch der baverische Vertreter hat sih diesem Protest im Reichsrat an..eschlossen (Nufe rechts: Der bayerilhe Landtag auch!). Wir können uns in den nächsten beiden Tagen mit anreren Gegenständen beshäitigen und daneben Fraktionssißungen abhalten. h L

Präsident Fehrenbäcch meint, daß dann morgen das MNeich8- notopfer zur Beratung gestellt werden könnte, über das der Aus\chuß- beridt {hon längere Zeit vorliege. ;

Abg. Schetidemann (Soz.): Niemand kann von heute auf morgen die Steuervorlagen eingehend ftudieren. Ich möchte Vor- schlagen, nicht morgen, jondern erst übermorgen in die Fortjeßung dieser Beratung einzutreten. :

d Aba, (5 Pa y S (Dem,): Diesem Vorschlag können wir durh- aus zustimmen. Es bat allès seine Grenze, auch die Be\hleunigung einer Bexatung. Wenn wik morgen die Sißung ausseßen, 'fo mögen wir am Freitag mit dieser Beratung forttahren. Inzwischen das Neichsnotopfer in zweiter Lesung zu beraten, wäre besonders un- zweïmäßig, da niemand bisher den Ausschußbericht hat durcharbeiten ‘önnen.

n Aba. Trimborn (Z.): Ih {ließe mich den Vorrednern an.

Abg. Dr. Becker-Hes sen (D. BVpt.): Angesichts der Haltung der Mehrheitéparteien wäre es zwecklos eine Abstimmung über nnieren Borschlag herbeiführen zu wollen. Wir sind {on dantbar dafür, daß man uns wenigstens einen Tag zur Vorberatung zubillige, Die Vorwegnahme des Reich8notopfers würde ih nicht für zw ckmäßig haiten, da auch diese Vorlage noch’ gründlicher Vorberatung bedarf.

Nunmehr \{chlägt Präsident Fehrenbach vor, die nächste Sizung abzuhalten Freitag 1 Uhr und als Tagesordnung Ersaßwahl eines Schriftführers an Stelle des Abg. Fischer-Berlin (Soz.) der sein Amt wegen Arbeitsüberlastung niedergelegt hat und Fortfezung der Steuerdebatte.

Shluß 31/4 Uhr.

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Preußische Landesversammlung. 89. Sibung vom 83. Dezember 1919.

Nachtrag.

Die Rede, die bei der allgemeinen Besprehung des Häushalts bes Ministeriums Ur Wissens schaft, Kunstund Volksbildung der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Haenisch gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:

Meine geehrten Damen und Herren! Jch behalte mir vor, auf dia von den verschiedenen Mednern in der beutigen Debatte angeregten Fragen allgemein \chulTpoli tischen Inhalts erst morgen zu ant- worten. Für heute möchte ib nur einige wenige Worte äußern zu den kir chenpolitischen Fragen im engeren Sinne. Ghe 1ch dazu übergehe, kann ih es mir aber nicht versagen, wenigstens e ine \dulpoltiis{e Bemerkung, die Herr Klingemann eben gemacht hat, beute {on mit wenigen Worten zurückzuweisen. Herr Klingemann hat auf die Verwirklichung des modernen, insbesondere des sozialistischen Ccbulideals das bekannte Wort Heinrih Heines angewandt von dem „großen Freiheitsstall, der bewohnt von Gleicbheitsflegeln“, Nichis kann falscher, nichts kann irreführender sein als diese Bemerkung. Bei dem modernen und insbesondere beim Tozialistisben Bildungsideal handelt es sich um alles andere eher als um eine 06de und blöde Gleihm acherei. Es handelt si{ nur darum, allen

Kindern des Volkes die aleiben äußeren Verbedingungen, die gleichen

Entwicklungs m öglichkeiteh, gleiche Luft und. gleiches Licht zu geben und so den Boden zu bereiten, auf dem sid nmchckcht öde Gleith- heit, sondern im Gegenteil die denkbar größte Mannig- faltigkeit ter Begabungen entfalten kann. Soviel darüber für beute.

Zunächst dann einige Worte an die Adresse des Herrn Abgeordneten Dr. Laus cher. Nach meinem Empfinden liegt es nicht im Interesse des notwendigen Zusammenhaltens der Negierungsmehrheit, zu der meines Wissens doch auch das Zentrum gehört, es liegt besonders. in diesem Augenblick nit 1m Interesse der Koalitionsregierung, eine all- gemeine große Debalie über Religionsfragen und insbesondere über das Verhältnis von Kirde und Stgat zu entfesseln, (Widerspruch und Zurufe.) In meinem „Vorwärts“-Artikel bin ih auf diese Dinge mit keinem Wort eingegangen. (Widerspruh rechts und im Zentrum.) Nein, in meinem „Vorwärts“-Artikel habe ich üher die Fragen von Staat und Kircke, über die. allgemeinen Religions- fragen mit keinem Wort gesprochen. Nah meinem Emp- finden erfordert die gesamtpolitiswe Situation unseres Volkes, daß ¿wiscben den Koalitionsparteien in öffentlichen AuSeinanderseßungen in erster Linie das betont wird, was uns eine, nidt aber, was uns trennt. (Zurufe.) Das sage 1h in erster Linie für das Verhältnis der KoalttionSparteien untercinauder. Aber 1h [habe auc sonst in meinen öffentliden Ansprachen oft genug hervorgehoben, daß, wenn unser Volk überhaupt wieder hohkommèn soll, es dann gelte, die inner- politishen Gegensäße, insbesondere auf schulpolitischem Gebiet, über- haupt soweit wie mögli zurücfzustellen, (Zurufe von der Deutsch- nationalen Velkspartei: Fangen Sie an!) Jawohl, ih meinerseits habe längst damit angefangen. J habe gerade auch im Haupt- aus\{uß, in dem, glaube id, fast sc{# Wochen lang der Kultusetat beraten worden ist und an desse Verhandlungen doch au eine ganze Meibe von Mitgliedern der Rechten teilgenommen ‘haben, die das also eigent!lih wissen müßten, immer wieder betont die Herren werden mir das bestätigen —, daß es auf {ulpolitishem Gebiet, auf dem Gebiet der Kulturpolitik, auf. dem Gebiet des Volkshochsculwesens

-1919.

alle parteipolitis{en Gesichtspunkte zurücktretem und wo alle Parteien gemeinsam zum Wohle des ganzen Volkes arbeiten können. Ih halte gerade bei der außerordentli ernsten äußeren Lage, in der unser Volk fich noch immer befindet, die mutwillige Verschärfung der innérpolitishen Gegensäbe geradezu für ein Verbrechen, (Sehr ribtig!) Sehr Tibtig! Wenn ih diese Auffassung aber {on gan z allgemein, für alle Pärteien, vertrete, so gilt das natürli er t ret für die Beziehungen der Koalitionsparteien untereinande r. Man wird mir persönli nickt vorwerfen können, daß id in \ckroffer und unversöbhnliher Weise gegen andere Parteien vorzugeben pflege, weder gegen die Partei der äußersten Rechten, noch gegen die Partei der - äußersten Linken, (Widerspru bei den Unabhängigen Sozial demokraten.) Nein, 1ch babe aud gegen Gie niemals in urwersöhns liber Weise polemisiert, id habe mi aub Ihnen gegenüber immer eines loyalen, anftändigen Tones befleißigat. Alsg, ic wollte sagen: Wenn 8 \ckon eine allgemein politiscke Pflicht ist, im Augen-' bli die innerpelitisten Gegensäße nickt auf die. Spiße zu treiben, wenn das für alle Parteien des Hauses im Interesse des ganzen Landes geboten ift, von dèr äußersten Rechten bis zur äußersten Linken, dann sollte es dreifah gelten für die Koalitionsparteien untereinander. Das habe ih sagen wollen. (Zurufe) Einstließlih des Ministers ja wohl! "(Heitetteit.) Also 1b sage: gerade innerhalb det Koalition3- parteien und mir als Koalitionsminister werden Sie gestatten, das

zu sagen sollte man 1in-dieser Situation viel mehr - hervorheben, was uns eint und es gibt eine ganze eihe folder Dinge —, als das, was uns trennt, Wem Herr Dr, Lauser mit der von ihm

Widor-

versuchten Enifesselung einer großen kirckenpolitishen Debatte (Wider spruch- und Zurufe:im Zentrum), mit der Anschneidung aller der kirden- und religionêpolitishen- Fragen einen Dienst geleistet hat, das ift deutlich. daraus zu erschen, daß während seiner Mede der lebhafteste Beifall auf den Bänken der NRebten ertönte. (Zurufe im Zentrum und rechts.) Mir wäre es lieber gewesen, wenn ein Nedner einer der Koalitionsparteien spra, er hätte seine Worte so gefaßt, daß gerade die Koalitionsparteien ihm in erster Linie gzusti#emen konnten. (Zurufe rechts.). Sage mir, wer dir Beifall spendet, und ich will dir sagen, in wessen Dienst du, wenn au unbe=- wußt, gehandelt hast.

Meoine verehrten Damen und Herren, id meinerseits kann mir, au von dem auf dem Spiele stehenden Interesse ‘an der Festigkeit des Regierungéblockes abgesehen, ein Eingehen auf alle diese religions- und kfirdenpolitisden Fragen um o mehr versagen als diese Fragen im wesentlichen, ja bereits dur das Schul» und Kirchenkompromiß von Weimar beam twortet worden. sind. Jh verrate kein Ge- heimnis, wenn ih auch hier erkläre, daß ih gegen manche Bestim- mungen dieses Weimarer Kompromisses, aub soweit 2s sich um die eigentliden Kirhenfragen handelt, sehr Tebhafte Be- denten gehabt habe, daß id die Bedenken au geäußert habe, und es sind mande Herren gerade der ktatholifchen Kirche heute mit mir völlig eines Sinnes darin (Zucufe im Zentrum: Wer denn?). (Sie wissen ja noch gar nibi, was i sagen will also, man&e Hevren gerade der katholisden Sire find heute mit mir völlig eines (Sinnes darin, daß es sich schon jet gezeigt hat, es wäre praktis besser gewesen, gerade mante dieser Tirhenpolitiscen Artikel vor- sihtiger und anders zu gestalten, als fie gestaltek worden sind. Jch habe aber besondere ‘Gründe außenpolitisder Art, die ja au dew Herren von der Tatholisden Kirde ganz genau bekannt sind, auf diese Dinge des näheren heute nit einzugehen.

Nachdem nun aber das |Schul- und Kirchenpromiß in Weimar Verfassungskraft erlangt hat, werde ih es das habe ih son in der Kommission erklärt und erkläre ich. auch hier noch einmal in feierlister und verbindlihster Weise mit aller LoyaTität durch- führen. (Bravo! irn Zentrum.) Jch weise es weit von mir zurück, durch Tleinlihe Auêlegungs- und Unterlegungskünste den Sinn des Kompromisses zuur.gunsten der katholischen Kirde in fein Gegens=- teil zuvertehren. Jh bitte das Bentirum, von dieser Erklärung Akt zu nehmen. :

Der Herr Abgeordnete Lauscker hat si besonders ausführligß über die Trennung von Kirche und Staat verbreitet, Jch weiß eigentlich nicht, welden Sinn und welden praktischen Zwedck heuie diese retrospektive Betracktung hatte, es war wirklich nur eine retroe spekiive Betrachtung da durch die Kircenparagraphen des Weimarer Kompromisses eine Trennung von Kirche und Staat grundsählih ja bereits ausgesprochen worden ist. Es handelt sih heute nur darum, die Modalitäten dieser Trennung im einzelnen fest- zulecen. Es hat alfo inébesondere von Regierungs8soite gar keinen) Bed, in rein akademisde Erörterungen über die erledigte grund- fäßliche Frage der Trennung von Kirhe und Staat noch einmal einzus treten. Es handelt si, wie gesagt, nur noch um die Modalitäten, und da kann ih auch hier die im, Auéshuß abgegebene Erklärung wiederholen, daß, soweit es auf mi ankommt, diese Auseinander- setzung mit aller nur mögliden Schonung der berechtigten kirhlichen Interessen erfolgen soll und erfolgen wird. (Zuruf rechts: Auch gegen die evangelische Kirde?) Selbstverständlih, (Zuruf rechts: Das ver- missen wir!) Jch werde darauf noch zurückommen, aber gestatten Sie

mir, daß ih midt zunächst cinen Augenblick mit dem Herrn Abgeorde neten Lauscher und der katbelis&en Kirde besdäftige, und erst dann mit der evangelischen Kirde. J boffe, daß der Abgeordnete Klinge« mann in dieser Rothenfolge nicht wieder eine Art Jmparität sehen wird, eine Imparität guungunsten der evangelischen und zugunsten der katholischen Kirde, wie sie mir sonst im allgemeinen gewiß nicht vor« geworfen werden kann, (Zurufe.) Also, meine verehrten Damen und) Herren, ih will es nur wiederholen: mit aller nur denfbaren Schonung der berehtigten firdilihen Interessen. materieller und ideeller Art sollen und werden die Ausführung8estianmungen zur Weimarer Vera ‘fassung auf. diesem Gebiete erfcl!çen.

Sie wissen ja, daß das Neich si vorbebalien bat, im einzelnen

die Richtlinien für die Landesgeseßacbung zu arben. Wir werden inx

und auf einer ganzen Neihe anderer Gebiete Fragen gibt, bei denen

„Reich darauf himwirken, daß berechtigie kirchliche Interessen irgenzs

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