1919 / 281 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 08 Dec 1919 18:00:01 GMT) scan diff

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e N V T4 5, e 4 - tav) ! [ich der Zudimeier und Gicuereretulor :

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niedrigen Niveau, daß selbst ter hartherzige Finanzminister, als der ch geschildert 1 In erare : liche Erhöhung der sozialen Renten durchzuführen, und zwar in be-

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verde, biermit die Sinitiative ergreift, um eine wesent- schleunigiem Tompo durchzuführen. Ich hoffe nämlich, daß 1ch Ihnen, wenn niht noch vor-Weibnachten, so spätestens im Januar cinen Gesekß= entwurf zugehen lassen kann, der diesen Aermsten unter den Armen unseres Volkes in etwas einc Besserung threr Lage verschafft. Jst da das Reich der Zuchtmeister?

Abox auch alle anderen Maßnahmen, die das Reich nur im leßten Halben Jahre in Angriff genommen und durchgeführt hat, gehen leßten Endes darauf hin, in Deutschland das Wirtschaftsleben zu beruhigen, zu festigen und zu fiärken. Wenn wir jeß: daran geben, die Eisen- bahnen auf das Reich zu überführen und cin zentrales Verkel,räwesen in Deuts&lond zu schaffen, so nüßt das der Wirtschaft in ausge- sprochenem Maßz, und ih frage abermals: ift deshalb das Neich wark- f Wenn Sie das ins Volk hineimwerfen, daß unser neues Reich nur der Steuerexekutor sein soll, so ist das sachlih absolut mcht begründet (lebhafte Zustimmung bei den Mehrheitsparteten), sondern es sind rein parteipolitisde 'Agitations- phrasen. (Gcneute stürmische Zustimmung bei den Mehrheitspavieien, Erregie Zurufe reis.) Das wollte ich durch meine Ausführungen fennzeihnen und vor dem dbeutsden Volke feststellen, (Andauernde große Unruhe rech1s.)

Weiter sagt man, in meinen Steuergesehentwürfen seien keine volf3wirtschaftlichen Gesicht&punkte berüsichtigt; wo seien die Sach- verständigen und ihre Gutachten? Meine Herren, über eine ganze Neihe von Steuern, die wip Ihnen vorschlagen und einguführen be- absichtigen, haben wir Sachverständige gehör, Aber ich weiß, und Sie wissen es auch, daß jeder Sachverständige gleichzeitig Jnteressent ist. (Lebhafte Zustimmung im Zentrum und bei den Sogialdemokraten.) Menn ih das Bier besteuern will, so nübt es mir nichts, wenn ih den Biertrinker frage denn der ist auch JInteressent und wehrt sich. Wenn ich aber den Bierbrauer frage, der ist erst recht Interessent. (Heiterkeit und sehr gut!) Den Alkoholgegner allein kann ih au nicht fragen, denn dann bekomme ich gar keine Steuer (Zurufe links: Der ist nit interessiert!) das wollte ih eben zum Ausdruck bringen! —, wenn ih den als Sachverständigen |rage.

Abor weiter auch das muß ih einmal offen aussprechen —: glcuben Ste denn, daß dic Beamten, die im Reichs] anzministerium tátig find, sih im Laufe ihrer langjährigen Amtstät:gkeit nih: auch eine ole Menge von Sachkenntnis angeeignet haben, daß ühre Nat- schläge mi: wertvoller smd als die von Interessenten und Sachyer- sbändigen? (Sehr gut! bei den Mehrheitsparteien.) Wun Sie sagen, meine Steuervorlagen wären bordringlicher Dilettantismus, welches Urteil fällen Sie damit über meine bewährten Mitarbeiter? Derr Dr. Düringer, Sie kennen meine Mitarbeiter im Finanzministoruum nit. (Zurufe rechts.) Jch sage Ihnen: ich bin seit 16 Jahren im Parlamente tätig, und es hat in der Zeit keine Steuerreform gegeben der Hsr!: Abgeordnete Schiele hat es eben gwischengerufen —, an der ih nit mitgearbeitet habe, teilwetse mit Jhnen zusammen wie im Jahre 1909, teilweise alledings au gegen Sie, wis im Zahre

ck 1918. (Andauernde Zurufe rechts.) Nein, ih habe Ihnen son

vor ein paar Tagen erklärt: Wenn etwas Gutes von Jhnen kommt, nehme ih cs auch an! (Große Heiterleit Unks.) Jm Jahre 1909 war 08 etwas Gntes, daß Sie an einen sahgemäßen Ausbau der indirelten Steuern herangegangen sind. Als im Jahre 1912 die Kehrseite fam und unan an die Besibsteuer herangegangen ist, find Sie 1n die Opposition abgeschwenkt, als ih mit dem verstorbenen Abgeordneten Bassermann die lex Bassermann-Erzberger gemacht habe, die der Ausgangspunkt der Besihsteuern im Reich geworden ijt, aus der die Vermögenszuwachssteucr im Jahre 1913 und der Wehrbeiirag heraus8gewachsen sind. Jch verstehe darum dieson Zwischenruf nicht, den Sie gemat hoben, denn es fehlt ihm jede Begründung.

Nun lassen Sic mich aber meinen Gedankengang weiterführen! Die Herren, die damals im Ministærium waren und mit Ihnen die Stouern gemacht haben, sißen doch fast alle heute noch im Ministerium, Glauben Sie ema, daß ih als Finanzminister so brutal sein kann, daß id alle Energie meiner Beamten unterdrücken, daß 1ch wie ein Pasha herrschen und erklären lönnte: ihr vortragenden Näte, Vêini- fterialdirektoren und Unterstaatsfekretäre Habt überhaupt nichts mehr zu sagen; id vegiere allein. Das wollen Sie doch sagen, wenn Sie mix unterstellen, daß in meinen Steuervorlagen wvordringlicher Dilettantiämus ih zeige. I bohaupte gar nicht, daß ih in den 6 Monaten, die ‘ih in meinem Amt bim, die Arbeit an all diesen Steucetborl-.aen allein hätte \daffen können. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Die vollständige Ausgestaltung und Auswirkung hat der parlamentarishe Minister ¿u geben; die Ausgestaltung in den Einzelheiten, die Technik bleibt, wie im allen Ländern, die Aufgabe der Ressorts, die das durcharbeiten. Das aber nehme ich für das Reichsfinangministerium und alle Beamte, die da tätig sind, in An- spruch, daß sie treu und gewissenhaft dem Reiche dienen. lauben Sie aber, daß die Arbeitsfreudigkeit der Beamten durch eine solche Kritik! wie sie cben hier geübt i}, nur irgendwie gefördert wird? Wir alle arbeiten Tag für Tag und Stunde für Stunde mit unserm ganzen Simnen und Denken für das Reich. Das ift auch jelbst- verständli%ß, Aber mit folchen genevalisierenden allgemeinen Urteilen, mit denen man nichts anfangen kann, die auch niht in irgendeiner Weise förderlich sind für das, was ihre Pflicht als Beamter sein muß, tas Deutsche Neich aufzubauen und Ordnung in die Finanzen des Reichs hineinzubringen —- ist nicht gedient. Jch bin dankbar für jeden Vorschlag, den Sie mir machen, das habe ih schon wiederholt erflärt; aber id bedauere nur, daß Sie keine mahen. (Zuruf rets: Zwangsanlleihe!) Darüber werden wir uns in der nächsten Woche ganz ausführlich unterhalten, Ja, meine Herren, glauben Sie denn, mit der Zwangsanleihe können Sie das Steuerproblem und das Finangproblem lösen? Das is doch nur eine kleine partielle Auf- gabe aus dem großen Problem. Was ist denn das Höchstmaß dessen, was Sie aus einer Zwangsanleihe herausbekommen können? Wenn Sie mit, wie der Herr Vorredner es mir vorgeworfen hat, den Ruin des deuten Wirtschaftslebens herbeiführen wollen, können Sie aus der Zwangsanleihe keine 30 Milliarden herausholen. Die Zwangs- anleihe muß sofort bezahlt werden. Es hat keinen ZweckX, sie in 10 oder 20 Jalron erst zu zahlen. Sie muß in gang kurzer Frist, in 8 oder 6 Monoten vollständig gezablt werden, Sonst hat sie keinen Sinn, und zesbalb bin id viesen Weg auch nicht gegangen, Es wird dielleidt die Seit noh fommen, wo bie Rute der Zwangsanleihe noh gesckmwungen werden muß. Jeßt babe id es abgelehnt, Wenn ih

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jeßt auftreten würde und sagen würde: das Deutsche Reich verlangt 1 eine Zwangsanleihe, die mindestens 30 bis 40 Milliarden erbringen muß, und dieser Betrag muß in 6 Monaten aufgebraht werden, dann ist meine feste Ueberzeugung, daß durch diese Art der Auf- bringung des Geldes die deuts{e Volkswirtshaft bollständig ruiniert werden würde. (Sehr vitig! bei den Mehrvheitsparteien.) Ich habe dußendemale in den Kommissionen erklärt, daß 1ch kein ausge: sprocener Gegner der Zwangsanleihe bin, Ich habe auch erklärt, 1ch will versuchen, das Geld auf andere Weise aufzubringen. Wenn aber alle diese Mittel nicht zu dem gewünschten Erfolge führen, wird ein Weg gesucht werden müssen, der die Härten der Zwangs5anleihe heraus- bringt und die Lasten wirtshaftlih richtig verteilt, Aber Sie dürfen dem deutschen Volke nit vorveden, daß durch ein Schlagwort und die Zwangsanleihe if nur ein solches Schlagwort eine Lösung der finanziellen Verhältnisse herbeigeführt werden kann. Was ist denn die Zwangésanleihe? Wie hoch würde si: aufgelegt werden? Wie soll ste verteilt werden? Sollen diejenigen berüsihtigt werden, die Kriegs- anleihe gezeichnet haben, sollen sie bevorzugt werden vor denjenigen, die ¡hr Geld in Grundstücken und Gewerbe angelegt haben? Soll das be- rüdsichtigt werden oder: nit? Bei dem Reichsnotopfer wird die Ab- gabe verteilt auf 30. His 50 Jahre, das ist nicht ein so harter Zugriff in so kurzer Zeit. Darum gehe' ih diesen Weg. Jch will durhaus nicht daran festhalten, daß das Geld in 30 jährigen Quoten gezahlt werden muß. Wenn in der zweiten Lesung brauchbare Anträge kommen, daß ein großer Teil fofort gezahlt werden muß, so will 1h als Reichs- finanzminister diesen gerne zustimmen (Sehr richtig! bei den Mehr- heit8parteien); ich werde den Wunsch sofort erfüllen. Das ist ganz genau dasselbe, namentlich wenn bestimmt wird, daß ein Teil der jeßt bezahlt werden muß, niht in Krieg8anleihe, sondern sofort in bar gezahlt werden muß; denn das wäre eine Zwangsankleihe, wie äch sie mir immer gewünscht habe, allerdings auf gerechter Grundlage ge- wünscht habe. Wenn Sie in den nädlssten Wochen bei der Ausgestaltung des Reichsnotopfers mitarbeiten der Reichsfinanzminister wird das nicht verhindern, auch niht die Mchrheitsparteien, das hôren Sie aus der Zustimmung heraus, die werden keine Schwierigkeiten machen dann werden wir zu einer Verstöndigung gelangen. Meine Damen und Herren, wir dürfen aber nicht mit Schlagworten avbeiten. Shlagworte haben ‘das Unangenchme an si, daß sie auch einmal gogen einen [lagen können, Wenn Sie aber mit der Behauptung kommen, daß die Steuer den Nuin des deulshen Wirtschaftslebens darstelle, aber auf der andern Seite erflären, eine Zwangêsanleihe machen zu wollen, wie dann alles herrlich und ideal in unserm Deutschen Reiche aussehen würde, wie es dann für den Steuerzahler cin- Vergnügen wäre, im ‘Deutschen Reiche zu leben —, so klingt do die Gegenüberstellung —, (Widerspruch rechts) so sage id Ihnen: die Steuern, wie sie Jhnen vorgelegt sind, haben vollkommen Nücfsicht genommen auf unser Wirt- scaftsleben, aber sie haben das Gesamtziel: es muß leßten Endes nah Berücksichtigung aller volkswirtschaftlihen Umstände die Summe von 24 Milliarden aufgebraht werden; denn wenn die Summe nicht auf- gebraht wird, kann sid die deutsde Wirtschaft nit entwideln. Selbstverständlic muß nach Ausgestaltung der Steuern im einzelnen vollständig Nüclsicht genommen werden auf die Entwicklung des deutshen Wirtschaftslobens. Es gibt keine gesonderte Finanzpolitik und „auch keine gesonderte Wirtschaftspolitik, Das ist oine ganz falsche Auffassung, Die Finanzpolitik ‘ist mur ein Teil und loider durch die Zeitverhältnisse, dur den Krieg ein sehr erhebliwer Teil unserer jeßigen deutshen Wirtschafispolitik geworden, Vor dem Kriege, wo wir von unserem Volkseinkommen an Steueern 4 Milliarden erhoben haben, also 10 %, da tonnte eine Finanzpolitik auch gegen eine gesunde und wichtige Wirtschaftspolitik gemaht werden, ohne daß das Volk3- ganze zu schwer golitten haben würde, weil bis 10 9 noch ertragen werden [önnen, Ich glaube aber, wo die Finanzpolitik von unserem Volkseinkommen mindestens 30 5 erheben muß, ist es ganz unmögli, daß ein Finanzminister auch nur den Eindruck aufkommen lassen dürfte, als gebe es eine: gesonderte Wirtschafts- und eine gesonderte Finanz- politik. Die Finanzpolitik ist ein kleiner Teil einer richtigen Wirt- shaftpolitik. Wir können die Steuern nicht mehr feststellen nab unserem Gutdünken, sondern müssen sie fesblegen, wie sie dur die Verhältnisse des Krieges gegeben sind, (Sehr rihtig!)) Wir sind nit mehr freie Herren, Sie (nah rechts) so wenig wie ih, niemand im deutshen Volke. Wir müssen die Lasten auf uns nehmen, die Lasten müssen getragen werden, Wenn man dann auch nur einen Zweifel quf- fommen lassen wollte, daß wir diese Lasten nit tragen fönnen, so würde das eine große Gefährdung für den Auftau unseres ganzen deutshen Wirtschaftslebens bedeuten. Wirtschaftspolitik und Finanze politik stehen im engen Zusammenhange, sie dürfen nit getrennt be- raten werden. Und was ist das Objekt von beiden? Der Mensch! —, und den lönnen Sie nit auseinanderreißen, den Menschen als Wirt- schaft und Slieuerzahller. Das wäre ein Experiment, das Sie si niht ausdenken können, und ich weiß niht, wie man einen solhen Ge- dankengang auch nur eine Sekunde haben kann. Das würde den Ruin für alle bedeuten. (Sehr ridtig!)

Nun sagen Sie (nah vechts), die Steuergesche seien antisozial, sie seien nicht sozial aufgebaut. Jch bin überrascht, daß Sie nah dem Zahlenmaterial, das ich unterbreitet habe, noch mit einer solchen Behauptung kommen können. Aber, meine Herren, ih bin auch hier mit Jhnen einig: wenn Sie gute Verbesserungsvors{läge haben, um die Steuern noch mehr sozial auszugestalten, werden Sie den Finanzminister Erzberger als Jhren wärmsten Freund haben. Nur mache ich Sie darauf aufmerksam: alles, was Sie weniger auf Kapital legen, kommt mehr auf die Massensteuer. Ob das ‘dann sozial ist, is eine andere Frage. (Seho richtig!) Cs kommt eins zum anderen. Jch kann nur sagen: ich bin bereit, die vorliegenden Steuern so sozial wie möglich auszugestalten, das Gesamtziel aber muß sein: die Menge dem Steuern muß aufkommen.

Nun sagt man, die Kapitalerbragssteuer sei antisozial. Der Herr Vorredner hat vergessen, daß im Einkommensteuergeseß eine Bestimmung enthalten ist, wonach die Kapitalrentensteuer bis zu dreï Vierteln beim kleinen Rentner angerehnet werden kann, und er um so viel weniger Ginkommensteuer zu zahlen hat. Der Herr Vorredner hat die Kapitalertrags\steuer als antisozial bezeichnet, indem er sagte, wenn jemand viel aus dem Kapital einnimmt, wird er ‘nicht höher belastet. Auch der Gedankengang ist fals. Wenn jemand ein Einkommen von einer Million hat, so ist in den aller- meisten Fällen ein ganz erheblicher Teil Kapitalrente in dem großen Jahreseinkommen enthalten. Es wird nur wenige Menschen geben, die durch threr Hände- und Kopfarbeit ein Iahreseinkommen von einer Million Mark haben.

Lassen Sie mib meinen Gedankengang weitergehen! Wenn nun in diesem Einkommen von 1 Million ein erhebliher Teil der Kaptitalzinsen enthalten ist, dann ist doch dieses Ka! fomnzet wiederlim mit der Einkommensteuer, und zwar in progrei} ver Art

belastet: denn es wird ja bei der Einkommensteuer ganz and:rs daun herangezogen. Der Gedanke der englischen Supertaxe ist mix auch ganz geläufig; 1ch habe die Supertaxe aber nicht in Vorsblag ge- bracht, und zwar absichtlich -niht. Jch kann aber sagen, es wäre nit begründet, wenn man bei einer Belastung von 60 Proz. Neichs- einkommensteuer und daneben noch 10 Proz. Kapitalertragssteuer von einer zu niedrigen Besteuerung des Renteneinkommens sprechen würde. Auch hier finden Sie bei mir volles Verfiändnis, wenn Ste noch böoher gehen wollen. (Heiterkeit und Zustimmung.) Jh werde mir . überlegen, ob ich ti der sozialen Ausgestaltung noch weiter gehen fann. Heute kann i nur so viel sagen: ih bin bereit; diese Frage zu prüfen. Ebenso ofen aber sage ich Jhnen, daß nach meiner Ueberzeugung eben 60 Proz. Einkommensteuer und 10 Proz. Kapital« ertragssteuer eine genügende Besteuerung darstellen. (Zurufe rechts. Gegenrufe von den Mehrheitspavteien.) Jch habe die Ueber- zeugung, daß bei einer Cinkommensteuer von 60 Proz. und einer Kapitalertràgs\teuer von 10 Proz. sowie einer Steuer auf die Aktiengesellshaften von 25 Proz. wie ih sie Ihnen gestern ange- kündigt habe, und wie i sie vorshlagen werde, eine nochmalige Be- steuerung des Aktiengewinns von 25 Proz. ïn der Kapitalrentensteuer nicht angängig ist, Wenn ich mir denke, daß ein Aktionôr, der eine Gesellschaft hat, 25 Proz. vom Gesamteinkommen der Gesellschaft zablen muß und dann von der Dividende, die ausges{hüttet wird, noch einmal 10 Proz., dann, wenn er ein sehr hohes Einkommen hat, noch 60 Proz. von dem, was übrig bleibt, so glaube 1ch, können wir diefen armen Steuerzahler laufen lassen, denn er hat genügend Lasten zu tvagen. Jn dieser Beziehung könnte man mix umgekehrt den Einwurf machen, daß ih die Grenze des Tragbaren vielleicht über- {ritten bätte. Diesen Vorwurf könnte man mir machen; aber mir vorzuwerfen,“ ich hätte die Steuer nicht sozial ausgestaltet, indem ih die großen Kapitalevträgnisse niht besonders herangezogen hätte, gebt doch niht an. Jch werde Ihnen in der Kommission den Nach- weis liefern, daß Sie (nah rechts) gar nit höher gehen können, als ich tatsählich gegangen bin. Ich habe die Ueberzeugung ih habe das auch bereits im Reichsrat gesagt —-, daß die Steuersäte, ‘die ich vorshlage, das Höchstmaß dessen darstellen, was unsere Wirt- daft tragen kann. Jch glaube nit, daß man darüber hinausgehen kann. Aber ich bin für jeden Besserungsvorshlag zugänglih. Ge- lingt es Ihnen auf der äußersten Nechten, mib zu überzeugen, dann das sage ich noch einmal lasse ich mit mix reden. (Lebhafter Beifall bei den Mehrheitsparteien.)

Dam ist weiter gesagt worden, das Kinderprivileg sei ganz antisozial. Zu meiner großen Ueberrashuung wird mir vorgeworfen, daß ich auf das Ein-Kinder-System zustrebe. (Lebhafte Nufe: Hört! hört! bei den Mehrheitéparteien.) Meine Damen und Herren! Es ist mix sehr. viel in diefer Rede vorgehalten worden; aber ich bin übervasht, daß mir etwas Derartiges vorgehalten worden i}. (Leb- hafte Zustimmung und Zurufe bei den Mehrheitsparteien. Gégen- rufe rechts.) Jch war nicht nur von meinen Grundsäßen aus über- rascht (Zurufe), niht nur von der Vratis aus (große Heiterkeit und Zurufe), sondern ich war vor allen Dingen deshalb- überrascht, weil nach der Zusammenstellung, die Sie auf Seite 70/71 der Druksache Nr. 1624 finden, keiner der Herren Abgeordneten irgendwie be- haupten kann, daß diese Vorlage auf das. Ein-Kinder-Privileg bhinausgeht. (Sehx rihbig! bei den Mehrheitsyarteien) Nach der Vorlage sind bei 6 Kindern Einkommen bis zu 3000 4 absolut steuerfrei; bei ecinom Kind ist die Grenze 13800 # usw. Es ist also eine ganz systematische Ausgestaltung und ein logischer Ausbau des Kinderptivilegs vorhanden. Der Grundgedanke, der da- bei maßgebend gewesen is, weiht von allen früheren Gesetzen ab, indem jedes einzelne Kind berücksihtigt wird. (Lebhafte Zustimmung bei den Mehvheitsparteien.) Wenn mir vorgeworfen wird, daß ih dabei niht weit genug gegangen bin, fo kann ich darauf nur erwidecu, daß ih nit alle Arbeit leisten kann, sondern daß ich Jhuen auch etwas an Arbeit übrig lassen muß. (Heiterkeit und Zustimmung.) Jch kann nicht alle Fragen allein lösen. Es sprechen aber eine ganze Reihe von Gründen dafür, daß man nicht nur für das erste Familien- glied 500 46 freiläßt, sondern auch noch für das zweite und dritte, Ueber dieje Frage kann man streiten, man kann sih darüber unter- halten. (Zurufe rechts: Darum hat es sich auch nicht gehandelt!) Ja, ih hätte kein Wort der Polemik gesagt, wenn niht diescr Vor- wurf gegen mich erhoben worden wäre. Der Herr Aba. Dr. Dürinçcr hat ausdrücklich vom Ein-Kinder-Privileg gesprochen. Das durfte ec aber gar nit tun; denn nah der Zusammenstellung, auf die ih eben verwiesen habe, ergibt sih, daß dieser Vorwurf nicht zutrifft. Dicsa Skala, die Sie auf Seite 70/71 der Vorlage finden, zeigt, daß das Kinderprioileg jeßt und in Zukunft in ganz anderer Weise wirkt, als es in der Vergangenheit gewirkt hat. Jch werde Ihnen in der Kom=- mission noch weiteres Zahlenmaterial unterbreiten. Ich will nicht alles in die Vorlage hineinschreiben; sie ist {hon umfangreih genu, se umfangreich, daß es für jedes Mitglied des Hauses eine starkfc Jnanspruchnahme bedeutet, sie au nur zu lesen. Jch habe mir für die Kommissionsberatunger noch cine Fülle von Material vorbehalten, In der Kommissionsberatung werde ih den Nachweis liefern, indem ih Ihnen das preußische Geseß vorlege, welhe Fortschritte in diefer Beziehung in den neuen Geseßen gemaht worden jind. Jch werde den Nachweis liefern, daß dic neuen Gesche“ in ganz erheblichen: Umfange über das hinausgehen, was bishef in Preußen Recht ge- wesen ist. Jn Preußen waren bisher als Existenzminimum nur 900 Æ steuerfrei, in Süddeutshland 500 4, in anderen Ländern 300 Æ. (Zurufe.) Jeßt niht mehr, aber bis vor dem Kriege. Wir haben deshalb eine höhere Summe vorgeschlagen. Das find alles Zahlen, über dic man reden kann. #WMan kann in dieser Be- ziehung verschiedener Ansicht sein; es ist kêin Prinzip. Das Prinzip, das ih verfolgt habe, liegt darin, daß für jedes einzelne Kind in der Familie ein Abzug am steuerbarem Einkommen gemacht werden soll. (Zustimmung bei den Mehrheitsparteien.) Dieses Prinzip is au nirgends sonst angefohten worden. Nun sagt man weiter, meine Steuervorlagen feien antisozial, weil ich unter Umständen den* Zu- wachs besteuere, Das kann ih nicht verstehen. Jh habe gesagt: der Mann, dem es mögli ist, in einem Jahr eine größere Summe auf die hohe Kante zu legen, zu ersparen, ist doch leistungsfäbiger als der Mann, dem es nich? mögli gewesen is voranzukomnuizn. Und wenn wir die kleinen Sähe, die wir beute in den Besiksteuern haben, uns vor Augen halten, so wird man nicht sagen Tonnen, daß

die Kapitalbildung dadurch gehemmt wird. Im Gegenteil! JH habe vorgestern bereits ausgeführt, daß ih die Absicht habe, Jhncn keine Vorlage zu unterbreiten, welhe die Vermögenszuwachssteuer ganz ge- waltig crhohts Was waren das für glüdlihe Zeiten, wo man sih in den Parlamenten der Einzelstaaten darüber gestritten hat, ob man als Höcistsaß bei 100000 oder 200000 M 4 % oder 5 % erheben soll. Da wurden Debatten geführt und gestritten auf Leben und Tod, und heute weiß jeder von uns, daß wir Steuersäße von 50 bis 60 % haben müssen. Auch die Höhe dieser Skala kann niemand ernstlich be- kämpfen. Es fann nur strittig sein, ob man früher oder später mit

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dieser Höcbstsumme einseßzt. * Daraus ergibt sich, daß die Zuwachssteuer *

etwas mehr als biêher angespannt werden muß. Jh sage dazu offen: Wenn jemand dur glücklihe Umstände in der Lage ist ih denke daran,, iährlih die Vermögenszuwachssteuer zu erheben genau fo wie die Ginkommensteuer, die jegt jährlih erhoben wird —, im Jahr fein Vermögen um “s oder 1 Million zu erhöhen, sei es auch im Wege der Prämienanlethe, dann sehe ich nicht ein, warum man von diesem Manne nicht noH 10 5 Vermögenszuwachssteuer erheben kann. Höher will ich gar nit gehen, dann bleiben ihm noch 900.000 Mark. Bei einem keinen Vermögenszuwahs kommen praktisch Prozentsäße in Betracht, die mit einem Prozent beginnen und langsam anwachsen. Der Gedanke, der in dem Vermögenszuwachssteuergescß liegt, ist ein ausbausähiger Gedanke. Darum hat ihn der Reichstag früher akzep- tiect, und die jeßige Neichéregierung läßt ihn nit fallen.

Aber alles in allem: wenn man mir vorwirft, die Steuer wäre antisozial und man bringt nur auf dem Gebiete der direkten Besteue- rung solhe Bedenken vor, indem man mir sagen will: du hast meinen Besi und mein Einkommen zu hart belastet, so muß man si darüber klar sein, daß, wenn alles das, was hier in der Besiß- und Einkommenbesteuerung abgestrichen wird, auf der anderen Seite wieder aufgebracht werden muß. Und da ein anderer Weg nicht übrig bleibt, so wüpde alles auf Artikel des Massenkonsums gelegt werden müssen, undWlles, was Sie an Vevmögenszuwachsbesteuerung ab- streichen, müssen Sie durch Besteuerung von. Massenartikeln wieder aufbringen. Es ist ja nicht ir. unser Belieben gestellt, ob wir 15 Milliarden odex 20 Milliarden aufzubringen haben, sondern es ist uns aus der Not der Zeit heraus vorgeschrieben, daß mindestens 24 Milliarden aufgebracht werden müssen.

Aber dem Tätigkeitödräng auf dem Gebiete der indirekten Steuern lege ih auch keine Zügel an. Wenn Ihnen die Umsaßsteuer

mit 136 % zu niedrig ist und Sie den Vorschlag machen, sie auf 2%

gu erhöhen, so werden Sie bei dem Neichsfiranzministerium dant auf feine unüberminblichen Swierigkeiten stoßen. (Zuruf von den Sozialdemokraten.) Bei anderen Teilen des Hauses mag es anders sein. Ich habe {hon in Weimar, als ih das erste Mal gesprochen habe erflört: streiten wir uns doch nit darum, ob wir mit direkten oder mit indirekten Steuern vorgehen wollen. Die Sachlage ist doch so, daß jede der beiden Steuerquellen bis zum Höchstmaß ®der wirt- \chaftlicben Tragfähigkeit auêgebaut werden muß, Darüber muß man

, stch vollkommen flar sein. Sie können bei ber politischen Situation in Deutschland, bei der Zusammenseßung dieses hohen Hauses und bei der wirtschaftlihen Lage gar nicht daran denken, höhere indirekte Steuern einzuführen, so lange nicht feststeht, daß die direkten Steuern bis zum Höchstmaß ousgebaut sind. (Sehr richtig! bei den Mehr- heitêparteien.)

Das ist einc politis{c Unmöglichkeit. Dafür gibt es gar keine Mehrheit in diesem hohen Hause! (Lebhafte * Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Also ist die Situation wiederum von \ellb#t vor- geschrieben, weldhe Steuern man zuerst aus;ubauen hat.

Ein kurzes Wort noch im Anschluß an meine. gestrige Darlegung! Der Herr Vorredner sagt, das Gutachten über die Zugriffsmöglichkeit der Entente auf das NReichsnotopfer \ei ein vertreulides Schriftstück. Meine Herren, der Herr Vorredner: ist niht in der Kommission; er könnte mir sonst auch . nit den Vorwurf machen, daß ih diesem Schriftstück einen besonderen Sharakter hätte beilegen wollen. Wir baben uns in der Kommission und war auf den Wunsch, der von allen Parteien geteilt wurde, auch von der Partei des Herrn Vor- rednevs, die Frage- vorgelegt: Wie steht die Entente zum Reichsnot- opfer? Und diese Frage wollten wir vertraulih behandeln. Dann hat man ein Gutachten der Reichsjustizverwaltung und der Reichs- regierung herbeigeführt, und dann ist dieses Gutachten, da es eine Fortseßung der ersben Debatte war, vertraulich mitgeteilt worden. Gründe dafür, die Sache weiter vertraulich zu behandeln, lagen in den lebten Tagen iht mehr vor. Warum, brauche ih nicht weiter auszuführen. Daraus ergibt si, daß das Gutachten öffentlih mit- geteilt wgoiden ist, und wenn ich sage, ih habe es {on bisher ver- traulih mitgeteilt, fo ist das an die Adresse der Kommissionsmit- glieder gerichtet, damit. sie wissen: es handelt sich um kein neues Gut- achten, sondern bloß um das, was ihnen bereits vorgelegen hat. Jch

verstehe nid, wic man daran etwas finden fann. ;

Welchen Wert hat nun dieses Gutachten? Das Gutachten hat den einen Wert; daß niemand mit ‘gutem Glauben und Gewissen be- haupten fann, daß auf Grund des Friedensvertrages die Entente irgendein Anrecht auf ivgendeine Steuer in Doutschland häbte. Das gilt für jede Steuer, mt nur für das Reichênotopfer. (Lebhafte Zu- stimmung bei den Mehrheitéparteien.) Wenn Sie (nach rechts) auf den Friedenöóvertrag zurüdgehen, warum sprechen sie dann immer nur vom Neichsnotopfer? (Sehr gut! bei den Mehrheitsparteien.) Wenn Sie glauben, daß nach den Bestimmungen des Friedensvertrages die Entente irgendwie ein Anrecht auf unsere Steuern hätte, dann hätten Sie auch die Vermögenszuwachssteuer vom Juli aus Weimar, ebenso wie das Neichsnotopfer, dann hätten Sie genau so die Reichsein- Fommensteuer, die Umsaßsteuer heranziehen können; (Zuruf bei ben Deutschen Demokraten: Erb\chafts\steuer!) dann können Sie jede ein- zelne Steuer genaug so heranziehen. Eine solhe- Bestimmung liegt ân dem Friedenêvertrag nicht drin, und wenn jemand von der Entente Behaupten würde, daß ihr der Friedensvertrag cin Recht gäbe, auf eine bestimmte Steuer, auf eine bestimmte Einnahmequelle aus dem Volksvermögen heraus Bescklag zu legen, so wäre das eine ganz Frasse Verlehung des Friedensvertrages, Dos ist der Wert des Gut- achtens, das wir abgegeben kben! Deshalb haben wir es gestern mit- geteilt, damit fein Zweifel über die Stellung derr Reichsregierung fein kann.

Nun fagen Sie (nah rechts): Sie können nicht die Garantie geben, daß die Entente diese Ihre Rechtsauffassung. anerkennt! Nein, das kann ih niht! Aber ih habe jet die Stellungnahme der deutschen

reis: Das nüt aber nibts!) Abwarten! sage ih auch hier, und ¡h bin überzeugt, daß, wenn man die Gesichtspunkte prüfen wird, auch die Entente zu der Auffassung kommen muß, daß die Blättermeldungen, die bisher aufgetaucht sid Ic wetß nicht einmal, ob die Blättermeldungen richtig sind. (Zurufe rets.) Sie auch niht! Jch weiß aud nit, aus wel@en Gründen die Blätter unmittelbar vor der Beratung des Roichsnotopfers diese Meldungen gebracht haben, Jch weiß auch nit, wer die Blätter inspiriert. (Zurufe rets.) Sie wissen es wohl? Dann können Sie es nacher mitteilen. Zurufe rechts.) Nein, ih wêiß es mcht. (Zurufe rechts.) Doch! Das i} äußect wichtig! - (Fortgesehte Zurufe rechts.) Nein! Es ist auch ni6t das Ausland. Wenn ein r&cliebiges Blatt eine Be- hauptung aufstellt (Zuruf reckts: mehrere Blötter!), und wenn es aub mehrere Blätter tun, \o sind es nit die fremden Regierungen, mit denen wir zu verhandeln haben. (Zurufe red:t3.) Jh streite darüber gar nickt. Aber lassen Sie mi doch meinen Gedankengang entwickeln! Wenn {ole Behauptungen im Auslande auftreten, Behauptungen, die den Friedensvertrag fal\ch auslegen, Behauptungen, die eine Gefahr für unser Volk darstellen, dann hat die Regierung vie Nflicht, diesen Behauptungen mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten. (Lebhafte Zustimmung bei den MeHrheitsparteien,) Das habe ih gestern getan. Aber keine Regierung darf deshalb sagen: was in, dem r-beliebigen Blatt, in der „Daily Mail“ oder wer es zuerst geschrieben hat, steht, das ist die Auffassung des Fünferrats oder der commiesion des réparationes. Wer von der Gegenseite über die Auslegung des Frie- densvertrages zu entscheiden hat, darüber ist noch keine Stellungnahme erfolgt. O6 eine Stellungnahme erfolgen wird, baben wir abzuwarten. * Mer ih habe vor Beratung und Vercibschiedung unserer Gesete über die Stellungnahme der deutschen Regierung keinen Zweife! lassen wollen, damit nit Mißverständnisse irgendwo und irgendwann auf- treten Tönnen,

Aber überlegen Sie fh auch weiter: mag einc Auffassung heraus- kommen, welche es will, bindend ift für uné der Friedensvertras, er ist en!scheidend, Die Pflicht zum Ausbau und zur Gesundung unserer Finanzen haben wir nicht dem Feinde zuliebe, sondern haben wir aus eigenen deutsten Gründen. (Sehr wahy! limnts.)

Jch möchte hier einm Wort unterstreichen, das gestern der Herr Abg. Dr. Dernburg gesagt hat: wenn ein Volk, wie das deutsche, jebt mit dieser kolossalen Energie und ich gebe auc zu, mit diefer SGHnelligkeit, das liegt aber niht im Willen des einzelnen an die

Gesundung der Reichäfinanzen herangeht, fo muß jeder objektiv denkende hereit ist, von der s{hweren Last- des Friedensvertrages zu tragen, was es irgendwie tragen fann; jo spricht daraus der gute Wille zur Wieder- gutmachung.. Ein Vershlepipen der Steuerrcform, cin Hinaus\{teben würde genau den umgelehrten Eindruck maten müssen (sehr wahr! links); denn man würde sagen: die Deutschen sind nicht einma! bemüht, in ihrem cigenen Hause für Ordnung zu sorgen, die Ausgaben ibres eigenen Staats- und Reichsbetviebes zu befriedigen, dann werden sie erst recht nit daran denken, irgend etwas von den Lasten zu über- nehmen, die wir ihnen im Friedensvertrag auferlegt haben. Wenn eiwas von dem guten Willen der deuiscen Regierung und des deuischen Volkes spricht, dem Friedensvertrag gerecht zu werden, so ist es ge- rade die Gnergie, mit der wir darangehen, diese Steuervorlagen ¿u vers abshieden, Diefen Eindruck, den geftern Herr Dr. Dernburg hier ausgesprochen hat, möchte id mit allem Nachdruck unterstreichen und ihn auch zu dem meinigen machen. Das ist mit ein Grund, warum wir in rasher Folge die Steuervorlagen Jhbnen vorlegen.

Und nun sagen Sie: wenn Sie folche Vermögen des deutschen Volkes an das Reich ziehen meine Herren, auch das Einkommen | ist Vermögen, denn in dem Moment, wo ih das hohe Einkommen niht wegnehmen würde, wird es sih do sofort in Vermögen um- wandeln, solange es nicht verbraucht wird, und auch wenn es ver- braucht wird, wird es sich bei cinem anderen in Vermögen ums- wandeln —, wenn Sie das tun, dann geben Sie der Entente do die Möglichkeit, zuzugreifen. : andere Auffassung hätte, könnte sie doch die Einkommensteuer ebenso mit Beslag belegen mit ihrem Ertrag, könnte die Kapitalertlrag- steuer ebenso mit Beschlag belegen, wenn cine solhe Auffassung [ih - breitmahen würde,

Aber der Herr Vorredner sagt weiter: das Privateigentum in Deutschland is} viel mehr ges{üßt, darum dürfen Sie das ist der Gedankengang an die Besteuerung des Besißes nit heran- gehen. Anders kann ih mir den Gedankengang nicht vorstellen. Das ist nicht ausgesprochen worden, aber es ist die logische Schluß- folgerung: lassen Sie das Privatvermögen licher bei den reichen Leuten in Deutschland, dann ist man mehr geschüßt vor dem Zus greifen der Entente. Auch der Gedankengang ist ein vollkommener Trugschluß. Das weist doch weiter der Friedensverlrag nah. Hat denn die Entente im Friedensvertrag sih irgendwie abhalten lassen, dem deutschen Volke shwere Lasten deshalb nicht aufzuerlegen, weil es sih um Privatbesiß gehandelt hat? Gar nicht, sondern fie sagt: dann hast du, Deutsches Reich, die Verpflichtung, diesen Privat- besiß in öffentlihen Besiß - umzuwandeln, und dann kannst du die Leute catshädigen; uns aber mußt du ihn abliefern. JIch will nur wenig aus dem Friedenóvertrag herausnehmen, um das Falsche cines folhen Gedankenganges darzulegen. Die Liquidation deutschen Privat- besißes und alle diese Erlöse daraus sind zweifellos Privateigentum. Das wird niemand bestreiten. Sie gehören einzelnen Deutschen, deutshen Firmen. Die Entente hat im Furiedensvertrag dieses Privateigentum, ih will nicht sagen und kann es nicht sagen: nicht

respektiert, sondern den einzelnen Ländern die Möglichkeit gegeben, dieses Privateigentum nicht. anzuerkennen, es zu liquidieren und den Erlös auf Reparationskonto zugunsten des betreffenden Staates gu- zuführen, und schreibt vor, Deutschland hat dann seine Bürger dafür su entschävigen. Die Fordérungen, die deutshe Kaufleute im Aus- land haben, rein privatrechtliche Forderungen, ausgesprohenes Privat- eigentum, wurden nicht respektiert, sondern es wurde ausgesprochen: wir werden das viellciht gegenseitig aufrechnen; also vollständige Annullierung des Privateigentums. (Zuruf rechts.) Lassen Sie mih doch auh einen Gedankengang einmal zu Ende führen. Weiter steht im Friedensvertrag im § 97 Artikel 10 die Bestimmung: cinen gewissen Zeitraum, nachdem der Friede ratifiziert ist ih hoffe, daß dieser Zeitraum in nicht allzu langer Zeit einmal ein- triit —, muß die deutsche Regierung cinen Aufruf erlassen und alle

Jch sage: nein, denn wenn sie eine !

Regierung mit aller Marßeit în der Ocffentli{?cit kundgetan. (Zuruf |

(Erneute :

Gegner do das eine minvestens daraus entnehmen: daß dieses Valk |

griff in das Privatvermögen, der \chärfste, der denkbar ist! s wird einem Manne das, was er erworben, hat, vielleicht aus gu! Gründen für die Existenz seiner Familie erworben hat, wo er vicl- leiht keine deutschen Papiere, sondern ein anderes Papier in friedlichen Zeiten angekauft hat, durch den Friedensvertrag weggenommen, und

er bekommt statt des wer:vollen fremden Papiers, * das 1hm den

bedruckten deutshen Papiers. Es ist gar keine vollgültige Ent- schädigung, selbst wenn wir nw2-ch soviel zuseßen Di Entente hat sich nit davon abhalten lassen. Jh will nit ein- achen auf die Ablieferung der landwirtschaftlichen Maschinen und der Dolks, die alle in Privateigentum sind mit Ausnahme von denen, die die Marine behalten hat. Das ist ein ganz vers{windend kleiner Teil von den Forderungen, die jeßt gestellt worden find.

wüßvden. Die

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Meine Herren, aus diesen wznigen Gedankengärgen heraus schen Sie, daß die Behauptung, der deutshe Besiß sei viel m ( den Zugriff der Entente geschüßt, wenn er bei den Privateigeniü

belassen wirt, als wenn Sie eine Steuer darauf legen, vcllkontmen

abwegig ist, Damit kommt man nicht weiter. Nein, ich \tebe in beiden Fragen auf dem umgekehrten Standpunkt als der Herr Vor- redner. Jch sage: das Maß der Lasten, das im Friedenêverirag

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niedergelegt ift, ist dort erschövfend und auss{ließlich niedergelegt, und: es kann feine neue Last zu diesen unerhört hartêtn Friedens- bedingungen mehr hinzutreten. Die Entente hat in feierlich\

Form, wie ich gestern nachgewiesen habe, erklärt, daß die MNeva- rationskommission kein Necht bätte, irgendwie eine Steuer zu er- heben, irgendwie ins Budget f Das steht nab der

ih einzumischen. Note der Entente fest, daraus ergibt sih: ein Zweifel darüber kann

gar nicht bestehen, daß die Entente nicht das Recht hat, auf î1rgendeine bestimmte Sitéuer, auf irgendeine bestimmte Einnahmequelle des deutschen Volkes als solhe Beschlag zu

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legen. Das hat fie niht / nah rieden8ertrag, und so kann der Friedensvertrag nit interpretiert werden: Das wäre ein neuer Gewaltakt, der mit dem Wortlaut des Friedensvertrages und den vorausgegangenen Bespre@ungen in Versailles im Widerspruch stehen würde, (Zurufe rechts.) Jch kann doch nur die deutsche Ansicht Hier entwidckeln und mit allem Nachdruck vertreten. (Zuruf rets: Ob die Feinde diese Ansicht haben, darauf kommt es an!) Selbstverständlih kommt es darauf an. Aber ih habe diefe Auf- fassung zu vertreten, (Zuruf rets: Darum muß man vorsichtig sein!)) Der Herr Abgeordnete ruft dazwischen: darum muß man vorsichtig sein! Jch versuße eben darzulegen, wenn Sie diefe Vor- sit walten lassen was Sie unter Vorsicht hier meinen —, dann dürfen Sie überhauyt keine einzige Steuer in Deutschland erheben (sehr richiig! links), weil ja dann, wenn Jhre Auffassung richtig wäre, jede Steuer der Gefahr unterliegen würde, daß die Entente sie beschlagnahmen würde. (Zuruf rechts: Nicht in gleichem Maße!) Wohin führt dann aber diese Vorsicht? Zum Ruin unseres Vater- landes. (Sehr richtig! im Zentrum.)

Nun am S{luß nod ein Wort. Der Herr Abteordnete Düringer hat hier wiederum von den großen Gegensäßen gesprocen, die zwischen Neich, Land und Gemeinden bestünden, und wenn i das wegzuleugnen versuchte, so sei das, 1ch glaube, starker Tabak oder was er für cinen süddeutschen Ausdruck gebrauhte, J& glaube, so ähnlich ist der Ge- danktengang gewesen, Jch bedauere es, wenn im Reichstag und über- haupt in der Oeffentlichkeit von folden Gegensäßen gesprochen wird, und wenn man gleichzeitig versucht, diefe Gegensäße zu vertiefen und zu vershävfen. (Lebhafte Zustimmu"z bei den Mehrheitsparteien.) In Wirklichkeit bestehen solhe Gegcnsäße nit. Das Reich hai das größte Jnteresse daran, daß die Länder und Gemeinden blühen und ih entwideln können, und die Länder und Gemeinden können \ib nicht entfalten, wenn wir ein ruiniertes und zusammengebvochenes Land hätten. (Sehr wahr! bei den Mehrheitsparteien.) Das ift der große Leitgedanke für unseve ganzen Reick6finanzen, und hinter diesen its gedanken müssen alle di? berechtigten Interessen der Länder und der Gemeinden zurücktreten. Ich habe von. Anfang an die Auffassungr ver- iveten, daß in Deutschland keine Finanzreform gemact werden darf, wie mana fie früher immer gemacht hat. Da hat man das Neickserfordernis zusammengestellt und gesagt: das Reich braubt \soundso viel —, und hat im Reichstage si bemüht, diese Reichseinnahmen zu schaffen. Man hat aber nit gefragt, rooher die Kinder ihre Finnohmen bekommen sollen. Man hat auch nit gefragt, woher die Gemeinden ihre Eins- nahmen bekommen soklen, und daraus ist dann das Neichsinzeresse hier in befriedigender oder niht befriedigender Weise darüber habe ih mi gestern avch ausgelassen geregelt worden,

Meine Herren! Das konnte man noch verantworten bei den kleinen sagen wir do einmal offen, Bagate!lsteuern, die wir früher gema#t haben, Was war das für ein Kampf in diesem hohen Hause im Jahre 1909 wegen sage und schreibe 400 Millionen Mark Steuern! Das hat eine politishe Umwälzung in Deutsbland im Jahre 1912 zur Folge gchabt, weil die Frage der sozialen Verteilung der Steuern nah der Auffassung der Linken und der Mehrheit des Volkes, wie der Wahlausfall ergeben hat, nicht befriedigend gelöst gewesen ist, weil man sagte: 300 Millionen indirekte Steuern und 150 oder 120 Millionen direkter Steuern. Was sind das für leine Steuern gewesen gegenüber der ungeheuren Arbeit, die jeßt geleistet werden muß! i

Man konnte früher bei den ‘kleinen Steuern, sage id noch die Wege gehen und Interessengegensäße zwis{en Ländern und Gemeinten dulden und ignorieren. Heute kann man den Weg nit mehr gehen.

. Die Neichsfinanzreform, die nit auf die Bedürfnisse aller offeniliden

Körperschaften, Reich, Länder und Gemeinden, volle Rücksißt nimmt, ist von Anfang an ein Pfuschwerk und hat ihre Aufgabe nicht erfüllt. Das ist nicht nur meine Auffassung. Dicse Auffassung hat mein un-

mittelbarer Amtsvorgänger auch gehabi. Der Abgeordnete- Dr. Dern- burg hat au diese Auffassung vertreten. Er hat gesagt: es ist das wichtigste, daß der Gesantbedarf für Ne, Linder und Gemeinden festgestellt wird, denn der Neichsfinanzminister muß für die Be- friedigung des Gesamtbedarfs Sorge tragen. Einen anderen Weg Zönnen äu Sie nicht gehen. Mag Ihnen eine Einzelvors(rift nit gefallen, darüber wird man in der Kommission reden und Baessevungs- vorshläge abwarten, von welcher Seite sie kommen mögen, Aker an dem Grundgedanken muß festgehalten werden: das Nick hat dafür zu sorgen, daß das Neichsbedürfnis, das Landesbedürfnis, das Gemeinde-

im deutschen Besiß, also bei jedem einzelnon Deutschen befindlichen ! r kt L L E A A BZELEE Ÿ É P Ce N y ¡Peinden ZWeripapiere [estjéllen und uns abliefern. Dex reinste Ein- -

bedürfnis befriedigt wird, und nur dadur, daß das Reich dies mat,

fönnen die beiden anderen Körperschaften fic überhauyt entwideln, Das habe ih vor 2 oder 3 Tagen am leßten Mittrooch eingehend dargelegly

Wiederaufbau seines Geschäfts wieder ermöglichen kann, einen Haufen